Aus Julius Schnorrs Tagebüchern. Teil 1
← Zudrang zum Rechtsstudium vor 100 Jahren | Aus Julius Schnorrs Tagebüchern. (1895) von Franz Schnorr von Carolsfeld Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896) |
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Die hinterlassenen Tagebücher Julius Schnorrs sind in der Hauptsache von zweierlei Art: ein Theil besteht aus kurzen abgerissenen Notizen von vorwiegend geschäftlichem Charakter, ein anderer aus ausführlicheren Aufzeichnungen, deren Inhalt fast durchgehends auch jetzt noch ohne weiteres verständlich ist. Die kurzgefaßten Tagebuchblätter gehören Schnorrs letzten Lebensjahren an, die ausführlicheren Aufzeichnungen beginnen mit dem Mai des Jahres 1849, zeigen eine Lücke zwischen September 1850 und Mai 1851 und enden 1861. Augenscheinlich gaben die bedeutsamen Ereignisse des Dresdner Maiaufstands dazu den Anstoß, daß Schnorr die Erinnerung an seine Erlebnisse durch das Mittel der Schrift festzuhalten wünschte und die Sitte der Führung eines Tagebuches, die er bisher nur vorübergehend während seiner Reisen ausgeübt hatte, jetzt für die Dauer vieler Jahre zu einer alltäglichen Gewohnheit werden ließ.
Soviel ich sehe, sind die ausführlicheren Tagebücher innerhalb der angegebenen Zeitgrenzen mit größter Regelmäßigkeit fast ununterbrochen fortgeführt, wie auch vollständig erhalten. Die große Lücke, welche der Leser des nachfolgenden Auszuges zwischen dem Berichte über die Maiereignisse und dem 3. August 1849 antrifft, erklärt sich daraus, daß in die Zwischenzeit eine längere, durch eine Kissinger Badekur veranlaßte Abwesenheit Schnorrs von Dresden fällt. Kleinere, im Abdruck hervortretende Lücken sind dadurch entstanden, daß der Herausgeber bestrebt war, Notizen von lediglich familiärem oder geschäftlichem Charakter von der Veröffentlichung auszuschließen. Eine Ausnahme hat er sich nur bezüglich der wenigen vorkommenden Stellen gestattet, in denen von Schnorrs zweitem Sohne, dem nachmaligen Sänger, der damals ein Knabe von 13 Jahren war, die Rede ist.
Der Abschnitt in Schnorrs Leben, in welchen die nachfolgenden Blätter einführen, war dadurch getrübt, daß er im Herbste des Jahres 1848 das Unglück gehabt hatte, auf dem linken Auge zu erblinden. Erst nach längerer Zeit überwand er die Sorge, daß auch sein zweites Auge erkranken und völlige Erblindung sein Loos sein könnte; erst nach längerem Ruhenlassen jeder größeren Arbeit und nach störenden, für Körper und Geist mit schmerzlichen Leiden verbundenen Kurversuchen eröffnete sich ihm die tröstliche Aussicht, daß er, obschon auf die Sehkraft nur eines Auges angewiesen, doch seinen Künstlerberuf, wenn gleich in engeren Grenzen als bisher, fernerhin werde ausüben können.
Die den Abdruck begleitenden Anmerkungen rühren sämmtlich vom Unterzeichneten her. Sie hätten weit zahlreicher sein müssen, wenn die Mehrzahl der vorkommenden Künstlernamen und der Namen von Dresdner Persönlichkeiten bei den Lesern dieser „Geschichtsblätter“ nicht hätte als bekannt vorausgesetzt werden dürfen. Schnorrs eigene Lebensverhältnisse anlangend bedarf es hier nur der Bemerkung, daß er 1794 geboren, also 55 Jahre alt war, als er die hier mitgetheilten Aufzeichnungen niederzuschreiben anfing. Das Amt, welches er zu dieser Zeit in Dresden verwaltete, nachdem er im Herbste 1846 von München dahin berufen worden war, war das Doppelamt eines Professors an der Akademie der bildenden Künste und Direktors der königlichen Gemäldegalerie.
[166]
1849.
Mai.
3) Donnerstag. Die Kommunalgarden, Künstlerkorps, Polytechniker, Turner waren durch die Trommel zusammengerufen worden. Man erwartete Unruhen wegen Verweigerung der aus Frankfurt erlassenen Reichsverfassung. Ich begab mich nach Tisch auf den Altmarkt, um zu sehen, wie die Sachen standen. Nicht lange nach meiner Ankunft daselbst bemerkte ich große Bewegung unter der Bevölkerung und unter den Garden. Man erfuhr, daß alle Bitten beim König vergeblich waren und die Annahme der Verfassung definitiv abgeschlagen worden sei. Ich sah, daß im oberen Stockwerk des Rathhauses eine Fahne (eine rothe) aus dem Fenster herausgesteckt wurde. Alsbald ertönte die Glocke der Kreuzkirche und läutete Sturm. Die Garden formirten sich in ihren Abtheilungen und zogen zum Theil nach verschiedenen Richtungen ab. Bald hörte man Schüsse und erfuhr, daß das Zeughaus angegriffen werde. Schützen (Soldaten) besetzten die Galerie[1], wie mir erst später gesagt wurde. – Ich wußte nicht, wo Carl[2] sei, und wurde natürlich seinetwegen sehr besorgt. Die Frage, wo die Polytechniker aufgestellt wären, wurde sehr verschieden beantwortet. Einmal wurde mir mit großer Bestimmtheit versichert, sie seien mit gegen das Zeughaus angerückt und mehrere von ihnen seien gefallen. Das war schon gegen Abend. Ich suchte vom Neumarkt aus gegen das Zeughaus vorzudringen, um Carl zu suchen. Hier war’s unmöglich, weit zu kommen. Nun ging ich die Moritzstraße hinauf und in Begleitung Herrn Schmieders (Sohn unsers Pfarrers in Rom und Lehrer in der Blochmannschen Anstalt), dem ich begegnet war, ging ich durch die große Schießgasse gegen das Zeughaus. Ueberall wurden schon Barrikaden gebaut. In der kleinen Schießgasse konnten wir nur langsam vorwärts kommen, näher am Zeughaus konnte man nicht weiter. Von Polytechnikern (unter denen mein Carl war) war nichts zu sehen und zu hören. Vom Zeughaus aus wurde geschossen. Kleinere Abtheilungen von den Freikorps schienen den Ausgang der Schießgasse besetzt zu haben. Ich sah einen bewaffneten jungen Künstler mit einigen Kameraden sich gegen das Haus wenden, wo Stadtrath Rachel wohnte, und Einlaß begehren. Als das Thor nicht geöffnet wurde, schlug er das Fenster ein. – Nach allen vergeblichen Bemühungen, von Carl etwas zu erfahren, ging ich (es war nun schon Abend) nach Hause. Ich sagte nichts von den beunruhigenden Gerüchten, die mir wegen der Polytechniker zu Ohren gekommen waren. Nach ängstlichem Harren wurde uns 1/210 Uhr Abends von einem ganz jungen Menschen ein Zettelchen gebracht, darauf stand mit Bleistift geschrieben: „Seid meinethalb unbesorgt, wir (die Polytechniker) sind nach der Post kommandirt worden, die wir als neutrales Gebiet besetzt halten. Morgen werden wir abgelöst. Carl.“ Das war eine große Beruhigung, und wir hatten während der Nacht keine weitere Störung weder nach innen noch nach außen zu erfahren.
4) Freitag. Am frühsten Morgen hörte man Schüsse. Inspektor Schmidt[3] kommt zu mir und sagt, daß an der Galerie gestern geschossen worden sei. Wir gingen zusammen hinein, obwohl das jetzt schon wegen der vielen Barrikaden, die alle Straßen-Zu- und Ausgänge versperrten, nicht mehr ungehindert geschehen konnte. In der Galerie fanden sich dann auch die andern Inspektoren und Galeriediener ein. Mehrere Kugeln waren von der Barrikade am Jüdenhof aus in die Galerie geschossen worden und einige Gemälde bereits verletzt. Die Soldaten hatten sich aber aus der Galerie wie aus dem Galeriehof zurückgezogen und hielten sich im Schloß in demjenigen Theile, welcher an die königlichen Gemächer grenzte, und in der Gewehrgalerie auf. Wir gingen ab und zu in den Galerieräumen. Zu machen war nichts. Einzelne Kugeln drangen während unserer Anwesenheit durch die Fenster, die wir nach Möglichkeit mit den Matratzen geschlossen hatten. Unter Mittag ging ich auf kurze Zeit nach Hause. Als ich auf unserer Straße mich befand, sah ich zu meiner größten Freude Polytechniker unter Prof. Franckes Anführung heranziehen, unter ihnen Carl. Die Polytechniker waren abgelöst worden und hatten sich nun, da sie die provisorische Regierung nicht als ihre rechtmäßige Behörde anerkannten, für aufgelöst erklärt. Nach Tisch sind wir Galeriebeamten wieder vollzählig in der Galerie und begeben uns erst gegen Abend weg. Bevor ich den Jüdenhof verlasse, spreche ich mit der Besatzung der Barrikade daselbst und fordere sie auf, die Galerie zu schonen, da von dort aus keine Feindseligkeit begonnen werde, indem das Militär sich aus der Galerie in das Schloß zurückgezogen habe. Der Anführer betrug sich honett, fragte mich nach meinem Namen und versicherte, sie würden nicht muthwilliger Weise die herrlichen Schätze in Gefahr bringen. – Mit Mühe gelangte ich mit Schmidt nach Hause, und wir sahen, daß es ferner unmöglich sein werde, die wohl verschlossene und nach Möglichkeit versicherte Galerie wieder zu betreten.
[167] 5) Samstag. Heute war es nicht mehr möglich, in die innere Stadt zu kommen. Wenigstens konnte einem Niemand dafür stehen, daß man an den Barrikaden nicht festgehalten und weder vor- noch rückwärts gelassen wurde. So mußte ich denn die Galerie aufgeben. Carl war innerlich beunruhigt und gelähmt durch seine Unthätigkeit und in Zweifel, ob seine Pflicht nicht dennoch ihn auf den früher eingenommenen Posten rufe. Er sucht Prof. Francke auf und, da dieser auch der Meinung ist, daß das polytechnische Korps noch einen Versuch machen solle, in neutraler Stellung die Post zu besetzen und zu schützen, so zieht er mit diesem und vielen Kameraden wieder dahin zur Ablösung der Abtheilung, die seit 24 Stunden die Post besetzt hielt. Das geschah nach Tisch. Ich hielt mich zu Haus oder auf der Straße auf. Nach und nach bildete sich eine Sicherheitswache. Nämlich mehrere Männer unserer Straße und Stadtgegend stellten sich da, wo die Josephinen- und Dippoldiswaldergasse in die große Plauensche einmünden (also dicht an unserm Hause)[4], mit Seitengewehr bewaffnet auf, um etwaigen Ruhestörungen durch Gesindel zu begegnen. Blochmann[5] ließ Tisch und Stühle auf die Straße bringen und bewirthete mit Bier. Wenn ich nicht irre, war es heute[6], da das Opernhaus brannte und die ungeheure Flamme gen Himmel stieg. Als ich mit etwa einem Dutzend anderer Leute vom Belvedere unseres Hauses aus den Brand beobachtete, sauste eine Kugel dicht über unsere Köpfe hin, die wohl vom Zwingerwall aus zu uns entsendet wurde. Natürlich verließen wir alsbald den gefährlichen Posten. Die Aufregung nahm immer mehr zu. Wir waren bis jetzt sämmtlich der Meinung, die Reichsverfassung hätte angenommen werden sollen. Wir wußten, daß unser Nachbar, Geheimrath Weinlig, früherer Minister und jetzt Mitglied der Sicherheitswache, auch der Meinung war. Jedoch konnte der Aufstand an sich um so weniger unsere Billigung haben, als immer bedenklichere Elemente darin hervortraten und die Rothen immer zahlreicher und drohender wurden.
6) Sonntag. Seit gestern bleiben sich die Zustände ziemlich gleich. Es ist nichts Sicheres zu erfahren. Offenbar macht das Militär keine Fortschritte. Allerlei Gerüchte tauchen auf. Man hört, daß die Preußen erwartet werden; man sagt, die sächsischen Soldaten seien großentheils zu den Aufständischen übergegangen; bald spricht man von Reichstruppen, welche zur Aufrechthaltung der vom Volk begehrten Reichsverfassung herbeieilen. Ich komme nicht vom Hause weg. Gegen Mittag kommt Carl mit seiner Abtheilung und dem Prof. Francke an der Spitze halb entwaffnet von seinem Posten zurück. Die Aufständischen litten die neutrale Besetzung der Post nicht mehr. Unter denen, welche die Polytechniker zur Offensive gegen das Militär drängen wollten, befand sich auch Prof. … an der Spitze einer Abtheilung Sensenmänner. Als die Polytechniker sich weigerten, gegen das Militär zu kämpfen, wurden sie aufgefordert, ihre Gewehre abzugeben und abzuziehen. So kamen sie nur mit dem Seitengewehr nach Hause zurück. Wir waren froh, daß wir den Carl wieder hatten. Als Ludwig[7] unser Haus verließ, um in ein Nachbarhaus zu gehen, wurde er von einem Proletarier aufgegriffen und wurde von ihm verlangt, daß er Steine zum Barrikadenbau beischleppen sollte. Glücklicherweise war ein wohlgesinnterer Mensch zur Seite, der den Knaben befreite.
7) Montag. Ottilie[8] mit ihrer Tochter Minna und auch meine Mutter[9] begeben sich zu uns. Man [168] hört, daß die Anstalt als aristokratisches Institut verrufen sei und von Proletariern bedroht werde. Blochmann hat die Zöglinge nach Pirna entsendet, von wo aus sie in Abtheilungen weiter gehen sollen. – Im ganzen wenig Veränderung. Dasselbe zeitenweise Sturmläuten, dasselbe immer mit dem Morgen erwachende Schießen. Man hört, Preußen seien in Neustadt eingetroffen, doch nur erst 800 Mann. Von Fortschritten des Militärs gegen die Aufständischen ist nichts wahrzunehmen. – Carl hält sich von jetzt an zur Sicherheitswache. Blochmann begiebt sich ebenfalls nach Pirna. Graf Buttler[10], nachdem er seine Prinzen (Thurn und Taxis) fortgebracht hat, hält sich zu unserm Posten.
8) Dienstag. Wenig fühlbare Veränderung. Viele aus der Nachbarschaft ziehen aus Dresden hinaus, um Gefahren zu entgehen. Wir sind im ganzen guten Muthes und weisen Aufforderungen zur Flucht zurück. Und das war gut. Was hätten wir mit den kleinen Kindern, der alten Mutter draußen in den überfüllten Dörfern machen sollen? Da hätten wir wahrlich leicht aus dem Regen in die Traufe kommen können. ... Völlige Unsicherheit und fortwährende Widersprüche in den Nachrichten; doch wird es wahrscheinlich, daß der Neumarkt und das Gewandhaus von den Truppen genommen ist. Auf unserer Straße geht es zwar immer sehr lebhaft zu wegen der beständigen Zuzüge aus größerer und geringerer Ferne; Exzesse sind aber Gott sei Dank nicht vorgekommen, noch weniger Kampf. Abends wurden mit zahlreicher Begleitung und wie im Triumph die sechs Kanonen des Freiherrn von Burgk aus dem Plauenschen Grund hereingebracht; ich weiß mich aber nicht mit Bestimmtheit zu erinnern, ob gestern oder vorgestern. – Eine von diesen Kanonen wurde, wie wir später hören, auf den Thurm des sogenannten Thurmhauses am Zwinger, Anfang der Ostra-Allee, hinaufgezogen, um von da aus den Zwingerwall bestreichen zu können. Dort standen aber auch Kanonen der Soldaten, die das Thurmhaus dann sehr übel zurichteten.
9) Mittwoch. In der Nacht von gestern auf heute bricht das Eis. Um zwei Uhr Morgens wird die Post vom Militär genommen. Die provisorische Regierung (Tzschirner, Heubner, Todt) und andere Führer um diese Zeit entflohen. Todts Gattin wohnt uns gerade gegenüber, und fortwährend sahen wir sie am Fenster, mit der gespanntesten Aufmerksamkeit dem Gang der Ereignisse folgend. – Nach drei Uhr Beginn des Rückzugs der Aufständischen. Er erfolgt großentheils durch unsere Straße. Viel schönes junges Blut, aber auch viel Gesindel. Um fünf Uhr massenhafter Abzug, der bis acht Uhr dauert und dann beendiget scheint, während in der Stadt an vielen einzelnen Punkten der Kampf fortdauert, wie man aus den vereinzelten Schüssen entnehmen kann. Ein junger Mensch, er schien Handwerker, stürmt zu uns herauf, und erkältet und durch näßt (es war sehr regnerisches Wetter) bittet er um einen Rock. Er erhält ihn und ist überglücklich. – Später erblickt die Hausfrau einen schönen, stattlichen blonden jungen Menschen auf der Straße, der einzelne fliehende Kameraden zurückhalten will. Er hält die Sache noch nicht verloren. Alles verläßt ihn. In Thränen bricht er aus und kehrt nach der Stadt langsamen Schrittes zurück, um noch zu kämpfen. Gegen zehn Uhr rücken sächsische Schützen und Preußen in unsern Stadttheil ein. Der Kampf hat ein Ende. Die Verhaftung Verdächtiger dauert noch lange fort. Aber auch mit großer Willkür werden Leute festgehalten, die gar keinen Grund zum Verdacht darbieten. So kam ich dazu, wie am Dippoldiswalder Platz Ludwig Enns[11], das gute Schaf, festgenommen wurde, weil – weil er einen sogenannten Kalabreser Hut aufhatte, wie unzählig viel junge Leute ihn tragen. Dieser muß mehrere Tage in widriger Haft (mit vielen andern in der Frauenkirche) verweilen, bis es mir gelingt, ihn durch Verwendung bei der Behörde zu befreien.
Sobald als möglich, verfüge ich mich nach der Galerie. Es sieht dort sehr wüste aus. Alles liegt noch voller Stroh; denn die Soldaten haben sich am Sonnabend oder Sonntag wieder in die Galerie hereingezogen, um von da aus die Bedienung der Batterie zu decken, die von der Augustusstraße aus an den Neumarkt geführt worden war, und campirten mehrere Tage hier. Viele kleinere Bilder sind herabgenommen. Regierungsrath Schulz[12] hatte dies bewerkstelligt, um die bedrohten Gegenstände nach Möglichkeit zu schützen. Eine ungeheure Zahl von Fensterscheiben ist zertrümmert, die in der Augustusstraße durch die Erschütterung, welche das Schießen mit dem groben Geschütz verursacht hat. Viele Gemälde sind durchlöchert. Sobald die Aufständischen von der Galerie aus beschossen wurden, antworteten sie natürlich. Glücklicherweise konnte nur vom Jüdenhof aus nach der Galerie geschossen werden, so daß nur bis auf wenige Ausnahmen die Gemälde in den drei nach dem Neumarkt liegenden Sälen beschädiget wurden. Als ich später an den König über den angerichteten Schaden berichtete, zählte ich 83 beschädigte Bilder. Die Flucht der Clölia von Van Dyk ist von 15 Kugeln, die in demselben Saal befindliche Copie nach Rubens (Satyrn, eine Tigerin mit ihren Jungen [169] darstellend) von 13 Kugeln durchlöchert. – Die Madonna von Murillo ist von drei Kugeln getroffen worden, aber an Stellen, die leicht wieder hergestellt werden konnten. Im ganzen genommen ist es doch noch glücklich abgegangen, und bei der sogleich begonnenen Ausbesserung sehen wir, daß nirgends ein wesentlicher Theil in der Art beschädigt wurde, daß der Kunstwerth der verletzten Gemälde gelitten hätte.
August.
3) Freitag... Ausstellung. Schönes Bild von Genelli, Amorinen darstellend, welche zu einem Feste sich begeben. Die Trefflichkeit der Malerei und Färbung wohl schwerlich ganz sein Verdienst (man hört, daß Rahl aus Wien das Bild fertig gemalt hat).
29) Mittwoch. Endlich das längst beabsichtigte Schreiben an König Ludwig, worin ich über die Unterbrechung meiner Arbeit und deren Ursachen mich erkläre, beendiget und abgesendet.
September.
4) Dienstag... Unter den heute für den Kunstverein angekauften Gegenständen befindet sich auch das Gemälde von Genelli. Schulz, Rietschel und ich hielten zusammen und das schlug durch.
6) Donnerstag... Um Mittag erhalte ich ein Briefchen von König Ludwig als Antwort auf mein am 29. August abgesendetes Schreiben. Der König antwortet mir also fast umgehend und überdies wahrhaft herzlich.
14) Freitag.... Brief von Rethel.
15) Samstag... Galeriekommission. Ich lege meinen Herren Kollegen Rethels Wünsche dar, welcher zur Ausarbeitung eines neuen Kartons wieder nach Dresden kommen will und zu dem Ende ein Atelier oder wenigstens einen Platz in einem zu erhalten wünscht.
27) Donnerstag... Auf der Galerie finde ich den Prinzen Albert mit zwei Begleitern. Der Prinz unterhält sich längere Zeit mit mir. Hauptgegenstand des Gespräches ist die Gefahr, welche der Galerie in den Maitagen drohte. – Nach Tisch bringt mir der Galeriediener Schmidt die schlimme Nachricht, daß seit ein paar Stunden das kleine Gemälde von Gabr. Metzu Nr. 1393[13] vermißt werde. Trotz der Schraube ist das Bildchen ausgehoben und gestohlen worden. Gänge zu Schulz, nach der Expedition der Sammlungen, der Galerie, endlich zum Herrn Minister Freiherrn Bernh. von Friesen füllen den ganzen Nachmittag aus. Die nöthige Anzeige bei der Polizei wird von Inspektor Schmidt gemacht...
28) Freitag. Der Gemäldediebstahl ist offenbar von zwei Damen vollzogen worden, welche der der Galerie gegenüber wohnende Aufwärter Wendler von seinem Fenster aus bemerkt hat... Von Genelli erhalte ich ein dankendes Briefchen für meine Benachrichtigung.
29) Samstag. Gustav Jäger aus Leipzig besucht uns. Meine Zeichnung zum Schlußbild der Nibelungen gefällt ihm. Wer weiß, ob es sich nicht macht, daß er das Bild al fresco ausführt. Rietschel ist für diese Auskunft eingenommen und würde wegen des nöthigen Urlaubs nach Möglichkeit wirksam sein... Abends bringt mir Schulz die sehr erfreuliche Nachricht, daß das entwendete Bild wieder in unsern Händen sei. Die zwei Damen wurden in Leipzig festgenommen, als sie im Begriff waren, das Gemälde zu verkaufen. – Jäger, Wislicenus, Kersting[14], später auch Rietschel, bringen den Abend bei uns zu.
Oktober.
1) Montag.... 3/4 auf acht Uhr Morgens überbringt mir ein Polizeiofficial aus Leipzig ein amtliches Schreiben von dem dortigen Polizeiamt (unterzeichnet von einem Schnorr) mit der Meldung, daß das entwendete Gemälde von Metzu wieder erlangt sei und die Diebin zur Haft gebracht worden. Sie heißt May, ist aus Langensalza und eine liederliche Dirne, und wohnte bei der ebenfalls aus Langensalza gebürtigen Klein dahier in der Marienstraße Nr. 7. Die Letztere ist natürlich mit verhaftet worden, will an dem Diebstahl aber keinen Theil genommen haben. Die Diebin war im Begriff, das Gemälde in Leipzig zu verkaufen. Die Justiz-Behörde in Dresden führt die Untersuchung und von ihr erhalten wir seiner Zeit das Gemälde zurück... Trotz der ärztlichen Weisung, mich ruhig zu verhalten[15], verfüge ich mich um Mittag nach der Galerie, um erstlich die ministerielle Entschließung wegen Offenhaltens der Galerie und zweitens das Schreiben der polizeiamtlichen Behörde in Leipzig wegen Wiedererlangung unseres Bildes mitzutheilen.
3) Mittwoch.... Jäger macht uns seinen Abschiedsbesuch. Noch heute kehrt er nach Leipzig zurück. Er erklärt mir seine Bereitwilligkeit das große Schlußbild zu den Nibelungen al fresco auszuführen, nachdem Rietschel ihm gesagt, wie sehr es mich beruhigen würde, die Vollendung meines Werkes in seine Hände legen zu können.
10) Mittwoch. Besuch bei Herrn Fr. Pecht und Besichtigung der Zusammenstellung Frankfurter Abgeordneter [170] Gagernscher Partei in schön und treu gezeichneten Porträtgestalten. Diese Herren haben die Arbeit bestellt und es werden drei Blätter, welche auf Stein gezeichnet werden, die ganze Zahl der hieher gehörenden Männer in lebendiger Gruppirung vereinigt umfassen.
11) Donnerstag... Besichtigung eines Bildes von Wegener, darstellend den König und seine Jagdgenossen nach beendigter Jagd im Walde. Die erlegten Thiere sind vortrefflich; den Menschen fehlt es an lebendiger freier Gebärde. Das Gemälde hat der König bestellt.
12) Freitag... Aufgefordert von meiner Schwester Ottilie besuche ich das Atelier des Herrn Biow, Daguerrotypisten, um das Lichtbild ihrer Tochter Ottilie zu besehen. Herr Biow fängt bei dieser Gelegenheit mich ab, und auch ich werde daguerrotypirt. Wie das Bild gelungen ist, werde ich erst in einigen Tagen sehen.
14) Sonntag... Nach einem kleinen Ausgang finde ich die Familie Carl von Raumer und Frau Geheimräthin Steffens nebst Tochter in meinem Hause. Mir geht wieder ein Mal das Herz auf einem echt deutschen Manne gegenüber, einem Manne, der sich selbst in den Freiheitskämpfen hervorgethan und bewährt, der ein Christ vom tüchtigsten Schlage ist, einem Manne, der einen Sohn hat wie den Hanns von Raumer, welcher Letztere, nachdem er einstimmig zum Bürgermeister von Dinkelsbühl erwählt, ebenso als Abgeordneter nach Frankfurt gesendet war, um seinem Vaterlande ganz sich zu weihen in die Reihen der Kämpfer für Schleswig-Holstein als Gemeiner eintritt, woselbst er jetzt als Oberjäger noch verharrt, der Dinge gewärtig, die noch kommen sollen, um dem Lande zu seinem Recht zu verhelfen[16].
15) Montag... Carl von Raumer mit den Seinen auf der Galerie, woselbst wir eine Stunde lang die Bilder miteinander besehen. Raumer ist aus früheren Zeiten mit unserer Galerie sehr genau bekannt. Mittags speisen wir zusammen bei Blochmanns. Zwei Krug’sche Tanten und diese selbst (Krugs[17]) sind zugegen. Es ist ein heiteres, durch Gespräch belebtes Mittagsessen. Nach Tisch kommt Geheimer Rath Weinlig, der in früheren Zeiten, in Erlangen, mit Raumer schon sehr befreundet war, um diesen aufzusuchen. Es entspinnt sich zwischen den beiden ein Gespräch, welches die neuesten politischen Ereignisse in Sachsen und die Zustände und Aussichten unseres Vaterlandes betrifft, das sich bis in die Dämmerung, ja bis in die Dunkelheit des Abends hineinzieht. Wie mir unserm Raumer gegenüber das Herz aufging und ich mit Freuden wahrnehmen konnte, daß ich mit meinen eigenen Meinungen doch nicht so ganz ins Blaue hinein fasele und daß gleich gesinnte und gleich fühlende Männer noch anzutreffen sind, so machte es mir große Freude, zu sehen, wie auch Männer rein praktischer Art, Leute, denen man zugestehen muß, daß sie die Bedürfnisse der Zeit und den Mechanismus der Verwaltung kennen, ganz auf die nämlichen Resultate geführt werden wie diejenigen, die zunächst Kraft und Würde ihres Vaterlandes im Auge haben...
19) Freitag... Abends besuche ich noch den Grafen Bose[18]. Die Lage Deutschlands wird natürlich besprochen. Bose hofft jetzt, daß Oestreich und Preußen sich aufrichtig verständiget haben, daß die Wünsche des deutschen Volks zur Erfüllung gebracht und nun die Bestrebungen der Rothen, weil ohne Unterstützung der Guten und Besseren, ohnmächtig und erfolglos sein werden. Gott gebe, daß dem so sei und so werde. Ich fürchte, wir werden neue und stärkere Ausbrüche des Fiebers als jemals erleben. Die großen Herren sind noch nicht mürbe genug, und die kleinen sind auch noch im Zustand revolutionärer Besessenheit. Gott besser’s, ehe wir gar zu Grunde gehen.
20) Samstag. Bei meinem Gang nach dem Atelier[19] finde ich auf der Terrasse Carl Piloty aus München, meinen ehemaligen Schüler, den Schulkameraden meines Carl. Ich nehme ihn später mit nach der Galerie, woselbst heute die Kommission sich versammelt. Quandt[20] stellt den seltsamen, von einem nüchternen Justizmann ausgeheckten Satz auf, daß ein Gemälde hinsichtlich seines Geldwerthes nach der Zeit, die zur Ausführung erforderlich, und der von dem Künstler während dieser Zeit zu verzehrenden Summe beurtheilt werden müsse. Es wäre völlig unerklärlich, wie ein geistreicher, sonst vernünftiger Mann solch eine Aufstellung machen könne, wenn die Veranlassung dazu nicht einen Fingerzeig gäbe. Es handelt sich nämlich um eine Schätzung des gestohlenen Bildes, und die Schätzung hat Einfluß auf die Bestimmung des Strafmaßes. [171] Nun möchte wohl der wohlwollende Kunstfreund, daß den liebenswürdigen Sünderinnen um eines alten Bildchens Willen nicht gar zu weh geschähe. Hübner, dem die Schätzung aufgetragen ist, wird sich aber nicht irre machen lassen und den Werth auf 600 Thaler angeben. Uebrigens haben die liederlichen Dirnen auch in ihrer Nachbarschaft bei einem Lithographen ausgeräumt und werden wohl jedenfalls eine starke Zeche bezahlen müssen... Abends besucht uns Piloty...
21) Sonntag. Es besucht mich der alte achtzigjährige General von Igelström, den ich schon früher hier kennen lernte und der mich vor 11/2 Jahren in den Nibelungen-Sälen in München aufsuchte. Bei dem Namen Igelström erwachen viele Erinnerungen an Seume, der mit einem Igelström nahe befreundet war. Nach Tisch machen wir mit Piloty einen Spaziergang nach Grassis Villa[21], woselbst wir einen Kaffee zu uns nehmen.
23) Dienstag... Mittagsessen bei Graf Bose. Carus ist der einzige Mitgast. Den von Bose und mir aufgestellten Besorgnissen hinsichtlich der künftigen Selbständigkeit Sachsens und seiner Regierung gegenüber will Carus die Ansicht zur Geltung bringen, Sachsen werde vermöge der einzig richtigen Art, wie es die Hyder des Aufstands bekämpft und zertreten habe, auf eine „glänzende“ Weise aus den jetzigen Wirren hervorgehen. – Ich meine, daß, zugegeben der König und seine Minister hätten jetzt vollkommen das Rechte und Beste gethan, dadurch der Entwicklungsgang der deutschen Verhältnisse und die Umgestaltung unseres Vaterlandes, welche nun einmal die Auflösung der kleinen Souveränitäten zu bedingen scheint, nimmermehr werde aufgehalten und verändert werden. Die Zeit wird lehren, wer Recht hat.
24) Mittwoch... Das entwendet gewesene Bild von Gabriel Metzu ist nun bereits wieder auf unserer Galerie.
31) Mittwoch... Ludwig bittet in das Theater gehen und die Aufführung des Wasserträgers ansehen zu dürfen. Auch ich entschließe mich dahin zu gehen, nachdem ich seit Jahr und Tag dasselbe gemieden habe, und nehme Emmy mit.
November.
1) Donnerstag... Alfred Rethel ist nun wieder angelangt und wird auch diesen Winter unter uns weilen und mit uns arbeiten. Er besucht uns am Nachmittag und weilt bis zum Abend. Später kommt dann Oehme, der mich auffordert, bei dem morgen stattfindenden Abschiedsfeste für Thaeter diesem den Abschiedsgruß in dem üblichen Toast zu bringen.
2) Freitag. Heute beschäftige ich mich damit, eine neue Komposition zu meiner Bibel (Elias im feurigen Wagen gen Himmel getragen) mit der Feder auszuzeichnen, und ich sehe zu meiner Freude, daß das ganz gut geht. – Durch eine Botschaft vom König wird mir der Auftrag zu Theil, bei Schraudolph eine Zeichnung zum Dante-Album des Prinzen Johann zu bestellen. – Das Thaeter-Fest wird heiter und fröhlich begangen. Es haben sich doch gegen 70 Personen dabei eingefunden. Mein Toast wird gut aufgenommen. Rud. Meyer[22] giebt einige sehr witzige gute Einfälle zum Besten. Thaeter selbst bringt es zu keiner Dankrede, ist aber sehr heiter und macht seine Sache im Einzelnen ab.
