Die evangelische Gemeinde Rosbach a. d. Sieg

Textdaten
Autor: Josua Julius Garschagen
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Titel: Die evangelische Gemeinde Rosbach a. d. Sieg
Untertitel: Versuch einer chronologischen Darstellung der Entwicklung dieser Gemeinde
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Entstehungsdatum: 1884
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Drucker: Albert Pfeiffer
Erscheinungsort: Solingen
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Quelle: Commons
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[1]

Die evangelische Gemeinde

Rosbach a. d. Sieg.


Versuch einer chronologischen Darstellung der Entwicklung dieser Gemeinde

von

J. Julius Garschagen,

ehemaligem Pfarrer zu Rosbach,

jetzigem Pfarrer der evangelischen Gemeinde

Ketzberg bei Solingen.


Solingen,

Druck von Albert Pfeiffer,

1884.
[2] [3]
Ein Vorwort.

Die nachfolgenden Blätter verdanken ihre Entstehung der 300jährigen Jubelfeier, welche ich mit Dir, liebe Gemeinde Rosbach, in dankbarer Erinnerung an den Uebertritt Pastor Mittlers und seiner Gemeinde von der römisch-katholischen zur evangelischen Kirche, sowie an die reichen Segensströme der Reformation überhaupt, welche Dir unter ihm und seinen Nachfolgern zugeflossen sind, an jenem unvergeßlichen 8. Juni 1871 festlich begehen durfte. Sie enthalten eine Zusammenstellung von Aufzeichnungen aus der Gemeindegeschichte, wie sie theils den mehr oder weniger vergilbten Papieren des dortigen Kirchenarchivs, theils den vom Herrn Bürgermeister a. D. Garenfeld damals mir gütigst überlassenen dankenswerthen Vorarbeiten des Johann Gerhard Gerhards auf dem Wieshof und einigen andern schriftlichen und mündlichen, gedruckten und ungedruckten Hülfsquellen entnommen wurden. Zu den mancherlei Vorbereitungen auf jenes Jubelfest gehörte auch diese Arbeit, welche indessen im Drang der Geschäfte, wiewohl ihr manche Stunden der Nacht geopfert worden sind, leider nur im Concept fertig gestellt werden konnte. Sie hatte damals lediglich den Zweck, durch Vorlesen in der Kirche am Nachmittage des Sonntags vor dem Feste die Jubelfeier gleichsam einzuläuten. Ich hätte die mir lieb gewordene Arbeit im Laufe der Zeit gern noch einmal aufgenommen, um sie durch Ueberarbeitung, Vervollständigung und event. Berichtigung zu vervollkommnen. Allein der Mangel an genügender Muse, die Provinzialarchive und die benachbarten Pfarrarchive zu durchforschen, um vielleicht neues brauchbares Material herbeizuschaffen, oder auch aus noch anderen Hülfsquellen zu schöpfen, als sie mir seiner Zeit zu Gebote standen, sowie meine im Jahre 1877 erfolgte Uebersiedelung von Rosbach nach Ketzberg haben die Ausführung meines Vorhabens verhindert. Wenn ich gleichwohl mich entschlossen habe, das Produkt meiner damaligen Erforschung der Gemeindegeschichte, selbst ohne eine nochmalige Benutzung der Quellen, aus welchen ich ehedem an Ort und Stelle schöpfen konnte, wesentlich so, wie es der Jubelgemeinde mündlich mitgetheilt worden ist, jetzt im Druck erscheinen zu lassen, so erfülle ich damit zunächst bereitwilligst den mehrfach geäußerten Wunsch dortiger Gemeindeglieder, besonders des zeitigen Presbyteriums, diese Aufzeichnungen über die Entwicklung der Gemeinde gedruckt zu besitzen. Sodann aber ist es mir auch ein dringendes [4] Bedürfnis, einer Gemeinde, welcher ich über 11 Jahre nach dem Vermögen, das Gott darreichte, habe dienen dürfen, aus der Ferne noch eine Gabe der Liebe zu widmen, wenn sie dieselbe von mir begehrt, und wenn ich sie darzubieten im Stande bin. Ich thue das hiermit unter dem herzlichen Gebetswunsch, das der Herr der Kirche auch auf das geschriebene Wort einen Segen legen möge, und grüße mit solchem Wunsch im Herzen meine früheren Gemeindeglieder und ihre Nachkommen in ihren Häusern mit demselben apostolischen Segensgruß, mit welchem ich die versammelte Gemeinde im Hause des Herrn so oft habe begrüßen dürfen: „Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit Euch allen! Amen.“

Kezberg, im Jahre des 400jährigen Luther-Jubiläums 1883.

Garschagen, Pastor.


[5] Aus der vorreformatorischen Zeit der Gemeinde Rosbach finden sich im Kirchenarchiv keinerlei schriftliche Urkunden vor. Und doch, wie gerne möchte man Nachricht über die Entstehung der alten katholischen Gemeinde, über ihre innere und äußere Entwickelung, über die Geistlichen und ihre Wirksamkeit haben; allein die Dunkelheit des Mittelalters liegt gewissermaßen auch über diesem Theil der Geschichte der Gemeinde, genauer über ihrer Vorgeschichte. Nur zwei Denkmäler jener Zeit sind auf uns gekommen, nämlich der ehrwürdige Kirchthurm, welcher von der alten ehemals katholischen Kirche stehen geblieben ist, und ein im Kirchenarchiv aufbewahrtes bleiernes Reliquienkästchen. Die Bedeutung des letzteren und seines Inhaltes ist nicht zu ermitteln, und selbst ein darin befindlicher Siegelabdruck läßt, weil verwittert, nicht einmal die Vermuthung zu, wer dieses zur Zeit der Reliquienverehrung für die Gemeinde unstreitig werthvolle Geschenk gestiftet; noch weniger, welchem oder welcher Heiligen diese Ueberbleibsel der irdischen Hülle angeblich oder in Wirklichkeit angehört haben.

Der Thurm der Kirche läßt nach seiner Bauart uns die Schlußfolgerung machen, das die alte Kirche wahrscheinlich im elften oder zwölften Jahrhundert unserer Zeitrechnung erbaut worden ist. Es geschieht ihrer bereits Erwähnung in einem Codex aus dem vierzehnten Jahrhundert, in welchem alle Pfarrkirchen der kölnischen Diöcese mit ihren Einkünften und Zehnten aufgezählt werden. Sie wird dort Rospe capella genannt, und ihr Zehnten mit 5 marc (1 marco = 12 solidi, 1 solidus = 1 fetten Ochsen oder 30 Garben Korn) berechnet. In der späteren Abschrift einer Urkunde aus dem Jahr 1486 wird als Pastor zu Rospe Henrich Kepper von Volkmerschen genannt.

Ueber die Erbauung der alten Kirche hat sich die Sage erhalten, das ursprünglich Langenberg, damals bedeutend größer und mehr im Mittelpunkt der Gemeinde gelegen, als Rosbach, zum Kirchdorf ausersehen gewesen sei. Allein das Baumaterial, welches am Tage nach Langenberg geschafft worden, habe man am folgenden Morgen in Rosbach wieder gefunden. In der Erwägung, daß hier eine überirdische Macht ihr nächtliches Werk treibe, und daß mit ihr füglich nicht zu kämpfen sei, habe man beschlossen, die Kirche in Rosbach zu erbauen.

