Geschichte von Kloster Heilsbronn/Der 35. und letzte Klosterabt Melchior Wunder

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Die Mönche »
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Der 35. und letzte Klosterabt Melchior Wunder[1] (1562–78)

regierte vom 9. Juli 1562 bis zu seinem am 13. Juli 1578 erfolgten Tode, sonach 16 Jahre lang. Er wurde um das Jahr 1525 zu Mühlhausen bei Pommersfelden in Oberfranken geboren. Sein Vater, Moriz Wunder, war Pfarrer in Mühlhausen. [506] Er stammte, wie auch sein Bruder Georg Wunder, ohne Zweifel nicht aus einer legitimen Ehe; denn um 1525 wird sein Vater Moriz Wunder wohl noch nicht (wahrscheinlich niemals) Luthers Lehre angenommen und eine legitime Ehe geschlossen haben. Seine Mutter, deren Name in den Jahrbüchern nicht vorkommt, zog, bereits über 50 Jahre alt, nach seines Vaters Tod von Mühlhausen weg „und that sich zu Herrn Bastian Willenberger, Engelmesser bei St. Martinsstift in Vorchheim“, dem sie nach Ebermannstadt folgte, wo er Pfarrer wurde. „Derselbe hat sie zu Ebermannstadt in die 12 oder 15 Jahr, wie im Papstthum der Brauch, zum Weib gehabt und sie ehrlich bis zu ihrem Tod gehalten während ihrer Krankheit.“ Willenberger hatte zwei Töchter, welche als Stiefschwestern unseres Abts bezeichnet werden, während des Abts Mutter als Stiefmutter der Willenberger’schen Töchter bezeichnet wird. Unser Abt (auch sein Bruder Georg) kam als Knabe nach Forchheim auf die Schule und wohnte dort bei seiner Tante Magdalena, verehelichten Löffelmeier, Schwester seines Vaters. 1542 war er noch in Forchheim; dann aber kam er nach Heilsbronn in die Schopper’sche Schule. Es ist oben bemerkt worden, daß Schopper aus den Zöglingen seiner Schule die gelichtete Zahl seiner Mönche zu rekrutiren beabsichtigte, daß aber nur Wenige in den Orden traten. Dieser Wenigen Einer war unser Abt. Er trat in den Orden um 1550, sonach zur Zeit der Restauration des Klosters durch den Markgrafen Albrecht. Sein Bruder Georg Wunder und dessen Frau besuchten ihn dreimal und bei diesen Besuchen „hat der Herr Abt ihnen 4 fl. 2 Ort, 18 dl. etc. verehrt.“ Bald nach dem letzten Besuche starb Georg Wunder. Seine Wittwe heirathete wieder und erhielt von unserem Abt zwei Goldgulden als Hochzeitgeschenk. Auch andere Verwandte erhielten von ihm Geschenke, z. B. sein Andergeschwisterkindsvetter Thomas Bidermann in Bamberg 100 fl., dessen Schwester Kunigunda, Schulmeistersfrau in Oberdachstetten, 10 fl. Seine Andergeschwisterkindsbase Margaretha Blau aus Forchheim, verehelichte Wintermacher in Zwickau, empfing von ihm 30 fl. als Aussteuer. Die jüngere Schwester Ursula Blau, welche er als [507] Dienstmagd bei seinem Klosterverwalter in Heilsbronn unterbrachte, versprach er gleichfalls dereinst auszustatten, weil sie ihm in seiner langwierigen Schwachheit fleißig gedient und viel Gutes gethan habe. Die beiden verwaisten armen Schwestern kamen nach dem Tode des Abts nach Heilsbronn und baten um etwas aus dem Nachlasse; Ursula bat insonderheit um das Bett des Verstorbenen, wurde aber von Regent und Räthen zu Onolzbach abgewiesen mit dem Bedeuten, daß sie und ihre Geschwister sich sollten begnügen mit dem, was sie bereits aus Gnaden empfangen hätten. Außer den Genannten fanden sich noch andere petitionirende Vettern und Basen ein (z. B. die obengenannten zwei Töchter des Pfarrers Sebastian Willenberger), was zu vielen Erhebungen und Zeugenvernehmungen führte, aber auch zu dem Resultat, daß der Nachlaß nur unbedeutend war und lediglich in dem bestand, was der Abt bei seinem Eintritt in die Schopper’sche Schule mitgebracht, oder nach und nach aus seinen eigenen geringen Mitteln angeschafft hatte.

Die markgräfliche Regierung ging nach Beck’s Tod auf die Wahl oder Ernennung eines andern Abts vorerst nicht ein, um freie Hand zu haben bei dem, was sie zunächst abändern und anordnen wollte. Sie ernannte bis auf Weiteres ein Verwaltungskollegium, bestehend aus dem markgräflichen Rentmeister Peter Proll, dem Prior Wunder und dem Richter Weikersreuter. Zuvörderst deliberirten die Räthe zu Onolzbach darüber, ob die Kleider des verstorbenen Abts dem Prior Wunder überlassen werden sollten, oder nicht. Dann befahlen sie den drei Administratoren, je Einen der vorhandenen zwei Köche, Schreiber, Thorwarte, Gärtner, Bäckerjungen, Stallbuben etc. abzuschaffen „vonwegen des Klosters schwerer Schuldenlast.“ Die Administratoren Wunder und Weikersreuter wiesen aber die absolute Unentbehrlichkeit der Meisten dieser Individuen nach, indem sie vorstellten: „Ein Weingärtner kann unmöglich die Weinberge in Heilsbronn und in Bonhof besorgen; Ein Mann kann nicht Gärtner und zugleich Obser und Hopfner sein; Ein Thorwart kann das Thor nicht hüten, da alle fremden Leute angezeigt werden müssen etc. etc.“ [508] Schließlich bemerken Prior und Richter: „Man möge lieber die Wahl eines Abts nicht länger verschieben, auch einen bereits verheißenen eigenen Klosterverwalter mit einem Schreiber baldigst anstellen, da der Richter bei den täglichen Anläufen der Klosterunterthanen die Geschäftslast nicht länger tragen könne.“ Die Räthe in Onolzbach beschlossen weiter, daß die Brauerei in eigener Regie fortgeführt werden sollte, da beim eigenen Betrieb das Fuder Bier auf 8 fl., das von Schwabach bezogene aber höher zu stehen komme; doch sollten künftig zweierlei Sorten gebraut werden: Herrschaftsbier und Gesellenbier. Nach diesen Abänderungen und Feststellungen in Heilsbronn selbst ging es an die Organisation in den Probsteien und Vogteien, welche schon seit Jahren wegen der geringen Zahl von Mönchen durch weltliche Beamte verwaltet werden mußten. In der Probstei Bonhof wurde dem Vogt eine fixe Besoldung regulirt und zugleich das Amt eines Försters und die Leitung der Ökonomie und des Weinbaues übertragen. Die Schenkstatt sollte nicht mehr in eigener Regie betrieben, sondern in Erbpacht verliehen werden. Ähnlich wurde in der Probstei Neuhof organisirt. Der Kaplan von Trautskirchen, welcher Neuhof zu pastoriren hatte, sollte des Sonntags nicht mehr beim Vogt für drei Batzen gespeist werden, sondern ein Aversum von 6 bis 8 fl. erhalten. Ähnliche Beschränkungen traten in der Vogtei Randersacker ein. Die dortigen 1200 Morgen Äcker sollten verkauft werden, auch die 72 Morgen Weinberge, welche mehr kosteten, als eintrügen. Ähnliches wurde in den Vogteien Merkendorf, Weizendorf und Nördlingen angeordnet, insonderheit der Verkauf des Probsthofes in Merkendorf. Diese Regierungsbeschlüsse, welche zum Theil ganz ungeeignet und nicht vollziehbar waren, wurden vom Richter den Vögten Sturm in Bonhof, Koen in Neuhof, Weber in Randersacker, Kneupel in Merkendorf, Mühlich in Waizendorf und dem Pfleger Pirkner in Nördlingen zugeschlossen.

Im Laufe dieser Verhandlungen stellten Prior und Richter wiederholt die Nothwendigkeit einer Abtswahl vor. Endlich, nach fast einjährigem Zögern, ging man höheren Orts darauf [509] ein. Am 8. und 9. Juli 1562 wurde Einer der noch vorhandenen vier Konventualen, der Prior Wunder, vom Markgrafen zum Abt ernannt und konfirmirt und das Klosterpersonal verpflichtet. Siehe das Nähere über den Hergang in den Beiträgen S. 181. Die markgräflichen Erlasse ergingen nunmehr nach Heilsbronn unter der Adresse: „Dem würdigen unsern Rath und lieben getreuen Herrn Melchior Abt, auch Peter Prollen, Pfleger, und Hans Weikersreuter, Richter.“ Der bei dem Akt völlig ignorirte Abt Leonhard von Ebrach erinnerte nachholend an die Auslieferung des besten Gauls, „wie allezeit geschehen sei, auch bei der letzten Abtswahl, bei welcher die markgräflichen Räthe ausdrücklich versichert hätten, der Markgraf werde das jus visitatorium nicht verletzen.“ Die Räthe genehmigten die Auslieferung des Pferdes, das gute Vernehmen zwischen Ebrach und Heilsbronn blieb ungestört. Gelegentlich eines Besuches des Abts Leonhard von Ebrach bei unserem Abt erzählte Jener: „wie es ihm mit seinen Pfauen der vergangenen Winterkälte halben unglücklich zugestanden“, und bat unseren Abt um ein Pfauen-Männchen und Weibchen, welche auch mit einem gar freundlichen Schreiben nach Ebrach geschickt wurden.

Am 9. Juli wählte der Markgraf unsern Abt. Zwei Tage darauf begehrte er von ihm „Muskatellerbirnen und Weichsel, welche bei dem Kloster bereits zeitig sein sollen.“ Einige Tage später befahl er ihm, „einigen Pfarrherren und Schuldienern Addition aus Klostermitteln zu geben, daß sie mit Weib und Kindern bestehen können“, dem Pfarrer von Dambach 45 fl., dem in Merkendorf 16 fl., in Kirchfarrnbach 34 fl., ähnlich denen in Petersaurach, Ammerndorf, Markterlbach, Großhaslach, Bürglein, Adelhofen, Schwand, Leerstetten und Schwabach, in Summa 360 fl. Abt, Pfleger und Richter antworteten den Räthen, von welchen, in Abwesenheit des Markgrafen, der Befehl ausgegangen war: „Diese Addition kann nicht in Geld, sondern nur in Getreide gegeben werden. Das Kloster steckt in Schulden, hat kein baares Geld im Sack, um es nur heraus zu schütten, muß immer Geld entlehnen für des Klosters Nothdurft. Die Klosterdiener [510] sind geringer besoldet, als manche Pfarrer. Warum auch fremden Pfarrern in den nichtheilsbronnischen Orten Schwand, Leerstetten, Schwabach Addition geben? Das heißt nicht, dem gegebenen Versprechen gemäß, das Kloster verschonen, schirmen und wieder empor bringen, sondern es verderben.“ Der Bescheid der Räthe lautete: „So ist’s auf Grund der Visitationen aus christlichen Ursachen vom Fürsten beschlossen; wir können es nicht ändern; wendet euch an ihn selbst. Ihr hättet geneigter sein sollen, ein christliches Werk zu fördern.“

Mit mehr Erfolg remonstrirten Abt, Pfleger und Richter gegen den befohlenen Verkauf des Probsthauses in Merkendorf. Sie erklärten: „Das Haus ist in gutem Stande, kostet daher noch lange nichts zu unterhalten. Wir brauchen es nothwendig, weil man sonst bei Gülten, Rathswahlen etc. im Wirthshause logiren müßte. Jeder Adelige hat in seinem Dorfe sein eigenes Haus; wie viel mehr muß das Kloster in diesem unserem einzigen Städtlein sein eigenes Haus haben. Der Verkauf würde ihm zum Schimpf gereichen.“ Umsonst! man bestand darauf: „Das Probsthaus soll entweder verkauft, oder an Christoph von Eib vermiethet werden.“ Gegen Beides remonstrirte der Abt, indem er an den Markgrafen schrieb: „Mein Vorgänger, der Abt Beck, wurde aus bekannten Ursachen gezwungen, Manches zu verkaufen, was ihm viele üble Nachreden zuzog. So würde man mir auch nachreden, als hätte ich übel Haus gehalten. Das wäre aber gegen meine gethane Pflicht. Ich bin ohne mein Begehren von E. F. G. zum Prälaten verordnet worden und habe die Zusage erhalten, daß E. F. G., wie deren Voreltern, das Kloster schirmen, bei allen Gerechtigkeiten erhalten und mein gnädiger Herr sein wollen. Ich möchte nicht gern wider E. F. G. sein, aber auch nicht gehindert werden, zu Nutz des Klosters zu handeln, wie ich bisher gethan habe und ferner thun will. Ich halte den Verkauf des Probsthauses oder das Aufnehmen des Herrn von Eib nicht für rathsam und bitte überhaupt mit dergleichen Zumuthungen, Klostergüter zu verkaufen, mich zu verschonen. Denn dann müßte ich bitten, von E. F. G. der Prälatur enthoben [511] zu werden.“ Diese männliche und wahrheitsgetreue Insinuation fand die verdiente Anerkennung bei dem Markgrafen, welcher dem Abt antwortete: „Er sei nicht Willens, dem Kloster zum Nachtheil etwas zu verkaufen. Hätten die vorigen Äbte etwas verkauft, so sei es ohne sein Wissen geschehen. Es sei ihm nur darum zu thun, dem Kloster aufzuhelfen und Ordnung zu schaffen. Der Verkauf des Probsthofes möge für jetzt unterbleiben.“

Wenn die markgräfliche Regierung den Verkauf von Liegenschaften oder Beschränkung von Ausgaben anordnete, so hatte sie dabei immer ihren eigenen Vortheil im Auge. Denn was sie dadurch der Klosterkasse zuwendete, fiel nach Auflösung des Klosters ihr zu. Ihren knauserischen Anordnungen trat der Abt wiederholt recht energisch entgegen. Er und seine beiden Kollegen Proll und Weikersreuter erhielten von Onolzbach den Auftrag, mit den Vögten von Bonhof, Neuhof und Merkendorf wegen ihrer Besoldungen abzuhandeln. Sie vollzogen zwar den Befehl, baten aber zugleich, künftighin sie mit dergleichen Aufträgen zu verschonen, d. h. sie schämten sich, Werkzeuge bei einem solchen Verfahren sein zu müssen. Auf Wunders Remonstration erhielten die Frohnarbeiter, insonderheit die Weinbergsarbeiter, wieder ihre „Schwaben“ (Brote, 28 Loth schwer) und warme Kost, während die Räthe ihnen Beides entziehen und lediglich Geld geben wollten. Die Rationen im Burggrafenhause zu normiren, war nothwendig. „In der Abtei – so befahl der Markgraf – sind bloß wir selbst und andere Fürsten, unsere Räthe, dann die (nur noch drei) Konventualen, die Schuldiener und Schüler zu speisen; denn die schweren Schulden des Klosters fordern Sparsamkeit.“ Die Schulden waren aber so schwer nicht; sie beliefen sich damals auf 2500 fl., meist durch den Markgrafen selbst veranlaßt. Hans Staiber in Nürnberg hatte 1000 fl. zu 8 Proz., Karl Holzschuher 400 fl. zu 6 Prozent dargeliehen. Unser Abt entlehnte mit markgräflicher Genehmigung bei Heinr. v. Mußlohe in Onolzbach 2500 fl. zu 5 Prozent und zahlte damit jene zu höheren Zinsen aufgenommenen Kapitalien heim.

