Einige Nachrichten den Fürsten, das Domcapitel und die verschiedenen Dikasterien zu Bamberg betreffend

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Autor: Franz Adolph Schneidawind
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Titel: Einige Nachrichten den Fürsten, das Domcapitel und die verschiedenen Dikasterien zu Bamberg betreffend
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 2, S. 625–692
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1791
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
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I.
Einige Nachrichten den Fürsten, das Domcapitel und die verschiedenen Dikasterien zu Bamberg betreffend; von F. A. Schneidawind b. R. B.
In einem Journale von und für Franken wäre meines Erachtens eine richtige Darstellung der innern Verfassung einzelner Fränkischen Länder kein überflüßiger Artikel. Die Zeichnung, wie in denselben der Geschäfftsgang organisirt sey, wie sich die leidende zur thätigen Kraft, und diese wieder zu mittelbaren Staatskörpern verhalten, wie die Lage der Dinge jetzt sey, muß in einer Schrift von dieser Art vorausgeschickt werden, um dann, wann dereinst in derselben noch mehrere Züge hinzugemahlt werden, sich das ganze Bild ausdenken| zu können, um mehr Licht über entstehende oder entstandene Institute verschiedener Art zu bekommen, um Nachrichten von kommenden Revolutionen desto besser verstehen, um in den Geist der Gesetze und Verordnungen tiefer eindringen, um vorhandene oder künftige Irrungen zwischen der gesetzgebenden Macht und untergeordneten Körpern gründlicher beurtheilen, mit einem Worte, um, wie eines in das andere eingreife, mit einem Blicke ganz durchschauen zu können. Ich lese manchmahl Veränderungen der Departements in einem Staate, lese, daß der Regent dem einen eine gewisse Gattung von Geschäfften abnimmt, dem andern zutheilt, um durch diese Operation den Geschäfftskreis von einem derselben zusammenhängender zu machen, und die Arbeiten mehr nach einem Zwecke hinzurichten: ich kann aber das Gute oder Schlimme dieser Einrichtung nicht verstehen, weil ich ihre vorige Verfassung, ihren ehemahligen Geschäfftslauf, ihre Näherungen oder Abweichungen unter einander nicht kannte. Ich lese manchmahl Verordnungen in Sachen eines oder des andern Collegiums, Gerichtshofes, lese, wie die gesetzgebende Macht die Gränzen des einen, wie des andern zu bestimmen sucht,| Verfügungen wegen zukünftiger Collisionsfälle trifft, dem einen das Recht zuerkennt, dem andern abspricht. Ich glaube blindlings, daß jenes Recht habe, welchem es die Legislation zusprach; aber ich kann die Gründe, wenn anders diese angegeben sind, nicht prüfen, weil ich keine Kenntnisse von ihrer politischen Lage hatte. Und in jenen delicaten Fällen, wo oberste Gewalt mit untergeordneten Staatskörpern, das Haupt mit den Gliedern in Streit geräth, irre ich ganz im Finstern: denn ihre Rechte und Ansprüche habe ich nie gekannt. Diese und ähnliche Gründe überzeugten mich längst von der Nothwendigkeit einer solchen Rubrik in dieser Zeitschrift, und zur Erfüllung dieses frommen Wunsches etwas beyzutragen füge ich einige Nachrichten dieses Inhalts von dem Hochstifte Bamberg bey. Einen ähnlichen Gedanken führte Hr. geistliche Rath und Dechant Schuberth in seinem historischen Versuche über die geist- und weltliche Staats- und Gerichtsverfassung des Hochstifts Bamberg aus. Dieß Werk ist dem Forscher unserer vaterländischen Geschichte ein interessantes und willkommenes Geschenk; und um so mehr willkommen, wo noch so wenige Quellen fließen, wo noch so manches| Feld unangebaut ist, und wo noch die Subsidien im Staube unbenützter Bibliotheken und Reposituren modern. In wie ferne meine Arbeit, die ich, noch ehe Hn. Schuberths Werk erschien, zu einer gewissen Bestimmung unternommen hatte, neben dieser bestehen könne, wird sich aus folgendem beurtheilen lassen. Hier erscheint in wenigen Blättern das zusammengedrängt, worüber Hr. Schuberth fast so viele Bogen schrieb, abgesondert von Gemeinplätzen aus der allgemeinen Geschichte: dafür werde ich aber hie und da mehr Aufschluß geben, und manches Interessante aus unserer Geschichte beybringen, was man in dem historischen Versuche vermißt.
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Zu den Vorzügen eines Fürstbischoffs von Bamberg gehört, daß er von aller erzbischöfflichen Gerichtbarkeit befreyt ist, und unmittelbar unter dem Stuhle zu Rom stehet. Schuberth, der so lange an der Quelle saß, und hievon genaue Nachricht haben konnte, weiß für die Exemtion keinen Beweis anzuführen, als die Verjährung und das stillschweigende Einwilligen der Interessenten. In der Bulle vom J. 1007, worin Papst Johann XVIII das neuerrichtete Bißthum bestättiget, heißt es, nachdem er es von aller weltlichen Gerichtbarkeit| freygesprochen: Nulla aliena potestas ibi per violentiam irruat. Sit ille episcopatus liber, et ab omni potestate extranea securus, romano tantummodo mundiburdio subditus; quatenus episcopus eo melius cum canonicis suis servitio Dei possit insistere, et primi constructoris ejusdem loci et recuperatoris jugiter memoriam habere. Sit tamen idem suo metropolitano subjectus atque obediens. Johannes Nachfolger, Sergius und Benedict VIII bestättigten die Privilegien des Hochstifts nur im allgemeinen. Johann wagte schon einen Schritt, den Bischoff näher in sein Interesse zu verflechten, getraute sich aber noch nicht, die Metropolitanrechte zu kränken, vielleicht aus Ehrfurcht gegen dieß ehrwürdige Band der Hierarchie oder aus Schonung gegen Willigis, den Erzbischoff von Mainz, einer der hauptsächlichsten Triebfedern bey Errichtung des Bißthums. Wie weit diese Freyheit ging, in wie ferne noch der Bischoff dem Metropoliten unterworfen blieb, weil ich lieber unbestimmt lassen, die ich nicht mit Beweisen belegen könnte. Leo IX spann den Faden aus, den Johann so künstlich angelegt hatte. In| seinem dem Bißthume ertheilten Freyheitsbriefe vom J. 1052[1] heißt es nur: Sit ille episcopatus liber, romano tantummodo mundiburdio subditus, ohne den andern Zusatz. Wenn ich Leos und Johanns Bullen gegen einander halte, so dünkt mich, der Zusatz sey geflissentlich und mit Vorbedacht ausgelassen worden. Daß der Concipient beyde Bullen vor Augen gehabt habe, beweisen die gleichlautenden Worte. Wenn also nicht eine feyerliche Handlung vorausgegangen wäre, durch die das Bißthum die Exemtion erlangt hätte, gewiß hätte er nicht da abgebrochen, sondern fortgefahren. Die Urkunde selbst erzählt: Leo habe, als er zu Bamberg war, und in seiner, und Heinrichs III. auch anderer Bischöffe, vorzüglich Erzbischoffs Luitpolds von Mainz Gegenwart, die alten von Päpsten und Kaisern dem Hochstifte ertheilten Privilegien, worunter gewiß auch Johanns Bestättigungsbulle war, hergelesen worden, sie nicht nur allein damahls mündlich bestättigt, sondern er bestättige sie nun auch schriftlich. Leo und Luitpold hörten gewiß den Beysatz: Sit tamen idem suo metropolitano subjectus | atque obediens, in Johanns Bulle. Warum blieb er nun aus? Zeigt dieß nicht auf vorausgegangene Verhandlungen diesen Punct betreffend? Ist hier nicht in der Bulle von der Exemtion als von einer Sache die Rede, deren Richtigkeit als ausgemacht ausser allen Zweifel gesetzt war? Zum wenigsten doch etwas mehr, als blosses Stillschweigen des interessirten Theils, Luitpolds von Mainz. Freylich irre ich hier noch im Finstern, aber doch ein Flämmchen zeigt sich von ferne, und aus archivalischen Nachrichten läßt sich helles Licht erwarten. Cygneus[2] läßt die Exemtion vom Clemens II, der als Bischoff von Bamberg auf den Römischen Stuhl erhoben worden,[3] dem Hochstifte ertheilen. Gewiß| würde Luitpold, der nur erst auf die solenneste Art an die Rechte seiner Vorfahren erinnert worden, dieselben eifrig vertheidiget haben, wenn das Hochstift die Exemtion nicht auf eine Art bekommen hätte, die ihm die Hände band. Würde er sich nicht dagegen geregt haben? Es wurden doch auch bey dieser Gelegenheit die Zwistigkeiten zwischen den Bischöffen Hartwich von Bamberg und Adalbero von Wirzburg ausgeglichen. Von nun an ward das Band zwischen den Bischöffen und ihren Metropoliten getrennt, und ganz an Rom geknüpft. Und dieß hieß auch K. Heinrichs II, Stifters des Bißthums Bamberg,| Absicht pünctlich entsprechen, Heinrichs, der so gerne alles beytrug, sein Lieblingswerk zu erhöhen, und der gleich bey Errichtung des Bißthums die Stadt Bamberg dem heiligen Peter zinsbar machte, so daß sie jährlich einen weisen Zelter und 100 Mark Silber entrichten mußte. Doch von diesem Tribute befreyte sie Heinrich der jüngere, der dagegen Benevent an die Päpste abtrat, non tantum juste, sed et liberaliter, sagt der Verfasser einer Kirchengeschichte, die 1701 den Marianischen Sodalen zu Wirzburg als ein Neujahrsgeschenk ausgetheilt wurde; und das glaube ich auch. Bischoff Eberhard aus dem Herzoglich-Bayerischen Hause, der das Bißthum 1146 erhielt, und von dem die Chronik sagt, daß er ein verständiger und friedsamer Fürst gewesen, trieb diese Anhänglichkeit an Rom am weitesten. Er ist der erste, von dem Mabillon im 2ten Buche de re diplomatica c. 2. §. 10. Briefe an Eugen den 3ten mit dem Beysatze episcopus diuina et apostolica miseratione anführt. Dieß ist das erste Monument von Beysätzen dieser Art, schon aus dem 12ten Jahrhunderte hergehohlt, und wirklich bemerkenswehrt, weil sie erst in dem| folgenden Jahrhunderten allgemeiner zu werden anfingen.
