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April.

1) Samstag. Galerie-Kommission... Die Herstellung der Rafaelschen Tapeten wird bald beendiget sein. Paulus und Barnabas zu Lystra macht eine herrliche Wirkung...

3) Montag... Eine neue Komposition liegt mir in den Gliedern: „Jesus erscheint Magdalenen nach seiner Auferstehung“. Noch fehlt viel, daß sie klar auf dem Papier wäre; ich hoffe aber einer Lösung auf der Spur zu sein...

5) Mittwoch. Neue katholische Kirche. Wir kommen überein, das Oberlicht der Chornische durch vollständige Einwölbung und Bedachung zu schließen, da der Altar gewiß ohne dieses Oberlicht hinlänglich gutes Licht hat. Sodann wird auch beschlossen, die Malereien an dem Triumphbogen (Gott Vater und die Verkündigung) fürs erste nur auf Leinwand zu malen und provisorisch zu befestigen, weil der Sandstein auch noch zu viel Feuchtigkeit in sich hat, um eine haltbare Malerei darauf ausführen zu können. Die drei Gemälde außerhalb der Kirche über den Eingangsthüren (Kirchenthüre: Jungfrau Maria mit Christus auf dem Schooß, Könige und Hirten anbetend; Schulthüre: Segnung der Kinder; Pfarrwohnungthüre: Amt der Schlüssel) wollen wir Kriebel überlassen.

8) Samstag. Ich sende den drei scheidenden Freunden Rhode, Kögel und Herbst Abdrücke der Platte nach meinem Bilde „Glaube, Liebe und Hoffnung“. Gonzenbachs Stich ist zwar gar nicht befriedigend, indeß habe ich nichts Passenderes zu einem Erinnerungsblatt. Von Kögel erhalte ich ein mir gewidmetes Gedicht, das nur (für mich) zu schön ist.

14) Char-Freitag. Der Holzschneider Obermann, ein Schüler von Gaber, brachte mir vorgestern das von ihm geschnittene Blatt: „Moses im Gebet während der Schlacht gegen die Amalekiter“. Es ist trefflich gearbeitet, und ich zähle Obermann jetzt zu unsern geschicktesten Xylographen, ja ich setze ihn gleich neben Gaber... Der Gegenstand, der mich in den letzten Tagen so sehr beschäftigte: „Magdalena am Grabe des Heilands“ ist nun, wenn auch erst in flüchtigen Zügen, ins Klare gekommen. Ich gebe zwei Bilder. In dem einen Magdalenen in ihrer Verlassenheit am leeren Grabe, in dem anderen, wie sie Jesus am Rufe „Maria“ erkennt und ausspricht „Rabbuni“.

15) Samstag... Galerie-Kommission, bei welcher sämmtliche Mitglieder zugegen sind. Die Vertheilung der Gemälde im Neuen Museum wird auf Grund meines Planes besprochen. Die Kollegen Hübner und Bendemann sind im wesentlichen einverstanden und wünschen bloß, daß in einigen Fällen Versuche mit den Bildern selbst entscheiden sollen, namentlich hinsichtlich der Spanier und Van Dycks...

25) Dienstag... Hähnel zeigt mir auch die herrlichen kleinen Modelle von Michael Angelo in gebranntem Thon, die er in Nürnberg acquirirt hat. Es sind höchst werthvolle Arbeiten.

30) Sonntag. Gestern Abend gab es noch Veranlassung zu erzählen, wie ich Stahl, als er noch Professor in Erlangen und als Abgeordneter in München war, kennen lernte und ihm auf einem Spaziergang von Sendling nach München (in Sendling hatte ich ihn im Wirthshaus gefunden) mittheilte, daß Bunsen mir einmal gesagt hätte, wenn er (Bunsen) in Berlin Einfluß erlange, so würde er darauf bedacht sein, Schelling, Rückert und Stahl nach Berlin zu bringen. Stahl lächelte über diese Mittheilung, noch hatte er keine Ahndung, daß er je nach Berlin kommen würde. Nach ein Paar Jahren war er dort und in einem Briefe, den er an mich schrieb, erinnerte er mich an unser damaliges Gespräch. Jetzt ist Stahl eine von Berlins Größen und mit Recht wird er als einer der größten Staats- und Kirchenmänner Preußens angesehen.

Mai.

8) Montag. Mein Vasenfuß kommt heute Vormittag in der Untertuschung zu Stande. Wie schon bemerkt, treibt Amor mit der vierbeinigen Kreatur sein Wesen. Sieben Liebesgötter (die Zahl ist zufällig; ich habe nicht an die böse Sieben erinnern wollen) streicheln, jagen, zwicken, necken, schießen allerlei Bestien, als da sind: Löwen und Löwinnen, Panther, Auerochsen, Elephanten, Bären, Schweine und Hirsche. Die Erfindung macht mir Freude. Da Sachße den Fries der Vögel ebenfalls in der Untertuschung heute vollendet hat, so übersieht man nun den ganzen Schmuck der Vase. Sie nimmt sich gut aus und ist meines Erachtens reicher, schöner und stilvoller als die erste...

9) Dienstag. Der Photograph Brockmann, der viele der hiesigen Künstler und die meisten meiner Kollegen ausgezeichnet photographirt hat, wünschte längst auch mich seiner Sammlung einzuverleiben. Heute endlich gehe ich zu ihm und mein Porträt wird dreimal gemacht. Welches davon das beste und ob eines ganz gelungen ist, wird sich erst zeigen, wenn ich Abdrücke erhalte. Nachmittag 6 Uhr versammelt sich das Direktorium des Kunstvereins im Ausstellungssaal auf der Brühlschen Terrasse, um wegen Verlegung des Kunstvereins in dieses Lokal, welches der König bereits zugesagt hat, zu einem Beschluß zu gelangen. Es wird nun festgestellt, daß wir die Uebersiedelung vornehmen und bis zum 1. Juni der Umzug bewerkstelliget sein soll. Ludwig Richter legt uns den Entwurf zu einem Vereinsblatt vor, ein Weihnachtsbild, das er selbst radiren wird, welches allgemeinen Beifall findet und der demnächst zu berufenden Generalversammlung

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/275&oldid=- (Version vom 20.5.2024)