Geschichte von Kloster Heilsbronn/Der 34. Abt Georg Beck
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aus Weißmain in Oberfranken, regierte vom Juli 1558 an bis zu seinem am 26. Aug. 1561 erfolgten Tode, sonach drei Jahre lang. Er war, wie sein Vorgänger, Mönch in Lankheim und gleichfalls einer der vom Markgrafen Albrecht im Jahre 1549 [492] nach Heilsbronn gesendeten sechs Restauratoren. Seine Eltern waren Bürgersleute in Weißmain. Sein Vetter, Petrus Beck, war Messerer (Messerschmied) in Nürnberg, verarmte und mußte sich mit seinen Kindern kümmerlich nähren, angeblich, weil sein Geschäft in Folge des Krieges stockte und alle Lebensbedürfnisse seit lange her theuer waren. Daher sein Entschluß, i. J. 1559 sein Glück in der Reichsstadt Heilbronn zu versuchen. Bei seiner Übersiedelung dahin wünschte er, noch während zweier Jahre das Bürgerrecht in Nürnberg fortzubehalten; er bat daher seinen Vetter, unsern Abt, um Fürsprache beim Bürgermeister und Rath in Nürnberg.
Wie der Abt Beck vom Markgrafen Georg Friedrich an die Stelle des vorigen Abts gesetzt wurde, ist vorhin berichtet worden. Der Abt von Ebrach wurde dabei völlig ignorirt, nicht einmal von der Sache benachrichtigt. Als er jedoch auf anderem Wege Nachricht von dem Amtswechsel erhielt, wünschte er brieflich unserem Abt Glück zu seiner Ernennung, begehrte aber zugleich seinen Gaul, vermöge seines juris visitatorii, welches der Markgraf bei Erwählung des vorigen Abts aufrecht zu erhalten versprochen habe. Unser Abt, dem die Hände in Allem gebunden waren, schickte den Brief mit der Bitte um Verhaltungsbefehl nach Onolzbach, erhielt aber lange keine Antwort, da der Markgraf abwesend war. Mittlerweile begehrte der Abt von Ebrach wiederholt seinen Gaul. Endlich konnte unser Abt unterm 22. April nach Ebrach antworten: „Der Markgraf hat uns geantwortet, daß er die Auslieferung des Gauls nicht gestatte, auch nicht die von euch beabsichtigte Visitation in Heilsbronn, aus guten christlichen und andern Ursachen. Wendet euch daher wegen eurer Forderungen und Gerechtsame an den Markgrafen selbst.“ Dieser gebot unserem Abt, der von Ebrach aus beabsichtigten Visitation sich nicht zu unterziehen und der Abt fügte sich dem Gebot in Betreff des Gauls und der Visitation ohne Widerrede.
Dagegen erhob er Einsprache gegen eine andere, kurz vor seiner Erwählung am 13. Juli 1558 nach Heilsbronn ergangene Verordnung, Geldbeiträge zu den Kirchenvisitationskosten und [493] zum Bau des Hospitals in Ansbach betreffend. Die Verordnung lautete: „Bei den Pfarrern und Gotteshäusern unseres Fürstenthums sind Gebrechen und Unordnungen eingerissen. Diesem zu begegnen, sind Visitationen nöthig. Zur Zehrung und Unterhaltung der Visitatoren soll der Bedarf aus unsern Stiftern und Klöstern entnommen werden. Heilsbronn hat dazu jährlich 100 fl. beizutragen und an unsern Rentmeister abzuliefern. Ein Hospital für Arme und Dürftige war in Onolzbach bisher nicht vorhanden. Zur Erbauung des Hauses soll Heilsbronn vorerst 300 fl. beitragen, zur Unterhaltung der Dürftigen aber die jährlichen Einkünfte an Gülten, Getreide, Geld, Eiern, Käsen, Hühnern, Handlöhnen und Hauptrechten von seinen zwei besten Bauernhöfen und zunächst diese zwei Höfe namhaft machen.“ Gegen diese Leistungen remonstrirten Abt und Konvent, indem sie vorstellten: „Das Kloster, durch den vorigen Abt Schörner in Schulden gerathen, mußte beim Markgrafen selbst 1000 fl. entlehnen, hat an Hans Glockengießer 300 fl., an Merkurius Herdegen 200 fl. etc. etc. zu zahlen, wenig in Kästen und Kellern, in Heilsbronn selbst ein Hospital zu unterhalten, 34–35 Schüler zu versorgen, was gleichfalls ad pias causas gehört, dazu die Kosten für viele Gebäulichkeiten, für tägliche Gastung zu bestreiten etc.