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10) Freitag... Heute Abend ist ein Quartett-Konzert als Anfang einer Reihe von Konzerten, welche Hähnel in Verbindung mit ein Paar Kammermusikern ins Leben gerufen hat oder rufen wird. Die Herren Musiker, Schlick, zwei Brüder Riccius und noch ein Paar, spielen umsonst alle Woche einmal. Durch kleine Beiträge werden die Kosten für ein Lokal, Beleuchtung, einen Flügel etc. bestritten. Die Einrichtung ist vortrefflich, und wir haben den Herren Kammermusikern und dem Kollegen Hähnel innigst zu danken. Heute werden drei Quartetts gespielt: eins von Mozart, eins von Haydn, eines von Beethoven.

14) Dienstag... Es findet um 5 Uhr eine Direktorialversammlung des Kunstvereins statt, um zu berathen, was gegenüber einem hämischen Artikel, der in der Konstitutionellen Zeitung gegen unsern Beschluß, die Altarnische der katholischen Kirche unter andern auch mit einer Darstellung, in welcher der heilige Franz Xaver vorkommt, zu schmücken, erschienen ist, zu thun sei. Nach mancherlei Berathungen einiget man sich dahin, daß eine Erwiderung, welche von dem Geheimen Rath Spitzner im Entwurfe uns vorgelesen und welche nicht im Namen des Direktoriums gegeben wird, das Passendste sei, was zur Zeit in der Sache geschehen könne. Man sagt, daß eine schriftliche Aufforderung zum Austritt aus dem Verein bei den Mitgliedern zirkulire...

15) Mittwoch. Ich erhalte ein Briefchen ohne Namensunterschrift, in welchem jener hämische Artikel gegen den Beschluß, die Chornische unter andern auch mit einer Darstellung des heiligen Franz Xaver zu schmücken, wörtlich abgeschrieben und folgender Schluß angefügt ist: „Den protestantischen Pinsel können Sie sich nach Gefallen auslegen. Den Aufsatz haben Sie verdient wegen Ihres kriechenden und falschfreundlichen Benehmens. Sich zu beliebt machen läuft oft schlecht ab...

16) Donnerstag... Heute findet das zweite Quartett-Konzert statt; es werden Stücke von Haydn, Mozart und Beethoven zur Aufführung gebracht. Ich bleibe nach der Musik noch bei dem kleinen Abendessen und mache die persönliche Bekanntschaft der Herren Kammermusici Schlick und Benedict.

19) Sonntag. Der junge Bildhauer Schilling, Schüler der Akademie, der heute nach Rom abgeht, verabschiedete sich bei mir.

20) Montag... In dem Extrablatt des Dresdner Journals von gestern steht nun der Artikel von Herbst gegen jenen hämischen, die Ausmalung der Chornische betreffenden in der Konstitutionellen Zeitung.

21) Dienstag. Schriftliches Gutachten wegen der Reihenfolge der Rafaelschen und Niederländer Tapeten in Beziehung auf deren Aufstellung im Neuen Museum an Hofbaumeister Krüger übergeben... Der Artikel in der Sache der katholischen Kirchenmalerei rumort. Er ist scharf und vortrefflich geschrieben. Kummer sieht sich veranlaßt im Dresdner Journal sich als die erwähnte „einzige und nicht einflußreichste Stimme“, welche gegen den Beschluß Einwendungen erhoben hat, zu nennen. Das stand ihm frei.

22) Mittwoch... Rietschel theilt mir mit, daß unter anderen wir beide zu Ausschußmitgliedern [s. weiter unten] in der gestrigen... General-Versammlung [des Vereins der selbständigen Künstler] gewählt worden sind. Ich glaube, meine Entschließung, die Wahl dem Verein der selbständigen Künstler anheimzugeben, war eine richtige trotz der Protestation Hähnels, welcher zwar außerordentlich viel Einsicht hat, aber von der Feindseligkeit zu sehr Profession macht. Professor Huber macht uns nach Tisch einen Besuch. Er kommt nochmals auf eine angebliche Intrigue zu sprechen, durch welche Bunsen und die Bethmann-Hollwegsche Partei den König von Preußen kompromittirt hätten, indem sie durch unterschobene Aktenstücke denselben zur Parteinahme gegen Rußland und zum Bündniß mit England hätten drängen wollen.

23) Donnerstag... Abends 61/2 versammelt sich bei Rietschel der neugewählte Prüfungsausschuß für die zur allgemeinen deutschen Gemäldeausstellung in München einzusendenden Kunstwerke. Die Mitglieder sind Rietschel, Bendemann, Papperitz, Gonne, Schnorr. Oehme gehört zu den Ersatzmännern...

26) Sonntag. Mein Geburtstag. Nun bin ich 60 Jahr alt. Das Alter ist also da. – Um 8 Uhr prediget Kögel in der kleinen St. Johannis-Kirche... In der Johannis-Kirche finden wir viele bekannte Gesichter. Das Café national ist zahlreich vertreten. Die Predigt ist ganz vortrefflich. Auf dem Nachhauseweg, den wir in Begleitung der Rietschelschen und der Seebeck und der Blochmannschen zurücklegen, läßt sich nur eine Stimme der Anerkennung und der Freude hören. Wie herrlich, heißt es, wenn wir ihn behalten könnten! Die Predigt handelte von der Fußwaschung... Um 7 Uhr stellen sich viele Gäste ein... Dann gehts zum Abendessen... Auf einmal erhellt sich die Straße. Es kommt ein Fackelzug mit Gesang und Blechmusik. Fürwahr das hatte ich nicht erwartet. Ich darf aber wohl erkennen, daß der Handel wegen der Ausmalung der katholischen Kirche mir bei den Freunden und Kunstgenossen und Schülern nicht geschadet hat, sondern zu meiner Ehre ausgeschlagen ist...

31) Freitag... Emil Sachße bringt mir den jungen Müller aus Meißen, welcher mir den nun vollendeten Fuß der Porzellanvase zeigt. In der Behandlung fehlt das Lebendige, Geistige; die Farbe ist indessen gut, und macht die Arbeit im ganzen doch eine bessere Wirkung, als ich erwartet hatte...

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/274&oldid=- (Version vom 20.5.2024)