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Der Bischoff schaltet und waltet in seinem Sprengel wie ein Erzbischoff, und hat die Ehre, für eine hübsche Summe Gelds, worüber man Sartori in seinem geist- und weltlichen Staatsrechte (1 B. 16 Cap.) nachsehen kann, das Pallium zu tragen. Schon der 3te Bischoff Hordovik oder Hartwich, Heinrichs III Canzler, erhielt dieß ausgezeichnete Merkmahl päpstlicher Gnade. Laut der Bulle durfte er es nur dreymahl des Jahres tragen. Unter Otto, Grafen von Andechs, dem 8ten Bischoffe, wurde diese Vergünstigung auf mehrere Feste des Jahrs ausgedehnt. Itzt erstreckt es sich auf jede bischöffliche Verrichtung. Kaiser Karl der IV machte zwar 1363 Mine, diese stattlichen Vorrechte der Bamberger Bischöffe zu schmälern. Er ließ dem Erzbischoffe Johann von Prag vom Pabste Urban V. das jus perpetuae legationis apostolicae über die Sprengel Bamberg, Regensburg und Meissen ertheilen. Erst neuerlich setzte man von Seite der Erzbischöffe von Prag diesen Titel den angenommenen übrigen bey. Ja Karls Nachfolger Wenzel ging noch weiter: er verlangte vom Papste, daß er gedachte| Sprengel der Gerichtbarkeit der Erzbischöffe von Prag unterwürfig machen sollte. Das Project scheiterte. Die päpstlichen Bullen blieben ohne Wirkung, weil beyde Kaiser sie mit Nachdruck nicht zu unterstützen sich getrauten oder vermochten. Die drey Bischöffe machten gemeinsame Sache, und wandten alles an, um sich in dem Besitze ihrer Vorrechte zu erhalten. Wider die Anmassungen der Erzbischöffe von Prag schrieb Hr. geistliche Rath und Professor des Kirchenrechts D. Johann Schott eine sehr schöne Abhandlung de iure perpetuae legationis apostolicae per ecclesias Bambergensem, Ratisbonensem, Misniensem archiepiscopo Pragensi haud competente, (1781. 4) nachdem er ihr eine andere de legatis natis vorausgeschickt. Dieser Abhandlung sind die Bullen, die Urban in dieser Sache an den Erzbischoff von Prag, die Bischöffe von Bamberg, Regensburg, Meissen, ihre geistliche und weltliche Stände, den Rath und die Geistlichkeit zu Nürnberg ausfertigte, aus dem Regesto litterarum apostolicarum de indultis Vrbani V Papae angehängt.
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Als Fürsten sind nun dem Beherrscher Bambergs die Hände durch keine Landstände gebunden, wohl aber durch die Capitulationen,| die sich das Domcapitel von einem neuerwählten Bischoffe beschwören läßt. Das Domcapitel ist auch das einzige Corpus im Lande, das in gewissen Neuerungsfällen von Wichtigkeit seine Einwilligung nachgesucht haben will. Die erste Capitulation ward 1422 mit dem Bischoffe Fridrich von Aufsees unter dem Namen statuti perpetui Fridericiani errichtet. Man trug sich also damahls schon mit dem Gedanken einer perpetuirlichen Wahlcapitulation. Sie fiel in jene traurigen Zeiten, wo das Stift unter einer ungeheuren Schuldenlast seufzete, in die es Fridrichs Vorfahrer Albert, ein Graf von Wertheim, ein gütiger, und wie das meist der Fall ist, ein schwacher Regent gestürzet hatte. Cygneus[4] wälzt die Schuld auf Minister, die sich die Schwäche des Regenten zu Nutz zu machen wußten, und sich von ihm immer mehr Ehrenstellen, oder was in jenen Zeiten eins war, immer mehr Güter und Einkünfte ertheilen ließen, und auf Räthe von zu weniger Entschlossenheit, die ihn umgaben. Dem Übel wollte man abhelfen, und zur Beförderung, mehrerem Nutzen, Wachsthume und Aufnahme des Hochstifts, den Nachfolger an gewisse| Puncte binden. Gut und patriotisch gehandelt! Aber auch hier mußte, wie es im menschlichen Leben immer gewöhnlich ist, eigenes Interesse mit unter einschleichen. Papst Martin V zernichtete sie auf Kaiser Sigmunds Ansuchen 1431 als unzuläßig, rechtswidrig, nachtheilig, verderblich und überhaupt als ungültig. Die Execution dieser Bulle trug er seinem Legaten a latere dem Cardinal Julian auf. Nichts destoweniger capitulirte man gleich das folgende Jahr den 23 August mit Anton von Rotenhan seinem Nachfolger. Antons Regierung ist voller Thatkraft, und reich an wichtigen Ereignissen. In ihr formte sich jene Staatsverfassung, die so lange der Zankapfel blieb, bis sich unter den beyden Schönbornen, den muthigen Kämpfern für die Gerechtsame der Fürsten, die Landeshoheit verbunden mit der obersten Staatsgewalt in ihrer ganze Größe äusserte. Ich sehe mich genöthigt, noch einigemahl diesen Zeitraum zu berühren, und weiter unten einige Skizzen aus Antons Regierungsgeschichte auszuzeichnen. Obschon der Kirchenrath zu Basel und Papst Sixt IV alle Capitulationen verwarfen, und letzterer den Bischoff Philipp, Grafen von Henneberg, den 21 Februar 1482 von| seinem dem Domcapitel geleisteten Eide lossprach, so mußte doch abermahl Bischoff Veit Truchseß von Pommersfelden den 3ten April 1501 eine mit vielen neuen Zusätzen vermehrte Capitulation beschwören. In der den 13ten October 1580 dem Bischoffe Martin von Eyb vorgelegten Capitulation sprach das Capitel das erstemahl von einem Erbherrnrechte. Dieser und mehrere ausschweifende Schritte, die um diese Zeit die Capitel thaten, bewogen den Papst Clemens VIII, sie auf dem Reichstage 1594 durch den Cardinal Madruzzi öffentlich rügen und mißbilligen zu lassen. Man ließ sich dadurch nicht abschrecken, und zwang 1598 Bischoffen Neidhard von Thüngen abermahl eine Capitulation einzugehen. Der ganze weit aussehende Plan reifte immer mehr zur Vollkommenheit, das fürstliche Ansehen zu untergraben, und den Bischoff in allem von dem Domcapitel abhängig zu machen. Freyheit und Unabhängigkeit aller domcapitlischen Mitglieder, Personen, Unterthanen, Güter und Besitzungen von der fürstlichen obersten Jurisdiction, Erweiterung der Gränzen des Decanatgerichtes (des nachherigen Consistoriums, wovon in der Folge) und Unterwürfigkeit der sämmtlichen Geistlichen| unter dasselbe, die Erwerbung der nämlichen Freyheiten für die drey collegiatstifftischen Immunitätsbezirke, um so unvermerkt die Oberherrschaft auch über diese zu bekommen; Eindringung in alle fürstliche Departements, Präsidien und Propsteyen u. d. gl. dieß sind ungefähr die Puncte, aus welchen man das Ganze beurtheilen kann. Puncte, die das Domcapitel um so leichter behaupten konnte, da in dieser Periode noch dazu die Landstände emporkamen, unter denen es der erste war. Freylich lag der Riß zu dem ganzen Gebäude nicht gleich im statuto perpetuo Fridericiano gezeichnet, aber die Steine lagen zerstreut umher, rückten nach und nach immer mehr zusammen, bis endlich das ganze Gebäude von Erbherrschaft und Grundherrschaft, Condominium, gebohrnem Senate da stand, das zwar der Fürsten und der höchsten Reichsgerichte Benehmen erschüttern, nicht aber zu Boden werfen konnte. Der Grund war nun geleget, und zum Zwecke zu kommen wagte man neue Schritte. Bey einer Sedisvacanz 1609 schloß das Domcapitel mit dem Canzler und den Regierungsräthen einen Vergleich, worin es sich die Obrig- Bothmäßig- Gerichtbar- und Vogteylichkeit in der Wunderburg (einem| Vororte bey Bamberg, unter das ehemahlige Immunitätsgericht des Collegiatstifts St. Gangolf gehörig) von neuem zusichern ließ. Bey einer andern 1642 stellte es Befehle an alle fürstlichen Beamten, daß hinfüro kein Burger, Bauer und Hintersasse der Domcapitelswürden, Prälaturen, Obleyen, Fragmente, Pflegnisse und anderer Ämter weder vor des Stifts Beamte, noch an ein einziges anderes Cent- Saal- oder Forstgericht solle geladen oder geheischen werden, nur die 4 hohen Rügen ausgenommen. 1672 wurde dem Fürstbischoffe Peter Philipp von Dernbach eine abermahls mit vielen neuen Zusätzen vermehrte Capitulation vorgelegt. Da ihn der Kaiser nicht daran gehalten wissen wollte, schritt man 1678 zu einem Vergleiche, dem man den Namen Peter Philippinischer Receß beylegte. Marquard Sebastian Schenk von Staufenberg mußte sich den 10ten Junii 1683 eine noch härtere Capitulation aufdringen lassen; that aber 1684 die unvermuthete Erklärung, er wäre weder gesonnen, noch verbunden, die ihm abgenöthigte und zum gemeinen Verderben gereichende Capitulation zu halten. Man berief sich von Seite des Domcapitels auf den| Besitzstand, trug auf gelinde Auskunftmittel an, zögerte bis zu einer neuen Sendisvacanz, und dieß war eben soviel, als gewonnen Spiel. Den 16ten November 1693 mußte Franz Lothar, Graf von Schönborn, nachher auch Kurfürst zu Mainz, eine aus 130 Puncten bestehende Capitulation eingehen. Bald nach seinem Regierungsantritt und verschiedene mahle stellte er dem Domcapitel die Nichtigkeit der Capitulationspuncte vor, er berief sich auf die päpstlichen Cassationsbullen, und Friedrich Carl, gleichfalls Graf von Schönborn, Reichsvicecanzler und nachher auch Fürstbischoff zu Wirzburg, den man ihm zum Nachfolger gegeben, erklärte mit trockenen Worten: er beschwöre keine Capitulationspuncten, würde aber alles halten, was recht und vernünftig sey. Der letzte Punct der Franz Lothar vorgelegten Capitulation ist: „Sollte ein zeitlicher Regent die Capitulation in einem oder andern Puncte übertreten, so solle solches alsbalden durch einen oder mehrere Domherren dem Domdechanten angezeigt werden, welcher Capitel zu halten, und nach Befund der Sachen den Bischoff und Landesregenten zu mahnen, von dergleichen abzustehen,| widrigen Falls aber, so sollen von Stunde an die Beamten zu Giech, Neuenhaus, Scheslitz und Kronach, wie auch Ungeldsbeamte zu Bamberg dem Domcapitel mit allen ihren Renten so lange zu gewarten haben, bis dießfalls ein vollkommenes Genüge geschehe. Gegen diejenigen Capitularen, welche solches angezeigt haben, soll der Regent keinen Widerwillen, Ungnade oder Gehässigkeit verspüren lassen, sondern solches gutwillig aufnehmen. Sollte nun die von dem Domcapitel dießfalls zu verlangende Satisfaction erfolgen, so soll der Domdechant Capitel halten, und nachdem von den anwesenden Domcapitularen hierüber vollständig erkannt, und die Satisfaction hinlänglich befunden worden ist, er Domdechant die obberührten fürstlichen Beamten wieder zu ihren fürstlichen Pflichten anweisen. Von diesem verpöntem Juramente, das der Landesregent abzulegen hat, soll keine Dispensation, Gnade, Erledigung, Auflösung, Widerrufung, Vernichtung oder obrister Schutz jemahlen gesucht werden. Es soll auch der Landesregent alles dieses verschwiegen halten, und niemanden ohne Verwilligung des Domcapitels veroffenbaren. Da auch eine Dispensation aus eigner Bewegniß der| sollte verliehen werden, so soll der Regent nicht befugt sey, sich deren ohne ausdrückliche Einwilligung des Domcapitels zu gebrauchen, sonderlich aber soll das statutum perpetuum des Herrn Bischoffs Fridrich im J. 1442 unverbrüchig gehalten werden. Und wann es wider Verhoffen dazu kommen sollte, daß ein zeitlicher Regent über die Capitulationspuncte in Streit und Irrungen mit seinem Domcapitel verfallen sollte, so soll derselbe die Kosten aus seinem eigenen peculio bestreiten, oder wann solches nicht erklecklich wäre, die hiezu nöthigen Mittel ohne Beschwerung des Hochstifts auf andere Art beyschaffen. Zu dessen mehrerer Versicherung soll dem Domcapitel eines zeitlichen Regenten Hab und Gut, liegend und fahrend, so er bereits hat, und noch überkommt, loco hypothecae et pignoris in vim instrumenti guarentigiati verschrieben und verpfändet seyn. Wie dann ingleichen dem Regenten weder das instrumentum pacis, noch die jetzige und künftige Reichsabschiede, kein Rescript, Indult, kaiserliches Privilegium dagegen jemahl schützen, sondern derselbe sich deren solennissime verzeihen solle.“
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| Noch einige Spuren von dem ehemahligen Landständen findet man in dem fürstlichen Obereinnahmscollegium, welches die Contribution des gesammten Landes besorgt, bey welchem nebst dem Abte vom Mönchsberge ob Bamberg im Namen der übrigen Prälaten, ein capitlischer und Stadtraths-Deputatus statt der ganzen Landschaft sitzt. Auch bey dem Kammerungeldamte sitzt ein capitlischer und Stadtrathsdeputirter.