“ Der markgräfliche Bescheid lautete abschlägig. Abt und Konvent remonstrirten abermals, erhielten aber wieder eine abschlägige Antwort unter Hinweis auf den jüngsten Reichstagsabschied, welcher derartige Ausgaben ad pias causas vorschreibe. Seien die zunächst verlangten 300 fl. nicht vorhanden, so solle man sie entlehnen. Abt und Konvent mußten sich fügen. Der Markgraf genehmigte, 2000 fl. zu entlehnen, befahl aber zugleich, davon die verlangten 300 fl. zu zahlen. Anstatt der Einkünfte von den zwei besten Bauernhöfen bot der Abt ein jährliches Aversum von 30 Simra Korn an. Der Markgraf erklärte sich damit einverstanden, schickte aber an Abt und Konvent eine festbindende, sorgfältig verklausulirte Verschreibung zur Siegelung und Unterschrift. Die Zusendung erfolgte an Weihnachten 1558; die Verschreibung war aber zurückdatirt auf Laurenzi und [494] lautete: „Wir Abt und Konvent wurden vom Herrn Markgrafen gnädig ersucht, zur Förderung seines Spitals, wozu wir wohl geneigt sind, gelegen vor dem obern Thor und bisher ein Bauernhof gewesen, der Vockenhof genannt, jährlich 30 Sra. Korn zu geben, zuerst Martini 1558. Deß zu Urkund haben wir unser Abtei- und Klostersiegel an diesen Brief gehangen, auch Abt, Prior und Konvent eigenhändig unterschrieben.“ Abt und Konvent zögerten sowohl mit der Siegelung und Unterschrift, als auch mit den Zahlungen für Kirchenvisitation und Spital, so daß am letzten März 1559 vom Markgrafen daran erinnert werden mußte. Zugleich erhielt der Abt den Auftrag, seine Klosterunterthanen bis auf eine Meile Wegs von Onolzbach anzuweisen, beim Bau des Spitals Hand- und Spannfrohnen zu leisten. Die markgräflichen Unterthanen mußten ein Gleiches thun.
Georg Friedrich war friedlich und auch sonst wohl gesinnt. Davon zeugt auch die eben besprochene Errichtung des Spitals und die Anordnung der Kirchenvisitationen. Gleichwohl brachte er durch seinen kostspieligen Haushalt und seine kostspieligen Liebhabereien, wie in den Beitr. S. 184 ff. ausführlich berichtet wurde, viel Elend über sein Fürstenthum, auch über das Klostergebiet, in welchem er bereits unumschränkt schaltete, schwere Lasten auflegte und das bereits vorhandene Elend steigerte. Eine schwere Staatsschuldenlast hatte er von seinen Vätern ererbt; daher die immer wiederkehrenden Landtage zur Beschaffung von Geld. Auf dem Landtage vom 12. Sept. 1560, zu welchem auch unser Abt nach Onolzbach berufen wurde, bewilligte man dem Markgrafen das doppelte Umgeld auf zwölf Jahre, und zwar lediglich zur Tilgung „der altväterlichen Schuld.“ Von jeder Maas Wein mußten zwei alte Pfennige abgegeben werden, von jeder Maas Bier einer. Diese Auflage machte viel böses Blut. In vielen Ortschaften auf dem Klostergebiete waren neben heilsbronnischen Wirthshäusern auch eichstättische, deutschordenische etc., welche dieses doppelte Umgeld nicht zu entrichten hatten, daher ihre Getränke wohlfeiler ausschenken konnten und dadurch alle Nahrung von Reisenden, Hochzeiten etc. an sich zogen. Unser Abt [495] wurde daher von seinen Wirthen stets mit Klagen bestürmt, namentlich von den Wirthen zu Merkendorf, welche vorstellten, daß sich alle Nahrung von ihnen weg nach den wohlfeileren Wirthshäusern in Ornbau, Eschenbach, Muhr und Stadeln gezogen habe. Zu dem doppelten Umgeld kam eine andere markgräfliche Steuer: die Entrichtung von einem halben Gulden von jedem Hundert Gulden Vermögen, was unser Abt seinen Vögten, Pflegern und Schultheißen in Merkendorf, Neuhof, Bonhof, Waizendorf, Nördlingen, Equarhofen und Randersacker