Treten wir nunmehr in eine lichtvollere Zeit der Geschichte der Gemeinde ein, in die Zeit des Mannes, welchen wir den Reformator der Gemeinde Rosbach zu nennen berechtigt sind, des [6] ersten lutherischen Pastors derselben, Johannes Mittler. Sein katholischer Vorgänger war Johannes von Houe (Hofe). Mittler wurde demselben im Jahre 1552, 14 Tage vor Martini, aus uns unbekannten Gründen adjungirt, lebte mit ihm, wie er uns selbst berichtet, noch bis in das dritte Jahr zusammen, also bis 1555, und hat somit bis zum Fahr 1614, seinem Todesjahr, circa 62 Jahre segensreich in der Gemeinde Rosbach gewirkt. Mittler erscheint uns nach allem, was von ihm auf uns gekommen ist, mit allen Eigenschaften eines Gemeinde-Reformators ausgerüstet, nämlich als ein Mann von gediegener Frömmigkeit, wissenschaftlicher und praktischer Tüchtigkeit und unwandelbarer Festigkeit und Ruhe. — In die Zeit seiner Amtswirksamkeit fällt also das Geburtsjahr der Gemeinde als einer Gemeinde der Reformation, nach allen vorfindlichen Aktenstücken das Jahr 1571. Es ist, wie bei anderen Gemeinden, so auch hier bezeichnend für den Character des Uebertritts, das desselben in keinem Dokument aus damaliger Zeit als eines ganz außerordentlichen Ereignisses Erwähnung geschieht. Weil er sich allmählig anbahnte und dann zu einer That der ganzen Gemeinde wurde, vollzog er sich ohne Geräusch. Nur die allerdings glaubwürdige Ueberlieferung besagt, das der Uebertritt der ganzen Gemeinde bei Gelegenheit der Frohnleichnamsprozession zu Hurst, auf dem heute noch sogenannten „Heiligen“, sich vollzogen habe.

Die beiden ältesten geschichtlich werthvollen, freilich nur schwer zu lesenden Urkunden des Kirchenarchivs sind außer zwei Schuld- und Pfandverschreibungen aus den Jahren 1572 und 1574: 1) ein von der Hand Mittlers am 21. November 1576 geschriebenes Verzeichniß derjenigen, die der Kirche zu Rosbach Geld geliehen und dafür Kirchengüter oder Güter der St. Lucien-Brüderschaft in Pfand erhalten haben, und 2) ein wahrscheinlich in den neunziger Jahren desselben Jahrhunderts auf Veranlassung der damaligen Kirchen-Provisoren oder Kirchen-Knechte geschriebenes, leider nicht vollständiges Heft, enthaltend 1) einen Zehnt-Zettel, 2) eine revidirte Abschrift des obigen Mittler'schen Verzeichnisses und 3) ein Verzeichniß von fünf Armenspenden-Stiftungen, ebenfalls nach einem noch vorhandenen Mittler'schen Entwurf ausgearbeitet.

Aus diesen Schriftstücken geht hervor, das die Kirche zu Rosbach im Jahre 1572 bereits eine Kirche der Reformation war; das im Oktober dieses Jahres die erste Glocke schon vorhanden (gemäß einer Bemerkung: „dieses Geld ist an die erste neue Glocke gekommen“); das die Kirche in den nächsten Jahren nach dem Uebertritt der Gemeinde sich in großer Geldverlegenheit befand; das sie aber theils selbst, theils durch die mit ihr in [7] irgend einem nicht nachweislichen Zusammenhang stehende St. Lucien-Brüderschaft, an welche noch das kleine Thürmchen auf der Kirche, das Lucienthürmchen erinnert, im Besitz vieler Güter und in dem Genus eines für damalige Verhältnisse ziemlich ansehnlichen Zehnten war, wodurch es neben der Opferwilligkeit der Gemeinde möglich wurde, der Geldverlegenheit in etwa abzuhelfen. — Der erwähnte Zehntzettel weist an jährlichen Einkünsten der Kirche nach: an Geld 43 Goldgulden, 7 Albus und 2 Heller, an Hafer 8 Malter und ½ Viertel, an Wachs 5 Pfund und an Oel 2 Pfund, wozu bei einer Abrechnung im Jahre 1615 die Bemerkung gemacht worden ist, das Oel sei für den Glöckner.

Außer diesen nicht uninteressanten Daten über die Vermögensverhältnisse der jungen Gemeinde interessirt es uns vornehmlich, zu erfahren, inwieweit sich der in ihr waltende reformatorische Geist schon in jenen Schriftstücken kund giebt. Und da läßt sich denn die Bemerkung machen, das sich derselbe nach seinem eigentlichsten inneren Wesen sehr bald kräftig Bahn gebrochen, zur Durchdringung der Form aber einer längeren Uebergangszeit bedurft hat. Wie die Jünger des Herrn nah dem Pfingstfeste das Gute des jüdischen Cultus in Ehren hielten, und wie ein Luther nach dem Bruch mit dem Papstthum das rein Gottesdienstliche der römischen Kirche, was dem Worte Gottes nicht zuwider war, in die erneuerte Kirche mit hinüber nahm, so sehen wir auch den reformatorischen Geist in der jungen Gemeinde erst nach und nach das alte Gewand ablegen und das evangelische Kleid einer biblischen Gottesverehrung anziehen. Mit der Heiligenverehrung und dergleichen räumte man sofort auf, wie die Erwähnung des Mittelbergers oberhalb Lindenpütz mit der Hinzufügung andeutet „Da der heilig Stock stunde.“ Dagegen steht die Verehrung des Kreuzes Christi und selbst das Andenken an „den heiligen Frohnleichnam unseres lieben Herrn und Heilandes Jesu Christi“ hoch, wie die Urkunde über die Stiftungen der Armenspenden auf Charfreitag, Pfingstabend und Frohnleichnamsabend, den letzteren wohl um des früher an diesem rein katholischen Feste geschehenen Uebertrittes willen, darthut. In der Hauptsache dagegen wollen die Stifter dieser Armenspenden in echt apostolischem und darum echt reformatorischen Geist auf nichts, denn auf die Barmherzigkeit Gottes, bauen und betrachten ihr gutes Werk lediglich als einen Ausfluß und als einen Beweis ihres Glaubens an die Gnade ihres Gottes.

Ich kann es mir nicht versagen, hier wenigstens die Eingangsworte zu den Stiftungen der Armenspenden mitzutheilen, weil sie geeignet sind, uns einen Einblick in den frommen Sinn derer thun zu lassen, die wir als Glaubensväter der Gemeinde ehren und lieben. Die Worte lauten:

[8]

Qui crucem Christi transis, honora;
sed quem designat, adora!

(Der du an Christi Kreuz vorübergehest, ehre es;
doch wen es darstellet, den bete an!)

„In dem Namen des einigen allmächtigen Gottes.