[512] Der Abt wurde fortwährend angewiesen, zu sparen. Galt es aber die Befriedigung der kostspieligen Liebhabereien des Markgrafen, dann war vom Sparen keine Rede. Im Sept. 1563 verlangte Georg Friedrich „zu seinem Bau in Onolzbach“ gegen 500 Stämme weiches Holz und gegen 100 Stämme Eichenholz aus dem heilsbronner Mönchswald bei Merkendorf. Abt, Pfleger und Richter antworteten: „Wir haben erst 100 Stämme zu Röhren am Schloßbrunnen abgegeben, den Unterthanen jährlich viel schuldiges Bau- und Brennholz zu geben und können das verlangte Holz nicht liefern, Eichenholz schon gar nicht, das dort nicht vorhanden ist. Diese Lieferung würde zum Verderben des Mönchswaldes, des besten Kleinods bei Merkendorf, führen.“ Die diktatorische Antwort lautete: „Dieweil wir die begehrte Anzahl Stämme zu unserem Bau unvermeidlich haben müssen, so ist unser ernster Befehl, daß ihr noch heute dem Vogt zu Merkendorf unterthänig Befehl thun wollt, damit das Holz angewiesen werde. Datum Onolzbach, 28. Sept. Georg Friedrich, manu propria.“ Darauf folgte der weitere Befehl, die Stämme von den Klosterunterthanen gegen Futter und Mahl oder um Geld nach Ansbach führen zu lassen. Abt und Richter antworteten: „Wir haben die herum gesessenen Unterthanen vernommen. Diese werden mit Gülten, Zinsen und Diensten täglich mehr und mehr beschwert. Sie haben für diese schweren Hölzer nicht genügenden Anspann. Doch wollen sie die Hälfte gegen Futter und Mahl führen, künftigen Mittwoch mit 43, am Freitag mit 42 Wägen. Wir haben um Weidenbach herum wenig Frohnbauern. Werden diese mit dergleichen Neuerungen und Beschwerungen je länger je mehr beladen, so werden sie von ihren Wohnungen gedrängt und kommen ins Abwesen.“

In der neuen Abtei (jetzt Schulgebäude) sollten, laut Georg Friedrichs Befehl, nur er selbst und andere Fürsten, dann fürstliche Räthe etc. einkehren. Gleichwohl drängten sich dort Andere ein und wollten sich mit den stipulirten Rationen nicht begnügen. Abt, Pfleger und Richter zeigten dieses unterm 1. Febr. 1563 an mit dem Beifügen: „Noch mehr Aufwand verursachen [513] E. F. G. Jäger, die während dieses Winters in großer Zahl allhier im Gasthaus (jetzt Pfarrhaus) liegen. Wir bitten, dergleichen Beschwerungen abzuwenden, da dieses dem Kloster und mit der Zeit E. F. G. selbst zum Nachtheil gereicht.“ Georg Friedrich antwortete aus Bayreuth, wo er sich damals aufhielt: „Wir haben nicht umgehen können, unsere Jäger mit ihren Hunden in diesem Winter ihre Atzung deß Orts suchen zu lassen. Doch wird diese Überlage nicht mehr lange währen. Es ist ihnen aber kein Übermaß zu reichen, sondern nach unserer gegebenen Ordnung.“ Demungeachtet kam Ordnung weder in die Abtei, noch in das Gasthaus. Der Abt bat daher nach einem halben Jahre den Markgrafen aufs Neue um Abhilfe. Der Pfleger Proll war 1563 gestorben und an seine Stelle Barth. Kornberger mit dem Titel „Verwalter“ getreten. Abt, Verwalter und Richter stellten nun vor: „Wenn mit den Beschwerungen kein Ende gemacht wird, so kann nicht gehaust werden, ohne weitere Schulden zu machen. Hilfe ist nur, wenn man besser haust, überflüssige Gastungen und Anderes abschafft, worauf E. F. G. auf dem Landtage von 1560 selbst angetragen und deßhalb verfügt haben, wie es mit den ab- und zureitenden Gästen gehalten werden soll. Diese Ordnung wird aber nicht gehalten. Nach wie vor will Jedermann bei Hof (d. h. in der Abtei) einkehren. Dieser und Jener will seines Gefallens ein Pferd oder Klepper haben. Viele berufen sich auf E. F. G. als deren Diener, aber ohne Ausweis, liegen zwei, drei und mehr Tage hier, um daheim das Ihre zu sparen. Wir müssen für sie die Fourage kaufen, da die Zufuhr von Neuhof aus fehlt, indem dort die von E. F. G. dahin verordneten Mutter- und andere Pferde, Jung und Alt, die Wiesmahd abfretzen und im Winter Heu, Haber und Stroh brauchen. Der Wein ist theuer, das Getreide wohlfeil. Wir haben das den Räthen E. F. G. bei der letzten Rechnung vorgestellt, wurden aber von ihnen an E. F. G. gewiesen, was wir hiermit thun. Wir bitten daher, E. F. G. wollen, wie ihre Voreltern, das Kloster in Schutz nehmen, damit es von den täglich wachsenden Beschwerungen befreit werde.“

[514] Die größten „Beschwerungen“ kamen immer durch den Markgrafen selbst. Wie er besonders durch seine ungezügelte Leidenschaft für die Jagd namenloses Elend über die Klosterunterthanen brachte, ist in den Beitr. S. 185 ff. ausführlich zu lesen; dagegen auch, was unser Abt gethan hat, um den Markgrafen zum Mitleid und zur Abhilfe zu bewegen. Die dort S. 187 und 188 mitgetheilte Vorstellung und Bitte der Unterthanen floß ohne Zweifel aus seiner Feder. Allein Wunder schloß die Augen, ohne wesentliche Abhilfe gesehen zu haben. Nach seinem Tode wurde das Elend noch größer.

Auch von des Markgrafen Schwester, Mutter und Gemahlin wurde der Abt und das Kloster oft in Anspruch genommen. Des Markgrafen geistesschwache Schwester Barbara, bei deren Taufe der Abt Schopper Mitgevatter war (Beitr. S. 147), mußte mit ihrer Dienerschaft während eines großen Theils der Jahre 1568 bis 70 in Heilsbronn, auch in Waizendorf, beherbergt und unterhalten werden. Daher in den Rechnungen zur Motivirung der größeren Ausgabsziffer die Beisätze: „weil meines gnädigen Fürsten Schwester, Fräulein Barbara, wegen Leibesschwachheit und Blödigkeit mit Hofgesind viel dieß Jahr hier gelegen.“ Da sie nun anderwärts untergebracht werden sollte, so erhielt Wunder vom Markgrafen den Auftrag, anzugeben: „wie viele Personen seine Schwester Barbara in ihrem Dienst habe.“ Des Markgrafen Mutter, Emilie, von 1533 an 58 Jahre lang ein stabiler Gast in Heilsbronn (Beitr. S. 207 bis 9), ließ 1562 unserem Abt melden: „Die Fürstin wird mit ihrer Schwester, Gemahlin des Herzogs Erich von Braunschweig, künftigen Mittwoch zu Heilsbronn einkommen und mit Hofgesinde übernachten; ist wohl zu traktiren.“ Für ihre Baulichkeiten in Roßdorf verlangte sie vom Abt 100 Baustämme aus dem nicht weit davon gelegenen heilsbronnischen Walde Haag. Der Abt remonstrirte und stellte vor, wie verösigt die Wälder seien, namentlich der Haag; erhielt aber zur Antwort den Befehl, die Stämme zu liefern. Des Markgrafen erste Gemahlin Elisabeth war gleichfalls ein stabiler Gast in Heilsbronn und oft in Verkehr mit unserem Abt. Über [515] sie, ihr Bild und ihr tragisches Ende siehe Beitr. S. 182–84. Im J. 1570 befahl sie, bis zur Rückkehr von einer Reise ihrer Hofmeisterin Ursula von Ellershausen das Gemach in Heilsbronn, so sie (die Markgräfin) vormals allerwege innegehabt, einzugeben und noch 18 andere Dienerinnen zu versorgen. Diese sollten bei jeder Mahlzeit drei Maas Wein und drei Maas Bier, zum Schlaf- und Untertrunk zwei Viertel Bier erhalten. An den Verwalter Kornberger schrieb sie wegen Aufnahme einer Person und eines Lieblingshundes: „Von Gottes Gnaden, Elisabeth, Markgräfin zu Brandenburg etc. Unsern gnädigen Gruß zuvor. Ehrbar, Lieber, Getreuer. Es ist unser ganz gnädiges Begehren, ihr wollet gegenwärtige Briefszeigerin, Dorothea Vischerin, anstatt der verstorbenen alten Suffa, welche auch auf unsern gnädigen Befehl ist in das Kloster (in das Spital) aufgenommen worden, auf- und annehmen. Daneben schicken wir euch auch einen Hund, die Greuin genannt, welche nunmehr alt und nicht mehr zu gebrauchen ist. Die wollet ihr unterhalten lassen, wie es einem Hund gebührt, so lang sie lebt. Das wollen wir uns gnädig zu euch versehen und sind euch mit Gnaden wohlgewogen.“ Der Markgraf beabsichtigte, noch bei Lebzeiten Wunder’s das Klosteramt Waizendorf seiner Gemahlin Elisabeth zu übergeben. Wunder hatte von dem Projekt noch keine Kunde, als das fürstliche Paar um Weihnachten 1577 „in wichtigen Angelegenheiten“ nach Polen und Preußen reiste. Nach der Abreise wurde das Projekt unserem Abt eröffnet, von diesem aber laut der in den Beitr. S. 182 mitgetheilten Erklärung vom 7. März 1578 zurückgewiesen. Das der Markgräfin zugedachte Amt Waizendorf fiel vier Monate darauf dem Markgrafen zu, da unser Abt am 13. Juli starb, – der letzte heilsbronner Klösterling, nach dessen Tod der Markgraf Herr des ganzen Klostergebietes wurde.

Im Januar 1566 requirirte Georg Friedrich bei Gelegenheit eines Reichstages in Augsburg mehrmals Klosterpferde. Im März nach Ansbach zurückgekehrt, requirirte er von Heilsbronn und Neuhof zwei Klosterköche, da er den Kurfürsten von Sachsen und Andere zu bewirthen hatte. Auf dem Reichstage war, wie [516] 1561 und 64, dem Kaiser eine Türkensteuer bewilligt worden. Daher berief der Markgraf unsern Abt und die ganze Landschaft zu einer Berathung ein. Man beschloß, daß im Fürstenthum und auf dem ganzen Klostergebiete jeder Unterthan von je 100 fl. seines Vermögens 11/2 fl. beitragen sollte. Nach einem weitern Beschluß auf dem augsburger Reichstage wurde verordnet: „Im ganzen Reiche soll in Städten und Dörfern zur Mittagszeit eine Glocke, so man die Türkenglocke nennt, geläutet werden, das Volk auf die Kniee fallen und Gott um Sieg der Waffen des Kaisers Maximilian II. anflehen.“ Auf dem markgräflichen und heilsbronnischen Gebiete wurden die Mandate gegen Gotteslästerung aufs Neue von den Kanzeln verlesen und die Leute zur Buße ermahnt.