eröffnete. Im Hinblick auf die Drangsale durch Landsknechte, Frohndienste und den Wildstand, auf den vorigen strengen Winter und auf die schweren Auflagen spricht der Richter Weikersreuter die Befürchtung aus, es möchten viele Unterthanen die Steuern nicht erschwingen können und entlaufen. Durch die vom Markgrafen anbefohlenen Ausgaben war die Klosterkasse erschöpft, so daß unser Abt nicht immer, wie er wünschte, bei der steigenden Verarmung Hilfe schaffen konnte. Der Markgräfin Emilie, welche ihn um jährliche 10 fl. für eine auswärtige Wittwe ersucht hatte, schrieb er: „daß er ihren Wunsch nicht erfüllen könne, da auf dem Klostergebiete so viele Eingesessene seien, die Unvermögens halben ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen könnten und von ihm versorgt werden müßten, daher er außer Stand sei, Fremden aus dem Einkommen des so sehr belasteten Klosters Unterhalt zu gewähren.“
Es ist soeben bemerkt worden, unter Hinweisung auf die nähere Darlegung in den „Beiträgen“, daß unter und durch Georg Friedrichs Regierung der Nothstand im Lande immer drückender wurde, daß aber der Markgraf auch seine guten Seiten hatte. In manchen Erlassen, unter welche er sein „manu propria“ schrieb, erscheint er kleinlich, unfreundlich und herrisch. Dagegen erhielt unser Abt 14 Tage nach Ostern 1560 von ihm (er war damals 21 Jahre alt) einen Auftrag, aus welchem Wohlwollen spricht. In den Beiträgen S. 84 bis 86 ist berichtet worden, in welcher Weise Georg Friedrich den Sarkophag über dem Grabe seiner Väter, worin auch er dereinst ruhen wollte, renoviren ließ. Neben ihm sollte auch sein vor ihm gestorbener Hofprediger [496] Salinger[2] ruhen. Er schrieb daher an unsern Abt: „Wir geben euch gnädiger Meinung zu erkennen, daß der würdige, unser gewesener Hofprediger, Herr Wolfgang Salinger, selig entschlafen ist. Nachdem wir nun bedacht, ihn gen Heilsbronn führen und daselbst in die Klosterkirche neben unseres Herrn Vaters, weiland Markgraf Georgens Grab begraben zu lassen, so ist unser gnädiges Begehren, ihr wollet Verordnung thun, daß morgen, Sonntags, alsbald ein neu Grab, hart neben unseres Vaters Grab, auf welcher Seite sich das am Besten fügen würde, gemacht werde. Und nachdem morgen ungefährlich um zwei Hora Nachmittags die Leiche ankommen wird, so begehren wir, ihr wollet Bestellung thun, daß dieselbe alsbald unter dem äußern Thor vom Wagen herabgenommen, auf eine Bahr gelegt, fürter mit der ganzen Procession und dem Convent christlicher Ordnung nach in die Klosterkirche getragen und daselbst neben unserem Herrn Vater selig zur Erde bestattet werde. Onolzbach, Sonnabend vor Misericordias Domini 1560.“ Unser Abt vollzog pünktlich diesen Auftrag. Salinger, circa 1530 als Protestant aus seiner Vaterstadt Wels in Österreich vertrieben, wurde vom Markgrafen Georg aufgenommen und starb in Ansbach. Seine Relikten ließen zu seinem Gedächtniß eine noch vorhandene Metalltafel mit folgender Inschrift fertigen:
Πρὸς τὸδὲ τέρμ’ ἠλθον, φεῦξον νυν δὺςκολε φθõνος,
Μήτε σὺ βλάπτε νέκρὸν, οῦ βίος ἐσθλὸς ἀεὶ.
Wolfgango Salingero, pio docto et sincero theologo, qui exul a sua patria Wels ob doctrinam evangelii in his regionibus ad 30. annum pie docuit et continentissime vixit, postremumque suae aetatis decennium in aula marchica summa pietatis studio et salutaribus monitis transegit, sexagenarius V. Cal. Maji anno domini 1560 migrat ad dominum et voluntate generosissimi et illustrissimi principis domini Georgii Friderici marchionis brandenburgensis pii felicis in hoc monasterio honestissime sepultus. Con. et [497] liberi P. E. parenti suo cariss. H. M. F. C. (Hoc Monumentum Fieri Curaverunt).