3) Samstag. Schreiben an Schraudolph abgefaßt und expedirt zur Vollziehung des mir vom König gewordenen Auftrags...
5) Montag... Besuch bei Bary. Ein sinniger, sehr talentvoller Künstler und tüchtiger Kolorist. Ein Bild für die Strafanstalt in Hubertusburg zeugt von neuem davon. „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid“ ist der Text des Bildes. Sorgende, Zweifelnde, Irrende und Verbrecher kommen, um ihre Last auf den Herrn zu werfen. Diese Figuren sind im Gewande der Neuzeit, und das ist recht. Christus ist nicht bloß für die vergangenen Geschlechter, sondern auch für uns. – ... Igelström erzählt mir Näheres über sein Verhältniß zu Seume. Der von diesem erzogene Graf Igelström war ein Vetter von dem meinigen; dieser wurde aber auf einer Reise von Seume begleitet. Es waren wenigstens ihrer fünf bis sechs Grafen dieses Namens, die mit Seume in nahe Beziehung traten.
6) Dienstag... In der Stadt begegnet mir der Holzschneider Gaber, der im Begriff war, mich aufzusuchen und mir mehrere Holzschnitte nach L. Richter zu bringen, da er gehört hat, ich habe mir ein Richter-Album angelegt. Ein Blatt „Das Lob des Weibes“ ist ganz köstlich. Gaber wünscht, daß ich auch für ihn etwas zeichne. Das mag geschehen, und schon habe ich eine Idee zu einem Blatt: ich möchte nämlich wohl für ihn das früher projektirte Kalendertitelblatt aufzeichnen; sonst wären meine Kompositionen von „Glaube, Liebe, Hoffnung“ im kleinen Format, „die Andacht der heiligen Familie“ und die „Kinderaufführung des Festes der heiligen drei Könige“ wohl nicht unpassend für Gabers Zwecke.
11) Sonntag... Der gestern von Schraudolph erhaltene Brief veranlaßt mich ins Schloß zu gehen, [172] den Brief nebst Vorschlägen an Se. Majestät wegen Erwählung eines anderen Künstlers gelangen zu lassen. In den Mittagsstunden kommt dann ein königl. Kämmerer mit dem Bescheide, daß ich nach Ermessen entweder von Schwind oder Rethel die Zeichnung übertragen könne. Ich entscheide mich für Schwind... Nachmittags erhalte ich einen Besuch von dem Holzschneider Gaber, der mich auffordert, für ihn etwas auf Holz zu zeichnen.
12) Montag. Brief an Schwind expedirt in der Dante-Albums-Angelegenheit. – Nachmittags holen mich Oehme und Rethel zum Spaziergang ab, und wir begeben uns (leider nur ein bischen zu spät, um der wundervollen Beleuchtung der heutigen Sonne uns zu freuen) nach Grassis Villa.
18) Sonntag... Rethel kommt, und ich erkläre ihm meine Bereitwilligkeit, wie auch die Möglichkeit, ihn in meinem Atelier aufzunehmen.
21) Mittwoch. Es sollen die Versammlungen, die früher bei Engel stattfanden, wieder ins Leben treten, und werden daher von Pecht und Helbig die damals theilnehmenden Künstler und Kunstfreunde aufgefordert, sich nächsten Montag gegen acht Uhr bei Torniamenti einzufinden und auch in Zukunft Montag Abend so oft, als es ihnen möglich ist, in diesem Lokal sich einzustellen. Damals bekam die Versammlung einen sehr demokratischen und wühlerischen Charakter, die politischen Tendenzen wie auch der beizende Tabak trieben mich weg. Ich kann es nicht geradezu ablehnen, nun wieder mich einzufinden, schwerlich wird aber meine Theilnahme lebhaft und dauernd werden. Wie ich, werden meine näheren und lieberen Freunde denken; so wird wohl die Sache überhaupt wieder anders sich gestalten, als die Unternehmer und Aufforderer es wünschen und meinen. –
Oehme und ich besuchen Nachmittag Richter, der nicht ganz wohl ist. Eine neue für Gaber bereits zum Theil auf Holz gezeichnete Komposition „Bauerntanz“ ist voll köstlichen Humors und frischen jugendlichen Lebens. Römische Erinnerungen tauchen auf, und fast mit neidischen Blicken schaue ich auf jene Figuren, die ich selbst zu einem Richterschen Bilde vor fast 30 Jahren gezeichnet habe und die unter Glas und Rahmen in Richters Atelier aufgestellt sind. – Dämmerungskneipe, woselbst Peschel, Bary, Pecht, Hähnel etc. gewöhnlich in den Dämmerungsstunden sich einstellen, die wir auch heute finden. Rethel und Strauch[23] (auch noch solche Dämmerungsgäste) kommen mit mir und bringen den übrigen Abend bei uns zu.
24) Samstag... Nach Tisch kommen Krüger und L. Richter, um aus meinen italienischen Landschaften eine auszusuchen, die Ant. Krüger stechen will.
25) Sonntag... Pletsch aus Berlin, ein Schüler Bendemanns, den ich während der akademischen Studien, die ich drei Wochen lang letzten Sommer leitete, kennen lernte, bringt mir etliche Kompositionen zur Ansicht. Er ist offenbar ein sehr talentvoller Mensch, und seine Arbeiten haben ein ernstes, gutes Gepräge. Ich habe aber ordentlich Angst, daß er in mein Atelier aufgenommen sein und Bendemann verlassen wolle; denn es würde vielen scheinen, daß ich meinem Kollegen seine besten Schüler mit Absicht abspänstig machte.
28) Mittwoch... Besuch von Herrn Weinhold, jenem Lithographen, der das Glück gehabt hat, während seines Aufenthaltes in Spanien hier von denselben Damen bestohlen zu werden, die unser Galeriebildchen geraubt haben.
Dezember.
4) Dienstag... Mittagsessen bei Graf Bose, woselbst ich Herrn Prof. Thienemann kennen lerne. Eine eigenthümliche Erscheinung dieser Naturforscher, er erinnert mit seinem derb geformten Gesicht und langen Haar, wie auch in seiner Gestalt an Maßmann. Von ihm wird nächstens ein großes Werk über die Eier erwartet. Außer Thienemann sind Geheimer Rath von Langenn und Regierungsrath Schulz zugegen, und die Unterhaltung ist äußerst belebt. In Betreff unserer politischen Verhältnisse meint Langenn, daß wir ein großes deutsches, sämmtliche Staaten umfassendes Reich nicht zu erwarten hätten (ein Volk, welches einmal ein solches Alter erreicht, wie das deutsche, werde diese Erscheinung nicht mehr hervorbringen), wohl aber würden die kleinen Staaten eingehen, und es würden sich etwa sechs Staaten bilden, die eine Trias in der Art gestalteten, daß ein Theil durch Oestreich, der andere durch Preußen und der dritte in den übrigen vier kleineren Staaten sich darstellte.
5) Mittwoch... Den Abend bringe ich bei Bose zu, woselbst Geheimer Rath von Langenn die Beschreibung seiner Reise mit dem Prinzen Johann und dessen Kindern nach Bayern (im Jahre 1836–1837?) vorliest. Die Beschreibung ist sehr anziehend und wird durch die eingewebten Bilder der Vorzeit höchst lehrreich, so daß ich, was mir sonst sauer wird, mit ununterbrochener Spannung der Lesung bis in den späten Abend hinein folge.
14) Freitag... Rethel zeigt mir seine Komposition „Christus am Oelberg“, mit welcher er konkurrirt wegen Ausführung eines Altarblattes für eine Kirche in Norwegen.
16) Sonntag... Die Kinder gehen zu einem musikalischen Abend zu Blochmanns. Ich bin den Abend über sehr herabgestimmt. Die Schmerzen am Beine [173] sind wieder ärger, und die Laterna magica der Phantasie führt eine Reihe der traurigsten Bilder vergangener und künftiger Zeiten an mir vorüber. In der That, es ist, als sollte es mit mir nichts mehr werden...
17) Montag. Eine Nacht mit vielen Schmerzen und wenig Schlaf. Vergnügen machen mir die Berichte der Kinder über den gestrigen Abend. Die Duetten von Mendelssohn, welche Emmy und Ludwig sangen, sollen mit Beifall gehört worden sein.
18) Dienstag... Rethel zeigt mir seine Komposition „Wie Carl der Große in das besiegte Pavia einreitet“, und wir besprechen uns über diese Arbeit, die er nun in meinem Atelier im Großen für Aachen aufzeichnen wird. – Auerbach und Frau kommen uns zu besuchen, was recht edel von ihnen ist, da wir ihnen noch immer keinen Gegenbesuch gemacht haben. Auerbach erzählt von seinem Drama, das nun beendiget ist, „Andreas Hofer“. Natürlich rechnet er darauf, es auf die Bühne zu bringen. Er lobt des edeln Ed. Devrient einsichtsvollen Rath und sieht sich dadurch zu manchen Aenderungen geführt.
19) Mittwoch... Auch die Zeichnung von Schwind zum Dante-Album des Prinzen Johann läuft ein. Sie ist sehr schön und wird uns beiden Ehre machen.
23) Sonntag... Ich empfange heute viele Besuche von Freunden. Herr von Quandt mit Prof. Hübner kommen, sodann noch Oehme, Rethel und Strauch. Am späten Abend wird noch musizirt. Emmy und Ludwig singen die schönen Mendelssohnschen Duetten ganz vortrefflich; zum Schluß entwickelt noch besonders Ludwig hervorragendes musikalisches Talent im Vortrag ernster und heiterer Gesänge.
25) Dienstag. Erster Feiertag... Ludwig wurde mit einer Ausgabe des Don Juan bedacht, die ihn sehr glücklich zu machen scheint. Uebrigens gab Ludwig heute Abend wieder Beweise seines hervorragenden musikalischen Talents.
26) Mittwoch. Zweiter Feiertag. Meine Beinwunden machen mir noch immer zu schaffen, obwohl ich doch wieder besser gehen kann. Es ist hohe Zeit, daß ich zu meinen Arbeiten komme, d. h. zu den nothwendigen; gearbeitet habe ich allerdings auch in den letzten Tagen; etliche biblische Kompositionen ließen mir keine Ruhe... Die Kinder erfreuen sich ihrer Gaben, Ludwig geht fast in Don Giovanni auf.
30) Sonntag... Die Familie ist am Abend vollständig beisammen, obwohl nothgedrungen; denn die meisten ihrer Mitglieder mußten ihre Ausgänge aufgeben. So mußte Ludwig seinen Gang nach dem Theater wegen Heiserkeit und Husten aufgeben, welche Entsagung er nur unter vielen Thränen vollbrachte. – Doch sind wir dann heiter und fröhlich beisammen.
1850.
Januar.
1) Dienstag... Das Befinden unserer Emmy bessert sich unter Tags. Wenn auch die Mutter sich dadurch nicht bestimmen läßt, heute Abend mit zu Devrients zu gehen, woselbst eine lange beabsichtigte Aufführung einer kleinen Komödie endlich stattfinden soll, so gehen doch Tochter Marie und ich. Mir, ich leugne es nicht, ist es besonders darum zu thun, unsern dicken Ludwig, welcher mitspielt, zu sehen. Das Stück ist von Holberg, etwa vor 100 Jahren geschrieben und von Devrient aus einem fünfaktigen in ein einaktiges verwandelt. Es führet den Namen des Helden als Titel: „Erasmus Berg“. Dieser kehrt von der Universität in sein Dorf zurück und will mit seinem Wissen überall und herausfordernd den Meister spielen, wird aber endlich, zwar nicht durch Beweise, aber durch Gründe zur Ruhe gebracht. Die Kinder spielen alle vortrefflich. Carl Blochmann giebt die Rolle des alten Papa; die Mutter wird von einem Nachbarsmädchen ausgeführt; drei Knaben Devrients und mein Ludwig theilen die übrigen Rollen unter sich. Der Kreis der Zuschauer ist nicht übergroß und enthält unsere nächsten Verwandten und Freunde. Zuletzt wird noch ein wenig getanzt. Gegen 11 Uhr gehen wir nach einem sehr heiter verlebten Abend auseinander. Nur die gute Frau hätte dabei sein sollen.
3) Donnerstag... Gang in das Atelier, woselbst ich nun bereits Rethel in Thätigkeit finde. Die Umgießung seiner Komposition „Carls des Großen Einzug in Pavia“ ist nur zum Vortheil ausgeschlagen.
5) Samstag... Graf von Bose besucht mich und widmet mir eine im lebendigen Gespräch rasch verfliegende Stunde. Er will, daß ich heute Abend zu ihm komme und womöglich Rethel, für den er sich wegen seines Todtentanzes sehr interessirt, mitbringe. Es gelingt mir auch, diesen aufzufinden und zu bestimmen, daß er mich begleite...
13) Sonntag... Mit Graf von Bose zu Herrn von Quandt... Ich sehe bei dieser Gelegenheit meine Skizzen zu Ariost, die ich Quandt nach meiner Rückkehr aus Italien verehrte, wie auch die improvisirten Federzeichnungen, welche in Rom in dem Winter von 1819 auf 20 an Quandts Theetisch entstanden. Die letzteren namentlich, ich will es nicht in Abrede stellen, finde ich in ihrer Art sehr gut. Die Eindrücke, die ich vom Leben und der Natur aufgenommen, sind darin auf eine sehr frappante und ausgezeichnete Weise niedergelegt. Ich fühle aber auch recht deutlich, wie viel schwerer es ist, im Gebiete der Kunst eine bestimmte Aufgabe zu lösen, als nach Belieben Kreuz- und Quersprünge zu machen.
[174] 22) Dienstag. Die Schöpfungstafel für die Linder[24] beschäftigt mich jetzt anhaltend. Die Aufgabe macht mir jetzt viel Freude, obwohl die Arbeit nicht leicht ist... Abends bei Graf Bose, bei welchem ich einen gewissen Weyrauch kennen lerne, der an Gaben und Kenntnissen ausgezeichnet, aber auch sehr unglücklich sein soll. Geheimer Rath von Langenn liest aus seinem Moritz den Abschnitt über Hofleben und Sitte vor.
24) Donnerstag... Zufällig komme ich über den letzten Theil der Odyssee und schöpfe den größten Genuß aus der Lesung desselben.
27) Sonntag. Heute beendige ich eine neue biblische Zeichnung für das Bibel-Album meiner Frau, um eine alte, mit der ich nicht zufrieden bin, damit auszulösen. Der Gegenstand ist die Ermordung Abels.
Februar.
1) Freitag... Rethel hat sich entschlossen, auf acht Tage mit Ramberg und dem jungen Hanfstängl nach München zu gehen, zunächst um das nächsten Montag stattfindende Künstler-Karnevals-Fest und dann auch im Uebrigen München wieder einmal zu sehen. Er bringt den heutigen Abend noch bei uns zu.
4) Montag. Ich bringe meine größeren Aquarellzeichnungen zum Nibelungenlied nach dem Kunstverein, um sie daselbst ausstellen zu lassen...
5) Dienstag. Direktorialversammlung des Kunstvereins. Meine Zeichnungen sind schon eingerahmt und finden bei meinen Freunden und Kollegen viel Beifall. Dagegen scheint es, daß der Stich von Gonzenbach nach meiner Zeichnung: „Glaube, Liebe, Hoffnung“ nicht gut aufgenommen wird. Allerdings ist der Stich nach der ohnehin stumpfen Kopie meiner Zeichnung noch stumpfer und stylloser geworden...
11) Montag... Entwurf der Zeichnung für Blochmann zu seinem Geburtstag. Als Gegenstand habe ich die Geschichte gewählt, die er von seinem Vater uns erzählte: wie nämlich dieser einem armen Menschen, dem er bereits allerlei gegeben, auch noch die Strümpfe giebt, die er soeben selbst noch getragen, weil die andern alle in der Wäsche sind.
13) Mittwoch. Der eben erwähnte Gegenstand zu einer Zeichnung für Blochmann beschäftiget mich nun unausgesetzt. Ich fange heute bereits an mit Sepia zu tuschen.
14) Donnerstag... Rietschel sendet mir die kleine Goethe-Statuette, welche theils unter seiner Leitung und theils von seiner eigenen Hand als Nachbildung jener Goethe-Statue entstanden ist, die bei Goethes hundertjähriger Geburtstagsfeier in dem Festsaal der Harmonie aufgestellt war und eine so außerordentliche Wirkung machte. Diese kolossale Statue konnte nur in sehr vergänglichem Material hergestellt werden. Sie entstand unter Rietschels Händen in nur wenigen Tagen aus Holz, Leinewand und Gyps. Bei der Aufforderung an den Meister, das gelungene Werk in verjüngtem Maße wenigstens zu erhalten, habe ich mich nachdrücklich betheiliget. Aus der Dämmerungskneipe (Meißners Kaffeehaus) begleiten mich Oehme und Strauch nach Hause und bringen den Abend bei uns zu.
15) Freitag. Rethel aus München zurückgekehrt. Seine Reise ist gut ausgefallen, obwohl das Künstlerfest, welches zu sehen die Veranlassung zur Reise war, hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben ist. Die Dichtung, welche der Fest-Aufführung zu Grunde gelegt war, sprach sich nicht aus und darum nicht an. Dagegen haben die Kunstwerke der neueren Malerschule einen großen Eindruck auf ihn gemacht...
16) Samstag. Meine Zeichnung für Blochmann ist der Hauptsache nach vollendet. Die Meinigen finden sie gelungen und haben viel Freude daran...
19) Dienstag. Blochmanns Geburtstag. Meine Zeichnung unter Glas und Rahmen wird im untern Zimmer mit andern Geschenken aufgestellt. Um neun Uhr beginnt die gewöhnliche Institutsfeier und verläuft unter Gesang und Reden nach Gebrauch. Nach deren Beendigung werden die Geschenke in Augenschein genommen, und das meine erhält unverkennbar vielen Beifall.
24) Sonntag... Nachmittag 3 Uhr kommen auf meine Einladung etwa 12 Schüler der Akademie zu mir, um meine Studien sich zu besehen.
März.
3) Sonntag... Seit Beendigung der Zeichnung für Blochmann fortwährend mit der für die Linder beschäftiget...
10) Sonntag... Nach der Predigt zu von Quandt, welcher eine seiner interessantesten Mappen mit alten Kupferstichen, namentlich mit den herrlichen Arbeiten von Martin Schongauer, auf Freund Peschels Antrieb aus Dittersbach hereingebracht hat.
17) Sonntag... Um elf Uhr gehe ich hinüber nach Neustadt zu Herrn von Quandt, welcher heute seine Abdrücke Dürerscher Metallplatten vorzeigt.
18) Montag... In meinem Atelier die Aufzeichnung des Schlußbildes der Nibelungen endlich wirklich begonnen...
24) Palmsonntag... Um elf Uhr zu Herrn von Quandt, um die Kupferstiche von Lucas von Leyden zu sehen. Die Kompositionen stehen hinter den Dürerschen weit zurück, obwohl sie manches Schöne enthalten. [175] Den Grabstichel führt er meisterhaft. Die Vertheilung von Licht und Schatten ist vortrefflich.
25) Montag. Gang zu L. Richter, welchen ich für morgen einlade. Wir gerathen in lebhafte Gespräche, die uns so lange festhalten, daß ich das Arbeiten auf dem Atelier für heute Vormittag aufgebe und nur einen kurzen Besuch daselbst mache. Ich lade noch Rethel, Peschel und Oehme ein. Bendemann bringt mir interessante Skizzenbücher von seinem Schwiegervater, dem nun verstorbenen Direktor Schadow, zur Ansicht.
26) Dienstag. Mein Geburtstag. Vor sechs Uhr schon stehe ich auf und ziehe mich an. Meine Frau hatte mir nämlich mitgetheilt, daß ich an diesem meinen Geburtstag mit Gesang in aller Früh würde begrüßt werden. Um 1/27 Uhr stellen sich im Garten über 30 junge Männer ein und singen drei schöne Lieder. Beim Schluß gehe ich in den Garten hinab und bedanke mich. Ich finde unter den Sängern Rethel, Sachße, G. Adolph und andere weniger oder mehr mir bekannte Künstler. Wislicenus stellt sich wenig später ein. Meine Frau schenkt mir Steins Lebensbeschreibung von Pertz... Nach Tisch besuche ich die gute Mutter und hole mir ihren Festgruß. Abends kommen infolge meiner Bitte Harleß und Frau, sämmtliche Blochmannsche..., Rethel, Oehme, Ludw. Richter, Krugs, und wir bringen den Abend unter lebendigen heitern Gesprächen, Gesang und allerlei Scherz und Ernst fröhlich zu. Erst 1/212 Uhr gehen wir auseinander. Ludwig und Emmy singen die schönen Mendelssohnschen Duetten zur besondern Freude des Harleß ... Peschel kam wegen Unwohlseins nicht.
27) Mittwoch. Auf meinem Atelier finde ich heute mein Porträt, das Medaillon von Rietschel, mit einem frischen schönen Blumenkranz umgeben. Meine Schüler erwarteten mich schon gestern daselbst und wollten mir ein gut Glas Wein zutrinken. Ich kam aber nicht, und da tranken sie allein auf meine Gesundheit.
30) Samstag... Großen Eindruck macht in Ansehung unserer deutschen Angelegenheiten die Rede des Generalleutnant von Radowitz, mit welcher dieser das Parlament in Erfurt eröffnet hat. Bis jetzt ist wohl an solcher Stelle kaum etwas gesagt worden, worin sich eine richtigere Erkenntniß der wahren Lage der Dinge und eine präcisere Erfassung dessen, was noth thut, kundgäbe.
April.
1) Ostermontag... Heute Nachmittag bin ich nun mit der Zeichnung für die Linder zu Stande gekommen. Es freut mich, daß dieser Auftrag, der schon vor vier bis fünf Jahren mir geworden ist, jetzt seine Erledigung gefunden hat in einer Weise, die mir, so hoffe ich, keine Schande machen wird. – Ich soll die Bemerkungen über diesen Tag nicht schließen können, ohne daß ich über die erwähnte Zeichnung noch etwas recht Schlimmes zu berichten hätte. Als ich mich etwas eilig zurecht machte, um mit Marie unsern drei ältesten Kindern zu Blochmanns zu folgen, stieß ich an die Unterlage, auf welcher das Bret mit jener Zeichnung ruhte. Das Bret fällt herab und, ohne daß dieses verletzt wird, reißt die Zeichnung von oben bis unten entzwei. So ist also eine Arbeit, die mir viel Anstrengung und Monate an Zeit gekostet hat, in Beziehung auf pekuniären Gewinn wenigstens ganz vergeblich gewesen... An 400 fl. also habe ich durch diesen Unglücksfall verloren, und die Erfüllung meines der Linder gegebenen Versprechens ist wieder, Gott weiß wie weit, hinausgerückt.
2) Dienstag. Ich frage Direktor Frenzel[25] um Rath wegen möglichst guter Wiederherstellung meiner Zeichnung. Dieser kommt am Nachmittag, um den Schaden zu besehen, und meint, der Buchbinder Drache werde der geeignete Mann sein, um zu helfen. Schwester Ottilie schickt uns Billets in das Theater, woselbst Shakespeares „Was ihr wollt“ zur Aufführung gebracht wird. Sie meint, dadurch etwas zu meiner Zerstreuung beizutragen, was allerdings der Fall ist. Wir freuen uns alle des herrlichen Stücks.
3) Mittwoch... Dem Buchbinder Drache meine zerrissene Zeichnung übergeben, der sie sogleich in Arbeit nehmen will.
4) Donnerstag... Den Abend bringen Herr Otto Kade und Rethel bei mir zu. Ersteren hatte ich gebeten, Ludwigs Stimme und Fertigkeit im Spiel zu examiniren, um mir dann wegen dessen Unterricht in der Musik einen Rath ertheilen zu können.
5) Freitag. Ich abonnire auf das Neue Dresdner Journal, das nun von Siegel selbstständig in deutscher Gesinnung fortgeführt wird.
7) Sonntag. Bei Quandt die Stiche des Georg Pencz gesehen. Es sind herrliche Sachen darunter, an welchen der Hauch Rafaelischen Geistes zu spüren ist.
8) Montag. Bei dem Buchbinder Drache finde ich meine zerrissene Zeichnung so gut zusammengefügt, wie ich es irgend erwartete. Das heißt nun nicht etwa, daß man nichts sähe; der Riß war der Art, daß eine völlige Wiederherstellung gewiß unmöglich war; aber die Theile passen gut zusammen und die Spuren des Risses sind nicht gerade störend. Jedenfalls nehme ich die Zeichnung mit nach München und stelle der Linder frei, ob sie dieselbe behalten will oder nicht. Beim Verfolge meines Weges nach dem Atelier begegne ich dem König und der Königin. Der Erstere redet mich mit großer Freundlichkeit an und erkundiget sich nach meinem Befinden, [176] äußert sich auch sehr gnädig über meine auf dem Kunstvereine ausgestellten Arbeiten.
23) Dienstag... Abends Herr Otto Kade und Rethel bei uns. Händels Messias wird ein wenig durchgenommen, und ich erinnere mich lebhaft der Zeiten, da in Wien im Olivier’schen Haus das zum täglichen Brod gehörte und alles, bis auf die Jüngsten, in diese Musik eingeübt war.
24) Mittwoch. Meine Zeichnungen zum Nibelungenlied vom Kunstverein zurück. Dagegen die Zeichnung für die Linder „Die Schöpfung“ zur Ausstellung daselbst an Opitz übergeben.
28) Sonntag... Gegen Mittag gehe ich zu von Quandt hinüber nach Neustadt und sehe mit Peschel und Ant. Krüger seine Marc-Antons an. – Mit Quandt Kunstgegenstände der Vorzeit zu betrachten, kann einem Vergnügen machen. Es offenbart sich da sein feines und von Natur aus richtiges Gefühl für das Schöne. In der Beurtheilung von Werken der Gegenwart kann er unerträglich sein, weil er im höchsten Grad launenhaft ist. Die Eitelkeit, immer etwas Besonderes und Geistreiches sagen zu wollen, treibt ihn fast immer auf Extreme, und da er es liebt, das Gegentheil von dem zu finden, was Andere gesehen haben, so wird sein Urtheil ganz unzuverlässig. Gewöhnlich entscheidet bei ihm ein erster, oft sehr oberflächlicher Blick. Wird er gefesselt durch irgend eine ihn ansprechende einzelne Schönheit, so ist er für das Ganze gewonnen; stößt ihn aber bei solcher Ueberschau irgend etwas ab, so ist das durchdachteste, tief gegriffenste, durchgeführteste Werk nicht im Stande, ihn zu halten. – Mit solchen Eigenheiten ist man nun freilich kein Muster eines Kunstkenners. Es zeigt sich eben, daß der sittliche Ernst, der allein auf einem religiösen Grunde gedeiht, auch in der rechten Kunstkennerschaft nicht entbehrt werden kann. – Welch ein herrliches Bild gewährt mir die Betrachtung des Staatsministers vom Stein, dessen Lebensbeschreibung in ihrem ersten Bande mich in der letzten Zeit lebhaft beschäftigte! Wie groß, wie edel und wie rein ist da alles! und warum? nicht durch die außerordentlichen Kräfte und Gaben des Mannes, sondern durch den überall hindurchdringenden sittlichen Ernst, durch die religiöse Tiefe, aus welcher Denken und Handeln hervorquillt. – In dem dunkeln Thale, das ich zu durchwandern habe, leuchten mir solche Erscheinungen mit tröstlichem Glanze, und die Erscheinung dieses Mannes tritt um so lebendiger vor die Seele, als ich durch meine persönliche Bekanntschaft mit dem Freiherrn vom Stein in Rom auch ein ganz deutliches Bild seiner äußeren Erscheinung gewonnen habe.
Mai.
3) Freitag. Die Architektur meines Bildes ist mit Kreide ausgezeichnet, so daß nun ein mühsam Stück Arbeit hinter mir ist. Jetzt kommen die Modellstudien daran, die mich gewöhnlich und bei meinen jetzigen Gesundheitsverhältnissen gewiß doppelt angreifen werden.
7) Dienstag. Besuch in Rietschels, dann in Bendemanns Atelier. Rietschel hat die Sachen, die ich sehen wollte (die Tageszeiten), gestern nach Berlin abgeschickt, und ich sehe nichts. Bei Bendemann sehe ich schöne Kartons. Prometheus und das Gastmahl des Sokrates gefallen mir sehr gut. Nachmittag Directorial-Versammlung des Kunstvereins. Wir kaufen Alb. Zimmermanns Landschaft, wegen welcher er mir aus München geschrieben hat. Gegen meine Ansicht wird ein Bild von Gliemann gekauft (die vier Jahreszeiten), das mir sehr zuwider ist.
9) Donnerstag. Christi Himmelfahrt... Die Sorge, mit meinem großen Umriß nicht zu rechter Zeit fertig zu werden, treibt mich heute in das Atelier, anstatt daß ich in die Kirche gehen sollte, und ich versäume eine Predigt von Harleß... Auch am Nachmittag gehe ich zur Arbeit, wie denn auch Rethel den ganzen Tag eifrig an seinem Karton ist. Marie liest mir aus der Allgemeinen Zeitung einen Artikel aus Rom über Kunstzustände vor, in welchem ich die Ehre genieße, bedacht zu werden, und zwar werde ich folgendermaßen erwähnt[26]: „Auch Jul. Schnorr reicht in seinen Darstellungen zum Orlando an die kernhafte Tiefe seines Meisters und Wohlthäters Jos. Koch lange nicht hin“. – Während Förster neulich, als er ein langes und breites von Palme zu rühmen wußte, gänzlich ignorirt, daß dieser mein Schüler und gegen 20 Jahr in der allernächsten Beziehung zu mir gestanden ist, bekomme ich nun auf einmal einen Meister in der Person Jos. Kochs, und da es in einem hingeht und das Wort einen guten Klang hat, so muß Koch mein Wohlthäter sein. – Was diese Kunstschreiber in den Tag hinein salbadern und lügen, ist nicht zu sagen... Der erwähnte Artikel ist unterzeichnet [Adolf] Helfferich.
17) Freitag. Der Hausfrau Geburtstag... Schlechtes Wetter vereitelt den Plan, den Nachmittag im Freien zuzubringen. Dagegen sind wir am Abend mit Blochmanns gemüthlich am Theetisch. Carl von Raumer, Professor in Erlangen, der zufälligerweise hier in Dresden ist, bringt den Abend mit uns zu und belebt die Unterhaltung durch Heiterkeit und Lebhaftigkeit seiner Mittheilungen. Raumer immer noch für ein großes, kräftiges Deutschland im Sinne der Gothaner, also ein Gesinnungsgenosse. Rethel ist auch zugegen.
18) Samstag... Nachmittag habe ich im Atelier längeren Besuch von Hähnel, der in Berlin gewesen, Grüße von Cornelius bringt und viel Rühmliches von Rauchs Denkmal Friedrichs des Großen erzählt...
[177] 24) Freitag. Rethel packt seinen Karton ein und rüstet zur Abreise...
Auch Rethel geht morgen und verabschiedet sich am späteren Abend in unserem Hause. Wir scheiden als sehr innige Freunde. Der gute Rethel hat viel gelitten unter der Last einer trüben Stimmung. Es muß irgend etwas Besonderes ihn drücken und an seinem Herzen nagen. Ich habe nicht versucht, einzudringen in seine Verhältnisse, obwohl es fast schien, als wolle er mich näher in dieselben einführen. Die Offenheit, Redlichkeit seines Charakters, die seltene Berufstreue, Gewissenhaftigkeit und Ausdauer, mit welcher er seine Pflichten erfüllt, so weit ich sie zu erkennen vermag, haben meine ganze Achtung erworben.
Juni.
8) Samstag... Mein Karton, der heute fertig geworden ist, wird Nachmittags abgenommen und zur Verpackung vorbereitet.
1851.
Juli.
28) Montag. Ausstellung. Große Gemälde von Platner, Rahl, Albert Zimmermann. Des letzteren große Landschaft[27] ist vortrefflich. Donners „Tod Körners“ könnte besser sein. An Rahls Bilde finde ich auch nichts Besonderes. Es stellt „König Manfreds Einzug in Luceria“ vor. Viel Schönes hat Platners Gemälde, eine Madonna mit dem Kinde auf dem Throne und Heilige. Moosdorfs Heinrich I. gefällt mir auch nicht sehr. Ich finde den Gegenstand[28] widerwärtig. – Unser neues Museum finde ich sehr vorgeschritten. Man ist mit der Bedachung beschäftiget. Begierig bin ich, wie die Beleuchtung der Kuppel sein wird. Das ist der bedenkliche Punkt. Sonst werden die Oberlichter gewiß alle gut. Von den Zwickel-Basreliefs an den Fenstern ist die Figur des Adam vollendet und zwar recht sehr gut. Die Aussicht von dem Dache des Museums ist wundervoll.
August.