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In dem Fränkischen Kreisconvente ist der Fürstbischoff von Bamberg alleiniger Kreisdirector und erster mitausschreibender Fürst. Er fordert die Stände zur Ablegung ihrer Stimmen auf, und gibt seine zuletzt. Bey erledigtem bischöfflichen Sitze verwaltet das Capitel das Directorialamt. Bischoff Georg Fuchs von Rügheim und das Capitel trafen den 11ten August 1559 auf dem Reichstage zu Augsburg über das Fränkische Kreisdirectorium und Ausschreibeamt mit dem Markgrafen von Anspach und Culmbach Georg Friedrich einen Vergleich, welches darum zu bemerken ist, weil nach demselben die entstehenden Mißhelligkeiten entschieden zu werden pflegen. Er führt ferner in den Versammlungen der in Münzsachen correspondirenden| Fränkischen, Schwäbischen und Bayerischen Kreise, als erster Fürst des vorsitzenden Fränkischen Kreises das Directorium.

Auf dem Reichstage hat er, nachdem Bisanz denselben zu beschicken aufhört, nunmehr die fünfte Stelle im geistlichen Fürstencollegium. Er verlangt den Rang vor dem Deutschmeister, der auch in den Fränkischen Kreisversammlungen nach den Bischöffen sitzt, weil er ihn nicht als Ordenshochmeister, sondern nur als Meister zu Mergentheim betrachtet.

Sein Titel ist: des heiligen römischen Reichs Fürst, Bischoff zu Bamberg. Das Wappen desselben, oder vielmehr des Hochstifts, ist ein schwarzer Löwe im goldenen Felde, über den ein silberner rechter Schrägbalken gezogen ist: diesem setzt jeder Fürst sein Geschlechtswappen bey.

Er wird vom Domcapitel gewählt. Dieses erlauchte Collegium besteht aus 20 Capitularen und 14 Domicellaren. Man muß von väterlicher und mütterlicher Seite 8 stiftsritter- und turnierfähige Ahnen beweisen, und darthun, daß seine Familie einem Canton der 3 Ritterkreise einverleibt sey, um in dasselbe aufgenommen werden zu können. Auch bey| demselben ist die Emancipation durch einige Ruthenstreiche[5] gewöhnlich. Riesbeck träumte, wenn er schrieb, dieß geschähe, um durch diese Erniedrigung Prinzen von der Lust abzuhalten, sich in ein solches Collegium aufnehmen zu lassen. Eine so feine Maxime liegt nicht unter dieser Ceremonie verborgen. In den mittlern Zeiten wurden junge Edle (die heutigen Domicellaren) in den bey Domstiftern angelegten Schulen von dem Scholastiker unterrichtet, und zu Geistlichen gebildet. Hieraus entwickelt sich, warum noch jetzt die Domicellaren unter dem Scholastiker stehen. Auch Kaiser Heinrich II errichtete bey dem Bamberger Dom eine solche Pflanzschule für die adeliche Jugend. Am Ende ihrer Ausbildung waren die Ruthenstreiche das Zeichen ihrer Entlassung aus der Gewalt des Scholastikers. – Noch eine Gewohnheit muß ich gelegenheitlich bemerken, die bey der Installirung und Präsentation eines Domicellaren üblich ist. Der Domicellar wird von dem Untercustos und einigen Summissarien zu dem in der Nähe| des Capitelhauses befindlichen Beckerladen geführt; hier bittet er um ein Almosen, bekommt einen Weck, gibt ihn einem Armen oder Knaben der Domschule, und überläßt den ganzen Beckerkram für seine Rechnung dem Volke Preis. Wichtige Ereignisse in dem Kreise eines Domschülers! Sie gewähren Semmel, und, leider! auch Spieltage. Papst Leo IX ertheilte in der schon oben erwähnten Bulle den Prälaten und jenen Capitularen des Stifts, die der Bischoff dieser Auszeichnung würdig halten würde, die Erlaubniß, an gewissen Festtagen mit Bischoffsmützen auf dem Haupte in der Kathedralkirche erscheinen zu dürfen. Aber es bediente sich noch nie einer dieses glänzenden Vorrechtes. Von den Zeiten an, wo das Domcapitel sein Condominium geltend zu machen wußte, haben sich die Capitularen in dem Besitze der Propsteyen bey allen Collegiatstiftern, und der Präsidien fast bey allen Dikasterien vestgesetzt. Gemeiniglich wird auch ein Capitular von dem Fürstbischoffe der alten Capelle zu Regensburg als Propst[6] vorgesetzt.| Diese Kirche erhielt der erste Bischoff Eberhard für sein Stift von Kaiser Heinrich II 1022, sagt Sartori in seinem Staatsrechte, da er eine kurze Geschichte der Erwerbung der Hochstiftsgüter entwirft. Heyberger aber, der für die Bamberger Geschichte zu frühe verstarb, gibt in seiner Ichnographia chronici Bambergensis diplomatica (1774. 4. wovon nur der erste Theil erschien) das Jahr 1008 an, wo Heinrich quandam sui juris capellam siue Abbatiam intra vrbem Radesbonnam, in pago Tuonocgouue et in comitatu Ruodberti comitis sitam sanctae babebergensi ecclesiae in honorem b. Petri et S. Georgii martyris consecratae cum omnibus ejus appendiciis sc. extitibus et reditibus, terris cultis et incultis, et cum omnibus vtilitatibus, quae vllo modo scribi aut nominari possunt, summa et liberali deuotione in proprium donauit. Kal. Iunii indict. VI ao dom. incarn. mill. VIII ao vero Domni Henrici sedi reg. VII. Actum Merseburc. Mit der Urkunde, aus der Heyberger diese Worte nahm, erhielt Eberhard zugleich alle dieser Capelle von alten Königen und Kaisern ertheilten Diplome, und diese| ehrwürdigen Actenstücke werden noch in dem fürstlichen Archive aufbewahrt. Daß das Domcapitel das Recht habe, bey einer Sedisvacanz Geld zu schlagen, will Herr D. von Reider ausserordentlicher Rechtslehrer zu Bamberg in seiner Inauguraldissertation: De juribus capitulorum sede vacante. 4. Moguntiae 1787, daraus beweisen, daß es dieses Recht 1693, 1746, 1753, 1757, 1779 ausgeübet habe. Aber dieß waren bey weitem nicht allemahl gangbare Münzen, vielmehr nur Schau- und Denkmünzen. Ja, als es 1693 Speciesthaler als gangbare Münzen, auf einer Seite mit dem fürstbischöfflich Bambergischen, auf der andern mit dem Capitelswappen, ausprägen ließ, wurde es in einen fiscalischen Proceß verwickelt. Ob er schon noch nicht geendet ist, so zeigt diese Ahndung doch, daß es noch nicht so ganz mit diesem Rechte seine Nichtigkeit habe. In der kaiserlichen Ladung vom 23ten April 1694 heißt es: „Welches ungebührliches Anmassen euch um so weniger zukomme, quod capitulum sede vacante succedat episcopo tantum in iis, quae sunt jurisdictionis necessariae, et absque praejudicio ecclesiae et damno tertii intermitti non possint, | sint, sed tempore sedis vacantis vel ad auertendum praejudicium, vel ad procurandam ecclesiae vtilitatem, vel etiam ad requisitionem tertii ex debito justitiae necessario expediri et exerceri debeant, welche keineswegs ad ea, quae sunt exercitii voluntarii, et in quibus aut nullum periculum in mora aut ecclesia tempore interregni nullum patiatur detrimentum, zu extendiren waren, gleich dann dem Bißthume Bamberg exiguo illo tempore, quo sedes, et quidem ad sex vel septem tantum septimanas vacauit, in tanta statuum jure monetandi praeditorum abundantia durch Hinterlassung sothaner eurer Ausprägung nicht das geringste damnum oder praejudicium hätte zugezogen werden können, als hättet ihr auch mit gemeldeter Ausmünzung um so viel mehr zuviel und unrecht gethan, und strafbar gehandelt, weil über das jus potestas cudendi monetam als ein Regale und kaiserliches Reservat den Ständen des Reichs weder vigore jurisdictionis noch ex capite territorii, sed ex singulari imperatorum gratia et indulgentia, nec non ex speciali priuilegio zukomme, versehenen Rechtens aber sey, quod | potestas, quam episcopus habet, ex priuilegio speciali sede uacante non transeat ad capitulum“ u. s. w. Man vergleiche die Grundsätze, die der Reichshofrath im letzten Decennium des vorigen Jahrhunderts geäussert, mit denen, die er in dem unsrigen in ähnlichen Fällen aufgestellt hat.
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Das der Fürst als Bischoff und Landesherr zu betrachten ist, so zwecken auch die nachgeordneten Behörden auf beyde Gegenstände ab. Die höchsten Collegien sind die geistliche und weltliche Regierung. Beyder Centrum ist das Cabinet oder die geheime Hofcanzley, an welche alles das eingeschickt wird, worunter der Fürst seinem Namen zu setzen pflegt, und von welcher alles das an die untergeordneten Collegien geschickt wird, wozu sich der Fürst motu proprio entschließt. Das Personale besteht aus dem Hofcanzler,[7] der auch kraft dieser Würde das Directorium bey der Regierung führt, und Hofrichter ist, und der das Referendariat in Staats- Reichs- Kreis- und Gnadensachen führt, dem Referendar des Justizwesens, und dem der medicinischen| Geschäffte,[8] und einem geheimen Cabinetssecretär, der die currenda besorgt. Diese Einrichtung ward erst im vorigen Jahr (1790) getroffen. Bis dahin war die geheime Hofcanzley für die Menge Beschäfftigungen nicht verhältnißmäßig nur mit dem Canzler und einem Referendar besetzt. Der Canzler, als jedesmahliger Regierungsdirector, hatte genug mit diesem Departemente zu thun. Ein einziger Referendar war nicht im Stande, die vielen Berichte zu prüfen, Gnaden- und Beförderungsgesuche abzuthun, Projecte zu verwerfen oder zu verbessern, noch vielweniger hatte er Muße Plane selbst zu erfinden. Man sah die Unmöglichkeit ein, besonders da auch das Armenwesen gewissermassen zum Cabinette gezogen wurde. Man setzte vor einiger Zeit einen Mitarbeiter an, und nun traf man diese Anstalt. Ob aber beym Cabinette oder der geheimen Hofcanzley nicht auch die Finanzen, die Landesökonomie, das Commerz,| die Baue, der physische Landeszustand – die geistlichen Sachen, Universität, Schulen, Erziehung, der moralische Landeszustand – das Militärwesen – die Lehensachen, die niedern Departements ihre eigene Referendare bedürfen, um die wechselsweise Controlle von den unteren Departements an ein oberstes einziges, als das Centrum der Geschäffte zu befördern, besonders, da kein selbstständiger geheimer Rath da ist, um dem Drucke niederer Collegien minder ausgesetzt zu seyn, um das Ganze besser zu übersehen? u. d. g. Das wäre noch eine andere Frage.