Anderthalb Jahre vor dem Reichstage erhielt unser Abt vom Kaiser Maximilian II. d. d. Wien, 28. Juli 1564, ein Erinnerungsschreiben folgenden Inhalts: „Auf den Reichstagen zu Regensburg und Augsburg von 1557 und 59 haben die Stände dem Kaiser Ferdinand eine Türkenhilfe bewilligt, haben diese auch zu rechter Zeit gezahlt; aber Heilsbronn ist in Rückstand mit 4149 fl.“ Wunder schickte das Erinnerungsschreiben nach Ansbach und erbat sich Verhaltungsbefehl, worauf er angewiesen wurde, seine Antwort nach Wien in folgender Weise zu formuliren: „Diese Reichshilfe haben nur die Reichsstände zu leisten. Allein die Äbte dahier sind niemals für Reichsstände geachtet, daher auch niemals zu Reichstagen gefordert worden, wie einige andere Äbte, welche für Reichsstände gehalten werden. Daher hat das hiesige Kloster auch niemals dergleichen Reichshilfen gezahlt. Was die Klosterunterthanen bei allen Reichshilfen zu zahlen haben, zahlen sie an den Herrn Markgrafen Georg Friedrich, als des Klosters Erbschutzherrn, welcher dann diese Beiträge mit den übrigen Reichsanlagen abliefert.“ Obgleich Wunder in diesem Schreiben wahrheitsgetreu erklärte, daß die heilsbronner Äbte nie Reichsstände waren und daher nie zu Reichstagen gefordert würden, so erhielt er dennoch durch einen Boten aus Speier eine kaiserliche Einladung zu dem auf den 14. [517] Januar 1566 ausgeschriebenen Reichstag, den der Kaiser einberufen habe, „um altem Gebrauch nach allen Ständen des Reichs ihre Regalien, Lehen, Privilegien und Rechte zu konfirmiren, über des Reichs Wohlfahrt sich mit ihnen zu berathen, jetzt besonders wegen der Türken, wegen unserer religiösen Sekten und wegen einer neuen Münzordnung.“ Wunder schickte diese Einladung an den Markgrafen und bemerkte: „E. F. D. werden den Reichstag ohnehin besuchen und könnten zugleich das Kloster und mich vertreten, damit dem Kloster kein Nachtheil geschieht, auch des Klosters Privilegien konfirmiren lassen, um dadurch die Streitigkeiten mit Würzburg und Andern zu beseitigen.“ Georg Friedrich antwortete: „Ein Abt von Heilsbronn ist dem Kaiser mit Pflichten nicht verwandt. Weder ihr noch eure Vorfahren sind Stände des Reichs gewesen. Ihr habt daher auf dem Reichstage nicht zu erscheinen. Wir als Landesfürst und Erbschutzherr werden euch vertreten.“

Viel Mühe und Verdruß bereitete unserem Abt

die Renovatur der zollerischen Hauptgruft.

Ueber diese Gruft und den darauf stehenden Sarkophag finden sich einige Notizen in den Beiträgen S. 13–16 und 84–86. Im Folgenden soll hierüber Näheres mitgetheilt werden. Der Burggraf Friedrich V. gründete die Gruft und bestattete in derselben seinen Vater und seinen Onkel, die Burggrafen Johann II. und Albrecht den Schönen. Siehe oben Seite 130–132. Nach seinem Tode wurde auf der Gruft zu seinem Gedächtniß der in seinen Haupttheilen noch vorhandene Sarkophag errichtet, dessen Hauptbestandtheile folgende sind: a) Der Sarkophagdeckel, auf welchem die steinerne lebensgroße Statue Friedrichs V. liegt.[2] b) Acht steinerne, drei Fuß hohe, an die vier Wände des Sarkophags gelehnte Statuetten, Ahnen Friedrichs V. darstellend, und zwar seinen Onkel, Burggraf Berthold, Bischof zu Eichstätt, † 1365; seinen Großvater, Burggraf Friedrich IV., † 1332; [518] seine Großmutter, Margaretha von Kärnthen, † 1343; seinen Vater, Burggraf Johann II., † 1357; seinen Onkel, Burggraf Friedrich, Bischof zu Regensburg, † 1353; seinen einzigen verheiratheten Großonkel, Burggraf Johann I., † 1300; seine Großtante, Agnes von Hessen, † 1335; und seinen Onkel, Burggraf Albrecht den Schönen, † 1361. (Beitr. S. 54.) c) Die in den vier Wänden des Sarkophags eingefügten steinernen Quadrate, ursprünglich acht an der Zahl, von welchen aber zwei nicht mehr vorhanden sind. Die noch vorhandenen und bei Nr. 55, 57, 59, 61, 63 und 65 eingemauerten Quadrate zeigen alternirend das burggräfliche und zollerische Wappen. Das Quadrat an der Kopf- oder Fußseite zeigt dieselben beiden Wappen, aber vereinigt in einem viergetheilten Schilde. Ein Quadrat an der Kopf- oder Fußseite fehlt; es kann daher nicht angegeben werden, was darauf eingehauen war. Die Wappen auf den Quadraten sind von schöner, antiker Form, einfach, ohne Vergoldung, ohne Farbenschmuck. Allein zur Zeit des Markgrafen Georg Friedrich liebte man dergleichen einfache schmucklose Arbeiten nicht mehr; daher befahl der Markgraf, damals 27 Jahre alt, den Sarkophag, „so etwas schadhaft worden, zu erneuern“, und zwar auf Kosten des Klosters. Die acht Quadrate wurden ganz herausgenommen, andere substituirt und auf diesen zwar auch wieder die burggräflich-zollerischen Wappen, aber modern umgeformt, dazu vergoldet und bemalt, angebracht. Der Markgraf ließ 1566 die noch unbearbeiteten Wappensteine nach Heilsbronn führen und befahl unserem Abt, die Fuhrleute zu verköstigen. Die Bearbeitung der Steine wurde dem Maler und Bildhauer Lukas Gruenberg übertragen, den wir beim 30. Abt näher kennen gelernt haben. Der metamorphosirte Sarkophag ist sein Werk. Mit ihm arbeitete sein Gevatter Endreß Dietrich Seidensticker, Bürger zu Nürnberg, über dessen tragisches Ende das Jahrbuch Folgendes berichtet: „Am 24. Juli 1568 ritt Seidensticker nüchtern und unbezecht nach Onolzbach, wohin er vom Markgrafen wegen Arbeiten berufen worden war. Ein Mann aus Gleizendorf und der Bader von Vestenberg trafen sein Pferd ohne Reiter [519] im wensbacher Weiher und brachten es mit Sattel und Zeug nach Großhaslach, wo die Tags darauf gefundene Leiche beerdigt wurde. Der Abt Wunder zeigte den Vorfall in Ansbach an mit dem Bemerken, daß des Ertrunkenen Schwert, Waidner, Pulverflasche, Rock etc. an seinen in Heilsbronn anwesenden Gevatter Gruenberg, Maler, ausgeliefert worden seien.

Nicht nur an den neugefertigten acht Wappensteinen brachte man Gold und Farben an, sondern auch an den acht Statuetten, an den Wappenschildchen, die sie tragen, und an den Brackenköpfen über ihren Schultern, eben so an der auf dem Sarkophagdeckel liegenden Statue des Burggrafen Friedrich V. Gruenberg hatte seine Bildhauerarbeiten im Herbst 1568 vollendet. Das Bemalen derselben wurde dem Hofmaler Phil. Mauler übertragen, welcher sein Werk zwar sofort in Angriff nahm, aber so ungeschickt, daß unser Abt unterm 9. Nov. nach Ansbach berichtete: „Über E. F. G. und Gemahls Grab und Verneuerung der Begräbnuß der Voreltern derselben berichte ich, daß es durch den Bildhauer gänzlich verfertigt ist, auch geöltränkt, aber schwitzt und ausgeschlagen ist, so daß der Frost großen Schaden bringen dürfte, wenn man es heuer auch noch bemalen würde. Denn die Farben würden nicht trocken und von der Kälte aufgezogen werden. Es ist daher rathsam, für heuer die Vollendung einzustellen.“ Auf diesen Bericht dekretirten die Räthe in Abwesenheit des Markgrafen, daß Mauler seine Arbeit für 1568 einstellen sollte. Im folgenden Jahre vollendete er zwar seine Arbeit, aber so ungenügend, daß er schon nach drei Jahren angehalten werden mußte, nachzubessern: „da die Wappen sehr verblichen und dunkel worden.“ Allein er arbeitete abermals so ungenügend, daß der Abt unterm 20. Febr. 1572 berichten mußte: „Da Mauler ganz ungeschickt und faul ist, wie er bei Verneuerung der Begräbnuß und des Gitters bewiesen hat, so möge man die Arbeit lieber dem geschickten Maler Lukas (Gruenberg) übertragen, vorerst aber die Arbeit ganz ruhen lassen bis zur Rückkehr des Markgrafen, damit dieser selbst Augenschein nehmen könne.“ Das hier erwähnte Eisengitter, welches den Sarkophag umschloß, [520] war im Jahre 1570 von Mauler gleichfalls ungenügend bemalt worden, so daß sich unser Abt veranlaßt sah, noch während der Arbeit an die Räthe zu berichten: „Unser gnädiger Fürst hat durch seinen Baumeister einen Maler, Philipp (Mauler) genannt, hieher gesendet, das Gitter um die fürstliche Begräbnuß grau anzustreichen. Dieser hat seit 12 Wochen schlecht und fahrlässig daran gearbeitet, wird wohl noch 6 Wochen brauchen, so daß ihm der Verwalter mit dem Thurm gedroht hat, wenn er nicht fleißiger arbeiten werde. Wir wissen nicht, ob er nach dem Taglohn oder nach Akkord arbeitet. Aber auf Befehl des Baumeisters liegt er hier auf des Klosters Kosten und wird am Konventstisch gespeist. Bitten also um Bescheid, wie wir uns gegen den Maler zu verhalten haben.“ Ungeachtet dieser Vorstellung wurde dem Maler gestattet, die von ihm einmal begonnene Bemalung zu vollenden. Daß er manches Wäpplein unrichtig bemalte, wie der Augenschein noch zur Stunde zeigt, kann nach dieser Bezeichnung seiner Qualifikation nicht befremden. Er malte z. B. bei der Statuette der Landgräfin Agnes von Hessen den hessischen Löwen nicht weiß und roth gestreift im blauen Felde, sondern weiß im rothen Felde.

Am Kopfende des Sarkophagdeckels ließ Georg Friedrich die noch vorhandene, senkrecht stehende, von zwei Löwen gehaltene Tafel und außen an derselben seinen Wappenschild, innerhalb eine Inschrift anbringen. In dem zwölfgetheilten Wappenschilde sind die Adler, Greife, Löwen und sonstige Darstellungen auf den Wappen von Brandenburg, Preußen, Stettin, Jägerndorf, Pommern, Rügen, Zollern und Nürnberg nebst dem Regale vereinigt. Darüber drei Helme mit Adlerflügeln, Büffelhörnern und Pfauenschweif als Helmschmuck. Die Inschrift, wie sie nach Georg Friedrichs Anordnung noch vor seinem Tode auf die Inseite der Tafel geschrieben und um 1600, da Georg Friedrich noch lebte, von den oftgedachten Monumentenkopisten abgeschrieben wurde, lautete: „Von Gottes gnaden der durchleuchtig hochgeborn Fürst und Herr, Herr Georg Friederich, Margraff zu Brandenburg, zu Stettin, Pommern, Cassuben und Wenden, auch in Schlesien zu [521] Jegerndorff Herzog, Burggraff zu Nürnberg und Fürst zu Rügen, hatt in hertzlicher betrachtung dieses müheseligen und zergenglichen lebens, und das nach demselbigen alle, die in Christo seelig entschlaffen, zu einen andern freudenreichen und Gottseligen leben am jüngsten tag aufferwecket werden: diese Ihrer F. G. hochlöblicher Christseeliger gedechtnus vorfahren, ureltern und eltern Christliche Schlaffkammer und begrebnus, so von langwiriger zeit und alter etwas schadthafft worden, widerumb aus Christlicher guthertziger meinung und aus schuldiger lieb und trew gegen denselbigen (wie zu sehen) renoviren und erneurn lassen nach Christi unsers Erlösers geburt M. D. LXVIII. Dessen F. G. hernach in ungetzweiffelter hoffnung des aus Gnaden durch Christum denselben und allen Christglaubigen versprochen und zugesagten ewigen lebens Anno ..... am ..... tag des monats .... auch seeliglich verschieden und bei obgemelten seiner F. Durchl. voreltern und eltern versamlet erwartent der frölichen zukunfft Christi Jesu unsers Herren und Heilands, und allhie begraben.“ In die hier leergelassenen Stellen konnte erst 35 Jahre später, nach Georg Friedrichs Tod, das Erforderliche: „1603 am 26. Tag des Monats Aprilis“ eingefügt werden. Auf dem Sarkophagdeckel ließ Georg Friedrich acht kleine steinerne Engel, Jeder auf einen Wappenschild gestützt, stellen. Er sah, erzählt man, einen dieser acht (jetzt nur noch vier) Engel in einem Traum kurz vor seinem Tode herabfallen. 1573 ließ er über dem Sarkophag ein (1866 ganz beseitigtes) von 6 gedrehten Säulen getragenes Holzdach anbringen. Die vorstehende aktenmäßige Darlegung des wahren Sachverhalts war nöthig, da man die Statue des Burggrafen Friedrich V. auf dem Sarkophagdeckel für die des 205 Jahre später gestorbenen Markgrafen Georg Friedrich auszugeben pflegt in dem Glauben, die Gruft sammt dem Sarkophage und den acht Statuetten sei für den Markgrafen Georg Friedrich geschaffen worden.

Am 4. Nov. 1631 erbrachen Tillysche Reiter mit Hebeisen die Gruft und raubten die dem Leichnam des Markgrafen beigegebenen Werthgegenstände. Führer der Räuber war ein vormaliger [522] Küchenjunge, der einäugige Michael Neuritter. Dieser behielt von den geraubten Gegenständen einen Dolch, den er in die Wohnung des Klosterbäckers brachte und diesem zur Aufbewahrung überließ. Der Bäcker lieferte den Dolch an den Amtmann Stieber in Schwabach ab. Was beim Erbrechen des Sarkophags an diesem beschädigt worden war, wurde nach dem Kriege, im Jahre 1654, reparirt. Die Kosten „zum Wiederaufrichten des fürstlichen Grabes, so von den Soldaten aufgebrochen, zuzumauern und die zum Grab gehörigen Steine in Ordnung zu setzen“, betrugen nur wenige Gulden; die Beschädigung kann sonach nicht sehr bedeutend gewesen sein. Auch bei der Eröffnung des Sarkophags im J. 1853 fand man, daß die Brecheisen der Tillyschen Reiter nicht viel beschädigt hatten. Im Innern des Sarkophags angelangt, schlugen die Reiter ein paar Steine des Grabgewölbes ein und stiegen durch die dadurch gewonnene Öffnung hinab zum Sarg. Die Öffnung blieb offen und diente auch bei der Untersuchung der Gruft im J. 1853 den Untersuchenden (darunter auch der Schreiber dieses) als einzige Passage. Der gegenwärtige Zugang zur Gruft an der Ostseite wurde erst nach 1853 angebracht.

