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Februar.

5) Freitag... Konferenz des akademischen Rathes. Rietschels ehemaliger Schüler, der junge Schilling, hat ein Paar Basreliefs, „Morgen und Abendstern“ darstellend, verfertiget und dem akademischen Rath vor Augen gestellt, die allgemeinen Beifall finden. Nur Herr von Quandt, der sich nicht einmal vor die Arbeiten stellt, sondern dieselben nur von der Seite betrachtet, fährt mit einem verletzenden Mißton dazwischen.

7) Dienstag. Nachdem ich in den letzten Tagen die vier Apostel für die Chornische gezeichnet habe, befestige ich eine Kopie derselben in dem Modell der Nische, die nun von Sachße gemalt werden soll und heute auch wirklich von ihm begonnen wird. Für die zweite Vase entwerfe ich die Zeichnungen für den Fries oben am Rande derselben. Adler, Pfauen, Schwäne, Eulen (Begleiter, Attribute der Götter) von Amorinen geliebkost und gezähmt.

8) Mittwoch... Die reiche Kunsternte wird vor allem aber bedeutend durch eine Sendung von Gasser aus Wien. Es langt eine Kiste an, in welcher 25 Statuetten und ein Abguß der Gruppe unserer drei (die selige Franka also mit einbegriffen) Mädchen sich befinden. Wir sehen nun auch alle die Figuren, die Gasser für das Arsenal in Wien gefertigt hat. Es ist eine erstaunliche Schönheit in all diesen Sachen und es spricht sich ein so eminentes Talent darin aus, daß man Gasser wohl ohne Frage unter die bedeutendsten Bildhauer unserer Tage zählen muß. Könnte er noch zur völligen Durchbildung seiner Werke gelangen, wodurch auch eine gewisse, wenn auch anmuthige Manier sich abstreifen würde, so stellte sich sein Werth noch höher. Ich fürchte, ein solches Ziel wird er nicht erreichen. Seine Verhältnisse, die Natur seiner Aufgaben und ein gewisser Eigensinn, der in seinem Charakter liegt, werden ihn daran hindern.

9) Donnerstag. Mein Fries der Vögel und Amorinen fertig. Die kleine Arbeit hat mir Freude gemacht und ist deswegen gut ausgefallen. Die Konzeption ist eine neue und glückliche, und dieser kleine Triumphzug der Liebe, die Zähmung der geflügelten Bestialität nimmt sich ungemein heiter aus.

13) Montag... Es besucht mich der 17 jährige Zahn aus Leipzig, ein Enkel der Steuerräthin Götz und Neffe der Konsistorialräthin Bäumler, Personen, die in meiner Jugend mir nahe bekannt waren. Der junge Zahn studirt nun hier auf unserer Akademie und soll sehr talentvoll sein. Seine Erscheinung und sein aufgewecktes Wesen machen mir einen sehr guten Eindruck.

18) Samstag. Galerie-Kommission... Die Nähterin arbeitet an der dritten Tapete, die stellenweis freilich auch ausgebleicht, aber in der Komposition so besonders herrlich ist und die man schon um der herrlichen Köpfe willen mit der größten Freude sieht: „Paulus und Barnabas zu Lystra“. – Sachße ist mit der Ausmalung der Chornische heute zu Stande gekommen.

25) Samstag. Aus München Einladungsbriefe an die hiesigen Künstler für die große Ausstellung. Es sollen übrigens an den Hauptorten der Kunstthätigkeit Schiedsgerichte über die Zulässigkeit einzusendender Kunstwerke eingesetzt werden, und auch hier soll ich die Errichtung eines solchen veranlassen.

27) Montag. Sachße war am Samstag in Meißen, um zu sehen, wie es mit unserer Vase steht. Heute stattet er mir Bericht ab. Dieser Bericht ist nicht günstig. Der junge Müller, der unsere Vase malt, ist kein Künstler, sondern nur ein geistloser Kopist. Seiner Arbeit fehlt es daher gänzlich an Leben...

28) Dienstag... Aufführung der beiden von den jungen Leuten einstudirten Stücke „Die Badekuren“ und „Alle wollen heirathen“. Die Aufführung findet bei Rietschel statt und fällt sehr gut aus. Das zweite Stück von Paldamus ist allerliebst und wird größtentheils sehr gut gegeben... Zum Schluß tritt noch Sachße als seiltanzender Mohr mit ungeheuerm Beifall auf. Man bleibt bis gegen 12 Uhr, und alle finden, man habe noch wenige so lustige Faschingdienstage erlebt...

März.

7) Dienstag... In der heute stattfindenden Direktorialversammlung des Kunstvereins zeige ich das Modell zur Chornische mit den von mir entworfenen Malereien. Das Direktorium hatte sich vorbehalten nach Vorlage dieser Entwürfe definitiv zu erklären, ob es bei dem vorläufigen Beschluß der Generalversammlung, 500 Thaler zur Ausschmückung der neuen katholischen Kirche zu bewilligen, sein Bewenden haben solle oder nicht. Nach einer langen Besprechung, in welcher übrigens nur der Stadtrath Beck und der Landschaftsmaler Kummer auf die früher vorgebrachten Bedenken zurückkamen, wurde die frühere Bewilligung einstimmig bestätiget. Ich kann wohl sagen, daß mein Entwurf sehr gefiel und daß man allgemein anerkannte, ich habe mich auf dem altkirchlichen Gebiete gehalten, auf welchem konfessionelle Unterschiede noch nicht hervortreten. Es ist also auch diese Angelegenheit zu einem glücklichen Resultat geführt.

9) Donnerstag. Den Abend bringen wir... bei Blochmanns zu und lernen daselbst den Kirchenrath Langbein nebst Frau kennen. Er ist im vorigen Jahr in das Konsistorium gekommen. Er gefällt mir sehr gut, und ich halte ihn für einen Mann, wie wir ihn brauchen. Nur sollte er noch einige Männer gleicher Art an seiner Seite haben. Es sieht im Gebiete der Kirche hier gar zu wüste aus...

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/273&oldid=- (Version vom 20.5.2024)