Dieweil und nachdem alle Dinge in dieser arbeitsseligen und betrübten Welt vergänglich, ausgenommen die Barmherzigkeit des allmächtigen Gottes, unseres lieben Vaters in dem Himmel, uns sterblichen Menschen durch Jesum Christum, unsern Herrn, in seinem heiligen Wort offenbaret: haben sich die nachfolgenden Personen — nun in Gott entschlossen — bei Zeit ihres Lebens, so vergänglich gewesen (-ist), christlich erinnern lassen, und aus eigenem freiem gottseligen Willen bedacht, für sich selbst, ihre Kinder und derselbigen Nacherben zu den ewigen Zeiten verordnet und gestiftet unwiderruflich, das es zu der Ehre Gottes, Ihrer Seelen Heil und Nutz der Armen also gehalten soll werden, mit Bitt durch Gott, das nicht allein der jetzigen Zeit Pastor, der würdige Johannes Mittler zu Rosbach, und seine ihm befohlenen Kirchen-Provisoren, als mit Namen die ehrbaren und frommen Heinrich Scheurer (?) zur Bach, Johenntgen, Geschworner und Halfmann zu Helpenstell und Arndt zu Eulenbruch, sondern auch ihre Successores und Nachfolger bis zu den ewigen Zeiten dieses also verrichten und mit Fleiß nachkommen, das diese spenden ausgetheilet und gehandreicht werden — so viel als immer möglich — den nothdürftigen und frommen Armen , und sonderlich, die in obengenanntem Kirchspiel Rosbach seßhaft sein. Würde es sich auch zutragen, das sich derselben Personen Jemandes, er wäre, wer er wollte, Nacherben rebellisch oder widerstreblich erzeigte, also das der Pastor und der Kirchen-Provisoren oder ihre Successores die hohe und theure Obrigkeit anrufen müßten, so ist nachmals unsere Bitte durch Gottes Barmherzigkeit an dieselbe, so jetztunder ist, oder auch nicht weniger an die Nachkommen, so durch Gottes Ordnung an ihre Statt treten werden, das sie diesen Beistand und Hülfe leisten wollen, das diesen Stiftungen und Spenden nicht widerstrebet werde und den Armen das Ihre mit nichten entzogen und entfremdet werde, auf das es uns allen vor Gott dem Allmächtigen um seines lieben Sohnes, unseres lieben Herrn und Heilandes Jesu Christi, willen zur ewigen Seligkeit gereiche. Amen.“

Diese Armenspenden bestanden 1811 noch zurecht. Es waren damals im Ganzen 77 fünfpfündige Brote, welche an den von den Stiftern festgesetzten Tagen an die Armen gespendet werden mußten und an Grundstücken oder ausgeliehenen Kapitalien hafteten. 1820 und 21 weigerten sich die Brotpflichtigen, die [9] Abgabe ferner zu entrichten, wenn man ihnen nicht die sie verpflichtenden Urkunden vorlege. Seitdem sind diese Spenden für die Armen der Gemeinde verloren gegangen.

Derselbe fromme Geist, der uns aus den angeführten Worten anweht, spricht sich auch in der Inschrift unserer großen Glocke aus dem Jahre 1572 aus. Sie lautet:

„Jesus Christus lebendiger Gottes Son unser Versoener * Erhör uns mit dem hilligen Geist nhu und ummer * Mein ewiger Got allmechtig in drien Personen gewaldich *“

(Jesus Christus, lebendiger Gottes-Sohn, unser Versöhner, erhöre uns mit dem heiligen Geist nun und immer, mein ewiger Gott, allmächtig, in drei Personen gewaltig!)

„Zum Gottesdienst rufe ich, Diedrich von Coeln und Henrich gossen mich anno 1572.

Wilhelm von Etzbach zu Mauel.

Johann von Etzbach zu Mauel.

Johannes Mittler, Pastor zu Rosbach.

Johann von Luizeroid (Lützeroth) Amtmann des Amtes Windecken.

Moriz zum Haue.

Johann von Gierzhagen, Schultes.

Johannes zu Helpenstellen.

Arndt zu Hundhausen.

Kristgen zu Eulenbruch.

Kristgen, Landbothe zu Gierzhagen.

Reinhard Steppenhauer, Rentmeister,

Johannes Lierfeld, Gerichtschreiber.“

Bezeichnend für den Sinn obiger Glockeninschrift und damit für den echt christlichen Sinn der jungen evangelischen Gemeinde und ihren lebendigen Glauben an unsere Versöhnung, so durch Christum geschehen ist, ist der bis auf den heutigen Tag erhaltene schöne Gebrauch dieser Glocke als Betglocke nach dem Morgen-, Mittag- und Abendläuten. Soll ich im Geist und sinne der obigen Inschrift das drei-, vier- und fünfmalige, im Ganzen also zwölfmalige Anschlagen der Betglocke deuten, so ist Drei, die Zahl Gottes, eine Hinweisung auf die Dreieinigkeit; Vier, die Zahl der Welt, eine Hinweisung auf die vier Enden der Erde oder die Welt als vierfaches Ackerfeld, Fünf, die Zahl der Versöhnung zwischen Gott und der Welt, eine Hinweisung auf die fünf Wunden Christi, aus denen das Blut der Versöhnung geflossen, und Zwölf, die Zahl der Ewigkeit, eine Hinweisung auf die Vollendung der Versöhnten in der ewigen Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott. Das Anschlagen der Betglocke, sowie das Läuten gerade dieser Glocke mit ihrem ernsten Klang um die [10] Mittagsstunde als das Einläuten der stunde, da der Herr am Kreuze hing und während der Nacht um ihn her in heißester Arbeit das gewaltige Versöhnungswort erfuhr: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?!“ — es legt uns gegenüber dem englischen Gruß: „Gegrüßet seist du, Maria, u. s. w.“ die echt evangelische bußfertig gläubige Bitte in's Herz und in den Mund: Jesus Christus, lebendiger Gottes-Sohn, unser Versöhner, erhöre uns!“

Die mittlere Glocke war im Jahre 1574 gegossen und 1359 alte Pfund schwer. Sie wurde, weil seit einiger Zeit gesprungen, am 20. Dezember 1841 im Thurm zerschlagen und am 11. Januar 1842 „unter der Regierung Friedrich Wilhelms IV. durch freiwillige Beiträge der evangelischen Pfarrgemeinde zu Rosbach“ (Inschrift) in Sieglar umgegossen. Diese neue zweite Glocke wiegt 10223/4 alte Pfund. Leider ist die Inschrift der alten Glocke nicht aufbewahrt worden.

Die bisherige dritte Glocke, nur 276 Zollpfund schwer, stand mit den beiden andern in völliger Disharmonie. Ihre Inschrift lautete: „Maria heisse ich; Godes ere lude ich; Pet. Echenach gos mich 1722.“ — Sie wurde, nachdem die Gemeinde in ihrer Vertretung den Beschluß gefaßt hatte, durch Umgießen derselben zu einer größeren, den beiden anderen entsprechenden Glocke, sowie durch Beschaffung eines würdigen Kronleuchters für die Kirche, ein bleibendes Denkmal an die Feier ihres 300jährigen Reformations-Jubiläums zu stiften, und nachdem durch fast einmüthige Betheiligung der Gemeindeglieder an der Zeichnung freiwilliger Beiträge die Geldmittel im Betrage von 270 Thalern sicher gestellt waren, zum letzten Male mitgeläutet am 27. Februar 1871 nach Ankunft der frohen Botschaft, das der Präliminar-Frieden zwischen den Vertretern Deutschlands und Frankreichs abgeschlossen sei. Friede war ihr lezt' Geläute. Unmittelbar nachher wurde sie aus dem Thurm geschafft und nach Sieglar geschickt, wo am 2. Mai der Guß der neuen Glocke stattfand. Dieselbe wurde am 16. Mai durch den Glockengießer Claren in den Thurm gehängt und beim Einläuten der Jubelfeier zum ersten Mal in Gebrauch genommen. Die Inschrift dieser neuen dritten Glocke lautet:

„Kommet herzu,

lasset uns dem Herrn frohlocken
und jauchzen dem Hort unsers Heils!

