BLKÖ:Kauffmann, Angelica

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 11 (1864), ab Seite: 44. (Quelle)
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Kauffmann, Angelica (Malerin, geb. zu Chur in Graubündten 30. October 1741, gest. zu Rom 5. November 1807). Ihr Vater Johann Joseph war in der Gemeinde Schwarzenberg im Bregenzerwalde Vorarlbergs ansässig. Er betrieb daselbst die Malerkunst, und obgleich kein vorzüglicher Meister, so hatte er doch ein genügendes Verständniß von der Kunst, mit der er seinen Lebensunterhalt erwarb. Der Fürstbischof von Chur hatte ihn an seine Residenz berufen, um einige Malerarbeiten auszuführen. Dort entspann sich zwischen ihm und Cleopha Luz ein zärtliches Verhältniß, das zu einer ehelichen Verbindung führte und nach deren Vollziehung die Frau von der reformirten zur katholischen Kirche übertrat. Angelica war die erste und einzige Frucht dieser Ehe. Ihre Geburt in Chur – das in einigen deutschen Werken angegebene Coira als Angelica’s Geburtsort ist der italienische Name für Chur – ist rein zufällig, weil sich eben zu jener Zeit die Eltern dort befanden; ihres Vaters Heimat ist Vorarlberg, wo er und seine Vorfahren seit Jahrzehenden bereits in Schwarzenberg ansässig waren. Im September 1742 verließ Maler Kauffmann mit Frau und Tochter Chur und begab sich nach Morbegno im Veltlin, wo er sich beinahe zehn Jahre mit Porträtmalen beschäftigte. Hier bereits entwickelte sich Angelica’s Talent für die Kunst. Die ihr von dem Vater vorgelegten Schriftverzierungen machte sie, so klein sie war, mit staunenerregender Treue nach. Später legte er ihr Kupferstiche vor, ließ sie nach Gypsformen zeichnen, und überall ein ganz ungewöhnliches Talent bekundend, kam sie mit einem Male zur Ausführung mit dem Pinsel in Oelfarbe. Kaum neun Jahre alt, verfertigte sie Porträte mit 4 Pastellstiften. Da ihre Erstlinge Beifall fanden, wurde ihr Fleiß noch mehr geweckt und während ihr Vater diese Naturanlage förderte, versäumte die Mutter, von welcher sie die deutsche und italienische Sprache erlernt hatte, nichts, aus der angehenden Künstlerin eine gute Hausfrau zu machen. Im Jahre 1752 übersiedelte Kauffmann nach Como, denn das, was er seine Tochter hatte lehren können, war aufgebraucht; in Como boten sich ihr geschicktere, für ihr ungewöhnliches Talent entsprechendere Lehrer, und die Lectüre guter Werke über die Kunst erweiterte über die gewöhnliche Malerpraxis hinaus ihren Gesichtskreis. Durch das in Pastell ausgeführte Porträt des Bischofs von Como wurde die allgemeine Aufmerksamkeit auf die 11jährige Künstlerin gerichtet, von der nun Alles eine Arbeit zu besitzen wünschte. Bis zum Jahre 1754 blieb Angelica mit ihren Eltern in Como, von dort begaben sich Alle nach Mailand, wo sich der jugendlichen Künstlerin wahrhaft eine neue Welt erschloß. Die herrlichen Werke der lombardischen Schule, die kostbaren Sammlungen aller Art, welche in Mailand sich befinden, erfüllten sie mit Bewunderung, und die hohe Bedeutung der Kunst erkennend, fühlend, was sie noch Alles zu lernen habe, begann sie mit Muth und Ernst ihre neue Studien. Indem sie zu diesem Zwecke die besten Werke copirte, malte sie, dem Wunsche ihres Vaters entsprechend, Porträte und brachte es darin zu großer Vollkommenheit. Ihre Bildnisse wurden bald gesucht. Der Gouverneur Reginald von Este und die Herzogin von Massa-Carrara ließen sich von Angelica malen, bald folgte diesem Beispiele der ganze Hofstaat. Aber mitten unter diesen lohnenden Erfolgen mußte die Tochter ein tiefes [45] Weh erfahren. Am 1. März 1757 raffte der Tod ihre Mutter hin. Nun war keines Bleibens länger an dem Orte der Trauer und ganz gelegen kam dem Vater Kauffmann der Antrag, die Pfarrkirche seines Geburtsortes auszumalen. Vater und Tochter reisten sofort nach Schwarzenberg im Bregenzerwalde und bald gingen sie vereint an die Arbeit. Während Kauffmann sich mit dem Plafond beschäftigte, malte Angelica in Fresco die 12 Apostel an den Seitenwänden nach Piazzetta’s Kupferstichen. Leider, als in späteren Jahren diese Wandgemälde beschädigt wurden, wagte es eine fremde Hand sie auszubessern und so ist denn die ursprüngliche Arbeit beinahe verschwunden. Nach Vollendung der Kirche begab sich Kauffmann mit seiner Tochter nach Meersburg, einem Sommersitze des Bischofs von Constanz, um den Cardinal Fürstbischof von Roth[WS 1] zu malen und von da in das Montfort’sche Schloß Tettnang, wo sie die Bildnisse der gräflichen Familie vollendeten. Die Anwesenheit der Künstlerin wurde bald bekannt und von allen Seiten trafen Aufträge und Bestellungen ein. Dieses gewöhnliche Arbeiten um Lohn sagte aber Angelica nicht recht zu. Aelter geworden, von dem gewaltigen Triebe nach Selbstständigkeit erfaßt, drängte es sie nach Italien zurück und sie reiste mit dem Vater nach Mailand. Da sie außerdem musikalisch gebildet war und vortrefflich sang, so daß sie durch ihren Gesang nicht geringere Bewunderung erregte als durch ihre Gemälde, entstand nun der Kampf, welcher von beiden Künsten, um nicht in beiden mittelmäßig zu bleiben, ob jener des Gesanges oder jener der Malerei, sie sich ausschließend widmen sollte. Wenn sie sich für den Gesang entschied, hätte sie als Sängerin die Bühne betreten müssen. Ein alter Priester, der dem Vater die Gefahren zu Gemüthe führte, welche der Tochter auf der Laufbahn einer Sängerin drohten, gab den Ausschlag und Angelica, wenngleich nie dem Gesange ganz entsagend, wurde Malerin und hinterließ durch ihre Farbentöne der Nachwelt dauernde Werke, während die lieblichsten Töne ihrer Kehle wohl die Mitwelt entzückt hätten, aber für die Nachwelt verklungen wären. Für Angelica selbst war die Wahl eine um so schwierigere, als sie von vielen Seiten gedrängt wurde, sich für die Bühne zu entscheiden, wo ihr hinreißender Gesang ihr gewiß große Triumphe bereitet haben würde. Es war dabei auch Liebe im Spiele. Ein junger Musiker, der vor Allem die Leidenschaft für den Gesang in Angelica nährte, verehrte sie. Aber nachdem Angelica sich für die Malerei entschieden hatte, schien er seine Hoffnungen aufgegeben zu haben, er verließ sie und Angelica hat nie wieder etwas von ihm gesehen und gehört. Nach einem kurzen Aufenthalte in Mailand, wo die Wahl ihres künftigen Berufes stattgefunden hatte, begab sie sich nach Parma, wo die Werke Correggio’s ihre Aufmerksamkeit fesselten; von dort nach Bologna, wo sie die Arbeiten der bolognesischen Schule studirte, worauf sie nach Florenz sich begab, wo sie am 9. Juni 1762 anlangte. (Wenn diese und die folgenden Zahlenangaben von jenen in Angelica’s Biographie von Zucchi abweichen, so beruht dieß auf einer von de Rossi gefundenen Aufzeichnung von der Künstlerin eigener Hand, welche als authentische Quelle benützt wurde.) In Florenz verweilte sie längere Zeit, auf das eifrigste mit Studien in der großherzoglichen Gallerie [46] beschäftigt. Im Jänner 1763 verließ sie Florenz und begab sich nach Rom, wo sie sich alsbald mit Winkelmann befreundete. Noch im Juli d. J. besuchte sie Neapel, wo viele der dort sich aufhaltenden Engländer von der Künstlerin gemalt sein wollten und die Zeit mehr unter bestellter Arbeit als Studien für künstlerische Zwecke hinging. Wider Erwarten hatte sich der Aufenthalt in Neapel beinahe zu einem Jahre ausgedehnt, denn erst am 12. April 1764 kehrte sie nach Rom zurück. Dort war ihre ganze Beschäftigung dem Studium der großen Meister und der Ausarbeitung jener Bestellungen gewidmet, die von verschiedenen Seiten an sie einlangten. Die