Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 16 (1867), ab Seite: 7. (Quelle)
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Longhi, Joseph (Kupferstecher, geb. zu Monza 13. October 1766, gest. zu Mailand 2. Jänner 1831). Der Vater, ein wohlhabender Seidenhändler, ließ dem Sohne eine sorgfältige Erziehung geben. Acht Jahre alt, kam er in das Seminar von Celana, denn er war, da die Familie das Recht hatte eine Pfründe zu besetzen, für den geistlichen Stand bestimmt. Von Celana kam er in das Seminar von Monza und von diesem in jenes von Mailand, in welchem er die für seinen Beruf nöthigen Studien [8] vollendete. Unter den Lehrern, welche L. für seinen Beruf vorbereiteten, wendete ihm der Abbate[WS 1] Antonio Mussi, der nachmalige Bibliothekar der Ambrosianischen Bibliothek, der sich selbst in seinen Mußestunden mit den schönen Künsten, vornehmlich mit der Malerei beschäftigte, eine besondere Theilnahme zu. L. besuchte seinen Lehrer oft in seiner Zelle, zeichnete dann mit der Feder Kupferstiche ab, oder fertigte Bildnisse seiner Schulkameraden, die er mit großer Aehnlichkeit entwarf. Das Talent seines Zöglings zu fördern, lieh Ab. Mussi demselben gute Kupferstiche und Zeichnungen, machte ihn auf die Irrthümer aufmerksam, die er in seinen Zeichnungen fand und ertheilte ihm überhaupt manche Lehre bezüglich der Führung des Zeichenstiftes. Unter solchen Umständen schwand immer mehr und mehr Longhi’s Lust zu einem Berufe, den er nicht selbst gewählt, und im Jahre 1786, nachdem er bereits die philosophischen Studien beendet und eben jene der Theologie beginnen sollte, hatte er sich entschieden, den geistlichen Stand aufzugeben und sich ganz den zeichnenden Künsten zu widmen. War Longhi’s Vater auch einverstanden, daß der Sohn, wenn er keinen Beruf zum geistlichen Stande in sich fühlte, denselben aufgab, so stimmte er doch keineswegs der Wahl bei, welche derselbe getroffen. Um Medicin oder die Rechte zu studiren, schien dem Sohne bei seiner Neigung für die Kunst zu gewagt, entweder mußte die Kunst dem Berufsstudium, oder dieses jener weichen und somit entschied er sich für den ihm von seinem Vater gestellten Antrag, sich am Geschäfte des Seidenhandels zu betheiligen; auf diese Weise meinte er denn doch täglich einige Stunden zu erübrigen, die er dann seiner Lieblingsneigung zuwenden konnte. Während er so scheinbar dem Geschäfte des Seidenhandels mit allem Eifer oblag, huldigte er insgeheim seinem Genius und zeichnete und radirte mit Fleiß und Sorgfalt. Auch vernachlässigte L. nicht die Lecture von kunstgeschichtlichen Werken und lernte aus denselben das unwürdige Treiben des Brodneides kennen, welcher Umstand ihn zunächst bestimmte, sich um seine künstlerische Unabhängigkeit zu wahren, vor allem andern für die Kupferstechkunst zu entscheiden. Wohl war die heimliche Ausbildung für die Kunst ihm in seinem Fortschreiten wenig förderlich, aber einen tüchtigen Lehrer konnte er, wenn es den Eltern nicht auffallen sollte, nicht nehmen; er blieb also auf sich selbst angewiesen und suchte zunächst gute Umrisse nach tüchtigen Meistern sich zu verschaffen, die er dann mit fast ängstlicher Sorgfalt durchzeichnete. Manchmal verschaffte er sich auch einen jungen Burschen oder sonst Jemand, der ihm Modell saß und den er dann in allen Stellungen zeichnete, aus Büchern aber lernte er Knochen- und Muskellehre, besuchte auch dann und wann das Krankenhaus und zeichnete und studirte dort die von Moscati gefertigten Präparate. Vor Allem übte er sich aber im Federzeichnen, welches wohl die geeigneteste Vorbereitung zum Kupferstechen sein möchte, und worin er mit der Zeit eine bewunderungswürdige Geschicklichkeit erlangte. Ein auf diese Weise ausgeführtes Blatt gelang ihm im Jahre 1791 einem Mitgliede des österreichischen Kaiserhauses zu überreichen und dieser Umstand verschaffte ihm ungesucht die Auszeichnung, zum ersten Zögling der Kupferstecherschule ernannt zu werden, welche Kaiser Leopold II. im Jahre 1790 in Mailand begründet hatte. Die Zöglinge dieser [9] Schule, welche damals Vangelisti, ein Zögling von Wille leitete, erhielten ein Jahrgehalt. Eine solche Anerkennung von Seite der Regierung machte L.’s Vater weniger spröde gegen dessen Neigung und er gestattete, daß er versuchsweise ein paar Monate die Schule besuchen möge. L. übersiedelte nun von Monza nach Mailand, wo er nunmehr seinen bleibenden Aufenthalt nahm. In Mailand besuchte er die Zeichenschule an der Kunstakademie, welcher damals der Maler Traballesi und der Bildhauer Franchi vorstanden und befreundete sich mit einem Zöglinge, der gleich ihm selbst in der Folge zu Ruhm und Ehren gelangte, mit Andrea Appiani [Bd. I, S. 55]. Im Jahre 1792 unternahm L. auf eigene Kosten eine Reise nach Rom, wo er die Werke Raphael’s, Giulio Romano’s und anderer großer Meister mit besonderem Fleiße studirte. In Rom vollendete er auch die Zeichnung von Guido Reni’s „Genius der Musik“, den er in der Sammlung Ghigi fand. Den Stich führte er 1794 unter der Leitung seines Lehrers Vangelisti in Mailand aus. Er begründete mit dieser Arbeit seinen Künstleruf. Die Originalzeichnung soll sich zur Zeit in Ungarn, in der Sammlung des Grafen Viczay zu Hedervár befinden. Von Rom nach Mailand zurückgekehrt, richtete er sich nun eine Kupferstichwerkstatt ein und damals schon erfand er die von ihm tavolino mobile genannte Vorrichtung, die eine wahre Wohlthat für die Kupferstecher wurde. Sein Lehrer Vangelisti führte sie sofort in seiner Schule ein, die vaterländische Gesellschaft in Mailand zeichnete ihn dafür mit einem Preise aus und die Wiener Akademie der bildenden Künste durch eine ehrenvolle Erwähnung. Allmählig machte sich L. durch