Psalm 95, 1.

Zur 300jährigen Jubelfeier der Reformation der Gemeinde Rosbach durch Umgießen einer alten Glocke und aus freiwilligen Beiträgen der dankbaren Jubel-Gemeinde beschafft in dem glorreichen Jahre 1871.“

[11] Der obenerwähnte Kronleuchter erhielt die Inschrift: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil. Psalm 27, 1. — Zur Erinnerung an das 300jährige Reformations-Jubiläum der Gemeinde Rosbach 1871.“

Kehren wir nunmehr zurück zu unserer jungen Reformations-Gemeinde. Soviel ersichtlich ist, konnte sie sich in der ersten Zeit ihres Bestehens im Frieden auferbauen auf dem Grunde ihres allerheiligsten Glaubens. Was den äußeren Umfang des damaligen Kirchspiels Rosbach anlangt, so werden uns in den oben erwähnten Urkunden folgende Ortschaften als zu demselbigen gehörig genannt: Roispach mit dem Wießhofe, Langenberg, Obernaw, Gierzhain, Sieg, Ulenbroich, Kolberg, der Bergscheif, Rod, Oettershain, Horst, Eich, Hundthausen, Helpenstellen, Lindenputz, Loche, Rüddell, Bach, Rommenhain, Hundenborn, Hoff, Seifen, Wardenbach, Mawell, Mittel, Istelshauißen und auf dem Scheurgen. Dieses also zusammengesetzte Kirchspiel Rosbach gehörte zu dem Amt Windeck des damaligen Herzogthums Berg.

Ueber das Bergische Land herrschte seit 1511 Herzog Johann III., der anfangs der Reformation hindernd entgegentrat. Im Jahre 1525 ließ er ein strenges Verbot gegen die Anhänger Luthers ergehen. Gelegentlich der Vermählung der Tochter des Herzogs mit dem sächsischen Curprinzen Johann Friedrich um 1527 kam Luthers Freund Mykonius nach Düsseldorf und wirkte hier für die reine Lehre. „Vielleicht dadurch sowie durch das mit dem Feuertode besiegelte Zeugniß Adolph Clarenbachs um 1529 veranlaßt, verbot der Herzog um 1530 die abgöttische Verehrung der Heiligen und andere grobe Mißbräuche. Allein er scheute sich vor einer völligen Reformation und erließ dementsprechend 1532 eine Kirchenordnung, welche nur von Abschaffung grober Mißbräuche handelte. Es war das die Kirchenordnung, welche von Luther mit dem „Bös deutsch, bös evangelisch“ verurtheilt wurde. Dieselbe konnte weder die Evangelischen, noch auch die Katholischen befriedigen, weshalb sie gewaltigen Widerspruch hervorrief. Durch diesen Widerspruch veranlaßt, unterzog sie der Herzog einer Verbesserung, worauf sie dann in einer andern Gestalt mit verschiedenen Zusätzen unter dem herzoglichen Namen um 1533 im Druck erschien. In dieser verbesserten Gestalt hat sie Vieles zur gereinigten evangelischen Gesinnung beitragen müssen.“ (Pöls.)

Im Jahre 1539 kam nach Herzog Johann III. Sein Sohn Herzog Wilhelm IV. an die Regierung (1539–1592). Wiewohl in Folge des Venloer Vertrages mit Kaiser Karl V. aus dem Jahre 1543, in welchem ihm die Bedingung auferlegt worden war, „nicht von der katholischen Religion abzutreten und Alles in Religionssachen wieder auf den vorigen Fuß zu setzen“, äußerlich [12] an die römische Kirche gebunden, war dieser durch seine persönlichen, wie durch seine Regententugenden gleich ausgezeichnete Fürst der in seinen Landen immer weiter um sich greifenden Reformation von Herzen zugethan. sein Erzieher und späterer Rathgeber war der gelehrte Rechtslehrer, Theologe und Staatsmann Conrad von Heresbach bei Mettmann, der Freund des Erasmus von Rotterdam und später Melanchtons, den er auch bei Hofe einführte, und der seitdem dem Herzog bei Durchführung der Reformation in seinen Landen mehrfach mit gutem Rath zur Seite gestanden hat. Herzog Wilhelm hob die geistliche Gerichtsbarkeit auf, verbot bei Todesstrafe die Veröffentlichung der päpstlichen Bullen, hielt von seinem Lande die Jesuiten fern, nahm die im Auslande verfolgten Protestanten, z. B. die wallonischen Flüchtlinge, welche ihres evangelischen Glaubens wegen 1545 nach Wesel kamen, obwohl es dem Kaiser nicht angenehm war, schützend in seine Lande auf, war ein Gegner der Ehelosigkeit der Priester, der Austheilung des Abendmahles unter einer Gestalt, namentlich auch der Prozessionen u. s. w. Im Jahre 1556 befahl er allen Geistlichen, das Wort Gottes rein und lauter zu predigen. Da sonach der Herzog selbst der Reformation von Herzen zugethan war, so bestrebten sich mehr oder weniger auch die herzoglichen Beamten, die Erlasse, welche zu Gunsten der Augsburgischen Confession gegeben wurden, zur Geltung zu bringen. — Leider verfiel dieser treffliche Fürst während der letzten Jahre seiner Regierung in Folge einer schweren Krankheit in solche Geistesschwäche, das eine Regentschaft der Stände nothwendig wurde.

Ihm folgte sein schwachsinniger Sohn, der unglückliche Johann Wilhelm (1592—1609). Seine Gemahlin war die vielgenannte Jakobe von Baden, welche in der ersten Zeit der Erkrankung ihres Gemahls für ihn die Zügel der Regierung ergriff, dann aber römischen Anklagen und Ränken weichen mußte. Johann Wilhelm war ein eifriger Verfolger der Juden, Zigeuner und Heiden. Erwähnenswerth ist ein von ihm erlassenes, heute noch vielfach übertretenes Verbot gegen den Gebrauch von Schußwaffen bei Hochzeiten aus dem Jahre 1608.