erste Muße, die sich ihr darbot, benützte sie zu einem wiederholten Besuche Bologna’s, wo sie Mitte 1765 eintraf, welchem ein erster Besuch in Venedig folgte, wo die Meisterwerke Titian’s, Tintoretto’s, Paolo Veronese’s ihr eine neue Seite in den Herrlichkeiten der italienischen Malerschulen eröffneten. In Venedig lernte Angelica die Lady Wentworth (in den meisten Biographien heißt sie Lady Veertwort), eine Engländerin, kennen, deren Antrag, in ihrer Gesellschaft nach England zu reisen, sie um so lieber annahm, als es sie längst schon gedrängt hatte, dieses Inselland kennen zu lernen. Am 22. Juni 1766 langte sie in London an, um diese Riesenstadt nach Jahren mit gebrochenem Herzen zu verlassen. Der Empfang, der ihr in London von allen Seiten wurde, übertraf alle ihre Erwartungen. Josue Reynolds kam ihr in höchst schmeichelhafter Weise entgegen. Er malte ihr Bildniß, welches Bertalozzi meisterhaft stach. Die vornehmen Engländer wollten von ihr gemalt sein. Die Prinzessin von Wales, Mutter des Königs, besuchte sie im Atelier. Kurz die anmuthige Künstlerin, welcher überdieß ihr Vater eine nahe Verwandte nachgeschickt hatte, damit sie in der großen Weltstadt sich nicht zu verlassen fühle, bis er selbst nachkam, wurde gefeiert und verlebte die glücklichsten Tage; aber bald sollten dieselben durch ein Ereigniß getrübt werden, über welches der Schleier des Geheimnisses noch heute nicht gelichtet ist. Zu einer empörenden Mystification, deren Gegenstand die arme Angelica geworden, soll Reynolds – Schmach ihm – die Hand geboten haben. War es Reynolds selbst oder ein anderer Künstler, der Angelicen Heirathsanträge gemacht und von ihr abschlägig beschieden worden war, genug, der sich durch die Ablehnung beleidigt Fühlende faßte den Entschluß, sich auf eine ebenso planvoll angelegte als empörende Weise zu rächen. In den vornehmen Cirkeln Londons trat ein Mann auf, der sich Graf Horn nannte und für einen Abkömmling der berühmten schwedischen Familie der Horn ausgab. Sein Auftreten war glanzvoll, er spielte den begeisterten Kunstfreund und verwendete große Summen zum Ankaufe von Gemälden. In den Künstlerkreisen stritt man sich um die Ehre seines Besuches, da fiel seine Wahl auf das Atelier Angelica’s und in demselben schlug er so zu sagen als Enthusiast seine Wohnung auf. Es entspann sich zwischen dem Kunstfreunde und der Künstlerin alsbald ein innigeres Verständniß. Obwohl der Vater dazwischen trat und Angelica warnte, so war gerade dieser Widerstand eine Ursache mehr, das Unglück zu verwirklichen und zu beschleunigen. Angelica ließ sich mit dem Grafen heimlich trauen. Nun wurde von dem jungen Paare eine heimliche Flucht verabredet, [47] einestheils um sich der lästigen Aufsicht des Vaters zu entziehen, andererseits um den nunmehrigen Gemal aus dem Bereiche der Verfolgung zu bringen, als deren Gegenstand er sich ihr geschildert hatte. Der Gemal, der sich nun im Besitze des Weibes fühlte, trat aber mit einem Male in ganz anderer Gestalt auf, als er sich bis dahin gezeigt. Durch den Besitz ihrer Person glaubte er ein Recht auf Alles, was sie besaß, erlangt zu haben. Als sie sich dem entgegensetzte, wollte er seine Rechte in brutaler Weise durchsetzen. Angelica sollte ihm, so forderte er, ihr ganzes Besitzthum verschreiben; sie weigerte sich; sie sollte mit ihm London verlassen, sie wollte nicht, wenigstens nicht ohne ihren Vater reisen. Jetzt erst traten die Freunde zwischen das arme Weib und dessen Folterer. Mit dem Betrage von 300 Guineen verstand sich der Gauner zur Trennung, welche durch einen Act am 10. Februar 1768 rechtskräftig vollzogen wurde. Der vermeintliche Graf stellte sich als einen Betrüger heraus, der für die elende Rolle, die er gespielt, gekauft und gut bezahlt worden war. Er war kein Graf, sondern soll nur ehemals in Diensten eines Grafen Friedrich Horn gestanden sein; später an mehreren Orten unter verschiedenen Namen, so in London zuvor als Burkle, in Amsterdam als Studerat, anderswo als Rosenkranz herum gegaunert haben; sein wirklicher Name aber schien Brandt gewesen zu sein, wenigstens ist auf diesen Namen die Trennungsurkunde ausgestellt. Der Verdacht der Anstiftung dieser grauenerregenden That fiel auf Reynolds. Er hat sich zwar später selbst von dieser Anklage gereinigt und Angelica eine Art Ehrenerklärung gegeben. Aber ebenso wenig, wie es bis heute gelöst ist, wie gerade Reynolds in diesen traurigen Verdacht gerieth, ebenso wenig steht er von aller Schuld frei da und lastet bis zur Stunde dieser Schandfleck auf ihm. Die Theilnahme für Angelica war in den gebildeten und höheren Kreisen Londons sehr groß. Um so zu sagen diese dem schuldlosen Weibe angethane Schmach zu sühnen, erhielt K. von mehreren Seiten Heirathsanträge, aber wenn auch Angelica schon damals eine völlige Auflösung dieser Ehe, die sie später erwirkt hatte, zu erlangen im Stande war, so schauderte sie doch im Augenblicke nach der gemachten Erfahrung vor dem Gedanken an eine zweite Heirath zurück. Die englische Nation überhäufte aber das edle Weib mit Beweisen ihrer Achtung; einer darunter war, daß, als um jene Zeit in London die königliche Akademie der Künste begründet wurde, man Angelica Kauffmann unter die Zahl der Professoren aufnahm. Im Jahre 1771 unternahm Angelica in Kunstzwecken einen Ausflug nach Irland, wo sie zahlreiche Bildnisse vollendete. 15 Jahre war sie, gefeiert von den Auserwählten der Nation, in London geblieben, aber einerseits war es Sehnsucht nach dem Festlande, andererseits die ihr wenig günstigen Einflüsse des Klima, welche sie bestimmten London zu verlassen. Früher noch gab sie aber dem Andrängen ihres Vaters, sich zu vermälen, nach. Bereits war ihre erste Ehe von dem päpstlichen Stuhle als völlig ungiltig erklärt worden. Und so kam – weniger aus Neigung, als um dem Wunsche des Vaters zu willfahren und weil der Name des künftigen Gatten genügende Garantie bot, die Künstlerin, welche damals bereits 40 Jahre zählte und also über alle Illusionen weit hinaus war, zu beglücken – die Heirath mit dem Venetianer Maler Antonio Zucchi zu Stande. Die priesterliche [48] Einsegnung erfolgte am 14. Juli 1781, am 19. verließ Angelica an der Seite ihres Gatten London. Ueber Ostende nach Flandern, wo sie die Werke eines Rubens und Van Dyk in ihrer Vollendung kennen lernte, über Lothringen und Thionville kam sie zuvörderst in ihrer Heimat in Schwarzenberg an, wo sie einen Monat verweilte. Ueber Tirol begab sie sich nun nach Italien, kam am 4. October in Venedig an, wo der Ruf ihres Namens ihr schon voran geeilt war. In Venedig suchte sie der Graf von Nord auf, unter welchem Namen damals der Großfürst Paul, nachmaliger Kaiser, reiste. Die Großfürstin überhäufte Angelica mit Beweisen ihrer Huld. Von allen Seiten trafen Bestellungen auf große Arbeiten ein. Angelica malte Mehreres. Aber wieder sollte sie ein Leid treffen. Der sichtlich alternde und hinsiechende Vater warf am 11. Jänner 1782 die Bürde des Lebens ab und wenige Tage später am 6. Februar hauchte seine Schwester in Angelica’s Armen ihren Geist aus, nachdem sie eigens von Morbegno nach Venedig geeilt war, um Angelica in der Pflege des Greises zu unterstützen. Diese zwei Unfälle erschütterten Angelica’s Gemüth, so daß Zucchi sich beeilte, die Gattin von dem Schauplatze so trauriger Erinnerungen zu bringen. Sie begaben sich nun Mitte April von Venedig über Rom, wo sie sich vor der Hand nur kurze Zeit aufhielt, nach Neapel, weil das dortige Klima Angelica’s Gesundheit am meisten