seine Arbeiten immer bekannter, sie wetteiferten mit denen seines Meisters Vangelisti. Um sich aber im Zeichnen in steter Uebung zu erhalten, führte er in dieser Zeit viele Bildnisse von Freunden und Bekannten in schwarzer Kreide aus, welche durch die Trefflichkeit in der Ausführung und die Aehnlichkeit der Gezeichneten so sehr gefielen, daß sich die Zahl von Longhi’s Freunden, welche alle von ihm gezeichnet werden wollten, mit jedem Tage mehrte und L. alsbald gewahrte, daß ihm für das Kupferstechen nur mehr wenig Zeit übrig bleibe. Schon wollte er die Sache ändern, als seine Angelegenheiten eine solche Wendung nahmen, daß er dies Zeichnen von Bildnissen als Erwerbsquelle benützen mußte. Longhi’s Vater konnte sich noch immer nicht mit dem Gedanken befreunden daß sein Sohn ein Künstler werden solle, fand aber diesen weniger denn je geneigt, zum Seidenhandel zurückzukehren. Es kam so weit, daß ihm der Vater jede fernere Unterstützung versagte und L. auf die fünfhundert Lire beschränkt blieb, die ihm als Zögling der Kupferstecherschule zukamen. Unter diesen Umständen wurden seine in schwarzer Kreide ausgeführten Bildnisse seine Rettung, bisher hatte er sie für Freunde unentgeltlich gearbeitet, nun aber setzte er einen Preis für jedes derselben und bald war der Zudrang so groß, daß L. damit ein Bedeutendes erwarb und die väterliche Unterstützung leicht entbehren konnte. Ja er konnte auch auf das ihm von der Regierung gewährte Jahrgeld verzichten, gab den Besuch der Schule auf und lebte nun von seinem Verdienste als Bildnißzeichner. Um aber das Kupferstechen nicht aufzugeben, begann er nach einem Gemälde von Albani einen Stich, an dem er ganz nach seinem Belieben [10] arbeitete, es war die viele Jahre später, 1813, vollendete „Galatea“. Im Zeichnen dieser Bildnisse besaß L. eine so große Fertigkeit, daß er ein solches mit überraschender Ähnlichkeit in den wenigen Stunden einer Morgensitzung fertig zu bringen pflegte. So vollendete er in jener Zeit eine große Menge solcher Bildnisse, welche sich im Privatbesitze befinden und nach denen später von berühmten Meistern schöne Blätter gestochen wurden; so z. B. das Bild von Siro Borda, gest. 1818, von B. Bordiga, das Bild der berühmten Catalani u. A. Die Beliebtheit dieser Bilder wuchs mit jedem Tage, alles wollte von L. gezeichnet sein. Von vielen Seiten regte sich nun auch der Wunsch, von ihm in Miniatur gemalt zu sein. L., der sich mit der Miniaturmalerei noch gar nicht beschäftigt, versuchte sich nun darin; nach der Encyklopädie erlernte er das technische Verfahren, im Uebrigen half ihm sein Genius und bald waren die Miniaturbildnisse Longhi’s eben so gesucht, wie vordem seine Kreidenzeichnungen. Unter solchen Verhältnissen war das Jahr 1796 erschienen, in welchem die Franzosen in Italien einbrachen. L. hatte bis dahin geistliche Kleidung getragen, nun legte er sie ab, denn an eine Rückkehr zum Priesterstande[WS 2] war nicht zu denken. Die Bestellungen, auf die in kürzester Zeit so beliebt gewordenen Miniaturbildnisse häuften sich dermaßen, daß nach L.’s eigenem Geständnisse der Betrag eines Jahresverdienstes sich auf mehr als 20.000 fl. erhob. Er wäre vielleicht nicht so bald wieder zum Grabstichel zurückgekehrt, wenn ihn nicht eine dringende und ehrenvolle Bestellung demselben zurückgegeben hätte. L. sollte nämlich im Auftrage des französischen Malers, des nachmaligen Baron Gros, das Bildniß Bonaparte’s, und zwar wie er als General in der Schlacht von Arcole mit der Fahne in der Hand seinen Soldaten voranging, in Kupfer stechen. Nun stellte L. die Miniaturmalerei ganz ein und machte nur in seinen letzten Lebenstagen mit ihr wieder einige Versuche. In acht Monaten hatte er die verlangte Platte vollendet und eben dieses Werk hatte wesentlich dazu beigetragen, daß er, als Vangelisti im Jahre 1798 starb, als dessen Nachfolger mit der Leitung der Mailänder Kupferstecherschule betraut wurde. Auf diesem Posten war L. ganz in seinem Elemente und arbeitete immer fleißiger und sorgfältiger, so daß es schien, jedes neue Blatt sei noch trefflicher, als das eben erst mit allem Aufwand von Kunst und Fleiß vollendete. Im Folgenden werden nun jene großen Arbeiten Longhi’s angedeutet, welche ihn längere Zeit beschäftigten; ein Verzeichniß seiner Blätter, so vollständig als es sorgfältige Nachforschungen zusammenzustellen möglich machten, soll weiter unten (S. 13) folgen. Um seinem Meister Traballesi seinerseits einen Tribut des Dankes darzubringen, zeichnete er dessen Werk Orpheus und Euridice im Orkus. Es war ein Blatt mit 24 Gestalten und L. hatte die Absicht, es im Kupferstiche auszuführen, als aber die Zeichnung vollendet vor ihm lag, überzeugte er sich, daß es im Stich wirkungslos bleiben würde und so gab er den Gedanken der Ausführung auf. Auch in seine Künstlerbeschäftigung griffen die politischen Verhältnisse störend ein. Als nämlich im December 1801 Bonaparte zu Lyon eine Consulta der cisalpinischen Republik vereinigt hatte, wurde L. gewählt, an ihr Theil zu nehmen und konnte sich dieser Wahl nicht gut entziehen. Nach dem Schlusse der Versammlung [11] unternahm L. in Gemeinschaft mit seinem Freunde Prof. Francesco Rosaspina, einem ausgezeichneten Kupferstecher aus Bologna und mit dem berühmten Maler Bossi [Bd. II, S. 87] eine Reise nach Paris, wo er während eines siebenwöchentlichen Aufenthaltes täglich das Museum des Louvre besuchte, um dort die aufgehäuften Kunstschätze, die das siegreiche Frankreich in aller Herren Ländern geplündert, zu studiren. Zugleich lernte er mehrere ausgezeichnete Künstler, darunter David, Gérard, Dutertre, Tardieu, den schon 83jährigen Wille u. A. persönlich kennen. Auch wurde L., da