Das Salinger’sche Grab ist an der Nordseite des Zollerschen Hauptmonuments. Die Metalltafel war noch um 1600 auf dem liegenden Grabstein eingelassen, wurde aber späterhin herausgenommen, erst an der Wand des nördlichen Seitenschiffes, neuerlich aber bei Nr. 111 eingemauert.
Um die Zeit dieses, die Beerdigung Salingers betreffenden Auftrages erhielt unser Abt vom Markgrafen oder von seiner Mutter Emilie auch anderartige Aufträge. Bald werden ihm von der Markgräfin drei Ochsen zur Verpflegung übergeben, welche aber erkranken, so daß der Abt räth, die Pfleglinge schlachten zu lassen. Bald werden gesunde oder kranke Pferde ins Kloster geschickt. Bald werden zwei Köche requirirt und bei Hof so lang behalten, bis der Abt bittet, wenigstens Einen zurückzusenden. Bald verlangt die Markgräfin Lattenfuhren, worauf ihr aber der Abt antwortet, daß er ihrem Herrn Sohne zu seiner Reise drei Menen geliehen habe, welche noch nicht zurückgekehrt seien; auch habe er den geliehenen Kammerwagen noch nicht zurückerhalten. Bald verreisen Mutter und Sohn und übergeben Pferde, Hunde und Jäger dem Abt zur Verpflegung. Im Dezember 1561 lagerten Georg Friedrichs Jäger im Burggrafenhause in üblicher Weise schreiend, fluchend, zechend, sich nicht begnügend mit den vom Markgrafen selbst stipulirten Rationen. Mit sechs Eimern Wein, die sie in sechs Tagen getrunken, nicht zufrieden, forderten sie noch mehr und, als sie nicht mehr erhielten, rissen sie den Ofen in der Jägerstube ein, stießen die Thür zur Wohnung des Gastmeisters ein, okkupirten die Stube der Edelleute und zogen sich erst dann zurück, als unser Abt vor ihnen erschien. Der Markgraf war eben verreist; der Abt bat daher bei den Räthen um Einschreitung und um Schutz, welchen man ihm beim letzten Landtage versprochen habe. Regent und Räthe versprachen umgehend, die Unholde zu bestrafen, wiesen aber zugleich den Abt an, künftighin keinen Jäger ohne schriftlichen Vorweis einzulassen.
In kirchlicher Beziehung wurde während der Regierungszeit [498] unseres Abts Alles im lutherischen Sinne gehalten, namentlich der Gottesdienst in der Katharinenkirche genau nach der brandenburgischen Kirchenordnung. In der Klosterkirche hielten die wenigen noch vorhandenen Konventualen mit den Chorschülern aus der Schopper’schen Schule ihren Separatgottesdienst, im Ganzen gleichfalls im lutherischen Sinne. Gleichwohl hieß es: „Abt und Konvent hätten noch immer eine andere Religion, verschieden von der in der Katharinen- oder Volkskirche verkündigten; auch hielten sie ihre Gesänge für besser und die Klosterkirche überhaupt für heiliger, als die Katharinenkirche.“ Um diesen Gerüchten zu begegnen, ließ unser Abt am 1. Januar 1559 in der Katharinenkirche von der Kanzel verkündigen: „Obige Gerüchte sind grundlos; dergleichen liegt ganz und gar nicht im Sinne des Abts und Konvents. Deß zum Beweis werden Abt und Konventualen künftig mit den Übrigen dem Kloster Verwandten der Predigt und dem Abendmahl in der Katharinenkirche beiwohnen. Unser Wille ist nicht, unsern Unterthanen ein Ärgerniß zu geben, sondern vielmehr, daß Alle zur Predigt und durch dieselbe zur Gottesfurcht, Sündenbekenntniß, Buße, Glaube, Nächstenliebe, zum rechten Gebrauch des Sakraments und zur Seligkeit kommen, wozu wir weder durch unsere Werke, noch durch unser Verdienst, sondern allein durch das Gehör der Predigt und Gottes Wort kommen können. So wollen wir denn gemeinschaftlich in einer einigen christlichen Versammlung Gebet, Fürbitte und Danksagung thun, mit dem neuen Jahr den alten Adam und das sündliche Leben ablegen, damit Gott uns Friede, fruchtbares Wetter und andere Wohlthat und dort die ewige Seligkeit verleihe neben dem neugeborenen Kindlein. Das verleihe der Herr uns Allen. Amen.“ Der Abt und seine vier Konventualen wohnten von nun an den Predigten des lutherischen Predigers Porphyrius in der Katharinenkirche bei und empfingen daselbst gemeinschaftlich mit den übrigen Kommunikanten das heilige Abendmahl.
