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jene Zeit erneuern und das Gefühl einer Gemeinschaftlichkeit in mir erwecken, worin er sich nicht getäuscht haben soll.... Heute Nachmittag ist nun die erste Generalversammlung des Kunstvereins im neuen Lokal.... Auch das neue Lokal findet vollkommene Anerkennung und Billigung, obwohl das verlassene allerdings viel brillanter war.

29) Freitag... Konferenz des akademischen Raths.... Eine zweite Angelegenheit nimmt unsere Aufmerksamkeit sehr in Anspruch, nämlich unser Verhältniß zur Porzellanmanufaktur. Die Direktion derselben will, wie Quandt sehr treffend bemerkt, an den von dem akademischen Rath beigegebenen Kommissionsmitgliedern nur „Mitschuldige“ haben, ihrem Einfluß und Urtheil aber ein Gebiet der Wirksamkeit nicht eröffnen...

Mai.

2) Montag... Brief von Wigand, enthaltend einen in den „Grenzboten“ abgedruckten Artikel über mein Bibelwerk.

4) Mittwoch. Antwort an Wigand. Warnung, den Verfasser des Artikels in den „Grenzboten“ (Wigand meint, es sei Schuchardt in Weimar) als Erklärer unserer biblischen Bilder aufzustellen. Einer, welcher sagt: „das erstere (Aufopferung Isaaks) ist, bei Lichte besehen, nichts anderes als die in unsern Tagen einigemal vorgekommenen Kindermorde aus Religionsschwärmerei“, kann unsere Bilder nicht in meinem Sinn erklären.... Brief von Schwind aus Wien. Er schreibt, daß er morgen in Dresden ankommen werde und daß ich dafür sorgen solle, daß er meine Familie sehen könne „und irgend wo die möglichsten Freunde beisammen finde“.

5) Donnerstag. Himmelfahrt... Am Nachmittag kommt richtig Schwind. Die nächsten Freunde werden zusammengetrommelt, und wir bringen einen prächtigen Abend miteinander zu. Die Gäste sind folgende: Schwind und sein Reisegefährte, Rietschel, Oehme, Ludw. Richter, Peschel und Paldamus. Ludwig muß singen und er singt gut, und Schwind meint, wir würden ihn nicht von der Bühne abhalten können. Schwinds Reisegefährte heißt Vesque von Püttlingen.

6) Freitag... In der Galerie finde ich Schwind mit Nicolai. Eine Weile besehen wir mit einander die Bilder; dann begeben wir uns in meine Wohnung, wo er von Marie Abschied nehmen will, die aber nicht zu Hause ist. Er findet aber die Hausfrau noch unterweges und verabschiedet sich von der Droschke aus. Noch heute will er nach Weimar.

12) Donnerstag. Den gestrigen Abend brachten Professor Huber und Gaber bei uns zu.... Huber verläßt uns wieder, um nach Nürnberg und Erlangen zu gehen. Er ist uns allen sehr lieb und werth geworden. Seine Gesinnung, seine Ansichten sind diejenigen, von welchen ich glaube, daß sie am meisten uns noth thun...

14) Samstag... Seit einigen Tagen ist das schon viel gesehene und besprochene Gemälde von Gallait „Egmont und Horn“ hier ausgestellt, und heute besehe ich es mir mit den Meinigen. Das Bild ist mit wunderbarer Meisterschaft gemalt, die dargestellten Personen sind wirkliche Menschen, mit dem tiefsten Eingehen in das innerste Leben derselben erfaßt. Man hat den Eindruck beim Anschauen des Bildes, als ob man der dargestellten Szene wirklich beigewohnt habe. Hierin liegt aber nicht nur das Lob, sondern auch der Tadel des Gemäldes. Gallait sucht die Wirkung des Kunstwerkes darin, daß es nach Möglichkeit die Wirkung des Ereignisses selbst mache. Liegt in der Auffassung des Gegenstandes der vollkommenste Naturalismus, so ist hingegen in der Anwendung der malerischen Darstellungsmittel eine solche Meisterschaft entfaltet, eine solche Höhe erreicht, daß man sagen muß, da ist der Meister über den Naturalismus hinaus gegangen und ist in die wahre Kunstsphäre eingedrungen.

25) Mittwoch... Definitive Wahl einer rothen Tapete mit velluto für die Räume des Neuen Museums. Doch soll ein Theil der Räume nur einen Anstrich in Leimfarbe erhalten. Abermalige Besprechung über die Benutzung der Tribüne, welche unsere besten Bilder wegen nicht hinreichender Beleuchtung doch nicht aufnehmen kann. Der Ausschmückung mit den Raphaelschen Tapeten stellen sich Hindernisse entgegen. Die acht Wandflächen, welche die Tribüne bietet, messen in der Breite nur 8 Ellen; einige Tapeten mit den allerdings breiten Einfassungen 11 Ellen; so daß diese nicht in eine Fläche gebracht werden können, sondern in die Ecken treffen. So übel dieser Umstand ist, so halten wir dennoch an dem Gedanken fest, die Tapeten nach Raphael wenn irgend möglich in die Tribüne zu bringen. Können wir dieses bewerkstelligen, so würden dann die besten der schönen Niederländer Tapeten, welche im vorigen Jahr aufgefunden und im Kunstverein ausgestellt wurden, auch in der Tribüne angebracht werden. – Außer Quandt war die ganze Galerie-Kommission bei dieser Besprechung zugegen.... Nachmittag orientire ich mich recht gründlich in den Räumen unseres Neu-Baues.

27) Freitag... Abends sind wir nach langer Zeit wieder einmal bei Blochmanns. Die Herren Kandidaten Kögel, Summa und Dr. Herbst (sämmtlich Lehrer der Blochmannschen Anstalt) sind zugegen und die Unterhaltung ist sehr belebt.

30) Montag... Auf der Galerie finde ich... Dr. Ernst Förster aus München. Der letztere ist eben angekommen und bleibt nur noch morgen hier.

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/229&oldid=- (Version vom 25.6.2024)