Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Schmutzer, G.
Band: 30 (1875), ab Seite: 344. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Jacob Matthias Schmutzer in der Wikipedia
Jacob Matthias Schmutzer in Wikidata
GND-Eintrag: 133855376, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Schmutzer, Jacob|30|344|}}

Schmutzer, Jacob (Kupferstecher, geb. zu Wien 5. April 1733, gest. ebenda 2. December 1811). Erscheint auch öfter ohne t. u. z. selbst auf den von ihm gestochenen Blättern, Schmuzer, geschrieben [345] und mit einem zweiten Taufnamen, Matthäus, n. A. Mathias. Gehört einer bekannten und geschickten Künstlerfamilie an; die nach Einigen als aus Tirol stammend bezeichnet wird, während Jacob S. selbst sich und seine Vorfahren als aus Ungarn kommend angibt, und in der That gibt es noch heute Schmutzer in Ungarn [s. d. Quellen S. 352, Nr. 2]. Jacob ist ein Sohn des Andreas [s. d. S. 343] der selbst ein sehr geschickter Kupferstecher war; seinen Vater verlor Jacob, als er noch ein Knabe von sieben Jahren war. Nach dem Tode seiner Eltern sollte er nichts Geringeres als Viehhüter werden. Wenzel Fürst Liechtenstein aber nahm sich der Witwe an und versetzte sie in die Lage, für die erste Erziehung des Knaben zu sorgen. Der Stempelschneider Matthäus Donner [Bd. III, S. 369] ein Freund des Vaters, sorgte für die Ausbildung des Sohnes und verschaffte ihm Gelegenheit, die unter van Schuppen’s Leitung stehende Akademie zu besuchen; daselbst übte er sich nicht nur sehr fleißig im Figurenzeichnen, sondern erhielt auch gründlichen Unterricht in der Geometrie, Civilbaukunst und im Bossiren. Als Donner die Fortschritte seines Schützlings gewahrte, wollte er ihn zunächst in seiner eigenen Kunst, im Stempelschneiden, ausbilden; aber so sehr sich S. die Mühe gab, seinem Lehrer gefällig zu sein, so wenig entsprechend waren seine Fortschritte darin; es war nun einmal die Kunstrichtung nicht, in welcher S.’s Talent etwas leisten sollte. Die kleinen Formen, der überaus mühevolle und langwierige Mechanismus sagten S.’s lebhaftem Temperamente nicht zu, während er in der Zeichnung großer Figuren, kühner, schwungvoller Formen immer Treffliches leistete. So wurde denn das Stempelschneiden aufgegeben, hingegen der Zeichenunterricht in der Akademie fleißig fortgesetzt, während er unter Professor Mülldorfer, einem mittelmäßigen, an der Akademie angestellten Maler, die ersten Versuche im Figurenmalen machte. Aber so anstellig er sich im Malen zeigte, so wenig materiellen Erfolg erzielte er damit, und um den nothwendigsten Lebensunterhalt zu gewinnen, mußte er den größten Theil seiner Zeit mit anderen Arbeiten zubringen. S. begab sich nun nach Preßburg, wo er mit Zeichnungsstunden, mit geometrischen Arbeiten und mitunter mit Malen sich nothdürftig forthalf. Aus dieser Zeit stammen einige von S. gemalte Altarblätter, darunter ein „Christus am Kreuze“ und eine „H. Margaretha“, ersteres in der Preßburger Spitalkirche, letzteres in der Blumenthaler Capelle aufgestellt, welche beide ungeachtet des ziemlich rohen Colorits immerhin ein Talent bekunden, das, wenn es in dieser Richtung sich fortgebildet hätte, darin gewiß Bedeutendes geleistet haben würde. In Preßburg hatte S. an dem Domherrn von Kempelen einen Gönner gefunden, der die Absicht hatte, auf die Reise nach Rom, welche er in einiger Zeit antreten wollte, den jungen und hoffnungsvollen S. mitzunehmen. Aber Kempelen’s Tod vereitelte die Ausführung dieses Planes und so wurde denn S. statt eines geschickten Malers ein ausgezeichneter Kupferstecher, welcher Zweig der Kunst vor ihm in Oesterreich nichts weniger als würdig, ja kaum vertreten war. In Preßburg wurde S. auch mit dem Kupferstecher Zoller bekannt, bei welchem blos mechanischen Arbeiter S. die