Zehn Jahre nach dem Tode Georg Friedrichs, nachdem der letzte Konventual, unser Abt, gestorben und das ganze Klostergut dem Markgrafen zugefallen war, wurde zum Gedächtniß Georg Friedrichs und seiner beiden Frauen das bis 1858 unversehrt gebliebene komplizirte, aus Holz gefertigte Epitaphium[3] gefertigt, und zwar auf Befehl der Markgrafen Christian und Joachim Ernst, welchen nach dem Tode Georg Friedrichs die Fürstenthümer Bayreuth und Ansbach zugefallen waren. Die Kosten bestritt der Klosterfond. Es war 33 Fuß hoch und fast eben so breit, sonach großartig bezüglich der Dimensionen, und war zwei Jahrhunderte lang ein Gegenstand der Bewunderung. Späterhin fand man es unschön und geschmacklos. Das Epitaph mit seinen 32 Engelsköpfen erinnert an einen in der Zopfzeit gefertigten Altar; [523] es hat aber mehr Ähnlichkeit mit einer überreich verzierten Giebelseite eines dreistöckigen Hauses. Den mittleren Stock füllen ganz 3 durch 6 Thürflügel verschlossene Nischen. Nach Öffnung der Thüren sieht man in der mittlern Nische das lebensgroße Ölbild Georg Friedrichs, in den zwei andern Nischen die Bilder seiner beiden Frauen Elisabeth und Sophia. Die Erste starb, wie oben berichtet wurde, fast gleichzeitig mit unserem Abt. Die Zweite starb erst während des 30jährigen Krieges. Im dritten Stockwerk des Hausgiebels sieht man über dem Haupte des Markgrafen den zwölfgetheilten Wappenschild, konform mit dem vorhin am Sarkophag betrachteten, nur die Löwen, Adler, Greife etc. anders geordnet. Über dem Haupte der Markgräfin Elisabeth ihr fünfzehngetheilter Wappenschild, vielfach konform mit dem ihres Gemahls, da sie als Prinzessin von Küstrin mit ihm stammverwandt war. Über dem Haupte der Markgräfin Sophia ihr sechsgetheilter braunschweig-lüneburgischer Schild. Über dem ganzen Epitaph Spitzsäulen und eine halbkreisförmige Tafel mit der Inschrift: Si Deus pro nobis, quis contra nos. Zu den Füßen der drei Bilder drei Inschriften, also lautend: a) Der durchlauchtig hochgeboren Fürst und Herr, Herr Georg Friedrich, Markgraf zu Brandenburg etc. ist geboren den 7. April 1539 zu Onolzbach, starb daselbst Anno 1603 den 26. April, wird anhero geführt und beigesetzt den 14. Juni. b) Die durchlauchtig hochgeboren Fürstin und Frau, Frau Elisabeth, geborne Markgräfin zu Brandenburg, kam auf die Welt Anno 1540 den 29. Aug., vermählt sich zu Herrn Georg Friedrich, Markgrafen etc. Anno 1558 den 26. 10bris, starb in einem Dorf bei Warsau in Polen Anno 1578 den 8. Martii, zu Königsberg in Preußen im Thumb begraben den 28. Martii. c) Die durchlauchtig hochgeboren Fürstin und Frau, Frau Sophia, Markgräfin zu Brandenburg, geborne Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, kam auf die Welt Anno 1563 den 30. 8bris, wurde Ihr Fürstl. Durchleuchtigkeit vermählt und das Beilager zu Dresden gehalten Anno 1579 den 3. Maii. Das Todesjahr ist nicht angegeben, da Sophia noch lebte, als diese Inschrift gefertigt wurde. Sie floh vor den [524] Tilly’schen Truppen nach Nürnberg, starb daselbst 1639 und wurde in der St. Lorenzkirche begraben. Der Orden, welchen der Markgraf trägt, zeigt die Umschrift: Stephan D. G. Rex Poloniae und des Königs Bild. Auf der Mütze in der rechten Hand des Markgrafen stehen die drei verschlungenen Buchstaben G. F. S., wahrscheinlich Georgius Fridericus Serenissimus. Die drei Ölbilder fertigte der onolzbachische Hofmaler und Kontrafaktor Andreas Riehl mit seinem Sohne Leonhard; das kolossale Holzschnitzwerk der Bildschnitzer Georg Brenk aus Windsheim; die Schlösser und Bänder an den drei Thüren der Uhrmacher Lor. Mörßer zu Windsheim. Diese Künstler arbeiteten mit ihren Gehilfen lange Zeit in Heilsbronn selbst und erhielten Kost und Lohn. Arbeiteten sie daheim, so empfingen sie ihren akkordmäßigen Lohn theils baar, theils in Getreide. Baar erhielten sie aus der Klosteramtskasse 1076 fl. 3 Ort, 24 dl., und zwar Brenk 402 fl. für das Schnitzwerk, Riehl für das Bemalen desselben und für die 3 Ölbilder 608 fl. Riehl war kein genialer Maler, aber fleißig bis ins kleinste Detail und bemüht, seinen Bildern ein frisches Kolorit zu geben. Die von ihm im J. 1614 gemalten drei Ölbilder wurden bei der allgemeinen Bilderrestauration i. J. 1851 lediglich abgewaschen, bedurften aber sonst nicht der geringsten Auffrischung oder Nachbesserung. Auf der Inseite der sechs Thürflügel, welche diese drei Bilder bedeckten, malte er 32 Wappen, antik und schön geformt und frisch kolorirt. Die Außenseiten der sechs Thürflügel wurden geschmacklos, koulissenartig, bloß mit Leimfarbe, 150 Jahr nach Riehl bemalt, und zwar 1771 bei der gänzlichen Umgestaltung und Verunstaltung der Kirche, zu einer Zeit, da man für das geschmackvolle Antike keinen Sinn hatte. Die grellen Färbungen und geschmacklosen Vergoldungen am ganzen Epitaph stammen gleichfalls aus dem Jahre 1771. Das Epitaph hing ursprünglich im Kirchenschiff an der Mauer, welche von Nr. 72 an gegen das Querschiff lauft; es wurde aber 1771 an der Zwischenwand angebracht, welche man damals zwischen Nr. 72 und 93 einzog. Bei Herausnahme dieser Zwischenwand im Jahre 1858 wurde das Epitaph herabgenommen, [525] zerstückt, theilweise bei Nr. 58, 60, 62 angebracht, theilweise nach München abgeliefert. Man hätte es unzerstückt lassen und auf seine ursprüngliche Stelle zurückbringen sollen als Nachweis über das, was man gegen die Zeit des 30jährigen Krieges für ästhetisch schön hielt. Man hatte nichts gespart, um nach dem damaligen Geschmack etwas Vorzügliches darzustellen.

Viel Mühe und Verdruß bereitete unserem Abt, wie bereits angedeutet wurde, die Leitung der

Schopper’schen Schule.

Auch während Wunder’s Regierung wollte die Schule nicht gedeihen, obgleich ein und derselbe Lehrer, Magister Mich. Preu, ihr 21 Jahre lang vorstand und ihm ein zweiter Lehrer, der den Titel „Kantor“ führte, beigegeben wurde. Die oft ungeeignete Einmischung von Seite Onolzbachs veranlaßte den Abt bisweilen, zu remonstriren. Bald nach seinem Regierungsantritt erhielt er von dorther folgenden Visitationsbescheid: „Bei der letzten Visitation der Schule hat sich ergeben, daß die Schüler meist Kinder fremder Unterthanen, Einige zum Studiren untüchtig und aus Gunst aufgenommen worden sind. Diese insgesammt sind zu ihren Eltern zurückzuschicken. Von nun an dürfen nicht über 12 gehalten werden. Wir ordnen daher unsern Superintendenten Georg Karg und den Magister Johann Wesselius an euch ab, damit sie alle Knaben examiniren und die geschicktesten zwölf, Unterthanen von uns, euch bezeichnen. Die übrigen sind binnen einem Monat zu entlassen. Künftig darf ohne unsern besondern Befehl kein Knabe aufgenommen werden.“ Nach dem Examen erhielt der Abt von den Räthen (der Markgraf war abwesend) ein Verzeichniß mit den Namen der zwölf beizubehaltenden Schüler und zugleich folgenden Stunden- und Lektionsplan: „Montag von 6 bis 8 Uhr soll man graecum textum evangelii treiben. Dinstag und Mittwoch von 6 bis 7 soll man lesen grammaticam Philippi. Von 7 bis 8 Ciceronis epistolas. Donnerstag und Freitag von 6 bis 7 sollen scripta emendirt werden. Von 7 bis 8 syntaxis Philippi. Samstag von 6 bis 8 Katechismus. Montag, Dinstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag von 12 [526] bis 1 musica. Montag und Dinstag von 1 bis 2 Terentius. Von 2 bis 3 Virgilii bucolica oder Ovidii de ponto. Mittwoch und Freitag von 12 bis 1 grammatica graeca, dann oratio Isocratis. Vor der Vesper flores poetarum und zwei Stunden in der Woche dialectica für die Geschicktesten. Es sollen die Schüler in guter Furcht und Disziplin gehalten und im Lateinreden geübt werden. Damit die Knaben des Studirens desto besser auswarten, soll der Gesang im Chor des Morgens und Abends nicht über eine halbe Stunde erstreckt werden.“ Abt und Richter sahen ein, daß es bei der anbefohlenen Verminderung der Schülerzahl wieder auf eine Knauserei abgesehen war und schrieben daher unterm 6. März 1564 an die Räthe: „Nachdem die Lehre des heiligen Evangelii wieder an den Tag gebracht und des Papstes irrige Lehre an den Tag gekommen war, hat Herr Abt Schopper, in Bedenken, daß die Klöster nichts Anderes als Schulen gewesen, sonder Zweifel nicht ohne Rath des Herrn Markgrafen Georg, E. F. G. Herrn Vaters und anderer gelehrter Herren, aus christlichem Gemüth hier eine Schule aufgerichtet, in welcher erst 12, hernach 24 bis in 30 und mehr Schüler mit Lehre und Zucht also erhalten worden sind, daß dieselben künftig Land und Leuten nützlich sein können und schon Viele inner und außer Landes dienen. Es waren vorerst armer Leute Kinder oder Solche, die auf E. F. G. und deren Räthe Fürschrift aufgenommen wurden, jetzt meistens armer Pfarrherren und Kirchendiener Söhne und Waisen. Einige derselben, unter dem Papstthum erzogen, würden, so man sie abschafft, wieder in Finsterniß gedeihen, was uns ganz bedenklich vorkommt, mir, dem Abt, als wäre ich Ursache an der Abschaffung, und mir, dem Richter, der ich gleichfalls der Wohlthat, die jetzt den Knaben widerfährt, theilhaftig worden bin bei der Unvermöglichkeit meiner Eltern. Wir sind Beide arm gewesen, haben dieses Benefizium genossen, möchten es auch Andern gönnen und ihnen nicht entziehen helfen. Aber nicht allein uns, sondern auch E. F. G. würde es bei allen gottseligen Christen Nachreden bringen, weil unverborgen ist, daß die Klöster zur Ehre Gottes, Erhaltung christlicher Disziplin und [527] gelehrter Leute, auch zu Unterhaltung der Armen als Hospitalia instituirt worden sind. Wir zweifeln nicht, E. F. G. werden, gleich derselben Herr Vater, als vor allen andern Fürsten berühmter Fürst, bei der erkannten Wahrheit des Evangeliums bleiben und Alles, was zur Erhaltung göttlichen Wortes dient, zu fördern geneigt sein, was sonderlich den hohen Potentaten aus Gottes Befehl gebührt, wie der Prophet sagt: Frange essurienti panem tuum. Reges erunt nutritores tui et Reginae nutrices. Auch werden auf die Schüler hier keine so großen Kosten gewendet, daß es dem Kloster oder E. F. G. zum Nachtheil gereicht. Zu geschweigen, daß Gott der Jugend Gebet, das sie täglich für E. F. G. langes Leben und glückliche Regierung thut, erhört und erhören wird. Daher ist unsere unterthänigste Bitte: E. F. G. wollen 24 Schüler zu halten zulassen, damit der armen Pfarrherren und Kirchendiener Kinder und Waisen das Stücklein Brot mögen genießen, bis Gott ihnen ferner Gnade erzeigt. Die Übrigen sollen abgeschafft werden. Das würde E. F. G. als einem christlichen Fürsten rühmlicher sein, als daß eine so geringe Zahl gehalten und die Übrigen abgeschafft werden.“ Statthalter und Räthe schickten diese Remonstration an den Markgrafen, welcher sich eben oberhalb Gebirgs aufhielt und von dort aus dekretirte: „man solle die Sache bis zu seiner Zurückkunft beruhen lassen.“ Die Remonstration hatte den gewünschten Erfolg: die Schülerzahl wurde nicht auf 12 reduzirt. Sie betrug in den zwei folgenden Jahren 23 bis 25, darunter zwei vaterlose Edelknaben von der Grun und ein Doppelwaise Barthol. Widmann. Die Aufnahme des Letztern hatte die Markgräfin Elisabeth, die der zwei Ersteren der Markgraf bei dem Abt beantragt. Ein Vierter, Erhard Döberlein aus Forchheim, ein Doppelwaise, Vetter des Abts, studirte in Wittenberg, erhielt ein Stipendium, dazu zum Magistriren vom Abt 14 fl. und einen belobenden Brief. Weitere fünf waren: der Sohn eines Buchbinders aus Nürnberg, eines Aufsehers über die heilsbronnischen Weiher aus Königshofen, eines Stallmeisters aus Ansbach, einer Hebamme von dort und eines Hofsattlers aus Kulmbach. Die [528] Übrigen waren meist Pfarrerssöhne aus Weißenbronn, Bürglein, Berolzheim, Kadolzburg, Schwabach, Nordheim, Kitzingen etc. Der Abt hatte fortwährend Bitten und Fürbitten bezüglich der Aufnahme von Schülern zu bescheiden. Handelte sich’s um Entfernung beharrlich Unfügsamer, so hatte er Verdruß und Undank zum Lohn. Dem Pfarrer Daun in Dachstetten mußte er schreiben: „Wir haben eure Beschwerde wegen eures Sohnes und der Ursache, um welcher willen er von der Schule gebracht worden sein soll, vernommen. Mit dem, was wir euch geschrieben, haben wir es mit euch und eurem Sohne gut gemeint. Ihr messet die Schuld dem Kantor bei, angeblich wegen der Disziplin desselben. Dieser beruft sich aber wegen der ertheilten Streiche auf Herrn Magister Preu, in dessen Gegenwart Alles verlaufen ist. Es ist von euch ganz unbedachtsam, daß ihr eurem Sohn allein Glauben gebt und dem, was er zur Verglimpfung seiner Bosheit erdichtet, dadurch er immer halsstarriger wird, wie der Vers lautet: Blanda patrum segnes facit indulgentia natos. Wir begehren, daß ihr euch solcher Beschuldigungen enthaltet, damit nicht Ärgeres daraus erfolge. Euer Knabe hat allein die Schuld. Wir halten euer Schreiben für sondern Undank, sonders von euch als einem Geistlichen. Ihr wollet die Präzeptores ferner mit solchem Anzug nicht beschweren. Wir sind erbötig, euch hinwieder Freundschaft und günstigen Willen zu erweisen.“ Im J. 1575 waren der Schüler 36, darunter zum Studiren Untaugliche, was die Schule in üblen Ruf brachte. Der Abt beauftragte den Magister Preu und den Kantor Rudelius, die Untauglichen anzugeben und berichtete nach Ansbach mit dem Bemerken: „Preu gedenke zu resigniren, Rudelius wegzuziehen; daher die Bitte, tüchtige Nachfolger vorzuschlagen, da er eben keinen geeigneten Mann wisse.“ Die Räthe antworteten u. A.: „Eure beiden Schreiben, den Ungehorsam der Schüler und den erledigten Kantorsdienst betreffend, haben wir nicht gern vernommen. Daß fast alle Zucht und Disziplin an diesem Ort so gar fallen und zu Grunde gehen, wird vornehmlich dadurch verursacht, daß ihr eigenes Gefallens Schulmeister und Kantores erwählet, welche zum Theil seicht gelehrt, [529] und zum Theil gute Gesellen und Zechbrüder gewesen, dadurch sie ihre Autorität verloren und den Ungehorsam und Unfleiß bei den Knaben verursacht haben. Damit die Schule mit tauglichen Leuten versehen werde, so ist unser Befehl, ihr wollet keine Schuldiener mehr selbst annehmen, sondern solches unsern Räthen und Examinatoren überlassen.“ Magister Preu, obgleich erst 52 Jahre alt, ließ sich, „etwas müde und überdrüssig“, im Jahre 1576 quiesziren und zog in seine Vaterstadt Weißenburg. Der Kantor, zwar jung, aber kränklich, zog gleichfalls weg. Wie es zwei Jahre nach ihrem Wegzuge um die Schule stand, erhellt aus einem Berichte unseres Abts, worin er beantragte: „Die Herren Examinatoren zu Onolzbach möchten die Schule visitiren zur Abstellung der Unordnungen und Mängel sowohl der Lehrenden als der Lernenden; es seien viele Knaben, welche noch einer Kindsmagd bedürfen, oder zum Studiren ungeschickt sind, hieher geschafft worden.“ Nicht lange nach dieser Berichterstattung starb Wunder, worauf das ganze Klostergebiet dem Markgrafen zufiel. Die Schopper’sche Schule bestand hierauf in ihrem bisherigen unbefriedigenden Zustande noch vier Jahre lang, wurde dann erweitert, reichlicher dotirt und erhielt den Namen „Fürstenschule, Gymnasium“, worüber im IX. und XI. Abschn. ausführlich berichtet werden wird.