2) Samstag. Am frühen Morgen erfülle ich meine Pflicht bei der Ausstellung. Es sind ziemlich viel neue Bilder angekommen, wenn auch keines von Bedeutung. Zwei Zeichnungen von Genelli, Flucht nach Aegypten und Ruhe auf der Flucht, sind, wie alle seine Sachen, geistvoll. Besonders schön ist die erstere. Die Anordnung ist vortrefflich und die Auffassung wahrhaft gemüthlich.
6) Mittwoch. Herr Georg Wigand, welcher brieflich sich bei mir von Leipzig aus angekündiget hat, nachdem er durch Ludwig Richter vernommen, daß ich mit ihm wegen des biblischen Werkes zu reden wünschte, besucht mich heute in der Frühe. Er spricht sich sehr günstig über das Unternehmen aus und giebt seine Bereitwilligkeit zu erkennen, an demselben sich zu betheiligen. Ich soll ein Probeblatt auf Holz zeichnen, das er schneiden lassen wird, soll meine Forderungen stellen und er will dann mit Longman das Weitere besprechen.
9) Samstag... Brief von G. Wigand erhalten. Er ist für das Bibelunternehmen sehr eingenommen und wünscht, daß dasselbe unter deutscher Firma erscheine.
13) Mittwoch. Wieder ein Brief von Herrn Wigand. Er sendet mir den Entwurf eines Vertrags, in welchem die Möglichkeit vorausgesetzt wird, daß ich monatlich zehn Zeichnungen liefern kann. Da liegt ein großes Mißverständniß. Sobald von einer Veröffentlichung die Rede ist und ich in Verbindung treten will mit einem Verleger, tritt die Gefahr ein, daß ich mich zur Eile drängen und in die Lage bringen lasse, flüchtig und leichtsinnig zu arbeiten.
15) Freitag. Ich antworte Wigand und schreibe ihm, daß, so weit meine Vorarbeiten reichen und wenn ich bei der Uebertragung mir helfen lasse, monatlich höchstens vier Zeichnungen auf Holz geliefert werden können; daß ich, wenn große Beschleunigung in der Aufeinanderfolge der Lieferungen unumgänglich sei, mit anderen schaffenden Kräften mich verbinden müsse...
21) Donnerstag... Mit meinem Zeichnen auf Holz will es nicht recht gehen. Ich vermag keinen Vortrag zu finden, welcher die einfachen Formen meiner Zeichnung in hinreichender Lebendigkeit der Schraffirung giebt, wie der Holzschnitt fordert; und soll ich etwa dieser Lebendigkeit zu Lieb jene gebrochenen und manierirten Formen mir aneignen, welche der altdeutsche Holzschnitt aufgebracht hat? Das mag ich nicht, wenn ich’s auch vermöchte... Verstimmung und Schläfrigkeit lassen mich nach Tisch nicht zur Arbeit kommen. Ich entschließe mich zu einem Spaziergang, zu welchem die herrliche frische Luft ohnehin einladet. Noch nie war ich auf der goldnen Höhe. Um 4 Uhr mache ich mich dahin auf den Weg. Der Gang erfrischt mich sehr. Den Rückweg mache ich in Gesellschaft eines Herrn aus Preußen, der die Befreiungskriege mitgemacht hat und durch seine Erzählungen mir jene Zeiten und Dinge in die Erinnerung zurückruft, die nie ermangeln mich zu elektrisiren.
22) Freitag... Brief von Herrn Wigand. Er besteht nicht auf zehn Blättern per Monat. Fremdartiges (also Hülfe) will er nicht... Vor allem kommt [178] mir’s jetzt darauf an, wie das Probeblatt ausfällt. Gaber will es auf eigenes Risiko schneiden.
28) Donnerstag. Dem jungen Eckermann (Sohn des großherz. Weimarschen Hofraths Eckermann) Erlaubniß ertheilt zum Copieren auf der Galerie und bei der Gelegenheit mit dem Vater persönlich bekannt geworden. – Rietschel aus Ems zurück und im Begriff sich zu seiner Reise nach Italien zu rüsten. Ich mache ihm einen Besuch und finde ihn munter, wenn auch dem Aussehen nach angegriffen... Von seiner Berufung nach Wien reden wir nicht.
30) Samstag. Wiederholung meines Besuchs bei Rietschel. Heute reden wir von seiner Berufung nach Wien. Er scheint doch etwas bedenklich dem Rufe zu folgen. Er ist mit Recht gewarnt worden vor dem Klima und vor der dortigen Theurung.
September.
5) Freitag. Palme nimmt die Zeichnung von Rottmann, welche ich aus dessen Nachlaß erstanden und für das Album meiner Frau bestimmt habe, mit nach München, damit Jäger dieselbe mit dem Freskogemälde, zu welchem sie die Skizze ist (Ansicht von Palermo), vergleiche und die fehlende Ecke ergänze.
9) Dienstag. Heute der dritte Tag, an welchem ich ungestört an meinen biblischen Arbeiten beschäftiget sein kann. Die Austreibung der Hagar, die ich nun vorgenommen, mißlang mir unter den unaufhörlichen Störungen der vorigen Woche in der ersten Bearbeitung, weswegen ich die Zeichnung nun noch einmal mache. Jetzt wird das Blatt gut. Nebenbei beschäftiget mich einer der von Bunsen angegebenen Gegenstände: die Auswanderung der Kainiten. Bei dem Entwurfe wird der erste der von Frau von Bunsen mir verehrten englischen Bleistifte gespitzt, und sie bewähren sich als echte Compositions-Bleistifte, d. h. sie haben den Grad von Weichheit und Reinheit des Bleies, bei welchem man seinen Gedanken ungestört nachgehen kann.
[196] 12) Freitag. Sitzung des akademischen Raths..... Hübner, der verreist ist, bringt seinen Vorschlag, Schülerbilder aus dem Fonds ersparter Reisestipendiengelder anzukaufen, durch einen Brief an Krüger wieder in Anregung. Die Akademie soll also nicht nur Künstler bilden, sondern auch den gebildeten Künstlern ihre Erzeugnisse abkaufen oder, würde Hübner wenigstens sagen, die Akademie soll unter ihre Lehr-, Förderungs- und Bildungs-Mittel das Abkaufen gelungener, von den Schülern gefertigter Werke mit aufnehmen. Es ist doch wohl noch etwas anderes, ob man talentvolle Schüler durch Bestellungen in Stand setzt, in Hervorbringung von Werken sich zu erproben und auszubilden, oder ob man bereits ausgeführte Arbeiten kauft. Es ist etwas anderes, ob man bei Ausführung öffentlicher Arbeiten, welche durch das Bedürfniß gefordert sind, schwache Kräfte mit benutzt, oder ob man nur um der jungen Künstler willen Bilder kauft. In jenem Fall gilt es der Kunst, hier gilt es nur den Künstlern, und man kommt in die Gefahr, über Bedürfniß an Kunst hinaus die Akademien zu Anstalten der Künstlerzüchterei zu machen. – Hätte man nur noch reichliche Mittel, dann könnte man es darauf ankommen lassen, ob auf diesem Wege nicht ein tüchtiges Talent zur Ausbildung [197] käme; aber aus dem Fonds der Reisestipendien die Mittel zu nehmen, ist doch wohl bedenklich. Man sagt freilich, man will nur die ersparten Gelder verwenden. Hat man aber erst ein solches Ziel im Auge, so wird man bald durch Nichtverleihung von Reisestipendien zu Ersparungen gelangen wollen.
14) Sonntag... Gang über die neue Eisenbahnbrücke von der Neustädter Seite aus und Verfolgung des Eisenwegs bis zum Falkenschlag. Es ist ein prächtiger Spaziergang. Die Aussichten nach den Gehegen, Gärten, Höhen der Umgegend sind überraschend schön.
Oktober.
7) Dienstag... Beim Nachhausegehen begleite ich Ed. Devrient. Besprechung über die gestrige Aufführung des Coriolan. Devrient berichtet mich näher über die ungeschickten Auslassungen der Gutzkow’schen Bearbeitung und weist mich, was das Spiel anbelangt, auf die trefflichen Bemerkungen über Schauspielkunst hin, welche Shakespeare dem Hamlet in den Mund legt.
11) Samstag. Herr von Quandt ladet die anwesenden Mitglieder der Galerie-Kommission zum Mittagsessen ein zur Gesellschaft des Herrn Professor Welcker aus Bonn, welcher sein Gast. Regierungsrath Schulz kann leider wegen geschäftlicher Abhaltungen nur erst gegen Ende der Tafel erscheinen. Das Gespräch ist durchgängig belebt und interessant; namentlich interessiren mich Welckers Mittheilungen über Herrn von Stein, mit dem er längere Zeit näher verkehrte. – Abends ist Maßmann bei uns. Derselbe reist morgen von Dresden nach Berlin zurück.
14) Dienstag. Strauch bringt den Abend bei uns zu. Er erzählt uns viel von Cornelius, den er öfter sieht, den auch ich wiederzusehen mehr und mehr Verlangen trage.
15) Mittwoch. Die Feier des Polterabends von Rethels Hochzeit. Alfred Rethel heirathet nämlich Marie Grahl, Tochter des mir von Rom her befreundeten Malers August Grahl. Die Feier findet in Villa Rosa (im Besitz des Schwiegervaters von Grahl, des Banquier Oppenheim) statt, und wir sind zu derselben eingeladen. Es wird ein Festspiel (Erzählung eines Märchens, begleitet mit Musik und lebenden Bildern, bei denen unsere beiden Mädchen mitwirken) aufgeführt. Außerdem kommen noch Tanz (Saltarello, Herr Geyer aus Berlin, Fräulein Winkler[29] in Kostüm) und Männergesang vor. Erst nach Mitternacht kehren wir nach Hause zurück.
16) Donnerstag. Die neue Zeichnung des „Dankopfer Noahs“ für die Bilderbibel in Arbeit genommen.
22) Mittwoch. Der Sammlung biblischer Zeichnungen ist wieder ein neues Blatt einverleibt worden, nämlich „das Dankopfer Noah“, von welchem zwar eine Darstellung vorhanden war, die mich aber nicht befriedigte.
26) Sonntag... College Hübner von seiner Reise nach Belgien, Holland und an den Rhein wieder zurückgekehrt. Ich mache ihm meinen Besuch. Er hat viel gesehen und wird uns nach den wenigen Proben, die ich heute vernehme, viele interessante Mittheilungen zu machen haben.
27) Montag... Bei Bendemann sehe ich auch herrliche Zeichnungen, welche Hübner aus Düsseldorf mitgebracht hat. Erstens eine Prachtzeichnung von Overbeck, eine Kreuztragung, welche in verkleinertem Maßstab von Pflugfelder gestochen worden, und sehr schöne landschaftliche Zeichnungen von Schirmer, eigene Kompositionen mit Kohle gezeichnet.
29) Mittwoch... Gaber bringt einen Abdruck des nach meiner Bibelzeichnung „Jacob und Rahel am Brunnen“ vollendeten Holzschnitts, der im Ganzen sehr gut ausgefallen ist und mich über die Anwendbarkeit des Holzschnitts für eine Ausgabe meines Bibelwerkes außer allen Zweifel stellt...
November.
3) Montag... Durch Graf Baudissin wird mir eine Unterrichtsstunde angetragen, welche eine Engländerin nur entweder bei Kaulbach oder bei mir nehmen will. Ich halte es keinesweges für eine Schande, zu unterrichten, und unterrichte ja in der That fortwährend an der Akademie. Der ärmste Junge kann darauf rechnen, daß ich ihm meine Unterweisung ertheile, wenn er sie verlangt und bedarf. Einer verrückten Engländerin (das muß die sein, die entweder nur von mir oder Kaulbach Unterricht annehmen will) Stunden zu geben und die Rolle des Charlatans willig zu übernehmen, dazu kann ich mich nicht entschließen.
4) Dienstag. Absendung einer ablehnenden Antwort an Graf Baudissin.
6) Donnerstag. Nachmittag gehen wir... von der Neustädter Seite aus über die neue Elbbrücke, die nun auch in den Einzelheiten ihrer völligen Vollendung rasch entgegengeführt wird. Die Aussicht über die Stadt, die Gehege, die Höhen ist ungemein schön, und man kann wohl sagen, daß der Gang über die Brücke bis zum Falkenschlag einer der schönsten Spaziergänge ist, die man hier machen kann.
8) Samstag... Abends gehen wir in das Theater und sehen eine höchst gelungene Aufführung der „Komödie der Irrungen“ von Shakespeare. Die Brüder Devrient spielen die beiden Antipholus.
12) Mittwoch. Gaber mit Aimée Richter, Tochter meines alten Freundes Ludwig Richter, verlobt.
18) Dienstag... Abends zu Ende gelesen: Henriette Herz, biographische Skizzen. Ein Buch, das sich ganz [198] hübsch liest und interessant wird durch Nachrichten über viele ausgezeichnete Persönlichkeiten, mit denen die Dame in Verbindung stand. Ich sah sie oft in Rom im Hause der Schlegel. Sie muß eine sehr gute Frau gewesen sein. Für bedeutend kann ich sie nach dem Buche nicht halten.
20) Donnerstag... Ungeheurer Schnee.
21) Freitag. Bußtag. In der vergangenen Nacht hat es noch ununterbrochen geschneit, und viele Straßen und Wege sind völlig ungangbar. Dennoch gelange ich glücklich in die Kirche, woselbst Harleß eine herrliche Predigt hält... Nachmittag hält Devrient in der Blochmann-Bezzenbergerschen Anstalt eine Vorlesung, und zwar liest er diesmal die gewaltige Tragödie des Sophokles „König Oedipus“, eine rechte Bußtags-Tragödie.
28) Freitag. Fortsetzung der Besprechung mit Herrn Wigand. Bestätigung der vorgestrigen Verabredungen. Bearbeitung einer Lieferung mit Gegenständen außer der Reihenfolge. Darstellungen aus Davids Leben in Vorschlag. Vielleicht mit aufzunehmen das Bild von Tobias gottseligem Beginn seines Ehestandes. Diese Lieferung soll zu Ostern ausgegeben werden. Vor ihrer Erscheinung will Wigand keine Unterhandlungen mit Longmans eröffnen. Ich soll mich schriftlich aussprechen über die Bedeutung solch bildlicher Darstellungen der heiligen Geschichten. Wigand hält auch für zweckmäßig, einen schriftlichen Leitfaden zu geben zur Erläuterung der Bilder und namentlich zur Darlegung ihres Zusammenhangs untereinander und des Fortlaufenden in dieser bildlichen Erzählung der Geschichte der Menschheit...
30) Sonntag. Mittags überrascht uns mein alter Freund Oberbaurath Hübsch aus Carlsruhe, von Berlin kommend, wohin er vorzüglich des neuen Opernhauses wegen gegangen ist, weil er in Carlsruhe das neue Theater aufzuführen in Begriff ist. Er bleibt nur bis morgen Mittag. In lebendigem Wechselgespräch vergehen einige Stunden, und wir sehen, daß wir in Kunst und Leben noch auf gleichem Boden stehen. Er brachte mir Grüße von Cornelius, den er sehr gealtert und herabgestimmt gefunden hat. – Abends musikalische Unterhaltung bei Bezzenberger, wie sonst bei Blochmanns, großentheils Produktionen der Zöglinge, unter denen Ludwig durch seinen Gesang doch sich auszeichnet.
Dezember.
1) Montag. Mit Freund Hübsch bringe ich noch in der Galerie und dem Brühlschen Palais eine halbe Stunde zu. Die Gemälde von Canaletto und die Tapeten nach Rafael zogen ihn in das letzterwähnte Gebäude. In Betreff des Octogon in unserem neuen Museum, welchem es ohne Zweifel an gutem Licht gebrechen wird, giebt Hübsch den mir sehr einleuchtenden Rath, die aufsteigenden Mauern der Kuppel mit dicht an einander gereihten Fenstern zu versehen und lieber das Fenster oben zu schließen. Die Aenderung würde allerdings Geld kosten, wir erhielten aber dann ohne Zweifel bei einem besseren Anblick von außen einen im Innern angemessenen Raum für unsern Rafael, für den wir einen anderen, in jeder Beziehung passenden und schicklichen Raum nicht haben. Und können wir die Tribüne für den Rafael und die Correggios nicht verwenden, so wüßte ich überhaupt nicht, was man dahin bringen könnte.
5) Freitag... Mit größester Befriedigung lesen wir jetzt des Abends Heinr. Gelzers „deutsche poetische Literatur seit Klopstock und Lessing“. Vor allem wohlthuend erscheint uns die Behandlung der religiösen Seite der vorgeführten Männer.
7) Sonntag... In dem Buche von Gelzer lesen wir den Abschnitt über Schiller, der köstlich wie alles in dem Buche.
9) Dienstag... Rethels junge Frau erholt sich wieder, nachdem sie ein furchtbares Nervenfieber überstanden hat.
12) Freitag. Conferenz des akademischen Rathes. Wir kaufen drei schöne lebensgroße, in Oel gemalte Studienköpfe von Wichmann als Vorlagen für unsere und die Leipziger Schüler. Dieser Wichmann, wie jener Schurig (bei welchem ein Bild aus der Lindenau-Stiftung bestellt wurde, das nun bereits in unsern Händen sich befindet) malen und zeichnen vortreffliche Studien, bringen aber sehr schwache Bilder hervor; andere, wie Wislicenus, malen wenige und verhältnißmäßig geringe Studien, liefern aber treffliche Kompositionen und, was man wenigstens von Wislicenus sagen kann, selbst ihre Malerei hat einen Charakter von Feinheit der Auffassung in Farbe und Modellirung, die jenen ferne liegt. – Abends Vater Richter, seine Tochter Aimée mit ihrem Bräutigam Gaber, Heinr. Richter... bei uns zum Thee.
13) Samstag. Galerie-Kommission. Die Gemälde von Canaletto, Ansichten von Dresden, nach und nach rentoilirt und restaurirt. Es sind herrliche Arbeiten.
14) Sonntag. Wigand sprach den Wunsch gegen mich aus, ich möchte die ihm mündlich mitgetheilten Gedanken über die Stellung der Kunst zur Volksbildung und dem Volksleben (namentlich in Beziehung auf religiöse Darstellungen und zunächst auf unser Bibelunternehmen) niederschreiben und bei einer Ankündigung des Werkes zu seiner Disposition stellen. Da meine Zeichnung für Langer fertig und es so dunkel ist, daß ich mich zum Zeichnen überhaupt nicht aufgelegt fühle, so nehme ich heute die Feder, die sonst nur dem bildlichen Denken diente, in der Absicht zur Hand, jenem Wunsche Wigands zu willfahren. Ich muß nun abwarten, ob es mir gelingen wird, etwas zu sagen, das einer weiteren Mittheilung und Verbreitung werth ist.
[199] 16) Dienstag... Em. Sachße bringt zwei Wasserhühner und einen recht geistreichen Brief mit humoristischen Illustrationen.
18) Donnerstag. Den Abend bringe ich bei Herrn Prof. Ackermann zu, welcher nebst mehreren anderen auch mich eingeladen hat, seine Dürer (Kupferstiche) zu schauen und zum Thee zu bleiben. Prof. Ackermann besitzt wohl die schönsten Exemplare der Dürerschen Blätter, die man sehen kann. Die Abdrücke sind so kräftig, so rein, die Blätter sind großentheils noch mit einem breiten Papierrand umgeben, daß kaum eine Sammlung mit der seinen verglichen werden kann. Wir verbringen einen sehr angenehmen Abend, welchen wir nicht allein den Dürers mit den breiten Rändern, sondern auch der sehr liebenswürdigen Familie zu verdanken haben.
19) Freitag... Abends kommen Sachße und Wislicenus. Ersterem übergebe ich meine gezeichnete Antwort auf seine beiden schon erwähnten Briefe[30].
21) Sonntag. Gott sei Dank, die längste Nacht ist überstanden. Das hat für einen, der nur bei Tageslicht arbeiten kann, große Bedeutung. Nach nochmaliger Ueberarbeitung meiner Zeichnung[31] für Langer übergebe ich sie nun diesem als vollendet. Daß ich noch manches daran nachzuholen hatte, namentlich in Beziehung auf gute Haltung und Auseinandergehen der Massen, bemerkte ich selbst sogleich, als ich vorigen Dienstag die Zeichnung der Direktorialversammlung des Kunstvereins vorlegte. Anderes Licht, andere Umgebung ließen mich sogleich die Mängel erkennen. Nun ist diese Angelegenheit aber erlediget.
29) Montag. Es beschäftiget mich jetzt ein Aufsatz, welchen G. Wigand von mir wünscht, nämlich eine Darlegung der Gedanken, welche mich leiten bei Unternehmung unseres Bibelwerks.
31) Mittwoch. Der letzte Tag dieses Jahres ist nun da. Es endet für mich unter wenig günstigen Verhältnissen. Wär ich jung oder wär ich nur noch im Besitz gesunder Augen, wie bald wollt ich wieder oben auf sein; oder vielmehr, ich befände mich gar nicht auf dem Fleck, auf welchem ich jetzt stehe. Nun, wie Gott will. Er kann dennoch mich wieder aufrichten. Er gebe seinen Segen zu dem Bibelwerke, jetzt meine einzige (künstlerische) Hoffnung.
1852.
Januar.
1) Donnerstag. C. v. Gonzenbach, der meine Komposition „Glaube, Liebe, Hoffnung“ gestochen hat, erfreut mich durch eine Sendung von zwölf Abdrücken dieses längst vollendeten Blattes... Sein Blatt befriediget mich nicht ganz. Er hat nach meiner Zeichnung sich selbst eine Zeichnung gemacht, die vielleicht ruhiger und weicher als die meine sich ausnimmt, aber stumpfer und charakterloser geworden ist. Neben diesen Blättern sendet er mir noch zwei Drucke von einem kleinen Blättchen, das er nach Amslers Zeichnung meines „Siegfried und Chriemhilde“ mit meiner Einwilligung gestochen hat.
28) Mittwoch. Macaulays Geschichte Englands (aus welcher die Hausfrau mir unter Tages vorliest) erzählt eine fast ununterbrochene Reihe von Verbrechen. Nur wenige Strahlen reinen Lichtes erleuchten zuweilen die düstern Gefilde. Das Anhören dieser Erzählungen kann daher ein Vergnügen nicht genannt werden. Die Genugthuung, die man empfinden kann, besteht darin, daß endlich fast immer dem Verbrechen die Strafe folgt. – Wie so ganz anders fühlt man sich bewegt bei Anhörung der abendlichen Vorlesungen! Friedrich Perthes ist ein Mann nach meinem Herzen. Nach allen Beziehungen steht er rein, edel, tiefeingehend da. Wie schön entfaltet sich bei ihm die Seite des religiösen Lebens! Wie herrlich entwickelt er sich als vaterländische Gestalt! Seine Stellung zu dem politischen Treiben seiner Zeit, sein Verhältniß zu den schweren Kämpfen des Vaterlandes, sein Eingreifen in die besondern Verhältnisse der Stadt, die ihm zur Heimath geworden war, zeigt ihn durchaus verehrungs-, ja bewunderungswürdig.
Februar.
1) Sonntag... In der Anstalt musikalischer Abend. Bezzenberger geht damit einen neuen Weg. Er bewirthet seine Gäste nicht bloß mit den gewöhnlich sehr mangelhaften musikalischen Erzeugnissen der Anstalt. Er giebt etwas Gutes zu hören, das außer derselben gewachsen ist. Heute werden von vier ausgezeichneten Virtuosen der k. Kapelle Quartette (eines von Beethoven, das andere von Haydn) zur Aufführung gebracht, die allen Hörern einen hohen Genuß gewähren. – Ludwig singt eine Arie des Pylades aus Glucks Iphigenie. Er erntet großen Beifall mit seiner sich immer schöner entwickelnden Stimme. Einer der Musiker der Kapelle spitzt die Ohren bei den ersten Tönen und bemerkt gegen Bezzenberger, das sei eine Stimme, die 2000 Thaler werth sei.
7) Samstag... Galerie-Kommission... Hübner theilt uns mit, daß die vergangene Nacht Reinick, der Maler-Dichter, gestorben sei. Seit wenig Tagen ernstlich erkrankt, erlag er dennoch einem Unterleibsübel, dessen traurigen Ausgang in nicht zu weiter Ferne die Aerzte schon lange vorausgesagt hatten. Mit ihm scheidet aus unserer Mitte ein edles, treues, begeistertes Dichterherz. Seine Lieder werden fortklingen. Unter anderen Sachen ist der Text zu Alfred Rethels Todtentanz von ihm.
[200] 9) Montag... Ich habe wieder einen Akt gestellt. Ich wünschte von dem Gewöhnlichen einmal abzugehen und dem Modell die Lage eines von oben herabgestürzten zu geben. Mein Vorsatz gelang nicht. Ich konnte keine Stellung herausbringen, die hinreichend interessant war und die nöthige Anzahl guter Ansichten darbot. So kam ich wieder auf etwas sehr gewöhnliches zurück.
10) Dienstag... Diesen Morgen wurde der edle Dichter Reinick zur Ruhe bestattet. Ich durfte wegen meines immer noch sehr reizbaren Auges nicht wagen, an den Zug mich anzuschließen.
15) Freitag... Der Bildhauer Herrmann, unser Landsmann, von Rom aus mir bekannt, der lange Zeit in Petersburg gelebt, gearbeitet und, wie es scheint, viel Geld verdient hat, der nun sich wieder nach der Heimath gewendet und zunächst hier sich niederlassen will, macht mir einen Besuch.
22) Sonntag. Mit Regierungsrath Schulz gehe ich nach dem Kunstverein, woselbst von heute an alte Gobelins ausgestellt sind, welche sich unter dem Vorrath der Teppiche, die an Festtagen zum Schmuck der k. Kapelle verwendet werden, vorgefunden haben. Es sind sechs Stück von ungleichem Werth und gewebt nach Vorbildern aus verschiedenen Zeiten. Das vorzüglichste Stück stellt die Kreuzigung dar und trägt entschieden das Gepräge altniederländischer Kunst; obwohl auch hier schon Anklänge an italienische Werke, die in den andern noch stärker hervorklingen, wahrzunehmen sind. Das Gewebe ist überall vorzüglich. Die Goldfäden sind nicht gespart. Die Gegenstände sind sämmtlich den Evangelien entnommen. – Als ich von diesen Teppichen Näheres hörte, hielt ich es für passend und wünschenswerth, daß sie im neuen Museum nebst den Rafaelschen Tapeten aufgestellt würden. ...
26) Donnerstag... Gestern Abend sind wir nun auch mit dem zweiten Band von „Perthes Leben“ zu Ende gekommen. Ich kann nur wiederholen, daß es ein herrliches Buch ist, eines der schönsten, die wir je gelesen haben. Perthes ist ein Mann meines Herzens. Nach allen Seiten des Lebens erscheint er mir als ein Vorbild, des Nachstrebens würdig. Was seine religiösen Ansichten, namentlich seine Ansichten über die Kirche anbelangt, so gehört Perthes zu denen, in welchen der Keim künftiger Vereinigung der getrennten Parteien vorhanden ist. Möge dieser Keim in recht vielen Christen wurzeln und mehr und mehr sich entfalten! Ueber das Maß der Zugeständnisse an die katholische Kirche kann ich mich noch nicht entscheiden. Es gehört außerordentlich viel dazu, einen Ausspruch in diesen Dingen thun zu können mit dem Bewußtsein, sich vollkommen klar zu sein. Mit der kirchlichen Gesinnung, wie sie in Perthes lebt, bin ich aber ganz einverstanden. – Als Deutscher, als deutscher Politiker ist Perthes ganz musterhaft. Er ist ein Vaterlandsfreund im vollen Sinne des Wortes und ein Christ im vollen Sinne des Wortes. Keines hebt bei ihm das andere auf. So soll man denken, so handeln. Hätten wir recht viele Perthes, es müßte überall besser werden. Die unwürdigen Fesseln, in welchen Germania schmachtet, würden brechen müssen. – Gott gebe dem Buch seinen Segen und lasse es einen Samen werden, der in vielen Herzen aufgeht und reiche Früchte bringt!
März.
7) Sonntag... Schwager Blochmann ladet mich ein zu dem Festessen, welches die Gesellschaft Albina heute zur 24. Jahresfeier ihrer Stiftung veranstaltet hat. Es geht ganz munter zu, es wird gut gesprochen und gesungen, gereimtes und ungereimtes Zeug vorgebracht; ich bin aber zu solchen Festlichkeiten nicht geschaffen und ihrer auch entwöhnt, so daß ich doch froh war, als ich mich entfernen konnte. Mein Tischnachbar war Pastor Böttger von St. Anna. Reissiger singt seinen Noah und den Schlossergesellen.
8) Montag... Gaber bringt einen Probedruck des noch nicht ganz vollendeten Stockes „Tobias und Sara“, der ganz vortrefflich ausgefallen ist. Fielen die Blätter alle so aus, so würde ich aufhören zu wünschen, daß das Werk in Kupfer gestochen würde.
11) Donnerstag. Die zweite Zeichnung in meiner Bilderbibel, die ich schon im vorigen Jahr erneuert hatte, ist mir noch immer nicht recht, und ich vollende heute zum dritten Mal das Bild „Es werde eine Veste zwischen den Wassern“.
14) Sonntag... Gegen Mittag gehen wir (Frau und Töchter) mit den Blochmannschen, um die neulich aufgefundenen schönen Teppiche, die im Kunstverein aufgestellt sind, zu betrachten. Die Kreuzigung ist doch wunderbar schön. Man schreibt die Erfindung des Bildes dem Quentin Messis zu. – Nachmittag besuchen mich L. Richter und Peschel, die meine biblischen Zeichnungen sehen wollen. Dem letzteren verehre ich einen Entwurf zu der Darstellung „Wie die Kinder Gottes nach den Töchtern der Menschen schauen“.
17) Mittwoch. Fast den ganzen Tag schreibe ich an meinem Vorwort für das Bibelwerk, auf dessen baldiges Erscheinen Wigand ein Gewicht legt und welches er deshalb bald in seine Hände zu bekommen wünscht. Ich halte den Aufsatz in dem Charakter einer Mittheilung, die an eine im wesentlichen einverstandene Person gerichtet ist. Eine Abhandlung soll und kann nach meinen Kräften der Artikel nicht werden.
20) Samstag... Galerie-Kommission... Die Restauratoren sind noch immer beschäftiget mit den Canalettos. Diese Gemälde, großentheils Ansichten von Dresden oder der Umgegend (Pirna) darstellend, werden [201] einen Saal füllen und für sich eine merkwürdige kleine Galerie bilden.
23) Dienstag. Diner bei Herrn Präsident Müller[32]. Wenige, aber hochgestellte Tischgenossen. Der russische Gesandte (Herr von Schröder), der östreichische (Graf Kuefstein), der preußische (Graf Galen), der französische und englische, Graf Chotek, Regierungspräsident von Böhmen, Herr von Lüttichau, Herr von Arnim, Prof. Hähnel und außer dem Wirth ich. Nach allen Beziehungen ein höchst ausgezeichnetes Diner. – Hähnel theilt mir mit, daß er gerade heute ein Schreiben aus Wien empfangen habe, nach welchem es von ihm abhängt, ob er die Professur der Bildhauerei an der Wiener Akademie annehmen will oder nicht. – Unter den Gästen befand sich auch der Kriegsminister von Rabenhorst.
April.
10) Samstag... Galerie-Kommission. Die heil. Margarethe[33] nach oder von Correggio im Rafael-Saal zur Zufriedenheit aufgehangen.
11) Oster-Sonntag... Brief an Harleß wegen meines Vorwortes zum Bibelwerk, für welches Harleß mir einiges Material aus den Schriften Luthers zugesagt hat.
12) Oster-Montag. Nachmittags lese ich den Freunden Jäger, Richter, Oehme, Peschel, Gaber meinen Aufsatz vor und sehe bei dieser Gelegenheit den soeben erschienenen neuen Katechismus, welchen Peschel mit Bildern geziert und Harleß mit einem herrlichen Vorwort begleitet hat. In diesem Vorwort giebt Harleß eine Stelle aus Luthers Schriften, die sich über die Bedeutung bildlicher Darstellungen so treffend ausspricht, daß man gar nichts Besseres sagen kann, und die besser, als irgend gedacht werden kann, auch zu meinen Zwecken paßt.
14) Mittwoch... Den Abend bringen wir bei Harleß zu... Für mich war es eine große Freude, daß Harleß meinen Aufsatz, den ich ihm zur Durchsicht zugeschickt, ganz billigte und mir noch einiges Material aus Luthers Schriften zukommen ließ. Zum andern lernten wir heute erst Harleß als Musiker kennen...
15) Donnerstag. Eröffnung der Galerie für das Publikum.
19) Montag. Einweihung und Eröffnung der neuen Elbbrücke, Marien-Brücke genannt. Das Wetter ist so übel (wir haben Schnee und abscheuliche Kälte), daß ich der Feierlichkeit beizuwohnen mich nicht entschließen kann. Die Eröffnung der Bahn und Brücke geschieht durch den König.
Mai.