Es waren damals außer unserem Abt nur noch vier Konventualen vorhanden: Melchior Wunder, Prior, nachmals Abt, [499] † 1578; Lorenz Thomas Weidner, Subprior und Kustos, † 1561; Georg Ernst aus Ochsenfurt, † 1568, und Lienhard Kettner. Von den in Heilsbronn einheimischen Mönchen, welche beim Anfang der Reformation noch im Kloster geblieben waren, lebte keiner mehr, und von den sechs Restauratoren vom J. 1549 lebte im Kloster nur noch unser Abt. Dieser bemühte sich, die geringe Zahl seiner Mönche zu vermehren. Es meldete sich auch hier und da ein Kompetent, welcher Lust hatte, einzutreten, und die markgräfliche Regierung legte nichts in den Weg, da sie einsah, daß die wenigen etwa Eintretenden die Selbstauflösung des Klosters nicht verhindern konnten. Ein Petent wurde sogar vom markgräflichen Kanzler Tettelbach selbst dem Abt empfohlen.
In gleichem Sinne bat der Dechant Mich. Müller zu Herrieden, seinen Sohn als Konventualen aufzunehmen, indem er an unsern Abt schrieb: „Ich hatte immer große Lust zu Heilsbronn, zu den Äbten Sebaldus (Bamberger), Schopper, Hamaxurgus (Wagner) und Deocharus (Theophilus Dürner). Hätte Gott mir nicht gnädiglich auf das Stift (Herrieden) als mein Patriam geholfen, so wäre ich selbst in den Orden getreten. Eben diese Lust, als Konventual in euer Kloster zu treten, hat mein Sohn. Was hat dieser dann in das Kloster mitzubringen und sonst vorzubereiten? Daß er nicht legitime natus ist, ist ihm kein Fehl, da ich ihm eine Dispensation auf dem Reichstag zu Augsburg vom Kardinal a latere zuwege gebracht habe, so daß er Macht hat, beneficia curata et noncurata anzunehmen, und ist acolitus. Der Religion halben soll er kein Mangel haben. Er wird sich ganz willig und gehorsam erzeigen.“ Unser Abt antwortete: „Als ich neulich den Sohn des Bürgermeisters Mich. Oeder von Weißenburg als Konventualen aufnahm, wurde mir es von Mißgönnern übel ausgelegt, da doch der Religion halben kein Bedenken vorhanden war. Wie würden sie mir es erst auslegen, wenn ich euren Sohn aufnehmen würde, wegen der Religion und noch mehr wegen seiner unehelichen Geburt, was allerdings gegen unsern Orden ist. Dieweil er aber bereits acolitus ist, so kann er in anderem Wege wohl unterkommen, [500] weil allenthalben viel vakante beneficia sind. Also ist seine Aufnahme nicht rathsam.“
Dagegen nahm unser Abt im J. 1560 den ebengedachten Bürgermeisterssohn Georg Oeder[3] von Weißenburg als Konventualen auf. Oeder lebte 14 Jahre lang als Mönch in Heilsbronn und starb daselbst im J. 1574. Es überlebte ihn nur ein einziger Konventual, Melchior Wunder, den wir als letzten Klosterabt näher kennen lernen werden. Oeder gerieth im Jahre vor seinem Tode in Streit mit seinem Bruder und seiner Schwägerin in Weißenburg wegen der Verlassenschaft seiner Eltern. Nach Beilegung des Streites durch Vergleich erhielt Oeder 22 fl. Vermuthlich bestimmte er, daß diese Summe zu einem Gedächtnißbilde verwendet werden sollte. Das bei Nr. 117 noch vorhandene Bild stellt den Apostel Paulus auf dem Wege nach Damaskus dar. Saulus, von dem sich bäumenden Pferde abgeworfen, liegt rücklings auf der Erde, das Gesicht nach Oben gekehrt zum Herrn, der aus der Wolke ruft. Der Hintergrund zeigt den Erblindeten, von seinen Begleitern nach Damaskus geführt. Vermuthlich ist das Bild von Lukas Gruenberg, welcher, wie oben bemerkt, mit seinen Gesellen Jahre lang in und für Heilsbronn gearbeitet hat. Die Schrift unter dem Bilde lautet: Georgius Oeder, hujus coenobii conventualis per 14 annos, 5 menses, 2 dies, qui ipse vitae suae innocentiam hoc dicto Psalm. 25. testatus est: Simplicitas et rectitudo custodient me, quia exspectavi te. Seinen Tod verzeichnet der Prediger Porphyrius im Sterbregister wie folgt: „Der ehrwürdig Herr Georg Oeder von Weißenburg, ein Konventsherr des Klosters Hailsbronn, so in die 14 Jahr im Kloster gewesen, stirbt im schönen Häuslein auf dem Kirchhof (jetzt Hs.-Nr. 26) am Sonntag Reminiscere 1574 den 7. Merz um 9 Uhr Vormittag, und ist der (vor-) letzte aus den Konventsherren des Klosters gewesen.“ Oeder war der letzte in Heilsbronn aufgenommene Mönch.