Technik des Radirens und einige Handgriffe im Grabstichel erlernte. Das gab ihm Brot, er stach für Klöster verschiedene [346] Heiligenbilder, dann für seinen Meister Zoller mehrere Landkarten und einige Blätter für Bel’s ungarische Topographie. Aber das war keine Beschäftigung für den künstlerischen Genius S.’s. Von dieser Arbeit erlöste ihn der Antrag eines Wiener Malers, Namens Tizian, der als Lehrer des freien Handzeichnens an der Emanuel Savoyen’schen Stiftung in Wien angestellt, S. einlud, ihm bei der Anfertigung der Musterzeichnungen für seine Zöglinge zu helfen, den S. auch annahm. Noch ein Versuch, sich der Malerkunst zu widmen, scheiterte und da er Gönner fand, die ihn zu fördern versprachen, wenn er sich der Kupferstechkunst zuwende, entschied er sich nunmehr für diese und widmete sich ihr fortan ausschließlich. In der ersten Zeit waren es meist nur Gelegenheitsstücke, die er ausführte, aber sie gaben ihm doch Brot und die Sorgfalt in der Ausführung machte auf ihn aufmerksam. Durch die Heirath mit einem Edelfräulein aus Tirol, das einiges Vermögen und genug Liebe zur Kunst besaß, um dasselbe den künstlerischen Zwecken ihres Gatten hinzugeben, insbesondere aber durch die Bekanntschaft mit dem kais. General Baron Kettler, einem begeisterten Kunstfreunde, der ihm seine Wohnung anbot und ihn auch sonst noch freigebig unterstützte, besserten sich sichtlich S.’s Verhältnisse und ermöglichten es ihm, ein Uebriges für seine fernere künstlerische Ausbildung zu thun. Kettler aber, dem S.’s künstlerische Richtung am Herzen lag. gestattete ihm nicht mehr, Nadel und Aetzwasser zu gebrauchen, sondern zwang ihn, ausschließlich mit dem Grabstichel zu arbeiten, wodurch S. in dieser nichts weniger als handlichen Art zu arbeiten, bald ungewöhnliche Fertigkeit, eine wunderbare Leichtigkeit, verbunden mit Festigkeit, erlangte. Etliche Bildnisse, eines des Fürsten Kaunitz nach Tocqué, der Frau von Badein, ein Sebastian nach Pietro di Cortona, ein h. Johannes nach Palko stammen aus dieser Zeit. S. selbst stand damals im Anfange der Zwanziger-Jahre. Aber wie gelungen im Ganzen diese Arbeiten auch waren, er konnte, wenn er sie Blättern französischer Künstler jener Tage entgegenhielt, sich es doch nicht verhehlen, daß er weit hinter denselben zurückstand. Und als er dieß eines Tages seinem Gönner, dem General Kettler, offen gestand, verwendete sich dieser für seinen Schützling bei dem Fürsten Kaunitz, der, von dem Talente Schmutzer’s überzeugt, beschloß, der Kaiserin den Vorschlag zu machen, daß S. auf Staatskosten nach Paris geschickt werde, um dort unter Leitung des berühmten Wille sich ganz auszubilden. Die Kaiserin nahm nicht nur diesen Vorschlag an, sondern beschloß auch, während des Künstlers Abwesenheit für seine Familie zu sorgen. So reiste denn S. im Jahre 1762 nach Paris zu Wille. Dieser, ein Verehrer der deutschen Kunst, für deren Kenntniß er unter den Franzosen ungemein thätig war, kannte S. bereits aus einigen Arbeiten, theils Zeichnungen, theils Stichen, und nahm den ihm empfohlenen Schüler auf das Wohlwollendste auf. Ohne mit seiner Methode; wie große Künstler ihren Schülern gegenüber oft zu thun pflegen, zurückzuhalten, weihte er ihn in alle Vortheile in Behandlung des Grabeisens ein, überwachte seine Uebungen im Zeichnen nach der Natur, machte ihn auf Alles aufmerksam, wodurch im Kupferstiche das Charakteristische scharf und klar zu Tage komme, kurz, wendete ihm alle Sorgfalt und Theilnahme zu, welche bei seinem Schüler [347] auch nicht nutzlos angewendet waren, indem derselbe die Lehren seines Meisters sorgfältig in Anwendung brachte. In Paris besuchte S. außerdem auch die von Wille für junge, in Paris studirende deutsche Zeichnungsschüler errichtete besondere Kunstschule, in welcher auf