1) Samstag... Ich spreche bei Gaber vor und finde allerdings, wie ich hoffte, den Probedruck eines neuen Blattes, der mir aber einen sehr ungünstigen Eindruck macht. Es stellt dieses Blatt die Bußpredigt Nathans vor. Geschnitten ist es von Geringswald. Gott weiß, an wem die Schuld liegt, daß es schlecht ausgefallen ist. Bin ich dran schuld oder Geringswald? Dem sei, wie ihm wolle. In der Thatsache, daß das Blatt nicht gut ist, liegt für mich etwas sehr Entmuthigendes und Niederdrückendes. – Auf der Galerie... finde ich ganz unerwartet Dr. Ernst Förster aus München... Abends bin ich infolge Einladung bei Devrient in einer Männergesellschaft (Bendemann, Hübner, Auerbach, Kohl etc.). Unerwartet kommt auch Förster, mit dem ich mich gut unterhalte. Er erzählt mir von Cornelius Erquickliches, von Kaulbach Unerquickliches, von des letzteren Komposition „Künstlerfest“ für die neue Pinakothek. Das streift nicht nur ans Gemeine, sondern ist gemein.
2) Sonntag... Auf dem Kunstverein besehe ich mir den von München her schon bekannten Cyklus Genellis „Das Leben des Wüstlings“, eine großartige Schöpfung. Der Tag vergeht mir sonst unter dem Druck des Gedankens an den mißlungenen Holzschnitt. Ich bin weit entfernt, die Last bloß auf den Holzschneider zu wälzen, fühle im Gegentheil recht lebhaft, daß ich immer noch nicht den richtigen Vortrag im Aufzeichnen mir angeeignet habe. Wie ganz anders sind die Dürerschen Sachen! ob mehr oder weniger gut geschnitten, wird die geistvolle Behandlung immer durchschlagen und erfreuen. Also ich muß es vor allem besser machen lernen. Gelingt mirs besser, so könnte das mit eine Frucht sein des gegenwärtigen Verdrusses und der Verdruß also doch auch wieder zum Besten dienen.
3) Montag... Geringswald bringt mir nun selbst einen Abdruck des von ihm geschnittenen Blattes, das sich jetzt besser ausnimmt, obwohl es immer unbefriedigend bleibt.
4) Dienstag. Direktorialversammlung des Kunstvereins. Genellis Zeichnung wird gekauft...
5) Mittwoch. In einigen Zeilen benachrichtige ich Genelli von dem Ankauf seiner Zeichnung, weil ich weiß, wie sehr ihm daran gelegen ist. Abermaliger Besuch bei Sachße, um seine Zeichnung zu dem landwirthschaftlichen Diplom zu sehen. Das Gebiet, auf welchem Sachßes Talent und Thätigkeit sich erfolgreich entfalten wird, ist nun gefunden. Die Erfassung des wirklichen Lebens in seiner ganzen Ausdehnung und Fülle, in der Gestalt, die es in der Gegenwart angenommen, das ist seine Aufgabe, die er mit dichterischem Geiste, mit Humor und unerschöpflicher Mannigfaltigkeit [202] und ansprechender Lebendigkeit zu lösen vermag und lösen wird.
15) Samstag... Zum Mittagsessen war ich bei dem Grafen Baudissin eingeladen, bei welchem ich außer dem General auch noch die Schwägerin vom Rhein (Frau Prof. Naumann) fand, die mir Grüße brachte von Dahlmann, Sulp. Boisserée, Brandis und Frau Klausen.
24) Montag... Gaber übergiebt wieder ein sehr gelungenes Blatt „Jakob ringt um den Segen mit dem Engel“, und wird es nur einer kleinen Retusche an dem Kopfe des Engels bedürfen.
25) Dienstag... Abends liest uns Paldamus[34] ... jene schon erwähnte Erzählung von Boz „Das Heimchen“ vollends vor. Die Durchführung und der Schluß derselben befriedigen uns ebenso wie der Anfang; oder vielmehr unsere Erwartung wird noch übertroffen, und wir sind alle entzückt über das herrliche wohlthuende Bild, das der Schriftsteller vor unseren Augen entrollt.
29) Samstag... Abends besucht uns Ed. Devrient. ... und Paldamus sind auch da. Es kommt zu sehr interessanten Erörterungen über Meyer Beer und Gutzkow. Devrient tritt dem Paldamus, in Betreff des ersteren namentlich, über welchen die Urtheile abweichen, energisch entgegen. Der Prophet und die Ritter vom Geiste werden gänzlich und gründlich abgethan. Der Abend war außerordentlich interessant.
30) Pfingst-Sonntag... Durchlesung einer Schrift gegen Alban Stolz, der in neuerer Zeit ein eifriger Gegner der Protestanten geworden ist und in einer Schrift, betitelt: „Diamant oder Glas“, unsere Abendmahlslehre auf das heftigste angegriffen hat. Die Schrift, die ich lese, rührt von Dr. Schenkel in Heidelberg her und führt den Titel „Fels oder Sand“ ... Abends liest uns Paldamus die „Antigone“ des Sophokles vor.
31) Pfingst-Montag... Gegen Sonnenuntergang besteige ich noch die Höhe hinter Plauen, wo der Opferstein stand, und weiter. Der Anblick in den Grund hinab ist heute unvergleichlich schön. Auf dem Rückweg gerathe ich auf Feldsteige, die kein Ende haben oder vielmehr endigen, ehe sie mich an ein Ziel bringen, und ich komme nur auf großen Umwegen wieder auf die rechte Straße.
Juni.
2) Mittwoch... Abdrücke (zweite Probe) von den Platten „Jacob ringt mit dem Engel des Herrn“ und „Nathans Bußpredigt“. Das erste Blatt ist von Gaber ganz herrlich geschnitten. Das zweite nimmt sich jetzt nach einigen Korrekturen auch ganz gut aus...
3) Donnerstag... Mich erwartete [auf der Galerie] auch der Bericht über eine Büberei, die an der Kopie des Urlaß nach einem Van der Werff ausgeübt worden ist. Die Kopie ist mit einem Messer an drei Seiten vom Blindrahmen abgeschnitten. Beim vierten Schnitt muß der Dieb gestört worden sein; denn da ist es nicht vom Rahmen getrennt.
6) Sonntag. Nachdem ich noch mit großem Appetit gegessen, fühle ich plötzlich nach Tisch die aus alten römischen Zeiten her mir wohlbekannten Vorboten des Fiebers.
Juli.
8) Donnerstag. Während eines vollen Monats unterbleiben alle Aufzeichnungen. Sehr bald wirft mich die Krankheit völlig darnieder. Wenige Tage nach der Erkrankung zeigt sich diese als heftiger Angriff eines Nervenfiebers. Mein Bewußtsein verwirrt sich. Wunderliche Phantasien, deren ich mich noch erinnere und die sich großentheils zu künstlerischen Anschauungen gestalten, erfüllen mein Gehirn. In der zweiten Hälfte der ersten Wochen schwebe ich in großer Gefahr... Heute morgen besuchte mich Rietschel. Er ist außerordentlich gestärkt aus Palermo und Meran zurückgekehrt, und man kann hoffen, sein Uebel sei nicht so bedenklicher Art, als man fürchtete... Heute besuchte uns Eduard Devrient. Er äußerte sich ausführlich über das Spiel des Herrn Dawison, der vor einigen Abenden meine Frau und die Mädchen in der Rolle des Hamlet außerordentlich erfreut hatte. Devrient ermäßiget den Beifall und weist nach, daß Dawisons Spiel doch ein durchaus modernes und beifallsüchtiges sei; dabei läßt er aber dem ausgezeichneten Talent des Mannes volle Gerechtigkeit widerfahren...
9) Freitag. Meine treue, treueste und allergetreueste Hausfrau, Freundin, Pflegerin und Helferin hat, wie sie meinem Leibe allen Beistand und Hilfe in der schweren Zeit angedeihen ließ, auch für die Erquickung meines Herzens und Geistes gesorgt. In Beziehung auf geistige Nahrung habe ich ihr zu danken, daß sie mir aus Steins Leben vorgelesen hat. Wir sind gerade an dem ohne Zweifel interessantesten Theil, am dritten, der von der Zeit handelt, während welcher Stein dem Kaiser Alexander als geachteter Rathgeber und einflußreicher Staatsmann zur Seite stand und Napoleon endlich durch den russischen Feldzug seinem Untergang entgegengeführt wurde. Ich bin von der größten Bewunderung erfüllt für Stein und erbaue mich wahrhaft an dieser menschlichen und staatsmännischen Größe.
11) Sonntag... Erste Anfänge im Zeichnen. Mehr das Verbot als die Unfähigkeit halten mich vom anhaltenden Zeichnen zurück.
14) Mittwoch... Zuweilen zeichne ich schon wieder ein wenig. Gott sei Dank, meine Hand ist fest und zittert nicht...
[203] 16) Freitag. Der dritte Band von Steins Leben ist höchst bedeutend. Der Charakter des Mannes, der Zoll für Zoll ein Mann, ein deutscher Mann ist, tritt ebenso scharf ausgeprägt, wie seine außerordentliche, tiefeingreifende Wirksamkeit in jener großen Zeit schlagend, unwiderleglich nachgewiesen in diesem Abschnitt des Buches hervor.
21) Mittwoch. Brief an Wigand auf die Post gebracht und am Zwinger mich umgesehen, wobei ich mit Vergnügen bemerkte, daß Anstalt gemacht wird zur Wiederherstellung der zerstörten Theile, auch am Museum tüchtig gearbeitet worden ist. Nur am Wall, wo die Freitreppe errichtet werden soll, ist noch nichts geschehen.
22) Donnerstag... Gegen Abend bringt Gaber einen Abdruck der vortrefflich gelungenen Platte „Die Aufopferung Isaacs“. Der Schnitt ist unter den bis jetzt gelieferten Arbeiten vielleicht der gelungenste...
24) Samstag... Wie ich höre, hat Rietschel sich zuvorkommend erboten, das Modell in der mich treffenden Zeit zu besorgen.
25) Sonntag. Gang nach der Ausstellung... Wittigs lebensgroße Statue eines Jägers, die er in Rom gefertiget und welche Rietschel herkommen lassen, hat viel Verdienst und zeugt namentlich von ernstem Studium; dennoch macht sie auf mich keinen ganz günstigen Eindruck... Gustav Königs Karton „Die Verkünder des Christenthums in Deutschland im 8. Jahrhundert“ ist sehr schön. Meines Schülers Joh. Zumpe Karton „Die Verfolgung der Christen unter Saulus“, den ich so viel hundertmal gesehen, macht mir heute mehr Freude als jemals... Ehrhardts Porträt seiner Frau ist sehr ähnlich und sehr schön durchgeführt. Gonnes Bild „Der Gefangene“ ist ein sehr ansprechendes Bild. Es ist in der Empfindung so eigenthümlich, so rein, einfach und doch stark, daß man sogleich in Stimmung versetzt wird. Vor dem Bilde Prof. J. Hübners „Die große Babylon auf dem siebenköpfigen Drachen“ kann man vieles sagen, manches rühmen (glänzendes Kolorit), nur nicht daß es eigenthümlich, rein, einfach und stark in der Empfindung sei, daß es anspreche. Die Holzschnitte nach meinen biblischen Zeichnungen ausgestellt zu sehen, macht mir einen demüthigenden Eindruck. Sie erscheinen so schwach, so ungünstig, daß ich mich nicht entschließen kann, sie genau zu betrachten. Und ferne ist’s von mir, diesen Eindruck den Holzschneidern zur Last legen zu wollen. Die Originalzeichnungen würden mir nicht besser gefallen. Der große Raum, die großen Bilder, die bunten Farben, die Uebersicht von fernem Standpunkt – alles wirkt außer den wirklichen Mängeln nachtheilig. So wird man mit kalten Umschlägen bedient, wenn man hofft, Ehre zu ernten. Schöne Landschaften sind da von Schirmer, Schleich und anderen. Herrn Ed. Steinles „Guter Hirte, der das Verlorne sucht und aufnimmt“, durch die Lithographie der Handzeichnung bekannt, hier aber als großes Oelbild ausgeführt, ist ein sehr schönes Gemälde, das gegenüber dem leeren Mach- und Farbenwerk in seiner Anspruchlosigkeit bei großer Tiefe und Reinheit der Empfindung auf mich einen äußerst wohlthuenden Eindruck macht. Von anderem sei ein andermal die Rede, nur das will ich noch bemerken, daß Gonnes Bild, das ich ein Stimmungsbild nennen möchte, mich an Peter de Hooghe und namentlich an das in München in der Leuchtenbergschen Sammlung befindliche schöne Bild erinnert hat.
26) Montag... Einen unerwarteten Besuch erhalte ich aus London. Nämlich ein Sohn[35] meines Jugendfreundes Heinrich Göschen sucht mich auf. Er studirt die Rechte zu Oxford und ist nur auf Besuch in Deutschland, wohnt für einige Wochen in Hohenstädt bei Grimma... Am Abend erfreut mich noch ein lieber Brief von Passavant, welcher von meiner Krankheit gehört hat und nun mir einen kurzen Bericht über seine spanische Reise giebt, um mich zu unterhalten und zu erheitern. So eine Erweisung der Freundestreue thut wohl. Vergelte ihm Gott seine Liebe!
28) Mittwoch... Bei der heutigen Gelegenheit besehe ich mir auch die neue Villa Herrmann [in Loschwitz], die unvergleichlich liegt und schön gebaut ist.
31) Samstag... Wislicenus bringt einen kolossalen Christuskopf mit der Dornenkrone, welchen er, angeregt durch die von Bethmann-Hollweg gestellte Preisaufgabe, in der letzten Zeit gezeichnet hat. Er will ihn nach Berlin zur Ansicht schicken, obwohl er als Konkurrent nicht auftreten kann, da eine ganze Figur bedungen ist... Dieser einzelne Kopf ist ein neuer Beweis von dem ganz eminenten Talent des jungen Künstlers. Ich kenne keinen schöneren Christuskopf. Kirchbachs Karton „Der Theatervorhang“ ist nun auf der Ausstellung und auch in Beziehung auf Wirkung vortrefflich durchgeführt.
August.
3) Dienstag. Direktorialversammlung des Kunstvereins in den Lokalitäten der Ausstellung... Die Arbeiten meiner Schüler Kirchbach und Zumpe finden allgemeinen Beifall. Ein glückliches Zusammentreffen hat Gust. Königs Karton (aus dem Cyklus seiner Kirchengeschichte) neben jene Kartons gebracht. Jägers großes Bild „Magdalena salbt die Füße des Herrn“ ist auch angekommen. So vereinigen sich auf eine recht schöne Weise alte und neue Schüler und zeigen ein gleiches Streben und die schönsten Erfolge auf dieser Ausstellung.
[204] 4) Mittwoch... Von da gehe ich nach der Brühlschen Terrasse, um Jägers Bild zu sehen. Die Komposition war mir bekannt, ja ich habe auf Jägers Entschluß, sie im großen auszuführen, eingewirkt. Die Ausführung ist mit derselbigen schönen und warmen Empfindung durchgeführt, mit welcher der Gegenstand erfaßt ist, wenn auch in Beziehung auf plastische Wirkung und Durchbildung des Einzelnen wahrzunehmen ist, daß das Bild in kurzer Zeit gemalt wurde... Viele werden freilich bei dem Anblick des Pfaues[36] meinen, die Taube sei vernichtet. Die Kenner werden sich aber nicht blenden lassen und finden, daß der milde Venetianische Ton in Jägers Bild auch den Meister der Farbe zeige...
Dieser reiche Tag bringt an seinem Schluß... einen recht interessanten Brief von der Tochter Marie. ... Ausführlich beschreibt Marie ihren Besuch auf den Gerüsten der neuen Pinakothek [in München], wohin sie gegangen, um die Freskomalereien nach Kaulbach zu sehen. Die Darstellung, wie Cornelius, Veit etc. auf dem Pegasus reiten und das zopfige Ungeheuer bekämpfen, muß schandbar sein, noch schandbarer die andere des ehrwürdigen Overbeck. Unter den ausführenden Malern findet Marie wen? – Palme!!!
8) Sonntag... Am Nachmittag besehe ich mir noch einmal Jägers Bild ... Es hat die Mitte der Wand nun eingenommen und den besten Platz, den es haben kann. Das gereicht ihm natürlich sehr zum Vortheil, die Wirkung ist nicht gestört und gehemmt. Mein Urtheil bleibt nach allen Beziehungen das nämliche, wie ich es am Mittwoch ausgesprochen habe.
10) Dienstag. Professor V. A. Huber hier in Dresden. Er bringt den Abend mit Gabers bei uns zu. Die Unterhaltung mit ihm ist sehr lebhaft und für mich höchst angenehm und befriedigend. Kirchliche Angelegenheiten sind die Gegenstände des Gesprächs, und wir stimmen sehr gut zusammen ...
[211] 13) Freitag. Unser Freund aus der Münchner Zeit, der damals aus Dresden uns zukommende, von Bendemann empfohlene Maler Lasch, der nach fünfjährigem Aufenthalt in Moskau jetzt aus Rußland zurückgekehrt ist, macht uns einen Besuch. Er hat sich an Leib und Seele trefflich erhalten und macht denselben guten Eindruck wie damals, als er, Bendemanns Atelier verlassend, der Münchner Schule für einige Zeit sich anschloß. Sein Aufenthalt hier wird nur von kurzer Dauer sein; auch geht er nach ein paar Monaten nach Rußland zurück.
14) Samstag. Meine bis zur Abreise gestellte Arbeitsaufgabe ist nun erfüllt. Seit der Krankheit habe ich die vierte, im Ganzen die dreizehnte Aufzeichnung vollendet und übergebe sie diesen Morgen an Gaber ... Da wir wünschen, Ludwig womöglich als Schüler zu Reißiger zu bringen, Richter den gleichen Wunsch für seinen Heinrich (Ludwigs bisherigen Lehrer) hegt, so mache ich heute noch einen Gang nach dessen Hause, um zu erfahren, wann ich ihn sprechen kann. Ich finde die Frau zu Hause, welcher ich unser Anliegen vortrage ... Der liebe Lasch bringt den Abend bei uns zu. Er ist ganz der gute alte deutsche Lasch geblieben, wie wir ihn in München kannten. Sein fünfjähriger Aufenthalt in Rußland hat ihm nichts anhaben können.
15) Sonntag. Morgens um 9 Uhr bin ich mit Ludwig bei Kapellmeister Reißiger. Er erwartete uns und ist durch Vermittelung seiner Frau über unsere Wünsche im Klaren. Er spricht sich in der gütigsten Weise aus und erklärt sich bereit, Ludwigs Studien zu überwachen und seine Arbeiten durchzusehen; nur stellt er es als unabweisliche nächste Aufgabe hin, daß Ludwig Unterricht nehme in der Harmonie- und Kompositions-Lehre, für welchen Unterricht er Otto vorschlägt. Für den Unterricht im Pianofortespiel schlägt er Winterstein als den besten und gründlichsten vor. Später, wenn die Stimme entwickelt ist, soll der Gesang kultivirt werden. Reißiger faßt die Sache ganz in unserm Sinne auf. Er fordert Ludwig auf, etwas zu spielen. Dieser spielt und singt ein Lied von seiner (Ludwigs) Erfindung so unbefangen, sicher und gut, daß ich meine Freude habe. Reißiger äußert sich wenig, was ich begreife. Wir sind sehr glücklich über den erwünschten Ausgang des Besuchs ... Nach Tisch besucht uns Neureuther, der morgen schon wieder abreist, um nach Berlin zu gehen. Während er mit uns Kaffee trinkt, kommt eine Sendung von Lasch. Bei Eröffnung der Packete finden sich russische Pantoffel-Schuhe für die beiden Mädchen, sehr brillante (noch ungemachte) für die Hausfrau und Stiefel für mich. Die Hauptsache ist aber ein herrliches schwarzes Pelzfutter, das mit folgenden Worten an mich gelangt: „Verehrt. H. D. Es schien mir von jeher gemeinsame Pflicht aller auf Bildung Anspruch machenden, ausgezeichnete Zeitgenossen warm zu halten. Im materiellen Rußland habe ich diesen Satz wörtlich materiell genommen und bitte freundlich und angelegentlich dies schwarze Vließ als geringen Beitrag in obigem Sinne nicht zu verschmähen. Als Paletot- oder Schlafrockfutter kann man es, so unscheinbar es jetzt ist, gelegentlich ganz lieb gewinnen.“
[212] 16) Montag... Abends werden wir durch liebe Besuche erfreut. Gaber kommt mit dem Schweizer Maler Puff, der so viel im Amslerschen Haus in München gewesen. Dann kommt Regierungsrath Schulz mit Herrn von Olfers, General-Inspektor etc. etc.[37] der Museen in Berlin und dem Herrn Prof. Piper. Dann rückt noch der alte Maßmann ein.
17) Dienstag. Will’s Gott, reise ich heute Mittag ab nach Berchtesgaden.[38]
Oktober.
5) Dienstag... Mit Heinr. Richter und Ludwig zu Herrn Musikdirektor Otto, um ihn zu bitten, diese Beiden als Schüler anzunehmen. Die Bitte wird gewährt.
8) Freitag... Der Aufsatz gegen Kaulbach, welchen ich seit der Abreise von München fortwährend bedacht und an dem ich diese Tage über geschrieben habe, ist nun fertig. Ich lese ihn heute Abend Blochmanns, die bei uns den Thee trinken, vor. Blochmann fordert mich auf, ihn an die Redaktion der Allgemeinen Zeitung zum Druck einzusenden.
9) Samstag... Auch Rietschel billigt meinen Aufsatz und den Beschluß, ihn drucken zu lassen.
10) Sonntag. So sende ich denn heute den Artikel ab an die Redaktion der Allgemeinen Zeitung...
26) Dienstag... Paldamus läßt mir sagen, daß mein Aufsatz gegen Kaulbach in der Nummer vom 24. Oktober der Allgemeinen Zeitung erschienen sei.
27) Mittwoch. Schwager Blochmann überschickt mir die erwähnte Nummer der Allgemeinen Zeitung, und ich finde in der Beilage den Aufsatz mit einigen unbedeutenden Veränderungen, aber einer wesentlicheren Auslassung...
28) Donnerstag... Brief aus München von dem Galvanographen Herrn Schöninger in Kunstvereinsangelegenheiten. Dabei erwähnt er, daß mein Artikel gegen Kaulbach in dem Lokal des Künstler-Singvereins vor etwa 60–70 Künstlern vorgelesen worden sei, und daß Alle sich gefreut hätten, zu hören, wie die Wahrheit in ebenso entschiedener wie würdiger Weise darin vertreten werde.
30) Samstag. Das Dresdner Journal bringt einen Auszug aus meinem Aufsatz und begleitet ihn mit sehr anerkennenden Worten, deren Verfasser Herr Alexander Banck ist. Aus München läuft ein Exemplar des Tagblattes ein (von Dr. Hamberger gesendet) mit einem ähnlichen Auszug und einer Bekräftigung des von mir Gesagten. Ein Exemplar der neuen Münchner Zeitung, das mir zugesendet wird, theilt mir einen im vorigen Jahre[39] erschienenen, auch gegen Kaulbachs Darstellungen gerichteten Aufsatz mit... Rietschel bringt uns seinen Lessing.
31) Sonntag. Unsere silberne Hochzeit...
November.
2) Dienstag... In unserer Kunstvereinssitzung besprechen wir die bevorstehende Veränderung des Vereinslokals. Es ist viel davon die Rede, ein eigenes Haus zu bauen... Präsident Müller erzählt mir, daß er in München, und zwar in jener Abendversammlung des Singvereins zugegen war, in welcher mein Aufsatz vor 60–70 Personen vorgelesen worden ist. Er bezeugt, daß alle Anwesenden ihre Zufriedenheit mit mir zu erkennen gegeben haben...
6) Samstag... Nachmittags Besichtigung eines Lokals am Altmarkt für den Kunstverein, welcher sein schönes Lokal im Calberlaschen Hause[40] verlassen muß.
8) Montag. Sendung aus Augsburg enthaltend einen Brief von Schönchen[41], drei Exemplare der Allgemeinen Zeitung mit meinem Aufsatz, und einige Nummern der Postzeitung. In einer dieser letzteren Nummern ist ein Aufsatz über das „Malen-Können“ sehr originell und geistreich vermuthlich von Schwind.
17) Mittwoch... Direktorialversammlung des Kunstvereins, um wegen des neuen Lokals Beschluß zu fassen. Man beschließt mit den Brüdern Haymann wegen des Lokals am Altmarkt zu kontrahiren.
18) Donnerstag. Brief von Wigand. Derselbe hat Antwort erhalten auf seine Gesuche an die preußischen und sächsischen Ministerien wegen der Empfehlung unseres Werkes an die Schulen. Von Seiten des sächsischen Ministeriums ist geantwortet worden, daß das Werk den Schulen nicht empfohlen werden könne, weil Anstoß erregende Bilder vorkämen (das zweite Bild zum Tobias). Das preußische Ministerium begnügt sich damit, auf 10 Exemplare für die Gymnasien zu subskribiren.
19) Freitag. Bußtag. Ich beantworte Wigands Brief. In Ansehung der Erklärung des sächsischen Ministeriums gebe ich Wigand den Rath, jetzt die Sache ruhen zu lassen. Hoffentlich wird das Werk sich Geltung verschaffen, wenn es sich weiter und weiter vor den Augen entfaltet. Ich rechne auf die Menschen. Wollte ich mich bequemen, die närrischen Ansichten der Engländer und die Bedenklichkeiten der Schulvorsteher zu beachten, so müßte ich den besten Theil meines Werkes aufgeben. Es werden sich auch schon Leute finden, denen jene Gegenstände zum Buch Tobiä, die in so lieblicher Weise den „gottseligen Beginn“ des Ehestandes vor Augen stellen, recht sind.
[213] 20) Samstag. Auf Einladung Rietschels die Skizze zu der Gruppe „Goethe und Schiller“, die für Weimar ausgeführt wird, gesehen. Die Auffassung scheint mir vortrefflich und, da man bei Rietschel einer vollendeten Durchbildung gewiß sein kann, so darf man jetzt schon auf ein herrliches Denkmal für unsere großen Dichter rechnen.
28) Sonntag... Des Feldmarschalls Yorck Leben haben wir nun zu Ende gelesen. Es ist ein ernstes Buch und paßt zu dem Leben Steins. Man lernt die Zeit, in welcher diese Männer lebten und wirkten, aus diesen Büchern gut kennen, und wollte Gott, es begriffen und beherzigten alle die großen Mahnungen, die in ihnen enthalten sind.
Dezember.
2) Donnerstag. Schönchen schickt mir ein Stück Beilage der Allgemeinen Zeitung vom 1. Dezember, in welcher eine Erklärung Försters über die „kunstgeschichtlichen Fresken Kaulbachs an der neuen Pinakothek zu München“ mit Bezugnahme auf meine Erklärung enthalten ist. Er sagt: daß er sich anfänglich Stillschweigen in dieser Angelegenheit auferlegt habe, daß aber die „Antwort auf Schnorrs Manifest“[42] ihm die Feder gewaltsam in die Hand gedrückt habe. Er spricht sich dann gegen die in der Antwort aufgestellte Ansicht, als ob das deutsche Volk um seine Kunst sich nicht bekümmre, im Gegentheil sie als ein verhätscheltes Adoptivkind mit Mißgunst betrachte, entschieden aus und tritt meinem Proteste mit höchst ehrenhaftem Freimuthe bei. Für mich liegt in dieser Erklärung eine große Genugthuung. Der Verfasser der Antwort ist höchst wahrscheinlich Robert Lecke.
6) Montag... In der Allgemeinen Zeitung wird Kaulbach (vermuthlich von Marggraff) herausgestrichen. Es werden erwähnt die würdigen ernsten Künstlergestalten, welche die Rückseite der neuen Pinakothek schmücken sollen. Es wird gesagt: wenn ich mit meinem Urtheil gewartet hätte, bis diese jetzt nur noch in den Kartons sichtbaren Gestalten ausgeführt wären, so würde es anders ausgefallen sein!
8) Mittwoch. Emil Müller, jener talentvolle Baumeisterssohn aus Großenhain, wird unter meiner Leitung sein kleines Altarbild: Das heil. Abendmahl, ausführen, ohne deshalb definitiv als mein Atelierschüler aufgenommen zu sein, wozu er doch noch nicht reif genug scheint. Heute hat er mit der Aufzeichnung auf Leinwand begonnen. Ein Karton in noch kleinerem Maßstab ist bereits vollendet.
12) Sonntag. Dawison ist nun hier, um eine Reihe von Gastrollen zu geben. Wir sehen ihn heute als Richard III. Er zeigt sich als ausgezeichneter Künstler. Zu beklagen ist die ungeheure Verstümmelung des Stücks. Viele der bedeutendsten Szenen fallen ganz hinweg. Außerordentlich ergreifend ist die zweite Szene des ersten Aufzugs. Dawison und die Bayer-Bürck spielen unübertrefflich.
15) Mittwoch. Mit Emmy und Ludwig gehe ich noch einmal, Dawison zu sehen. Er giebt Shylock hier und überhaupt zum ersten Mal. Seine Darstellung ist vortrefflich, wie überhaupt die Aufführung im Ganzen vorzüglich ist. In der Ausstattung des Stücks (Kostüm, Szenerie) liegt eine warme, südliche, malerische, üppige Färbung, die mich angenehm berührt. Lebhaft werde ich an jene vortreffliche Aufführung desselben Stücks erinnert, die ich vor nun 25 Jahren mit Marie in Wien sah. Auerbach, den wir im Theater finden, sagt mir, Dawison habe einen Gruß an mich auszurichten und werde mich besuchen.
16) Donnerstag. Dawison besucht uns wirklich. Er ist ein Mann von 35 Jahren, über mittlere Größe, stark und wohl gebaut. Sein volles Gesicht zeigt den Polen und die jüdische Abstammung. Namentlich macht sich beides kenntlich in den tiefliegenden feurigen Augen. Sein Benehmen ist ungezwungen, frei, nach süddeutschem Schnitt. Er ist beredt, und ich würde ihm nicht angemerkt haben, was man sagt, daß er die deutsche Sprache erst in späteren Jahren sich angeeignet habe. Er freut sich, daß wir Antheil an seinem Spiel nehmen. Er bespricht sichtlich gern seine Rollen. Morgen giebt er den Mephistopheles. Er erklärt, daß er den Volksteufel, den Krampus, nicht geben könne, er werde als ein unheimlicher Mensch erscheinen. Die Bezeichnung, die dem Mephisto werde, wenn gesagt wird, daß er einem Kavalier gleiche, sei unvereinbar mit dem Pferdefüßigen. Wir freuen uns sehr der Bekanntschaft und fühlen uns innerlich aufgefordert, Dawison morgen als Mephistopheles zu sehen.
17) Freitag... Die persönliche Bekanntschaft mit Dawison hatte uns angeregt, ihn auch als Mephistopheles kennen zu lernen. Ohnehin haben wir Faust noch nie auf der Bühne gesehen... Die Wirkung der Darstellung ist eine außerordentliche. Dawison giebt den Mephistopheles meisterhaft, sowie die Bayer-Bürck als Gretchen vortrefflich ist. Auch Walthers Leistung (als Faust) ist befriedigend und die ganze Aufführung ist gelungen zu nennen. Der ungeheure Ernst des Stücks wirkt so, daß man kaum dazu kommt, den Beifall bezeugen zu können.
20) Montag... Ehrhardts Porträt des Königs gesehen. Ich finde es nicht ganz ähnlich.
23) Donnerstag... Rietschel ist mit seiner Skizze zu Goethes und Schillers Statuen fertig, und ich sehe sie heute. Sie befriediget mich nun ganz. Der Gedanke, [214] daß beide Dichterheroen einen Kranz fassen, scheint mir sehr glücklich. Die zwei Theile eines Monuments werden durch dieses Mittelglied vortrefflich verkettet.
1853.
Januar.
1) Samstag... Arbeit, Arbeit, Gedanken an diese erfüllen mich. Schaffen, so lange ich sehen kann. Zwei neue Kompositionen und eine Aufzeichnung für Herrn Graeff beschäftigen mich zugleich. Abends liest die Hausfrau weiter in Onkel Toms Hütte. Es ist ein gutes, schön geschriebenes Buch, und man begreift bei der Bedeutung des Stoffs die unerhörte Ausbreitung desselben.
4) Dienstag. Neues Museum. Konferenz daselbst mit Regierungsrath Schulz und den Herren Architekten zur Beurtheilung der Beleuchtung des mittleren Raumes unter der Kuppel. Ich hole ein Bild aus der Galerie. Es zeigt sich, daß der Raum zwar über Vermuthen gut, doch aber minder beleuchtet ist, als die anderen Räume. Für unseren Rafael wird wohl der Platz definitiv gewählt werden, den ich schon seit lange für ihn ersehen habe, nämlich in dem letzten Raum gegen den Zwingerwall, und zwar so, daß das letzte Fenster an der nördlichen Front die Beleuchtung giebt. Mit dem aus der Galerie herbeigeschafften Bilde, das wir in alle Räume bringen, prüfen wir die Beschaffenheit des Lichtes. Die Räume mit Seitenlicht an der Nordseite werden doch für die Niederländer am angemessensten sein, während die darüber liegende Galerie mit Oberlicht ganz vortrefflich für die kleineren und mittleren historischen Bilder geeignet sein wird. Für die deutsche Schule schlage ich den Raum vor in der 2. Etage, in welchen zunächst die Treppe führt und in den sie einmündet. In der Mitte der Wand der Treppe gegenüber würde ich den Holbein aufstellen. ... Direktorialversammlung des Kunstvereins. Das Direktorium konstituirt sich. Schulz wird durch Zuruf in seinem Amte als erster Vorstand beibehalten, zum zweiten Vorstand wird Regierungsrath Stelzner gewählt, nachdem Präsident Müller gebeten von ihm abzusehen und ich die Wahl abgelehnt habe.