zusagte. Dort von der königlichen Familie auf das huldvollste empfangen, erhielt sie von derselben zahlreiche Beweise fürstlichen Wohlwollens. Nach längerem Aufenthalte in Neapel aber kehrte Angelica nach Rom, ihrer eigentlichen zweiten Heimat, zurück. In Rom ging eben um jene Zeit der Umschwung im Gebiete der Kunst, die Umwandlung der Periode des Zopfthums, deren mächtige Vertreter Bernini und Pietro da Cortona waren, in die des besseren veredelten Geschmacks vor sich. Raphael Mengs kommt das unbestrittene Verdienst zu, diesen Umschwung herbeigeführt und vollendet zu haben. Eben begann sich Mengs’ Einfluß, der vor wenigen Jahren erst gestorben war, mehr und mehr geltend zu machen, als Angelica in Rom ihr Atelier aufschlug. Angelica hatte Mengs tief studirt und seine Ansichten waren ihr in vielen Puncten maßgebend geworden. Mengs’ Geist sprach deutlich aus ihren Arbeiten. Um diese Zeit hatte sie das berühmte Bild der königlichen Familie von Neapel vollendet, welches viele Besucher in ihr Atelier zog und ihren Ruf in hohem Grade steigerte. Auch Kaiser Joseph II., welcher sich gerade damals in Rom befand, wollte das vielbesprochene Bild sehen. Nachdem er es bewundert, verlangte er die Künstlerin kennen zu lernen und war freudig überrascht, als sie sich ihm als eine Deutsche, ja als seine Unterthanin vorstellte. Er gab ihr sofort eine Bestellung für seine Gallerie, ließ ihr aber in Wahl des Stoffes und der Größe der Bilder freien Spielraum. Als Angelica zu Anfang des Jahres 1784 das Bild der königlichen neapolitanischen Familie selbst nach Neapel überbrachte, wurde ihr ein überaus huldvoller Empfang zu Theil und von Seite des Hofes Alles versucht, sie bleibend für Neapel zu gewinnen. Angelica aber, die eine besondere Vorliebe für Rom hatte, lehnte die schmeichelhaftesten Anträge ab, und erst auf die Bitte der Königin, den beiden Prinzessinen den Unterricht in den Anfangsgründen der Zeichnenkunst zu ertheilen, sagte sie, obgleich [49] mit innerem Widerstreben, aber aus tiefster Verehrung für die erlauchte Frau zu. Nachdem sie mit ihren königlichen Zöglingen soweit vorgeschritten war, daß sie überzeugt war, mit ihrem Unterrichte ihnen nicht mehr nützen zu können, denn die Gabe des Unterrichtes war ihr nicht eigen, kehrte sie nach Rom zurück, wo es ihr schwer wurde, allen seit geraumer Zeit an sie gelangten Bestellungen nachzukommen. Dazu brachte jeder Tag neue Aufträge. Nur ihre höchst geregelte Lebensweise und, man muß sagen, ihr staunenswerther Fleiß ermöglichten es, daß sie den zahllosen an sie gestellten Forderungen entsprach. So z. B. arbeitete sie von frühem Morgen bis Mittag bei der Staffelei, entweder zeichnend oder malend. Indem sie dann eine kleine Erfrischung nahm, ging sie wieder zur Arbeit und malte bis Sonnenuntergang. Des Abends versammelte sich ein kleiner aber ausgewählter Kreis von Freunden bei ihr, darunter als ständige Gäste der Rath Reiffenstein, der Landschaftsmaler Hackert, der Kupferstecher Volpato und der Abbé, nachmalige Cardinal Spina, denen sich dann und wann ausgezeichnete Fremde, welche an Angelica Empfehlungen hatten oder von ihren Freunden bei ihr eingeführt wurden, hinzugesellten. So verlebte sie allgemein bewundert und anerkannt glückliche Jahre und nur der Tod ihres geachteten Gatten Zucchi, welcher im Jahre 1793 erfolgte, bildet eine traurige Episode in diesem künstlerischen Stillleben. Größere Sorgen beunruhigten sie aber, als die blutigen Sonnenstrahlen einer neuen Zeit ihr grelles Licht auch auf den Kirchenstaat warfen und Rom zum ersten Male nach langer Zeit jene französische Einquartierung erhielt, welche noch heute das Entsetzen aller Touristen und die unauflösbare diplomatische Frage der Gegenwart bildet. Uebrigens die bekannte französische Galanterie spiegelt sich in dem gegen Angelica beobachteten Benehmen in wahrhaft glänzender Weise. Während alle Häuser in Rom französische Einquartierung erhielten, verschonte der Commandant der Besatzungstruppen Angelica’s Haus, sobald er in Kenntniß gesetzt worden, welche bedeutende Künstlerin in demselben wohne. General l’Espinasse gab ihr schriftlich die Zusicherung, daß sie sich gegen jede solche Ungebühr für geschützt betrachten könne, und Angelica erwiederte eine solche, in Kriegswirren nicht übliche Zartheit damit, daß sie den General bat, ihr zu seinem Bilde zu sitzen. Empfindlicher traf sie aber die Sorge um ihr in englischen Papieren angelegtes, durch ihren staunenswerthen Fleiß erworbenes nicht geringes Vermögen, welches bei der traurigen politischen Situation sehr gefährdet erschien, jedoch hatte sie nur verhältnißmäßig geringe Verluste erlitten. Ihr ununterbrochenes Arbeiten hatte indeß ihre Gesundheit geschwächt und nach einer längeren Krankheit, von der sie befallen wurde, machte sie auf den Rath der Aerzte eine Reise nach Oberitalien, auf welcher sie alle Orte einer glücklich verlebten Kindheit besuchte und in Mailand, später in Como mehrere Wochen verweilte. Nach ihrer Rückkehr nach Rom begann wieder jene künstlerische rastlose Thätigkeit, welche die Menge ihrer Arbeiten erklärt. Aber die letzten 3 bis 4 Jahre vor ihrem Hinscheiden nahmen ihre Kräfte und die Lust zur Arbeit sichtlich ab, ja mit Anfang des Jahres 1807 wurde sie von einer solchen Schwäche überfallen, daß sie selbst fühlte, ihre letzte Stunde möge nicht mehr ferne sein. Sie bereitete sich auch gefaßt auf [50] dieselbe vor. Alle ihre Papiere sichtend, viele derselben den Flammen überliefernd, erwartete sie mit göttlicher Ergebung die letzte Stunde. Immer war Gellert ihr Lieblingsdichter, aber in diesem letzten Jahre war er ihr Trost, ihre Erhebung. Wenn sie nur konnte, so las sie seine geistlichen Lieder. Am 5. November 1807, als sie sich sehr schwach fühlte, bat sie ihren Neffen, ihr den Gellert vorzulesen. Er begann die Ode an die Sterbenden, aber sie bezeichnete ihm die Seite, auf welcher die Ode an die Leidenden stand, und bat ihn, diese zu lesen. Während er nun die ihm bezeichnete Stelle suchte, hatte Angelica ihr Haupt gewendet und ihre Seele ausgehaucht. Es war 21/2 Uhr nach Mittag. Die Künstlerin war 66 Jahre alt geworden. Die Nachricht von ihrem Tode erweckte allgemeine Theilnahme. Architekt Uggeri, Bildhauer Albaggini und ihr Neffe Johann Kauffmann, auch Bildhauer, trafen die zur Bestattung nöthigen Anstalten. Canova [Bd. II, S. 251] nahm es über sich, die Gäste zur Trauerfeierlichkeit einzuladen, die am 7. November in der Kirche San Andrea delle Fratte stattfand. Zu jeder Seite des Altars war ein Gemälde von ihr und neben dem einen die aus carrarischem Marmor gemeißelte, den Pinsel haltende Hand aufgestellt. Canova hatte einen Monat vor ihrem Tode dieselbe vollendet. Ihrem Wunsche gemäß, wurde ihre Leiche neben jener ihres Gemals Zucchi beigesetzt. Ihre Büste, von Peter (hie und da Johann Peter) Kauffmann gemeißelt, wurde ein Jahr darauf im Pantheon im Kreise der Heroen der Kunst aufgestellt. Die Aufstellung derselben fand in der feierlichsten Weise Statt. Früher bereits hatten die Engländer Heveston und Bildhauer Albaggini ihre Büste gemacht, aber letzterer sie nicht vollendet. Ob der berühmte Medailleur Mercandetti, der Angelica’s Gedächtnißmünze in der Reihe seiner Medaillen auf berühmte Zeitgenossen herausgeben wollte, sein Vorhaben ausgeführt, ist dem Herausgeber nicht bekannt. Ueber ihre Werke (historische Bilder, Porträte, Stiche; über ihre Bedeutung in der Kunst, über die über sie erschienenen Porträte u. dgl. m.) vergleiche Näheres in den Quellen.

