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ist sehr schön und ragt über allem, was der junge Mensch gemacht hat, hervor. Gott wird die schönen, für uns verlorenen Kräfte für eine andere Welt entfalten und vollenden.

20) Donnerstag... Abends kommen Sachßes. Emil führt sein großes Schattenspiel auf, in welchem Schillers Handschuh und der Ritter Toggenburg zu einem Trauerspiel verbunden sind. Die Ouverture ist unübertrefflich. Hiebei wirken Heinr. Richter und Ludwig mit. ... Die Wirkung des Ganzen ist eine ungeheure, wie denn überhaupt an diesem Abend der höhere Blödsinn große Triumphe feiert. Die Kleinsten sind überglücklich.

23) Sonntag. Kapellmeister Franz Lachner aus München besucht uns. ... Nachmittag kommt Lachner noch einmal, da er am Vormittag Frau und Töchter nicht gefunden hat.

24) Montag... Marie liest mir vor aus der „Einleitung zur Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts“ von Gervinus, dem jetzt viel besprochenen, weil verbotenen Buche...

27) Donnerstag... Brief von Steub, in welchem die offizielle Anzeige enthalten, daß mir und den Meinigen das Heimathsrecht in München vorbehalten wird. In dem Schreiben, welches der Magistrat an mich erlassen hat, heißt es, daß die Bewilligung geschehe in Würdigung und Anerkennung der Verdienste, welche ich mir durch meine Leistungen auf dem Gebiete der Kunst um die Residenzstadt erworben habe.

29) Samstag... Brief von Dr. Eggers in Berlin Redakteur des deutschen Kunstblattes, mit der Aufforderung, das Blatt zu meinem Organ künstlerischer Mittheilungen zu machen.

31) Montag... Besuch bei Prof. Hähnel. Sein Rafael, ganze Figur für unser neues Museum, sehr schön in der Auffassung. Sonst noch eine geistvolle Komposition zur Charakteristik des Michael Angelo Hähnel erklärt mir auch die Anordnung des ganzen plastischen Schmuckes des Museums. Ich fände es sehr der Mühe werth, in einem Kunstblatt eine solche Erklärung öffentlich darzulegen.

Februar.

8) Dienstag. In der Blochmann-Bezzenbergerschen Anstalt Komödie und Ball, woran Frau und Töchter Antheil nehmen, während ich endlich dazu komme, eine Rädersche Posse zu sehen. Es ist diese das neueste Opus des Komikers in der Art der Raimundschen Zauberpossen, heißt „Dresden ein Traum“, ist aber nicht viel werth.

10) Donnerstag... Paldamus liest heute den Schluß des achtbändigen Romans von Boz „Martin Chuzzlewit“. Unsere Verehrung für den Schriftsteller ist fortwährend im Steigen begriffen.

13) Sonntag. Brief von Zimmermann (Direktor der Pinakothek in München). ... In Betreff meines Artikels gegen Kaulbach erklärt sich Zimmermann vollkommen mit mir einverstanden und fügt hinzu: „Als ich den König Ludwig bald nach dem Erscheinen desselben sah, sagte er: da hat einmal der Kaulbach seinen Trumpf bekommen, wie es ihm recht geschehen, und hätte ich nicht manches ändern lassen, so wäre die Sache noch schlimmer. Jetzt kann ich leider nichts mehr thun; ich müßte denn das Ganze herunterschlagen lassen, wozu ich aber weder Zeit noch Geld habe.“...

15) Dienstag... Das neue, von Alex. Banck redigirte Kunstblatt, das von Payne verlegt wird, wird mir heute in seiner zweiten Nummer gebracht. Es enthält unter der Aufschrift „Der Schnorr-Kaulbachsche Streit über die Fresken an der neuen Pinakothek“ einen Artikel, in welchem Försters Erklärung vorzüglich hervorgehoben und als vollgültig dargestellt wird. Nach allen Aussprüchen, wie sie nun vorliegen und von nah und fern mir zugekommen sind, die Aeußerung K. Ludwigs mit einbegriffen, kann ich wohl sagen, daß mein Sieg in dieser Sache unzweifelhaft sei.

17) Donnerstag. Die neue Komposition „Christus und die Samariterin“, die ich schon im Klaren glaubte, macht mir heute stark zu schaffen und stellt sich ins Schwankende. Ich quäle mich wie ein Schüler und vergesse alles über der Arbeit. Am Abend ist das Bild aber doch festgestellt.

22) Dienstag. Marie, Emmy und ich lassen uns bei Herrn Krone daguerreotypiren.

23) Mittwoch... Die Daguerreotypie in Empfang genommen. Sie ist ganz gut ausgefallen. Natürlich sehen auch wir, wie die meisten, aus wie unglückliche Leute, etwa wie vertriebene Schleswig-Holsteiner.

25) Freitag. Endlich antworte ich Herrn Eggers in Berlin, Herausgeber des deutschen Kunstblattes. Ich suche die abschlägliche Antwort, die ich im Grunde in Betreff der Mitwirkung an seinem Blatte gebe, so einzurichten, daß er wenigstens meine Theilnahme an seinen Bestrebungen zu erkennen vermag.

26) Samstag... Zum Mittagsessen bei Graf Baudissin, wo ich Geheimrath v. Ammon nebst Gemahlin, den Präsidenten Müller, Regierungsrath Schulz, Frau Gräfin Lynar und die Nichte des Wirths, Frau v. Stockhausen, finde. Die Unterhaltung ist sehr belebt. Frau v. Stockhausen ist eine schöne und liebenswürdige Frau. Graf Baudissin nennt sie eine Nibelungengestalt. Ihr Mann ist jetzt hannöverscher Gesandter in Wien. Ihm wird sie demnächst dahin folgen.

März.

2) Mittwoch. Abends Paldamus. Streit über die Maßregel der Regierung, das Tragen der Hüte mit runden Köpfen, breiten Krämpen etc. zu verbieten. Ich

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/226&oldid=- (Version vom 25.6.2024)