Nach seinem Tode am 25. März 1609, also während der letzten Jahre der Amtswirksamkeit Mittlers in Rosbach, entspinnt sich der 57 Jahre dauernde sogenannte Erbfolgestreit , welcher schließlich damit endete, das zunächst der Churfürst Johann Sigismund von Brandenburg und der Pfalzgraf Philipp Ludwig, oder für diesen sein ältester Sohn Wolfgang Wilhelm, die ererbten Länder, darunter auch das Herzogthum Berg, gemeinschaftlich regierten, dann aber die Herzogthümer Jülich und Berg an Pfalz-Neuburg fielen, und dadurch Wolfgang Wilhelm aus dem Pfalz-Bayrischen [13] Hause Neuburg und Sulzbach nunmehr alleiniger Herzog von Berg wurde. Hatten die Evangelischen bisher unter einer, wenn auch der evangelischen Wahrheit nicht abgeneigten, so doch immerhin noch katholischen Regierung gelebt, so standen sie nun für einige Jahre unter einem protestantischen Regenten, der sich ihrer mit besonderem Interesse annahm, der z. B. zur Wahrung der Augsburgischen Confession im Jahre 1612 zwei allgemeine Synoden (die eine zu Dinslaken, die andere zu Unna) abhalten lies, mit ihnen über kirchliche Einrichtungen verhandelte und ihnen die in seiner Heimath bestehende Pfalz-Neuburg-Zweibrükische Kirchenordnung übersandt, deren Annahme sie auch vollzogen. Allein dieser friedliche Zustand erlitt bald eine Aenderung. Als sich im Jahre 1613 Wolfgang Wilhelm wegen einer projektirten Heirath mit der Tochter des Churfürsten Johann Sigismund entzweite und 1614 durch eine Vermählung mit der Tochter des katholischen Herzogs Maximilian von Bayern, einer Schwester des Churfürsten von Cöln, zur römischen Kirche übertrat, da wurde aus dem Beschützer ein Unterdrücker der evangelischen Kirche im Herzogthum Berg.

Dieser kurze Abriß aus der Geschichte des Bergischen Landes genügt, um uns den Eingang der Reformation in Rosbach, abgesehen von den tiefer liegenden Gründen, geschichtlich zu erklären. Die Abstellung der Heiligenverehrung und sonstiger grober Mißbräuche geht in Uebereinstimmung mit dem herzoglichen Erlaß Johanns III. dem Uebertritt vorher und bahnt ihn an. Der Uebertritt selbst erfolgt dann unter der Regierung Herzog Wilhelms IV. Und da berichtet nun die oben angedeutete Ueberlieferung genauer, daß, nachdem die Frohnleichnamsprozession des Jahres 1571 in Hurst angekommen, während sie noch dort weilte, ein Eilbote des Amtmanns von Windeck — die Sage hat aus ihm einen Boten des Himmels auf weisem Roß gemacht — dem Pastor Mittler ein Schreiben überbrachte, und daß dieser Brief die äußere Veranlassung zum förmlichen Confessionswechsel des Pastors und seiner ganzen Gemeinde mit Ausnahme von 5 Familien geworden sei.

Der damalige Amtmann zu Windeck hieß Johann von Lützenroth. Er wird uns in den alten Urkunden aus der Zeit unmittelbar nach dem Uebertritt der Gemeinde mehrfach als Förderer der Gemeindeangelegenheiten genannt. So z. B. verfügte er 1572, das die Renten der St. Clemens-Kapelle zu Geilhausen zur Aufbesserung des Pfarrgehaltes und zur „Anfertigung einer neuen Glocke“ sollten verwandt werden.

Von Windeck aus überblickt man den Weg oberhalb des Dorfes Rosbach, der nach Hurst führt. Sollte nun nicht der [14] Amtmann — ich meine, diese Vermuthung liegt nahe und hat nach dem oben Gesagten viel Wahrscheinlichkeit für sich — jene Prozession wahrgenommen, einen Eilboten abgefertigt und in seinem Schreiben an Pastor Mittler die herzoglichen Erlasse, deren Inhalt oben kurz angegeben wurde, in Erinnerung gebracht oder ihrem Kern nach mitgetheilt haben?! — Es würde das für Mittler und seine Gemeinde ein willkommener und völlig genügender Grund gewesen sein, nicht nur die Frohnleichnamsprozession als mit dem herzoglichen Verbot in Widerspruch stehend für die Folgezeit abzustellen, sondern sich nunmehr offen zu den evangelischen Grundsätzen der Reformation zu bekennen, welchen sie mehr oder weniger bereits zugethan waren. Genug, die bisherige katholische Gemeinde Rosbach kehrt am Frohnleichnamstage 1571 als Gemeinde der Reformation von Hurst zurück und kann unter Herzog Wilhelm IV., immer mehr und mehr durchdrungen von dem evangelischen Geist, dem sie vollen Einlaß gewährt hat, im Frieden sich erbauen auf dem Grunde der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist.[WS 1]

Mittler stirbt im März des Jahres 1614, und auf ihn folgt als lutherischer Pastor zu Rosbach Johannes Montanus. Das Churfürstlich-Brandenburgische Placitum wird für ihn bereits unterm 29. April desselben Jahres ausgefertigt. Dieses Collations-Patent, in seiner Herkunft durch die Wirren des Erbfolgestreites erklärlich, liegt im Original im Kirchenarchiv vor und lautet, wie folgt:

„Des Churfürsten auch Churfürstin zu Brandenburg in Preußen, zu Jülich, Cleve, Berg, Herzogs auch Herzogin bevollmächtigter Gewalthaber, von Gottes Gnaden: ‚Wir, Georg Wilhelm, Markgraf zu Brandenburg, in Preußen, zu Jülich, Cleve, Berg, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, auch in Schlesien, zu Crossen und Jägerndorf Herzog, Burggraf zu Nürnberg, und Fürst zu Rügen, Graf zu der Mark und Ravensberg, Herr zu Ravenstein, thun kund und fügen Euch, unseren lieben getreuen Amtmann, Rentmeister, Gerichtsschreiber, Scheffen, Geschworenen unseres Amts Windeck, insonderheit aber Kirchmeistern und allen andern gemeinen Kirchspielsleuten zu Rosbach zu wissen: Demnach in abgelaufenem Monat März Johannes Mittler, gewesener Pastor daselbst zu Rosbach mit Tod abgegangen, und daher Uns alsolche erledigte Pastorei einem andern zu Gnaden zu conferiren anheimgefallen, das Wir darum Vorweiser dieses Johannes Montanus auf sein und Euer, der vorgenannten Kirchmeister und Kirchspielsleuten, unterthänige Bitte und suppliciren, mit jetzt genanntem Pastorat gnädiglich providirt und versehen, providiren und versehen hiermit und in Kraft dieses. Und beurhlen demnächst Euch allen und Jedem Obiges, und wollen, das Ihr [15] obberührten Johannes Montanus für einen Pastoren allda zu Rosbach auf- und annehmen und ihn dafür (jedoch solange Uns gefällig, und er sich der Gebühr, als einem frommen aufrichtigen Seelsorger wohl ansteht, verhalten würde) erkennen und halten, ihm auch alle und jede zu gedachter Kirche gehörige Renten, Einkommen und Gefälle jeder Zeit unweigerlich folgen und derselben genießen lassen sollet. Versehen wir uns also.‘ — Gegeben zu Düsseldorf unter unserm hierfür gedruckten Secret-Siegel am neun und zwanzigsten Monatstag des April im Sechszehnhundert und vierzehnten Jahre.“

Unterschrieben ist dieses Aktenstück im Namen Ihrer Churfürstlichen Gnaden von Johann Friedrich von Roeden und mit dem Churfürstlichen Siegel untersiegelt.