Das Kirchenwesen

betreffend nahmen besonders die Kirchenvisitationen und die Kirchenzucht unsern Abt in Anspruch.

Es ist oben berichtet worden, daß der Markgraf Georg durch den 27. Abt Schopper veranlaßt wurde, die Kirchenvisitationen, wie sie in Sachsen bereits eingeführt waren, auch in seinem Bereiche einzuführen. In welcher Weise die auf Schopper folgenden Äbte das Visitationswerk in den Klosterpfarreien betrieben und Kirchenzucht geübt haben, ist gleichfalls berichtet worden. Zur Zeit Georg Friedrich’s erschienen noch eingehendere Regulative dieses Betreffs. Inhaltlich eines markgräflichen Erlasses vom 13. Juli 1558 an den 34. Abt Beck sollten durch die Visitationen die Mängel an Pfarrern und Gotteshäusern beseitigt [530] werden und die Visitatoren ihre Diäten von den Stiftern und Klöstern erhalten, von Heilsbronn jährlich 100 fl. Dem Regulativ zufolge lud der Abt Beck zu der im November 1558 abzuhaltenden Visitation nach Heilsbronn ein, und zwar die Schulmeister und Kantoren, besonders aber die Pfarrer Porphyrius in Heilsbronn, Schopp in Weißenbronn, Zilger in Petersaurach, Grimm in Bürglein, Feierle in Trautskirchen mit dem dortigen Frühmesser, Schnitzlein in Merkendorf, Eberlein in Ammerndorf, Winkler in Markterlbach mit dem Frühmesser Münch, Vogel in Kirchfarrnbach und Praun in Großhaslach. Nach Linden erging keine Einladung, da die dortige Pfarrstelle wegen geringen Ertrages unbesetzt war. Die vorgeladenen Pfarrer erschienen, mit Ausnahme des erkrankten Pfarrers von Ammerndorf. Jeder brachte mit einen Nachweis über den Ertrag seiner Pfarrstelle, zwei Bürger oder Dorfmeister und seine zwei Heiligenpfleger, welche ein Verzeichniß über ihr Gotteshauseinkommen vorlegen mußten. Nachdem alle Vorgeladenen aufgefordert worden waren, ihre etwaigen Beschwerden vorzubringen, verfuhr man wie folgt:

1) Heilsbronn betreffend. Die Visitatoren von Onolzbach fragten den Abt Beck: „Ob er einigen Mangel an dem Pfarrer, an seiner Hausfrau, seiner Lehre oder seinem Wandel wisse, und ob es keine Nachrede veranlaßt habe, daß er noch nicht ordinirt sei?“ Darauf erklärte der Abt unter Beistimmung des mitanwesenden Richters Weikersreuter: „Er wisse an des Pfarrers Lehre und Wandel keinen Mangel, habe auch keine Beschwerde darüber gehört, daß er noch nicht ordinirt sei, halte aber für gut, zur Verhütung von Ärgerniß, wenn er ordinirt und dießfalls Gleichheit gehalten würde.“ Darauf wurde der Pfarrer vernommen. Dieser beschwerte sich darüber, daß seine Zuhörer unfleißig seien, daß man während der Predigt im Wirthshause und an andern Orten fresse und saufe, während der Predigt und Katechismuslehre kaufe und verkaufe. Er halte zwar die durch fürstlichen Befehl angeordnete Wochenpredigt in der Kapelle (Katharinenkirche), habe aber wenige Auditores; man möge ihm gestatten, diese Wochenpredigten in der Klosterkirche zu halten und ihm die [531] zwei Lektionen erlassen, welche er wöchentlich in der Schule geben müsse. Schließlich bat er um Besserung seines Einkommens. Darauf erklärte der Abt: „Von dem Fressen und Saufen während der Predigt wisse er nichts.“ Darauf der Richter: „Dieses Fressen und Saufen während der Predigt sei verboten und geschehe auch seines Wissens nicht. Wahr sei aber, daß unter der Predigt die Fremden, welche im Kloster über Nacht gelegen, hinaus reiten. Er schlage vor, wie an etlichen andern Orten, während der Predigt das Thor verschlossen zu halten und das Kaufen und Verkaufen während der Predigt und Katechismuslehre aufs Neue zu verbieten.“ Auf Besserung des Einkommens ging der Abt nicht ein: „der Pfarrer könne sich begnügen; seine Vorfahren hätten auch nicht mehr gehabt; wisse er eine bessere Stelle zu bekommen, so wolle er (der Abt) ihm dazu behilflich sein. Die Knaben in der Fürstenschule könne er künftig ihren Katechismus gleichfalls in der Kapelle hersagen lassen. Es sei ihm erlaubt, seine Wochenpredigten in der Klosterkirche zu halten und das zweimalige Lesen in der Schule zu unterlassen.“ Schließlich wurde beantragt und vom Abt genehmigt, in der Katharinenkirche abwechselnd lateinisch und deutsch zu singen. Was der Abt in Folge dieser Visitation bezüglich des Zechens und Jubilirens während des Gottesdienstes publiziren ließ, ist in den Beiträgen S. 199 mitgetheilt worden.

2) Weißenbronn und Reuth. Auch hier, wie bei allen folgenden Visitationen, erklärten Abt und Richter ihre Zufriedenheit mit der Lehre und dem Wandel des Pfarrers. Dieser brachte beschwerend vor: „Der Kleinzehnt wird mir untreu gereicht. Der Förster verlangt von mir Stockmiet bei Abgabe von Bauholz. Das Pfarrhaus in Reuth geht ganz ein. Die nürnbergischen Unterthanen zu Wollersdorf muthen mir zu, ihre Kinder, dem alten Herkommen entgegen, in Wollersdorf zu taufen.“ Hierauf der Abt: „Er werde die Pflichtigen anhalten, den Zehnten zu reichen, dem Förster auftragen, das Bauholz unentgeltlich abzugeben; auch werde er dem Verfall des Pfarrhauses in Reuth vorbeugen. Allein über die nürnbergischen Unterthanen in Wollersdorf [532] habe er nicht zu gebieten, da die Obrigkeit dieses Ortes nach Windsbach gehöre.“

3) Petersaurach. Der Pfarrer: „Man möge ihm sein Pfarr-Corpus folgen lassen und sein Einkommen um ein paar Simra Korn bessern, da er seinem Vorgänger 36 fl. abgeben müsse.“ Der Abt: „Das Corpus der Pfarre sei bei Abtretung des Patronats vom Gumbertusstift an das Kloster gekommen und solle dem Bittsteller ausgehändigt werden. Der Addition halben sei er oben beim zweiten Artikel gehört worden.“

4) Bürglein. Der Pfarrer: „Den Kleinzehnten, sonderlich die Schweinlein, gibt man mir ungetreulich. Mein Haus ist baufällig. Bitte, meine Besoldung zu bessern und die Zauberei abzuschaffen, mit welcher Etliche umgehen.“ Der Abt: „Die zehntpflichtigen Klosterunterthanen könne und werde er anhalten, aber nicht die fremden. Die Bauangelegenheit gehöre zum andern Artikel. Zauberei sei Malefizsache und gehöre daher nach Kadolzburg.“

5) Trautskirchen. Der Frühmesser bittet, „ihm die jährlichen 10 fl. von Wilhelms- und Jobstkreut zuzuwenden, wenn kein Pfarrer in Linden sei.“ Der Abt: „Er werde ihm die 10 fl. zuwenden.“

6) Merkendorf. Der Pfarrer bittet um Addition, insonderheit um Zuweisung des Kleinzehnten, welchen die Pfarrei Eschenbach beziehe. Der Schulmeister bittet, ihm für 5 fl. eine neue Stube bauen zu lassen. Der Abt: „Aus Klostermitteln kann die Pfarr- und Schulstelle keine Addition erhalten. Beim Pfarramt Eschenbach soll nochmals um Abtretung des Kleinzehnten nachgesucht werden. Den Bürgermeister und die Heiligenpfleger werde er zu bewegen suchen, dem Schulmeister eine Stube zu bauen. In Merkendorf soll, wie an andern Orten, der Klingelsack eingeführt, eine Gotteshauskasse für die Armen errichtet und das Volk aufgefordert werden, Almosen dazu beizutragen.“ In Folge dieses Bescheids ließ der Abt sofort in Merkendorf publiziren: „In Merkendorf wird nunmehr ein Gotteskasten aufgerichtet und von den Gotteshauspflegern das Säcklein mit dem Zimbelein [533] unter der Predigt umhergetragen zur Unterhaltung der Armen, nicht aber zu Nutz des Herrn Abts zu Heilsbronn.“

7) Markt Erlbach. Bürgermeister und Rath begehren zu wissen, wem das Lehen und die Baupflicht bei der ruinosen Kirchhofmauer zustehe, ihnen oder dem Kloster? Bescheid des Abts: „Der Kirchhof sei ihre Schlafkammer; daher hätten sie, nicht das Kloster, die Mauer zu bauen, wie andere Gebäude ihres Fleckens und wie Jeder sein eigenes Haus.“ Der Frühmesser Münch beschwerte sich, daß er sein ruinoses Haus nicht mehr bewohnen könne, bat um Hauszins und Besserung seiner Besoldung. Darauf der Abt: „Er habe dem Frühmesser bereits 2 fl. Hauszins gegeben; das ruinose Haus werde, nach Rücksprache mit seinem Konvent, künftiges Jahr auf Kosten des Klosters gebessert werden. Wegen der Addition werde er sich beim Markgrafen beschweren, da man gegen Brief und Siegel dem Frühmesser das ihm gebührende Drittel vom oberulsenbacher Zehnten abgesprochen habe.“