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Die geistliche Regierung, das Ordinariat oder Vicariat, welche das Kirchen- und Schulenökonomicum, Besetzungen der Pfarren, Verhalten und wissenschaftliche Kenntnisse der Geistlichen, dispensanda, doctrinalia, Sachen von und nach Rom, Rechte mit und gegen Auswärtige, milde Stiftungen und dergleichen besorgt, und wohin in geistlichen Sachen die Appellationen von dem Domcapitel, den Collegiatstiftern, dem Consistorialgerichte gehen, besteht dermahlen aus dem Präsidenten und Generalvicar,[9] dem Weihbischoffe[10]| (dieser setzt gewöhnlich den Büchern das Imprimatur vor) und 14 Räthen. Bey diesem Collegium sitzt nur ein weltlicher, nämlich der Hofrath, dem die Consulentenstelle der milden Stiftungen aufgetragen ist.
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Diesem ist das Consistorium oder Domdechanteygericht nachgeordnet, welches als die erste Instanz lediglich in gewissen Testaments- und in Ehesachen über jene Unterthanen Recht spricht, die den Fürsten zu Bamberg als ihren Landesherrn und Bischoff erkennen. Das Personale besteht aus dem Richter, welcher| ordentlicher Weise jeder Domdechant ist,[11] einem Official, dem Siegler, 4 Beysitzern, wovon nur der Siegler weltlich ist. Dieses Gericht entstand aus dem Archidiakonatgerichte Bamberg. Die ganze Diöcese war in 4 solche Archidiakonate getheilt. Jeder Domdechant war zugleich Archidiakon zu Bamberg. Ehe die geistliche Regierung errichtet wurde, war es das höchste Gericht in geistlichen Sachen, und da in jenen finstern Zeiten nur die Geistlichen gelehrt waren, auch bürgerliche Fälle nach dem Corpus juris canonici entschieden wurden, so sah man auch Laien einander bey diesem Gerichte belangen. Das Domcapitel wußte diesem Gerichte durch die Capitulationen immer mehr Ansehen, Ausdehnung und Unabhängigkeit von den Bischöffen zu verschaffen, und da die übrigen Archidiakonate eingegangen waren, die in diesen Bezirken entstandene Fälle aber entschieden seyn wollten, stand es da, verbreitet über den ganzen Sprengel,| und gewann immer mehr Kraft und innere Consistenz. Der Domdechant nannte sich nun einen ordentlichen Richter der Stadt und des Stifts Bamberg. Nicht einmahl der bischöffliche Generalvicar sollte befugt seyn, sich einen Bambergischen Official zu nennen. Laien traten gegen Laien in bürgerlichen Sachen bey demselben auf. Sogar die einfachen Ehebrüche wurden dem fürstlichen Centgerichte abcapitulirt, und vor das Domdechanteygericht gezogen. Nur die von den Bischöffen aufgestellten Generalvicare und Weihbischöffe waren es, welche muthig den Erweiterungen dieses Gerichts Einhalt thaten, und die bischöfflichen Befugnisse vertheidigten. Man gesellte ihnen einige Räthe bey, und so entstand die geistliche Rathsstube oder das Vicariat, um die fürstlichen Ordinariatsgerechtsame zu handhaben. An dieser Klippe scheiterte die Größe des Consistoriums. Zu spät capitulirte man sich für einen Domcapitular die Würde eines Generalvicars. Das Consistorium verlor immer mehr von seinem Ansehen, und mußte sich endlich mit diesem Überreste seiner geretteten Gerechtsame begnügen. In Rom scheint man ein Domdechanteygericht von dieser Verfassung nicht anerkennen| oder geflissentlich ignoriren zu wollen. Alle Rescripte der römischen Curie haben die Aufschrift: an den Official des Bischoffs zu Bamberg.
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Die weltliche Regierung oder der Hofrath besorgt nicht nur eigentliche Regierungsgeschäffte, Landesgerechtsame, Conferenzen und Differenzen, Streitigkeiten mit benachbarten Fürsten, Adel, Abteyen, Lehensgerechtsame, Hoheitsrechte, Hoheitsprocesse an den Reichsgerichten, innere Händel in Sachen der Gemeinden und Beamten, sondern sie stellt auch einen Justizrath vor, an den man von den Gerichten sowohl auf dem Lande als in der Stadt, von dem Stadtrathe und andern Dikasterien appelliren kann. Dieses Collegium ist ansehnlich besetzt.[12] Die Räthe theilten sich in die adeliche, worauf nur Reichsfreye sitzen, und in die gelehrte Bank. Auf beyden sitzen sowohl geheime, die kein besonders| ständiges Collegium, wie an manchen andern Höfen ausmachen, als Hof- und Regierungsräthe. Jeder Kammerherr muß Hofrath seyn, wenn er nicht eine militairische Person ist, und wenn sie zu geheimen Räthen vorrücken, hören sie zwar auf, Kammerdienste zu verrichten, erscheinen aber allezeit bey Hofe. Die Domprälaten, Präsidenten, Hofstaabsbeamte, als Marschall, Stallmeister etc. sind gemeiniglich geheime Räthe, die Oberamtleute theils geheime, theils Hofräthe. Also eine Menge geheimer und anderer Räthe des Anstandes halber. Auf der gelehrten geheimen Bank sitzen die Directoren anderer Dikasterien, Kreisgesandten. Die Hofräthe von der gelehrten Bank theilen die Consulentien und Syndicate bey allen andern Departements unter sich. Bey diesem Collegium ist, wie bey allen andern, das abwechselnde Referiren unter den Mitgliedern eingeführt. In wie ferne dieser hundertjährige Schlendrian den Geschäfftslauf hemme, wie systematisch da alles seinen Schneckengang der Natur der Sache nach gehen müsse, schildert treffend und mit lebhaften Farben F. C. von Moser in seinem Herrn und Diener. Bey ihr ist nebst dem Regierungsarchive auch das Kreisarchiv aufbewahrt. | Von der Regierung hängt der Lehenhof ab, welcher seinen eigenen Propsten[13] und Secretär hat. Bey diesem führt man zwar eigene Protokolle, und bewahrt die Acten besonders auf: aber der Propst muß die Rücksprache an die Regierung führen, und er ist wie der beständige Referent der Lehensgeschäffte auf derselben zu betrachten. Hier, auf der Regierung, werden die Verhandlungen vorgelesen, und darüber beschlossen. Ich fand Spuren von ehemahligen Lehensräthen. Ja in den ersten Zeiten des Hochstifts, wo das judicium parium noch in seiner schönsten Blüthe da stand, versammelten die Fürsten in Lehensvorfällen eine Anzahl ihrer Ritter und Getreuen, um darüber zu erkennen, und unterwerfen sich oft selbst deren Entscheidung. Der hiesige Lehenhof gehört unter die ansehnlichsten der Teutschen Fürstbischöffe. Selbst der stolze Kaiser Friedrich II schämte sich nicht, sich von dem Bischoffe zu Bamberg, Amberg, Velden und Hersbruck in der obern Pfalz zu Lehen auftragen zu lassen. Er zählt die 4 mächtigsten Kurfürsten des Reichs, Böhmen,| Sachsen, Pfalz und Brandenburg als seine Erboberbeamte, drey fürstliche Vasallen, Grafen, Adeliche, Äbte, reichsfreye und gemeine Lehenträger in den Nürnbergischen, Anspachischen, Bayreutischen, Sächsischen Gebieten, und in der obern Pfalz, 10,000 große und kleine Lehen. Dieß vaterländische Bedürfniß verursachte, daß wir in der Lehenrechts-Litteratur am weitesten gekommen sind. Hiezu trug der nun selige Hr. Hofrath und Antecessor der Juristenfacultät Dr. Ritter das meiste bey. Fast alle juristische Doctoranden, die unter seiner Leitung promovirten, wählten sich zu ihren Inauguralabhandlungen den Stoff aus dem Lehenrechte. Hierunter zeichnet sich die neueste des Hr. Hofraths und Staatsrechtslehrers Pfister de judice feudorum extra curtim. 4. 1789, ein Gegenstück zu Böhmers Programm unter eben diesem Titel, vorzüglich aus. Sie vindicirt vaterländische Rechte, und widerlegt das Verfahren Pfalzbaierns, das unter dem Vorwande des juris de non appellando die Lehensgerechtsame Bambergs in dem Ambergischen Gebiete und dem Herzogthume Sulzbach zu schmälern sucht. Bamberg hat in Wien eine Lehenpropstey-Administration, die| verschiedene Vasallen ob und unter der Ens zählt.
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Die 4 jüngsten Hofräthe der gelehrten Bank machen unter dem Vorsitze eines jeden Vicedoms und Stadtrichters[14] das Cent- und Fraischgericht oder das Malefitzamt aus. Es besorgt die peinlichen Fälle, spricht in Ehesachen über jene Unterthanen Recht, die den Fürsten zu Bamberg zwar als ihren Landesherrn erkennen, aber unter eine andere Diöcese gehören; und hat die Aufsicht über die Frohnveste und das Zuchthaus. In wichtigen, Leib und Leben betreffenden Fällen müssen bey versammelter Regierung Vorträge gemacht werden. Dieses Gericht besorgt zugleich 2 Erziehungsanstalten, die der Armenhaus- und die der Malefitzkinder. Die Zöglinge des Armenhauses erhalten in demselben hinlängliche Kost und nothdürftige Kleidung. Der Unterricht im Lesen, Schreiben, Rechnen und in der Religion wird von einem eigenen Lehrer besorgt. Die Beschäfftigung der Knaben ist, beym Gottesdienste im Dom zum Altare zu dienen, und Wolle zu spinnen; die der Mädchen zu stricken. Die andern sind| ausgesetzte Kinder. Für sie hat der Staat kein Findelhaus mit schweren Kosten errichtet, und der Menschenfreund, der Findelhäuser von der gewöhnlichen Einrichtung als Pest des Staates verabscheut, preist hiebey das Geschicke solcher unglücklichen Kinder. Man gibt sie in rechtschaffene Häuser für 12 fl. jährlichen Ziehgeldes ab, besorgt ihre Kleidung, und ihren Unterricht in den öffentlichen Normalschulen, und hält sie zum Baumwollenspinnen an. Beyde läßt man, wenn sie erwachsen sind, Handwerke lernen. Vielleicht fände ein aufmerksamer und geübter Beobachter, wenn er eine geraume Zeit hindurch beyde Institute sorgfältig miteinander verglichen hätte, manche Daten und Aufschlüsse zu dem wichtigen Streit, den man in unsern Tagen über die Findelhäuser aufgeworfen hat.