[501]
damals 40 Zöglinge zählend, war überfüllt, so daß unser Abt mehrere Aufnahmsgesuche nicht berücksichtigen, auch vom Markgrafen empfohlene Schüler nicht aufnehmen konnte.
Pfarrerledigungen ergaben sich während der kurzen Regierungszeit des Abts in Ammerndorf und Linden und in Folge dessen viele Verhandlungen, wie unten im VI. Abschnitt berichtet werden wird.
Zeuge der Jahrbücher hatte unser Abt, wie sein Vorgänger, mit dem Richter auf dem ganzen Klostergebiete unablässig zu richten und zu schlichten, da sich im religiös-sittlichen Volksleben nirgends ein Fortschritt zum Besseren zeigte, trotz allen wohlgemeinten Bestrebungen, den Lastern und der Rohheit zu steuern, besonders durch die Kirchenvisitationen. Diese waren, wie oben berichtet wurde, zwar längst eingeführt, aber noch immer erfolglos. Die Visitationsmandate wurden daher erneuert und verschärft, besonders zur Zeit unseres Abts. Über seine Betheiligung an der Sache und die Kirchenvisitationen auf dem Klostergebiete überhaupt wird nachher beim letzten Klosterabt Mittheilung gemacht werden.
In den bisher aus den Jahrbüchern dieser Periode mitgetheilten Verhandlungen erscheint unser Abt wohlgesinnt; eben so sein Richter Weikersreuter. Beide theilten jedoch in Absicht auf Zauberei, Hexerei und Druterei den herrschenden Volksaberglauben. Kriminaljustiz übte das Kloster nicht gerne; es überließ gewöhnlich die Verhandlungen bei Kriminalverbrechen, insonderheit den Vollzug der Todesstrafe, benachbarten Gerichten und beschränkte sich auf Anzeige und Voruntersuchung. Nur ausnahmsweise und nothgedrungen übte es Kriminaljustiz, wie oben beim 25. Abt Bamberger berichtet wurde. Zu den Kriminalfällen zählten auch Zauberei, Hexerei und Druterei. Wie der Abt und sein Richter hierüber dachten, erhellt aus folgenden Verhandlungen: Weikersreuter berichtete an das markgräfliche „Fraischamt“ Windsbach: „Vorigen Herbst wurden zu Weißenbronn der Frau des Schmieds Prechtel, die, wie auch ihr Mann und [502] ihre Tochter öffentlich bezichtigt und beschrait werden, daß sie mit Zauberei umgehen, zehn Krautsköpfe auf dem Felde zerschnitten. Da sagte die Frau: „Der das gethan hat, soll nicht mehr viel Kraut essen.“ Bald darauf warf sie bei einer Beerdigung etwas in das Grab, ohne Zweifel, um die Person, die das Kraut zerschnitten hat, zu bezaubern. Späterhin ging sie in das Haus des Hans Link, wo ein Knabe krank lag, worauf der Knabe starb. Gegenwärtig liegt der Bruder dieses Knaben in Todesnöthen und man fürchtet, daß auch dieser nicht davon kommen wird, weil er es ist, der das Kraut zerschnitten hat. Damit nun solches Übel Andern zum Abscheu nach Gebühr bestraft werde, erstatten wir diese Anzeige, da die Sache als ein Malefizhandel nicht vor das Klostergericht, sondern in das Fraischamt gehört.