8) Kirchfarrnbach. Der Pfarrer bittet um Besserung seines Hauses und seiner Besoldung. Bescheid des Abts: „Petent verlangt, wie fast alle Pfarrer, Besserung seines Hauses und seiner Besoldung durch das Kloster. Allein Jeder hat sich bei seinem Jurament verpflichtet, salva et sarta tecta zu erhalten; so sei es hergebracht. Hätten es die Vorfahrer nicht gethan, so könne er nichts dafür. Das Kloster kann nicht Jedem nach seinem Gefallen bauen und seine Besoldung bessern.“

9) Großhaslach. Der Pfarrer beschwert sich, daß ihm von den Unterthanen der Zehnte untreulich gegeben werde und bittet, das Kloster wolle entweder ihn entschädigen, oder den Zehnten selbst sammeln lassen, so könne er desto baß studiren. Bescheid des Abts: „Dem Begehren kann nicht stattgegeben werden. Der Zehnt kann doch nicht am Studiren hindern.“

Die Pfarrer bei Nr. 2, 3, 4, 7, 9 zeigten an, daß bei ihren Kirchen keine Bibel sei und baten um Anschaffung auf Kosten der Lokalkirchenstiftungen. Wird vom Abt genehmigt. Fast alle Pfarrer beschwerten sich über unfleißigen Kirchenbesuch. Die nichtgenannten [534] heilsbronnischen Pfarreien Lentersheim, Dambach, Langensteinach etc. lagen zu fern von Heilsbronn und wurden daher den nähergelegenen Dekanatssitzen Wassertrüdingen und Uffenheim zur Visitation zugewiesen. Der nach Abhaltung obiger Visitationen vom Abt Beck erlassene, von allen Kanzeln zu verlesende Generalbescheid lautete: „Fast in allen Klosterpfarreien wird das Wort Gottes von den Unterthanen gar unfleißig gehört, woraus folgt, daß die Alten, wenn sie gefragt werden, ihres Glaubens halben nicht wohl Antwort geben können, und auch ihre Kinder und Gesinde nicht anhalten, zur Kirche zu gehen und Gottes Wort, insonderheit den Katechismus zu hören. Daher sind Kinder und Gesinde mehr geneigt zu Tanz, Rockenstuben und anderer Lustbarkeit. Daher ist unser Befehl: Alle Unterthanen in den Klosterpfarreien sollen fleißig Gottes Wort hören und in die Kirche gehen, ihre Kinder und Gesinde zur Predigt, Katechismus und Kinderlehre anhalten, welche nach der brandenburgischen Kirchenordnung gehalten werden soll. An keinem Orte soll Tanz oder anderes leichtfertiges Spiel oder Kurzweil gehalten werden, es sei denn solche Kinderlehre, so man Katechismum nennt, zuvor vollbracht. Zuwiderhandelnde und unfleißige Besucher des Gottesdienstes, auch die in öffentlichen Sünden beharren und ihres Glaubens halben nicht Antwort und Rechenschaft geben können, sollen wissen, daß sie nicht allein wider Gottes Gebot, den Sabbath oder Feiertag zu heiligen, sündigen, sondern auch mit ewiger Pein und von seiner Gnaden (vom Abt) mit zeitlicher Strafe bestraft, zu Gevatterschaft und anderem christlichen Werke nicht zugelassen, auch von der christlichen Gemeinde als verdorrte Glieder abgesondert und, wenn sie ohne wahre Buße sterben, nicht in den Kirchhof, sondern außer demselben begraben werden. Datum Heilsbronn, 20. Nov. 1558.“

In dieser Weise wurden 30 Jahre lang die Kirchenvisitationen alljährlich gehalten, Bescheide darauf ertheilt und Kirchenzucht geübt; allein der Erfolg entsprach den Erwartungen nicht. Bei der i. J. 1565 abgehaltenen Visitation mußte unser Abt Wunder vernehmen, daß die seinem Vorgänger Beck sieben Jahre [535] zuvor angezeigten Baumängel meist noch nicht gewendet, die damals angezeigten Besoldungsschmälerungen noch nicht beseitigt, die Besoldungen meist noch nicht aufgebessert waren. Daher dieselben Beschwerden und Bitten, dieselben Bescheide und Befehle. Die Visitationen wurden von nun an nicht mehr in Heilsbronn, wie 1558, gehalten, sondern in jedem der zu visitirenden Orte, in Heilsbronn, Weißenbronn und Peteraurach vom Superintendenten Homagius von Schwabach. In den Bescheiden hieß es u. A.: „Anna Hofmann, welche wöchentlich ein Almosen aus dem Kloster bekommen, aber gleichwohl von der Visitation zum Höchsten verächtlich und spöttisch geredet hat, ist zwei Tage bei Wasser und Brot in’s Gotzenloch zu stecken. Peter Schmid wird um 2 fl. bestraft, weil er den Herren Visitatoren in der Kirche freventlich eingeredet.“

Die Kirchenvisitationen sollten nicht nur Bau- und Rechnungsmängeln abhelfen, sondern auch, und zwar vorzugsweise, veredelnd auf die Geistlichen und auf das religiös-sittliche Volksleben einwirken und, wie der 27. Abt Schopper i. J. 1527 an den Markgrafen Georg schrieb, „ein christliches Leben anzurichten sehr dienlich sein.“ Daher fragten die Visitatoren bei jeder Visitation nach der Lehre und dem Wandel der Pfarrer. Bei den so eben beschriebenen neun Visitationen versicherten Abt und Richter auf Befragen, daß sie an dem Wandel der sämmtlichen Pfarrer keinen Mangel wüßten. An dem Einen und Andern derselben war aber, wie im VI. Abschnitt berichtet werden wird, offen- und gerichtskundig mancher Mangel. Allein Abt und Richter, die zunächst darum wissen mußten, hielten es für ungeeignet, hier sich darüber zu äußern, geleitet von der Überzeugung, daß eine Visitation und Kirchenzucht in dieser Weise mehr schlimme als gute Folgen habe. Nach 30jähriger Praxis sah man ein, daß trotz der Kirchenvisitationen das religiös-sittliche Volksleben nicht besser, sondern schlimmer geworden war. Gleichwohl blieb man bei der bisherigen Praxis, da man keine bessere kannte; nur verfuhr man noch strenger, machte aber wieder dieselbe trostlose Erfahrung, daß das religiös-sittliche Volksleben nicht besser, [536] sondern schlimmer wurde. Die von unserem Abt und von der markgräflichen Regierung erlassenen Mandate bestätigen es. Am 24. Aug. 1563 verfügte unser Abt in Gemeinschaft mit dem Pfleger Proll und dem Richter Weikersreuter: „Nachdem der allmächtige Gott uns fast allenthalben mit Pestilenz, Theuerung und Kriegsrüstung gestraft und gedroht hat, um uns zur Besserung zu reizen und daß wir sein göttliches Wort, welches uns nun eine so lange Zeit so reichlich verkündigt worden ist, nicht hören, sondern dasselbe verachten und desselben überdrüssig und satt sind: so ist kein Zweifel, daß es uns gehen werde, wie den undankbaren Juden zu Jerusalem und allen Verächtern seines Wortes gehen wird. Diesem zuvorzukommen, ist des Herrn Abts Melchior, des Herrn Pflegers und des Herrn Richters ernstlicher Befehl, daß ihr von Sünden absteht, das Wort Gottes fleißig hört, da der Glaube aus dem Gehör des Wortes Gottes kommt; daß Keiner an Sonn- und Feiertagen, wenn Gottes Wort gepredigt, das Abendmahl gereicht, oder anderer christlicher Lobgesang und Litanei gesungen wird, außerhalb der Kirche oder zwischen den Thoren stehen, schwatzen, Brantwein oder Anderes verkaufen oder trinken, noch einige Handthierung oder Kaufmannschatz treiben soll. Es sollen auch unter der Predigt die Thore verschlossen bleiben und bis Ende derselben Niemand aus- oder eingelassen werden, damit Lehrer und Zuhörer durch solch Aus- und Einreiten und Fahren nicht verhindert werden. Zuwiderhandelnde sollen mit Gefängniß bei Wasser und Brot, oder nach Größe der Verwirkung mit Geldstrafe bestraft werden, daß Andere daran ein Exempel und Abscheu haben sollen.“

Zwei Jahre darauf erhielt unser Abt folgendes Mandat vom 4. April 1565 zur Veröffentlichung auf dem Klostergebiete: „Von Gottes Gnaden, Georg Friedrich. Wir erfahren nicht ohne sondere Entsetzung, daß unsere früheren Mandate fast bei Männiglich nicht allein keinen Abscheu des Gotteslästerns, Schwörens und Fluchens gemacht, sondern solche Laster seither noch mehr überhand genommen und auch von den kleinen Kindern öffentlich getrieben, und solches an ihnen von ihren Eltern nicht gestraft, [537] sondern geduldet wird, welches nun bei so heller und klarer Lehre des heilsamen und allein seligmachenden Wortes Gottes ganz erschrecklich zu hören. Daß solch große Laster also mit Gewalt überhandnehmen, ist nicht die wenigste Ursache, daß ob unserer hievor ausgegangener Mandate nicht mit Ernst gehalten wurde. Daher ist unser Befehl, unsere früheren Mandate auf allen Kanzeln verkünden zu lassen und gegen die Verbrecher mit Ernst zu verfahren und nicht mehr säumig zu sein. Damit unserem Mandate desto eher nachgegangen werde, so wollet allen Pfarrherren auferlegen, daß sie nicht allein alle angeregte erschreckliche Laster, sondern auch Völlerei, Hurerei und andere öffentliche Laster in ihren Predigten strafen und das Volk zur Buße und Besserung mit Fleiß vermahnen.“ In dem Begleitschreiben, mit welchem unser Abt dieses Mandat zur Publikation von den Kanzeln an die Pfarrer in Heilsbronn, Bürglein, Weißenbronn, Ammerndorf etc. hinausgab, bemerkte er: „Daß es nicht bloß hierum, sondern in allen Aemtern und Pfarreien des Fürstenthums so schlimm stehe in Absicht auf Gotteslästern, Fluchen, Voll- und Zusaufen und anderes unzüchtiges Leben, daher auch fast allenthalben Pestilenz, Krieg und theure Zeit. Darum sei es nöthig, diese Mandate in Kirchen und Schulen aufs Neue einzuschärfen.“ Bald nach dem Erscheinen dieses Mandats wurde ein Übertreter desselben, und zwar wegen Gotteslästerung, von unserem Abt mit Gefängniß bestraft. Bei seiner Entlassung mußte er folgende Urphede schwören: „Ich Balth. Ludwig, Bürger zu Schwabach, bekenne mit diesem Brief, daß ich um wohlverschuldeter Sache willen, nämlich daß ich aus bezechter unbesonnener Weise nicht allein Gott und seinen eingeborenen Sohn mit Gotteslästerung und Hauptschwüren wider des Herrn Markgrafen Mandat, sondern auch den Herrn Abt Melchior und Alle im Kloster mit Schmähworten angetast, dazu Etliche sich mit mir zu schlagen gefordert, in des Herrn Abts Gefängniß gekommen, aber aus Gnaden ohne höhere Strafe entlassen worden bin. Ich bereue meine Gotteslästerung und Schmähreden und will sie nimmer thun, will mich auch an Niemand rächen oder äfern. Das Alles [538] zu halten schwöre ich diesen Eid.“ Schon im nächstfolgenden Jahre 1566 wurde der Abt vom Markgrafen beauftragt, obige Mandate auf’s Neue einschärfen zu lassen, „da wir täglich befinden, daß bisher über solche Mandate nicht mit Ernst gehalten, daß wider die Verbrecher nicht mit verdienter Strafe verfahren wird und daß die, so aus tragendem Amt und Befehl wehren und strafen sollten, selbst dawider handeln. Auch ist wegen drohender Ruthen Gottes beim Andringen der Türken das Türkengebet bei allen Gottesdiensten zu verlesen zur Abwendung von Gottes Zorn. In allen Ämtern sind Freudenspiel, Trommelschlag, Sackpfeifen und Schalmeien zu verbieten, sowohl bei Hochzeiten, als auch bei andern Fröhlichkeiten. Wir sind glaublich berichtet worden, daß bei Ehegelübungen, mit dem Handstreich vollzogen, bis in drei oder vier Tische (à 12 Personen) Gäste dazu berufen werden, was bei 5  fl. Strafe verboten wird; es dürfen dabei nicht über 10 Personen geladen werden. Georg Friedrich, manu propria.“

Die besprochenen Mandate und Kirchenvisitationen waren recht gut gemeint und einerseits nicht ohne Nutzen. Andererseits war ihr Einfluß nachtheilig, da sie nicht selten böswillige Denunziationen hervorriefen. Wie sich unser Abt fälschlich Denunzirter annahm, ist in den Beitr. S. 201 zu lesen.