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Die Hofkammer besorgt die fürstlichen Kammer- und Tafelgüter, das Betragen der Kastner[15] in Verwaltung der fürstlichen Domänen,| die Forste,[16] die Kammerlehen, die von der Kammer ausgestellten Consense, das Hofdepartement, das Ungeld oder den Accis von Fleisch und Bier, die Stadtwage, den Krahnen, das Waarenlager, die Kammerbergämter, denen nun ein besonderer Berghauptmann[17] vorgesetzt ist. Sie besteht| dermahlen aus einem Präsidenten,[18] Directoren, Consulenten, 9 Räthen. Noch im vorigen Jahrhunderte war das ganze Personale ein Kammeramtmann und Kammermeister. Der Hofetat ist in verschiedene Stäbe eingetheilt. Unter dem Obristhof-[19] und Reisemarschall stehen die Kämmerer, Hofedelleute, Hofgeistliche, Leib- und Hofärzte, Kammerdiener, Kammer- und Hoffourier, Trompeter, Läufer, Laquaien, Heiducken, die Hofküche und Silberkammer, Kellerey, Hof- und Kammermusik, die Hofgärten. Das Obristmarschallamt ist ein förmliches Gericht, und es ist dabey ein Hofrath als Syndikus, ein| Actuar und Diener angestellt. Unter dem Obriststallmeisteramte[20] stehen die Hofedelknaben mit ihren Hof- Lehr- und Exercitienmeistern, Kutscher, Vorreiter, Reitknechte, Fuhrknechte, Pferdezucht. Unter dem Obristjägermeister[21] und Obristforstmeistern stehen die Jagdjunker, Forst- und Wildmeister, Waldbereuter und Jäger in personalibus.
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Die Obereinnahme besorgt alle Landesausgaben und Einnahmen, und das sich darauf beziehende, als Steuer, Militär, Strassenbau u. d. gl. Ihr Personale ist ein Präsident,[22] jedesmahliger Abt des Klosters| Mönchsberg, ein Director, Konsulent, die domcapitlischen und stadträthlichen Deputirten, einige Beysitzer. Eben diese, nur den Deputirten des Stadtraths ausgenommen, formiren zugleich die gelehrte Bank des Hofkriegsrathes; der General aber und 3 Stabsofficire die Militairbank. Der Kriegsrath bestättigt, mildert, u. s. w. was das Militairgericht erster Instanz oder das Regimentsgericht in wichtigen Criminalfällen oder in Appellationssachen an dasselbe einschickt. Von dem Kriegsrathe wird unmittelbar an die Reichsgerichte appellirt. Hier ist zum erstenmahle das Band gerissen, das die untergeordneten verschiedenen Departemente an ein oberstes einziges knüpfet.
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Das kaiserliche Landgericht war ehehin ein illusters, höchstes Gericht, und hatte das jus gladii; jetzt ist es nur ein Pupillencollegium, welches in Sachen der von verstorbenen fürstlichen Dienern hinterlassenen Minderjährigen erkennt und spricht. Der Landrichter,[23] – nebst dem Stadtrichter der einzige| weltliche adeliche Chef eines Collegiums, – der Landschreiber, – jedesmahl ein Hofrath, – mehrere Beysitzer machen das Personale aus. Heinrich II befreyte nicht nur allein das Hochstift von aller fremden Gewalt der Grafen, sondern dehnte gleiche Vergünstigung, sich eigne Schirmvögte oder Advocaten zu wählen, auch auf das Domcapitel aus. Dieses ansehnliche Freyheitsrecht des Hochstifts bestättigte 1034 Kaiser Conrad, und nach ihm sein Sohn König Heinrich. Gleichermassen ward es 1068 von Heinrich IV bestättigt, und von Friedrich I anerkannt. Auf so viele Vorzüge gestützt hielten sich die Bischöffe ein eigenes Landgericht, noch lange vorher, ehe Landgerichte zur Handhabung öffentlicher Ruhe und Sicherheit in Gang kamen. Sie investirten damit die Grafen, nachmahligen Herzoge von Meran. Nie war das Bißthum dem burggräflich Nürnbergischen Landgerichte unterworfen. Im Gegentheile verlangten die Burggrafen so gar von Kaiser Friedrich III das priuilegium exemtionis, um ihr Landgericht von den Evocationen des Bambergischen sicher zu stellen, und sie erhielten es 1471. Mittlerweilen entstanden in der Gegend umher nebst dem Landgerichte| Burggrafthums Nürnberg noch mehrere zu Wirzburg, Rothenburg, Schweinfurt, Sulzbach, Hirschberg, Auerbach. Dadurch entstanden Collisionen. Bamberg erhielt die stattlichsten Freyheitsbriefe de non euocando subditos. Der unruhige Markgraf Albrecht suchte aber die Gerichtbarkeit seines Landgerichtes zu erweitern, und unterließ nicht Bambergische Unterthanen vor dasselbe zu fordern. Seinem Vergrößerungsplane Schranken zu setzen, verbanden sich die gekränkten Theile, die Bischöffe zu Bamberg und Wirzburg, mit Ludwig Herzog von Bayern. Es entstand ein verderblicher Krieg. Albrecht überrumpelte Vorcheim, verheerte Bamberg, eroberte Lichtenfels, mußte aber aller seiner Anstrengung ungeachtet nachgeben. Nun da Ströme des Blutes geflossen, tausende ein Opfer der Ehrsucht geworden, war man da, wo man vom Anfange gewesen. Man bot die Hände zu einem Vergleiche, wozu 1460 Herzog Wilhelm von Sachsen den Grund durch einen Schiedspruch legte. Albrecht bekannte selbst: „es ist vor Alters zwischen uns und dem Stifte so gehalten worden, wenn man einem die seinen geladen hat, auf welchem Gerichte es beschehen, die hat man, so der| andere das erfordert hat, gewiesen, und wir haben alle unsere Tage euern Vorfahrern selig noch euch, noch nie keine Weisung versagt, desgleichen ist uns auch beschehen, so sind wir verschrieben in der gemeldten Einung, daß ein jeder den andern bey seinem Gerichte bleiben lassen soll.“ Selbst die Kaiser, wie Karl IV, wiesen die Klagen der Hochstiftsinnsassen, die man an ihr kaiserliches Hofgericht gebracht, von demselben ab, und an das Landgericht zu Bamberg zurück. In der Folge der Zeit erlitt es Erschütterungen von innen, nachdem es die Angriffe von aussen nicht zu Boden drücken konnten. Es wurde eine oberste Instanz, das Hofgericht errichtet. Das Landgericht sucht sich bey seinen Gerechtsamen zu erhalten, und nun, da eine Zeit kam, wo das Hofgericht aufhörte, schwang es sich abermahl empor, und dehnte seine Jurisdiction auch über die höhern Stände aus. Die hiemit unzufriedenen Bischöffe, besonders Veit, setzten seinem Fluge Ziel. Das Hofgericht ward resuscitirt, und es entstand noch eine neue Stelle, der Hofrath. Beyde Stellen nahmen alle Gegenstände in ihre Plane auf, und für das kaiserliche Landgericht blieb nichts übrig, als Pupillengeschäffte. Von dem| Landgerichte appelirt man nicht an die Regierung, sondern an das Hofgericht. Hier ist das Band zum andernmahl gerissen, das die verschiedenen Körper im Staate mit einem gemeinschaftlichen einzigen verbindet, und das eine aufgehaschte Ende an das Hofgericht gefeßelt.
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Dieses Gericht, vor Entstehung des Hofraths das alleinige höchste Justizgericht, spricht auch in Appellationssachen, die vom Domcapitel in weltlichen Sachen und dem Obristmarschallamte dahin gelangen, und konnte nur nach langwierigen Streitigkeiten mit dem Landgerichte, das, weil es älter war, auf sein Ansehen eifersüchtig wurde, und dem Domcapitel errichtet werden. Der Hofcanzler ist zugleich Hofrichter, eine gehörige Anzahl Beysitzer theils adelichen, theils gelehrten Standes, aus dem Mittel der Regierung erkennen in diesem Gerichte, das auch, weil es sich in einem Saale der Residenz versammelt, das Saalgericht genennt wird. Das Hofgericht bildete sich vermuthlich von jener alten Sitte, wo die Bischöffe selbst in ihren Höfen Recht sprachen, oder durch ihren Advocaten in der Burg sprechen ließen. Auch in das Saalgericht suchte das Domcapitel vermittels| der Capitulationen einen aus seinem Mittel als Saalrichter einzudrängen.
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Der Stadtrath, der aus 4 Ober- oder Amtsburgermeistern, dem Consulenten, 4 Unterbürgermeistern und 16 Rathsverwandten besteht, und dem nun jeder Vicedom als Stadtrichter vorgesetzt ist, hatte ehemahls mehrere und große Rechte, die er sich in jenen Zeiten angemaßt zu haben scheint, wo sich die großen Teutschen Bischoffssitze zur Reichsstandschaft emporarbeiteten. Daß er vielleicht auch die Unmittelbarkeit und Unabhängigkeit von seinem Fürsten mochte im Sinne gehabt haben, beweist das Vergehen gegen seinen Bischoff Anton von Rotenhan, weswegen er vom Kirchenrathe zu Basel zur Niederreißung der Stadtmauern verdammt wurde. Über diesen Vorfall ist noch große Dunkelheit verbreitet, ich kann mich aber noch nicht darüber einlassen, weil er zu verwickelt ist, und Kenntniß der Einrichtung der Immunitäten voraussetzt, die ich noch beschreiben muß. Nebst dem, daß er bey Regulirung der Abgaben, als die erste Stadt unter den Städten und Flecken, die die Landversammlungen beschickten, seine volle Stimme hatte, erkannte er in peinlichen Fällen. Selbst noch in unsern| Zeiten wird der Delinquent vor seiner Hinrichtung auf das Rathhaus geführt, ihm das Urtheil vorgelesen, und der Stab gebrochen. Er besorgte die Steuereinnahme von der Bürgerschaft, und besetzte mehrere Subalterndienste. Erst unter der jetzigen Regierung hat er den Überrest dieser Rechte verloren. Jetzt urtheilt er nur in Klagsachen der Bürger und Hintersassen oder Rathsschutzverwandten, besorgt die Obervormundschaft der bürgerlichen Minderjährigen, und ertheilt das Bürgerrecht. Dieses ist zweyfach; das große und das kleine. Dieses koste 25 fl. jenes, welches allen denen nöthig war, die Handel treiben wollen, 50 fl. fränk. Dazu wird aber noch in unsern Tagen ein Regierungsprivilegium erfordert. Der Stadtrath hat auch sein eigenes Bauamt, welches den Feuerlösch-Apparat besorgt, und welches seine Gefälle von Strafgeldern, den Miethzinsen von Häusern, die der gemeinen Stadt gehören, den Stand- und Boutikengeldern, und den 5 fl. fränk. bezieht, die ein jeder, der bürgerliches Gewerbe zu treiben anfängt, für einen Feuereimer zahlen muß. Im Erledigungsfalle einer Rathsstelle bringt der Stadtrath 3 Candidaten dem Fürsten in Vorschlag, aus| welchen er einen ernennt. Eben so wird in Besetzungen der Pflegen der milden Stiftungen verfahren. Die Oberaufsicht über diese, mittelst Weisungen, Revision und Abhörung der Rechnungen, ist bey der geistlichen Regierung. Das Domcapitel hat durch seinen gewöhnlichen Weg, die Capitulationen, das Recht hergebracht, zwey Rathsstellen mit capitlischen Beamten besetzen zu können. Die Rathsverwandten sind nicht lauter Gelehrte vom Handwerke, immer sind unter ihnen einige aus den angesehensten Bürgerclassen.