man sich eben damals mit dem Prachtwerke über das Napoleonische Museum beschäftigte, für die Betheiligung an demselben gewonnen und er stach für es den filosofo in contemplazione nach Rembrandt. Eine neue Arbeit wurde ihm zu Theil, als Napoleon nach Mailand kam. um sich zum Könige von Italien krönen zu lassen. Anläßlich der Festlichkeiten wurde auch der Saal, in welchem der von der Stadt dem Kaiser zu Ehren veranstaltete Ball gegeben wurde, auf das Kostbarste geschmückt. Der berühmte Appiani hatte nämlich den ganzen Saal oben herum mit einem gemalten Friese geschmückt, der in Basreliefart Napoleon’s Thaten in geistreicher Anordnung darstellte. Der Kaiser fand an dieser Idee und an der Arbeit solch’ Gefallen, daß er befahl diesen Fries durch den Kupferstich zu vervielfältigen und Appiani übertrug seinem Jugendfreunde die Ausführung von sechs Probetafeln, welche so gelungen ausfielen, daß sich auch die Kupferstecher der übrigen Tafeln an die von L. eingeschlagene Manier hielten. Neben mehreren kleineren Arbeiten, deren in der Zusammenstellung seines Werkes gedacht wird, vollendete L. im Jahre 1805 seinen „Ezechiel“ nach Raphael, an dem er über drei Jahre gearbeitet hatte, welcher Platte dann Correggio’s „Magdalena“ im Auftrage des Mannheimer Kunsthändlers Artaria folgte. Im Jahre 1809 begann er das Hauptwerk seines Lebens, das berühmte Gemälde Raphael’s „Il sposalizio“, woran er 12 Jahre ununterbrochen mit dem angestrengtesten Fleiße gearbeitet. Das Blatt hat eine große Berühmtheit erlangt und seinen Werth behalten. Unter Einem, gleichsam zur Erholung, stach er noch ein zweites Blatt für das schon erwähnte Napoleonische Museum, nämlich „Die Ankündigung an die Hirten“ nach Flink und außerdem mehrere Bildnisse für Bettoni’s: „Ritratti e vite di 60 illustri Italiani“. Im Jahre 1820 machte er eine Reise nach Florenz, um dort den Druck seines Sposalizio, da es in Mailand dafür an den geeigneten Kräften fehlte, persönlich zu überwachen. Nun folgten mehrere Arbeiten von geringerem Umfange, Bildnisse, Zeichnungen in Kreide u. d. m. Im Jahre 1826 ging L. wieder an ein großes Werk, an Michael Angelo’s „jüngstes Gericht“, zu dessen Stich er sich bereits im Jahre 1812 entschlossen, aber noch immer keine Zeit gefunden hatte, ihn zu beginnen. Auch konnte er nicht, wie er sonst bei allen seinen Stichen zu thun pflegte, die Zeichnung dazu selbst ausführen. Ueberhäufte Beschäftigung hinderte ihn an der großen und mühevollen Vorarbeit und lange war kein Künstler zu finden, der dieser Aufgabe gewachsen gewesen wäre, bis er endlich auf Tomaso Mainardi traf, der ihm geeignet erschien und auch willig auf den Antrag des Meisters einging. Endlich im Jahre 1828 ging L. an diese letzte große Arbeit, welche er leider nicht vollendet hat. Bei der gründlichen [12] wissenschaftlichen Bildung, welche L. genossen, ist es leicht begreiflich, daß er auch dem schriftstellerischen Gebiete nicht ferne blieb. Mit selbstentworfenen Aufsätzen suchte er auf die Belehrung seiner Zöglinge einzuwirken. Mehrere derselben sind durch den Druck veröffentlicht worden. Es sind im Style der akademischen Reden gehaltene Vortrage, in welchen er Sätze aus der Kunstlehre zu erläutern versuchte. So erschienen folgende Vorträge: im Jahre 1807 einer über die Malerei; 1814 ein anderer über das Schöne; im Jahre 1816 eine Biographie Michael Angelo’s und im Jahre 1826 eine seines Freundes Appiani. In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte er sich aber mit einem Werke über die Kunst, die er so meisterhaft übte, welches aber unvollendet geblieben. Der erste theoretische Theil war ganz ausgearbeitet und wurde nach seinem Tode unter dem Titel: La calcografia propriamente detta, ossia l’arte d’incidere in rame all’ aqua forte col bulino e colla punta ecc. ecc. Ragionamenti ...“ tomo I (Milano 1831, 8°.) herausgegeben. In sieben Kapiteln handelt er über die Vortrefflichkeit der Kupferstecherkunst; über den Genuß, den sie verschafft: über die Geschichte und die Schicksale derselben; über Hauptwerke, die sie hervorgebracht; über die Schwierigkeiten dieser Kunst; über die Kunst sie zu besiegen und über die Theorie des Schönen. In einem zweiten praktischen Theile wollte er die Angaben über die verschiedenen Methoden in der Ausführung mittheilen; aber der Tod überraschte ihn und so fanden sich nur wenige Materialien darüber vor. Eine Uebersetzung des ersten Theiles und eine Ausarbeitung des zweiten, erschien in deutscher Sprache, von K. Barth in 2 Theilen (Hildburghausen 1837 und 1838). Ueber Longhi’s Wirksamkeit als Lehrer gibt es kein schöneres Zeugniß, als die Namensliste jener Schüler, die er gebildet und unter denen es viele gibt, die es zu großem Ruhme in ihrer Kunst gebracht. Die vorzüglichsten sind: Giuseppe Cozzi, Paolo Caronni, Michaele Bisi [Bd. I, S. 411], Pietro Anderloni [Bd. I, S. 33], Carlo Rampoldi, Antonio Giberti, Aurelio Colombo, Giovita Garavaglia [Bd. V, S. 85], Ernesta Legnani-Bisi, Luigi Bridi, Carlo Dellarocca, Samuele Jesi, Antonio Locatelli [Bd. XV, S. 355, Nr. 1], Girolamo Scotti, Ado Fioroni, Giovanni Bellolli, Giuseppe Tonelli, Giacomo Folmer, Giovanni Bosisio, Caterina Piotti-Pirola, Filippo Caporali, Giuseppe Marri, Giuseppe Ongari, Giacomo Felsing und Ignazio Altini. Als Mensch stand L. auf nicht geringerer Höhe, denn als Künstler. Wie Canova, war auch L. unverheirathet geblieben, um ganz seiner Kunst zu leben; seinen Schülern, in der Regel Söhne seiner Wahl, war er Freund, Vater und Rathgeber. Von seiner Bescheidenheit konnten Viele lernen. Tief sittlich verabscheute er jede Verletzung nach dieser Seite hin. Noch zur Zeit, als ihn sein Vater, um ihm den Gedanken Künstler zu