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23) Mittwoch... Das Direktorium des Kunstvereins versammelt sich heute in dem neuen Lokal am Altmarkt, um die Einrichtung desselben anzuordnen.

24) Grün-Donnerstag... Besuch bei Gaber, bei welchem ich eine größere Anzahl von Aufzeichnungen zu der kleinen Berliner Vereins-Bibel mir ansehe. Der Berliner Verein und mit ihm, wenn auch ohne exklusive Gesinnung, Professor Huber erklärt sich gegen die Zulässigkeit der Darstellung Gottes unter der Gestalt eines Menschen. Licht, Feuer, Blitze sollen seine Gegenwart andeuten.

25) Char-Freitag. Staffage für Oehme’s italienische Landschaft ins Klare umgezeichnet.

26) Samstag. Mein Geburtstag. Am frühen Morgen, leider bei sehr empfindlicher Kälte und vielem Schnee, unter den Fenstern an der Hof- und Gartenseite des Hauses Männergesang unter der Leitung von H. Richter. Unter den Sängern Gaber, Kirchbach, Gärtner, Kietz, Jordan, Semmler, Gliemann. Unter den gesungenen Quartetten eines von H. Richter, dem Dirigenten.... Gaber bringt der Hausfrau ein Richter-Album, nicht wie es bei Wigand herausgekommen, sondern nach eigener Wahl zusammengestellt und in herrlichem Einband. Die Drucke sind auf chinesischem Papier und ausgewählt...

31) Donnerstag... Mit Dickens „Wanduhr“ kommen wir heute zu Ende. Die Art, wie die Werke dieses Mannes entstehen, nämlich die abschnittweise Produktion, macht sich überall fühlbar, und häufig vermißt man jene Durchbildung, die einem Kunstwerk allein den Stempel der Vollendung aufdrücken kann; bei alledem ist Dickens ein außerordentlicher und in vielen Beziehungen gewiß von keinem andern erreichter Schriftsteller.

April.

1) Freitag. Die treffliche Besetzung des Don Juan lockt uns heute ins Theater. Wir haben es nicht zu bereuen, der Lockung gefolgt zu sein. Die Darstellung ist im Ganzen sehr vorzüglich, und wir haben großen Genuß. Mitterwurzer als Don Juan, die neu angestellte Sängerin aus Wien, Fräulein Ney, als Donna Anna sind vortrefflich.

3) Sonntag. Wigand schickt mir eine Mappe zur Bibel mit der von mir erfundenen und in Gold gedruckten Vignette. Die Vignette nimmt sich ganz gut aus, doch würde ich bei mehr Erfahrung in der Anordnung manches anders gehalten haben...

5) Dienstag... Direktorialversammlung des Kunstvereins im neuen Lokal. Man beschäftiget sich vor allem mit den Gegenständen, welche sich auf die am 28. April abzuhaltende Generalversammlung beziehen. Dieser Tag wird gewählt als Jahrestag der vor 25 Jahren stattgehabten ersten Versammlung der Kunstvereinsmitglieder...

6) Mittwoch... Geringswald bringt mir einen Probehanddruck des Elias im feurigen Wagen. Das Blatt ist außerordentlich gelungen und gehört, was fleißige Ausführung und gute Wirkung betrifft, zu den schönsten Blättern, die wir aufweisen können.

8) Freitag... Konferenz des akademischen Raths, an welcher Ludw. Richter, nun zum Mitglied desselben ernannt, Antheil nimmt.... Auch werden Atelier-Bau-Angelegenheiten besprochen. Da der König nicht wünscht, daß mein demnächst an Rietschel übergehendes Atelier durch eine Erweiterung das Ausstellungslokal beschränke, so denkt man jetzt an ein neu zu errichtendes Atelier-Haus.

13) Mittwoch... Abends liest uns Paldamus eine der neueren Dorfgeschichten von Auerbach vor. Der Jude schaut mit seinem rothen Gesicht und den entzündeten Augen schon dreister daraus hervor als aus den früheren Geschichten, doch ist die Erzählung ganz hübsch.

14) Donnerstag... Paldamus liest weiter in seiner Auerbachschen Dorfgeschichte, Brosi und Moni. Die Erzählung wird aber so ordinär, daß wir abbrechen und die Geschichte auszuhören aufgeben.

15) Freitag. Schraders Gemälde „Leonardo da Vincis letzte Stunde“ gesehen. Ein Bild, das sehr geschickt gemacht ist, mich aber nicht warm macht. Man könnte glauben, das Bild sei von einem belgischen Meister gemalt. Darin liegt Lob und Tadel ausgesprochen. Malerei vorzüglich, Auffassung und Komposition ganz gewöhnlich.

16) Samstag. Langers Platte nach meinem Schlußbild zu den Nibelungen gesehen. Der Stich ist nun bald vollendet. Die Behandlung ist sehr sorgfältig und fleißig durchgeführt. Zu wünschen wäre etwas mehr Leben, Frische und Kraft.

23) Samstag... Gaber bringt mir nun auch einen Abdruck der vollendeten Platte „Jesus und die Samariterin“. Die Platte ist wunderschön gearbeitet; was derselben fehlt (der Christuskopf ist nicht gelungen), kommt auf meine Rechnung.

28) Donnerstag... Ein anderer Brief, der mit dem Wigandschen zugleich ankommt, rührt von dem Stadt- und Schloßprediger Löhn in Hohnstein bei Stolpen her. Bei dem Anblick meiner Bibel erinnert er sich, mich in meiner Jugend gekannt zu haben. Er ist ebenfalls in Leipzig und in demselben Jahr wie ich geboren. Ferdinand Caffe, mein Akademiegenosse und Freund, mit dem ich einst Teufelsbeschwörungen aufführte (einmal mit solchem Lärm, daß der alte Caffe, in seinem Nachmittagsschlummer gestört, mir einen Verweis gab, der mich so beleidigte, daß ich sein Haus nicht mehr betrat), war auch sein Freund. Er will nun durch seinen brieflichen Gruß die Erinnerung an

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/228&oldid=- (Version vom 25.6.2024)