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Das Vicedomamt ist die erste Instanz in Cent- und Policeysachen. Es ist das Richteramt der Fremden, Ledigen, Dienstboten, Juden, spricht in Handwerks- und Zunftsachen, und versieht, jedoch mit Zuziehung zweyer Marktmeister vom Stadtrathe, das Marktamt. Die Juden haben noch eine erste Instanz, ihren Rabbiner und zwey Deputirte. Eine Gewohnheit, die sie in jenen Zeiten mochten erschlichen haben, wo Juden den neruum rerum gerendarum zu allen Operationen der Regenten besaßen, oder die man ihnen aus zu weit getriebener Duldung gewährte, damit sie nach ihren eigenen Rechten| und Gewohnheiten leben könnten. Aber wer weiß, daß die ganze Israelitische Nation, selbst nach dem Geständnisse einiger einsichtsvollen Juden, noch gar nicht so weit gekommen ist, Recht sprechen zu können; wer die unlautern Quellen kennt, aus denen sie es schöpfen; wer Zeuge ihrer Parteysucht und ihres Verfolgungsgeistes gegen gehaßte Mitbrüder war: der wünscht eine Abänderung dieser Verfassung zum Beßten dieses unglücklichen Volkes, besonders, da man in unseren Tagen angefangen hat, ein eigenes Judenrecht zu bearbeiten. Das Personale dieses Amtes besteht nebst dem Vicedome, dem ehemahligen Advocaten, den die Bischöffe unten in der Stadt hatten, und den man nachher Oberschultheißen nannte, nur aus einem Unterschultheißen, der vormahls nur eine willkührliche Person war, welcher der Oberschultheiß die Besorgung seiner Geschäffte auftrug. Es ist ein äusserst verwickeltes Gericht, dessen Geschäfftskreis weit verbreitet, und oft Collisionen ausgesetzt ist. In solchen Fällen, die häufig entstehen müssen, weil die Gränzlinien dieser Stelle, des Stadtrathes, und der andern Gerichte unvermerkt in einander fliessen, und Sportelsucht und Jurisdictionserweiterung die Schritte eines wie des andern bewachen läßt, ist die sonderbare| Scene zu sehen, daß sich die Subalternen hadern, und nicht selten die eine Stelle losspricht, wenn die andere straffällig erklärt.
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Noch sind drey fürstliche Gerichte, St. Stephan, St. Gangolf, und St. Jacob übrig, die ihre eigenen Richter haben, welches sonst Chorherren, meist der Kellner oder Cellarius, von den Collegiatstiftern gleiches Namens waren. Diese Gerichtsbezirke heissen Immunitäten (Munitäten im Bambergischen Dialekte), und hängen noch jetzt vom Stadtregimente nicht im geringsten ab. Diese Bezirke, die so lange der Stein des Anstoßes, und die Ursache verderblicher Irrungen zwischen Landesherrn, Domcapitel, Stadtbürgern und Immunitätseinwohnern blieben, waren ursprünglich jene Güter, die diese drey Collegiatkirchen von ihren Stiftern bekamen. Zu weit getriebene Güte und Freyheitsbegünstigung gewährte auch diesen mittelbaren Staatskörpern das Recht sich eigene Schirmvögte oder Advocaten zu wählen. Da die Volkszahl immer mehr anwuchs, und diese Bezirke mit Häusern besetzt wurden, übten sie auch die Jurisdiction über diese Ansiedler aus. So entstand auch die capitlische Immunität Kaulberg, die ehehin zu den Tafelgütern des| Domcapitels gehörte, und das Abtey Mönchsbergische Gericht. So viele von einander unabhängige Gerichte auf einem Flecke beysammen, den man eine Stadt hieß, mußten in Collisionen gerathen. Wäre man in gehörigen Schranken geblieben, hätten die verschiedenen Gerichtsherrn ihre Gerichte unter der obersten Gewalt des Fürsten gehandhabet: so hätten vielleicht diese verschiedenen Verfassungen in einer Stadt noch so ziemlich zusammen gehalten. Aber das wollte man nicht. Man trieb die Freyheit zu weit, und wollte auch vom Regenten unabhängig seyn. Gleiches Interesse knüpfte die drey Collegiatstifter an das Domcapitel, und so entstand ein Band, das so leicht nicht zerissen werden konnte. Aber nun erweiterte das Domcapitel seine Absichten. Es erwarb sich durch die Capitulationen das Recht, daß nur aus seinem Mittel den Collegiatstiftern Pröpste gegeben würden, und Pröpste wurden jederzeit mit dem Gerichte investirt. Gleiche Verhältnisse waren das erste Triebrad, die Immunitäten wider der Fürsten Ansehen zu vertheidigen; sich selbst zu Oberherrn der Immunitäten empor zu schwingen, war das andere. Es kam eine Zeit, wo es politische Nothwendigkeit geworden| war, Steuern und Abgaben von den Unterthanen zu verlangen. Die Stadt Bamberg wurde geschätzt; und nun sollte der Stadtbürger alle Lasten tragen. Die Immunitäten, die doch gleichen Antheil an der öffentlichen Sicherheit, dem öffentlichen Gewerbe, Markte, Wegen, Brücken hatten, verstanden sich zu nichts. Die Fürsten waren zu ohnmächtig, das Capitel zwingen zu können, das sich für die Immunitäten verwandte. Die Stadtbürger waren nun von allen Seiten verlassen, von dem, den sie Fürsten nannten, und dem sie nun bezahlen sollten, ohne Schutz, fanden nur diesen in ihrer eigenen Kraft, und in ihrem Muthe. Das Bild eines so freyen Immunitätsbewohners, der sich nicht wenig auf seine Freyheit zu gut that, erzeugte in ihnen gleiche Begriffe von Unabhängigkeit, und die Fürsten waren allezeit das erste Opfer. Bischoff Lampert von Brunn erfuhr 1393 zum erstenmahl die traurigen Folgen dieser verwirrten Verfassung. Die Bürger erregten Aufstand, und nur das Schwerd des Krieges, das sie so schwer fühlen mußten, beugte ihre emporstrebende Nacken unter des Fürsten Obergewalt wieder. Das Feuer der Rebellion ward bald gedämpfet,| um desto fürchterlicher und verderblicher aufzulodern. Man schritt mittlerweilen zu Ausgleichungen, nahm seine Zuflucht zu Schiedsprüchen und kaiserlichen Machtbriefen. Aber man gedachte nichts weniger, als sie zu halten, und das sein gesponnene Gewebe der Immunitäten bekam immer mehr innere Vestigkeit. Endlich rückte jene traurige Periode der gänzlichen Anarchie heran. Sie fiel in die ersten Regierungsjahre Antons von Rotenhan. Anton, einer der größten Bischöffe von ausgezeichneter Thätigkeit und Streben fürs allgemeine Beßte, gleich erfahren in den Wissenschaften, wie in der Kunst das Ruder des Staats mit weiser Hand zu lenken, folgte 1431, nicht, wie Hoffmann in seinen Annalen sagt, 1433 auf Friedrichen von Aufsees. Friedrich sah das Hochstift von den Hussiten brandschatzen und verwüsten,[24] sah die so schlecht gegen dieselben geführten Reichskriege das Land entvölkern, sah durch die Nothwendigkeit Steuern aufzulegen, den verarmten Unterthan| zu Boden drücken, sah in seiner Residenz durch die Zwistigkeit der Stadtbürger und Immunitätseinwohner das Übel noch ärger werden, er sah, wie der Bürger Zutrauen zu ihm immer abnahm, wie das Feuer der Gährung immer lebhafter wurde, er sah dieß alles, und seine Größe wurde ihm zur Last. Er begab sich in die Kärnthischen Herrschaften des Hochstifts, und legte da die Regierung freywillig nieder, und suchte in der stillen Einsamkeit, was ihm der Thron nicht gewähren konnte. Bis zur völligen Abdankung wird Anton Pfleger und Administrator des Bißthums, hernach selbst Bischoff. Eine neue Hauptperson trat mit ihm auf den Schauplatz, ohne die Situationen, worin sich die Gemüther befanden, zu ändern. Die Stadtbürger waren mit Steuern beschwert, die der Immunitätseinwohner auf sie allein wälzte; das Domcapitel war wachsam auf die Schritte der Bürger, weil sie der Unabhängigkeit der Immunitäten drohten, und eben so viele Schritte für der Fürsten Alleinherrschaft waren. Hiezu kam noch ein Umstand, der die Erbitterung ungemein vergrößerte. Die Stadtbürger, welchen die Verwüstungen der Hussiten noch lebhaft vor Augen schwebten, wollten| die Stadt bevestigen, um sich vor künftigen feindlichen Anfällen zu sichern. Mitunter mochten sie auch wohl die Absicht gehabt haben, die Immunitäten von dem Stadtgebiete zu fordern, und hinter ihren Mauern den Immunitäten, dem Domcapitel und Fürsten zu trotzen. Friedrich und Anton gaben dieß aus Staatsmaximen nicht zu, wie konnten sies Bürgern, die schwierig waren, und Freyheitsgedanken nährten? Die Bürger stellten dem Kaiser Sigmund die Lage der Sachen vor. Sigmund schränkte die Immunitäten ein, wollte die verschiedenen Einwohner vereinen und gleich machen, befahl die Stadt mit Mauern zu umgeben, um die getrennten Gemüther in einer Mauer zu friedlichern und verträglichern Gesinnungen zu stimmen. Ein schönes Project, aber wie alle Projecte leichter entworfen, leichter befohlen, als ausgeführt. Zu Bamberg wollte niemand die Hände dazu bieten. Ja das Domcapitel brachte die Sache vor den Kirchenrath zu Basel. Anton wollte sich zu keinem Theile halten, und die kämpfenden Parteyen austoben lassen. Zu dem hatte ihn das Domcapitel gezwungen, sowohl als Administrator, als auch als Bischoff öffentlich zu erklären, Sigmunds Ausspruch| nicht annehmen zu wollen. Die Bürger, die doch im Grunde für des Fürsten Sache arbeiteten, wähnten: Der Fürst neige sich auf des Domcapitels und der Immunitäten Seite hin, eine Folge jener Grundsätze, die er als Dompropst zu Wirzburg geäussert, wo er an der Spitze des Domcapitels die Rechte des Bischoffs Johann von allen Seiten einschränkte; sie wurden wütend, bauten sich selbst Mauern, Tockler der Burgermeister wiegelte sie zum öffentlichen Aufstande gegen den Fürsten auf, und unterstützt durch die Lorber, Zollner, Haller, Münzer, Lemblein, Schnepfen und Vilsecker, verjagten sie Anton aus der Stadt. Ja in blinder Wut gingen sie so weit, daß sie Hand an ihn legten, und ihm die Wange aufritzten. Die Tradition bezeichnet den Burgermeister, einen Metzger vom Handwerke, als Thäter. Der Bannstrahl und das Schwerd brachte sie vom Taumel zurück. Der Kirchenrath zu Basel that die Bürgerschaft in Bann, belegte die Stadt mit dem Interdicte, und befahl die Niederreissung der Mauern; und Anton, der unterdessen ein mächtiges Heer gesammelt und 1435 die Stadt besetzet, strafte mehrere Aufrührer mit dem Tode. Doch in der Hauptsache| machte dieß keine Veränderung. Der Streit blieb so unausgemacht, wie zuvor, und diese blutigen Auftritte sind wie tragische Intermezzi in dem großen Schauspiele zu betrachten. Da der Kirchenrath zu Basel einen dem Immunitätssysteme günstigen Urtheilsspruch ergehen ließ, appellirte die Bürgerschaft auf die vielen päpstlichen und kaiserlichen Urtheilsbriefe gestützt, von dem Ausspruche des Concils an K. Sigmund, der 1435 gegen dasselbe nachdrücklich geahndet, daß es sich zum Nachtheil des Kaisers und des Reichs vieler Sachen unterzöge, deren Erkenntniß vor keine Kirchenversammlung gehöre. Sigmund erneuerte den ersten Ausspruch. Aber die Oberherrschaft über die Immunitäten und die Alleinherrschaft konnte Anton nicht erringen. Sie, für deren Erhaltung das Domcapitel mit Argus-Augen wachte, standen zu vest; ihre Beschützer waren zu fürchterlich, als daß sich ein Bischoff von so weniger Verfassung und so äussert schwankenden Gerechtsamen, wie damahls, an sie wagen konnte. Sie mußten noch lange der Zankapfel bleiben, noch lange zu Irrungen von den traurigsten Erfolgen Anlaß geben. Von so schaudervoller Beschaffenheit war Friedrich| Karls Epoche zwar nicht, sie ward nicht von verzehrenden Rebellionen bestürmt, aber vom Geiste der Zwietracht genährt. In dieser trieb das Domcapitel die Sache aufs äusserste. Es