mannigfache Art unter seiner unmittelbaren Leitung nach der Natur gezeichnet wurde, wie er denn auch mit seinen Zöglingen nicht selten Ausflüge in die Umgebungen von Paris machte und sie sich im Landschaftzeichnen üben ließ. Schmutzer entwickelte solchen Eifer, solche Thätigkeit, daß er bald als Wille’s bester Schüler galt und ihm der Meister selbst die Leitung der erwähnten Zeichnungsschule übergab. Dabei aber ließ S. den eigentlichen Zweck seines Pariser Aufenthaltes, das Kupferstechen, nicht aus dem Auge und vollendete mehrere ganz vortreffliche Blätter, welche nicht wenig zum Ruhme des Künstlers beitrugen und von denen ein Bildniß des Fürsten Kaunitz, le gouter flamand nach Terburg, die Savoyardin mit ihrem Knaben nach Greuze und das Bildniß des Malers Dieterici, nach einem Bilde, welches dieser für seinen Freund Wille selbst gemalt, insbesondere erwähnt seien. Bei Gelegenheit einer Preisvertheilung, welche in der königlichen Akademie stattfand, wurde S. für eine seiner Arbeiten der erste Preis zuerkannt. Vier Jahre währte S.’s Aufenthalt in Paris unter Wille’s Leitung, 1766 kehrte er nach Wien zurück, wo er zum Hofkupferstecher ernannt und seine einstweilige Besoldung bestimmt wurde. Als dann über Antrag des k. k. Commerz-Collegiums beschlossen ward, die Kupferstechkunst in allen ihren Zweigen zu fördern und gemeinnützig zu machen, erhielt S. den Auftrag, einen Plan auszuarbeiten, in welcher Weise zur Erreichung dieses Zweckes vorzugehen sei. Dieser Plan S.’s wurde von der Kaiserin genehmigt, in Folge dessen die Errichtung einer Schule beschlossen, in welcher neben der Kupferstechkunst alle Arten des Zeichnens gelehrt werden sollten und worin Jeder und selbst Derjenige Aufnahme fand, der nur das Zeichnen als Hilfsmittel zur Vervollkommnung mechanischer Arbeiten erlernen wollte. Die Eröffnung dieser Kunstschule, welche damals noch in keiner Verbindung mit der Maler- und Bildhauerschule stand, erfolgte am 1. Juni 1766. Als es sich in zwei Jahren zeigte, daß die Hoffnung, die man an die Errichtung dieser Kunstanstalt geknüpft, in Erfüllung gegangen, wurde die Schule im Jahre 1768 mit Diplom zu einer freien, selbstständigen Akademie erhoben, Schmutzer zu ihrem Director, Weirotter zum Professor an derselben ernannt und dieselbe unter das Protectorat des Fürsten Kaunitz gestellt; außerdem bestimmte die Kaiserin jährliche Prämien für die besten Zeichnungen in Figuren, Köpfen, Gewandung und Landschaft, setzte durch ein besonderes Reglement für Jedermann den freien Besuch und Unterricht in der Akademie fest, welche Bestimmungen wesentlich zum Besuche der Akademie beitrugen. Während seines Aufenthaltes in Paris hatte Schmutzer, durch den kaiserlichen Gesandten Fürsten Starhemberg aufmerksam gemacht, die für Professionisten und Handwerker errichtete Zeichenschule des Directors Bachelier besucht und sich mit der Einrichtung derselben genau bekannt gemacht. Als um die Zeit seiner Rückkehr nach Wien eben die Reform der Normalschulen durch Abt Felbiger im Werke war, hatte man in die 4. Classe auch den Zeichnungsunterricht aufgenommen, und [348] da man mit einer entsprechenden Methode dafür nicht vertraut war, wurde Schmutzer zu Rathe gezogen und beauftragt, seine Ansichten darüber auszusprechen. In der That unterzog S. die Angelegenheit seiner sorgfältigsten Prüfung und arbeitete sein Gutachten aus. Sein Vortrag wurde der Kaiserin vorgelegt und von derselben nicht nur genehmigt, sondern er selbst im Februar 1771 zum Oberdirector sämmtlicher k. k. Normal-Zeichnungsschulen in den deutschen und ungarischen Erblanden ernannt. Energisch griff S. in den Wirkungskreis dieses neuen Dienstes ein. Eigenhändig fertigte er eine große Menge von Musterzeichnungen aller Art an, theils nach den Vorbildern, wie er