werden, zu verleiden, sehr knapp hielt, drängte man sich an den Künstler mit dem Antrage, daß er die von Marc Antonio gestochenen unzüchtigen Bilder zu des Aretiners schlüpfrigen Versen wiederhole. L., damals sehr jung und erst aus dem Seminar entlassen, lehnte diesen Antrag, wie spätere ähnliche mit Entschiedenheit ab. Seine Verdienste aber wurden vielfach gewürdigt. Schon Kaiser Napoleon verlieh ihm den Orden der eisernen [13] Krone und Maria Luise den ihrer Staaten: in den ersten Jahren der italienischen Republik hatte er bereits seinen Platz im Collegio dei dotti und das k. k. Institut für Wissenschaften und Künste zu Mailand, das Institut für Frankreich, das niederländische zu Leyden, die Akademien der bildenden Künste zu Mailand, Florenz, Turin, Parma, Perugia, Carrara, Wien, München, Berlin, Kopenhagen und Wilna und das Atheneum ehrten ihn und sich durch seine Aufnahme unter ihre Mitglieder. Unter seinen Freunden begegnen wir aber Namen wie Canova, Bossi, Appiani, Lamberti, Paradisi, Zanoja, Moscati, Bodoni, Monti, Stratico, Volta, Pindemonte, die Angelika Kaufmann und die Albany. Mitten in seinem rastlosen Schaffen berührte ihn die Hand des Todes. Eben war er mit einer Platte beschäftigt, die seinem Werke über die Kupferstichkunst zur Begründung seiner Theorie des Schönen beigegeben werden sollte. Sie enthält 30 Köpfe, an denen er die letzten Drucke anbringen wollte. Da rührte ihn am Weihnachtsabend, als er eben bei Tische saß, der Schlag. Alle Versuche, ihn zu retten, blieben, vielleicht zum Glücke, erfolglos, denn wenn er auch am Leben erhalten worden wäre, der Schlaganfall war so heftig, daß auf eine Rückkehr zu der klaren Besinnung oder auf Thätigkeit nicht mehr zu rechnen war. Mehrere Tage dauerte der Kampf zwischen Leben und Tod, endlich am 2. Jänner 1831 entfloh sein Geist den irdischen Banden. L. war 64 Jahre alt geworden. Sein Leichenzug bewies, wie geehrt und geachtet er in Künstlerkreisen gewesen. Seine eigenen jüngeren Fachgenossen trugen ihn zu Grabe, während mehrere hundert Künstler und Freunde ihm mit Fackeln und Musik das letzte Geleite gaben. Am Grabe sprachen Longhena im Namen der Künstler und der Secretär der Kunstakademie Fumagalli im Namen derselben. In L.’s Nachlasse fanden sich außer den bereits erwähnten Materialien zum zweiten Theile seiner „Calcografia“ mehrere Blätter mit der Aufschrift: Alcune esatte notizie biographiche di G. Longhi von ihm selbst erst am 13. October 1830 zu Papier gebracht. Nach diesen Angaben schrieb Longhena di Notizie biographiche di Gius. Longhi.

Longhi’s Kupferstichwerk. Indem im Folgenden von der großen Menge von Bildnissen in schwarzer Kreide, in Miniatur, sowie von einigen Zeichnungen auf Stein, welche L. auf den dringenden Wunsch einiger Freunde ausgeführt, wie z. B. „Eine Madonna“, „Die keusche Susanna unter den Greisen“ u. dgl., sowie von den vielen Albumblättern, um die auch er gleich anderen Künstlern gepreßt worden, Umgang genommen wird, werden hingegen seine gestochenen und radirten Blätter vollständig oder doch nur mit ganz unwesentlichen Lücken in chronologischer Folge aufgezählt. Longhi’s Werke sind aus dem Jahre 1784: 1) „Eine Hand, die eine Karte hält“.
1785: 2) „Die „Madonna col putto“, öfter auch „Madonna del dente“ genannt, nach Parmigianino; L. radirte dieses Blatt noch als Seminarist unter seines väterlichen Lehrers Abbate Mussi Leitung.
1794: 3) Der Genius der Musik (Il genio della musica). Mit vier Versen:

Il genio della Musica
Vince perfin Cupido,
Non sempre il caso averasi
Ma tal lo pinse Guido
.

(Preis vor der Schrift 14 Francs, mit der Schrift 8 Francs). Es ist dieß sein erstes großes Blatt nach einem Gemälde von Guido Reni in der Gallerie im Palaste Ghigi. Aus diesem Blatte zunächst erkennt man, wie Longhi die Blätter von Wille und Masson zum Gegenstande seines eifrigsten Studiums gemacht, wie bis in’s Einzelnste eingehend er Masson’s „Jünger in Emaus“ (nach Tizian), gewöhnlich „la nappe de [14] Masson“ genannt, studirt und sich angeeignet hatte.
1795: 4) „Der H. Hieronymus“ (San Girolamo), nach Daniel Crespi (Halbfigur, kl. Fol., vor der Schrift 8 Francs, mit der Schrift 4 Frs.), ein kräftig gearbeitetes Blatt.
1796: 5) „Ein Bildniß Rembrandt’s“. – 6) „Bildniß eines Muselmanns“, auch nach Rembrandt, ganze Figur (vor der Schrift 12 Frs., mit der Schrift 6 Frs.). – 7) „Bildniß des Abbate Pellegrini“, nach der Natur, im Auftrage des Abbate Conti.
1798: 8) „Bonaparte in der Schlacht von Arcole“ mit der Fahne in der Hand, nach dem Gemälde von Gros (gr.-Fol. vor der Schrift 24 Frs., mit der Schrift 12 Frs.), dieses Blatt, an dem L. acht Monate gearbeitet, machte zunächst den damaligen Machthaber auf den tüchtigen Künstler aufmerksam und verdankt L. demselben seinen Posten als Nachfolger Vangelisti’s in der Professur der Kupferstechschule. Auch stellte L. fortan die Miniatur-Bildnißmalerei ein, die er bis dahin mit glänzendem Erfolge betrieben und blieb nun der ursprünglich gewählten Kunst des Kupferstechens treu.
1799: 9) „Das Bildniß Rembrandt’s“, des Malers Selbstporträt mit dem Turban auf dem Kopfe; größer als das im Jahre 1796 gestochene Blatt. L. radirte es nach dem damals in der Corsini’schen Gallerie zu Rom befindlichen Gemälde, das später nach England kam (4°., mit der Schrift 4 Frs.). – 10) „Bildniß des Neapolitaners Professor Salfi“, der damals in Mailand lebte, nach dem Leben. – 11) „Ein Bildniß nach Rembrandt“, ein bärtiger Alter mit greisem Haupte, halbe Figur (in Italien führt das Blatt den Namen il bianco, als Gegenstück zum Mohren von Rubens) (Oval-Fol., tabula extat Mediolani apud F. Gavazzini, Preis vor der Schrift 10 Frs., mit der Schrift 5 Frs.).