I. Verzeichniß der Gemälde und Porträte von Angelica Kauffmann. Es ist kaum möglich, ein vollständiges Verzeichniß ihrer Bilder herzustellen; sie selbst erklärte, mehrere ihrer Gemälde ganz vergessen zu haben. Aber hier wird versucht, einen möglichst vollständigen Catalog ihrer berühmteren, oder doch sonst interessanten Bilder zu liefern. A) Historische Bilder (mit Inbegriff der Altarblätter und mythologischen Scenen). „Die Zwölf Apostel“, Frescogemälde an den Seitenwänden der Kirche zu Schwarzenberg, der Heimat ihres Vaters (1757), leider durch eine spätere Stümperhand ganz entstellt; – „Eine weibliche Figur, Musik und Malerei winken ihr, ihnen zu folgen, der letzteren gibt sie Gehör“ (1760). Angelica malte dieses Bild, in welchem die Gestalt des betreffs der Wahl zwischen Gesang und Malerei auf dem Scheidewege befindlichen Mädchens ihr eigenes Porträt ist, zweimal; – „Der Tod Leonardo’s da Vinci in den Armen Franz I.“ (1781 in Venedig); – „Servius Tullius als Kind, wie sein Haupt von einem gloriengleichen Schein umstrahlt wird“ (in Rom 1784 für Kaiser Paul); – „Hermann’s Rückkehr in die Wälder seiner Heimat nach der Vernichtung der Legionen des Varus“ (um 1785); – „Aeneas veranstaltet die Leichenfeier des im Kampfe gefallenen Pallas“. Beide Bilder im Auftrage des Kaisers Joseph II., jedoch nach freier Wahl des Gegenstandes durch die Künstlerin selbst; die Figuren zwei Drittheil der natürlichen Größe (beide im Jahre 1785); – „Virgil der Kaiserin Octavia seine Aeneide vorlesend“; – „Augustus, als er die Verse von dem Tode des Marcellus liest und Octavia darüber ohnmächtig werdend“, beide im Auftrage [51] des Königs von Polen Stanislaus Poniatowski; – „Achilles in Frauengewändern verhüllt, im weiblichen Gefolge der Tochter des Lykomedes, wird durch die Schlauheit des Ulysses entdeckt“, im Auftrage der Kaiserin Katharina II. als Seitenstück zum Servius Tullius; – „Nathan und David“, für den Cardinal Zelada; – „Ein Studienkopf“, für den hochwürdigen H. Dugnani; – „Der h. Joachim, die h. Anna und das Christuskind“, Altarblatt für die St. Lorettokirche, im Auftrage des Staatssecretärs Cardinal Ignazio von Buoncampagni. Die folgenden Bilder fallen in die Jahre 1788–1795 und sind meist in Rom oder aber in Neapel gearbeitet. „Eine heilige Familie“, Altarblatt für die Stadt Bergamo; – „Gott Amor“, eigentlich Porträt eines vornehmen polnischen Knaben; meisterhaft gestochen von Porporati; – „Circe, nachdem sie die Gefährten des Ulysses in wilde Thiere verwandelt, läßt den Heros die Speisen kosten, die sie, um auch ihn gleich seinen Gefährten zu verwandeln, bereitet hatte; – „Telemach und sein Mentor werden von Kalypso empfangen“, Angelica hatte dasselbe Sujet schon in London für eine Dame gemalt; – „Adonis auf die Jagd gehend“; – „Bachum in remotis carmina rupibus vidi docentem“, diesen horazischen Vers verherrlichte Angelica durch ein Bild; – „Die Mutter der Grachen zeigt einer Freundin in ihren Kindern ihre Juwelen“; – „Brutus verurtheilt seine Söhne zum Tode“, dieses und das vorige für den Fürsten Poniatowski; – „Agrippina schließt die Goldvase an ihr Herz, welche die Asche des Germanicus enthält“; – „Venus lächelnd über die Klagen der von Amor in der Hand verwundeten Euphrosine, während der Liebesgott in den Schooß der Mutter sich geflüchtet hat“; – „Der am verlassenen Lager trauernden Ariadne führt Amor den Bacchus zu, um sie zu trösten“, dieses und das vorige für Lord Berwick; – „Pyrrhus von der Amme zu König Glaukios getragen, nach ihm die Arme ausstreckend und den Saum seines Kleides ergreifend, gleichsam um sein Mitleid zu erregen“, für einen Grafen Brown; – „Alceste sterbend, um durch ihren Tod die Tage ihres Gemals Admet zu verlängern“; – „Praxiteles schenkt der Phryne die Statuette des Cupido“; – „Phryne versucht den Xenokrates durch ihre Reize zu fesseln“– „Die Nymphe Egeria in einer ihrer religiösen Unterredungen mit Numa Pompilius zeigt ihm den leuchtenden, vom Himmel gefallenen Schild“; – „Christus mit der Samaritanerin am Brunnen“; – „Nathan wirft David sein Verbrechen vor“, dieses und das vorige in der Hälfte der natürlichen Größe; – „Die auf einem Ruhebette sitzende Venus räth der Braut des Menelaus, den eben eintretenden von Amor geführten Paris zu lieben“, für den Fürsten Yusupoff; – „Der in den Pontus verbannte Ovid, alt und schwächlich, schreibt seine Elegien, während Amor hinter seinem Rücken den Bogen spannt“, dieses und das vorige zwei der reizendsten Bilder der Künstlerin; – „Die erste Begegnung Leander’s mit Hero, als diese Priesterin der Venus, umgeben von einem Kranze von Jungfrauen und Jünglingen, eben ihr Opfer dem Adonis zu Ehren verrichten will“; der Prinz von Waldeck bestellte dieses Bild und das Bild der Hero sollte das Porträt seiner Braut sein; – „Eine Nymphe im Momente, als sie sich eben ankleidet, überrascht, wirft einen weißen Schleier über sich“. Dieses Bild malte Angelica, als eine Dame von ihr ein nicht zu züchtiges Gemälde verlangte. Ein solches, wie es verlangt wurde zu malen, sich weigernd, vollendete sie das genannte, welches ein Meisterstück wurde; – „Abraham die Hagar mit ihrem Sohne Ismael verabschiedend“; – „Der Engel verkündigt Marien die Empfängniß des Herrn“; – „Christus befiehlt seinen Jüngern, daß sie die Kleinen zu ihm kommen lassen sollen“, beide Bilder im Auftrage des Bischofs von Münster; – „Die Religion im Kreise der Tugenden, als ihrer Kinder und Gefährten“, ein großes viel gerühmtes Gemälde, an welchem sie das ganze Jahr 1798 gearbeitet hatte; sie malte es für den Engländer Forbes; – in den Jahren 1798 und 1799: „Ariadne gibt Theseus heimlich den Knäuel, der ihn siegreich aus dem Labyrinth bringt“; – „Eine Scene aus Ossian’s Gedichten“; – „Eine Mutter Gottes mit dem Christuskinde und zwei Engeln“, für den Marchese Taccone in Neapel (1800); – „Maria in der Himmelsglorie von der h. Dreifaltigkeit gekrönt“, für die Kirche zu Schwarzenberg; – „Omnia vanitas“: Ein elegant gekleidetes Mädchen setzt sich, ermüdet vom Blumenpflücken, um auszuruhen, auf einen Stein, neben welchem ein Sarkophag mit obiger Inschrift steht; die über diesen Anblick Erschreckte laßt die Blumen zu Boden fallen; – „Die ägyptische trauernde Maria“; – „Coriolan, im Begriffe in’s [52] Exil zu gehen, trennt sich von den Seinen“ (1802); – „Cleopatra und Augustus“, für den Grafen Sommariva in Mailand; – „Die Geburt des h. Johann Baptist“, für den Grafen Martinenghi in Brescia“ (1803); – „Die h. Magdalena“, halbe Größe der Natur (1803), von Folo in Kupfer gestochen. Außer den bisher angeführten fand ich noch in verschiedenen Werken Erwähnung folgender Bilder Angelica’s: „Orpheus entführt Euridike dem Orkus“, bei ihrer Rückkehr von dem Schlosse des Grafen Montfort nach Mailand gemalt; Orpheus ist das Porträt jenes Musikers, der sie aus Liebe bereden wollte, die theatralische Laufbahn zu ergreifen; – „Messalina sacrifice“, in London gemalt und von Burke gestochen; – „Memory of General Stanwicks doughter who was lost in her passage from Ireland“, von Whyne in Kupfer gestochen; – „The interview between Edgar and Elfrida after her mariage with Athelwood“; – „Unna und Abra“, ein Bild, nach einem englischen Romane; – „Samma an Bennoni’s Grabe“, wurde von der Künstlerin dem Dichter Klopstock geschenkt; – „Amor, welcher der Psyche mit den Haaren die Thränen trocknet“, eines ihrer lieblichsten Bilder; – „Eine Madonna, welche ihr auf einem Kissen ruhendes Kind bewacht und ihm eine Blumenkrone auf’s Haupt legt“, im Besitze der Familie Zucchi.
