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ich, wohl das erste Mal in meinem Leben, die Sitzung zu besuchen vergessen hatte.

6) Freitag. Heilige drei Könige. Der Kammerherr von Brochowsky besucht mich. Er ist bereits unterrichtet von der Einsprache gegen den auf der letzten Generalversammlung gefaßten Beschluß zu Gunsten der Ausschmückung der katholischen Kirche in Neustadt. Er erklärt, daß die katholische Gemeinde in dem Fall, daß die Opposition durchdringe und etwa nur unter der Bedingung, daß die Darstellung des heiligen Franz Xaver unterbliebe, den Beitrag des Kunstvereins bewilligen wolle, lieber auf diesen Beitrag verzichten werde, als auf die Ausführung der nun einmal nach reiflicher Erwägung beschlossenen Darstellung. Ich kann ihm nur beipflichten und verspreche unter allen Umständen der Sache mich anzunehmen...

7) Samstag... Galerie-Kommission... Ich finde bereits Herrn von Quandt und Schulz bei Betrachtung eines der Galerie zum Kauf angebotenen Gemäldes von Floris, Loth und seine Töchter darstellend. Es ist ein schönes Bild und wäre vermuthlich um einen ganz geringen Preis zu haben. Wir halten für rathsam, dasselbe wenigstens dem König zu zeigen und dessen Meinung zu befragen. Allerdings ist der Meister bei uns schon trefflich vertreten durch eine Anbetung der Hirten.

10) Dienstag... Blochmann bringt mir das 6. Heft des 2. Bandes der Protestantischen Monatsblätter, herausgegeben von Heinr. Gelzer. In diesem Hefte ist meine Bibel in Bildern in sehr ehrender Weise besprochen. Man thut meiner kleinen Komposition der „Völkerscheidung“ die Ehre an, sie mit Kaulbachs großem Bilde zu vergleichen. Und ich ziehe nicht den Kürzeren. Die Bilder aus dem Tobias werden entschieden in Schutz genommen und sogar zu den gelungensten gezählt. Auch der Text ist sehr gelobt. Das wird Wigand freuen.

12) Donnerstag. Das Modell der Chornische und deren angrenzenden Theile der neuen katholischen Kirche, in welchem ich die Malereien skizziren will, wird mir ins Haus gebracht... Freund Rietschel versucht Aenderungen an seiner Goethe-Schiller-Gruppe, zu denen Gasser Veranlassung gegeben hat. Diese Versuche bringen Rietschel viel Unruhe. Die Erwägungen wollen kein Ende nehmen. Bei Rietschel finde ich Nicolai, der auch mit dem Modell zur Prachtvase nicht ins Reine kommen kann. Die Aufgabe ist allerdings sehr schwer. Sachße und ich plagen uns mit den Verzierungen an unserer Vase. Das ist des Künstlers Erdenwallen.

14) Samstag. Galerie-Kommission... Quandt hat in Betreff des Gemäldes von Floris, das ich vorigen Samstag erwähnte, eigenmächtig das Schreiben der Besitzerin an die Direktion der Galerie beantwortet... Indessen geben wir das Bild nicht eher her, bis es der König gesehen hat und bis wir es mit dem Bilde von Floris, das wir haben und das mir mit dem in Frage stehenden gar nicht zu stimmen scheint, verglichen haben. Unser Bild stellt eine Anbetung der Hirten dar, jenes, wie schon erwähnt, Loth mit seinen beiden Töchtern. Auffallend ist in dem Bilde, daß die verschiedenartigsten Elemente vereiniget sind. Die Figur des Loth z. B. ist offenbar mit Benutzung der Sibylla Erythraea von Michael Angelo dargestellt, während anderes (z. B. die schlafende Tochter) an Venetianische Meister erinnert. Im ganzen herrscht Florentinischer Stil vor. Bei alle dem ist das Bild sehr schön[1].

19) Donnerstag... In der Porzellan-Niederlage wird mir wieder ein Teller gezeigt mit einer Malerei nach meiner Komposition „Elias im feurigen Wagen“. Es fehlt der Arbeit an Leben. Es müssen frische, künstlerisch gebildete Kräfte nach Meißen, sonst wird nichts. Emil Sachße wäre der rechte Mann, um dort neues Leben in die Malerei zu bringen.

20) Freitag... Meine kleine Kirche kommt immer besser zusammen. Der obere Theil der Chornische ist entworfen und der Umriß am Modell selbst befestiget. Eine Verkündigung nach Fiesole in den zwei Medaillons am Triumphbogen angebracht. Meine Idee gefällt, und ich denke selbst, sie gebe Neues auf alter Grundlage und werde in der Ausführung sich gut machen. Die Kräfte zur Ausführung müssen noch gesucht werden, meine übrigen Schüler sind solcher Arbeit noch nicht gewachsen...

22) Sonntag. Vom frühen Morgen an habe ich Besuche. Die Ersten, welche kommen, sind Herr Pater Lange und Gaber, welche die Entwürfe für die Kirche besehen wollen. Herr Pater Lange billiget meine Idee; ich sehe aber wohl, daß er noch nicht viel gesehen hat und daß ich mir einen andern Richter suchen muß. Ich werde mich nach München wenden. Später kommen auf meine Bitte Bendemann und Hübner, um die Vase zu sehen. Sie sind zufrieden. Ebenso äußert sich auch Rietschel. Anderer Besuchenden will ich nicht gedenken.

24) Dienstag... Abends bringt uns Kleinig sein Album zur Ansicht. Es enthält viel schöne Sachen, unter andern 40 Skizzen von Ludwig Richter. Ich verspreche ihm ein flüchtiges Blatt von mir. Das Album der Hausfrau, das wir ihm zeigen, imponirt ihm gewaltig.


  1. Es wurde aus dem Nachlaß des Stadtraths E. W. Schmidt für die Galerie erworben und wird im Woermannschen Kataloge einem Nachahmer des Franz Floris zugeschrieben.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/272&oldid=- (Version vom 19.5.2024)