Man war der gewissen Zuversicht, durch Einführung der Lehre Luther’s, der brandenburgischen Kirchenordnung, der Kirchenvisitation und Kirchenzucht werde das religiös-sittliche Volksleben besser und der Entsittlichung ein Damm gesetzt werden. Es war daher eine recht schmerzliche Enttäuschung, als man im Laufe von 40 bis 50 Jahren keinen Fortschritt zum Besseren sah und sich nicht verhehlen konnte, daß die Leute roher und die wohlgemeinten Institute der Kirchenvisitation und Kirchenzucht geradezu verhöhnt wurden. Diese betrübenden Erfahrungen machte man nicht nur auf dem ganzen Klostergebiete, sondern auch im ganzen Fürstenthume, wie aus dem in den Beitr. S. 203 mitgetheilten markgräflichen Mandate vom 28. Aug. 1567 erhellt. Dieses hatte keinen Erfolg; daher erließ der Markgraf 5 Jahre [539] später ein geschärftes Mandat, welches auch dem Abt zur Publikation zugeschlossen wurde. Es lautete: „Dem Würdigen, unserem Rath und lieben getreuen Herrn Melchior, Abt, Barthel Kornberger, Verwalter, und Friedrich Faber, Richter. (Der Richter Weikersreuter war nach Neustadt befördert worden.) Von Gottes Gnaden, Georg Friedrich etc. Wir können auch nicht bergen, ob wir wohl vor guter Zeit allerlei christliche Ordnung angericht und daneben crasse Mandate haben ausgehen lassen und in guter Hoffnung gestanden, dieselben sollten bei fleißiger Bestellung des heiligen Ministerii und Predigtamts zur Beförderung von Gottes Ehre und ewiger Wohlfahrt unserer Unterthanen Alles zum gewünschten Nutzen gereicht sein: so finden wir doch, wie beim mehrern Theil und großen Haufen großer Unfleiß und Verachtung des Predigtamts, des Hörens und Lernens der göttlichen und seligmachenden Predigt, des Gebrauchs der hochwürdigen Sakramente und christlicher Ceremonien, sonderlich auch der Traktation des Katechismi allenthalben sei und keine Vermahnung und Warnung zur Besserung schier mehr helfen will, dagegen Gotteslästerung, Ehebruch, Hurerei, Geiz, Wucher und andere höchststräfliche Laster und aller Muthwille und Leichtfertigkeit in allem Schwange gehen und ungescheut getrieben werden, welches wir nicht sonder Befremdung und Bekümmerniß vernommen haben. Weil aber durch solch ärgerliches Leben Gottes Zorn und Strafe erweckt wird, wie sich denn die Läufte sorglich und gefährlich ansehen lassen, so daß unser Herr Gott über solche Undankbarkeit seinen Zorn schwer und grimmig ausgießen wird: so ist Bekehrung zum christlichen Wandel und unaufhörliches Beten hoch von Nöthen. Um solche Sünden und Laster so viel möglich abzuwenden, befehlen wir euch, unser höchstes Mißfallen gegen die Verächter göttlichen Wortes, der heiligen Sakramente, der christlichen Ceremonien, der Lehre des heiligen Katechismi öffentlich verkünden, Jedermann von obgemeldten Sünden und Lastern abmahnen und zur Buße ermahnen zu lassen mit der Warnung, daß solche Verächter Gottes Zorn und Strafe zu ihrem ewigen Verderben auf sich laden. Allen unsern Superintendenten haben wir Befehl [540] gethan, daß Verächter des göttlichen Wortes und der Sakramente, welche sich nicht bessern, zu Gevatterschaft nicht zugelassen, noch denselben das christliche Begräbniß mitgetheilt werden soll. Und weil diesen Herbst die christliche Spezialvisitation wieder vorgenommen werden soll, so ist unser Befehl, daß auf Anhalten unserer Superintendenten du Verwalter oder Richter mitziehen und ob den Visitatoren halten sollst; und sofern sich Jemand unterstehen würde, dieselben verächtlich oder spöttisch zu halten, dieselben alsobald gefänglich einzuziehen und etliche Tage bei Wasser und Brot mit dem Thurm zu strafen. Wenn dir, Verwalter oder Richter, bei solcher Visitation Malefiz- oder andere weltliche Sachen berichtet werden, so wollest du hieher berichten. Nach unsern ernstlichen Mandaten soll an Sonn- und Feiertagen unter der Predigt und Traktation des Katechismus kein Tanz, Kugelplatz, Spiel, Zechen in Wirthshäusern, keine Hand- und Feldarbeit gestattet werden. Ist wiederholt zu verbieten und zu bestrafen. Ingleichen die Wucherei. Auch gibt die tägliche Erfahrung, daß verwittwete Personen durch zu frühe Wiederverehelichung, was nicht unter einem Vierteljahr geschehen soll, Ärgerniß geben. Auch ist zu den Zauberern und Wahrsagern ein großer Zulauf, welches alles bei dem hellen Licht des Evangelii schrecklich zu hören. Solche Zauberer sind gefänglich einzuziehen, zu verhören und ihr Bekenntniß hieher gelangen zu lassen. Die sich bei ihnen Raths erholen, sind bei Wasser und Brot etliche Tage mit dem Thurm zu strafen und dann hinweg zu bieten. Auch sind unsere Mandate gegen Gotteslästerung, Rockenstubenlicht, Fenstern und Prügeln mit besserem Ernst als bisher zu vollziehen. Datum Onolzbach, 22. Sept. 1572. Georg Friedrich, manu propria.“ Unser Abt insinuirte dieses Mandat seinen sämmtlichen Pfarrern zur Publikation mit dem Bemerken: „Ob solchem fürstlichen Befehl gedenkt die Herrschaft allhier zu Heilsbronn mit allem Ernst zu halten und verbietet nochmals, wie zuvor, Rockenstuben, Fenstern, heimliche Winkeltänze und Anderes, so zu Ärgerniß, Leichtfertigkeit, unordentlicher Vermischung und Eheverbindung, auch andern Sünden und Lastern [541] Ursach gibt, bei ernstlicher Strafe.“ Der Abt hatte schon im Januar des vorigen Jahres 1571 auf dem ganzen Klostergebiete Folgendes bekannt machen lassen: „Nachdem das gräuliche Gotteslästern neben der schändlichen Unzucht und andern Sünden, und sonderlich, was bei den Bauern in Rockenstuben und beim Fenstern und auf der Gasse bei Jung und Alt geübt wird, ungeachtet aller Verbote, also überhand genommen, was zu der jetzigen schweren Theuerung und anderem Unglück Ursach gegeben: so ermahnt die Herrschaft Heilsbronn Jung und Alt bei Strafe, sich solches Wesens zu enthalten.“

Was die Behörden inhaltlich dieser Mandate beklagten, werden wir im VI. Abschn. bei der Rundschau in allen heilsbronnischen Pfarreien bestätigt finden: daß das religiös-sittliche Volksleben ungeachtet der allgemein eingeführten Reformation im ganzen Reformationsjahrhundert nicht besser wurde. Daß der Abt ein Herz hatte für dieses geistige Elend und daß er demselben zu begegnen nach Kräften bemüht war, haben wir gesehen. Auch die herrschende materielle Noth suchte er zu lindern. Großes Elend sah er in den sechs Jahren von 1570 bis 76, da in Folge von Mißwachs fortwährend Hungersnoth und Theuerung herrschten. Dazu herrschte im ganzen Fürstenthum Schrecken vor Mordbrennern, die umher zogen und großen Schaden thaten. Sie zogen, laut einer markgräflichen Bekanntmachung, umher „bald als Boten, Bettler, Landsknechte, auch in Frauenkleidern, bald prächtig sich haltend, in Kutschen fahrend und in Wirthshäusern sich aufhaltend.“ Einige derselben wurden genau signalisirt, z. B. Hans Sachs mit grauem spitzen Bart, Hans Gleitsmann von Erfurt mit grauem Rock und rothen Strümpfen. Durch sie wurde angeblich auch auf dem Klostergebiete hier und da Brand gestiftet, z. B. 1569 in Hirschlach, wo in einer Nacht in vier Gebäuden zugleich Brand gelegt wurde und neun Gebäude abbrannten. In diesem Jahr mißrieth der Wein, im folgenden (1570) das Getreide. 1571 bestand bei wenig ergiebiger Ernte die Theuerung fort. Die Ernten in den Jahren 1572 und 73 waren gleichfalls nicht ergiebig; noch weniger im [542] J. 1574 wegen Nässe im Frühling und großer Hitze im Sommer. Bei Windsbach soll ein Waldbrand lediglich durch die Sonnenhitze entstanden sein. Das Sra. Korn kostete 10, ja 14 fl. Am 22. Juni verwüstete ein Hagelwetter die Fluren um Merkendorf, Eschenbach, Schlauersbach, Windsbach, Dürrnmungenau, Abenberg, Spalt, Schwabach bis gegen Nürnberg und Heilsbronn. Es fielen Schlossen von der Größe von Gänseeiern und tödteten Vögel und Hasen. Gerade die besten Zehntdistrikte des Klostergebietes wurden verhagelt. Das Klosteramt Neuhof blieb verschont, litt aber desto mehr durch den ungemessenen Wildstand, der unter Georg Friedrich namenloses Elend brachte. Siehe Näheres darüber in den Beitr. S. 184 bis 190, auch über die wohlwollenden Bemühungen Wunder’s, dieses Elend zu lindern. Er wurde nicht müde, dem Markgrafen den Nothstand darzulegen und um Abhilfe zu bitten. 1574 baten die Verhagelten in den Ämtern Bonhof und Merkendorf gegen Fristenzahlung um Speis- und Saatgetreide: „Ohne diese Unterstützung seien sie gezwungen, mit ihren Familien weg und in’s Elend zu ziehen, z. B. 9 Familien in Reuth, 3 in Wernsbach, 4 in Suddersdorf, 2 in Wollersdorf, 8 in Volkersgau, 4 in Neuses, sämmtliche Unterthanen im Amte Merkendorf“ etc. etc. Auch die markgräfliche Regierung that Schritte, um der Noth abzuhelfen. Sie ließ von den Kanzeln bekannt machen: „Ausfuhr von Getreide in das Ausland ist bei Strafe verboten. Alle Unterthanen, die Getreide übrig haben, sollen ausdreschen und das Ausgedroschene in markgräflichen und heilsbronnischen Städten und Märkten feil bieten. Sind Felder vom Hagel verschont geblieben, so ist der Ertrag gleich auf dem Acker zu ermitteln, die schuldige Gilt davon sofort zu erheben, um damit den Verhagelten zu helfen.“ Besonders wurde Wucher und Vorkaufen bei scharfer Strafe verboten. Denn sogar Beamte beuteten die Noth Anderer zu ihrem Vortheil aus, indem sie vor der Ernte ein Simra Korn (oder das Geld dafür) nach dem laufenden Preise an Benöthigte abreichten mit der Verpflichtung, dafür zwei Simra nach der Ernte zu liefern. Andere Gewissenlose verkauften Getreide, das sie aus Gnaden und Barmherzigkeit [543] von den herrschaftlichen Speichern zum eigenen Gebrauche wohlfeil erhalten hatten, anderwärts zu hohen Preisen. Das markgräfliche Verbot der Getreideausfuhr außer Landes war gut gemeint, erwies sich aber als unzureichend, unausführbar und vielfach als schädlich. Unter „Ausland“ verstand man die angrenzenden Gebiete von Nürnberg, Eichstätt, Würzburg und Bamberg. Es durfte lediglich an heilsbronnische und brandenburgische Unterthanen verkauft werden, also nicht einmal an nürnbergische, die neben Jenen in denselben Ortschaften wohnten. Daraus erwuchs Zwietracht und Haß unter den Nachbarn und dadurch unserem Abt viel Verdruß, weil er, dem Mandat zufolge, die Zuwiderhandelnden strafen sollte. Als nun in Onolzbach verlautete, daß von Klosterunterthanen Getreide nach Nürnberg, d. h. in’s Ausland, geführt worden sei, so erhielt der Abt den Auftrag, die Schuldigen zu ermitteln und zu bestrafen. Die Ermittelung war leicht, da offenkundig aus allen Ortschaften um Heilsbronn Getreide nach Nürnberg geführt worden war. Es wurden circa 100 Schuldige aus 33 Ortschaften vorgerufen und nacheinander vernommen. Ihre protokollarischen Erklärungen waren ziemlich gleichlautend. Die von Großhaslach und Ketteldorf erklärten z. B.: „In Nürnberg können wir mehr lösen und unsere Bedürfnisse wohlfeiler kaufen, als in Onolzbach. Der Müller in Wustendorf, dem wir unser Getreide anboten, wollte es entweder gar nicht, oder nur auf Borg nehmen.“ Die von Weiterndorf: „Die onolzbacher Bäcker sind uns seit vier Jahren Zahlung schuldig.“ Die von Volkersgau: „Wir haben unser Getreide in Schwabach feil geboten, aber keine Käufer gefunden und mußten es nach Nürnberg führen.“ In dieser Weise deponirten Alle. Abt, Verwalter und Richter legten diese protokollarischen Vernehmungen den Räthen vor und baten, die Vernommenen zu entschuldigen und nicht zu bestrafen. Da die Vorräthe in den Speichern der Klosterämter bei Weitem nicht ausreichten, um den Bedarf der Unterthanen zu befriedigen, so erbot sich der Abt, tausend Sra. zu kaufen. 1575 waren seine Speicher in Neuhof, Merkendorf und Waizendorf völlig geleert, und nur in Nördlingen, [544] Windsheim und Heilsbronn noch ein geringer Vorrath. Er beantragte auch diesen abzugeben zur Stillung des Hungers der Unterthanen, „deren Etliche sich vernehmen ließen, daß sie es, wenn man ihnen nicht helfe, mit Gewalt nehmen würden.“ Die Ernte in diesem Jahre, auch im folgenden, fiel ziemlich gut aus; gleichwohl waren die Preise noch immer sehr hoch und die während der Hungerjahre aufgelaufenen Rückstände an Gülten etc. außerordentlich groß. „Will man – schreibt der Abt – nun mit Gewalt eintreiben, so ist zu fürchten, daß die Unterthanen davon ziehen und ihre Güter öde liegen lassen, zum größten Schaden des Klosters.“ Man mußte weitere Nachsicht haben. Endlich kam 1578 eine reiche Ernte und in Folge dessen kostete das Simra Korn wieder, wie ehedem, ungefähr drei Gulden.