1801: 12) „Der Mohr nach Rubens“, Gegenstück zu dem Vorigen. Nach einem Gemälde in der Gallerie Melzi. Dieses Blatt, das Vorige und die im Jahre 1796 gestochene ganze Figur des Muselmannes, gehören zu den geistreichsten Radirungen Longhi’s; er zeichnete diesen letzteren in Rom mit der Feder, um zu übersehen, wie tief eindringend er Rembrandt erfaßt (kl. Fol., von diesem Blatte gibt es drei Abdrücke, Blätter ohne den Namen des Stechers 10 Frs., vor der Schrift und vor den perpendiculären Strichen im Weißen des rechten Auges 15 Frs. und mit der Schrift 5 Frs.).
1802: 13) „Der Triumph des Scipio“, nach einem Entwurf von Opiz Amos Nattini; eine auf ein werthloses Vorbild verschwendete Meisterarbeit. L. selbst, als er von seiner Reise nach Paris zurückgekehrt, fand diesen Sieg des Scipio so schlecht, daß er auf einem Probedruck seine Klagen über die Erbärmlichkeit des Originals aussprach. Dieser Probedruck fand sich bei L.’s Tode unter seinem Nachlasse vor (vor der Schrift 24 Frs., mit der Schrift 12 Frs.).
1803: 14) „Die Ruhe auf der Flucht nach Egypten“ (Il riposo in Egitto), nach C. Procaccini. Ein noch jetzt bei Sammlern in hohem Ansehen stehendes Blatt, das Longhi in der Größe des Originals, welches später nach London in Besitz des Esq. John Key gelangte, mit ungemeiner Sorgfalt und Liebe gearbeitet. Es ist das Gegenstück zu der von C. Heß nach Raphael gestochenen „Santa Familia“ (4°., vor der Schrift 38 Frs., mit der Schrift 19 Frs., bei Weigel 3 Thaler). – 15) „Der Philosoph in Betrachtung“ (Filosofo in contemplaziono), nach Rembrandt. L. stach dieses Blatt für die Herausgeber des Prachtwerkes über das Napoleonische Museum (Qu.-Fol., vor der Schrift 40 Frs., mit der Schrift 20 Frs.).
1804: 16) „Das Porträt eines Unbekannten“, nach einem ungenannten Künstler. Auch dieses Blatt, ganz in niederländischem Styl gehalten, schließt sich an die Folge der Rembrandt’schen Bilder, welche L. gestochen, an (von diesem Blatte bestehen verschiedene Abdrücke, die ersten und seltensten sind vor der Schrift mit dem Hundskopfe, den L. später wegschabte, solche erste Copien kosteten 100 Frs., vor der Schrift ohne den Hundskopf 24 Frs., mit der Schrift 10 Frs.).
1805: 17) „Eine kleine Madonna“, nach Carlo Dolce, halbe Figur, in Oval; die bekannte Mater pulchrae Dilectionis von Dolce (Fol., vor der Schrift 12 Frs., mit der Schrift 8 Frs.). – 18) „Die Grablegung Christi“, nach Daniel Crespi (La deposizione del Cristo nel sepolero); ist auch das Original, welches sich in Longhi’s Besitze befand und später von ihm an Artaria verkauft wurde, von geringem Werthe, so ist doch das in ziemlich großem Maßstabe ausgeführte Blatt mit bewunderungswürdiger Eigenthümlichkeit radirt und von Sammlern [15] stark gesucht (Exemplare mit der Mackel auf der linken Seite wurden mit 90 Frs., Blätter mit der Schrift mit 12 Frs. bezahlt, gr. Fol; Heller gibt folgende Maße des Blattes an: H. 17 Zoll 2 Linien? Br. 11 Zoll 5 Linien?) – 19) „Medaillonbildniß Napoleon’s“ im Krönungsschmucke eines Königs von Italien. Die Regierung beschloß, das sehr gelungene Bildniß vor die beglaubigte Ausgabe des bürgerlichen Gesetzbuches setzen zu lassen. Diese Auszeichnung bewog den Künstler, seiner Ausführung einen ganz besonderen Fleiß zuzuwenden. Für die Halskrause nahm er sich Drevet’s berühmte Zwirnspitze zum Muster und so nahe kam er seinem Vorbilde, daß viele ihm sogar noch den Vorzug geben. Die Zeichnung dazu verkaufte L. drei Jahre vor seinem Tode an einen Engländer. Die Abdrücke dieses Blättchens sind nur bei der Quartausgabe des Civil-Gesetzbuches. die 1806 in der kön. Druckerei zu Mailand mit italienischem, französischem und lateinischem Texte erschien, zu suchen (vor der Schrift 16 Frs., mit der Schrift 8 Frs.).
1806: 20) „Die Enthauptung des heiligen Johannes des Täufers“, nach Gerhard Dow wie Beretta berichtet, nach G. delle Notti wie Nagler schreibt (la decollazione di san Giovanni Battista). Das Original befindet sich in der Kirche Santa Maria della Scala zu Trastevere in Rom; L. stach nach einer Zeichnung seines Zöglings P. Caronni, welche jedoch L. selbst noch verbessert hat. Es ist ein Gegenstück zur oben (Nr. 18) erwähnten Grablegung Christi nach Crespi (vor der Schrift 24 Frs., mit der Schrift 12 Frs.). – „Der Philosoph in Gedanken“, nach Rembrandt (Filosofo in meditazione), ein Gegenstück zu dem schon (Nr. 15) angeführten Blatte „Der Philosoph in Betrachtung“ (vor der Schrift 40 Frs., mit der Schrift 20 Frs.).
1807: 22) „Eine Alte“, halbe Figur, nach Longhi’s eigener Zeichnung. Von Kupferstichhändlern fälschlich als Bildniß von Longhi’s Amme ausgegeben (4°.). – 23) „Der Kopf des Sokrates“, nach einer Zeichnung von Bossi, für eine Ausgabe der Xenophontischen Denkwürdigkeiten des Sokrates, welche der bekannte Herzog Franzesco Melzi d’Enil in Brescia erscheinen ließ (dieses Titelkupfer kostet 3 Frs.).
1808: 24) „Bildniß des Baron Brudern“, eines ungarischen Officiers, nach eigener Zeichnung. Es bestehen auch Abdrücke in Farben, die aber sehr selten sind (kl. Fol., Weigel 3 Thaler 8 Groschen). – 25) „Der barmherzige Sameritan“, nach Rembrandt, für das Napoleonische Museumswerk. Die Behauptung: Dieses Blatt Longhi’s sei nur ein Nachstich nach der Radirung dieses Gegenstandes von Rembrandt selbst, widerlegt sich bei genauerer Vergleichung von selbst (vor der Schrift 40 Frs., mit der Schrift 20 Frs.). – 26) „Die Vision Ezechiel’s“, nach Raphael. Nach einer Zeichnung von Dutertre in Paris, wo sich damals das Original befand, das später auf seinen ursprünglichen Platz im Palaste Pitti zu Florenz zurückkehrte. Auch dieses Blatt stach L. für das Napoleonische Museumswerk. P. Anderloni hat später dieses Blatt unter Longhi’s Leitung umgekehrt copirt (das Blatt, das selten, ist in Folio, Heller gibt seine Dimensionen H. 16 Zoll 4 Linien, Br. 11 Zoll an. Der Preis vor der Schrift auf chinesischem Papier 130 Frs., mit der Schrift 15 Frs., auch 5 Reichsthaler).