I. B) Porträte. „Monsignor Nevroni, Kapuzinermönch und Bischof von Como“ (1752); es scheint jedoch noch ein zweites Bild Nevroni’s von Angelica’s Hand in Pastell in zwei Farben, roth und schwarz, vorhanden zu sein, welches nach der darauf befindlichen Schrift: „Jo Marianna Caterina Angelica Kauffman feci nel. Aetat. annor. XIIII 1755, Como di 28. Aug.“ um drei Jahre später vollendet wurde; – „Die Herzogin von Massa di Carrara“ (1754); – „Cardinal Roth[WS 1], Fürstbischof von Constanz“ (1757); – „Graf und Gräfin von Montfort“, auch die Porträte der übrigen Familienglieder (1757); – „Die Herzogin von Braunschweig“ (1767); – „Die Königin von England und ihr Sohn“ (1767); – „Christian III., König von Dänemark“ (im n. J.); überhaupt ist die Zahl der Porträte während ihres Aufenthaltes in London, wo es zum guten Tone gehörte, von ihr gemalt zu sein, ungeheuer groß und nur der durch ihre Persönlichkeit oder die Ausführung besonders Hervorragenden kann hier Erwähnung geschehen; – „Lord Townsend, Vicekönig von Irland“ (1771), auch malte Angelica die Porträte seiner ganzen Familie; – „Lord Elly“, „Lord Robinson“, irische Würdenträger (beide 1771); – „Frau Corner-Grimani“; – Der junge „Almorò Barbaro“ (beide 1781 während ihres Aufenthaltes in Venedig); – die „Porträte der königlichen Familie in Neapel“ (1782), eine Reihe von Studienköpfen, um sie später zu einem großen Gemälde, welches die königliche Familie auf einem Bilde darstellte, zu verwenden und welches sie auch bis zum Jahre 1784 vollendet hatte. Das Bild erregte allgemeine Bewunderung. Kaiser Joseph, entzückt davon, besuchte die Künstlerin und war nicht wenig erstaunt zu vernehmen, daß diejenige, die es gemalt, eine Unterthanin seines Reiches sei; – „Der Herzog von Kurland“, „seine Gemalin“ und „sein Sohn“ (alle drei in Rom 1784); – „Die Herzogin von Corigliano“ (Rom 1784), historisches Porträt; – „Fürst Poniatowski“ (um 1785), Porträt mit allegorischer Umgebung; – „Der Herzog und die Herzogin di Ceri“; – „Der Cardinal Johann Baptista Rezzonico“; – „Der Maler Mengs“, zwei verschiedene Porträte desselben Künstlers; – „Monsignor Onorato Gaetani“; – „Der Kupferstecher Giov. Volpato“, „seine Tochter“ und „Schwiegertochter“; – „Fortunata Fantastici“; – „Therese Bandettini“, zwei berühmte Stegreifdichterinen, welche Angelica zu sehen wünschten und deren Bilder die Künstlerin malte und sie beiden Frauen zum Geschenke verehrte; – „Die Familie von Holstein-Beck“, große Porträtgruppe, von Raphael Morghen in Kupfer gestochen (dieses und die folgenden fallen in die Zeit von 1788 bis 1795); – „Die Familie Zamoyski“; – „Die Lady Hamilton“, umgeben von den Emblemen, der Comödie; auch von Raphael Morghen in Kupfer gestochen, doch hatte sich Morghen eigenmächtig Aenderungen erlaubt, so daß Angelica nicht gestattete, daß ihr Name als Malerin auf dem Stiche genannt werde; auch in einem zweiten Falle hatte Morghen, ohne die Künstlerin zu fragen, etwas im Stiche anders gegeben, als es auf dem Originale war; daher Angelica auf dem Stiche, wo ihr Name stand, schrieb: non è di, dann folgt ihr Name Angelica Kauffmann; diese beiden Blätter sind große Seltenheiten; – „Lord Berwick“, in alter englischer Tracht; – „Prinz August von England“, in schottischer Tracht, einen Hund zu den Füßen in natürlicher Größe; [53] eines der schönsten Bilder Angelica’s; – „Lord Montgomery“, in schottischer Tracht; – „Der schottische Oberst Macdonald“ und mehrere andere Porträte von Engländern, sämmtlich im Jahre 1798 und 1799 in Rom gemalt; – „Cardinal Firrao“ (1800); – „Die Kronprinzessin von Bayern“, im Ordenskleide des St. Hubert-Ordens; – „Zwei Grafen Pappafava“ (1803); – „Antonio Zucchi“, Angelica’s Gemal, sie vollendete zwei Bildnisse desselben; – „Giuseppe Zucchi, Kupferstecher“; – „Francesco Zucchi“, dieser und der vorige Verwandte ihres Gatten; – „Winkelmann“, auch von ihr geätzt; – „Goethe“.
I C) Radirte Blätter von Angelica Kauffmann. Die Zahl dieser Blätter wird von Verschiedenen verschieden angegeben. Nach Einigen wären es 34, nach Anderen 30. Jedenfalls viel über 30 sind es wohl nicht. Es sind folgende Blätter: „Die Hoffnung, auf den Anker sich stützend“ (oval); – „Das über einer Urne weinende Weib“ (Halbfigur); – „Juno mit dem Pfau am Altar“ (1770, Halbfigur); – „Hebe Jupitern, der die Gestalt des Göttervogels annahm, credenzend“, dieses und das vorige sind von ihr auch in Lavismanier ausgeführt; – „Der von Armiden mit Blumen bekränzte Rinaldo, im Hintergrunde zwei Ritter“, auch von ihr zum Drucke in Bister hergerichtet; – „Venus mit dem Leichname des Adonis auf dem Schooße, hinter ihr der weinende Amor“ (nach Caracci 1770), es gibt davon auch Abdrücke in Lavismanier; – „Die Vermälung der heiligen Katharina“ (nach Correggio; die Abdrücke in Lavismanier tragen die Jahrzahl 1780); – „La Penserosa“; – „L’Allegra“, zwei Seitenstücke, in Lavismanier und Bister abgedruckt (1779, oval), zwei ihrer besten Blätter; –Die Madonna mit dem Kinde“ (1773), ein zweites, denselben Gegenstand behandelnd (1776); – „Urania mit dem Himmelsglobus“; – „Die Einfalt mit zwei Tauben“, dieses und das vorige in Gemeinschaft mit Zucchi geätzt; – „Ulysses und die den Himmel zum Zeugen ihrer Liebe anrufende Kalypso“, mit Zucchi zusammen geätzt; – „Susanna im Bade, von den Alten überrascht“; – „Die Ruhe auf der Flucht nach Aegypten“; – „Der heilige Petrus“, nach dem berühmten Bilde von Guido, welches sich in der Casa Sampieri zu Bologna befindet; von diesem Stiche Angelica’s gibt es drei verschiedene Blätter, der eine aus dem J. 1772; der zweite, weiter ausgeführte aus dem J. 1773, und der dritte in London 1776 vollendete, wobei sie von Zucchi unterstützt wurde, welcher letztere auch ihren und Zucchi’s Namen auf dem Blatte weist; unbestritten gebührt dem ersten Blatte aus dem Jahre 1772 der Vorzug vor den beiden anderen; – „Sappho mit Homer im Gespräche“, nach Zucchi; – „Ein Weib mit einem Buche in beiden Händen“ (Halbfigur); – „Ein Mann im Turban auf Bücher gestützt und in der Linken den Crayon haltend“ (Halbfigur); – „Eine Frau mit dem Schleier auf dem Kopfe, die Hände auf dem Buche, in welches sie blickt“ (1770); – „Die lesende Frau“ (Halbfigur); – „Ein junger Mann, den Kopf auf die Linke gestützt und nach rechts sehend“; – „Ein sitzendes Weib, den rechten Arm auf einen Stein gestützt“, Kniestück, geätzt und in Bister; – „Das sitzende Weib, im Haarflechten begriffen“, Kniestück, 1765 in Bologna gefertigt; die Bisterabdrücke stammen aus dem Jahre 1780; – „Das Weib auf Steinen sitzend; vom Rücken gesehen, Kopf und Füße nackt“ (1770, die Abdrücke in Lavismanier aus dem Jahre 1780); – „Die Frau mit dem Bande, welches sie in die Haare flicht“ (Halbfigur); – „Die Frau am Tische, in einem großen Buche lesend“ (1770); – „Zwei Alte im Gespräche, vor ihnen ein großes Buch“ (1765, Halbfigur); – „Büste eines Alten, im Profil, die Linke auf das Buch gelegt“; – „Kopf eines Alten“, geätzt und mit der Roulette behandelt (1762); – „Kopf einer jungen Frau“, im Profil (1768); – „Büste eines Weibes, im Haarputze“, im Profil (1770); – „Büste Raphael’s mit der Mütze“, nach links gerichtet; – „Das Bildniß Winckelmann’s“ (Halbfigur), von vorne genommen, am Tische eben im Begriffe zu schreiben, den Kopf nach rechts gerichtet. Geätzt, etwas der Lavismanier nachahmend (Rom 1764, Fol).