6) Donnerstag. Heilige drei Könige. Abends mit der Hausfrau bei Rietschels, wo ich die Landschaftsmaler Prof. Schirmer (den Berliner) und Bönitsch kennen lerne. Der Abend ist sehr belebt und die Unterhaltung interessant.
7) Freitag. Nachdem der König die Ernennung Hähnels zum ordentlichen Professor an unserer Akademie (an die Stelle des ausgetretenen Prof. Vogel) genehmiget hat, wird derselbe heute Vormittag in Anwesenheit aller Mitglieder des akademischen Raths (mit Ausnahme Quandts) verpflichtet. Wir können uns Glück wünschen, einen so ausgezeichneten Künstler unserer Anstalt zu erhalten, in einer Zeit, in welcher Männer seiner Art nicht dicht gesäet sind.
8) Samstag... Am Abend erhalte ich von La Trobe einen Brief aus Großenhain mit der sehr betrübenden Nachricht, daß der junge Müller (Emil), der kurz vor Weihnachten in mein Atelier eintrat, plötzlich dort gestorben ist. Sein Talent war ungewöhnlich, und große Hoffnungen knüpften sich an seine Entwickelung.
10) Montag... Ich habe auch heute an den Vater des verstorbenen Müller geschrieben.
12) Mittwoch. Ich bin wieder einmal mit rheumatischen Schmerzen heimgesucht, die so arg sind, daß ich mich um Mittag kaum in das Eßzimmer begeben kann. Nachmittag lasse ich mir auf den linken Schenkel einen Senfteig auflegen. Während dieser arbeitet, beißt und zieht, besucht mich Herr Präsident Müller, um mein Urtheil über zwei Handzeichnungen von Peter und Heinrich Heß zu vernehmen. Die erstere ist echt, Herrn Müller aber zu theuer. Die zweite, ein Entwurf zu dem „Laßt die Kindlein zu mir kommen“ in der Allerheiligen-Kapelle zu München, sieht etwas verdächtig aus, wenigstens scheint das mir gewiß, daß ein Schüler dabei die Hand im Spiele gehabt hat. Kaum hatte ich mein Urtheil abgegeben, so kommt noch Wigand dazu. Die gewünschten Erklärungen zu den Bibelbildern glaube ich mir vom Halse geschafft zu haben, dagegen willige ich ein, eine Vignette zu den Mappen für unsere Holzschnitte zu entwerfen. Wigand erklärt mir nun auch, weshalb er die Reihenfolge nicht eingehalten haben will. Er will, daß im Fall meines Todes oder einer Verhinderung, die Arbeit fortzusetzen, ihm kein Fragment in der Hand bleibe. Es sollen also Gegenstände wo möglich von vorn herein aus den verschiedenen Theilen der Bibel gewählt werden. Wigand denkt auch daran, die Bilder mit der Zeit einer wirklichen Bibel beizudrucken, ein Gedanke, der mir natürlich nicht glücklich scheint. Ihm ists aber um weitere Mittel der Verwerthung zu thun, wenn das Werk in seiner jetzt projektirten Gestalt nicht zu Stande kommen sollte. Alle diese Besprechungen werden unter ziemlich viel Schmerzen auf meiner Seite geführt, daneben habe ich noch die Bemerkung hinunterzuschlucken, daß unser Unternehmen bis jetzt den erwarteten Erfolg nicht gehabt habe.
13) Donnerstag... Der Baumeister Müller aus Großenhain, Vater des Emil, besucht mich und erzählt mir Näheres über des Sohnes Ende und zeigt mir dessen letzte Arbeit, eine Komposition des Gegenstandes „wie der hochbetagte Jünger Johannes, von Schülern auf den Schultern getragen, die ihn umgebenden Jünger und Jüngerinnen auf die Liebe, die ewige Liebe hinweist“. Mit diesem Gegenstand ist mit vielem Geist die Parabel vom verlornen Sohn verbunden. Die Komposition [215] ist sehr schön und ragt über allem, was der junge Mensch gemacht hat, hervor. Gott wird die schönen, für uns verlorenen Kräfte für eine andere Welt entfalten und vollenden.
20) Donnerstag... Abends kommen Sachßes. Emil führt sein großes Schattenspiel auf, in welchem Schillers Handschuh und der Ritter Toggenburg zu einem Trauerspiel verbunden sind. Die Ouverture ist unübertrefflich. Hiebei wirken Heinr. Richter und Ludwig mit. ... Die Wirkung des Ganzen ist eine ungeheure, wie denn überhaupt an diesem Abend der höhere Blödsinn große Triumphe feiert. Die Kleinsten sind überglücklich.
23) Sonntag. Kapellmeister Franz Lachner aus München besucht uns. ... Nachmittag kommt Lachner noch einmal, da er am Vormittag Frau und Töchter nicht gefunden hat.
24) Montag... Marie liest mir vor aus der „Einleitung zur Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts“ von Gervinus, dem jetzt viel besprochenen, weil verbotenen Buche...
27) Donnerstag... Brief von Steub, in welchem die offizielle Anzeige enthalten, daß mir und den Meinigen das Heimathsrecht in München vorbehalten wird. In dem Schreiben, welches der Magistrat an mich erlassen hat, heißt es, daß die Bewilligung geschehe in Würdigung und Anerkennung der Verdienste, welche ich mir durch meine Leistungen auf dem Gebiete der Kunst um die Residenzstadt erworben habe.
29) Samstag... Brief von Dr. Eggers in Berlin Redakteur des deutschen Kunstblattes, mit der Aufforderung, das Blatt zu meinem Organ künstlerischer Mittheilungen zu machen.
31) Montag... Besuch bei Prof. Hähnel. Sein Rafael, ganze Figur für unser neues Museum, sehr schön in der Auffassung. Sonst noch eine geistvolle Komposition zur Charakteristik des Michael Angelo Hähnel erklärt mir auch die Anordnung des ganzen plastischen Schmuckes des Museums. Ich fände es sehr der Mühe werth, in einem Kunstblatt eine solche Erklärung öffentlich darzulegen.
Februar.
8) Dienstag. In der Blochmann-Bezzenbergerschen Anstalt Komödie und Ball, woran Frau und Töchter Antheil nehmen, während ich endlich dazu komme, eine Rädersche Posse zu sehen. Es ist diese das neueste Opus des Komikers in der Art der Raimundschen Zauberpossen, heißt „Dresden ein Traum“, ist aber nicht viel werth.
10) Donnerstag... Paldamus liest heute den Schluß des achtbändigen Romans von Boz „Martin Chuzzlewit“. Unsere Verehrung für den Schriftsteller ist fortwährend im Steigen begriffen.
13) Sonntag. Brief von Zimmermann (Direktor der Pinakothek in München). ... In Betreff meines Artikels gegen Kaulbach erklärt sich Zimmermann vollkommen mit mir einverstanden und fügt hinzu: „Als ich den König Ludwig bald nach dem Erscheinen desselben sah, sagte er: da hat einmal der Kaulbach seinen Trumpf bekommen, wie es ihm recht geschehen, und hätte ich nicht manches ändern lassen, so wäre die Sache noch schlimmer. Jetzt kann ich leider nichts mehr thun; ich müßte denn das Ganze herunterschlagen lassen, wozu ich aber weder Zeit noch Geld habe.“...
15) Dienstag... Das neue, von Alex. Banck redigirte Kunstblatt, das von Payne verlegt wird, wird mir heute in seiner zweiten Nummer gebracht. Es enthält unter der Aufschrift „Der Schnorr-Kaulbachsche Streit über die Fresken an der neuen Pinakothek“ einen Artikel, in welchem Försters Erklärung vorzüglich hervorgehoben und als vollgültig dargestellt wird. Nach allen Aussprüchen, wie sie nun vorliegen und von nah und fern mir zugekommen sind, die Aeußerung K. Ludwigs mit einbegriffen, kann ich wohl sagen, daß mein Sieg in dieser Sache unzweifelhaft sei.
17) Donnerstag. Die neue Komposition „Christus und die Samariterin“, die ich schon im Klaren glaubte, macht mir heute stark zu schaffen und stellt sich ins Schwankende. Ich quäle mich wie ein Schüler und vergesse alles über der Arbeit. Am Abend ist das Bild aber doch festgestellt.
22) Dienstag. Marie, Emmy und ich lassen uns bei Herrn Krone daguerreotypiren.
23) Mittwoch... Die Daguerreotypie in Empfang genommen. Sie ist ganz gut ausgefallen. Natürlich sehen auch wir, wie die meisten, aus wie unglückliche Leute, etwa wie vertriebene Schleswig-Holsteiner.
25) Freitag. Endlich antworte ich Herrn Eggers in Berlin, Herausgeber des deutschen Kunstblattes. Ich suche die abschlägliche Antwort, die ich im Grunde in Betreff der Mitwirkung an seinem Blatte gebe, so einzurichten, daß er wenigstens meine Theilnahme an seinen Bestrebungen zu erkennen vermag.
26) Samstag... Zum Mittagsessen bei Graf Baudissin, wo ich Geheimrath v. Ammon nebst Gemahlin, den Präsidenten Müller, Regierungsrath Schulz, Frau Gräfin Lynar und die Nichte des Wirths, Frau v. Stockhausen, finde. Die Unterhaltung ist sehr belebt. Frau v. Stockhausen ist eine schöne und liebenswürdige Frau. Graf Baudissin nennt sie eine Nibelungengestalt. Ihr Mann ist jetzt hannöverscher Gesandter in Wien. Ihm wird sie demnächst dahin folgen.
März.
2) Mittwoch. Abends Paldamus. Streit über die Maßregel der Regierung, das Tragen der Hüte mit runden Köpfen, breiten Krämpen etc. zu verbieten. Ich [216] finde es unbillig, den Leuten, die mit stillschweigender Billigung der Behörde diese Hüte sich anschafften, nun zuzumuthen, sich neue Kopfbedeckungen zu kaufen. Ich finde es zwecklos, die Leute zu ärgern; denn man wird diejenigen, denen es um ein Abzeichen zu thun ist, nicht hindern, sich ein Abzeichen irgend einer Art, das nicht verboten werden kann, beizulegen. Man hat ja doch Erfahrungen darüber, was mit dergleichen kleinlichen Quälereien ausgerichtet wird.
4) Freitag... Theater. Die Hausfrau und Tochter Marie und ich sehen die Antigone. Zum erstenmal werden wir mit der antiken Tragödie in dieser Weise bekannt. Der Eindruck ist ein überaus mächtiger. Schon die nach Sempers Angabe eingerichtete Bühne hat etwas eigenthümlich edles und ansprechendes. Mit Paldamus, der uns die Plätze verschafft hat, besprechen wir noch nach der Aufführung am traulichen Theetisch das Stück und was damit zusammenhängt.
9) Mittwoch. Ich werfe die Komposition „Jesus und die Samariterin“ noch einmal um und arbeite mich heute recht müde und matt, weil ohne sicheres Gefühl, auf dem rechten Wege zu sein. Es ist heute ein Tag, an welchem die Masse der Arbeiten, die erlediget sein wollen, mich ängstigen... Das ermunternde und tröstende Wort eines Freundes, der vertraut mit meiner Lage zugleich auf meine inneren Zustände einging, fehlt mir. – Brief von Wigand. Die Erfolge unseres Werkes sind noch sehr unter seinen Erwartungen. Es sind 2000 Exemplare abgesetzt. Es ist aber der Absatz von 7000 Exemplaren nöthig, um die Kosten zu decken. In einer Bekanntmachung, welche mit jener von mir entworfenen und ziemlich roh im Holzschnitt wiedergegebenen Vignette ausgestattet ist, fordert Wigand die Geistlichen und Schullehrer Sachsens auf, das Werk zu fördern und den Schulen dessen Anschaffung zu empfehlen.
11) Freitag. Wigand drückte in seinem letzten Schreiben auch den Wunsch aus, daß Direktor Gust. Nieritz, der bekannte, sehr populäre Schriftsteller, in einer zu veröffentlichenden Erklärung unser Werk den Schulen empfehle. Da Wigand hiebei meine Vermittlung angesprochen hat, so suche ich Nieritz heute Nachmittag auf. Ich finde ihn (Neustadt, Antonstraße Nr. 19) in seinem Garten, auf einer Leiter stehend, im Begriff Raupennester zu vertilgen. Er nimmt mich und mein Anliegen sehr freundlich auf und verspricht „blindlings“ – denn er hat unser Werk noch gar nicht gesehen – auf meinen guten Namen und auf die paar Worte hin, die in der Besprechung des Werks in den Protestantischen Monatsblättern aus meinem Vorwort aufgenommen worden sind, Wigands Wünsche zu erfüllen.
12) Samstag... Abends sind wir mit Krugs bei Blochmanns. Es erhebt sich daselbst ein Streit über das Verfahren der Regierung in der gerichtlichen Verfolgung des Gervinus wegen seiner Einleitung zur deutschen Geschichte des XIX. Jahrhunderts. Ich meine, die Regierung hätte das Buch laufen lassen sollen. Krug meint, die Regierung hätte es nicht können laufen lassen. Ich meine, gerade in dieser Zeit sei es nothwendig, daß die vornehmen und gebildeten Herren, in deren Kreise das Buch doch vorzugsweise gelangt, immer und immer wieder erinnert werden, daß die weltgeschichtliche Entwicklung sich nicht nach ihren, sich wieder auf eine traurige Weise steigernden Reaktionsgelüsten richtet, sondern ihren Gang geht. Krug meint, gerade in dieser Zeit sollten die Schriftsteller sich hüten, Dinge zu sagen, die den vierten Stand ermuntern müßten, nach der Herrschaft zu trachten. Ich meine, dieses sage ich aber nicht, an dem Buche sei das viel ärgerlicher und verdammenswürdiger, daß es das Christenthum als etwas hinstelle, das mit der Zeit wie ein Nebel ganz verschwinden werde, als die Aufstellung der Ansicht, der Arbeiterstand werde mit der Zeit die gebietende Klasse werden.
17) Donnerstag. Nieritz schickt mir nebst einem sehr freundlichen Briefchen einige für die Oeffentlichkeit bestimmte empfehlende Zeilen über das Bibelwerk. – Diner bei dem Präsidenten Müller. Unter den Gästen befinden sich Graf Kuefstein der östreichische Gesandte, Herr von Zeschau der sächsische Minister des Kultus, General Graf Baudissin, Amtshauptmann von Winkler Nachkomme des Besitzers der ehemals berühmten Winkler’schen Gemäldesammlung in Leipzig.
18) Freitag. Konferenz des akademischen Raths. Rietschel und ich werden an die Stelle der austretenden Kollegen Bendemann und Hübner zu Mitgliedern der Kommission, welche von Seiten der Akademie als Beirath der Verwaltung der Porzellanmanufaktur zugetheilt ist, gewählt. Nicolai verbleibt in der Kommission.
20) Palm-Sonntag. Brief von Wigand... Ahlfeld will eine Empfehlung unseres Werkes entwerfen, welche dann von andern Geistlichen und Schullehrern Sachsens, die gleicher Ansicht sind, unterschrieben werden soll. – Die Aufzeichnung „Jesus und die Samariterin“ beendiget und an Gaber abgegeben. Zscheckel bringt mir einen Probedruck der nun vollendeten Platte „Verkündigung der Sündfluth und Bau der Arche“. Die Platte ist ganz gut ausgefallen. Den schärfsten Tadel muß ich immer noch gegen mich selbst richten, wenn die Blätter nicht nach meinen Wünschen ausfallen. Es fehlt den Aufzeichnungen hie und da an Leben und Einfachheit in der Behandlung. Wie unerreichbar vortrefflich ist nicht Dürer in dieser Beziehung! – Bei weniger geschickten Holzschneidern als Gaber kommen meine Fehler immer stärker zum Vorschein als bei diesem.
[217] 23) Mittwoch... Das Direktorium des Kunstvereins versammelt sich heute in dem neuen Lokal am Altmarkt, um die Einrichtung desselben anzuordnen.
24) Grün-Donnerstag... Besuch bei Gaber, bei welchem ich eine größere Anzahl von Aufzeichnungen zu der kleinen Berliner Vereins-Bibel mir ansehe. Der Berliner Verein und mit ihm, wenn auch ohne exklusive Gesinnung, Professor Huber erklärt sich gegen die Zulässigkeit der Darstellung Gottes unter der Gestalt eines Menschen. Licht, Feuer, Blitze sollen seine Gegenwart andeuten.
25) Char-Freitag. Staffage für Oehme’s italienische Landschaft ins Klare umgezeichnet.
26) Samstag. Mein Geburtstag. Am frühen Morgen, leider bei sehr empfindlicher Kälte und vielem Schnee, unter den Fenstern an der Hof- und Gartenseite des Hauses Männergesang unter der Leitung von H. Richter. Unter den Sängern Gaber, Kirchbach, Gärtner, Kietz, Jordan, Semmler, Gliemann. Unter den gesungenen Quartetten eines von H. Richter, dem Dirigenten.... Gaber bringt der Hausfrau ein Richter-Album, nicht wie es bei Wigand herausgekommen, sondern nach eigener Wahl zusammengestellt und in herrlichem Einband. Die Drucke sind auf chinesischem Papier und ausgewählt...
31) Donnerstag... Mit Dickens „Wanduhr“ kommen wir heute zu Ende. Die Art, wie die Werke dieses Mannes entstehen, nämlich die abschnittweise Produktion, macht sich überall fühlbar, und häufig vermißt man jene Durchbildung, die einem Kunstwerk allein den Stempel der Vollendung aufdrücken kann; bei alledem ist Dickens ein außerordentlicher und in vielen Beziehungen gewiß von keinem andern erreichter Schriftsteller.
April.
1) Freitag. Die treffliche Besetzung des Don Juan lockt uns heute ins Theater. Wir haben es nicht zu bereuen, der Lockung gefolgt zu sein. Die Darstellung ist im Ganzen sehr vorzüglich, und wir haben großen Genuß. Mitterwurzer als Don Juan, die neu angestellte Sängerin aus Wien, Fräulein Ney, als Donna Anna sind vortrefflich.
3) Sonntag. Wigand schickt mir eine Mappe zur Bibel mit der von mir erfundenen und in Gold gedruckten Vignette. Die Vignette nimmt sich ganz gut aus, doch würde ich bei mehr Erfahrung in der Anordnung manches anders gehalten haben...
5) Dienstag... Direktorialversammlung des Kunstvereins im neuen Lokal. Man beschäftiget sich vor allem mit den Gegenständen, welche sich auf die am 28. April abzuhaltende Generalversammlung beziehen. Dieser Tag wird gewählt als Jahrestag der vor 25 Jahren stattgehabten ersten Versammlung der Kunstvereinsmitglieder...
6) Mittwoch... Geringswald bringt mir einen Probehanddruck des Elias im feurigen Wagen. Das Blatt ist außerordentlich gelungen und gehört, was fleißige Ausführung und gute Wirkung betrifft, zu den schönsten Blättern, die wir aufweisen können.
8) Freitag... Konferenz des akademischen Raths, an welcher Ludw. Richter, nun zum Mitglied desselben ernannt, Antheil nimmt.... Auch werden Atelier-Bau-Angelegenheiten besprochen. Da der König nicht wünscht, daß mein demnächst an Rietschel übergehendes Atelier durch eine Erweiterung das Ausstellungslokal beschränke, so denkt man jetzt an ein neu zu errichtendes Atelier-Haus.
13) Mittwoch... Abends liest uns Paldamus eine der neueren Dorfgeschichten von Auerbach vor. Der Jude schaut mit seinem rothen Gesicht und den entzündeten Augen schon dreister daraus hervor als aus den früheren Geschichten, doch ist die Erzählung ganz hübsch.
14) Donnerstag... Paldamus liest weiter in seiner Auerbachschen Dorfgeschichte, Brosi und Moni. Die Erzählung wird aber so ordinär, daß wir abbrechen und die Geschichte auszuhören aufgeben.
15) Freitag. Schraders Gemälde „Leonardo da Vincis letzte Stunde“ gesehen. Ein Bild, das sehr geschickt gemacht ist, mich aber nicht warm macht. Man könnte glauben, das Bild sei von einem belgischen Meister gemalt. Darin liegt Lob und Tadel ausgesprochen. Malerei vorzüglich, Auffassung und Komposition ganz gewöhnlich.
16) Samstag. Langers Platte nach meinem Schlußbild zu den Nibelungen gesehen. Der Stich ist nun bald vollendet. Die Behandlung ist sehr sorgfältig und fleißig durchgeführt. Zu wünschen wäre etwas mehr Leben, Frische und Kraft.
23) Samstag... Gaber bringt mir nun auch einen Abdruck der vollendeten Platte „Jesus und die Samariterin“. Die Platte ist wunderschön gearbeitet; was derselben fehlt (der Christuskopf ist nicht gelungen), kommt auf meine Rechnung.
28) Donnerstag... Ein anderer Brief, der mit dem Wigandschen zugleich ankommt, rührt von dem Stadt- und Schloßprediger Löhn in Hohnstein bei Stolpen her. Bei dem Anblick meiner Bibel erinnert er sich, mich in meiner Jugend gekannt zu haben. Er ist ebenfalls in Leipzig und in demselben Jahr wie ich geboren. Ferdinand Caffe, mein Akademiegenosse und Freund, mit dem ich einst Teufelsbeschwörungen aufführte (einmal mit solchem Lärm, daß der alte Caffe, in seinem Nachmittagsschlummer gestört, mir einen Verweis gab, der mich so beleidigte, daß ich sein Haus nicht mehr betrat), war auch sein Freund. Er will nun durch seinen brieflichen Gruß die Erinnerung an [218] jene Zeit erneuern und das Gefühl einer Gemeinschaftlichkeit in mir erwecken, worin er sich nicht getäuscht haben soll.... Heute Nachmittag ist nun die erste Generalversammlung des Kunstvereins im neuen Lokal.... Auch das neue Lokal findet vollkommene Anerkennung und Billigung, obwohl das verlassene allerdings viel brillanter war.
29) Freitag... Konferenz des akademischen Raths.... Eine zweite Angelegenheit nimmt unsere Aufmerksamkeit sehr in Anspruch, nämlich unser Verhältniß zur Porzellanmanufaktur. Die Direktion derselben will, wie Quandt sehr treffend bemerkt, an den von dem akademischen Rath beigegebenen Kommissionsmitgliedern nur „Mitschuldige“ haben, ihrem Einfluß und Urtheil aber ein Gebiet der Wirksamkeit nicht eröffnen...
Mai.
2) Montag... Brief von Wigand, enthaltend einen in den „Grenzboten“ abgedruckten Artikel über mein Bibelwerk.
4) Mittwoch. Antwort an Wigand. Warnung, den Verfasser des Artikels in den „Grenzboten“ (Wigand meint, es sei Schuchardt in Weimar) als Erklärer unserer biblischen Bilder aufzustellen. Einer, welcher sagt: „das erstere (Aufopferung Isaaks) ist, bei Lichte besehen, nichts anderes als die in unsern Tagen einigemal vorgekommenen Kindermorde aus Religionsschwärmerei“, kann unsere Bilder nicht in meinem Sinn erklären.... Brief von Schwind aus Wien. Er schreibt, daß er morgen in Dresden ankommen werde und daß ich dafür sorgen solle, daß er meine Familie sehen könne „und irgend wo die möglichsten Freunde beisammen finde“.
5) Donnerstag. Himmelfahrt... Am Nachmittag kommt richtig Schwind. Die nächsten Freunde werden zusammengetrommelt, und wir bringen einen prächtigen Abend miteinander zu. Die Gäste sind folgende: Schwind und sein Reisegefährte, Rietschel, Oehme, Ludw. Richter, Peschel und Paldamus. Ludwig muß singen und er singt gut, und Schwind meint, wir würden ihn nicht von der Bühne abhalten können. Schwinds Reisegefährte heißt Vesque von Püttlingen.
6) Freitag... In der Galerie finde ich Schwind mit Nicolai. Eine Weile besehen wir mit einander die Bilder; dann begeben wir uns in meine Wohnung, wo er von Marie Abschied nehmen will, die aber nicht zu Hause ist. Er findet aber die Hausfrau noch unterweges und verabschiedet sich von der Droschke aus. Noch heute will er nach Weimar.
12) Donnerstag. Den gestrigen Abend brachten Professor Huber und Gaber bei uns zu.... Huber verläßt uns wieder, um nach Nürnberg und Erlangen zu gehen. Er ist uns allen sehr lieb und werth geworden. Seine Gesinnung, seine Ansichten sind diejenigen, von welchen ich glaube, daß sie am meisten uns noth thun...
14) Samstag... Seit einigen Tagen ist das schon viel gesehene und besprochene Gemälde von Gallait „Egmont und Horn“ hier ausgestellt, und heute besehe ich es mir mit den Meinigen. Das Bild ist mit wunderbarer Meisterschaft gemalt, die dargestellten Personen sind wirkliche Menschen, mit dem tiefsten Eingehen in das innerste Leben derselben erfaßt. Man hat den Eindruck beim Anschauen des Bildes, als ob man der dargestellten Szene wirklich beigewohnt habe. Hierin liegt aber nicht nur das Lob, sondern auch der Tadel des Gemäldes. Gallait sucht die Wirkung des Kunstwerkes darin, daß es nach Möglichkeit die Wirkung des Ereignisses selbst mache. Liegt in der Auffassung des Gegenstandes der vollkommenste Naturalismus, so ist hingegen in der Anwendung der malerischen Darstellungsmittel eine solche Meisterschaft entfaltet, eine solche Höhe erreicht, daß man sagen muß, da ist der Meister über den Naturalismus hinaus gegangen und ist in die wahre Kunstsphäre eingedrungen.
25) Mittwoch... Definitive Wahl einer rothen Tapete mit velluto für die Räume des Neuen Museums. Doch soll ein Theil der Räume nur einen Anstrich in Leimfarbe erhalten. Abermalige Besprechung über die Benutzung der Tribüne, welche unsere besten Bilder wegen nicht hinreichender Beleuchtung doch nicht aufnehmen kann. Der Ausschmückung mit den Raphaelschen Tapeten stellen sich Hindernisse entgegen. Die acht Wandflächen, welche die Tribüne bietet, messen in der Breite nur 8 Ellen; einige Tapeten mit den allerdings breiten Einfassungen 11 Ellen; so daß diese nicht in eine Fläche gebracht werden können, sondern in die Ecken treffen. So übel dieser Umstand ist, so halten wir dennoch an dem Gedanken fest, die Tapeten nach Raphael wenn irgend möglich in die Tribüne zu bringen. Können wir dieses bewerkstelligen, so würden dann die besten der schönen Niederländer Tapeten, welche im vorigen Jahr aufgefunden und im Kunstverein ausgestellt wurden, auch in der Tribüne angebracht werden. – Außer Quandt war die ganze Galerie-Kommission bei dieser Besprechung zugegen.... Nachmittag orientire ich mich recht gründlich in den Räumen unseres Neu-Baues.
27) Freitag... Abends sind wir nach langer Zeit wieder einmal bei Blochmanns. Die Herren Kandidaten Kögel, Summa und Dr. Herbst (sämmtlich Lehrer der Blochmannschen Anstalt) sind zugegen und die Unterhaltung ist sehr belebt.
30) Montag... Auf der Galerie finde ich... Dr. Ernst Förster aus München. Der letztere ist eben angekommen und bleibt nur noch morgen hier.
[219] 31) Dienstag. Rietschel hat Förster für diesen Nachmittag zu einer Fahrt nach dem Plauenschen Grund eingeladen. Die Frau nimmt Antheil und ich werde auch mitgenommen. Wir fahren bis zum Steiger, kehren dann um und lassen uns in Grassis Villa nieder. Die Unterhaltung ist sehr lebhaft, berührt Cornelius letzte Anwesenheit in München, Kaulbachs Pinakothekbilder, vor allem aber wird Rietschels Gruppe, Schiller und Goethe, besprochen. Rietschel wehrt sich gegen den Mantel und beharrt überhaupt in der Aufrechthaltung seiner Auffassung, für welche auch ich mein Urtheil abgebe.
Juni.
3) Freitag... Es besucht mich der Maler Tobiaschofsky aus Wien, der mir Grüße von Führich bringt. Er ist einer der vier, bei der Umgestaltung der Wiener Akademie provisorisch angestellten, dann wieder entfernten Professoren. Jetzt geht er als kaiserlicher Pensionär nach Rom mit Aufträgen des Kaisers auf moderne Schlachtenbilder, er, der vorzugsweise und mit Vorliebe bisher nur religiöse und geschichtliche Bilder aus der Vorzeit gemalt hat. Das heiß’ ich die Kunst unterstützen! – Spaziergang über den Zwinger nach Neustadt, wo ich mir den Neubau der katholischen Schule und Kirche betrachte, dann die Bautzner Straße hinaus bis zum Elysium, wo ich der Ruhe der Aussicht und der Bierkaltschale mich hingebe. Bei herrlichem Sonnenuntergang sehe ich den untern Weg an der Elbe zurück, lasse mich ins altstädtische übersetzen und schlendere durch die Promenaden nach Hause....
4) Samstag. Da Regierungsrath Schulz mich gestern Abend aufsuchte, aber nicht zu Hause fand, der Hausfrau aber mittheilte, er wolle mich sprechen wegen eines Transparents, welches die Akademie bei Gelegenheit der Vermählungsfeier des Prinzen Albert aufstellen solle; so suche ich Schulz diesen Morgen bei guter Zeit auf und finde ihn. Schulz wünscht, daß ich den Entwurf machen möchte, und wir einigen uns über einen Gedanken. Außerdem ist auch noch der Vorschlag von ihm gemacht worden, ein Album zu überreichen, welches Beiträge der hiesigen selbständigen Künstlerschaft enthalten soll. Rietschel und Hähnel stellen sich bei der Versammlung der Galerie-Kommission ein, um diese Angelegenheiten mit den Mitgliedern derselben zu berathen. Beide Gegenstände werden vorläufig festgestellt. Ueber das Transparent soll bei einer Zusammenkunft von Schulz, Rietschel, Hähnel und mir Abends 6 Uhr Näheres über den Platz, wo dasselbe aufgestellt werden soll, ausgemacht werden; was das Album betrifft, so übernimmt jeder von uns eine Anzahl Künstler, welche er zur Theilnahme aufzufordern übernimmt. Oehme, Prof. Bähr und Papperitz, welche auf meinen Antheil fallen, suche ich am Nachmittag auf und finde sie bereitwillig, Beiträge zu liefern. Um 6 Uhr treffen die Genannten sich pünktlich auf der Terrasse und einigen sich dahin, das Transparent am westlichen Eingang des Ausstellungsgebäudes aufzustellen. Ich unternehme es, den Entwurf zu dem Gemälde zu machen, unter der Bedingung, daß Hähnel, welcher bereits eine sehr gute Idee dazu angegeben hat, diese in flüchtigen Linien aufzeichnet und mir zur Disposition stellt.
5) Sonntag... Am Abend bringt mir Hähnel einige flüchtige Linien, die allerdings nur einen Theil des Bildes, die oberen Parthien, mir deutlich machen können, mich aber doch in Stand setzen ans Werk zu gehen. Morgen soll das geschehen.
6) Montag. Vom frühen Morgen an bin ich bei der Arbeit und bleibe ohne Unterbrechung dabei bis zum Abend. Hähnel, den ich gebeten hatte zu kommen, findet den ganzen Entwurf schon ziemlich im Reinen. Wir verabreden uns wegen der Architektur, mit der ich selbst mich nicht befassen kann. Meine Aufgabe ist jetzt, die vier Bilder etwas größer für die ausführenden Maler durchzuarbeiten. Die Zeichnung zu dem großen Mittelbild will ich als Beitrag zu dem Album für das hohe Brautpaar darbringen.
7) Dienstag. Da Prof. Nicolai nicht in Dresden ist, so übernimmt Arnold die Ausführung der Architektur....
9) Donnerstag. Während Sachße das Mittelbild durchzeichnet, bringe ich die Zeichnung zum oberen halbrunden Bilde, zu welchem Hähnel den Entwurf gemacht hat und das die Harmonie, Amor und Psyche darstellt, ins Reine. Hähnel, den ich für den Abend beschieden habe, ist zufrieden....