1809: 27) „Die Verkündigung an die Hirten“, nach Flink, für das Napoleonische Museumswerk (Preis vor der Schrift 40 Frs., mit der Schrift 20 Frs.).
1810: 28) „Die Magdalena“, nach Correggio, nach einer Zeichnung des in der Dresdener Gallerie befindlichen Originals, von Seidelmann. L. stach dieses Blatt, eines der trefflichsten des Meisters, im Auftrage von Artaria in Mannheim. Man muß es wohl von einem Nachstiche unterscheiden, den P. Anderloni unter Longhi’s nachhelfender Hand ausgeführt hat (das echte kostete vor der Schrift 250 Frs., mit der Schrift 48 Frs., in der Mappe’schen Auction ging es um 70 fl. weg. Heller gibt seine Größe an: H. 12 Zoll, Br. 13 Zoll 10 Linien).
1811: 29) „Der holländische Bürgermeister“, nach Rembrandt, nach dem im Hause Manfrini zu Venedig befindlichen Originale. Es ist ein Gegenstück zu dem im Jahre 1804 ausgeführten Porträt eines Unbekannten (Nr. 16). Bezüglich des Bürgermeisters, wie der beiden Philosophen (Nr. 15 u. 21), sind die echten Blätter wohl zu unterscheiden von anderen nur unter Longhi’s Leitung von seinen Schülern Paul Caronni und Joseph Cozzi ausgeführten Stichen. Diese letzteren werden öfter unter Longhi’s Werken verkauft. Nur Kenner werden sich nicht täuschen lassen, denn Longhi führte die wesentlichsten Theile aus und hat das Ganze [16] übergangen (Preis vor der Schrift 24 Frs., mit derselben 10 Frs.). – 30) „Ein Alter mit der Tabakspfeife“ und ein Gegenstück dazu. – 31) „Eine vom Rücken angesehene und gegen den Zuschauer gewandte Person“, beide nach Longhi’s eigener Erfindung in der malerischen Weise des Castiglione ausgeführt (Preis des Blattes 3 Frs.). – 32) „Die Schlacht bei Marengo“, „Die Zeit mit den Parzen“, nach den Chiaroscuren Appiani’s, die dieser auf dem Friese des Ballsaales gemalt, in welchem Mailand, dem Kaiser Napoleon zu Ehren, als er sich zum Könige von Italien krönen ließ, den Festball veranstaltet hat. Es sind sechs Blätter, die als Muster für die übrigen dienten, welche von den Gebrüdern Rosaspina, von Michael Bisi und Giuseppe Beraglia so ziemlich in derselben Manier gestochen wurden (Preis des Blattes 8 Frs.).
1812: 33) „Der heilige Joseph mit dem Christuskinde auf dem Arme“, ein kleines Blatt nach Guido Reni, mit einer Feinheit ausgeführt, daß man es den besten Arbeiten Ficquets gleichstellt (vor der Schrift 26 Frs., mit der Schrift 15 Frs.). – 34) „Napoleon als König von Italien im Schmucke der eisernen Krone“, für die von Nicolo Bettoni herausgegebene Sammlung „Ritratti e vite di 60 illustri Italiani“ (vor dem N im Strahlenkranze 10 Frs., mit dem N 5 Frs.). – 35) „Galathea auf der Muschel durch das Meer segelnd“, nach dem im Besitze des Meisters befindlichen Originale von Albani. Dieses Blatt, welches L., nachdem es vollendet war, an Artaria in Mannheim verkauft, hatte er bereits im Jahre 1795 begonnen, und es immer wieder bald aufgenommen, bald liegen gelassen. Zur Vollendung brachte er es in der Zeit, als er an seinem berühmten Sposalizio arbeitete und es erschien im Jahre 1813. Probedrucke, auf welchen der Oberleib und die Füße noch nicht vollendet sind, sind selten und gesucht (Preis vor der Schrift 90 Frs., mit der Schrift 30 Frs.; Heller gibt die Maße an: H. 19 Zoll 1 Linie, Br. 14 Zoll).
1814: 36) „Das Bildniß des Vicekönigs Eugen Beauharnais“, nach Gerard, eines der schönsten Blätter des Künstlers, das aber in einem Augenblicke erschien, der für den Künstler und sein Bild wenig günstig war. Das Herzogsbarett mit den Federn, das auf einem Schemel liegend im Vordergrunde angebracht ist, ist mit einer Virtuosität ohne Gleichen gearbeitet. Bisher hatten die Federn im Bildnisse Ludwig’s XVI. von Bervic für das Höchste der Kunst gegolten; Longhi’s Federn fand man jedoch durch ihre Leichtigkeit so unendlich vorzüglicher, daß das Blatt unter dem Namen „Ritratto delle piume“ im italienischen Kunsthandel sehr gesucht und bald sehr selten war (Fol., der Preis vor der Schrift 350 Frs., mit der Schrift 150 Frs.). – 37) „Bildniß seines Bruders Johann Longhi“, nach einer von L. selbst ausgeführten Zeichnung. Auf dem Blatte ist unter dem Rande ein Sonett eingestochen (kl. Fol., vor der Schrift 8 Frs., mit der Schrift 4 Frs.).
1815: 38) „Das Bildniß von Michael Angelo Buonaroti“, nach Minardi, für Bettoni’s Werk: „Ritratti e vite di 60 illustri Italiani“; – 39) „Ein Bildniß Rembrandt’s“, nach einen: Originale desselben (Preis 3 Frs.).
1816: 40) „Das Bildniß des Dogen Enrico Dandolo“, nach einer Zeichnung von Matteini, auch für Bettoni’s oberwähntes Werk. – 41) „Pan und Syrinx“, nach dem Fluße eilend, wo die Najade verwandelt wird, nach Longhi’s eigener Zeichnung (vor der Schrift 16 Frs., mit der. Schrift 8 Frs.). – 42) „Das Bildniß des Kaisers Franz“, nach einem Gemälde von N. Schiavone (kl. Fol., vor der Schrift 24 Frs., mit der Schrift 12 Frs.). – 43) „Bildniß des Georg Washington“, für ein anderes Werk Bettoni’s, es galt als Musterblatt für die übrigen dieser Sammlung.