“ Vogt Lienhard Schmid, Wolf Fairlin des Raths und Bastian Ronhöfer, Beide Amtsverweser zu Windsbach, ließen die angeschuldigte Frau nebst Mann und Tochter verhaften, verhörten sie einzeln auf Bedrohen des Nachrichters und sendeten, da kein Geständniß erfolgte, die Akten an das Hofgericht. Dieses verlangte weitern Bericht über den Wandel der Angeschuldigten, worauf Weikersreuter berichtete: „Ich habe etliche Weißenbronner vernommen, insonderheit den Vater jener zwei Knaben, Hans Link, welcher angab: „Am 10. März sind meine sonst immer gesunden zwei Knaben erkrankt. Da hab ich den Pfarrer gerufen, um sie mit Gottes Wort zu trösten; aber weder der Pfarrer, noch sonst Jemand hat von ihnen eine Rede bekommen können. Da kam am 13. früh die Schmiedin, fuhr mit der Hand zweimal über den Kopf des kranken Knaben, welcher sich darüber entsetzte und dreimal sagte: Behüt, Herr Jesu! Drei Stunden nach diesen seinen letzten Worten starb er. Darauf haben mich meine Nachbarn gewarnt, wohl zuzusehen, mit wem ich umginge; denn es sei zu besorgen, daß mein kranker Sohn das Kraut zerschnitten habe. Darauf ging ich zur Schmiedin und sagte ihr: „Warum habt ihr mir nicht gesagt, daß mein kranker Sohn es gethan hat, so wollt ich euch das Kraut bezahlt haben. Hat er es gethan, so bitte ich euch, ihm von seiner Krankheit zu helfen, etwa [503] dadurch, daß man des Kellerfrizen Grab wieder öffnet und heraus nimmt, was ihr hineingeworfen habt.“ Darauf sie gesagt: „Behüt mich Gott, ich hab euch nichts gethan, will euch auch nichts thun; aber was ihr mich beschuldigt, wird euch sauer werden.“ Ähnlich wie Link sagten auch die übrigen Vernommenen aus: „Die Schmiedin sei schon länger in Verdacht. So hätten sie z. B. einen Hirten gehabt, der angab: wenn die Schmiedin unter seine Herde gekommen sei, so habe das Vieh getobt und gerast; sie habe auch von jeder Kuh gewußt, ob sie schwer oder leicht zu melken sei. Sie sei bekannt als Drut; Alles fürchte sich vor den Schmiedsleuten.“ Das Hofgericht ersah aus diesen Vernehmungen, daß Abt und Richter die Sache nicht richtig angeschaut und nicht recht behandelt hatten. Es befahl, die Angeschuldigten frei zu lassen, nicht weiter zu verfahren und die Entlassenen zu beschwichtigen. Denn der entlassene Schmied verklagte den Hans Link, der ihn in’s Gefängniß und in Schaden gebracht und bei den Leuten zu einem Spott gemacht habe. Dafür verlangte er 100 fl. Entschädigung. Abt und Richter traten nun unter Assistenz von beiderseits erwählten vier Biederleuten vermittelnd ein und brachten einen Vergleich zu Stande, durch welchen bestimmt wurde: „Beide Theile werden wieder gute Freunde und verzeihen einander. Link zahlt an Prechtel 25 fl. Die Gerichtskosten zahlen Beide zu gleichen Theilen. Wer dem zuwider handelt, zahlt 25 fl. Strafe an den Abt.“ Von der Verhaftung an bis zu diesem Übereinkommen waren neun Monate verflossen.