sie in Bachelier’s Schule gesehen, theils nach eigener Erfindung und theilte sie auf zweckmäßige Art für die verschiedenen Unterrichtsstufen ab. Dann gab er einer Menge von Professoren und untergeordneten Lehrern, welche in den neu errichteten Schulen angestellt waren, theoretischen und praktischen Unterricht, eine Aufgabe, der er sich, so ermüdend, ja geradezu erschöpfend sie für eine Künstlernatur wie die Schmutzer’s war, mit fast heldenmäßiger Opferwilligkeit unterzog. Die Früchte blieben aber auch nicht aus. Die Geschmacklosigkeit, die in Fabrikaten für den gewöhnlichen Hausgebrauch, wie für Luxus in den uncultivirien Ländern Oesterreichs bis dahin geherrscht, der das an Schönes gewöhnte Auge unangenehm berührende Mangel von Symmetrien und Zierlichkeit, der sich allüberall kundgab, wich in wenigen Jahren bereits allmällig zierlicheren Formen, gefälliger Gestaltung; die Gold-, Silber- und Schmuckarbeiter, alle Künstler und Handwerker, welche mit der inneren Ausschmückung eines Hauses, mit der Herstellung des mannigfaltigen Hausgeräthes beschäftigt sind, zeigten bald in ihren Leistungen den wohlthätigen Einfluß der Schmutzer’schen Zeichenvorlagen, nach denen sie in den Normalschulen Unterricht erhielten. Nachdem diese neue Einrichtung sich so befestigt hatte, daß eine besondere Oberleitung für dieselbe entbehrlich schien, legte S. sein Amt nieder, indem er zwar den Charakter eines Oberdirectors beibehielt, aber auf die bisher bezogene Besoldung verzichtete. Indessen waren durch das Ableben des Directors Meytens [Bd. XVIII, S. 193) und einiger Professoren an der alten Kunstakademie mehrfache Veränderungen vorgegangen. Die hauptsächlichste fand im Jahre 1772 Statt, als auf Allerhöchsten Befehl die bisher unter Schmutzer’s Direction bestandene Kupferstecher- und Zeichnung-Akademie mit der alten Maler-, Bildhauer- und Architekten-Akademie vereinigt, jedem Kunstfache zwar ein Director vorgesetzt, aber doch aus dem Ganzen Ein akademischer Körper gebildet wurde. Derselbe erhielt nun den Namen einer vereinigten Akademie der bildenden Künste und die Directoren der einzelnen Abtheilungen hatten den Zeichnungsunterricht wechselweise zu übernehmen. Bis dahin hatte S. wenig Zeit gefunden, sein Talent als Kupferstecher in entsprechender Weise in Ausübung und zur Geltung zu bringen. Als Director der eben in’s Leben gerufenen Kupferstecher- und Zeichnungs-Akademie, und bald darauf als solcher sämmtlicher Normal-Zeichnungsschulen der Monarchie war seine Thätigkeit so sehr in Anspruch genommen, daß er, mit Ausnahme einiger Bildnisse, deren Vollendung eben keinen Aufschub gestattete, weder Muße noch Sammlung fand, sich an ein größeres historisches Werk zu wagen. Um zu [349] diesem Zwecke zu gelangen, bat er um Erlassung der wechselsweisen Mitdirection des Zeichnens bei der Akademie und behielt blos das Directorat über die Kupferstecherschule, und nun widmete er sich ausschließlich seiner Kunst und förderte mehrere Werke zu Tage, die seinem Namen in der Geschichte der Kupferstecherkunst eine bleibende und hervorragende Stelle sichern. [Die Uebersicht derselben folgt auf S. 350.] Mit ihm beginnt eigentlich die Geschichte der Kupferstecherkunst in Oesterreich, denn, was vor ihm in dieser Richtung geschah und vorhanden ist, ist nicht der Rede werth, mit ihm zugleich aber erreicht sie ihren Höhepunct, denn wohl arbeiteten nach ihm noch Künstler, wie Adam, Kohl, John u. A., aber Blätter, wie Schmutzer’s Rubens-Blätter, stach kein Zweiter mehr. Erst in neuester Zeit hebt sich diese durch die Erfindung der Photographie und Albertotypie ganz in den Hintergrund gedrängte Kunst unter den Auspicien des kunstsinnigen Franz Grafen Crenneville wieder und leistet höchst beachtenswerthe Werke. Schmutzer stach nicht allein