Zu Mißwachs, Theuerung, Hungersnoth kam noch eine andere Landplage: allerlei Diebsgesindel, welches sich im Lande umher trieb. Abt, Verwalter und Richter wurden von der Regierung beauftragt, gute Wache zu halten und Verdächtige aufzugreifen. 1575 verhafteten sie einen Verdächtigen, Barthel Müller aus Westheim, machten Anzeige beim Kriminalgericht in Ansbach und wurden von diesem mit der Voruntersuchung beauftragt. Müller gestand „auf gütliche Besprachung“, er habe mit drei Andern vor 15 Jahren in Feldbrech und Umgegend mittelst Einbruch Viktualien gestohlen. Dieses wurde nach Ansbach berichtet. Der Bescheid darauf lautete: „Will er auf gütliches Befragen nicht mit der Wahrheit heraus, so ist er einmal leer ohne anhangendes Gewicht aufzuziehen und auf alle böse Stücke, als auf Mord, Rauben, Brennen u. dgl. zu examiniren. Weil dergleichen Gesellen nicht gern mit der Sprache herausgehen, als bis sie Ernst sehen und empfinden, so wollen wir den Nachrichter senden.“ Nach dem Eintreffen des Scharfrichtersknechts „wurde Müller peinlich angegriffen und ihm die Marter gezeigt“, worauf er ferner bekannte, einem Bauer zu Habelsee, bei dem er über Nacht gelegen, drei Pfund Geld, zu Berchshofen einen Zaum gestohlen zu haben. Der Finalbescheid aus Ansbach lautete: „Weil sein Diebstahl gering ist und fast nur in Eßwaaren besteht, so soll er [545] im Gefängniß mit Ruthen gehauen, dann auf Urphed entlassen und des Landes verwiesen werden.“ Die ganze Prozedur geschah in Gegenwart des Richters Faber und dreier Gerichtsschöffen: Landleute von Bürglein, Weißenbronn und Heilsbronn. Unter den Dieben, über welche man in diesem Jahr zu Heilsbronn verhandelte, waren drei, bei welchen die Folter angewendet wurde, und zwar erst, nachdem sie des Diebstahls bereits überwiesen waren. Die Folter erscheint bei ihnen nicht als Strafe für das bereits konstatirte Verbrechen, sondern als ein Mittel, um, wie es vorhin hieß, noch mehr aus ihnen herauszubringen. Der Hirtenjakob aus Schwabach, früher Gastknecht in Heilsbronn und vieler Übelthaten bezichtigt, bekannte in Folge der Folter 45 Diebstähle und Einbrüche. Der Erzdieb und Räuberhauptmann Matthes Erhard verübte Jahre lang Gewaltthaten in der Gegend, z. B. in Kühdorf bei Schwabach, wo er acht Mann hoch des Nachts einbrach, den Bauer Strassinger und dessen Frau aus dem Bette riß, mißhandelte, an eine Säule band, Truhen und Schränke erbrach und 60 fl., Kleider und Anderes raubte. Ein Krämer aus Sachsen, der die Märkte in der Umgegend zu bauen pflegte, erbot sich bei den Räthen in Ansbach, den gefürchteten Erhard in ihre Hände zu liefern. Das Erbieten wurde angenommen, obgleich der Krämer als Raufer und Trunkenbold berüchtigt und wegen Diebstahls bei einer Kirchweih in Weißenbronn verhaftet worden war. Er schloß sich in Schweinau an Erhard und dessen fünf Gesellen an. Es wurde die Beraubung eines Bauern in Ratzenwind projektirt. Auf dem Zuge dahin übernachtete man in Bonhof, und hier wollte der Krämer den Räuberhauptmann dem Gerichte überliefern. Er eröffnete daher heimlich sein Vorhaben dem dortigen Wirth und dem Vogt. Allein Erhard witterte Verrath und entwischte mit einem seiner Spießgesellen, so daß nur drei derselben verhaftet und inquirirt werden konnten. Ihre varirenden Aussagen ließen keinen Zweifel über ihre Schuld. Um Weiteres von ihnen zu erfahren, schritt man zur Folter, worauf sie aussagten, daß ihr Hauptmann am Leichtesten in Mühlhausen bei Sulzburg, wo sein Weib im Kindbett [546] liege, zu verhaften sei. Daß aber seine Verhaftung vorerst nicht erfolgte, geht daraus hervor, daß er zwei Jahre später noch sein Handwerk trieb und fünf Monate vor dem Tode unseres Abts in einem Absagebrief den Junker von Eib zu Neuendettelsau, die dortige Gemeinde und die ganze Umgegend mit Mord und Brand bedrohte. Haussäßige Diebe in der Umgegend wurden gefänglich eingezogen, auf Urphed entlassen und mit Weib und Kindern des Landes verwiesen.

Nachdem im J. 1576 eine ergiebige Ernte die Noth des Volkes einigermassen gelindert hatte, besuchte Wunder, begleitet von acht Personen und fünf Pferden „das Wildbad im Schwarzwalde.“ Schon in einem der früheren Jahre hatte er dort Heilung gesucht, aber nicht gefunden. Nach seiner Rückkehr erhielt er vom Kaiser Rudolph II. ein Schreiben d. d. Prag, 22. Febr. 1577, worin es hieß: „Nach altem Herkommen steht einem Kaiser zu, auf ein jeglich Stift und Kloster im heiligen Reich eine Person, uns gefällig, zu benennen, dieselbe darin mit einer Herrenpfründ zu versehen. So präsentiren wir euch einen vieljährigen Trabanten Hans Pauscher, der unserem Vater, weiland Maximilian II. und uns in unserer Garde treu gedient hat, ihn in eurem Kloster lebenslänglich mit einer Laienpfründe zu versorgen.“ Wunder berichtete deßhalb an den Markgrafen und erhielt zur Antwort die Weisung, den Trabanten aufzunehmen. Im Dezember 1577 requirirte der Markgraf vom Abt 12 Klosterpferde, da er „in wichtigen Angelegenheiten“ nach Polen reiste, begleitet von seiner Gemahlin Elisabeth, die, wie oben berichtet wurde, von Seitenweh befallen, in einem Bauernhause am 25. Febr. 1578 starb. In Abwesenheit des Markgrafen schalteten und dekretirten die Räthe in ihrer gewohnten Weise. Der Markgraf hatte vor seiner Abreise elf Mastochsen, die Markgräfin gleichfalls einiges Vieh, nach Heilsbronn in Kost gegeben. Als das Futter auf die Neige ging, fragte der Abt an, was zu thun sei? und erhielt von den Räthen zur Antwort: „Kauft die Ochsen an für das Kloster, oder verkauft sie anderwärts, und schickt uns das Geld.“ Weiter geboten die Räthe: „es sollte im Kloster nicht mehr randersackerer, [547] sondern geringerer Wein konsumirt und dieser gegen Zahlung aus dem markgräflichen Keller bezogen werden.“ Allein die bezogenen und bezahlten markgräflichen Weine waren so schlecht, daß nach Onolzbach berichtet werden mußte: „Prediger, Schulmeister und Kantor beschweren sich über den sauern Wein, daß sie das Grimmen davon bekommen und bitten, sie damit zu verschonen, weil sie sonst ihren Dienst verlassen müßten.“ Der Markgraf beabsichtigte, das heilsbronnische Amt Waizendorf an sich zu ziehen und seiner Gemahlin Elisabeth zu schenken. Daß unser Abt auf das Projekt nicht einging und den Räthen recht entschieden unterm 5. März 1578 antwortete, wurde in den Beiträgen S. 182 berichtet. Vier Monate darauf fiel mit dem Tode Wunders das Amt Waizendorf nebst dem ganzen Klostergebiete als herrnloses Gut dem Markgrafen zu, der schon lange vor der Auflösung des Klosters dort unumschränkt schaltete und um so leichter schalten konnte, da in den letzten Jahren nur noch vier Konventualen am Leben waren: Leonhard Kettner, Georg Ernst, Georg Oeder und unser Abt. Kettner starb 1572 als Kaplan in Mkt. Erlbach; Ernst aus Ochsenfurt 1568. Beim Eintrag seines Todes im Leichenregister bemerkt der Pfarrer Porphyrius: „Er war in die 18 Jahre im Kloster, hat aber sein Leben übel zugebracht, ist ein voller Mensch gewesen, Jung und Alt wohl bekannt wegen seines gottlosen Lebens, ist gestorben an Franzosen, weil er dieselben oft im Mund geführt.“ 1574 starb auch Oeder; nach seinem Tode war der einzige noch lebende Konventual unser Abt.

Wunder, schon seit längerer Zeit an Schwäche leidend, schrieb am 5. Mai 1578 an seinen Arzt Weller in Nürnberg, daß durch die bisher verordneten Heilmittel keine Besserung erfolgt sei. Am 6. Juni beantragte er bei den Räthen eine Visitation der Schopper’schen Schule unter Darlegung der darin vorhandenen Gebrechen. In demselben Monat betheiligte er sich noch an andern Ausfertigungen nach Nördlingen, Ansbach und Waizendorf und starb im Monat darauf, am 13. Juli, nachdem er 28 Jahre lang im Kloster gelebt hatte. Die Räthe berichteten über seinen Tod an den noch in Polen weilenden Markgrafen. Die [548] Klosterunterthanen waren unter ihrem nunmehrigen Oberherrn schlimmer daran, als unter dem Regiment der Äbte, und sprachen es auch in ihren Beschwerden unverhohlen aus, „daß man die Hand von ihnen abgezogen habe.“ Diese Verschlimmerung zeigte sich zunächst in Heilsbronn selbst. Unter der Geschäftsführung der markgräflichen Beamten lösten sich dort je mehr und mehr die Bande von Zucht und Ordnung. Nichts ging mehr zusammen. Müller, Bäcker, Metzger, Küchenmeister etc. veruntreuten und schwelgten; Knechte und Mägde schleppten ab und verweigerten den Gehorsam.

Der Abt wurde neben seinem Amtsvorgänger im südlichen Theil des Querschiffes der Klosterkirche begraben. „Hat das Kloster 16 Jahre und 4 Tage nützlich regiert“, heißt es auf dem Abtsverzeichniß. Über sein Portrait und seinen Grabstein Näheres unten im III. Band.

Wie die Markgrafen schon vor der Reformationszeit das Kloster ausbeuteten, ist oben berichtet worden. Weiter zu gehen und den Mönchsstaat zu annexiren, konnte ihnen damals noch nicht in den Sinn kommen, da der Mönchsstaat von seinen mächtigen Schirmvögten, den Kaisern, beschützt wurde. Als aber in Folge der Reformation das Kloster von den Kaisern nicht mehr nachhaltig beschützt werden konnte, da war für die Markgrafen der erwünschte Zeitpunkt zur Ausführung ihres Annexionsplanes gekommen. Zur Ausführung dieses Planes arbeitete ihnen das Kloster selbst in die Hände, indem die überwiegende Mehrheit der Klösterlinge sich zu Luther hinneigte, nicht ahnend, daß dieses zur Selbstauflösung des Mönchsstaates führen werde. Die nächste Folge der Hinneigung zu Luther war Minderung des Personalstandes, Mangel an Regierungsorganen, an Mönchen. Um die Zahl derselben wieder zu vermehren, bot man zwar Alles auf; allein jeder Versuch mißlang und mußte um so mehr mißlingen, da die Markgrafen beschränkend entgegen traten. Was Schopper nicht durchschaute, das durchschauten die Markgrafen von vornherein, daß der Mönchsstaat durch die Annahme von Luthers Lehre sich selbst den Untergang bereiten werde. Dieses vorhersehend, [549] ließen sie das Kloster fortbestehen, im Voraus gewiß, daß ihnen dereinst die Beute von selbst zufallen werde. Sie sekularisirten daher nicht, wie anderwärts geschah, durch Gewaltthat; sie warteten die Zeit der Selbstauflösung ab. Dieser Zeitpunkt war nun beim Tode unseres Abts, des letzten Konventualen, gekommen.

In Einem sahen wir oben die Äbte nicht in Opposition gegen die Markgrafen, nämlich in dem Bestreben, durch Einführung der Reformation das religiös-sittliche Volksleben zu reformiren. Allein ihre wohlgemeinten Bestrebungen hatten nicht den gewünschten Erfolg. In all ihren vorhin mitgetheilten Erlassen dieses Betreffs versichern sie mit innigem Bedauern, daß im Reformationszeitalter das Volksleben, wider Erwarten, nicht besser, sondern im Gegentheil vielfach schlimmer wurde. Dieselbe Erfahrung machte Luther. Nachdem er die Lehre gereinigt, dem Volk die Bibel, der Jugend den Katechismus in die Hand gegeben und durch Wort und Schrift mächtig gewirkt hatte, erwartete er ein besseres Volksleben, zumal in seiner nächsten Umgebung. Allein er sah sich in dieser Erwartung schmerzlich getäuscht und sprach es im J. 1528 aus in folgenden Worten: „Die jetzigen evangelischen Buben (Studenten in Wittenberg) sind bösere Buben, als die früheren. Jene waren Heuchler; diese aber wollen ein schlimmeres Leben führen denn zuvor.“ Die Zügellosigkeit war bei den Studenten in Wittenberg und bei den dortigen Frauen und Jungfrauen so groß, daß Luther im J. 1530 erklärte, dort nicht mehr predigen zu wollen. Genußsucht, Luxus und wüstes Treiben steigerten sich so, daß Luther im Jahr vor seinem Tode tief gebeugt die Stadt verließ und nicht mehr zurückkehren wollte. Es bedurfte einer besondern Deputation von Seite der Universität und eines kurfürstlichen Briefes, um ihn zur Rückkehr nach Wittenberg zu bewegen. Liest man oben die Klagen der Äbte, Markgrafen und Räthe über Zunahme der Irreligiosität und Unsittlichkeit im Reformationsjahrhundert, so drängt sich einem die Frage auf: ob nicht die Klagenden zu schwarz gesehen und allzurigoristisch geurtheilt haben? Um diese Frage gründlich [550] und wahrheitsgetreu beantworten zu können, ist es nöthig, die darauf bezüglichen ausführlichen aktenmäßigen Verhandlungen einzusehen, welche über das damalige Treiben in den Gemeinden und Familien, besonders in den Pfarrfamilien, Aufschluß geben. Dieser Aufschluß wird im VI. Abschn. gegeben werden. Dort werden wir sehen, daß im ganzen Reformationsjahrhundert auf dem ganzen Klostergebiete das religiös-sittliche Volksleben nicht besser wurde. Im darauffolgenden Jahrhundert wurde es, in Folge des Krieges, noch schlimmer.





  1. Vgl. Stillfried S. 48.
  2. Anders Stillfried S. 164–170.
  3. Vgl. Stillfried S. 162.


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Die Mönche »
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