Außerdem sind aus der Zeit des Pastors Montanus geschichtlich werthvolle Documente nicht vorhanden, da einige Wechselbriefe nicht in Betracht kommen. Wir wissen aber, das auf die Zeit des Friedens unter Mittler während der Amtswirksamkeit seines Nachfolgers Montanus eine Zeit kriegerischer Unruhen folgte, von deren Einwirkung auch die Gemeinde Rosbach nicht verschont bleiben sollte. Noch während der Wirren des Erbfolgestreites, in welchem oft genug Pfalz-Neuburg die Protestanten drückte, und dafür Brandenburg Repressalien an den Katholiken übte, in welchem Städte und Dörfer geplündert und verbrannt und die Länder durch feindliche Truppen verheert und durch befreundete Heere ausgesogen wurden, noch während dieses Elendes entbrannte im Jahre 1618 der 30jährige Krieg, dessen Schrecken mit dem Jahre 1632 sich auch über die Sieg-Gegend lagerten. Im Oktober dieses Jahres rückten die ersten Schweden unter ihrem General Baudissin, vereint mit Holländern und Hessen, vom Westerwalde her ins Bergische ein und eroberten, nachdem sie am Vorabend von Simon und Juda[WS 2] Siegburg überrumpelt hatten, nacheinander Blankenberg und Windeck. Am 5. December 1635 wurde zu Worms zwischen der Krone Schweden und den verbündeten Ständen einerseits und dem Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm andererseits ein Vertrag geschlossen, demzufolge alle schwedischen Truppen u. a. auch Siegburg, Blankenberg und Windeck räumen sollten. Allein erst im Oktober 1636 zogen die Schweden ab, und jene Festen wurden an die Pfalz-Neuburgischen Truppen übergeben.

In diese Zeit, nämlich in das Jahr 1636, fällt der Tod des Pastors Montanus, und wir begreifen es, daß die durch Einquartierung arg mitgenommene und nunmehr unter dem Druck einer katholischen Regierung und unter den Geschützen der Pfalz-Neuburgischen Besatzung zu Windeck stehende Gemeinde außer [16] Stande war, einen lutherischen Pastor zu berufen. Fünf Jahre lang war bei dem Antritt des folgenden lutherischen Pastors Dörhoff, so berichten dessen Erben, kein ordentlicher Pastor zu Rosbach gewesen.

Doch nicht ganz ohne geistliche Nahrung sollte die Gemeinde während dieser Zeit bleiben. Der katholische Pastor von Dattenfeld, Namens Robenzel, war eine Weile, angeblich ungefähr 2½ Jahre lang, zugleich geistlicher Versorger der lutherischen Gemeinde Rosbach. „Wie dies geschehen konnte, bemerkt Müller in seinem Buche ‚Siegburg und der Siegkreis‘ Band II, 121 f[WS 3], erkennen wir aus einer Notiz des Missionars Hölderhoff von Leuscheid, welche in der Uebersetzung lautet: „Es sei kund, daß ich hier und anderwärts oft gehört habe, es seien ehemals in Dattenfeld leider sehr nachlässige Pfarrer gewesen; zwei oder drei fielen ab; Einer hatte eine Concubine, vorgebend, er sei vom Papst dispensirt. Ein Anderer hielt in Dattenfeld den Katholiken Gottesdienst und an denselben Tagen den Häretikern in Rosbach. War er über der Sieg, so war er Luthrisch!“

Aus einer Bemerkung des Pastors Wirth über diese eigenthümliche Erscheinung in der Geschichte der Gemeinde, daß ein katholischer Geistlicher in der Kirche zu Rosbach Gottesdienst hält, läßt sich indessen die Schlußfolgerung ziehen, das nach des Montanus Tode unter den obwaltenden Umständen der Pfalz-Neuburgische Amtmann von Windeck die Wiederbesetzung der erledigten Pfarrstelle mit einem lutherischen Pastor nicht gestattete, dagegen den katholischen Pastor von Dattenfeld beauftragte, die geistlichen Funktionen in der Gemeinde Rosbach zu verrichten und so dieselbe, wenn möglich, für die katholische Kirche wieder zu gewinnen. Robenzel mag dabei weitherzig genug verfahren sein. Wirth schreibt nämlich: „Nach des Montanus Absterben hat der Katholische Robenzel von Dattenfeld ppter 2½ Jahr die Dienste allhier verrichtet, aber Niemanden zum Abfall bewegen können, deswegen selbiger den zeitigen Herrn Amtmann B. von Nesselrod zu Ehreshoven gebeten und ersucht, es möchte der Gemeinde wieder erlaubt werden, einen Evangel. Luth. Prediger zu nehmen.“

Diesem Gesuch wurde entsprochen und um das Jahr 1644 Johannes Dörhoff als lutherischer Pastor an die Gemeinde berufen. Seine eigenhändig geschriebene Bitte „um Collation und Confirmation auf die Pfarrkirche zu Rosbach“ ist noch vorhanden, jedoch ohne Datum und Jahreszahl, während das Gesuch einiger Gemeindevertreter von Rosbach an den Superintendenten Christoph Scheibler zu Dortmund, den Johannes Dörhoff, den die Gemeinde zu ihrem Prediger begehre, ordiniren zu lassen, vom 22. Juli 1644 datirt ist.

[17] Den Schrecken und Verheerungen des dreißigjährigen Krieges wurde im Jahre 1648 durch den westphälischen Frieden ein Ende gemacht, und bei diesem Friedenschluß unter anderem bestimmt, das das Jahr 1624 als Normaljahr für den streitigen Besitzstand des kirchlichen Vermögens gelten solle. Was am 1. Januar dieses Jahres nachweislich den Katholiken gehörte, mußte ihnen verbleiben, und was die Protestanten als in ihrem Besitz befindlich nachweisen konnten, verblieb ihnen. So wird denn auch dem Pastor Dörhoff aufgegeben, diesen Nachweis in Betreff der Rosbacher Kirche zu liefern. Auf sein Ersuchen wird im Februar 1671 von dem Notar Jakob Heinrich Wilhelmi eine amtliche Urkunde aufgenommen und darin durch Zeugenaussagen und vorgelegte schriftliche Beweisstücke auf's klarste dargethan, das die Gemeinde vor, in und nach dem Jahre 1624 die lutherische Religionsübung gehabt habe, und Johannes Montanus unmittelbar nach Mittler lutherischer Pastor gewesen und bis an seinen Tod geblieben sei. Es werden in diesem notariellen Instrument Zeugen genannt, welche den Pastor Mittler noch gut gekannt und die ganze Zeit der Amtswirksamkeit seines Nachfolgers Montanus durchlebt hatten, darunter auch eine 80jährige Katholikin, Eva, Winandts Frau, zum Hof.

Hatten die Unruhen des dreißigjährigen Krieges durch den westphälischen Frieden ihr Ende erreicht, so die Wirren des Erbfolgestreites durch den Theilungsvertrag von Cleve vom 19. September 1666, in welchem das Herzogthum Berg dem Pfalzgrafen definitiv zugesprochen wurde. Die kirchlichen Verhältnisse wurden sodann 1672 in einem Religionsvergleich zwischen Brandenburg und Pfalz-Neuburg geordnet. Es wird in beiden Ländern den Augsburgischen Confessionsverwandten lutherischer und reformirter Religion, wie den Katholiken, volle Religionsfreiheit und öffentliche Religionsübung an jedem dazu berechtigten Orte gewährleistet. Der Churfürst von Brandenburg wird Schutzherr der Protestanten in Jülich und Berg, der Pfalzgraf dagegen Schutzherr der Katholiken in den Brandenburgischen Landen, Cleve, Mark und Ravensberg. In diesem Religionsreceß findet auch Rosbach als Gemeinde Augsburgischer Confessions-Verwandter lutherischer Religion Erwähnung und die volle staatliche Anerkennung, sowie Bestätigung in allen ihren Besitzthümern und Rechten.