eine Reihe glänzender Kunstblätter, er bildete auch mehrere ausgezeichnete Schüler, die, wenn sie auch den Meister nicht erreichten, doch demselben immerhin Ehre machten, es seien beispielsweise genannt: Jacob Adam, Christoph Wilhelm Bock, Friedr. Aug. Brand [Bd. II, S. 111], Joseph Eißner [Bd. IV, S. 19], Joh. Georg Janota [Bd. X, S. 83], Johann Veit Kauperz [Bd. XI, S. 86], Kininger [Bd. XI, S. 271), und nicht, wie er bei Müller-Klunzinger heißt: Kissinger, Clemens Kohl [Bd. XII, S. 288], Quirin Mark [Bd. XVI, S. 452], F. C. Zoller. Liebenswürdig in seinem ganzen Wesen, zum Lehren geboren, behandelte er seine Schüler, die auch mit Verehrung an ihm hingen, mit väterlicher Vorsorge, und was Wille für Paris, war Schmutzer für Wien. Einer seiner Biographen nennt ihn ein „schönes Muster der Menschenliebe, Freigebigkeit und Aufrichtigkeit“. Er blieb bis in sein hohes Alter künstlerisch thätig und arbeitete auch dann noch, als er das Unglück hatte, durch eine Entzündungskrankheit ein Auge zu verlieren. Mit nur einem Auge, als Greis stach er die zwei herrlichen Thierstücke nach Rudhart und Snyders, welche in der Uebersicht aufgezählt sind. Die Kunstgeschichten erwähnen rühmend des Meisters. Franz Kugler in seinem „Handbuche der Kunstgeschichte“ weiß freilich von Schmutzer nicht mehr zu sagen: als daß Wille’s zweiter Schüler Schmutzer (der erste war Joh. Gotthard von Müller) Wille’s einseitige Manier zur Uebertreibung führte; hingegen geht Giuseppe Longhi in seinem Werke: „La Calcographia propiamente detta“, deutsch von Karl Barth (Hildburghausen 1837), genauer auf den Künstler ein und schreibt über ihn: „Schmutzer, Bewunderer des schönen Stiches Wille’s, stand seinem Meister ganz nahe, wo er ihn nicht gänzlich einholte, und wendete alle Sorgfalt an, diese Stichart geltend zu machen. Die zwei von ihm nach Rubens gestochenen Blätter: „Mutius Scävola vor Porsenna“ und „St. Ambrosius, dem Theodosius den Eintritt in die Kirche verweigernd“, sind mit Recht die von Kennern geschätztesten seiner Arbeiten. Auch die „Geburt der Venus“ ist geschätzt; aber in dieser sind einige Parthien besser, als andere weniger gute, alle aber zeigen deutlich seine außerordentliche Sicherheit im Gebrauche des Stichels. Die Formen sind sehr gut verstanden, [350] und das Helldunkel ist kräftig gehalten und er beobachtete die Manier des Malers. Dennoch würde der junge Kupferstecher sich für sein gutes Fortkommen übel vorsehen, wenn er ausschließlich diese Stichart studiren wollte; denn, wenn er auch durch natürliche Anlage und emsige Uebung dahin gelangte, es ebenso zu machen, so würde seine Arbeit doch überall zu glänzend und zu schwer herauskommen. Für Uebertragungen der Gemälde des Rubens schickt sich zwar die von Schmutzer angewendete Methode ziemlich, aber sie würde für classisch-italienische Gemälde unerträglich erscheinen. Doch kann es solchen jungen Stechern, die von Natur kalt und schwerfällig, sich fürchten, eine kühne Bewegung zu wagen, immer von Nutzen sein, wenn sie diejenigen seiner Werke zu Rathe ziehen, wo es ihm gut gelang, aber ihn nicht ausschließend zum Muster nehmen, weil sie leicht über den vielen Schönheiten, im Stiche und Malerischen, die er in vielen seiner Arbeiten zeigt und ihm eine wohlverdiente Stelle unter den vorzüglichsten Stechern anweisen, in seinen stehenden Fehler verfallen könnten. Er bildete sich einen von dem seines Meisters und seiner vielen Mitschüler ganz verschiedenen Styl, der, wenn man etwa Golzius und Vischer ausnimmt, lebhafter und feuriger ist, als der aller anderen Grabstichelmeister“. An Anerkennung, wie man sie eben zu seiner Zeit gab, die damit noch haushielt, fehlte es dem Meister nicht. S. war Mitglied der Kunstakademien von Berlin, Dresden, Kopenhagen und St. Petersburg.