I. D) Stiche nach Bildern und Zeichnungen von Angelica Kauffmann. Die Zahl derselben erhebt sich auf 600: Bartolozzi, Berger, Bryer, Burck, Cataneo, Delatter, Dickinson, Durmer, Facius, Folo, Green, Hauston, Karattoni, Knight, Laurie, Morghen, Picot, Porporati, Schiavonetti, Scorodomoff, Smith, Taylor, Wrenk, Wynne Ryland[WS 2], Zucchi u. A. haben nach ihren Werken gestochen. Namentlich in England waren Stiche nach ihren Bildern sehr gesucht. Amoretten, Bacchanalien, mythologische Scenen, Scenen aus Englands Geschichte oder [54] aus englischen Dichtern bilden den Gegenstand dieser Stiche, die in einer vollständigen Folge eine große Seltenheit sein dürften.
II. Biographien.[BN 1] a) Selbstständige Monographien. Angelica Kauffmann erscheint bald mit einem, bald mit zwei f (als Kaufmann und Kauffmann) geschrieben; letzterer Schreibart bediente sie sich auf ihren Bildern, und so wird auch hier dieselbe beibehalten. – Konijenburg (Jan), Kunstverdiensten von Angelica Kauffmann en Raphael (Amsterdam 1810, 8°., mit Porträt). – Rossi (Giovanni Gherardo de), Vita die Angelica Kauffmann pittrice (Firenze 1810, Molini, Landi & Co., (gr. 8°.) [nach diesem geboren 30. October 1741, gestorben um halb 3 Uhr Nachmittags 5. November 1807). – Weinhart (A.), Leben der Angelica Kaufmann (Bregenz 1814, 8°.) [Uebersetzung der Biographie von Rossi]. – Zucchi (Carlo), Memorie storiche di Maria Angelica Kauffmann-Zucchi. Parte 1 e 2 (1788 e 1798).
II. b) In Sammel- und anderen Werken Zerstreutes. Baur (Samuel), Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehend des neunzehnten Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, gr. 8°.) Bd. I, S. 711. – Der Bazar (Berliner Musterblatt) 1859, Nr. 12 (15. Juni). – Buch der Welt (Stuttgart, Hoffmann, 4°.) Jahrgang 1863, Heft VI, S. 183. [Auf S. 189 ihr Porträt in Holzschnitt.] – Europa, herausgegeben von Gustav Kühne, 1859, Nr. 32, S. 1164: „Zur Erinnerung an Angelica Kaufmann“. [Oppermann und Alle, die seine Mittheilungen abgedruckt haben, gaben irrig das J. 1803 als Todesjahr Angelica’s an.] – Flora (Münchener Unterhaltungsblatt, 4°.) 1828, Nr. 152, S. 516. – Frankfurter Konversationsblatt 1859, Nr. 40, S. 159: „Aus dem Leben der Malerin A. K.“ – Goethe’s Winckelmann und sein Jahrhundert, S. 304 ff. – (Hormayr’s) Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst (Wien, 4°.) Jahrg. II (1811), S. 494, 503, 508, – Dasselbe, fortgesetzt von Ridler, Jahrg. 1831, Nr. 123: Nachrichten über die Künstlerin von Jos. Bergmann. – Die Künstler aller Zeiten und Völker, begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1857, Ebner und Seubert, gr. 8°.) Bd. II, S. 469. – Manuel des curieux et des amateurs des beaux arts [die darin über die Künstlerin enthaltenen Notizen sind von ihr selbst als unrichtig erklärt worden]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Erste Auflage, Bd. XVII, S. 880 [mit der falschen Angabe, daß sie zu Schwarzenberg in der Schweiz geboren sei]. – Mitternachtblatt für gebildete Stände, herausgegeben von Müllner (Braunschweig, kl. 4°.) 1829, Nr. 75 und 76. – Les modes parisiennes (Pariser Modeblatt, schm. 4°.) Jahrg. 1851, S. 255, 260 u. 267. Von J. de Chatillon [auch im „Constitutionnel“d. J. vom 25. und 26. October im Feuilleton]. – Nouvelle Biographie générale … publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris, 1850 et s., 8°.) Tome XXVII, p. 479. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. VI, S. 536–540. – National-Kalender für Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1822 [enthält eine ausführliche Biographie der Künstlerin]. – Oesterreichischer Zuschauer, redigirt von Ebersberg (Wien, gr. 8°.) 1837, S. 1488 [nach diesem gest. 5. December 1807; auch heißt es da: Sie ist im Bregenzerwalde geboren, das ist irrig, sie ist zu Chur in der Schweiz geboren, aber ihre Geburt dort ist ein Zufall, da ihr Vater zu Schwarzenberg im Bregenzer Walde ansässig war). – Derselbe, Jahrgang 1838, Bd. IV, S. 1348, von Custos Bergmann [in dieser Skizze sind die Irrthümer der vorerwähnten Notiz desselben Blattes berichtigt]. – Oppermann (Andreas), Aus dem Bregenzer Walde (Breslau 1859) Enthält interessante Einzelheiten über die Künstlerin]. – Staffler (Joh. Jac.), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen (Innsbruck 1847, Felic. Rauch, 8°.) Bd. I, S. 56. – Sternberg (A. v.), Berühmte deutsche Frauen des achtzehnten Jahrhunderts (Leipzig 1848, F. A. Brockhaus, gr. 8°.) Bd. I, S. 165–200 [welch’ ein abgeschmackter haltloser Anfang für die Biographie einer berühmten deutschen Frau: „Ein schwächliches Talent, allein eine liebenswerthe Erscheinung“. Und nun folgt weiter, England, das ihr den Ruf gab, sei nicht maßgebend in Dingen, der Kunst und dergleichen nachgesprochene Phrasen mehr. Man vergleiche unten die Urtheile von Kennern über diese Künstlerin]. – Tirolisches Künstler-Lexikon (Innsbruck 1830, Felician Rauch, 8°.) S. 111. – [55] Vierzig Jahre aus dem Leben eines Todten (Tübingen 1849, Osiander, gr. 8°.) Bd. II [enthält interessante Einzelheiten über die Künstlerin]. – Vorarlberg, aus den Papieren des in Bregenz verstorbenen Priesters Franz Jos. Weizenegger. In 3 Abtheilungen, herausgegeben von M. Merkle (Innsbruck 1839, Wagner, 8°.) Abtheilung I, S. 56–65 [geb. 30. October 1741, gest. zu Rom 5. November 1807]. – Wigand’s Conversations-Lexikon (Leipzig, gr. 8°.) Bd. VII, S. 448. – Zeitgenossen (Brockhaus, gr. 8°.) Neue Folge (II), Heft 7 (1828), S. 151–166. – Zeitung für die elegante Welt, Jahrgang 1801, Nr. 30, S. 236 [mit mehreren falschen Angaben, so 1742 als Geburtsjahr statt 1741; nennt ihren zweiten Mann Zocchi statt Zucchi].