[229] 19) Sonntag... Gruner ist aus London mit den von ihm für unsere Galerie erstandenen spanischen Bildern [aus der Sammlung Louis Philipps] angekommen. Ich finde ihn unerwartet heute Abend als meinen Nachbarn im Theater, woselbst zur Feier der Vermählung unsers Prinzen „Titus“ von Mozart aufgeführt wird. Es ist ein Théâtre paré und die Einladungen gehen von den Majestäten durch den Oberhofmarschall aus... Das Theater ist um 10 Uhr zu Ende, und ich mache dann noch einen Besuch im Atelier, woselbst die Schüler noch arbeiten und ich das Transparent bei Lichte sehen kann.
20) Montag... Aufstellung der Transparents... Der Altmarkt und namentlich die große Triumphpforte vor dem Rathhause sind brillant. Unser Bild nimmt sich sehr gut aus und findet Anerkennung. Die Beleuchtung desselben könnte viel besser sein...
[230] 21) Dienstag... Man sagt, der König sei gestern Abend gegen 12 Uhr ganz allein vom Schlosse aus auf die Terrasse gegangen, um unsere Transparents zu sehen.
22) Mittwoch. Da ich gestern nicht auf der Galerie war, gehe ich heute in den Morgenstunden hinauf. Ich finde Schulz und Gruner, welche die spanischen Bilder erwarten, die soeben vom Bahnhof herbeigebracht werden. Das erste Gemälde, das man bringt, ist ein Murillo, ein heiliger Rodrigo... Wir haben also zwölf Bilder von spanischen Meistern acquirirt. Sie sind durchgehends sehr interessant, einige davon, z. B. der Murillo und der Zurbaran, sind sehr bedeutend. Die ausgegebene Summe übersteigt 2000 Thaler, kommt aber wirklich den erworbenen Schätzen gegenüber nicht in Betracht. Gruner hat in London noch sieben andere spanische Bilder zur Disposition, die aus derselben Sammlung in die Hände von Kunsthändlern übergegangen sind unter der Bedingung, daß Gruner gegen eine Vergütung das Vorkaufsrecht auf eine noch kurze Zeit behält. Wir sind der Meinung, daß Gruner auch diese Bilder noch an sich nimmt. – Schulz bestätigt, daß der König unser Transparent gesehen und sich darüber gefreut hat.
23) Donnerstag. Da der bekannte Kunstfreund und Kunsthändler Woodburn in London gestorben ist und seine ausgezeichnete Sammlung verkauft wird, so mache ich durch einen Auszug aus meinen Londoner Notizen, im Einverständniß mit Schulz, Gruner auf diejenigen Gemälde der Sammlung aufmerksam, welche für unsere Galerie besonders wünschenswerth wären.
24) Freitag. St. Johannistag. Um 11 Uhr erfolgte die Uebergabe unseres Albums an Ihre Königlichen Hoheiten den Prinzen und die Prinzessin Albert. Die Deputation bestand aus den Herren Regierungsrath Dr. Schulz, Rietschel, Nicolai, Hübner, Dahl sen., R. Kummer und mir. Das Album mochte gegen 50 Zeichnungen enthalten. Wir wurden empfangen in dem prinzlichen Palais in der Langen Gasse (Antons Garten). Die Gabe wurde sehr freundlich aufgenommen.
25) Samstag. Bei unserer Rückkehr gestern Abend fand ich einen Probedruck der nun von Gaber beendigten Platte „die Grablegung“. Die Arbeit ist zart und schön durchgeführt. Einzelnes bleibt fast immer zu wünschen übrig, namentlich bei einem Blatt, das so viele kleine zarte Köpfe enthält, wie dieses. – Längst hatte ich Rietschel eine Zeichnung zugedacht. Er hat uns seinen Goethe, seinen Lessing geschenkt, mein Porträt gemacht. Die beiden Gestalten, welche ich für das Transparent gezeichnet habe, die Saxonia und die Suecia, gefielen ihm; – ich führe nun diese Figuren, die auf einem Blatt gezeichnet sind, etwas weiter aus, um sie ihm als Erinnerungsblatt zu verehren.
Juli.
2) Samstag. Unseres Ludwig Geburtstag... Er tritt nun in sein 18. Lebensjahr... Herr Wieck, der bekannte Vater der berühmten Tochter Clara, jetzigen Schumann, der Ludwig für heute Abend zu sich geladen und seine Stimme erprobt hat, soll dieselbe für ausgezeichnet erklärt und den Rath gegeben haben, dem Gesang sich ganz zu widmen...
4) Montag. Mit heute beginnt die Zeit, während welcher ich die akademischen Studien nach dem Akt und nach dem Gewand zu leiten habe. Deshalb wird um 5 Uhr aufgestanden. Vor 3/4 auf 7 bin ich auf dem Fleck, etwas vor 7 steht mein Akt. Es sind wenig Zeichnende. Ich fange mit nur vier an.
5) Dienstag. Ludwig war gestern Abend wieder bei Wieck. Er klagt, daß man ihm von verschiedenen Seiten zusetze, dem Gesang sich ganz zu widmen. Herr von Lüttichau habe erklärt, ihn für sein Leben versorgen zu wollen, wenn er sich ihm vertraue, d. h. wohl, sich der Bühne widme. Wir Aeltern wollen nicht unvernünftig einer Laufbahn entgegenstehen, die möglicherweise Beruf sein kann; erst soll Ludwig aber doch ein Musiker werden, ein vielseitig und gründlich unterrichteter Musiker, ehe er Sänger wird...
6) Mittwoch... Nachmittag meldet sich wieder ein gewisser Kräger, der in Antwerpen studirt und schöne Studien ausgeführt hat und in mein Atelier eintreten möchte. Ich muß ihn ebenso wie Klemme abweisen, da die Einrichtung meines neuen Ateliers sich noch sehr in die Länge ziehen wird. Für mich ist es sehr empfindlich, so tüchtig vorbereitete junge Leute von mir weisen zu müssen... Die Nachrichten über Rethel sind sehr traurig. Er ist ein verlorner Mann.
7) Donnerstag. Beim Modell betheiligen sich heut acht Schüler, unter welchen sechs malen... Am späteren Nachmittag überrascht uns Direktor Heinrich Heß aus München nebst Frau und einem Sohn (August) durch einen Besuch... Wir bringen in unserm Garten eine recht trauliche halbe Stunde miteinander zu.
9) Samstag... Heß noch hier. Ich finde ihn auf der Galerie, aber angegriffen und mit so heiserer Stimme, daß man ihn kaum versteht. Wir kommen noch auf meinen Artikel gegen Kaulbach zu sprechen. Er erzählt mir, König Ludwig habe ihm unmittelbar nach dessen Erscheinen gesagt: er sei ganz einverstanden und er hätte nicht gedacht, daß der Julius so schön schreibe. Heß berichtet, die Wirkung meines Artikels sei eine große und nachhaltige, und ganz besonders äußere sich dieses in dem großen Publikum der Nichtkünstler. Er (Heß) ist aber nicht zufrieden, daß ich den Schritt gethan habe. Ich hätte ihnen (ihm und Genossen) die Stellung verdorben; der Schritt hätte von [231] der Gesammtheit gethan werden sollen. Da haben wir ganz den H. Heß. So lange ich ihn kenne, hat er sich nie zu einer Theilnahme bei dergleichen Angelegenheiten, geschweige denn zu einem Vorangehen entschließen können. Er hat wohl gewöhnlich gemeint, die Sache sei gut, sie müsse geschehen; aber ist sie geschehen, so hat er noch immer raisonnirt und herausgeklügelt, daß sie anders hätte geschehen sollen. Er wird mich nicht überzeugen, daß ich nicht wohl gethan habe.
21) Donnerstag... Eine interessante Schrift von Helfferich über „Kunst und Kunststyl“ mit einem Sendschreiben an Kaulbach gelangt in meine Hände. Kaulbach wird ziemlich scharf angegriffen. Dieses Schriftchen trägt dazu bei, mich an meiner Komposition „Josephs Erhöhung“, deren Aufzeichnung auf Holz schon fast vollendet ist, völlig irre zu machen und den Entschluß zu befestigen, den Gegenstand ganz neu zu komponiren.
22) Freitag. Versuche einer neuen Komposition, bei welcher die Beimischung allegorischer Elemente vermieden ist. Es will mir aber nicht gelingen, gleiches Leben und gleiche Deutlichkeit zu geben, wie ich glaube beides in der älteren Komposition gegeben zu haben. So wird’s also wohl beim Alten bleiben und Dr. Helfferich muß sich schon gefallen lassen, daß Allegorisches (oder Symbolisches) mit Historischem zusammengeknetet ist.
23) Samstag. Mit heute läuft die Zeit ab, während welcher mir die Leitung der Studien nach dem Modell oblag. Es arbeiteten nicht viel Schüler; diejenigen aber, welche Antheil nahmen, arbeiteten fleißig und gut. Sie malten alle bis auf einen. Der junge Langer, Bruder des Kupferstechers, malte am besten. In ihm wird mein Atelier einen neuen Zuwachs erhalten. Er hat sich bereits als Atelierschüler angemeldet, und ich nehme ihn gern auf.
August.
1) Montag... Im Restaurationszimmer finde ich das Gemälde von Murillo völlig befreit von seiner schmutzig gelben Decke. Inspektor Schirmer hat sich gestern (am Sonntag, wo alles nach Erholung und Unterhaltung strebt) an die Arbeit gemacht und das Bild gereiniget. Es zeigt sich nun so klar und rein und wohlerhalten, daß es eine Freude ist; und wenn man über die Aechtheit des Bildes hätte in Zweifel sein können bei der Betrachtung desselben in seinem Schmutz, so wird es jetzt keinem Kundigen einfallen, an der Originalität zu zweifeln...
3) Mittwoch... Anfertigung der Zensurliste der Schüler der oberen Klasse. Auffallend ist die geringe Theilnahme der Schüler an den Studien nach dem Modell. Viele kopiren auf der Galerie, um die Kopien zu verkaufen. Andere wollen eigene Erfindungen auf den Verkauf ausführen. Wieder andere sind überhaupt schläfrig und unlustig zur Arbeit. Es fehlt an dem rechten Trieb und Geist.
5) Freitag... Im Atelier macht mir Wislicenus Freude, indem ich eine neue sehr schöne Zeichnung in Rothstift ausgeführt sehe, welche den Sommer darstellt. Kirchbach faßt die Sache nun auch besser an. Seine „Rückkehr aus Egypten“ ist sehr gut aufgefaßt und komponirt, mit der Ausführung wollte es aber gar nicht gehen. Formen und Behandlung hatten etwas Oberflächliches und Rohes, das mir nicht gefallen konnte. Ich setzte ihm nun seit einiger Zeit gewaltig zu, mehr Studium zu verwenden, und Kirchbach, der ein trefflicher Junge ist, nahm sich’s zu Herzen, gab sich viel Mühe, und ich hoffe, es wird nun gehen[43].
6) Samstag... Rietschel wählt mich zum Pathen seines Töchterchens.
13) Samstag... Galerie-Kommission. Wir finden das Gemälde von Valdes Leal, einen Dominikaner darstellend, völlig gereiniget und wiederhergestellt. Es ist ein sehr ausgezeichnetes Bild und nächst dem Murillo unter den neuerworbenen Bildern wohl das werthvollste.
18) Donnerstag... Rietschel hat die Skizze zu dem Denkmal für C. M. von Weber gemacht und das Komité wird morgen zusammentreten, um sich darüber offiziell auszusprechen. Ich besehe mir heute das Werk, von dem ich glaube, daß es unter Rietschels Händen, die jeder Zeit eine vollendete Durchbildung erwarten lassen, ein feines, charaktervolles Bild des großen Tonkünstlers werden wird.
19) Freitag. Das Komité für Errichtung des Weber-Denkmals versammelt sich um 5 Uhr in Rietschels Atelier, um die Skizze der Statue zu besichtigen. Der Vorstand, Regierungsrath Schulz, ist durch eine Einladung vom Prinzen Johann verhindert zu kommen. Einige der Komitémitglieder haben Weber persönlich gekannt; so Reißiger und Heine. Einige Bemerkungen, die auf kleine Abänderungen hinzielten, wurden gemacht. Im ganzen waren alle mit dem Entwurf einverstanden.
22) Montag. Auf der Galerie finde ich die vier noch aus London erwarteten spanischen Gemälde, welche Gruner zu den früher angekommenen zwölf hinzugekauft hat. Von großer Bedeutung ist nichts dabei, eines ist völlig unbedeutend.
[232]
September.
14) Mittwoch... Abends erscheint noch Gaber und bringt mir einen Probedruck der Platte „Ruth ziehet mit Naemi“. Das Blatt ist von Gaber herrlich gearbeitet, von mir aber viel zu zart und mit zu engen Lagen gezeichnet. – Gabers Besuch mahnt mich zur Rückkehr nach Dresden, denn die Arbeiten drängen. Bei dem jetzt eingetretenen wundervollen Wetter wird mir die Trennung vom weißen Hirsch schwer.
17) Samstag. Galerie-Kommission, welche nur Bendemann und ich vertreten. Der heilige Franciscus[44] von Zurbaran gewinnt unter der trefflichen Restauration Schirmers außerordentlich. Das Bild wird an einem guten Platz eine große Wirkung machen.
22) Donnerstag... Indem ich im Neuen Museum mir den mittleren Raum noch einmal recht betrachte und die Ueberzeugung sich immer unabweislicher befestiget, daß wir die Rafaelschen Tapeten hier herein bringen müssen, überzeuge ich mich auch davon ganz entschieden, daß wir, wie Hübner zuerst es gemeint, einen Kreis herstellen und das schwere Hauptgesims hinauswerfen müssen. Das Gesimswerk macht den Raum klein, raubt uns über 3 Ellen Höhe und erschwert am meisten die Herstellung der Rundung.
29) Donnerstag... Das Gemälde von Carducho, eines von der letzten Sendung aus London, ist doch auch ein bedeutendes Gemälde und gewinnt sehr unter Schirmers Hand.
30) Freitag. Endlich erhalte ich die Probedrücke der beiden Platten, die schon längst hätten fertig sein sollen: der Verkauf Josephs und die Traumdeutung desselben. Ich habe diese Blätter wie noch ein paar andere, die zur nämlichen Zeit aufgezeichnet worden sind, zu eng in den Schraffirungen gehalten, weshalb sie weniger klare Wirkung machen. Die Holzschneider haben aber ihre Schuldigkeit gethan. Erfahrungen muß man machen, und ich hoffe, sie nicht vergeblich gemacht zu haben.
Oktober.
5) Mittwoch. Aus der Cabinetskasse des König Ludwig von Bayern erhalte ich 787 Fl. 30 Kr., um sie Ad. Wichmann für sein Gemälde „die Rosenspenderin“ auszuzahlen.
6) Donnerstag... Ich suche Wichmann auf, um ihm sein Geld auszuzahlen. Ich lerne bei dieser Gelegenheit seine kleine Frau und einige seiner Kompositionen kennen. In der Malerei und Farbe ist Wichmann wirklich ausgezeichnet.
7) Freitag... Nach Tisch kommt Regierungsrath Schulz, jetzt zum Geheimen Hofrath avancirt, und bringt die erfreuliche Nachricht, daß die Atelier-Angelegenheit in Ordnung ist und der Zwinger-Pavillon für mich nach Wunsche eingerichtet wird.
10) Montag... Abends liest die Hausfrau eine Erzählung von Dickens „des Verschwenders Tochter“. Mit neuer Bewunderung folgen wir dem außerordentlichen Schriftsteller, der in dieser Erzählung eine Tiefe religiöser Anschauungen bekundet, wie man sie nur selten findet.
[258] 13) Donnerstag. Die Haupttreppe im Neuen Museum ist nun, was die Legung der Stufen anbelangt, vollendet. Auch ist nun die Decke von einem der Oberlicht-Säle gemalt. Alle Ornamente in Weiß mit nur wenig Farben-Nüancen. Mir gefällt aber diese anspruchslose Behandlung der Nebensachen. Die Gemälde werden um so ungestörter wirken. Was den mittleren Kuppelraum betrifft, so überzeuge ich mich immer mehr, daß die Teppiche da hinein müssen. Oben die Rafaelschen, im reinen Cirkel aufgestellt, unten die Niederländer Teppiche. Allerdings wird das schwere, breite Gesimse, das wenigstens 31/2 Elle hinwegnimmt, weichen müssen. Um das ists aber nicht schade. Auch darüber bin ich im Klaren, daß der mittlere Raum des obern Stockwerks, da wo die Treppen münden, für unsere deutschen Sachen am passendsten ist und daß Holbein da seinen Thron aufschlagen wird.
14) Freitag... Atelier. Ich kündige meinen Schülern an, daß sie bis Mittwoch das Atelier räumen müssen, damit die Einrichtungen für Rietschel beginnen können.
15) Samstag. Galerie-Kommission. Die Restauration der spanischen Gemälde schreitet rasch voran. Das Gemälde von Carducho ist vollendet und erscheint jetzt doch als ein bedeutendes Bild.
[259] 17) Montag... Meine Schüler haben Aussicht, daß ihnen die Ausmalung einiger Wandfelder in der neuen katholischen Kirche in Neustadt übertragen werde. Der verstorbene Bischof Dittrich hat den Wunsch gehabt, daß unter meiner Leitung diese Arbeit ausgeführt werde. – Die Eisenbahn nach Tharand in Angriff genommen. Die Strecke, welche von der Verbindungsbahn zwischen dem Böhmischen und Leipziger Bahnhof ablenkt und in den Plauenschen Grund führt, ist schon bis gegen Plauen in den Erdarbeiten vollendet. In der Nähe von Plauen sind die Arbeiten schwierig. Sie werden eben jetzt betrieben; man wühlt sich in den Boden ein, man sprengt Felsen; die Wege sind zum Theil unzugänglich, und es sieht jetzt recht wüste da aus, besonders am Forsthaus, wo man sonst so gern weilte.
21) Freitag... Ich sehe mit Hübner den Anstrich einer Abtheilung im Neuen Museum, welche als Muster für die übrigen Abtheilungen dienen soll. Wir sind mit dem Ton ganz zufrieden. Der Sockel soll aber nicht weiß, wie die Architekten wollten, sondern bräunlich, etwa wie Eichenholz angestrichen werden. Ueber die Aufstellung der Tapeten haben wir die gleiche Ansicht; was den Rafael anbelangt, so möchte ihn Hübner in der entsprechenden Abtheilung nächst dem Schlosse haben, während ich ihn mir im letzten Raum gegen den Zwingerwall zu gedacht habe.
28) Freitag... Gutzkows beifällige Beurtheilung der Kaulbachschen Darstellungen neuerer Kunstgeschichte in der „Augsburger Allgemeinen“ aufgenommen (aus den Unterhaltungen am häuslichen Heerd).
November.
1) Dienstag. Kammerherr von Brochowsky, welchem jetzt die Vollendung der katholischen Kirche in Neustadt übertragen ist, besucht mich und bittet mich der Ausmalung der Altarnische mich anzunehmen. Er erwähnt, daß der Bischof Dittrich gewünscht habe, mich kennen zu lernen, daß er erklärt: ich sei der correcteste Kirchenmaler und das Werk werde am besten gelingen, wenn es meine Schüler unter meiner Leitung ausführten. So wird es nun wohl auch werden, obwohl wenig Mittel da sind und die Arbeit mehr um Gottes willen als um Gewinnes willen übernommen werden muß.
4) Freitag... Den Abend bringen wir bei Rietschels sehr gemüthlich zu. Wir finden daselbst Herrn Kohl, den bekannten Reisenden.
16) Mittwoch... Abends kommt Gaber und bringt die große Berliner Platte[45]. Sie ist bis auf ganz Weniges vollendet und nimmt sich herrlich aus. Die gesprungenen Theile sind zusammengefügt. Ich habe ein Weniges in der Zeichnung zu ergänzen. Binnen wenig Tagen wird ein Abdruck gemacht werden können. Gaber erzählt uns seine Lebensgeschichte, die recht merkwürdig ist. Ehe wir’s uns versehen, wird’s halb 12 Uhr.
18) Freitag. Bußtag... Abends überraschen uns Rietschels und die Seebeck. Rietschel erzählt aus seinem Leben Es ist ihm auch herzlich schlecht gegangen. Als armer Leute Kind hat er in jungen Jahren mit Armuth und Hunger sehr nahe Bekanntschaft gemacht. Thaeter war sein lieber Leidens- und Armuthsgenosse.
21) Montag... Neue katholische Kirche. Die Altarnische soll noch in diesem Jahr abgeputzt werden. Baumeister Bothen, der Architekt des Baues, wird mir bei dem heutigen Besuch in der Kirche bekannt. Er ist ein gebildeter Mann, der viel gesehen, Italien und Sicilien gesehen hat. Er hat auch meinen alten Führer in Monreale, den Giovanni Fileccia, kennen gelernt. Dieser zeigte ihm die von mir ihm geschenkte Zeichnung, den heil. Johannes, und erzählte ihm, wie ihm oft viel Geld dafür geboten worden sei, er dieselbe aber nicht hergebe. Ein Engländer bot ihm 30 Ducaten. Dem hätte er sie geben sollen.
23) Mittwoch... Abends besuchen uns Kögel und Herbst und Oehme, und es wird mein italienisches Landschaftsbuch besehen.
25) Freitag... Zscheckel und Steinbrecher bringen mir endlich Probedrücke von ihren nun vollendeten Platten. „Ruth auf dem Acker des Boas“ von Zscheckel. Der Kopf der Ruth hat leider sehr gelitten. „Josephs Erhöhung“ von Steinbrecher. Das Blatt ist ganz nach Wunsch.
30) Mittwoch. Rietschel macht mir einen Morgenbesuch, um mir mitzutheilen, daß vermittelst einer telegraphischen Depesche die Nachricht hieher gelangt sei, daß er (Rietschel) und ich vom König Max von Bayern zu Rittern des Maximilians-Ordens ernannt worden seien, ein Orden, von dessen Existenz ich noch nichts wußte und der vermuthlich erst von dem jetzigen König gestiftet worden ist. Die Bestätigung muß nun abgewartet werden... In der heute Abend bei uns anlangenden Augsburger Allgemeinen Zeitung finden wir bereits die Nachricht von dem neugestifteten Maximilians-Orden. Der Stiftungstag ist der letzte Geburtstag des jungen Königs (28. Nov. 1853), und Zweck und Einrichtung entspricht ganz dem preußischen pour le mérite. Die Namen der Erst-Ernannten stehen in der Zeitung. Rietschel und ich sind darunter. Einige Ungerechtigkeiten des preußischen Ordens sind gut gemacht. Overbeck ist unter den Rittern. Außer diesem noch H. Heß und Schraudolph.
[260]
Dezember.
6) Dienstag... Nachmittag 4 Uhr haben wir Direktorialversammlung des Kunstvereins. Man kauft eine Anzahl kleinerer Gegenstände (für etwa 300 Thaler) und berathet dann die Verwendung der Gelder für öffentliche Zwecke. Gegen mein Erwarten wird das Gesuch, die Ausmalung der Chornische der katholischen Kirche von Seiten des Kunstvereins zu bewerkstelligen, aufs lebhafteste unterstützt und beschlossen, der Generalversammlung die Angelegenheit in der Art zu empfehlen und den Antrag darauf zu stellen, daß von dem Fonds von 2000 Thalern, der für Dresden vorbehalten ist, einstweilen 500 für den Schmuck der neuen katholischen Kirche bewilliget werden möchten...
8) Donnerstag... Nachmittags Besichtigung der neuen Skizze, welche Rietschel für das C. M. v. Weber-Denkmal verfertiget hat. Im Wesentlichen ist die Figur dieselbe geblieben wie im ersten Entwurf. Die vorgenommenen Aendrungen sind glücklich und werden von dem anwesenden Komité gebilligt, so daß beschlossen wird, Rietschel zur Angriffnahme des Werkes aufzufordern.
9) Freitag. Konferenz des akademischen Raths. Lebhafte Besprechungen des Ateliergebäudes. Der Platz an der Elbe erscheint den meisten als der angemessenste. Der Kriegsminister, von welchem viel abhängt, weil der Militärbauhof unter seinem Verfügungsrecht steht, hat sich auch schon bereitwillig erklärt, ein Stück seines Gebietes uns zu überlassen. Wir wünschen aber, daß der Antrag auf den Neubau vor den Ständen von anderer Seite als von unserer ausgehe; wozu die Errichtung einer Elementarzeichenschule, die in das neue Gebäude zu verlegen wäre, erwünschte Veranlassung geben kann; damit wir dann unsern Hauptwunsch, nämlich die 5000 Thaler zur Verwendung für öffentliche Kunstwerke, mit einiger Aussicht auf Erfolg vor die Stände bringen können...
10) Samstag. Galerie-Kommission... Eine der Rafaelschen Tapeten, der Zauberer Elymas, ist in das Restaurationszimmer gebracht worden. Die Tapeten sollen nämlich jetzt restaurirt werden, damit sie im Neuen Museum aufgestellt werden können. Der Teppich, den wir heute nahe vor Augen haben, zeigt eine größere Schönheit, als wir erwartet haben. Auch die Erhaltung ist gut. Goldfäden sind nicht angewendet. Es zeigt sich auch, daß dieser Teppich, der nicht die ganze Komposition enthält, nicht etwa später zerstückt worden, sondern ursprünglich so gewebt ist, wie wir ihn besitzen. Die Einfassung ist mit dem Bild aus einem Stück. Doch ist aus dieser Einfassung zu schließen, daß das Gewebe aus etwas späterer Zeit herrührt als die ersten Gewebe nach den Rafaelschen Kartons. Obwohl schöne kleine Kompositionen in diesem Beiwerke vorkommen, so deuten doch andere Theile und der Geschmack, in welchem das Ornamentale gehalten ist, auf eine spätere Zeit.
15) Donnerstag... Heute Mittag 12 Uhr stellen wir im Neuen Museum versuchsweise die Kopie der Madonna von Rafael an dem Platz auf, den ich für den besten halte. Außer der Galerie-Kommission waren auch die Inspektoren der Galerie, dann die Herren Landbaumeister Hänel und Hofbaumeister Krüger zugegen. Obwohl Hübner und zum Theil auch Bendemann den entsprechenden Platz am andern Ende des Gebäudes, am Schlosse, vorziehen, so kann ich doch nur bei der Ueberzeugung verharren, daß an der von mir vorgeschlagenen Wallseite das Bild am besten steht, und außer den Genannten sind alle Uebrigen, besonders auch der Geheime Rath Schulz derselben Ansicht wie ich. So wird die Entscheidung wohl auch günstig für meine Ansicht ausfallen. Auch über die Verwendung des Kuppelraumes einigen wir uns. Ein Versuch mit der Kopie der Keiler überzeugt alle aufs neue, daß Gemälde, das heißt gute, hier nicht aufgestellt werden können. Es bleibt also dabei, daß die Teppiche Rafaels und der Niederländer hereinkommen, und nach einem von dem Hofbaumeister Krüger bereits entworfenen Plan wird das Achteck des Raumes in einen vollkommenen Kreis verwandelt. Der Raum mit seinem Teppichschmuck wird sich herrlich ausnehmen. Für die Teppiche wird auch das Licht das vortheilhafteste sein, das man nur wünschen kann. Auch die oberen Räume, unter andern der Platz für den Holbein, werden geprüft und gut gefunden. Mit der projektirten Aufstellung des Holbein ist man ganz besonders zufrieden. Die von mir nicht bezweifelte Aufstellung des Rafael nach meinem Vorschlag entscheidet auch über die Aufstellung der andern Italiener, d. h. es versteht sich von selbst, daß diese sämmtlich auf die Wallseite des Gebäudes kommen. Nur den Neapolitanern müssen wir noch den an die Kuppel grenzenden Saal der Schloßseite einräumen.
21) Mittwoch... Generalversammlung des Kunstvereins... Unsere Anträge für das Gellert-Denkmal mit 500 Thalern und für die Ausmalung der Chornische der katholischen Kirche in Neustadt (Dresden) ebenfalls mit 500 Thalern werden angenommen...
1854.
Januar.
4) Mittwoch... In der gestrigen Direktorialversammlung des Kunstvereins wurde der Beschluß der Generalversammlung zu Gunsten der Ausschmückung der Chornische der katholischen Kirche beanstandet, und es fragt sich, ob diese Einsprache wird beseitiget werden können. Ich höre erst heute durch Schulz hievon, da [261] ich, wohl das erste Mal in meinem Leben, die Sitzung zu besuchen vergessen hatte.
6) Freitag. Heilige drei Könige. Der Kammerherr von Brochowsky besucht mich. Er ist bereits unterrichtet von der Einsprache gegen den auf der letzten Generalversammlung gefaßten Beschluß zu Gunsten der Ausschmückung der katholischen Kirche in Neustadt. Er erklärt, daß die katholische Gemeinde in dem Fall, daß die Opposition durchdringe und etwa nur unter der Bedingung, daß die Darstellung des heiligen Franz Xaver unterbliebe, den Beitrag des Kunstvereins bewilligen wolle, lieber auf diesen Beitrag verzichten werde, als auf die Ausführung der nun einmal nach reiflicher Erwägung beschlossenen Darstellung. Ich kann ihm nur beipflichten und verspreche unter allen Umständen der Sache mich anzunehmen.
7) Samstag... Galerie-Kommission... Ich finde bereits Herrn von Quandt und Schulz bei Betrachtung eines der Galerie zum Kauf angebotenen Gemäldes von Floris, Loth und seine Töchter darstellend. Es ist ein schönes Bild und wäre vermuthlich um einen ganz geringen Preis zu haben. Wir halten für rathsam, dasselbe wenigstens dem König zu zeigen und dessen Meinung zu befragen. Allerdings ist der Meister bei uns schon trefflich vertreten durch eine Anbetung der Hirten.
10) Dienstag... Blochmann bringt mir das 6. Heft des 2. Bandes der Protestantischen Monatsblätter, herausgegeben von Heinr. Gelzer. In diesem Hefte ist meine Bibel in Bildern in sehr ehrender Weise besprochen. Man thut meiner kleinen Komposition der „Völkerscheidung“ die Ehre an, sie mit Kaulbachs großem Bilde zu vergleichen. Und ich ziehe nicht den Kürzeren. Die Bilder aus dem Tobias werden entschieden in Schutz genommen und sogar zu den gelungensten gezählt. Auch der Text ist sehr gelobt. Das wird Wigand freuen.
12) Donnerstag. Das Modell der Chornische und deren angrenzenden Theile der neuen katholischen Kirche, in welchem ich die Malereien skizziren will, wird mir ins Haus gebracht... Freund Rietschel versucht Aenderungen an seiner Goethe-Schiller-Gruppe, zu denen Gasser Veranlassung gegeben hat. Diese Versuche bringen Rietschel viel Unruhe. Die Erwägungen wollen kein Ende nehmen. Bei Rietschel finde ich Nicolai, der auch mit dem Modell zur Prachtvase nicht ins Reine kommen kann. Die Aufgabe ist allerdings sehr schwer. Sachße und ich plagen uns mit den Verzierungen an unserer Vase. Das ist des Künstlers Erdenwallen.
14) Samstag. Galerie-Kommission... Quandt hat in Betreff des Gemäldes von Floris, das ich vorigen Samstag erwähnte, eigenmächtig das Schreiben der Besitzerin an die Direktion der Galerie beantwortet... Indessen geben wir das Bild nicht eher her, bis es der König gesehen hat und bis wir es mit dem Bilde von Floris, das wir haben und das mir mit dem in Frage stehenden gar nicht zu stimmen scheint, verglichen haben. Unser Bild stellt eine Anbetung der Hirten dar, jenes, wie schon erwähnt, Loth mit seinen beiden Töchtern. Auffallend ist in dem Bilde, daß die verschiedenartigsten Elemente vereiniget sind. Die Figur des Loth z. B. ist offenbar mit Benutzung der Sibylla Erythraea von Michael Angelo dargestellt, während anderes (z. B. die schlafende Tochter) an Venetianische Meister erinnert. Im ganzen herrscht Florentinischer Stil vor. Bei alle dem ist das Bild sehr schön[46].
19) Donnerstag... In der Porzellan-Niederlage wird mir wieder ein Teller gezeigt mit einer Malerei nach meiner Komposition „Elias im feurigen Wagen“. Es fehlt der Arbeit an Leben. Es müssen frische, künstlerisch gebildete Kräfte nach Meißen, sonst wird nichts. Emil Sachße wäre der rechte Mann, um dort neues Leben in die Malerei zu bringen.
20) Freitag... Meine kleine Kirche kommt immer besser zusammen. Der obere Theil der Chornische ist entworfen und der Umriß am Modell selbst befestiget. Eine Verkündigung nach Fiesole in den zwei Medaillons am Triumphbogen angebracht. Meine Idee gefällt, und ich denke selbst, sie gebe Neues auf alter Grundlage und werde in der Ausführung sich gut machen. Die Kräfte zur Ausführung müssen noch gesucht werden, meine übrigen Schüler sind solcher Arbeit noch nicht gewachsen...