I. Uebersicht der vorzüglichsten, von Jacob Schmutzer gestochenen Blätter. A. Blätter nach Rubens. „Der ungläubige Thomas“ (Fol.), für das Musée français gestochen. – „Der heilige Ambrosius verweigert zu Mailand dem Kaiser Theodosius den Eintritt in die Kirche“, nach dem in der Wiener Belvedere-Gallerie befindlichen Originale (21 Zoll 6 Lin. hoch. 13 Zoll 5 Lin. breit), 1784 gest.; a) vor aller Schrift, ohne die zwei Pfeiler rechts und links, bei Weigel, 9 Thlr; b) mit den Pfeilern und den gerissenen Künstlernamen 1784; c) mit dem russ. Wappen und den gest. Künstlernamen. [Bartsch[1], Kupferstich-Sammlung 1787.] – „Mutius Scävola in Porsenna’s Zelt“, nach dem jetzt zu Pesth befindlichen Original in der Eßterházy-Gallerie (21 Z. 2 L. hoch, 17 Z. 10 L. breit) 1776, es gibt Exemplare vor der Schrift und vor dem Wappen, die Namen der Künstler zart gerissen.[Bartsch, 1788.] – „Die Geburt der Venus“, nach dem in der Graf Schönborn’schen Gallerie befindlichen Original von Schm. selbst gezeichnet und dann gestochen, 1790 (Fol.). – „Neptun und Thetis am Meeresstrand sitzend, von Seeungeheuern umgeben“, nach dem in der Graf Schönborn’schen Gallerie in Wien befindlichen Original (26 Z. h., 20 Z. br.), 1790 gest.; a) vor der Schrift, bei Weigel, 4 Thlr.; b) vor der Dedication; c) mit angelegter Schrift. [Bartsch, 1790.] – „Silen mit seiner Begleitung. Der Gott sitzt auf einer Tonne, von seinen Gefährten umgeben“ (20 Z. 5 L. hoch, 19 Z. 4 L. breit), nach dem in Florenz befindlichen Original 1793 gest.; a) vor aller Schrift, bei Weigel, 5 Thlr.; b) vor der Dedication; c) unvollendete Probedrucke, wo das Weinlaub noch weiß ist. Diese fünf Blätter Schmutzer’s nach Rubens werden als seine Meisterstücke angesehen [Bartsch, 1791.] –„Die Frau des P. P. Rubens“, nach demselben (Fol.), a) vor aller Schrift; b) mit der Schrift.
B. Blätter nach anderen Künstlern. a) Heiligenbilder. Die h. Magdalena, mit gefalteten Händen betend“, Kniestück nach Guido Reni (14 Z. 7 L. h., 10 Z. 4 L. br.), Probedruck vor der Schrift, bei Weigel, 2 Thlr. – „Der h. Sebastian“, nach P. da Cortona’s Original aus der Sammlung des Baron Kettler (Fol.), sehr selten. – „Der h. Johannes“, nach F. Palko (Fol.), dieses und das vorige Blatt, beide in Stichmanier ausgeführt, [351] gehören zu Schmutzer’s früheren, vor seiner Abreise nach Paris vollendeten Arbeiten. – „Der selige Pater Simon de Rokas“. J. Schmutzer inv. et fec. (Fol.), sehr selten. – „Der h. Romualo“ (Fol.). – „Der h. Modestinus“ (Fol.). – „Der h. Johann von Nepomuk in das Wasser gestürzt“, nach A. Maulpertsch“ (Fol.). – „Der h. Johann von Nepomuk in der Glorie vom Volke verehrt“, von Demselben, Gegenstück zu dem vorigen (Fol.). – „Christus am Kreuze“ (Fol.). – „Wahre Abbildung des Kreuzes Christi im Gotteshause der Väter des Ordens der Dreifaltigkeit“ (gr. Fol.). – b) Genre- und andere Blätter. „Strobylus“, nach H. Ramberg, zur Prachtausgabe von Wieland’s Werken (kl. Fol.). – „Gouté Flamand“, nach G. v. Tilborgh. Gruppe von 6 Figuren (Fol.). a) vor der Schrift; b) bevor die Adresse von Wille gelöscht wurde. – „Die Savoyardin, die ihren Knaben im Leierspiele unterrichtet“, nach Greuze. Ohne Schmutzer’s Namen, nur mit Aliamet direx. bezeichnet. Noch in Paris geätzt (Fol.). – „Der Kesselflicker“, nach Melchior Kraus (6 Z. 8 L. hoch, 7 Z. breit). – „Ulysses entreißt der Andromache ihren Sohn“, nach einer Zeichnung des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen (16 Z. 9 L. hoch, 12 Z. 6 L. breit) [Bartsch, 1789]; das Original ist ein im Schlosse zu Preßburg befindliches Gemälde von Calabrese. – „Grabdenkmal der Kaiserin Maria Theresia“, nach L. Somssich, zwei Blätter (Fol.), 1780, selten. – „Adler auf der Jagd der Wölfe und Schlangen“, nach Snyders, 1803 (10 Z 6 L. h., 20 Z. 8 L. br.). [Bartsch, 1793.] – „Steinböcke und Gemsen, von Luchsen verfolgt, stürzen vom Felsen herab“, nach Ruthardt’s, in der Gallerie Liechtenstein zu Wien befindlichem Original (19 Z. 6 L. h., 20 Z. 9 L. br.), Gegenstück zu dem vorigen. [Bartsch, 1792.] – „Ein schöner Hirsch, 1774 in Ungarn geschossen“ (12 Z. 10 L. h., 8 Z. 10 L. br.). – „Ein Stier, nach der Antike“ (Qu. 8°.), besonders schön gestochen. – Eine Folge von 12 Blättern mit Studienköpfen.