1820: 44) „Die Vermälung der heiligen Jungfrau“, nach Raphael, bekannter unter dem italienischen „Lo sposalizio“, das Hauptwerk seines Künstlerlebens, das er im Jahre 1809 begann und das im Jahre 1821 in den Handel kam. Das Original befindet sich in der Pinakothek der Brera zu Mailand. Das Blatt ist ein Gegenstück zu R. Morghen’s „Transfiguration“ (der Preis desselben ist in allen Abdrücken sehr hoch, im vollendeten Probedruck vor aller Schrift 200 Thaler, in Abdrücken vor der Schrift 150 Thaler, im Drucke mit Nummern aus dem ersten Hundert 115 Thaler, in seltenen Abdrücken mit Nummern aus dem zweiten Hundert 100 Thaler, in schönen Abdrücken ohne Nummern 57 Thaler, die späteren Abdrücke, ja bereits im zweiten Hundert, sind retouchirt. In der Mappe’schen Auction zu Frankfurt a. M. wurde ein Abdruck vor der Schrift auf chinesischem [17] Papier um 250 fl. gekauft. Bei Weigel ein Abdruck vor der Retouche mit Nr. 100 um 112 Thaler).
1822: 45) „Das Bildniß des Genueser Patriciers G. C. Negro“, nach einer Zeichnung der Künstlerin Bianca Millesi.
1823: 46) „Lady Burgersh und ihr Sohn“, nach Thomas Lawrence. Als Longhi, um den Druck seines „Sposalizio“, den er in Florenz ausführen ließ, zu überwachen. sich im Jahre 1821 in genannter Stadt aufhielt, sah er im Hause des englischen Ministers am toscanischen Hofe, Lord Burgersh, dieses Bild des englischen Malers, das ihn so sehr begeisterte, daß er eine Nachbildung im Kupferstich beschloß. Es ist ein durch die ganz originelle Ausführung bemerkenswerthes und sehr geschätztes Blatt. Longhi selbst nannte es „Le Delizie materne“ und schrieb mehrere Verse darunter (Probedruck 60 Frs., vor der Schrift 40 Frs., mit der Schrift 20 Frs.).
1825: 47) „Die Madonna vom See“ (la madonna del lago), nach einem nach dem Entwurfe von Leonardo da Vinci ausgeführten Bildchen von Marco d’Oggione. Uebrigens sind auf diesem Blatte nur die Köpfe und das Fleisch von Longhi ausgeführt, alles andere hat sein geschickter Schüler Caporali unter Longhi’s Aufsicht gearbeitet (Fol., vor der Schrift 84 Frs., bloß mit den Versen 42 Frs., mit der ganzen Schrift 36 Frs.).
1826: 48) „La Madonna del divotto“. Diesen Stich führt Beretta in seiner Biographie Longhi’s an. Er bemerkt hinzu, es sei von Longhi retouchirt, von Lionardo beendet. Andere Quellen gedenken dieses Bildes nicht (Preis vor der Schrift 40 Frs., mit der Schrift 20 Frs.).
1828: 49) „Die heilige Familie“, angeblich nach Raphael, das Kind Jesus auf dem Schooß der Mutter den Johannes segnend, links Joseph zu einer Thür eintretend. Es ist zweifelhaft, ob das Original von Raphael. L. benützte zu seinem Stiche eine Copie von Fr. Penni. Das Urbild soll in Palermo sein. L. zog aber zu diesem Blatte ein Bild zu Rathe, das er mehrere Jahre früher nach einem ähnlichen auch Raphael zugeschriebenen Gemälde in Rom gezeichnet hatte. Im Rehberg’schen Atlas wird diese Madonna auf Tafel 38 als die von Raphael für den Cardinal Carpi gemalte Madonna del divino amore bezeichnet. Gehört zu den schönsten Blättern des Meisters, dessen Werth man erst recht würdigen lernt, wenn man die Stiche von Marc Anton, Nikolaus Piteau und den späteren von Giovanni Folo neben jenen Longhi’s stellt (Fol., vor der Schrift 140 Frs., mit der Schrift 70 Frs., bei Weigel 18 Thaler). – 50) „Ein blinder Greis mit Bart“, nach Rembrandt. – 51) „Das Selbstbildniß des Malers Andreas Appini“. L. wollte dem Künstler, der sein Jugendfreund war, durch dieses sorgfältig gearbeitete Blatt ein Denkmal setzen. – 52) „Die Madonna del velo“, nach Raphael, es ist eine heilige Mutter, die den Schleier von dem schlafenden Christkinde, vor welchem der kleine Johannes kniet, weghebt. Das Original befand sich damals im Besitze eines Herrn Brocca in Mailand, der auch von Longhi das Bild gestochen wünschte. Longhi führte es nach einer Zeichnung von Vincenz Raggio aus; L. hat die Platte nicht mehr vollendet, Toschi legte 1834 die letzte Hand daran. (Preis vor der Schrift 100 Frs., mit der Schrift 50 Frs.).
1830: 53) „Das jüngste Gericht“, nach Michael Angelo. Schon im Jahre 1812 hatte L. den Entschluß gefaßt, dieses berühmte Gemälde zu stechen. Aber überhäuft mit Arbeiten, konnte er nie eine Zeit finden, die mühevolle Zeichnung – da er die Zeichnungen zu seinen Hauptblättern gewöhnlich selbst ausführte – anzufertigen. Als sich ihm aber in Tommaso Minardi aus Faenza der Künstler darbot, der eine Zeichnung wie L. sie wünschte zu vollenden geeignet war, so machte ihm L. den Antrag, den Minardi annahm und im Jahre 1826 die Zeichnung für Longhi beendete, „die durch Genauigkeit, Verständniß, Geist, Nerv und charakteristischen Ausdruck des Meisters schon in Rom Bewunderung erregte“. In Kreide ausgeführt, maß sie an Höhe 2 Fuß 10 Zoll 4 Linien und an Breite 2 Fuß 7 Zoll. Im Jahre 1828 schritt L. an die Ausführung, theilte aber um ohne Nachtheil der Zusammenstellung bequemer arbeiten zu können, das Ganze in zwei Hälften. Das Werk ist leider unvollendet geblieben. L. ging mit einer Sorgfalt ohne Gleichen an die Arbeit. Nur die Landschaft radirte und ätzte er. Die Schatten der Figuren stach er mit einem Grabstichel mit rund geschliffener Bahn so stark als möglich auf einmal, nachdem er sie vorher Strich vor Strich sich aufgezeichnet hatte. Die halben Töne so wie alle Zwischenarbeit machte er [18] mit der kalten Nadel und verbesserte mit dem Stichel. Obwohl unvollendet ist die 34 Zoll hohe und 32 Zoll breite Platte doch so weit vorgerückt, daß man Abdrücke davon machen konnte, die mit 20 Frs. bezahlt wurden. – 54) „Eine Platte mit 30 verschiedenen Köpfen“, für sein Werk über die Kupferstecherkunst; auch nicht ganz vollendet. – Das ihm zugeschriebene Blatt „Die Schlacht von Eylau“, nach einer Zeichnung von Calliani, welche L. im Auftrage der damaligen Regierung übernehmen mußte, ist eigentlich von seinem Schüler P. Anderloni gestochen, nur einige Köpfe darin sind von Longhi’s Hand.