22) Sonntag. Vom frühen Morgen an habe ich Besuche. Die Ersten, welche kommen, sind Herr Pater Lange und Gaber, welche die Entwürfe für die Kirche besehen wollen. Herr Pater Lange billiget meine Idee; ich sehe aber wohl, daß er noch nicht viel gesehen hat und daß ich mir einen andern Richter suchen muß. Ich werde mich nach München wenden. Später kommen auf meine Bitte Bendemann und Hübner, um die Vase zu sehen. Sie sind zufrieden. Ebenso äußert sich auch Rietschel. Anderer Besuchenden will ich nicht gedenken.
24) Dienstag... Abends bringt uns Kleinig sein Album zur Ansicht. Es enthält viel schöne Sachen, unter andern 40 Skizzen von Ludwig Richter. Ich verspreche ihm ein flüchtiges Blatt von mir. Das Album der Hausfrau, das wir ihm zeigen, imponirt ihm gewaltig.
[262]
Februar.
3) Freitag... Konferenz des akademischen Rathes. Rietschels ehemaliger Schüler, der junge Schilling, hat ein Paar Basreliefs, „Morgen- und Abendstern“ darstellend, verfertiget und dem akademischen Rath vor Augen gestellt, die allgemeinen Beifall finden. Nur Herr von Quandt, der sich nicht einmal vor die Arbeiten stellt, sondern dieselben nur von der Seite betrachtet, fährt mit einem verletzenden Mißton dazwischen.
7) Dienstag. Nachdem ich in den letzten Tagen die vier Apostel für die Chornische gezeichnet habe, befestige ich eine Kopie derselben in dem Modell der Nische, die nun von Sachße gemalt werden soll und heute auch wirklich von ihm begonnen wird. Für die zweite Vase entwerfe ich die Zeichnungen für den Fries oben am Rande derselben. Adler, Pfauen, Schwäne, Eulen (Begleiter, Attribute der Götter) von Amorinen geliebkost und gezähmt.
8) Mittwoch... Die reiche Kunsternte wird vor allem aber bedeutend durch eine Sendung von Gasser aus Wien. Es langt eine Kiste an, in welcher 25 Statuetten und ein Abguß der Gruppe unserer drei (die selige Franka also mit einbegriffen) Mädchen sich befinden. Wir sehen nun auch alle die Figuren, die Gasser für das Arsenal in Wien gefertigt hat. Es ist eine erstaunliche Schönheit in all diesen Sachen und es spricht sich ein so eminentes Talent darin aus, daß man Gasser wohl ohne Frage unter die bedeutendsten Bildhauer unserer Tage zählen muß. Könnte er noch zur völligen Durchbildung seiner Werke gelangen, wodurch auch eine gewisse, wenn auch anmuthige Manier sich abstreifen würde, so stellte sich sein Werth noch höher. Ich fürchte, ein solches Ziel wird er nicht erreichen. Seine Verhältnisse, die Natur seiner Aufgaben und ein gewisser Eigensinn, der in seinem Charakter liegt, werden ihn daran hindern.
9) Donnerstag. Mein Fries der Vögel und Amorinen fertig. Die kleine Arbeit hat mir Freude gemacht und ist deswegen gut ausgefallen. Die Konzeption ist eine neue und glückliche, und dieser kleine Triumphzug der Liebe, die Zähmung der geflügelten Bestialität nimmt sich ungemein heiter aus.
13) Montag... Es besucht mich der 17 jährige Zahn aus Leipzig, ein Enkel der Steuerräthin Götz und Neffe der Konsistorialräthin Bäumler, Personen, die in meiner Jugend mir nahe bekannt waren. Der junge Zahn studirt nun hier auf unserer Akademie und soll sehr talentvoll sein. Seine Erscheinung und sein aufgewecktes Wesen machen mir einen sehr guten Eindruck.
18) Samstag. Galerie-Kommission... Die Nähterin arbeitet an der dritten Tapete, die stellenweis freilich auch ausgebleicht, aber in der Komposition so besonders herrlich ist und die man schon um der herrlichen Köpfe willen mit der größten Freude sieht: „Paulus und Barnabas zu Lystra“. – Sachße ist mit der Ausmalung der Chornische heute zu Stande gekommen.
25) Samstag. Aus München Einladungsbriefe an die hiesigen Künstler für die große Ausstellung. Es sollen übrigens an den Hauptorten der Kunstthätigkeit Schiedsgerichte über die Zulässigkeit einzusendender Kunstwerke eingesetzt werden, und auch hier soll ich die Errichtung eines solchen veranlassen.
27) Montag. Sachße war am Samstag in Meißen, um zu sehen, wie es mit unserer Vase steht. Heute stattet er mir Bericht ab. Dieser Bericht ist nicht günstig. Der junge Müller, der unsere Vase malt, ist kein Künstler, sondern nur ein geistloser Kopist. Seiner Arbeit fehlt es daher gänzlich an Leben...
28) Dienstag... Aufführung der beiden von den jungen Leuten einstudirten Stücke „Die Badekuren“ und „Alle wollen heirathen“. Die Aufführung findet bei Rietschel statt und fällt sehr gut aus. Das zweite Stück von Paldamus ist allerliebst und wird größtentheils sehr gut gegeben... Zum Schluß tritt noch Sachße als seiltanzender Mohr mit ungeheuerm Beifall auf. Man bleibt bis gegen 12 Uhr, und alle finden, man habe noch wenige so lustige Faschingdienstage erlebt...
März.
7) Dienstag... In der heute stattfindenden Direktorialversammlung des Kunstvereins zeige ich das Modell zur Chornische mit den von mir entworfenen Malereien. Das Direktorium hatte sich vorbehalten nach Vorlage dieser Entwürfe definitiv zu erklären, ob es bei dem vorläufigen Beschluß der Generalversammlung, 500 Thaler zur Ausschmückung der neuen katholischen Kirche zu bewilligen, sein Bewenden haben solle oder nicht. Nach einer langen Besprechung, in welcher übrigens nur der Stadtrath Beck und der Landschaftsmaler Kummer auf die früher vorgebrachten Bedenken zurückkamen, wurde die frühere Bewilligung einstimmig bestätiget. Ich kann wohl sagen, daß mein Entwurf sehr gefiel und daß man allgemein anerkannte, ich habe mich auf dem altkirchlichen Gebiete gehalten, auf welchem konfessionelle Unterschiede noch nicht hervortreten. Es ist also auch diese Angelegenheit zu einem glücklichen Resultat geführt.
9) Donnerstag. Den Abend bringen wir... bei Blochmanns zu und lernen daselbst den Kirchenrath Langbein nebst Frau kennen. Er ist im vorigen Jahr in das Konsistorium gekommen. Er gefällt mir sehr gut, und ich halte ihn für einen Mann, wie wir ihn brauchen. Nur sollte er noch einige Männer gleicher Art an seiner Seite haben. Es sieht im Gebiete der Kirche hier gar zu wüste aus...
[263] 10) Freitag... Heute Abend ist ein Quartett-Konzert als Anfang einer Reihe von Konzerten, welche Hähnel in Verbindung mit ein Paar Kammermusikern ins Leben gerufen hat oder rufen wird. Die Herren Musiker, Schlick, zwei Brüder Riccius und noch ein Paar, spielen umsonst alle Woche einmal. Durch kleine Beiträge werden die Kosten für ein Lokal, Beleuchtung, einen Flügel etc. bestritten. Die Einrichtung ist vortrefflich, und wir haben den Herren Kammermusikern und dem Kollegen Hähnel innigst zu danken. Heute werden drei Quartetts gespielt: eins von Mozart, eins von Haydn, eines von Beethoven.
14) Dienstag... Es findet um 5 Uhr eine Direktorialversammlung des Kunstvereins statt, um zu berathen, was gegenüber einem hämischen Artikel, der in der Konstitutionellen Zeitung gegen unsern Beschluß, die Altarnische der katholischen Kirche unter andern auch mit einer Darstellung, in welcher der heilige Franz Xaver vorkommt, zu schmücken, erschienen ist, zu thun sei. Nach mancherlei Berathungen einiget man sich dahin, daß eine Erwiderung, welche von dem Geheimen Rath Spitzner im Entwurfe uns vorgelesen und welche nicht im Namen des Direktoriums gegeben wird, das Passendste sei, was zur Zeit in der Sache geschehen könne. Man sagt, daß eine schriftliche Aufforderung zum Austritt aus dem Verein bei den Mitgliedern zirkulire...
15) Mittwoch. Ich erhalte ein Briefchen ohne Namensunterschrift, in welchem jener hämische Artikel gegen den Beschluß, die Chornische unter andern auch mit einer Darstellung des heiligen Franz Xaver zu schmücken, wörtlich abgeschrieben und folgender Schluß angefügt ist: „Den protestantischen Pinsel können Sie sich nach Gefallen auslegen. Den Aufsatz haben Sie verdient wegen Ihres kriechenden und falschfreundlichen Benehmens. Sich zu beliebt machen läuft oft schlecht ab...“
16) Donnerstag... Heute findet das zweite Quartett-Konzert statt; es werden Stücke von Haydn, Mozart und Beethoven zur Aufführung gebracht. Ich bleibe nach der Musik noch bei dem kleinen Abendessen und mache die persönliche Bekanntschaft der Herren Kammermusici Schlick und Benedict.
19) Sonntag. Der junge Bildhauer Schilling, Schüler der Akademie, der heute nach Rom abgeht, verabschiedete sich bei mir.
20) Montag... In dem Extrablatt des Dresdner Journals von gestern steht nun der Artikel von Herbst gegen jenen hämischen, die Ausmalung der Chornische betreffenden in der Konstitutionellen Zeitung.
21) Dienstag. Schriftliches Gutachten wegen der Reihenfolge der Rafaelschen und Niederländer Tapeten in Beziehung auf deren Aufstellung im Neuen Museum an Hofbaumeister Krüger übergeben... Der Artikel in der Sache der katholischen Kirchenmalerei rumort. Er ist scharf und vortrefflich geschrieben. Kummer sieht sich veranlaßt im Dresdner Journal sich als die erwähnte „einzige und nicht einflußreichste Stimme“, welche gegen den Beschluß Einwendungen erhoben hat, zu nennen. Das stand ihm frei.
22) Mittwoch... Rietschel theilt mir mit, daß unter anderen wir beide zu Ausschußmitgliedern [s. weiter unten] in der gestrigen... General-Versammlung [des Vereins der selbständigen Künstler] gewählt worden sind. Ich glaube, meine Entschließung, die Wahl dem Verein der selbständigen Künstler anheimzugeben, war eine richtige trotz der Protestation Hähnels, welcher zwar außerordentlich viel Einsicht hat, aber von der Feindseligkeit zu sehr Profession macht. Professor Huber macht uns nach Tisch einen Besuch. Er kommt nochmals auf eine angebliche Intrigue zu sprechen, durch welche Bunsen und die Bethmann-Hollwegsche Partei den König von Preußen kompromittirt hätten, indem sie durch unterschobene Aktenstücke denselben zur Parteinahme gegen Rußland und zum Bündniß mit England hätten drängen wollen.
23) Donnerstag... Abends 61/2 versammelt sich bei Rietschel der neugewählte Prüfungsausschuß für die zur allgemeinen deutschen Gemäldeausstellung in München einzusendenden Kunstwerke. Die Mitglieder sind Rietschel, Bendemann, Papperitz, Gonne, Schnorr. Oehme gehört zu den Ersatzmännern...
26) Sonntag. Mein Geburtstag. Nun bin ich 60 Jahr alt. Das Alter ist also da. – Um 8 Uhr prediget Kögel in der kleinen St. Johannis-Kirche... In der Johannis-Kirche finden wir viele bekannte Gesichter. Das Café national ist zahlreich vertreten. Die Predigt ist ganz vortrefflich. Auf dem Nachhauseweg, den wir in Begleitung der Rietschelschen und der Seebeck und der Blochmannschen zurücklegen, läßt sich nur eine Stimme der Anerkennung und der Freude hören. Wie herrlich, heißt es, wenn wir ihn behalten könnten! Die Predigt handelte von der Fußwaschung... Um 7 Uhr stellen sich viele Gäste ein... Dann gehts zum Abendessen... Auf einmal erhellt sich die Straße. Es kommt ein Fackelzug mit Gesang und Blechmusik. Fürwahr das hatte ich nicht erwartet. Ich darf aber wohl erkennen, daß der Handel wegen der Ausmalung der katholischen Kirche mir bei den Freunden und Kunstgenossen und Schülern nicht geschadet hat, sondern zu meiner Ehre ausgeschlagen ist...
31) Freitag... Emil Sachße bringt mir den jungen Müller aus Meißen, welcher mir den nun vollendeten Fuß der Porzellanvase zeigt. In der Behandlung fehlt das Lebendige, Geistige; die Farbe ist indessen gut, und macht die Arbeit im ganzen doch eine bessere Wirkung, als ich erwartet hatte...
[264]
April.
1) Samstag. Galerie-Kommission... Die Herstellung der Rafaelschen Tapeten wird bald beendiget sein. Paulus und Barnabas zu Lystra macht eine herrliche Wirkung...
3) Montag... Eine neue Komposition liegt mir in den Gliedern: „Jesus erscheint Magdalenen nach seiner Auferstehung“. Noch fehlt viel, daß sie klar auf dem Papier wäre; ich hoffe aber einer Lösung auf der Spur zu sein...
5) Mittwoch. Neue katholische Kirche. Wir kommen überein, das Oberlicht der Chornische durch vollständige Einwölbung und Bedachung zu schließen, da der Altar gewiß ohne dieses Oberlicht hinlänglich gutes Licht hat. Sodann wird auch beschlossen, die Malereien an dem Triumphbogen (Gott Vater und die Verkündigung) fürs erste nur auf Leinwand zu malen und provisorisch zu befestigen, weil der Sandstein auch noch zu viel Feuchtigkeit in sich hat, um eine haltbare Malerei darauf ausführen zu können. Die drei Gemälde außerhalb der Kirche über den Eingangsthüren (Kirchenthüre: Jungfrau Maria mit Christus auf dem Schooß, Könige und Hirten anbetend; Schulthüre: Segnung der Kinder; Pfarrwohnungthüre: Amt der Schlüssel) wollen wir Kriebel überlassen.
8) Samstag. Ich sende den drei scheidenden Freunden Rhode, Kögel und Herbst Abdrücke der Platte nach meinem Bilde „Glaube, Liebe und Hoffnung“. Gonzenbachs Stich ist zwar gar nicht befriedigend, indeß habe ich nichts Passenderes zu einem Erinnerungsblatt. Von Kögel erhalte ich ein mir gewidmetes Gedicht, das nur (für mich) zu schön ist.
14) Char-Freitag. Der Holzschneider Obermann, ein Schüler von Gaber, brachte mir vorgestern das von ihm geschnittene Blatt: „Moses im Gebet während der Schlacht gegen die Amalekiter“. Es ist trefflich gearbeitet, und ich zähle Obermann jetzt zu unsern geschicktesten Xylographen, ja ich setze ihn gleich neben Gaber... Der Gegenstand, der mich in den letzten Tagen so sehr beschäftigte: „Magdalena am Grabe des Heilands“ ist nun, wenn auch erst in flüchtigen Zügen, ins Klare gekommen. Ich gebe zwei Bilder. In dem einen Magdalenen in ihrer Verlassenheit am leeren Grabe, in dem anderen, wie sie Jesus am Rufe „Maria“ erkennt und ausspricht „Rabbuni“.
15) Samstag... Galerie-Kommission, bei welcher sämmtliche Mitglieder zugegen sind. Die Vertheilung der Gemälde im Neuen Museum wird auf Grund meines Planes besprochen. Die Kollegen Hübner und Bendemann sind im wesentlichen einverstanden und wünschen bloß, daß in einigen Fällen Versuche mit den Bildern selbst entscheiden sollen, namentlich hinsichtlich der Spanier und Van Dycks...
25) Dienstag... Hähnel zeigt mir auch die herrlichen kleinen Modelle von Michael Angelo in gebranntem Thon, die er in Nürnberg acquirirt hat. Es sind höchst werthvolle Arbeiten.
30) Sonntag. Gestern Abend gab es noch Veranlassung zu erzählen, wie ich Stahl, als er noch Professor in Erlangen und als Abgeordneter in München war, kennen lernte und ihm auf einem Spaziergang von Sendling nach München (in Sendling hatte ich ihn im Wirthshaus gefunden) mittheilte, daß Bunsen mir einmal gesagt hätte, wenn er (Bunsen) in Berlin Einfluß erlange, so würde er darauf bedacht sein, Schelling, Rückert und Stahl nach Berlin zu bringen. Stahl lächelte über diese Mittheilung, noch hatte er keine Ahndung, daß er je nach Berlin kommen würde. Nach ein Paar Jahren war er dort und in einem Briefe, den er an mich schrieb, erinnerte er mich an unser damaliges Gespräch. Jetzt ist Stahl eine von Berlins Größen und mit Recht wird er als einer der größten Staats- und Kirchenmänner Preußens angesehen.
Mai.
8) Montag. Mein Vasenfuß kommt heute Vormittag in der Untertuschung zu Stande. Wie schon bemerkt, treibt Amor mit der vierbeinigen Kreatur sein Wesen. Sieben Liebesgötter (die Zahl ist zufällig; ich habe nicht an die böse Sieben erinnern wollen) streicheln, jagen, zwicken, necken, schießen allerlei Bestien, als da sind: Löwen und Löwinnen, Panther, Auerochsen, Elephanten, Bären, Schweine und Hirsche. Die Erfindung macht mir Freude. Da Sachße den Fries der Vögel ebenfalls in der Untertuschung heute vollendet hat, so übersieht man nun den ganzen Schmuck der Vase. Sie nimmt sich gut aus und ist meines Erachtens reicher, schöner und stilvoller als die erste...
9) Dienstag. Der Photograph Brockmann, der viele der hiesigen Künstler und die meisten meiner Kollegen ausgezeichnet photographirt hat, wünschte längst auch mich seiner Sammlung einzuverleiben. Heute endlich gehe ich zu ihm und mein Porträt wird dreimal gemacht. Welches davon das beste und ob eines ganz gelungen ist, wird sich erst zeigen, wenn ich Abdrücke erhalte. Nachmittag 6 Uhr versammelt sich das Direktorium des Kunstvereins im Ausstellungssaal auf der Brühlschen Terrasse, um wegen Verlegung des Kunstvereins in dieses Lokal, welches der König bereits zugesagt hat, zu einem Beschluß zu gelangen. Es wird nun festgestellt, daß wir die Uebersiedelung vornehmen und bis zum 1. Juni der Umzug bewerkstelliget sein soll. Ludwig Richter legt uns den Entwurf zu einem Vereinsblatt vor, ein Weihnachtsbild, das er selbst radiren wird, welches allgemeinen Beifall findet und der demnächst zu berufenden Generalversammlung [265] in erster Linie vorgelegt und zur Annahme empfohlen werden soll.
10) Mittwoch... Besuch bei Kirchbach im Neuen Museum. Seine Erfindungen sind geistreich und sehr gut angeordnet; nur fehlt es sehr an Feinheit der Zeichnung.
11) Donnerstag... Das Schriftchen von Freund Koopmann: „der evangelische Kultus und die evangelische Kunst“, welches ich dieser Tage erhalten habe, ist mit großem Ernst, tiefer Einsicht und inniger Liebe für seine Kirche, – doch aber auch mit Einseitigkeit geschrieben. Ich komme wohl noch einmal darauf zurück, wenn ich es ganz durchgelesen habe.
13) Samstag... In dem oben erwähnten Schriftchen von Koopmann finde ich heute eine Stelle, die an mich gerichtet ist. Koopmann bedauert, daß ich meine Kräfte nicht verwendet habe an die Anbahnung einer „evangelischen Kirchenkunst“ und mit geholfen habe „unsere altdeutsche Schule ihrem Höhepunkt näher zu bringen“. Obwohl er weiß, daß „Christenthum und Bibel höher stehn als Kirchenthum“, und er mir Recht giebt, wenn ich sage, daß die Kunst eine „Weltsprache“ sei, die allen verständlich sei und außer und über den Einzelsprachen liege, so meint er doch, ich hätte das besondere Kirchliche und Nationale mir zur Aufgabe machen sollen; denn es gebe Zeiten, wo das letztere hervorgehoben werden müsse, und eine solche Zeit sei die jetzige. Er meint auch, ich hätte den großen Unterschied übersehen zwischen verstehen und erbauen, und ich würde das letztere besser erreichen, wenn ich zu meinem Volk in der Landes- und Kirchensprache redete. Ich soll also mein Volk erkennen nur in dem Theil des großen deutschen Volkes, welcher protestantisch ist. Ich soll die Kluft, die seit ein Paar Jahrhunderten auf dem deutsch-kirchlichen Gebiete sich eröffnet hat, auch in das Gebiet der Kunst hineinziehen und eine protestantische Kunstsprache mir bilden, indem ich die alten Typen, namentlich das symbolische Element, aufgebe und die „eigentliche reine biblische Geschichtsmalerei“ als „evangelische Kirchenmalerei“ begründen helfe. – In diesem Punkt vereinigen wir uns nicht, lieber Freund, und ich schließe mich an dich nicht an, nicht deshalb, weil ich dich nicht fassen könnte oder meine Kirche nicht lieb habe, sondern weil ich dein Streben für kleinlich und einseitig halte und mich gerade als Künstler in der glücklichen Lage sehe, mich an das ungespaltene Christenthum halten zu dürfen, weil ich zum Herrn will, wo und wie er mich ruft und treibt, nicht aber ihm zumuthe protestantisch zu werden, ehe ich ihn annehme und folge. Die Reformation hat auf dem Gebiete, auf welchem die Kunst ihren Sitz aufschlägt, viel wegzufegen gehabt, und es ist dabei viel gestört und zerstört worden, weil arg gewirthschaftet und gesündiget worden ist; damit ist aber nicht gesagt, daß der Zusammenhang mit der alten Kirche aufgegeben und eine neue Kunst errichtet werden müsse, die ohnehin nach Koopmanns Andeutungen eine höchst nüchterne, poesielose und wahrlich keine echt christliche werden würde. Hebt das Neue Testament nicht selbst überall das symbolische Element hervor? Koopmann sagt: „haben wir zwei Kirchen, so müssen wir folgerecht auch zwei Kirchenkünste haben“. Die Behauptung klingt scharf, ist aber doch stumpf und nichtssagend. Zwei Kirchen, das ist eben wahr und doch auch wieder nicht wahr. Und ich glaube, in Beziehung auf die Kunst ist es nicht wahr, wenn auch der evangelische Christ sich mißbräuchlicher Anwendung der Kunst zu enthalten hat, die in der katholischen Kirche allerdings häufig vorkommt.
14) Sonntag. Freund Koopmann meint es herzlich gut, aber er hat sich viel unnöthige Sorge gemacht. Anstatt auf die neue Erfindung einer protestantischen Kirchenmalerei zu sinnen, hätte er sich damit begnügen können, Unbiblisches abzuthun und aus der unerschöpflichen Herrlichkeit des Christenthums immer tiefer herauszugreifen. In diesem Sinne hat ja auch die Reformation selbst nur eine Geltung. Sie soll eine Erneuerung, aber keine neue Erfindung sein. Erwacht in unserer Kirche neues, wahrhaft evangelisches Leben, finden sich rechte evangelische Künstler, so wird die evangelische Kirchenkunst von selbst sich machen, ohne eine neuė Firma und ohne daß der Einzelne darauf sinnt, als Protestant sich zu zeigen. Ich möchte doch wissen, was in meinen „Betrachtungen“ ihn so hoffnungslos macht und ob er unter meinen Bildern eines finden könnte, das unevangelisch oder unbiblisch wäre. Die Anwendung alter Typen und die poetische Form, das symbolische Element, – das ist doch wahrlich nicht unbiblisch... Brockmann sendet mir noch am Abend einen Abdruck meines photographischen Porträts. Es ist ganz vortrefflich gelungen.
20) Samstag. Ich zeichne einige Figürchen für die kleine Rococo-Vase. Für die eine Seite ein Mädchen, das einem Vögelchen nachjagt, um es zu haschen. Drüber einen Liebesgott, der einem Jägersmann herbeiwinkt, welcher für die andere Seite bestimmt ist. Dieser versäumt seine eigentliche Jagdbeute, um dem Mädchen nachzugehen. Drüber ein Liebesgott, der den Bogen wie eine Flinte auf ihn anlegt.
27) Samstag... Herr Müller sen. aus Meißen bringt mir einen Brief vom Bergrath Kühn mit der Anzeige, daß die erste Vase den zweiten Brand glücklich ausgehalten hat; nur ist an einer Stelle ein Haarriß zu bemerken, welcher einen dritten Brand sehr bedenklich machen würde. Die Vase befindet sich hier in der Niederlage, und ich soll nun entscheiden, ob eine weitere [266] Uebermalung, folglich ein dritter Brand unabweisbar nothwendig sei. Ich besehe mir mit Sachße und Herrn Müller die Vase und erkläre mich dahin, daß an der Vase nichts mehr gemalt und sie demnach auch einem dritten Brande nicht mehr ausgesetzt werden soll. Die Vase macht im ganzen eine gute Wirkung und würde ein schönes Kunstwerk sein, wäre sie von einem tüchtigeren Künstler ausgeführt, als Herr Müller jun. ist. Die zweite wird viel besser werden. Schon die Vermeidung der blauen Umrisse, auf welchen man in Meißen aus purem Vorurtheil bestanden hat, wird die Arbeit künftig sehr erleichtern.
31) Mittwoch. Fahrt nach Meißen... Um 6 Uhr hinüber nach dem Bahnhof. 61/2 sitzen Emil Sachße und Mathilde, ich und Tochter Marie im Dampfwagen, neben uns die Vase, und so gehts nach Niederau. Dann mit dem Postomnibus nach Meißen, wo wir etwa um 8 Uhr anlangen. Wir begeben uns sogleich nach dem Schlosse, werden freundlichst von den Vorständen Scheinert und Leuteritz empfangen, besehen die Malereien für die Münchner Ausstellung, nehmen dann auch die Fabrikation von den gewöhnlichen Verkaufsartikeln in Augenschein. Dann besehen wir uns noch das herrliche Schloß, den Dom, die Dompropstei, steigen an der westlichen Seite der Albrechtsburg hinunter, um auch von dieser Seite den Anblick zu genießen. Wir träumen uns an die Stelle sächsischer Fürsten, beschließen in Meißen einen Theil des Jahrs zu residiren, die Burg herzustellen, alles übrige in Stand zu setzen, zu verschönern und würdig das Werk der Väter fortzuführen. Nachdem wir geträumt, essen wir im Gasthof zum Hirsch. Wir finden es hier höchst behaglich und bleiben bis 21/2. Dann besteigen wir eine Postchaise und fahren auf der Meißner Seite über Siebeneichen, Scharfenberg, wo wir nach dem Schloß hinaufsteigen, dann unten im Gasthof uns ausruhen und erquicken, und Gauernitz, Prießnitz nach Dresden zurück.
Juni.
2) Freitag. Kirchbach ist nun mit seinem letzten Deckenbild [im Neuen Museum] ziemlich fertig. Ich besehe mir dieses heute und finde mich veranlaßt an dem Bilde selbst mit Kohle die nöthigen Korrekturen anzugeben. Schade, daß Kirchbach, bei vielem Geist und mit so guten Anlagen für die Kunst ausgerüstet, sich in so oberflächlicher und roher Behandlung des Stoffes genügt. Ich habe es nicht fehlen lassen, ihn oftmals und ernstlichst auf diesen Mangel aufmerksam zu machen, bis zu der Gefahr, ihn schmerzlichst zu verletzen, aber er verharrt in seinem Leichtsinn und seiner Selbstgenügsamkeit.
3) Samstag... Die Galerie-Kommission entbehrt heute zwei ihrer Mitglieder, Schulz und Bendemann. Durch Abwesenheit des Ersteren verliert sie ihren amtlichen Charakter... Die kleine Magdalena von Correggio wird herbeigeholt aus Veranlassung einiger Bemerkungen über den Zustand, in welchem das Bild sich befindet. Quandt hält das Bild für keinen Correggio und beruft sich darauf, diese Ansicht schon vor vielen Jahren in einem Sitzungsprotokoll ausgesprochen zu haben. Er meint, in Rom sei später das Original aufgefunden worden. Dieses angebliche Original ist das Bild, welches Lord Ward in London in seiner Sammlung hat. Dieses Bild habe ich gesehen und halte dafür, möchte dagegen behauptet werden was da wolle, daß es das Original nicht ist und, wenn nur von diesem und unserm die Rede sein kann, das unsere ganz gewiß das Original ist. Direktor Waagen in Berlin, mit dem ich die Sache besprach, ist meiner Ansicht. Ich halte das Wardsche Bild für eine Kopie von Allori. Im Dulwich-College sah ich dessen Judith in kleinem Format, deren Behandlung völlig übereinstimmt mit Wards Magdalena.
9) Freitag... Nachmittags gehe ich auch wieder einmal in die Neustädter katholische Kirche. Der Bau ist nun auch in seiner inneren Ausschmückung sehr vorgerückt. Die Decke hat zum Theil schon ihren farbigen ornamentalen Schmuck erhalten. Wäre Schwarzmann hier, so würde es mit der Dekoration freilich besser aussehen.
15) Donnerstag... Nachmittags besehen wir die für die Münchner Ausstellung eingegangenen Bilder. Sie sind, der Kunstvereinsausstellung sich anschließend, zum Besten der Künstler-Wittwenkasse ausgestellt. Das Porträt von Bendemanns Frau, von ihm vor einigen Jahren gemalt, ist auf unsere Bitte mit unter diesen Bildern. Das Bildniß gehört gewiß zu den schönsten Arbeiten dieser Art, die in unserer Zeit gemacht worden sind.
20) Dienstag... Kirchbach kommt und theilt mir mit, daß er die Gerüste in dem Rubens-Saal noch einmal aufschlagen lasse, um seine Malereien zu verbessern. Das macht ihm Ehre und wird ihm auch Nutzen bringen.
Juli.
7) Freitag. Kirchbach hat ein Paar Figürchen gemalt für den Rembrandt-Saal, Form und Farbe darstellend. Diesmal hat er Studien nach der Natur gemacht und sich zusammengenommen. So konnte es auch bei seinem schönen Talent nicht fehlen, daß die Arbeit gut ausfiel. Die Figuren sind sehr schön, großartig aufgefaßt und exakt gezeichnet. Kirchbach hat mich dadurch wieder versöhnt. Er bittet Antheil nehmen zu dürfen an der Komposition und Ausführung der Propheten für die katholische Kirche. Die Bitte wird gern und dankbarst gewährt.
8) Samstag... Wilhelm Schadow aus Düsseldorf auf der Galerie. Ich finde ihn vor dem Zinsgroschen [267] in Betrachtung versunken. Er lebte im Sehen, nachdem er früher blind war. Das ist doch ein großes Glück. Durch eine sehr glückliche Nachoperation ist er jetzt in die glückliche Lage gekommen, seine Augen recht gut gebrauchen zu können.
13) Donnerstag. Seit gestern früh regnet es nun wieder fast unausgesetzt. Da ich heute in der Akademie nicht nothwendig bin, so bleibe ich weg und benutze meine Zeit zur Arbeit. – Nein, es treibt mich doch in die Akademie und zu den Schülern, die sehr brav arbeiten und mir Freude machen.
15) Samstag. Um 7 Uhr Morgens stellte ich mich in meinem Atelier ein, um mit Lehnert und ein paar anderen Leuten meine Kartons auszupacken und zwei davon für die Ausstellung und einen für Thaeters Schule auszusuchen. Für die Ausstellung nahm ich „Carl erobert Pavia und nimmt Desiderius gefangen“ und „Carl besiegt die heidnischen Sachsen“. Für Thaeter suchte ich „Friedrich Barbarossas Wahl zum deutschen König“ heraus. Bei dieser Gelegenheit nahm ich auch die Palme aus der Kiste, welche Halbreiter uns vor Jahren aus Jerusalem mitbrachte und die seit der Verpackung der Kartons in Haft war. Sie ist vollkommen gut erhalten. – Nach diesem Geschäft besuchte ich noch die Schüler beim Akt. Fast alle haben gut, einige sehr gut gearbeitet, und mit Freude habe ich diese Studien geleitet. In der nächsten Woche wird nach dem Gewand studirt. – 101/2 Uhr ging ich ins Brühlsche Palais, wo ich mit den Geheimen Hofräthen Zenker und Schulz eine Anzahl schlechter Bilder durchmusterte, welche bisher Direktor Frenzel unter Verschluß [hatte]. Einen Canaletto, das einzige gute Bild darunter, die Kirche St. Giovanni e Paolo zu Venedig darstellend, werden wir für die Galerie nehmen, die andern aber zur Dekoration von Schlössern, soweit sie irgend noch herstellbar, in Stand setzen. Der Canaletto ist auch dermassen mit Schmutz bedeckt, daß ein ganz sicheres Urtheil über dessen Werth noch nicht möglich ist. Fast scheint mir, das Bild gehöre dem Canale an[47].
17) Montag... Zumpe zeigt mir vier Entwürfe zu den Propheten für die katholische Kirche. Die Entwürfe sind sehr brav, obwohl nicht ganz im Stil. Hierin will ich aber nicht mäkeln und nur darauf hinwirken, daß die Gestalten ernst und würdig werden.