Am 7. Februar 1673 wurde Dörhoff in einer eigenthümlichen Art überkommener Rechte, in den sogenannten Hauptrechten, bestätigt. Diese Abgabe, ähnlich etwa dem heutigen Erbschaftsstempel, war zur Zeit der Lehnsherrschaft und Leibeigenschaft an den jedesmaligen Landesherrn entrichtet, dann aber noch in grauer Vorzeit von irgend einem dieser Herrscher die Kirche in Rosbach [18] und die St. Clemens-Kapelle zu Geilhausen damit dotirt worden. Starb das Familienhaupt, oder genauer, starb in einem Hause zuerst der Mann, oder starben Kinder nach ihren Eltern und waren bereits beerbt gewesen, so waren sie hauptrechtspflichtig. Es war dann dem Berechtigten aus dem gesammten hinterlassenen Mobilarvermögen des Verstorbenen das beste Pfand verfallen, an dessen statt jedoch in späterer Zeit eine gewisse Aversional-Summe in Geld bezahlt wurde. Die Festsetzung der zu entrichtenden Abgabe nannte man Thätigung der Hauptrechte. Wie es noch um das Jahr 1552, also zu Mittlers Zeit, damit gehalten wurde, beschreibt er uns selbst in folgenden Worten: „Wenn Jemand mit Tode abgegangen, und das Hauptrecht dem Pastor von wegen der Kirchspielskirche und der Capelle Geilhausen verfallen war, so kamen des Verstorbenen nächste Nacherben innerhalb 30 Tagen vom Absterben des Todten gerechnet und gaben dem Pastor an das Beste, das hauptrechtig war, und dasselbige wurde auf vier gleiche Theile gebracht; so nahm der Pastor zwei Theile davon für sich, und ein Heiligen-Knecht, den der Pastor und ein Kirchspiel dazu verordnet und mit Eidespflicht angenommen, das dritte Theil, und behielten des Verstorbenen nächste Nacherben das vierte Theil, und hatte sonst kein Amts-Brüchhaber (Steuer-Beamter) etwas damit zu schaffen. Der Heiligen-Kneht aber mußte die Capelle, so hieroben gemeldet, in gutem Bau und Dach erhalten.“ — Er führt dann u. a. folgendes Beispiel von einer Thätigung des Hauptrechtes an: „Item es hat Einer mit Namen Hermann, sel. Kirstges Sohn von Helpenstell, zu Dattenfeld gewohnet, ist mit Tode abgegangen und hat ein Pfand hinterlassen; ist ein rother Bleß gewesen. Ich habe gesehen, das hier oben gemeldeter mein Antecessor den rothen Bleß mit seinem Knechte mit Namen Heintzen, seliger Johannes Sohn von dem Rod, hat holen lassen.“

Schon zu Mittlers späterer Zeit war die Thätigung der Hauptrechte eine geordnetere geworden, wie aus einem Verzeichniß der Hauptrechtigen aus dem Jahre 1609 hervorgeht. — Dörhoff wurde nun von dem Pfalzgrafen und Herzog Philipp Wilhelm in der Weise in den Hauptrechten bestätigt, das er sie in den Kirchspielen Leuscheid (oder Löwenscheid), welches durch den Siegburger Vertrag vom 16. Februar 1607 von Sayn-Wittgenstein an Berg gekommen war, und Oberrosbach zur Hälfte, unter dem Rosbacher Glockenschlag aber und im sogenannten goldenen Trog (auf der rechten Seite des Steinbachs) allein genießen sollte. Der Pastor hatte jetzt dafür die Capelle zu Geilhausen und das St. Lucienthürmchen auf der Kirche zu Rosbach in stand zu halten. Unterm 16. Oktober 1688 werden vom Pfalzgrafen Johann [19] Wilhelm die Prediger und ihre Wittwen und Kinder ausdrücklich von den Hauptrechtsabgaben befreit. Die Thätigung der Hauptrechte geschah hinfort alljährlich durch den Rentmeister im Beisein des Gerichtsschreibers von einem oder zwei Scheffen, den Amtsknechten und Geschworenen des Kirchspiels, in welchem die Hauptrechtigen seßhaft waren. Erst unter Westhoff um den Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts wurde diese eigenthümliche Abgabe gegen eine jährliche Entschädigung von 100 Rthlrn. Bergisch abgelöst.

Pastor Dörhoff stirbt, nachdem er eine Zeit lang Oberbergischer Assessor gewesen, um Martini 1689, und die Gemeinde beruft alsbald einhellig zu seinem Nachfolger Georg Philipp Greineisen, seit 1683 Pastor zu Herchen. Seine Berufungsurkunde, die älteste, welche sich im Archiv vorfindet, ist vom 19. November 1689 datirt und von den schreibkundigen Vertretern der verschiedenen Nachbarschaften in der Gemeinde unterschrieben. „Es ist, so schreiben sie, der einhellige Schluß und Stimmung auf Euch gefallen, dergestalt, daß wir alle einmüthig Euch zu einem ordentlichen Pastoren und Seelenhirten verlangen, zu dem Ende, daß Ihr uns Gottes Wort rein und lauter lehret und prediget, die heiligen Sakramente nach Christi Ordnung dispensiret, auch sonst unserer fleißig und treu in dem, was Euer Amt mit sich führet, pfleget und wartet. — Wir geloben und versprechen auch ferner, uns gegen Euch als gehorsame Schäflein und Beichtkinder zu beweisen, und dergestalt mit Liebe treu zu begegnen, daß Ihr Gefallen daran, und mit den lieben Eurigen ehrliches Auskommen und Unterhalt haben sollt.“

Greineisens erste Jahre in Rosbach werden durch einen unerquicklichen Streit mit den Erben seines Vorgängers Dörhoff wegen des Nachjahres getrübt, der bis vor die General-Synode gebracht wird, aber trotz aller Bemühungen des damaligen Oberbergischen Inspektors Johann Anton Wirth zu Odenspiel 1691 noch nicht beendigt war, ein Beweis, wie wenig solche Angelegenheiten damals kirchenordnungsmäßig behandelt und erledigt werden konnten.

1712 wird unter den Junggesellen, Mädchen und anderen Liebhabern eine Sammlung freiwilliger Beiträge zur Verzierung der Kanzel, des Altars und der alten Kirche überhaupt veranstaltet, die 83 Gulden 19 Albus 4 Heller ergab. Das Verzeichniß der Geber und ihrer Gaben ist noch vorhanden. Vielleicht stammt aus dieser Zeit das Altarbild, eine symbolische Darstellung des Gebetsweihrauchs, der vom Altar emporsteigen soll. In der Abrechnung ist eine an den Maler geleistete Ausgabe aufgeführt.