Nagler in seinem „Künstler- Lexikon“ Bd. VIII, S. 42, führt unter Nr. 9 „Benignus Bossuet“, nach Drevet, unter Nr. 10 „Ludwig XVI.“, nach Bervic und unter Nr. 19 „Carlo Portia“, als von Longhi gestochene Blätter auf. Nagler irrt. Boussuet’s Porträt von dem jüngeren Drevet und Ludwig XVI. von Bervic waren nur die Muster, die L. im Auge hatte, als er an die Ausführung den Gerard’schen Bildnisses, des Vicekönigs (Nr. 36), ging. Gestochen hat er diese Bildnisse nicht; wie auch ein Bildniß des Carlo Portia die italienischen Quellen nicht namhaft machen. Wohl sind aber einige Blätter bekannt, welche L. gestochen hat, die jedoch nicht in die Oeffentlichkeit gelangt sind, und zwar: „Eine heil. Agathe“, halbe Figur; – „Ein Christuskopf“, nach Edelinck; – „Ein heil. Joseph“, nach unbekanntem Meister, bloß im Umriß und eine Figur (Tobiolo) nach Rembrandt. Das vollständige Werk Longhi’s umfaßt demnach 54 Nummern, wobei jedoch die „Blätter des Appiani’schen Frieses (Nr. 32) für eine Nummer gezählt werden. Schließlich soll er sich mit Rosaspina und Anderen am Stiche der 6 Kupfer des Werkes: „Del Cenacolo di Leonardo da Vinci, libri IV di G. Bossi, Stampate per cura di L. Nardini“ (Milano 1810, rog. 4°.), betheiligt haben. Die Werke großer Meister, wie Guido Reni (Nr. 3 u. 33), Parmiggianino (Nr. 1), Rubens (Nr. 12), Carlo Dolce (Nr. 17), Correggio (Nr. 28), Michael Angelo (Nr. 53), vornehmlich aber Rembrandt und Raphael waren es, in denen er durch seinen Grabstichel sich verewigte. Rembrandt sagte ihm vor Allem zu, wie schon die Menge der Blätter beweist (Nr. 5, 6, 9, 11, 12, 15, 21, 25, 29, 39, 50), die er nach ihm stach. Er studirte diesen Meister mit großer Vorliebe und in der That zählen auch Longhi’s Platten nach Rembrandt zu den besten, was je mit dem Grabstichel geleistet worden. Dann aber ist es Raphael, an dem er den ganzen Zauber seiner Kunst beweist. Die Nummern 26, 44, 49, 52 sind wahre Cimelien der Kupferstichsammlungen, vornehmlich aber Nr. 44, das Sposalizio, über welches fast eine kleine Bibliothek geschrieben wurde, epochemachend in der Geschichte seiner Kunst. Wie auch aus der Uebersicht seiner Blätter ersichtlich, so stach L. Porträte (Nr. 10, 19, 24, 34, 36, 37, 38, 40, 42, 45) und dann meist biblische Historien, darunter acht Madonnen und Christusbilder (Nr. 2, 14, 17, 18, 33, 44, 47, 49, 52, Nr. 48 ist zweifelhaft). Vollständige Sammlungen des Longhi’schen Kupferstichwerkes gehören selbst in öffentlichen Gallerien zu den größten Seltenheiten. Die Kupferstich-Sammlung der k. k. Hofbibliothek in Wien enthält, wie Friedrich Ritter von Bartsch in seiner Darstellung derselben (S. 63, Nr. 754 bis 757) berichtet, einige sehr kostbare Blätter, darunter allein vier verschiedene Abdrücke (einen vor der Schrift, den 4. u 5. mit der Schrift und den 142ten) des berühmten „Sposalizio“.
Quellen zu Longhi’s Biographie. Sacchi (Defendente), Biografia di G. Longhi con un cenno dei funerali celebrate (Milano 1831, 8°., mit Porträt). – Longhena (Francesco), Notizie biografiche di G. Longhi (Milano 1831, 8°.). – Beretta (Gius.), Commentario della vita, delle opere ed opinioni dei cavaliero G. Longhi (Milano 1837, 8°., mit Porträt). – Esequie di Giuseppe Longhi incisore celeberrimo descritte de Francesco Longhena (Milano 1831, mit lith. Porträt). – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1838, Fleischmann, 8°.) Bd. VIII, S. 37 u. f. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien, 8°.) Bd. III, S. 492 [gibt irrig das Jahr 1768 als Longhi’s Geburtsjahr und den Kirchenstaat als sein Geburtsland an]. – Deutsches Kunst-Blatt. Redigirt von Eggers (Berlin, 4°.) 1828, Januarheft, S. 4. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Professor Fr. Müller, fortgesetzt von Dr.Karl Klunzinger (Stuttgart, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. II, S. 617. – Kunst-Blatt (Stuttgart, Cotta, 4°.) Jahrgang 1820, S. 269; [19] Jahrg. 1831, S, 151; Jahrg. 1833, S. 225. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1820, S. 572, über Longhi’s Stich des Raphaelischen Bildes: „Il sposalizio“; Jahrgang 1831, S. 61: Nekrolog. – Artistisches Wochenblatt (Beilage der „Abendzeitung“ von Theodor Hell) 1831, Nr. 4, S. 14: Longhi’s Nekrolog von Grüner. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliographisches Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abtheilung 2, S. 925, Nr. 6. – Tipaldo (Emilio de), Biografia degli Italiani illustri nelle scienze, lettere ed arti del secolo XVIII e de’ Contemporanei (Venezia 1836, 8°.) Tomo III, p. 445–448. Von Michele Sartorio. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850 et s., 8°.) Tome XXXI, p. 563. – Rabbé, Boisjolin et Saint-Preuve, Biographie universelle des Contemporains, tome V. – Biblioteca italiana (Milano, 8°.) 1831, p. 139. – Porträte. 1) Unterschrift: Cav. Giuseppe Longhi, Professore d’Incisione, Membro dell’Istituto di Milano, e di Francia, Socio d’ onore di molte Accademie. Gpe Beretta incise; – 2) in der Porträtsammlung des Hofmalers C. Vogel in Dresden, im Jahre 1826 von Jesi in Mailand gezeichnet; – 3) in dem von Bohr und Höfel herausgegebenen Bildnißwerke, in Guillochirmanier ausgeführt; – 4) Bildniß, gezeichnet und gestochen von Peter Anderloni [auch vor Longhena’s Notizie biografiche di Gius. Longhi].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Abate.
  2. Vorlage: Pristerstande.