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daß beide Dichterheroen einen Kranz fassen, scheint mir sehr glücklich. Die zwei Theile eines Monuments werden durch dieses Mittelglied vortrefflich verkettet.

1853.

Januar.

1) Samstag... Arbeit, Arbeit, Gedanken an diese erfüllen mich. Schaffen, so lange ich sehen kann. Zwei neue Kompositionen und eine Aufzeichnung für Herrn Graeff beschäftigen mich zugleich. Abends liest die Hausfrau weiter in Onkel Toms Hütte. Es ist ein gutes, schön geschriebenes Buch, und man begreift bei der Bedeutung des Stoffs die unerhörte Ausbreitung desselben.

4) Dienstag. Neues Museum. Konferenz daselbst mit Regierungsrath Schulz und den Herren Architekten zur Beurtheilung der Beleuchtung des mittleren Raumes unter der Kuppel. Ich hole ein Bild aus der Galerie. Es zeigt sich, daß der Raum zwar über Vermuthen gut, doch aber minder beleuchtet ist, als die anderen Räume. Für unseren Rafael wird wohl der Platz definitiv gewählt werden, den ich schon seit lange für ihn ersehen habe, nämlich in dem letzten Raum gegen den Zwingerwall, und zwar so, daß das letzte Fenster an der nördlichen Front die Beleuchtung giebt. Mit dem aus der Galerie herbeigeschafften Bilde, das wir in alle Räume bringen, prüfen wir die Beschaffenheit des Lichtes. Die Räume mit Seitenlicht an der Nordseite werden doch für die Niederländer am angemessensten sein, während die darüber liegende Galerie mit Oberlicht ganz vortrefflich für die kleineren und mittleren historischen Bilder geeignet sein wird. Für die deutsche Schule schlage ich den Raum vor in der 2. Etage, in welchen zunächst die Treppe führt und in den sie einmündet. In der Mitte der Wand der Treppe gegenüber würde ich den Holbein aufstellen. ... Direktorialversammlung des Kunstvereins. Das Direktorium konstituirt sich. Schulz wird durch Zuruf in seinem Amte als erster Vorstand beibehalten, zum zweiten Vorstand wird Regierungsrath Stelzner gewählt, nachdem Präsident Müller gebeten von ihm abzusehen und ich die Wahl abgelehnt habe.

6) Donnerstag. Heilige drei Könige. Abends mit der Hausfrau bei Rietschels, wo ich die Landschaftsmaler Prof. Schirmer (den Berliner) und Bönitsch kennen lerne. Der Abend ist sehr belebt und die Unterhaltung interessant.

7) Freitag. Nachdem der König die Ernennung Hähnels zum ordentlichen Professor an unserer Akademie (an die Stelle des ausgetretenen Prof. Vogel) genehmiget hat, wird derselbe heute Vormittag in Anwesenheit aller Mitglieder des akademischen Raths (mit Ausnahme Quandts) verpflichtet. Wir können uns Glück wünschen, einen so ausgezeichneten Künstler unserer Anstalt zu erhalten, in einer Zeit, in welcher Männer seiner Art nicht dicht gesäet sind.

8) Samstag... Am Abend erhalte ich von La Trobe einen Brief aus Großenhain mit der sehr betrübenden Nachricht, daß der junge Müller (Emil), der kurz vor Weihnachten in mein Atelier eintrat, plötzlich dort gestorben ist. Sein Talent war ungewöhnlich, und große Hoffnungen knüpften sich an seine Entwickelung.

10) Montag... Ich habe auch heute an den Vater des verstorbenen Müller geschrieben.

12) Mittwoch. Ich bin wieder einmal mit rheumatischen Schmerzen heimgesucht, die so arg sind, daß ich mich um Mittag kaum in das Eßzimmer begeben kann. Nachmittag lasse ich mir auf den linken Schenkel einen Senfteig auflegen. Während dieser arbeitet, beißt und zieht, besucht mich Herr Präsident Müller, um mein Urtheil über zwei Handzeichnungen von Peter und Heinrich Heß zu vernehmen. Die erstere ist echt, Herrn Müller aber zu theuer. Die zweite, ein Entwurf zu dem „Laßt die Kindlein zu mir kommen“ in der Allerheiligen-Kapelle zu München, sieht etwas verdächtig aus, wenigstens scheint das mir gewiß, daß ein Schüler dabei die Hand im Spiele gehabt hat. Kaum hatte ich mein Urtheil abgegeben, so kommt noch Wigand dazu. Die gewünschten Erklärungen zu den Bibelbildern glaube ich mir vom Halse geschafft zu haben, dagegen willige ich ein, eine Vignette zu den Mappen für unsere Holzschnitte zu entwerfen. Wigand erklärt mir nun auch, weshalb er die Reihenfolge nicht eingehalten haben will. Er will, daß im Fall meines Todes oder einer Verhinderung, die Arbeit fortzusetzen, ihm kein Fragment in der Hand bleibe. Es sollen also Gegenstände wo möglich von vorn herein aus den verschiedenen Theilen der Bibel gewählt werden. Wigand denkt auch daran, die Bilder mit der Zeit einer wirklichen Bibel beizudrucken, ein Gedanke, der mir natürlich nicht glücklich scheint. Ihm ists aber um weitere Mittel der Verwerthung zu thun, wenn das Werk in seiner jetzt projektirten Gestalt nicht zu Stande kommen sollte. Alle diese Besprechungen werden unter ziemlich viel Schmerzen auf meiner Seite geführt, daneben habe ich noch die Bemerkung hinunterzuschlucken, daß unser Unternehmen bis jetzt den erwarteten Erfolg nicht gehabt habe.

13) Donnerstag... Der Baumeister Müller aus Großenhain, Vater des Emil, besucht mich und erzählt mir Näheres über des Sohnes Ende und zeigt mir dessen letzte Arbeit, eine Komposition des Gegenstandes „wie der hochbetagte Jünger Johannes, von Schülern auf den Schultern getragen, die ihn umgebenden Jünger und Jüngerinnen auf die Liebe, die ewige Liebe hinweist“. Mit diesem Gegenstand ist mit vielem Geist die Parabel vom verlornen Sohn verbunden. Die Komposition

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/225&oldid=- (Version vom 25.6.2024)