III. Im Roman und in der Novelle. Angelica Kauffmann. Ein Roman. 2 Bände (Frankfurt 1860, Sauerländer, 8°.) [der Verfasser dieses geistvoll geschriebenen Romans ist nicht genannt]. – Wailly (Armand Francois Léon de), Angelica Kauffmann, 2 vol. (Paris 1832, 8°.) [ist ein historischer Roman]. – Abendzeitung, redigirt von Theodor Hell (Dresden, Arnold’sche Buchhandlung, 4°.) 1820, Nr. 292–304: „Angelica Kaufmann, historische Novelle in Briefen von Amalie Schoppe, geborne Weise“. – Botzner Zeitung 1858, Nr. 9–13. – „Angelica Kaufmann“, von Freiherrn A. von Loen [novellistisch; auch in Gutzkow’s „Unterhaltungen am häuslichen Herde“].
IV. Briefe. Der Gesellschafter oder Blätter für Geist und Herz (Berlin, 4°.) 1838, Nr. 140 bis 144 [enthält Briefe Angelica’s, und zwar an ihren Vater aus dem Jahre 1766; Klopstock’s an Angelica aus dem Jahre 1770; Geßner’s an A. aus dem Jahre 1779; zwei Briefe der Herzogin Amalie von Weimar an Angelica aus dem Jahre 1789 und 1790; v. Wieland’s aus dem Jahre 1792; Stolberg’s aus dem Jahre 1794; Herder’s aus dem Jahre 1795 und zwei Briefe von Goethe aus dem Jahre 1797]. – Zeitung für die elegante Welt, herausgegeben von K. L. Methus. Müller, 1827, Nr. 34–37: „Briefe an Angelica Kauffmann“ [Es sind zwei Briefe von Klopstock aus den Jahren 1770 und 1780; einer von Wieland aus dem Jahre 1792 und einer von Graf L. von Stolberg aus dem Jahre 1794. Ein Alexander Baron Simolin in Dessau theilt diese Briefe mit. In einem anderen Journale desselben Jahres waren noch mehrere andere Briefe an die Künstlerin, und zwar von Herder, Goethe, Salomon Geßner, der Herzogin Amalie von Weimar, abgedruckt.]
V. Urtheile über die Künstlerin als solche. Es hat mit den Urtheilen über Angelica K. als Künstlerin sein eigenes Bewandtniß. Wir übergehen das Urtheil Herder’s in seinen „Ideen zur Geschichte und Kritik der Poesie und bildenden Künste“, wie jenes in Neumaier’s „Geschichte der christlichen Kunst“ (Bd. II, S. 196), und halten uns streng an die Urtheile eigentlicher Kunstkritiker und in denselben wieder an die Extreme; denn als sie lebte, ward ihr Ruhm übertrieben, was durch die Anmuth und Grazie ihres Wesens, das Alle, die mit ihr verkehrten, fesselte, veranlaßt wurde, während man später in alberner Rigorosität ihr jedes, auch das kleinste Verdienst absprechen wollte. Wir citiren hier einige Aussprüche unbefangener Kritiker, die der Künstlerin den Werth geben, den sie wirklich hat. Nagler schreibt: „Angelica folgte nicht den Fußstapfen Mengs, obgleich sie einigen Unterricht von ihm genossen hatte. Sie erfreute durch die leichte, der lieblichen Heiterkeit ihrer Composition zusagende Behandlung; die Leichtigkeit und Sicherheit, mit welcher sie sich in ihrer angenommenen Manier bewegte, ihre eigene Liebenswürdigkeit, die sich in ihren Werken durch eine sanfte Farbe und milden Ausdruck abspiegelte, verschaffte ihren geschichtlichen Gemälden von englischen Prinzen und Damen viele Bewunderung. Im Fache der Porträtmalerei hatte sie wirklich unläugbare Verdienste, da ihre Bilder dieser Art nicht bloß die Aehnlichkeit, sondern auch den Geist auf’s Lebendigste wiedergeben, wie z. B. in Winckelmann’s, auch im Kupferstiche bekanntem Bilde. In ihren übrigen Werken gefällt die glückliche Wahl der Gegenstände, und in ihren Formen erkannte man Würde und vorherrschende Grazie, besonders in den Frauengestalten eine eigene unnachahmliche Weiblichkeit. Ihre Mannspersonen erscheinen züchtig; Helden und leidenschaftliche Charaktere konnte ihre, an das Sanfte und Jungfräuliche gewohnte Seele nicht wiedergeben. Aber dennoch hat Angelica neben Mengs und Füger bedeutende Verdienste, die nur nicht mit jenem Maßstabe gemessen werden dürfen, welchen man in unseren Tagen an die Werke der Kunst legt. Sie ist eine liebliche Erscheinung zur Zeit der dämmernden Morgenröthe eines besseren Geschmackes, doch blieb ihr Ziel verfehlt, wie jenes der beiden [56] erwähnten Künstler. Sie strebte zwar nach einer naturgemäßeren Auffassung, nach dem Ideale, allein die Künstlerin suchte dieses nicht in der uns umgebenden sinnlichen Offenbarung, sondern in Formen, welche die Natur überbieten sollten. Auch tadelt man die Umrisse an Händen und Füßen nicht immer als correct, den eintönigen Schatten und die zu blendende Farbe der Gewänder.“ – Ein französischer Kritiker schreibt über Angelica: „Ses airs de tête sont entre la divine et majestueuse beauté de figures du Guide et l’amabilité un peu molle et légère de l’ècole de l’Albane ou du Correge; elle a su exprimer toutes les passions tendres et élevées. Un examen rigoureux de son style dans le dessin obligerait de reconnaître qu’elle a mis peu d’énergie sous beaucoup d’élegance et de noblesse. Il manque à ses personnages cette vie intérieure et puissante qui renfle et détermine fièrement tous les contours. Ses figures, empreintes d’indécision soit qu’elles marchent ou qu’elles s’arrêtent, ne pressent pas la terre d’un pied ferme et vigoureux. Aussi a-t-elle évité les scènes fortes et terribles dans lesquelles son talent eut plus complétement échoué; mais dans les sujets d’un mediocre developpement et d’un caractère calme dans les sujets non épiques, elle est tout entière elle meme, c’est-à-dire pleine de tendresse et d’une grâce inexprimable. Sa manière, comme coloriste, se modifia graduellement dans le cours de ses voyages; c’est-à-dire de ses études; dans ses derniers tableaux elle est plus franche, moine brillant et plus vigoureuse. Sa touche était large et savante, et c’était au jeu du pinceau que la femme se trahissait le moins. Elle possédait également a un trèshaut degré l’ordonnance pittoresque, la science du groupe et l’art d’ajuster les figures. Elle avait, comme peintre de portraits, l’habitude d’attendre quelque temps, avant d’esquisser ses figures afin de saisir l’attidude favorite du modèle qu’elle devait peindre. Elle prenait un grand soin pour dessiner ses draperies, de manière à ne pas trop envelopper ses personnages. „Vos figures, lui disait un de ses admirateurs, pourraient marcher sans déranger leur vêtements.“ On lisait sur un de ses cahiers: Un jour que je trouvais de la difficulté à exprimer dans la tête de Dieu le père ce que je sentais je dis en moi-même: „Je ne veux plus tenter d’exprimer les choses superieres à la inspiration humaine, et je réserve cette entreprise pour le moment ou je serai dans le ciel, si cependant au ciel on fait de la peinture“. Et pourtant Angelique Kauffmann paraissait destinée à la peinture des passions célestes et à l’expresion de la béatitude. Si elle eut préféré le paradis à l’Olympe elle serait sans doute arrivée plus haut. Du moins son pinceau sévère, quoique tendre et gracieux, demeura fidèle à la destination de l’art.“Oppermann in seinem Buche „aus dem Bregenzer Walde“ widmet Angelica mehrere lesenswerthe Blätter und was er bezüglich ihrer Stellung zur Kunst sagt, ist wohl das treffendste. „Man könnte Angelica, schreibt Oppermann, füglich eine Vorgängerin von Carstens nennen. Was dieser in kühner genialer Weise männlich vollbrachte, die Belebung der Kunst durch die von Winckelmann empfohlene Wiederaufnahme des antiken Ideals, das vollzog in still weiblicher Weise auch Angelica, nahm mit der ihr eigenthümlichen Anmuth das antike Formenstudium auf und that dieß von hemmender Reflexion bei weitem freier, als andere bedeutende Künstler ihrer Zeit. Das Heitere, Leichte und Gefällige in Formen und Farbe, Anlage und Behandlung ist der herrschende Charakter ihrer Werke; keiner der – gleichzeitig – lebenden Maler übertraf sie, weder in der Anmuth der Darstellung, noch in Geschmack und Fähigkeit, den Pinsel zu führen. Sie hatte den Muth, sich von der Künstelei und Reflexion ihrer Zeitgenossen fern zu halten und die Objecte mit glücklicher Natürlichkeit zu erfassen; es gibt wenig Künstler, die so gleichmäßig ihrer Natur treu geblieben sind, und nie über dieselbe hinausgegriffen haben. Dabei war sie durchaus geschmackvoll, wenn auch nicht frei von Weichheit; ihre Empfindung ist oft rührend, stets zart und edel.“ Außerdem enthalten Urtheile über ihre Werke: Fiorillo (II, 132); Goethe in seinem Winkelmann; Rost; Huber im Handbuche für Kunstliebhaber, Theil II, S. 258; die Italienischen Miscellen, Bd. V, Stück 1, S. 66; Nagler (G. K. Dr.) in den Monogrammisten (München, gr. 8°.) Bd. I, Nr. 784, 972, 1034, 2192.
