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nach ganz kurzem Krankenlager. So ist denn wieder einer von den Heroen unserer Zeit dahin und wieder einer aus dem herrlichen Kreis geschieden, der einst in München sich gebildet hatte und dem auch wir so nahe standen!

25) Freitag. Gang zu Gaber. Er retuschirt in meiner Gegenwart seine Magdalenen-Platte, an der ich ein paar Stellen etwas nachgebessert wünsche. Die Entwürfe zu den Psalmenbildern, die ich ihm vorlege, sieht er mit Theilnahme. In meinem Bibelwerk finde ich mehr und mehr Befriedigung. Der nähere Umgang mit der Schrift erquickt mich, und wie der Stoff mir immer lebendiger und frischer zufließt, so fühle ich auch eine kräftigere Ausströmung desselben in meine Darstellungen.

September.

5) Sonntag... Nachmittag 3 Uhr holt mich Gaber zur Taufe seines Söhnchens ab. Der Großpapa, Professor Ludwig Richter, und dessen Schwester, Frau Liebig, find Mitgevattern. Der mir seit länger bekannte Kaplan Lange vollzieht die Taufe in der katholischen Kirche ...

8) Freitag. Da die verwittwete Königin das Brühlsche Palais beziehen wird, so müssen wir demnächst unsere daselbst aufbewahrten Vorrathsbilder entfernen. Unter diese gehören die Gemälde von Canaletto. Glücklicherweise sind die Räume des Neuen Museums, in welchen diese Gemälde aufgestellt werden sollen, zu ihrer Aufnahme bereit. Ich beschäftige mich nun heute damit, die Bilder, deren Größen nebst den Wandflächen im Kleinen dargestellt sind, zu vertheilen.

12) Dienstag. Die Rotunde im Neuen Museum ist nun soweit fertig, daß die Tapeten darin aufgestellt werden könnten. Das Achteck in der Decke und die Kreisform der Wände beleidiget freilich ein architektonisch gebildetes Auge. Hier muß aber der Zweck die Mittel heiligen. Die Teppiche konnten in dem Achteck nicht aufgestellt werden, und sind die Teppiche erst einmal drin, so wird man über dem Anblick der selben jenen Makel übersehen ... In der Porzellan-Manufaktur finde ich die zweite Majolika-Vase. Die Ausführung ist nicht ganz im Stil, sonst aber doch sehr schön und von bestechender Wirkung. Rietschel, Hähnel sind sehr zufrieden. Die Herren aus Meißen: Bergrath Kühn, die Vorsteher Scheinert und Leuteritz, sehen doch, daß die Verbindung der Kunst mit der Manufaktur einen Erfolg hat, wenn auch zunächst nicht für die Kasse... Um 4 Uhr haben wir eine Konferenz des akademischen Rathes, um mit einigen Beamten der Münze wegen eines sogenannten Sterbethalers des verstorbenen Königs zu berathen. Rietschel und Hähnel waren bereits aufgefordert worden, ihre Ideen darzulegen. Hähnel bringt eine trauernde Saxonia auf der Reversseite, Rietschel Glaube, Liebe, Hoffnung in Vorschlag. Rietschels Idee spricht am meisten an, und man wünscht jetzt nur noch Entwürfe in Thon zu sehen, um die plastische Ausführung beurtheilen und dann wählen zu können. Es wird für Samstag 4 Uhr eine zweite Sitzung festgestellt. Nach der Sitzung gehe ich mit Hähnel nach Elisens-Ruhe vor dem Ziegelschlag. Er denkt daran, diese Besitzung zu kaufen. Der Garten ist prachtvoll und das Gebäude, gerade nicht groß, hat einen herrschaftlichen Charakter.

16) Samstag... Um 4 Uhr ist wieder eine Sitzung in Angelegenheit des Sterbethalers. Eine Skizze von Hähnel, die trauernde Saxonia, findet so viel Beifall, daß sie die meisten Stimmen für sich gewinnt, besonders mit deshalb, weil sie auch geeignet ist, auf den kleinen Sechstel-Thalerstücken ausgeprägt zu werden. Neben dieser Saxonia findet auch der Entwurf zu einer „Liebe und Gerechtigkeit“ große Anerkennung, und soll dieser Entwurf ebenfalls in Vorschlag kommen. Rietschels „Glaube, Liebe, Hoffnung“ will man für eine Medaille empfehlen.

17) Sonntag... Am Vormittag kommt Sachse mit Oberlieutenant Machold, meinem ehemaligen Schüler, dem Verfertiger jenes schönen Pokals, der seit so lange schon (seit dem Fest im Buschbad bei Meißen) in meiner Wohnung prangt... In wenig Tagen kehrt er auf seinen Posten in Heimburg als Professor der Zeichenkunst in dem dortigen Militär-Institut zurück.

18) Montag... Unsere Vase ist auf der Ausstellung. Sie nimmt sich etwas klein, sonst aber sehr gut aus und findet viel Beifall.

22) Freitag... Lübke schickt mir die beiden Nummern des „Deutschen Kunstblatts“, welche den Artikel über mich enthalten. Es sind meine neueren Arbeiten, besonders aber die Bibel, ausführlich in einer mich sehr ehrenden Weise besprochen. Nachmittag mache ich wieder einmal einen Besuch in der neuen katholischen Kirche. Die Decke bevölkert sich nach und nach mit Propheten und Patriarchen. Sie wird eine ganz gute Wirkung machen.

26) Dienstag. In diesen Tagen hat mich die Aufzeichnung des dritten Bildes zu den Psalmen: „Die Bitte“ ausschließlich beschäftiget. Dieses Bild wird vielleicht das beste unter den vier Darstellungen.

28) Donnerstag... In der Augsburger Allgemeinen kommt heute aus den Heineschen Bekenntnissen der letzte Abschnitt des gegebenen Auszugs. Diesmal wird mirs doch zu arg. Ich will nicht richten über des Mannes Zukunft, aber wie er jetzt noch sich zeigt, ist er mit seiner Koquetterie der Gottlosigkeit widerwärtig.

Oktober.

9) Montag. Ich sehe wieder einmal nach in der Neustädter katholischen Kirche. Zumpe hat vortrefflich

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/295&oldid=- (Version vom 19.5.2024)