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Uebermalung, folglich ein dritter Brand unabweisbar nothwendig sei. Ich besehe mir mit Sachße und Herrn Müller die Vase und erkläre mich dahin, daß an der Vase nichts mehr gemalt und sie demnach auch einem dritten Brande nicht mehr ausgesetzt werden soll. Die Vase macht im ganzen eine gute Wirkung und würde ein schönes Kunstwerk sein, wäre sie von einem tüchtigeren Künstler ausgeführt, als Herr Müller jun. ist. Die zweite wird viel besser werden. Schon die Vermeidung der blauen Umrisse, auf welchen man in Meißen aus purem Vorurtheil bestanden hat, wird die Arbeit künftig sehr erleichtern.

31) Mittwoch. Fahrt nach Meißen... Um 6 Uhr hinüber nach dem Bahnhof. 61/2 sitzen Emil Sachße und Mathilde, ich und Tochter Marie im Dampfwagen, neben uns die Vase, und so gehts nach Niederau. Dann mit dem Postomnibus nach Meißen, wo wir etwa um 8 Uhr anlangen. Wir begeben uns sogleich nach dem Schlosse, werden freundlichst von den Vorständen Scheinert und Leuteritz empfangen, besehen die Malereien für die Münchner Ausstellung, nehmen dann auch die Fabrikation von den gewöhnlichen Verkaufsartikeln in Augenschein. Dann besehen wir uns noch das herrliche Schloß, den Dom, die Dompropstei, steigen an der westlichen Seite der Albrechtsburg hinunter, um auch von dieser Seite den Anblick zu genießen. Wir träumen uns an die Stelle sächsischer Fürsten, beschließen in Meißen einen Theil des Jahrs zu residiren, die Burg herzustellen, alles übrige in Stand zu setzen, zu verschönern und würdig das Werk der Väter fortzuführen. Nachdem wir geträumt, essen wir im Gasthof zum Hirsch. Wir finden es hier höchst behaglich und bleiben bis 21/2. Dann besteigen wir eine Postchaise und fahren auf der Meißner Seite über Siebeneichen, Scharfenberg, wo wir nach dem Schloß hinaufsteigen, dann unten im Gasthof uns ausruhen und erquicken, und Gauernitz, Prießnitz nach Dresden zurück.

Juni.

2) Freitag. Kirchbach ist nun mit seinem letzten Deckenbild [im Neuen Museum] ziemlich fertig. Ich besehe mir dieses heute und finde mich veranlaßt an dem Bilde selbst mit Kohle die nöthigen Korrekturen anzugeben. Schade, daß Kirchbach, bei vielem Geist und mit so guten Anlagen für die Kunst ausgerüstet, sich in so oberflächlicher und roher Behandlung des Stoffes genügt. Ich habe es nicht fehlen lassen, ihn oftmals und ernstlichst auf diesen Mangel aufmerksam zu machen, bis zu der Gefahr, ihn schmerzlichst zu verletzen, aber er verharrt in seinem Leichtsinn und seiner Selbstgenügsamkeit.

3) Samstag... Die Galerie-Kommission entbehrt heute zwei ihrer Mitglieder, Schulz und Bendemann. Durch Abwesenheit des Ersteren verliert sie ihren amtlichen Charakter... Die kleine Magdalena von Correggio wird herbeigeholt aus Veranlassung einiger Bemerkungen über den Zustand, in welchem das Bild sich befindet. Quandt hält das Bild für keinen Correggio und beruft sich darauf, diese Ansicht schon vor vielen Jahren in einem Sitzungsprotokoll ausgesprochen zu haben. Er meint, in Rom sei später das Original aufgefunden worden. Dieses angebliche Original ist das Bild, welches Lord Ward in London in seiner Sammlung hat. Dieses Bild habe ich gesehen und halte dafür, möchte dagegen behauptet werden was da wolle, daß es das Original nicht ist und, wenn nur von diesem und unserm die Rede sein kann, das unsere ganz gewiß das Original ist. Direktor Waagen in Berlin, mit dem ich die Sache besprach, ist meiner Ansicht. Ich halte das Wardsche Bild für eine Kopie von Allori. Jm Dulwich-College sah ich dessen Judith in kleinem Format, deren Behandlung völlig übereinstimmt mit Wards Magdalena.

9) Freitag... Nachmittags gehe ich auch wieder einmal in die Neustädter katholische Kirche. Der Bau ist nun auch in seiner inneren Ausschmückung sehr vorgerückt. Die Decke hat zum Theil schon ihren farbigen ornamentalen Schmuck erhalten. Wäre Schwarzmann hier, so würde es mit der Dekoration freilich besser aussehen.

15) Donnerstag... Nachmittags besehen wir die für die Münchner Ausstellung eingegangenen Bilder. Sie sind, der Kunstvereinsausstellung sich anschließend, zum Besten der Künstler-Wittwenkasse ausgestellt. Das Porträt von Bendemanns Frau, von ihm vor einigen Jahren gemalt, ist auf unsere Bitte mit unter diesen Bildern. Das Bildniß gehört gewiß zu den schönsten Arbeiten dieser Art, die in unserer Zeit gemacht worden sind.

20) Dienstag... Kirchbach kommt und theilt mir mit, daß er die Gerüste in dem Rubens-Saal noch einmal aufschlagen lasse, um seine Malereien zu verbessern. Das macht ihm Ehre und wird ihm auch Nutzen bringen.

Juli.

7) Freitag. Kirchbach hat ein Paar Figürchen gemalt für den Rembrandt-Saal, Form und Farbe darstellend. Diesmal hat er Studien nach der Natur gemacht und sich zusammengenommen. So konnte es auch bei seinem schönen Talent nicht fehlen, daß die Arbeit gut ausfiel. Die Figuren sind sehr schön, großartig aufgefaßt und exakt gezeichnet. Kirchbach hat mich dadurch wieder versöhnt. Er bittet Antheil nehmen zu dürfen an der Komposition und Ausführung der Propheten für die katholische Kirche. Die Bitte wird gern und dankbarst gewährt.

8) Samstag... Wilhelm Schadow aus Düsseldorf auf der Galerie. Ich finde ihn vor dem Zinsgroschen

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/277&oldid=- (Version vom 20.5.2024)