VI. Porträte und Denkmal. Ihr Bildniß, von ihr selbst gemalt, welches im Museum zu Berlin aufbewahrt wird, stellt sie in einem idealischen Putze dar, halb als Muse, halb als Bacchantin, den Lockenkopf mit Weinlaub bekränzt, [57] ein Gewand von Flor, goldgewirkten Gürtel und Armbänder. Der Zug von Schalkhaftigkeit und Grazie, obgleich etwas affectirt, steht dem jugendlichen Gesichte gut, die Färbung geht stark in’s Bräunliche und Rothe und erinnert, aber nur vorübergehend, an Mengs’ Colorit. Nach diesem Bilde erscheint die Künstlerin nicht als regelmäßige Schönheit, aber der mit Jugendfrische gepaarte gewinnende Ausdruck von Sanftmuth, die darin ausgedrückte Zärtlichkeit und Anmuth, nehmen sehr für das liebliche Antlitz ein. – Stiche. 1) J. Reynolds p., F. Bartolozzi sc. (Hüftbild, Fol.). – 2) Unterschrift: Angelica Kauffmann. Nach Möglich in Rom, von J. F. Bause (gest.) [die später von Rauch gestochenen Bildnisse Angelica’s sind nur Copien dieses Bildes von Möglich]. – 3) J. G. Puhlmann p., D. Berger sc. 1790, 8°. (Halbfigur). – 4) Franck lithogr. (4°.). – 5) Unterschrift: Angelika Kaufmann. Gest. von J. G. Grohmann (rothbrauner Farbendruck). – 6) J. Reynolds p., E. Morace sc. (Fol.). – 7) Unterschrift: Carolina Kaufmann. (Lith.) Penuti (Brescia, Lit. Filippi, 4°.) [der Taufname Carolina ist falsch]. – 8) Unterschrift: Angelica Kaufmann. Rauch sc. (Zwickau, bei Gebr. Schumann, 4°.). – 9) Mit der Unterschrift: Angelica Kauffmann Pittrice. Ang. Testa inc. d’apresso il ritratto dipinto da lei medesima nell’abito proprio della sua Patria (gr. 8°.), selten. – 10) In der Sammlung: Tableaux, Statues et Basreliefs de la Galerie de Florence et du Palais Pitti dessinées d’après Wicar, peintre, et gravé sous la direction de C. S. Masquellier avec les explicat. par Mongez (Paris, Didot frères, fol.) befindet sich in der 79. Lieferung Angelica’s Bildniß nach ihr selbst. – Denkmal. Canova ordnete bei ihrem Tode im Jahre 1807 zu Rom ein prächtiges Leichenbegängniß an und veranlaßte, daß ihre Büste im Pantheon aufgestellt wurde.
VII. Einzelnes. Zur Charakteristik Angelica’s als Weib. Goethe und Angelica. Napoleon und Angelica. Stolberg an Angelica. Ihr Monogramm. – Zur Charakteristik A.’s als Weib. Treffend schreibt Gering in seinen Reisen über die Künstlerin (III, 140): „Ein Engel gab der Angelica den Namen, Griffel und Farbenschmelz. Bescheidenheit, die Mutter des Verdienstes, erhebt diese Künstlerin über sich selber, und jedes Bild von ihr ist ein Abdruck ihrer zarten Seele. Unter dem schönsten fremden Himmel hat sie ihr deutsches Gemüth behalten“. – Die große Künstlerin hatte, als sie am Zenith ihrer ruhmesvollen Laufbahn stand, bewundert von der Welt, geachtet und hochgestellt von ihr ebenbürtigen Kunstgenossen, den Wechsel irdischer Dinge immer lebendig vor Augen. Als einst ein Ziegenhirt ihres Heimatlandes sie bewillkommte und sich ohne Umstände an ihren Tisch setzte, rief sie aus: „Mir hat Niemand gesagt, mit welchen hohen Personen ich dereinst zu Tische sitzen werde; wer will mir sagen, ob ich nicht wieder mit Ziegenhirten tafeln werde“. – Als sie eines Sonntags in ihrem Wagen zur Messe fuhr, gedachte sie einer harten Zeit, als sie sagte: „Wie doch die menschlichen Dinge sich ändern; als junges Mädchen mußte ich oft, um die Messe zu hören, mitten im Winter mit Tagesanbruch, zu Fuß und im Schnee bis an die Kniee, drei Stunden Weges zurücklegen und jetzt verleiht mir der Himmel so viele Gemächlichkeiten“. Wie ist doch diese Denkungsart der frommen Künstlerin ganz entgegen der Wahrheit des Epigramms:

Stolz dem schmutzigen Käfer vorbei schwebt der glänzende Falter,
Schämt des Genossen sich wohl, der ihn als Raupe gekannt. –

Goethe und Angelica Kauffmann. Die Beziehungen Goethe’s zu Madame Angelica, wie er sie in seiner italienischen Reise nennt, verdienten eine ausführlichere Darstellung. In einem Liebesromane, den Goethe abspielt, übernahm Angelica die Vermittlerrolle. Oppermann in seinem Buche aus dem Bregenzer Walde gedenkt dieser Vorfälle, aber leider in zu flüchtiger Weise. Freilich ist durch den Umstand, daß Angelica in ihren letzten Lebensjahren alle ihre Briefe verbrannte, es so zu sagen unmöglich geworden, Licht in gewisse Dinge zu bringen. – Napoleon und Angelica Kauffmann. Man erzählt, Angelica soll an Armuth und aus Gram über den Raub gestorben sein, den Napoleon an ihrer Privatsammlung von Gemälden beging, deren schönste sie als freiwilligen Beitrag in die Sammlung zu Paris geben mußte. Darüber schweigen die Biographen und scheint das ganze eine Erfindung zu sein. Wohl hatte Angelica durch die französische Revolution wie viele Andere Verluste erlitten, aber in Armuth ist sie nicht gestorben und wenn Napoleon auch den Raub an Kunstwerken in Museen der eroberten Länder im Großen betrieb, von einem an der Sammlung Angelica’s verübten Raube habe [58] ich nirgend etwas auffinden können. – Stolberg an Angelica Kauffmann. Graf Leopold Stolberg in einer schon 1781 an sie gerichteten Ode singt:

… Es umarmten die Unsterblichen Dich.
Lehrten Dich Weisheit und gaben Deinen Pinsel Dir
Triefend von Leben und getaucht in Morgenroth,

[Als Inschrift auf einem ihr im Heimatlande ihrer Vorfahren zu errichtenden Denkmale anzuempfehlen.] – Monogramm. Die Künstlerin hat auf den von ihr geätzten Blättern, deren Zahl auf etwa 34 sich erhebt, sich der Zeichen A. K. F.; – A. M. K.; – A. M. K. F.; – Ang. K. fec.; – Ang. K. inc. Lo.(ndini) bedient.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Kaufmann, Angelica [Bd. XI, S. 44].
    Angelica Kaufmann. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts. Herausgegeben zur Aufmunterung der weiblichen christlichen Jugend bei Studien der bildenden Künste mit Benützung der Beschreibung: Vita di Angelica Kaufmann pittrice etc. scritta dal Cav. Giovanni Gherardo de Rossi (Wien 1865, Prandel, kl. 8°., 71 S.). – Daheim. Herausg. von Dr. Rob. König (Leipzig, Velhagen und Klasing in Bielefeld, gr. 4°.) VIII. Jahrg. (1872), Nr. 34, S. 540: „Aus Angelica Kaufmann’s Leben“ [mit einem Holzschnittbildniß auf S. 541 nach einem Selbstporträt im Berliner Museum]. [Band 28, S. 357]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. a b Franz Konrad von Rodt (Wikipedia).
  2. Vorlage: Wynre Ryland (berichtigt nach William Wynne Ryland (Wikipedia).