19) Mittwoch... Die Psalmen lassen mir keine Ruhe, und deren Darstellung in vier Bildern: Anbetung, Buße, Bitte, Lob und Dank hat sich schon ziemlich deutlich bis in die Einzelheiten gestaltet. Um heute dabei bleiben zu können, rufe ich Sachße zu Hülfe, damit er mir die Holzzeichnung aufpause, die über kurz oder lang von mir geliefert werden muß. Sachße kommt noch vor Tisch und paust dann den ganzen Nachmittag, während ich an den Psalmen zeichne. Erst um 8 Uhr Abends machen wir Schicht.
21) Freitag... Heute Abend bringen die Akademiker und selbständigen Kunstgenossen Professor Bendemann ein Fackelständchen aus Veranlassung der Vollendung seines großen Werkes im Schlosse. Bendemann verdient in jeder Beziehung eine Auszeichnung, und mit Freude schließe ich mich dem Zuge an. Eine wundervolle Nacht begünstiget die Feier. Die Aufstellung findet im Garten statt, welcher zu Bendemanns Haus gehört. Der Gesang nimmt sich sehr schön aus. Ludwigs Stimme regiert denselben.
23) Sonntag... Meine vier Psalmenbilder sind in den Entwürfen nun fertig, und ich glaube, daß ich die mir gestellte Aufgabe gelöst habe.
August.
6) Sonntag. Am Vormittag arbeite ich in aller Stille und ohne Störung auf dem Atelier. Gaber bringt inzwischen der Hausfrau die traurige Nachricht, daß Ludwig Richters vortreffliche Frau gestern plötzlich vom Schlag getroffen und verschieden ist. Die Familie feierte in Loschwitz ein heiteres Fest, und mitten in der fröhlichsten Stimmung wird die gute Frau schmerzlos und sanft vom Tod hinweggenommen. Wer würde da nicht an Holbeins Todtentanz erinnert!
8) Dienstag... Um 6 Uhr Nachmittag fahre ich mit Ludwig auf dem Dampfschiff nach Loschwitz, um dem Begräbniß der Frau Richter beizuwohnen. Mit uns begeben sich noch viele Freunde auf dem Dampfschiff nach der Begräbnißstätte. Die Feier ist einfach, aber würdig. Ein Geistlicher spricht ein Lied, das Vater Unser und den Segen.
9) Mittwoch... Auch erhalte ich einen Besuch von Herrn Lübke aus Berlin, Kunstliterat, Mitarbeiter an dem von Dr. Eggers herausgegebenen Kunstblatt. Lübke bleibt einen Monat hier, will die hiesigen Sachen, zunächst Rietschels Werke besprechen. Lübke gefällt mir sehr wohl. Er will demmächst mit Roquette uns besuchen und einen Abend bei uns zubringen.
10) Donnerstag. In der Nacht ist die entsetzliche Kunde hier eingetroffen, daß unser König auf seiner Reise in Tyrol, auf dem Wege nach Imst, verunglückt und plötzlich aus diesem Leben abgerufen worden ist...
11) Freitag. Versammlung des akademischen Raths in dem Ausstellungslokal zur Bestimmung der Prämien für die Schülerarbeiten. Grosse, Kießling (Paul), Nieper erhalten Medaillen.
12) Samstag. Der höchstselige König war mir aus der Zeit meiner frühen Jugend persönlich bekannt. Im Jahre 1809 kam Prinz Maximilian, dessen Vater, vor den Oestreichern fliehend, die unter dem General [268] Am Ende gegen Dresden heranzogen, mit seiner ganzen Familie nach Leipzig und verweilte daselbst mehrere Tage. Ein gewisser Major Fleischer, Instruktor der Prinzen, kannte uns durch seinen Bruder, mit welchem wir in einem Hause wohnten. Er hatte bei uns ein großes Kriegsspiel gesehen, das mein Bruder und ich erfunden hatten. Das Feld, auf welchem gespielt wurde, enthielt über 1200 Quadrate. Auf jeder Seite waren über 100 Figuren, welche die verschiedenen Waffengattungen repräsentirten. Auf dem Felde konnte jede beliebige Gegend dargestellt werden: Berge, Flüsse, Wälder; doch mußten sich deren Formen und Wendungen in die Quadrate schicken. Das Spiel entwickelte sich nach ganz festen Regeln, wie das Schachspiel. Eines Morgens wurden nun wir Brüder mit dem Vater zur königlichen Familie beschieden mit unserm Spiel, und wir mußten spielen vor den Herrschaften. Das große Spiel kam das erste Mal nicht zum Schluß. Wir wurden noch ein andermal gerufen, um ein Spiel mit weniger Figuren zu Ende zu bringen...
[283] 13) Sonntag... Zu Hause finde ich Herrn Dr. Lübke, welcher meine biblischen Zeichnungen sehen wollte, überhaupt mit mir und meinen Sachen näher bekannt werden will mit der offen eingestandenen Absicht, einen Artikel über mich für das Berliner Kunstblatt, bei welchem er einer der thätigsten Mitarbeiter ist, zu schreiben ...
14) Montag... In der Neustädter katholischen Kirche werden die Propheten und Erzväter nun begonnen. Es erstattet mir Zumpe Bericht, den ich dagegen aufmerksam mache, wie er durch sein Oelgemälde (die Kreuzabnahme) ein Reisestipendium, eine goldene Medaille und mit der Zeit eine Anstellung an unserer Akademie anstreben müsse. Sein Porträt, das er selbst gemalt hat, zeigt mir, daß er zum Malen eminent befähiget ist; seine Erfindungsgabe habe ich nun auch als viel kräftiger und bedeutender kennen gelernt, als ich sie früher anschlagen konnte.
18) Freitag. Herr Lübke hat mir einen Aufsatz Schnaases über Werke der Holzschneidekunst, welcher vorzüglich meinem Bibelwerke gewidmet und in dem deutschen Kunstblatt (Nr. 49 – 1852) abgedruckt ist, mitgetheilt, den ich abgesehen davon, daß meines Werkes rühmend gedacht ist, mit großer Freude gelesen habe. In so eingehender Weise wird selten über Sachen der Kunst gesprochen. Ich fühle mich so angeregt, daß ich, hätte ich nur Zeit, recht vieles sagen, d. h. schreiben, möchte, um meine früher niedergelegten Gedanken weiter zu entwickeln. Während seines hiesigen, noch einige Zeit andauernden Aufenthalts hat Lübke auch zwei sich an einander reihende Artikel über Rietschel und seine Werke geschrieben, die sehr schön und eingehend gehalten sind.
23) Mittwoch. Gaber schickt mir einen Probedruck von einem der Magdalenen-Bilder: „Magdalena suchet den Herrn und findet ihn nicht“. Das Blatt ist schön geschnitten, hätte aber von mir aus mehr durchgebildet werden sollen.
24) Donnerstag... Die acht Statuen an der Zwingerhofseite des Museums sind nun auch aufgestellt und nehmen sich prachtvoll aus. Es sind Dante, Giotto, Holbein, Dürer, Cornelius, Goethe, Rafael und Michael Angelo. Dante, Cornelius und die beiden letzteren sind von Hähnel, die andern von Rietschel. Rafael ist außerordentlich schön und nimmt sich besonders an dem Ort, für welchen seine Stellung berechnet ist, vortrefflich aus. – Heute Abend lesen wir in der Zeitung, daß Schelling gestorben ist. Er starb in der Schweiz [284] nach ganz kurzem Krankenlager. So ist denn wieder einer von den Heroen unserer Zeit dahin und wieder einer aus dem herrlichen Kreis geschieden, der einst in München sich gebildet hatte und dem auch wir so nahe standen!
25) Freitag. Gang zu Gaber. Er retuschirt in meiner Gegenwart seine Magdalenen-Platte, an der ich ein paar Stellen etwas nachgebessert wünsche. Die Entwürfe zu den Psalmenbildern, die ich ihm vorlege, sieht er mit Theilnahme. In meinem Bibelwerk finde ich mehr und mehr Befriedigung. Der nähere Umgang mit der Schrift erquickt mich, und wie der Stoff mir immer lebendiger und frischer zufließt, so fühle ich auch eine kräftigere Ausströmung desselben in meine Darstellungen.
September.
3) Sonntag... Nachmittag 3 Uhr holt mich Gaber zur Taufe seines Söhnchens ab. Der Großpapa, Professor Ludwig Richter, und dessen Schwester, Frau Liebig, sind Mitgevattern. Der mir seit länger bekannte Kaplan Lange vollzieht die Taufe in der katholischen Kirche...
8) Freitag. Da die verwittwete Königin das Brühlsche Palais beziehen wird, so müssen wir demnächst unsere daselbst aufbewahrten Vorrathsbilder entfernen. Unter diese gehören die Gemälde von Canaletto. Glücklicherweise sind die Räume des Neuen Museums, in welchen diese Gemälde aufgestellt werden sollen, zu ihrer Aufnahme bereit. Ich beschäftige mich nun heute damit, die Bilder, deren Größen nebst den Wandflächen im Kleinen dargestellt sind, zu vertheilen.
12) Dienstag. Die Rotunde im Neuen Museum ist nun soweit fertig, daß die Tapeten darin aufgestellt werden könnten. Das Achteck in der Decke und die Kreisform der Wände beleidiget freilich ein architektonisch gebildetes Auge. Hier muß aber der Zweck die Mittel heiligen. Die Teppiche konnten in dem Achteck nicht aufgestellt werden, und sind die Teppiche erst einmal drin, so wird man über dem Anblick derselben jenen Makel übersehen... In der Porzellan-Manufaktur finde ich die zweite Majolika-Vase. Die Ausführung ist nicht ganz im Stil, sonst aber doch sehr schön und von bestechender Wirkung. Rietschel, Hähnel sind sehr zufrieden. Die Herren aus Meißen: Bergrath Kühn, die Vorsteher Scheinert und Leuteritz, sehen doch, daß die Verbindung der Kunst mit der Manufaktur einen Erfolg hat, wenn auch zunächst nicht für die Kasse... Um 4 Uhr haben wir eine Konferenz des akademischen Rathes, um mit einigen Beamten der Münze wegen eines sogenannten Sterbethalers des verstorbenen Königs zu berathen. Rietschel und Hähnel waren bereits aufgefordert worden, ihre Ideen darzulegen. Hähnel bringt eine trauernde Saxonia auf der Reversseite, Rietschel Glaube, Liebe, Hoffnung in Vorschlag. Rietschels Idee spricht am meisten an, und man wünscht jetzt nur noch Entwürfe in Thon zu sehen, um die plastische Ausführung beurtheilen und dann wählen zu können. Es wird für Samstag 4 Uhr eine zweite Sitzung festgestellt. Nach der Sitzung gehe ich mit Hähnel nach Elisens-Ruhe vor dem Ziegelschlag. Er denkt daran, diese Besitzung zu kaufen. Der Garten ist prachtvoll und das Gebäude, gerade nicht groß, hat einen herrschaftlichen Charakter.
16) Samstag... Um 4 Uhr ist wieder eine Sitzung in Angelegenheit des Sterbethalers. Eine Skizze von Hähnel, die trauernde Saxonia, findet so viel Beifall, daß sie die meisten Stimmen für sich gewinnt, besonders mit deshalb, weil sie auch geeignet ist, auf den kleinen Sechstel-Thalerstücken ausgeprägt zu werden. Neben dieser Saxonia findet auch der Entwurf zu einer „Liebe und Gerechtigkeit“ große Anerkennung, und soll dieser Entwurf ebenfalls in Vorschlag kommen. Rietschels „Glaube, Liebe, Hoffnung“ will man für eine Medaille empfehlen.
17) Sonntag... Am Vormittag kommt Sachße mit Oberlieutenant Machold, meinem ehemaligen Schüler, dem Verfertiger jenes schönen Pokals, der seit so lange schon (seit dem Fest im Buschbad bei Meißen) in meiner Wohnung prangt... In wenig Tagen kehrt er auf seinen Posten in Heimburg als Professor der Zeichenkunst in dem dortigen Militär-Institut zurück.
18) Montag... Unsere Vase ist auf der Ausstellung. Sie nimmt sich etwas klein, sonst aber sehr gut aus und findet viel Beifall.
22) Freitag... Lübke schickt mir die beiden Nummern des „Deutschen Kunstblatts“, welche den Artikel über mich enthalten. Es sind meine neueren Arbeiten, besonders aber die Bibel, ausführlich in einer mich sehr ehrenden Weise besprochen. Nachmittag mache ich wieder einmal einen Besuch in der neuen katholischen Kirche. Die Decke bevölkert sich nach und nach mit Propheten und Patriarchen. Sie wird eine ganz gute Wirkung machen.
26) Dienstag. In diesen Tagen hat mich die Aufzeichnung des dritten Bildes zu den Psalmen: „Die Bitte“ ausschließlich beschäftiget. Dieses Bild wird vielleicht das beste unter den vier Darstellungen.
28) Donnerstag... In der Augsburger Allgemeinen kommt heute aus den Heineschen Bekenntnissen der letzte Abschnitt des gegebenen Auszugs. Diesmal wird mirs doch zu arg. Ich will nicht richten über des Mannes Zukunft, aber wie er jetzt noch sich zeigt, ist er mit seiner Koquetterie der Gottlosigkeit widerwärtig.
Oktober.
9) Montag. Ich sehe wieder einmal nach in der Neustädter katholischen Kirche. Zumpe hat vortrefflich [285] gearbeitet, und ich bitte ihn, die Bilder von Kirchbach, die viel zu wünschen übrig lassen, da wo es nöthig, zu übergehen und zu dem Uebrigen zu stimmen...
13) Freitag. Konferenz des akademischen Rathes... Ich stelle den Antrag, daß der akademische Rath dem Stadt-Bau-Inspektor Bothen für die Mittheilung der Stadtpläne danke und dessen Bemühung für Regulirung der Straßen etc. als empfehlungswürdig bezeichne.
16) Montag. Von der k. bayr. Akademie der bildenden Künste erhalte ich das Diplom der Ehren-Mitgliedschaft. Schon im Jahre 1847, während ich in München war, erhielt ich durch Marggraff die Nachricht von meiner Ernennung. Ich antwortete ihm sogleich und bat ihn, der Akademie meinen Dank auszusprechen, und dankte in einem Schreiben auch dem König Ludwig. Mein Dankschreiben an Marggraff ist unbegreiflicher Weise nicht zur Kenntniß der Akademie gelangt, und diese war der Meinung, daß ich die Ernennung verschmähte. Nur eine zufällige Bemerkung gegen Thaeter hatte, wie ich glaube, zur Folge, daß mir nun dennoch das Diplom zugeschickt worden ist. Das Diplom ist sehr prachtvoll. Ich werde nicht verfehlen, jetzt meinen schönsten Dank noch einmal auszusprechen, den vom 1. September 1847 datirten Brief an Marggraff, zu welchem ich das Konzept besitze, aber in Abschrift geben und zeigen, daß ich nicht undankbar war und auch nicht versäumte, schon damals meine Freude über die Ernennung auszudrücken.
18) Mittwoch. Don Juan zieht mich ins Theater. Die Aufführung ist theilweise vortrefflich. Die Ney ist als Donna Anna unvergleichlich, Mitterwurzer ausgezeichnet. Die Anordnung der Bühne bleibt in vieler Beziehung weit hinter dem zurück, was ich früher in München gesehen habe.
20) Freitag... Direktorialversammlung des Kunstvereins aus Veranlassung eines neu gegründeten Kunstvereins, welcher uns stürzen möchte und sich gründet auf eine triviale Kunstrichtung. Man kommt darin überein, daß eine vom Direktorium ausgehende nähere Darlegung der Wirksamkeit unseres Vereines, namentlich in Beziehung auf die Beschaffung öffentlicher Denkmale, die Wohlgesinnten uns erhalten werde.
25) Mittwoch. An Professor Bruno Lindner sende ich die nöthigen Bemerkungen zu den Bildern der 7. Lieferung. Die Erklärung der beiden Magdalenen-Bilder, welche in dieser Lieferung erscheinen sollen, behalte ich mir ganz selbst vor, vorausgesetzt, daß Lindner mir in diesem Falle seine Stelle als Erklärer einräumt... In Rücksicht auf die Bitte des Bischofs Vorwerk besuche ich heute auch die katholische Kirche und finde Zumpe und Händler bei der Arbeit. Ich übertrage Zumpe die Leitung der Arbeiten und geschäftlichen Einrichtungen, mir nur das Bestätigungsrecht vorbehaltend. Ich möchte mir nicht vorwerfen müssen, daß ich aus Unbekanntschaft mit den Verhältnissen und aus Bedenklichkeit etwas versäumte und die Förderung des Werks hinderte. Zumpe arbeitet vortrefflich. Die Kirchbachschen Arbeiten muß er aber ganz übergehen, und das kostet ihm viel Zeit. Händler malt an dem Engel des Gerichts.
28) Samstag. Galerie-Kommission. Aus Leipzig zurückgekommen die 3 Gemälde von Canaletto, den sächsischen Palast in Warschau darstellend, und der Hondekoeter... Direktorialversammlung des Kunstvereins. Jene in der letzten Sitzung beschlossene Darlegung der Wirksamkeit unseres Vereines war Professor Hübner übertragen worden. Heute trägt derselbe seine Schrift vor. Sie findet allgemeine Zustimmung, und man beschließt, sie, von sämmtlichen Direktorialmitgliedern, wirklichen und stellvertretenden, unterzeichnet, im Anzeiger und in der Leipziger Zeitung und, sollte es nicht zu viel Kosten verursachen, auch im Dresdner Journal und in der Konstitutionellen Zeitung abdrucken zu lassen. – Rietschel ist glücklich aus Berlin zurückgekehrt, wo er seine Pieta in Marmor beendet hat. Heute ist wieder der ganze Kreis im Café national versammelt, der seit ein paar Jahren daselbst sich einzufinden pflegt. Ich werde von nun an oft hingehen.
November.
1) Mittwoch... Nachmittag ordne ich die Vertheilung der Canalettos in den ihnen bestimmten Räumen des Museums an. Die Aufstellung wird sogleich vorgenommen und hiemit der Anfang gemacht unserer Uebersiedelung. – Flüggen aus München hat mich diesen Morgen besucht. Er ist hier, um einige Porträts zu malen als Studien zu einem Gemälde, welches den Tod unseres unter so eigenthümlichen Verhältnissen den Seinen entrissenen Friedrich August darstellen wird.
4) Samstag... Blochmann hat mir das 1. Heft der für 1855 erschienenen Zeitschrift „Theologische Studien und Kritiken“ (Fr. Perthes) gebracht, welches eine sehr günstige Rezension meiner Bibel in Bildern von Schöberlein enthält. Unter anderm ist die Darstellung Gottes in einer Weise gerechtfertiget, welche weitere Einwendungen kaum zuläßt.
12) Sonntag... Den Abend bringt Roquette bei uns zu, der uns nun allen sehr lieb und werth und ein Freund geworden ist. Er liest uns eine ernste Arbeit von sich selbst „Niobe“ und dann noch einen Schwank von Brennglas vor: „Das Antiken- und Raritätenkabinet“.
22) Mittwoch... Platzmann aus Leipzig (Schüler der Akademie) bringt mir eine Komposition, den reichen Mann und den armen Lazarus darstellend, die sehr viel Gutes hat...
[286] 23) Donnerstag. Aus Veranlassung der Platzmannschen Komposition wird mir deutlich, wie ich den Gegenstand für meine Bibel auffassen würde, und ich bringe in wenig Stunden der Abendzeit einen Entwurf zu Stande zu dem Bilde des reichen Mannes und des armen Lazarus, von dem ich weiß, daß es gut wird.
30) Donnerstag... Obermann (der vorzüglichste der Holzschneider aus Gabers Atelier) theilt mir mit, daß Wigand Gabern nicht mehr die bis jetzt für dessen Atelier festgesetzten Preise zugestehen will, wodurch Gabers Antheil an der Ausführung des Werkes in Frage kommt. Mich berührt diese Neuigkeit sehr schmerzlich, denn in Gabers Händen war mein Werk gut aufgehoben. Was ich in Betreff der Kompositionen und Zeichnungen bin, das ist Gaber für die xylographische Ausführung. Gott gebe, daß sich die Sache noch einrichtet. Obermann erklärt fortarbeiten zu wollen, wenn ich ihm Arbeit geben will.
Dezember.
2) Samstag... Galerie-Kommission. Jenes Gemälde von Hondekoeter, das sich früher im Vorrath befand, dann nach Leipzig geliehen und neuerdings von uns zurückgenommen wurde, ist jetzt von Schirmer wiederhergestellt worden. Es zeigt sich als ein so vortreffliches Bild, daß es den Meister in würdigster Weise repräsentirt und vielleicht dem längst in der Galerie aufgenommenen den Rang streitig macht.
3) Sonntag... Wigand sendet mir die in London bei Hering erschienene, aus 24 Blättern bestehende Ausgabe meiner Bibel. Das Werk ist furchtbar mißhandelt. In den Blättern, in welchen Gott Vater vorkommt, ist derselbe vertilgt. Dann sind die Darstellungen mit rothen, grauen, bläulichen Tinten schauderhaft kolorirt. Mein Name ist weggelassen. Kurz, die Verstümmlung ist entsetzlich. Wigand meint, man solle etwas in ein englisches Kunstblatt einrücken lassen. Wird man damit etwas ausrichten können? – Quandt hat mir die Fortsetzung seiner Beschreibung unserer Galerie in einigen Bogen mitgetheilt. Ich bringe dieselbe ihm am Nachmittag mit meinen Bemerkungen zurück. Die Sache fängt an mich zu langweilen. Er nimmt sie nicht genau genug.
4) Montag. Heute ist großer Posttag... Dann schreibe ich an Seine Excellenz Herrn Al. von Humboldt oder vielmehr an die Kanzlei der Friedensklasse des Ordens pour le mérite, um meine Wahlstimme abzugeben. Ich gebe sie Friedrich Overbeck.
5) Dienstag... Prof. V. A. Huber schreibt mir wegen meines Bibel-Unternehmens. Er theilt einen Artikel aus einem englischen Blatte mit, in welchem der verstümmelten englischen Ausgabe gedacht und auf die gute, viel wohlfeilere deutsche Ausgabe hingewiesen wird. Huber erbietet sich, in der englischen Presse unsere Sache zu vertreten. Ich theile Wigand sogleich diese Nachrichten mit und sende ihm Hubers Brief.
7) Donnerstag. Professor Bruno Lindner besucht uns... Mit meinen Psalmen erklärt er sich einverstanden, obwohl er gewünscht hätte, daß in einem fünften Bilde der prophetische, auf Christum deutende Inhalt derselben gegeben wäre...
9) Samstag... Im Museum finde ich die Gemälde von Dietrich bereits aufgehangen in der verabredeten Weise. Die Abtheilung macht sich sehr gut. Ich ordne nun auch die Aufstellung der Pastelle an, welche bereits nach dem Museum geschafft worden sind. Auch diese Abtheilung der Sammlung wird sich gut ausnehmen. Obwohl viel geringe Arbeiten unter den Bildern sind, werden die Mengsischen und Liotardschen Werke die Sammlung zu einer seltenen und ausgezeichneten machen. Von der Rosalba Carriera sind doch auch schöne Bildnisse da, unter denen stattliche Prinzessinnen sich besonders auszeichnen.
14) Donnerstag. Wigand schickt mir die Ankündigung einer Ausstellung von Transparent-Gemälden, welche in Berlin zum Besten hülfsbedürftiger Künstler und deren Hinterbliebener veranstaltet worden ist. Die Ausstellung findet statt mit Gesangbegleitung des Königlichen Domchors. Das erste Bild ist nach Michel Angelos Komposition, das zweite nach Rafaels Erfindung ausgeführt. Dann kommen drei Darstellungen nach meinen Kompositionen: Abraham erblickt das ihm verheißene Land; Moses am feurigen Busch; Johannes predigt in der Wüste. Das sechste Bild: die heilige Nacht ist nach H. Heß’ Erfindung ausgeführt.
20) Mittwoch. Kirchbach hatte mich eingeladen, wieder einmal seine Arbeiten zu sehen, die er im Museum ausgeführt hat. Ich begebe mich nun heute dahin und sehe. Die Bilder sind alle gut erfunden und voll Leben, nur fehlt es an Durchbildung. Kirchbach thut Studium noth mit Stift und Pinsel nach dem Leben.
21) Donnerstag... Gaber bringt mir vier Abdrücke, drei Psalmenbilder: Anbetung, Buße, Lob und Dank, dann noch das erste Bild für die Bibel: Es werde Licht (von Obermann geschnitten). Sämmtliche Blätter sind vortrefflich gearbeitet, zumal die Gaberschen, und machen mir große Freude. Nachmittag 3 Uhr beginnt die General-Versammlung des Kunstvereins. Das Lokal ist doch fertig geworden und gewährt einen schönen Eindruck. Die neuen Fenster geben unvergleichliches Licht...
26) Dienstag. Zweiter Weihnachtsfeiertag... Gaber hat L. Richters und mein Porträt nach den Photographien von Pletsch für den Schnitt auf Holz zeichnen lassen. Die Köpfe sind sehr gut gezeichnet und werden sich in den Abdrücken gut ausnehmen.
[287] 28) Donnerstag... Abends gehe ich... ins Theater, um die Aufführung von zwei Stücken mit anzusehen, welche zu sehen ich lange gewünscht habe: Am Klavier und Englisch. Devrient und die Bayer-Bürck spielen vortrefflich. Der erste als Engländer ist unvergleichlich.
29) Freitag... Am Abend wird mir Botschaft von der Porzellan-Manufaktur, daß der König die beiden Majolika-Vasen gekauft hat. Es wird eine Erklärung der Darstellungen von mir verlangt, die ich sogleich gebe.
30) Samstag. Aus Weimar erhalte ich zwei Briefe... den andern von Preller, der mir seinen Besuch in Dresden ankündiget und seinen Wunsch ausspricht, eine Zeichnung von mir gegen eine seinige einzutauschen, was mir sehr recht ist.
31) Sonntag. St. Sylvester... Den Abend bringen Rietschels, Andreas Oppermann, Albert Rhode, die Seebeck bei uns zu, und wir erwarten in heiterster Stimmung und belebter Unterhaltung, zu welcher Carls Zitherspiel nicht wenig beiträgt, den Beginn des Neuen Jahrs. Prosit Neujahr!
- ↑ Dieselbe befand sich noch im jetzigen Museum Johanneum.
- ↑ Schnorrs ältester Sohn, nachmaliger Generaldirektor der königl. bayrischen Staatsbahnen. Er war damals Schüler der Technischen Bildungsanstalt in Dresden.
- ↑ Der Galerieinspektor Carl Schmidt wohnte neben Schnorr auf der großen Plauenschen Straße.
- ↑ Schnorr wohnte in dem jetzt mit Nr. 21 bezeichneten Hause.
- ↑ Schnorrs Schwager, Direktor der von ihm begründeten, in den Räumen des Vitzthumschen Gymnasiums untergebrachten Erziehungsanstalt.
- ↑ Der Brand des Opernhauses trug sich am 6. Mai zu. Die Stelle zeigt, daß das Tagebuch anfänglich nicht völlig gleichzeitig mit den Ereignissen niedergeschrieben wurde.
- ↑ Schnorrs zweiter Sohn, der 1836 geborene, 1865 verstorbene Opernsänger.
- ↑ Schnorrs Schwester, Blochmanns Gattin.
- ↑ Schnorrs Stiefmutter, die im Blochmannschen Hause wohnte.
- ↑ Erzieher der Prinzen zu Thurn und Taxis, welche die Blochmannsche Anstalt besuchten.
- ↑ Ein alter Schüler Schnorrs aus München.
- ↑ Vorstand der Expedition der königl. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft, Direktor der Galerie der Statuen und des Münzkabinets. Derselbe wohnte auf der Klostergasse.
- ↑ Jetzt Nr. 1738. Metzus Urheberschaft ist zweifelhaft.
- ↑ Wie Wislicenus damals Schüler Schnorrs.
- ↑ Tags zuvor war Schnorr auf Anrathen des berühmten Berliner Augenarztes Jüngken wegen seines Augenleidens mit einer Fontanelle versehen worden.
- ↑ Hans von Raumer wurde im Juni 1850 Lieutenant im I. Schleswig-Holsteinischen Jägerkorps, im Juli Adjutant bei dem kommandirenden General von Willisen und dann bei von der Horst. Aus dem Felde zurückgekehrt starb er am 27. März 1851 dreißig Jahre alt an einer Krankheit. Seinen berühmten Vater charakterisirt als Patrioten das prophetisch klingende Wort, mit dem er seine 1850 erschienenen „Erinnerungen aus den Jahren 1813 und 1814“ schließt: „Wie Gott nach sieben schmachvollen Jahren, welche der Schlacht von Jena folgten, Helden und Heerscharen erweckte, so möge er, wenn wir mit heilgem Ernst die Sünden der elend verdämmerten und mißbrauchten langen Friedensjahre erkannt und abgebüßt, dem Vaterlande neue Helden und Heerscharen schenken und nach neuen Siegen eine ehrenfeste Friedenszeit in Einigkeit und durch Einigkeit eine Macht, die nur Gott fürchtet, nicht aber Menschen“.
- ↑ Die Familie des Oberappellationsrathes August Otto Krug, dessen Gattin eine jüngere Schwester Schnorrs war.
- ↑ Graf August Carl Bose, königl. sächsischer Hofmarschall a. D.
- ↑ Dasselbe befand sich in dem sogenannten Doublettensaale auf der Brühlschen Terrasse.
- ↑ Der bekannte Kunstfreund und Besitzer der Rittergüter Eschdorf und Dittersbach, Mitglied des akademischen Rathes.
- ↑ Sie stand da, wo sich jetzt die Restauration zum Plauenschen Felsenkeller befindet.
- ↑ Historienmaler, später bekannt geworden als verpflichteter Taxator und Auktionator.
- ↑ Historienmaler.
- ↑ Emilie Linder, Kunstfreundin und Malerin, geb. in Basel 1797, gest. in München 1867 (s. Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 18 S. 697).
- ↑ Direktor des Kupferstichkabinets.
- ↑ Beilage zu Nr. 127 vom 7. Mai S. 2028.
- ↑ Landschaft im Regen mit Staffage.
- ↑ Die ungarischen Abgesandten vor Heinrich I. empfangen statt des geforderten Tributs einen räudigen Hund.
- ↑ Tochter des unter dem Namen Theodor Hell bekannten Hofraths Winkler, nachmalige Gattin des Bürgermeisters Hertel.
- ↑ Das Tagebuch erwähnt einen einzigen, doch sind zwei Briefe erhalten.
- ↑ Zu dem Schlußbild der Nibelungen.
- ↑ Vicepräsident des Appellationsgerichts C. Gust. Müller.
- ↑ Das Bild ist jetzt mit Nr. 158 und als „eine lesende Heilige“ bezeichnet. Nach der Angabe im Hübnerschen Galeriekatalog 1856 Nr. 158 wäre dasselbe 1854 aus den Vorrathsbildern entnommen worden.
- ↑ Lehrer an der Blochmann-Bezzenbergerschen Erziehungsanstalt, später Schwiegersohn Schnorrs.
- ↑ Der nachmalige englische Schatzkanzler.
- ↑ Gemeint ist das in der Ausstellung neben dem Jägerschen hängende Bild.
- ↑ Vielmehr Generaldirektor.
- ↑ Schnorrs Rückkehr erfolgte am 3. Oktober. Meine Auszüge übergehen den Abschnitt des Tagebuches, der während dieser Reise nach Berchtesgaden, sowie während eines in den Oktober fallenden mehrtägigen Besuchs in Berlin geschrieben ist.
- ↑ In der Nummer vom 17. April 1851.
- ↑ Jetzt Hotel Bellevue.
- ↑ Redakteur der Augsburger Postzeitung.
- ↑ In den Beilagen zu Nr. 320 und 321 der Allgemeinen Zeitung vom 15. und 16. November 1852.
- ↑ Daß ich diese Ernst Kirchbach betreffenden Sätze nicht vom Abdruck ausschließe, geschieht der besonderen Ursache wegen, weil sie eine Abwehr der Angriffe enthalten, in denen sich vor einigen Jahren Wolfgang Kirchbach in seinen „gesammelten kleineren Schriften“ (München und Leipzig 1886, S. 267 f.) gegen Schnorrs Kunst- und Lehrweise und die ganze, mit der Zeit der Wirksamkeit Schnorrs seiner Meinung nach zusammenfallende „leichtsinnige Kunstperiode“ ergangen hat.
- ↑ Richtiger: Des heiligen Bonaventura Papstwahl.
- ↑ „Christus als Knabe im Tempel lehrend.“
- ↑ Es wurde aus dem Nachlaß des Stadtraths E. W. Schmidt für die Galerie erworben und wird im Woermannschen Kataloge einem Nachahmer des Franz Floris zugeschrieben.
- ↑ Dies wird bestätigt durch die Angabe im Galerie-Inventar vom Jahre 1754 (vergl. Woermanns Katalog zu Nr. 582).