besetzte, als die Propstey bey St. Stephan erlediget war, eigenmächtig in seinem Namen das Immunitätsgericht St. Stephan, suspendirte den zeitigen Richter, forderte von den Richtern der andern Immunitäten den Eid der Treue, maßte sich der Steuereinnahme, der Gemeinde-Rechnungen an, und zog die Appellationen aus diesen Bezirken vor den Domdechant. Die Nebenstifter sah sich nun von denen, auf die sie sich, um vor den Bedrängnissen der Fürsten sicher zu seyn, freywillig stützten, selbst mißhandelt, selbst unterwürfig gemacht, und liefen jetzt an den Fürsten, um ihre Gerechtsame nicht zu verlieren. Friedrich Karl war der Fels, woran das ganze domcapitlische System scheiterte, und der die fürstliche Machtvollkommenheit in ihrer ausgebreiteten Größe schuf. Er war es, der desselben ausschweifende Vergrößerungsplane begränzte, und sie in gehörige Schranken zurückrief. Haupt und Glieder trennten sich. Der Fürst gerieth mit seinem Domcapitel in gänzliche Spaltung: aber hier waren die Unterthanen| nicht wie zu Lamperts und Antons Zeiten mit verwickelt, es floß folglich kein Blut, aber viel Dinte in den Deductionen, die der Fürst so wohl als das Capitel zur Vertheidigung ihrer gerechten Sache ans Licht treten ließen. Es war die sonderbarste Verfassung. Wenn ein Fürst z. B. das Tanzen einstellte, so war zwar in der Mitte der Stadt alles ruhig, aber ringsherum vor den Thoren derselben gings desto bunter. Philipp Anton von Frankenstein war es vorbehalten, gewissermassen Einigkeit herzustellen. In einem mit dem Domcapitel 1748 getroffenen und vom Kaiser bestättigten Grundrecesse überließ das Domcapitel gegen überkommene andere Einkünfte und Güter dem Fürsten seine Immunität Kaulberg, und die drey andern collegiatstiftischen St. Stephan, St. Gangolf, St. Jacob, ohne die Capitel dieser Nebenstifter darum zu fragen. Entweder erkannte man auf fürstlicher Seite die domcapitlischen Befugnisse durch die Länge der Zeit als hergestellt an, oder war es das erstemahl, wo man, um das Band der Eintracht zu knüpfen, die domcapitlischen Anmassungen zu benutzen verstand. War ihnen die domcapitlische Unterstützung entzogen, so waren die Strebepfeiler| entfernt, und der riesenmäßige Coloß, der durch Jahrhunderte unerschüttert da stand und trotzte, mußte zusammenstürzen. Es wurden ihnen die Acten, Trommel und Fahnen abgenommen, und die Bewohner bey Bürgeraufzügen den vier Stadtbürgercompagnien einverleibet. Die Nebenstifter, die sich so lange auf des Domcapitels Ansehen hingelehnt hatten, und sich für sicher wähnten, waren nun von demselben aufgeopfert. Sie, die jetzt ungehört ihre gegründeten Gerechtsame verlieren sollten, bettelten so lange, bis ihnen der nachfolgende Fürst Conrad Reichsgraf von Stadion 1756 die Ausübung ihrer Gerichtbarkeit, jedoch unter des Fürsten Namen, wieder ertheilte. 1786 aber entließ der jetztregierende Fürst die Richter, welches Stiftsgeistliche waren, ihrer Pflichten, und stellte fürstliche Regierungsadvocaten zu Richtern auf. Allein noch bis auf diese Stunde ist ein solcher Immunitätsbürger kein Stadtbürger; er hat in den Messen zu Frankfurt am Main nicht die Vortheile zu genießen, die ein Bürger der Altstadt Bamberg hat, und wenn ein Bürger z. B. vom Stephansgerichte in ein Stadtviertel zur Miethe ziehen will, muß er sich beym Stadtrathe als Bürger einkaufen, und ein| Stadtbürger verliert dadurch, daß er sich in einer Immunität niederläßt, eben so gut sein Bürgerrecht, als wenn er sich unter dem Südpole ansässig gemacht hätte.
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Der Vollständigkeit wegen sollten auch noch die verschiedenen Commissionen z. B. Schul-Policeycommission aufgezählt werden. Allein in dem Plane, den ich mir von der Art einen Staat zu regieren machen würde, ständen weder Commissionen, Conferenzen, Deputationen, noch dergleichen angebracht. Die Mitglieder einer solchen wollen die durch den hergebrachten Gang der Geschäffte gewohnte Form auch hier anwenden, und die ist oft wenig passend. Meistens haben sie noch überdieß eine Menge Collegialarbeiten, und selten Zeit in corpore zu erscheinen. So hinkt der Geschäfftsgang, und die Beysitzer verlieren die Lust, die Commissionsarbeiten mit der Thätigkeit zu besorgen, mit der sie besorgt werden müßten; denn es sind Arbeiten, die, weil sie über die ordentlichen Beschäfftigungen aufgetragen werden, als neue Plagen angesehen werden, wofür nicht bezahlt wird. In einem Staate, wo viele Commissionen sind, kommt es mir eben so vor, als wie es bey einem übereilten Bau herzugehen pflegt. Es werden| hinten nach noch Stützen und Strebepfeiler angebracht, um Zusammenhang und einige Vestigkeit ins System zu bringen. Theils sind auch ihre Wirkungen, wie es nicht anders seyn kann, weniger auffallend, daß es nöthig wäre etwas mehr zu sagen, als daß sie da sind. Aber eben deswegen kann ich nicht umhin, ein Paar Worte über die Oberarmeninstitutscommission zu sagen. Sie, die von dem besten Herzen des Fürsten zeugt, ward von ihm gegen das Ende des J. 1787 niedergesetzt. Der Fürst selbst präsidirt ihr bey seiner Anwesenheit. Wir verdanken ihr den abgeschafften Straßenbettel, obschon es wegen Mangel gehöriger Aufsicht, und aus mißverstandener Güte hierin noch manche Unordnungen gibt, mehrere Industrie, ein best eingerichtetes allgemeines Krankenhaus, zwey wohlthätige Institute für kranke Handwerksgesellen und Dienstboten. Der erste Grundsatz, von dem man bey Behandlung des Armenwesens ausgegangen ist, war, dem Armen, der Kräfte hat, Arbeit zu verschaffen. Man fing die Anstalten dazu von der besten Seite an, vom Unterrichte armer Kinder. Man wählte das Baumwollenspinnen. Ob aber die ganze Absicht erschöpft werde, ob der Zweck| wirklich erreicht werde, so lange man sich nur darauf einschränket? Ob nicht die manchfaltigsten Verhältnisse, das Locale, eigene Erzeugnisse, vaterländisches Bedürfniß eben so manchfaltige Arbeiten erfordern? Ob nicht der immer abwechselnde Geschmack der Moden den Absatz der daraus fabricirten Artikel erschüttern wird, moralisch gewiß erschüttern wird, und dann vereiteln den schönen Traum von belebter Arbeitsamkeit, neuem Nahrungszweige, und in sein voriges Nichts zurückrufen unsere Industrie? Dies sind freylich Fragen, über die die Zukunft erst entscheiden muß. Man eröffnete 1787 im Arbeitshause Spinnsäle, wo der arbeitsame Arme ein bequemes Obdach und Absatz für seine Arbeit erhält, und im nämlichen Jahre für die armen Tuchmacher, die weder Geld noch Credit haben, eine Wollenniederlage, aus der sie Vorschuß zu ihrer Arbeit auf Credit erhalten. Vom J. 1787 bis 1788 wurden 528 im Baumwollenspinnen unterrichtet. Im J. 1790 wurden 74 Kinder vom 12ten bis 14ten Jahre zum Wollespinnen angehalten. Im Jahre 1788 wurde an 1567 nicht kranke Arme 14,835 fl. 56 kr., und an 726 arme Kranke 1900 fl. fränk. vertheilt. Im J. 1790 wurde an 851 Arme 13,312 fl.| 471/2 kr., und an 28 geschämige Arme, deren Name wegen ihres Schicksales zu verschweigen Pflicht ist, 1,308 fl. 44 kr. theils am Gelde, theils im Korne, das Simra zu 2 fl. fränk. angeschlagen, ausgetheilet. Nebst diesen erhielten 23 Personen 985 fl. 34 kr. Vorschuß zur Unterstützung, ohne Interessen zurückzuzahlen. 142 arme Kinder und Personen wurden gekleidet, um sie zum Schulegehen oder zum Dienste anhalten zu können. Die Unkosten betrugen 801 fl. 251/2 kr. 31 Lehrjungen bekamen 378 fl. 8 kr. Lehr- Aufding- und Geld zur Anschaffung des nöthigen Handwerkzeuges. Für 31 arme Kinder, die zu ihrer Erziehung in rechtschaffene Häuser abgegeben worden, betrug das Ziehgeld 337 fl. 28 kr. Hiezu kamen noch 297 fl. 40 kr. für kranke Arme, die die Kost in ihren Häusern genoßen, weil ihre Krankheiten nicht für das Krankenhaus geeigenschaftet waren; 843 fl. 34 kr. für derselben Arzneyen; 43 fl. 6 kr. für Holz und Reissig, 71 fl. 19 kr. für arme Durchreisende. Überhaupt wurde vertheilet 18,376 fl. 35 kr. fränk. Ungeheure Summen! Man sollte wähnen, die ganze Stadt sollte damit beglückt, davon reich werden.| Ungeheuer ist aber auch der Abgrund, der sie verschlingt. Ist das aber anders zu erwarten, da, wo die Handlung mehr passiv ist, wo Fabriken und Manufacturen beynahe ungekannte Namen sind, wo es nun nothwendiger Weise an Erwerbsarten fehlt, fehlen muß, die die Trägheit ermuntern, und zur Thätigkeit beleben könnten? Da, wo alle Quellen der Armuth fliesen, gemächliche Indolenz, Wohlleben, Abscheu für Anstrengen, Hangenbleiben am alten? Sind da nicht Arme eine moralisch nothwendige Folge? Werden da, wo so wenige Nahrungswege geöffnet sind, wo die arbeitsame erwerbende Classe noch nicht die Hochachtung erlangt hat, die man ihr in andern Staaten freywillig zollt, und die sie verdient, wo der Wahn die Köpfe noch allgemein beherrscht, als stempelten nur Ahnen und gelehrtes Brod mit dem Mahle bürgerlicher Ehre, wo einige 1000 Gulden noch die Gedanken schwindelnd machen können, um eine Classe höher hinauf zu schieben; oder gar, anstatt nun weiter zu raffiniren, seine Speculationen zu erweitern, in gemächliche Ruhe zu setzen vermögen? Kanns da anders seyn, daß man bloß füttern muß, und dadurch selbst die traurige Folge| herbeyziehen, daß mancher, der sich sonst durchgearbeitet hätte, nunmehr abläßt, weil er auf das Gewisse der Unterstützung rechnet, sicher rechnen kann? Belebte Arbeitsamkeit, beförderter Handel, Manufacturen, in welchen unsere tägliche Bedürfnisse bearbeitet werden, müssen in dem Plane einer Armencommission an der Spitze stehen, und dann erst Almosen... Aber ich hänge meinem Lieblingsideale nach, und komme vom Objecte ab. Und von Männern, wie die sind, die an der Spitze unseres Armenwesens stehen, von einem Fürsten, wie der ist, mit dem uns die Vorsehung beschenkte, ist billig alles zu erwarten. Die Namen dieser edlen Männer, die der tiefe Blick Franz Ludwigs aus allen Departements auslas, deren rastlosen Thätigkeit wir den Anfang so schöner Anstalten verdanken, und die vereint mit dem Bemühen des besten Fürsten unentgeldlich ihr Streben für das Wohl ihrer unglücklichen Mitbürger aufopfern, sind: Herr Domherr und Präsident Reichsfreyherr von Buseck, Herr Obercustos und Präsident Reichsfreyherr von Hutten zum Stolzenberg, die geheimen Räthe Hr. Graf von Rotenhan und Hr. Reichspostmeister von Halsdorf, die geistlichen Räthe Herr Regent| des Priesterpflanzhauses Schmittlein, und Herr Kirchenrechtslehrer D. Schott, Hr. Hofkammerrath Stenglein, und die Herren Rathsverwandten Sippel und Biswanger. Sie machen die Oberarmencommission aus, die sich am Mittwochen jeder Woche versammelt. Damit ihrer Aufmerksamkeit nichts entgehe, ist die Stadt in 7 Districte getheilt, und jedem eine Unterarmencommission aus einem Mitgliede der obern, als vorsitzenden Mitgliede der Unterarmencommission, dem Pfarrer, den Gassenhauptleuten und Honoratioren dieses Districts bestehend, vorgesetzt. Sie versammeln sich den Samstag jeder Woche, und sind wie die Organe der Oberarmencommission zu betrachten. Habt hier öffentlich Dank, ihr edlen Männer, die ihr in eurem Wirkungskreise so viel Gutes im Stillen ausübt, zufrieden mit dem Bewußtseyn, tausenden ihr Leben erträglicher gemacht zu haben!