C. Bildnisse. Franciscus I. Rom. Imperator“, nach dem Leben gezeichnet von Liotard 1762, in Kupfer gegr. von Schmutzer 1769 (15 Z. 1 L. hoch, 10 Z. 6 L. breit). – „Maria Theresia. Rom. Imperatrix Vidua Hungariae Bohemiae etc. Regina“, gem. von Du Greux 1770, in Kupfer gest. (15 Z. hoch. 10 Z. 6 L. breit), Gegenstück zu dem vorigen, beides halbe Figuren. – Ein zweites „Porträt der Kaiserin“. Medaillon mit Beiwerken (Fol.). – „W. A. Princeps a Kaunitz, Comes a Rittberg etc.“ J. Steiner pinx., J. Schmutzer sc. (20 Z. 7 L. hoch, 14 Z. 6 L. breit. [Bartsch, 1781.] – „Wenzeslaus Princeps Kaunitz-Rittberg“, in Bronze von Joh. Hagenauer[WS 1] 1786 gest. (17 Z. 6 L. h., 17 Z. 2 L. br. [Bartsch, 1782.] – Bildniß Ebendesselben, Brustbild nach L. Tocqué (23 Z. 1 L. h., 12 Z. 9 L. breit [Bartsch, 1780.], eines der ersten Grabstichelblätter S.’s, in Wien begonnen, in Paris geendet. – „J. de Zapolya, König von Ungarn“, in sitzender Stellung (4°.). – „Prinz Eugen von Savoyen“, nach J. Götz, zu Pferde, von allegorischen Figuren umgeben (gr. Fol.). – „Jos. Wenzel Prinz von Liechtenstein“. V. Fanti pinx. (gr. Fol.).– „Don Emanuele dell’ illustre Famiglia Desvalia nato in Barcellona l’anno 1674 etc.“ noch drei Zeilen Schrift (6 Z. 7 L. hoch, 5 Z. 2 L. breit). – „Gustav Georg König von Königsthal, Abgesandter der Stadt Nürnberg“, gestochen 1759 (17 Z. 10 L. hoch, 12 Z. L. breit). Die Stellung nahm Schmutzer nach J. G. Wille’s Kupferstich, den Grafen St. Florentin darstellend. [Bartsch, 1779.] – „Joseph von Sonnenfels, demselben gewidmet von seinem Freunde Schmutzer“, nach Meßner gest. 1770 (8°.). – „ Raphael Donner“. P. Troger pinx. 1772 (4 Z. h., 3 Z. 6 L. br.). – Derselbe, radirt und etwas verschieden von dem vorigen Stiche nach Troger (k!. 8°.), selten. – „Martin de Meytens, Peintre du Cabinet de leurs Majestes Imperiales et Royales““, von ihm selbst gemalt. J. Schmutzer sc. à Vienne 1756 (Fol.). – „Christian Wilhelm Ernst Dieterici“, demselben gewidmet von seinem Freunde Wille, von ihm selbst gemalt. J. Schmutzer sc. 1765 (14 Z. 3 L. hoch, 8 Z. 8 L. breit) [Bartsch, 1783.] – „Franz Edmund Weirotter“, Medaillon auf landschaftlichem Grunde, radirt (9 Z. hoch, 6 Z. 7 L. breit). – „Frau von Badein“, eines der ersten Grabstichelblätter S.’s, noch vor seiner Abreise nach Paris gestochen. – In der Kupferstichsammlung der kais. Hofbibliothek in Wien befinden sich mehrere Probedrucke von Bildnissen, von denen nur der Kopf vollendet ist, darunter einer mit dem Bildnisse des kais. Gesandten zu Venedig, Jacob Grafen Durazzo, dessen mit noch Anderen Bartsch (1784–1786) gedenkt; und in Andresen’s „Handbuch der [352] Kupferstichsammler“ wird unter Nr. 23 das nicht vollendete Porträt eines Unbekannten aufgezählt, halbe Figur eines jugendlichen Mannes mit Federbarett und über einander gelegten Händen (12 Z. hoch., 7 Z. 7 L. breit). Zeichnungen S.’s finden sich hie und da, insbesondere in den Sammlungen der Vorlagen in den Zeichnungsabtheilungen der k. k. Normalschulen, S. arbeitete damals mit einem Riesenfleiße unzählige Blätter, theils nach eigener Composition, theils nach Boucher, Vanloo, Pierre u. A. Eine Sammlung solcher Vorlegeblätter, 194 Nummern stark, wurde von ihm nach St. Petersburg verlangt, wo sie sich wohl noch befindet. Auch wurden nach seinen Zeichnungen mehrere Blätter von verschiedenen Künstlern gestochen, so z. B. „mehrere Büsten“ von Fischer, Jos. Schmidt, Balzer und Westermayr; die „Ansicht des Schlosses Weikersdorf“, von Zoller; Schmutzer’s Altarbild, welches die „Speisung der Fünftausend“ vorstellt, von C. Kohl; eine fast nackte, mit beiden Händen auf einen Stock sich stützende Figur von F. X. Lange und „Vier Ansichten von Neuwaldeck und Dornbach“, Gegenden, welche aus ihrer Verödung von Feldmarschall Lascy in englische Gärten verwandelt wurden, unter seiner unmittelbaren Aufsicht von seinen Schülern Conti, Kohl und Zoller (gr. Qu. Fol.).