Neun Monate darauf starb der Abt. Sein Subprior und Kustos Weidner aus Würzburg war acht Wochen vor ihm gestorben, so daß nur noch vier Mönche: Wunder, Ernst, Kettner und Oeder den Konvent bildeten. Prior Wunder und Richter Weikersreuter zeigten den Tod des Abts in Onolzbach an. Der Markgraf war eben abwesend. Noch am Todestage kam nach Heilsbronn der Licentiat Kasp. Etzel, beauftragt von den Räthen, des Klosters Angelegenheiten zu verrichten und dessen Güter zu bewahren, bis auf weitern markgräflichen Bescheid. Diesem weitern Bescheid zufolge kam Heinrich von Mußlohe, Amtmann zu [504] Schwabach, nach Heilsbronn, um alles Vorhandene zu inventarisiren, alle Dokumente, Saalbücher etc. etc. an einen sichern Ort zu bringen und diesen zu versiegeln. Einem abermaligen Bescheid zufolge kamen zum Amtmann von Mußlohe vier weitere Kommissäre: Gottfried Lochinger, Ernst von Krailsheim, Peter Proll, Rentmeister, und Georg Hödel, Amtmann zu Forndorf, um die Rechnungen der Vögte, Pfleger und Förster zu prüfen und den Haushalt im Kloster selbst und in den Vogteien zu ordnen. Von einer Abtswahl war vorerst keine Rede. Es folgte eine fast einjährige Vakanz, während welcher der Rentmeister Proll nebst dem Prior und dem Richter die Angelegenheiten des Klosters besorgten, wie nachher berichtet werden wird.
Im Vorgefühl seines nahen Todes ließ unser Abt für eine akkordmäßig festgestellte Summe sein „Epitaphium“ fertigen und verfaßte dazu folgende, augenfällig nach seinem Tode vervollständigte Inschrift: Vivus monumentum hoc fidei meae posui, qua credo me consepultum cum Christo in baptismo, ruisum ab eo in die censorio resuscitatum iri. Georgius Artopoeus dictus has inclytas aedes rexi tres annos abbas. Condimenta vitae meae fuerunt labor et luctus. Tuus certe, o homo, ultimus dies abesse non potest. Vivere igitur volens, obsecro, ne facias morte digna. Qualis enim exieris de hac vita, talis futurae vitae redderis. Obiit anno Christi 1561 die 26 augusti. Die Worte standen auf einer aufgehängten Tafel. Unten auf dem Stein auf einer Messingtafel standen die Worte:
Mole sub hac somnum post fata Georgius abbas
Publica quo cecidit res moriente capit.
Mitis erat, cultor pietatis et arbiter aequi
Pieridumque dabat larga alimenta choro.
Has ubi sed rexit trieterida sedulus aedes,
Astra avide repetit mens pia, corpus humum.
Der Verfertiger des „Epitaphiums“, der Maler und Bildhauer Lukas Gruenberg, vollendete seine Arbeit erst drei Monate nach des Abts Tod. Daß er seinen Lohn dafür erst nach [505] längerem Feilschen mit Onolzbach erhielt, ist beim 30. Abt Wirsing berichtet worden.
Der Abt wurde im Querschiff der Klosterkirche vor der Heideckerkapelle begraben. Nach seinem eigenen eben mitgetheilten Zeugniß ist „Arbeit und Kummer“ sein Theil gewesen. Er sah in naher Zukunft das Kloster aussterben und das Klostergebiet dem Markgrafen zufallen. Erfolglos war sein Bestreben, die Zahl seiner Klösterlinge zu vermehren. Er sah, wie die materielle Noth beim Volke zunahm, wie das religiös-sittliche Volksleben auf dem ganzen Klostergebiete nicht besser wurde, trotz der allgemeinen Einführung des protestantischen Bekenntnisses, dem er selbst zugethan war, trotz aller wohlgemeinten Mandate und trotz der unter ihm und durch ihn mit noch größerem Eifer als sonst vollzogenen Kirchenvisitationen. Der mitgetheilte Nachruf auf seinem Grabstein charakterisirt ihn als „sanft, fromm und gerecht.“ Er hatte aber auch seine Mißgönner, die das Gerücht verbreiteten: „er habe als ehemaliger Konventual und Weinschließer in Lankheim den Wein verbuhlet, so daß man dort froh gewesen sei, seiner los zu werden.“ Er schrieb daher nach Lankheim an den Abt Friedrich, mit dem er fortwährend freundlich verkehrte, und erbat sich von demselben und dem ganzen Konvent ein rückhaltloses Zeugniß über sein dortiges Verhalten, um sich dessen bei etwaiger Gelegenheit bedienen zu können. Sein Amtsnachfolger in Heilsbronn, der Abt Wunder, sagt über ihn: „Hat ohne unser Wissen Haus gehalten und 2500 fl. Schulden gemacht.“ Dagegen heißt es in dem um 1600 kopirten Abtsverzeichniß: „Abt Georgius Artopäus regierte das Kloster nützlich drei Jahre.“
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