  1. Am richtigsten ist derselbe abgedruckt in dem Cod. probat. zur Bamberg. Deduct. wegen Fürth Nro. 53.
  2. Annalium Bambergensium prodromus (1603) p. 11.
  3. Clemens II, von dem hier die Rede ist, war zuvor unter dem Namen Suidger, oder Rüdiger von Maiendorf zweyter Bischoff zu Bamberg. Büsching und Sartori unterscheiden Suidger vom Clemens, als wenn es zwey Personen gewesen wären. Diesen Suidger nennt die gemeine Sage einen H. v. Maiendorf; andere aber, die Halberstadt für sein Vaterland halten, lassen ihn von Conrad H. v. Marschleve und Honeburg und Amulrada von Maiendorf, einer Schwester Waltrads Erzbischoffs von Magdeburg, geboren werden, [632] sagen, die gemeine Sage habe ihm nur durch einen Irrthum den mütterlichen Geschlechtsnamen beygelegt, und machen ihn zuerst zum Domherrn in Halberstadt. V. Chron. Halberst. p. 164 et Annalist. circa a. 1040. de geneal. Suidgeri. Er ward Heinrichs III Canzler, 1042 Bischoff, und wurde auf einer Synode zu Rom, wohin er dem Kaiser gefolget war, 1047 zum Pabste gewählt. Nur 9 Monate und 16 Tage besaß er die päbstliche Würde. Cygneus sagt, man vermuthete, er wäre vergiftet worden. Ob er gleich Oberhaupt der Kirche war, so liest man doch nicht, daß er das Bißthum Bamberg vor seinem Tode aufgegeben hätte. Sein Leichnam wurde auf sein ausdrückliches Verlangen von Italien nach Bamberg gebracht.
  4. Im oben angeführten Werkchen pag. 38.
  5. Der zu emancipirende Domherr bekommt die Streiche auf die Chorkleider. Das nämliche wird in den drey Nebenstiftern St. Stephan, St. Gangolf und St. Jacob zu Bamberg beobachtet.
  6. Dieß ist dermahlen Hr. J. Carl Jos. Fhr. Horneck von Weinheim, Capitular zu Bamberg und des Ritterstifts zu Wirzburg, fürstlich Bambergischer geheimer und geistlicher Rath.
  7. Diese Würde bekleidet dermahlen H. Ad. Papstmann.
  8. Das Referendariat des Justizwesens führt Hr. Hofrath Matth. Pflaum b. R. L., eben der, dem die Bearbeitung eines neuen Criminalgesetzbuches nach Quistorps Plane aufgetragen ist; das der medicinischen Geschäffte H. Hofrath, Leibarzt, und dirigirender Arzt des allgemeinen Krankenhauses D. Friedrich Adalbert Markus.
  9. Dieses ist dermahlen Joh. Jos. Heinrich Ernst Reichsfreyherr von und Wirzburg Capit. und Jubiläus [654] der Domstifter Bamberg und Wirzburg, fürstlich bambergischer geheimer Rath, Präsident der Schulencommission, Rector magnificus perpetuus der Universität zu Bamberg, Oberpfarrer zu unserer l. Fr. zu Bamberg, dann des Universitätsreceptoratamts zu Wirzburg Präsident, und der dortigen Schulencommission Mitglied.
  10. [654] In dieser Würde steht H. J. Ad. Behr der Weltweish. Doct. b. R. L. der heil. Schrifft Baccal. Bischoff zu Hymerien, fürstl. Bamberg. würkl. geheimer Rath, in bischöfflichen Verrichtungen Generalvicar, und in den geistlichen Provicar, Präsident des fürstl. Ernestischen Priesterpflanzhauses, Mitglied der Schulencommission, Dechant des kaiserlichen Collegiatstifts, und Pfarrer zu St. Martin zu Bamberg.
  11. Dazu ward 1789 gewählt Hr. Joh. Phil. Anton Reichsfreyherr von Schaumberg auf Ströfendorf, fürstl. Bambergischer geheimer Rath, und beständiger Statthalter, Propst des Collegiatstifts zu St. Jacob, Präsident des Aufsesischen Studentenhauses, Oberpfarrer zu Kronach.
  12. Präsident davon ist Hr. Christoph Franz Amand Veit Daniel Christian von Buseck, Capitular zu Bamberg und Wirzburg, fürstlich Bambergischer geheimer Rath, Policeycommissions-Präsident, und Mitglied der Oberarmeninstitutscommission.
  13. Diese Stelle versieht dermahlen noch der Hr. geheime Rath und Fränkische Kreis-Directorialgesandte, Jos. Phil. von Oberkamp auf Weisenbrunn.
  14. Diese Stellen bekleidet Hr. geheime Rath und Oberamtmann Wilh. Frid. Freyherr von Künsberg.
  15. Kastner sind Beamte, die zur Besorgung der fürstlichen Finanzen auf dem Lande angestellt sind. Schon nach einer sehr alten Einrichtung sind diese Stellen von den Jurisdictionalien getrennt. Diese Einrichtung aber, deren Nutzen, in Nothwendigkeit nun so [663] allgemein anerkannt ist, erhielt sich nur in den 4 größern Ämtern Kronach, Vorcheim, Weismain, Scheslitz.
  16. Forstämter sind 25. Forstamt Bamberg mit Scheslitz von 18 Revieren; Baunach von 4; Bechhofen von 2; Ampferbach von 3; Kronach von 8; Ebermannstadt von 2; Herzogenaurach von 1; Höchstädt von 2; Hollfeld von 2; Lichtenfels und Forstamt auf dem Brande von 7; Nordhalben von 7; Oberscheinfeld von 1; Schlüsselau von 1; Stadtsteinach von 7; Veldenstein von 6; Vilseck von 4, Vorcheim von 6; Wachenroth von 1; Wartenfels von 2; Weismain von 5; Weischenfeld von 8; Wolfsberg von 2; Zeil von 5 Revieren.
  17. In der Person des Hr. Grafen Fried. Christoph von Rottenhan auf Rottenhausen und Merzbach, fürstlichen Bambergischen geheimen Rathes, Reisemarschalls, Mitglieds der obern und vorsitzenden Mitglieds einer Unterarmencommission, Directors der zur Beförderung der Industrie angelegten Wollenmanufactur, Oberamtmanns zu Marlofstein und der incorporirten Ämter Ebermannstadt, Neunkirchen, Neudeck [664] und Regensberg, des Cantons Baunach Ritterrathes, Burgmanns zu Fridberg.
  18. Das Präsidium ist dem Hr. Grafen Fried. Christoph Nep. Wild. von Waldendorf Capitularen zu Bamberg, Wirzburg, Eichstädt, fürstlich Bambergischen geheimen Rathe übertragen.
  19. Dieß ist Hr. Joh. Frid. Schenk Reichsfreyherr von Staufenberg auf Ammerdingen, Greifenstein, Heiligenstadt, Burggrub und Streit, kaiserl. Rath, fürstlicher Bambergischer geheimer Rath, Präsident der Krankenhauscommission, Oberamtmann zu Höchstadt und Wachenroth, Kanton Gebirgischer Ritterhauptmann, Mitglied der Schulencommission zu Bamberg.
  20. Der dermahlige Obriststallmeister ist Hr. Joh. Ant. Jos. Horneck von Weinheim auf Thurn und Marolsweisach, fürstlicher Bambergischer geheimer Rath, Oberamtmann zu Weismain und Burgkunstadt, Orts Gebirgischer und Baunachischer Ritterrath und Deputatus.
  21. Der dermahlige Obristjägermeister ist Hr. Fried. Karl Freyh. von Schaumberg fürstlicher Bambergischer geheimer Rath, Oberamtmann zu Scheslitz und Pfleger zu Giech.
  22. Diese Würde bekleidet Hr. Jos. Karl Georg Reichsfreyherr von Hutten zum Stolzenberg [666] Capitular und Obercustos zu Bamberg, fürstlicher Bambergischer geheimer und geistlicher Rath, Mitglied der Schulen- und Oberarmencommission.
  23. Dazu ist Hr. geheimer Rath und Oberamtmann von Künsberg ernannt.
  24. Die Chronik sagt: 1430 sind die Hussiten in das Stift Bamberg gefallen, haben großen Schaden gethan, welchen man auf 12,000 fl. geschätzt. Diese Summe beschränkt sich vermuthlich nur auf die Stadt.