II. Zur Biographie des Jacob Schmutzer. Annalen der bildenden Künste für die österreichischen Staaten. Von H. Rud. Fueßli (Wien, Schaumburg, 8°.) 1801, I. Theil, S. 144 u. f. [schreibt ihn Jacob Schmutzer].– Annalen der Literatur und Kunst des In- und Auslandes (Wien, A. Doll, 8°.) Jahrg. 1810, Bd. III, S. 348. – Bock (C. W.), Bildnisse gelehrter Männer und Künstler nebst Biographien (Nürnberg 1791 u. f., 8°.) [nennt und schreibt ihn Jacob Matthäus Schmuzer]. – Handbuch für Kupferstichsammler oder Lexikon der Kupferstecher, Maler, Radirer u. s. w. Auf Grundlage der zweiten Auflage von Heller’s prakt. Handbuch für Kupferstichsammler neu bearbeitet und um das Doppelte erweitert von Dr. phil. Andreas Andresen, nach des Herausgebers Tode fortgesetzt von J. E. Wessely (Leipzig 1873, T. O. Weigel, Lex. 8°.) Zweiter Band, zweite Hälfte, S. 463 [schreibt und nennt ihn Jacob Mathias Schmutzer]. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 473 [nennt ihn Jacob Mathias Schmutzer]. – (De Luca) Das gelehrte Oesterreich. Ein Versuch (Wien 1773, v. Trattnern, 8°.) I. Bds. 2. Stück, S. 350 [schreibt ihn Jacob Schmutzer]. – Meusel (J. G.), Miscellaneen artistischen Inhalts, 21. Heft, S. 189.– Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. VII, S. 1111, Nr. 2 [nennt ihn Jacob Mathias]. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Fleischmann, 8°.) Bd. XV, S. 376 [nennt ihn auch Jacob Mathias]. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 565 [nennt ihn Jacob Matthäus]. – Der Sammler (Wiener Unterhaltungsblatt, 4°.) 1811, S. 594. – Tirolisches Künstler-Lexikon u. s. w. (Innsbruck 1830, Felic. Rauch, 8°.) S. 218 [schreibt ihn Jacob Schmuzer]. – Vogl (Joh. Nep.), Oesterreichischer Volkskalender (Wien, 8°.) Jahrg. 1846, S. 184. – Zuschauer, herausg. von J. S. Ebersberg (Wien, gr. 8°.) Jahrg. 1838, Bd. II, S. 412, im „Rückblick der Vergangenheit“ [nennt und schreibt ihn Jacob Matthäus Schmuzer].
III. Porträte. 1) Unterschrift: Jacob Matthäus Schmuzer, geb. 1735, Joseph Füscher (sic) gez. in Wien, C. W. Bock gest. 1794 (8°.), Porträt-Medaillon. – 2) Umschrift um das Porträt-Medaillon: Jacob Matthäus Schmutzer, Langer sc. Unterhalb: Dignum laude virum Musa vetat mori. Hor.: lib. IV. od 8. v. 29 (8°.). – 3) J. Balzer del. J. G. Mansfeld sc. (8°.).

  1. Da die Kupferstich-Sammlung der Wiener kaiserlichen Hofbibliothek ganz ausgezeichnete Exemplare der Schmutzer’schen Blätter besitzt, so wird auf das Werk von Friedr. Ritter v. Bartsch: „Die Kupferstich-Sammlung der k. k. Hofbibliothek in Wien“ (Wien 185., Braumüller, 8°.) insbesondere hingewiesen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Jos. Hagenauer