Zu Greineisens Zeit im Jahre 1719 geschieht zuerst der [20] evangelischen Schule zu Rosbach Erwähnung, und zwar in einem von Greineisen geschriebenen Donationsschein über ein Stück Land, welches Elisabeth, des sel. Lindenpützers eheliche nachgelassene Tochter, jetzige Joh. Peter Rosbachs zu Rosbach Ehefrau, zu Gottes Ehre und Beförderung christl. Lehre geschenkt und gegeben. — 1729 am 2. Dezember wird, nachdem der bisherige Glöckner und Schulmeister zu Rosbach gestorben, für den vacanten Glock- und Schuldienst Johannes Peter Wirths von Baumen in der Gemeinde Waldbroel angenommen und dazu bestellet, „daß er 1) die Jugend im Lesen, Schreiben, Singen, Beten und anderen Stücken des Christenthums fleißig informire, derselben mit einem exemplarischen Lebenswandel vorgehe, zu aller Gottesfurcht und christlichen Tugenden, soviel an ihm ist, anführe, auch die Schule nicht allein Winters, sondern auch Sommers und das ganze Jahr hindurch, wenn ihm Kinder zugeschicket werden, halte und informire, und 2) auch den Glockendienst auf die Art und Weise, wie bisher geschehen, vertrete und die Kirchenschlüssel wohl verwahre, wenn die Glocken gezogen werden müssen, selbst dabei sei, die Schlaguhr in eigener Person stelle und auf Alles gut Acht habe, damit nichts muthwilligerweise verwahrloset werde.“ 1723 wurde eine neue Kirchenuhr angeschafft. Wirths ist der erste Glöckner und Schuldiener zu Rosbach, der uns mit Namen genannt wird.

Greineisen war um 1723 gleichzeitig Oberbergischer Assessor. Er stirbt, nachdem er eine Zeit lang einen Adjunkten gehabt, im Jahre 1730 an Altersschwäche. Die Gemeinde beruft „mit Hintantsezung des sonst in allwegen einer ehrsamen Gemeinde competirenden Wahlrechtes“ einhellig ihren vorigen Adjunctum, nunmehrigen Neustädtischen pastorem primarium Johann Gerhard Oettershagen von Wiedenest, der nach Wirth ein Enkel Greineisens war. Die Berufungsurkunde ist am Tage des Apostels Thomas[WS 4] 1730 von dem Schultheiß-Verwalter Joh. Adolph Venn ausgefertigt, trägt bereits 159 Unterschriften wahlberechtigter Gemeindeglieder, und wurde das Original — im Archiv befindet sich nur eine Abschrift — am 2. Januar 1731 von zwei Deputirten in Wiedenest präsentirt. Wir entnehmen ihr nur die Notiz, daß der damalige Kirchenvorstand aus einem Kirchmeister, zwei Kirchen-Aeltesten, einem Vorsteher und einem Armen-Provisor zusammengesetzt war. — Im März 1736 wird die Kirche bestohlen, namentlich der Altardecken und Abendmahlsgefäße beraubt, so das der Kirchenvorstand genöthigt ist, unter dem 28. März von der Nachbargemeinde Leuscheid einen Kelch und Teller zu entleihen. Der Schaden wird durch freiwillige Beiträge ersetzt, und am 27. Dezember desselben Jahres können die geliehenen heiligen Gefäße an Leuscheid zurückgegeben werden.

[21] Unter Oettershagen wird am 27. Juni 1737 die mit dem Tode des Lehrers Wirths erledigte Schulstelle durch Berufung des Johann Anton Richter von Herdorf, Kirchsspiels Daaden in der Grafschaft Sayn, wiederbesetzt. In seiner Berufungs-Urkunde wird hervorgehoben, das er ein ehrsamer und geschickter Mann sei, der nicht nur durch echt beglaubigte Zeugnisse empfohlen worden, sondern auch durch gute Proben Beweise seiner Geschicklichkeit und Fähigkeit gegeben habe.

Schon in dem darauf folgenden Jahre 1738, also nach circa 7jähriger Amtswirksamkeit in Rosbach, stirbt Pastor Oettershagen, und es beginnen nun in der Geschichte der Gemeinde Jahre innerer Zerfahrenheit und Zerrissenheit. Bei der Pfarrwahl entsteht nämlich wegen eines Candidaten Hausmann Zwiespalt unter den Gemeindegliedern, der sich zu einem langwierigen, verwickelten und kostspieligen Proceß gestaltet. Um was es sich dabei handelte, ist nicht ersichtlich. Genug, die Stelle wird Jahre lang nicht besetzt, und die benachbarten lutherischen Pastoren müssen die Amtsgeschäfte verrichten und die Gemeinde mit bedienen. Erst unterm 28. Dezember 1742 kann der damalige Inspektor Scheibler zu Volberg, „nachdem, wie er schreibt, die wertheste evangelisch-lutherische Gemeinde zu Rosbach nach gehabtem einigem Zwiespalt durch Gottes Gnade sich wieder vereinbaret, und die Sache so weit gediehen, das zu einer friedlichen Pastorat-Wahl Hoffnung vorhanden,“ den Wahltermin auf den 2. Januar 1743 anberaumen. Mit Abhaltung dieser wichtigen Wahl werden die Pastoren resp. Assessoren Büren zu Eckenhagen, Euteneuer zu Waldbroel und Alefeld zu Ruppichteroth, und unter diesen Euteneuer mit der Wahlpredigt betraut. Als Candidaten, welche zur Probe gepredigt, unter denen also die Gemeinde zu wählen habe, werden Moes, Wirth, Hölterhoff, Groß, Hartmann und Jäger genannt, und für die Wahl Ordnung und Friede, für das Zusammensein des künftigen Lehrers und seiner Zuhörer aber stete Einigkeit und Erbauung zur Gottseligkeit in allen Stücken und zur ewigen Seligkeit gewünscht und erfleht.

Die Wahl hätte auf keinen Geeigneteren fallen können, als auf den einhellig Erwählten, Heinrich Theodor Hartmann, den Sohn des Pastors Johann Theodor Hartmann in Leichlingen und Vater des im Jahre 1844 nach beinahe 71jähriger Amtswirksamkeit zu Düsseldorf verstorbenen Consistorialrathes und Pastors Theodor Hartmann. Unser Hartmann war eine junge, frische, energische Kraft, wohl geeignet, die Gemeinde nach innen zu einigen und nach außen zu vertreten.

Noch im Jahre 1651 war von dem damaligen Schultheis und den Geschworenen zu Rosbach an den Amtsverwalter zu [22] Windeck berichtet worden, daß sich im Kirchspiel außer den Dörfern Gierzhagen, Rommenhagen, Mittel und Spurkenbach, so nah Dattenfeld gehörten, nur 26 katholische Personen, deren fünf im Kirchspiel geboren und sich zu solcher Religion begeben, die übrigen aber aus den Kirchspielen Morsbach, Dattenfeld und anderen fremden Orten dahin verzogen seien, und zwei Calvinische Personen aus dem Homburgischen befunden hätten. — Allmälig war die Zahl der Katholiken auf 30 bis 40 gestiegen — es werden 6 bis 8 Familien angegeben —, und das General-Vicariat in Cöln hatte es für gut befunden, in Rosbach, wie an andern fast rein evangelischen Orten, eine katholische Mission zu errichten, welche von Leuscheid aus bedient wurde. Schon 1728 werden in Folge dieser Einrichtung Beschwerden über verschiedene Receßwidrigkeiten nothwendig; 1735 aber beginnt der katholische Missionar Fischer von Leuscheid sogar auf dem Rosbacher Kirchhof der Mittelthür der Kirche gegenüber Kinderlehre zu halten und dadurch den evangelischen Gottesdienst zu stören. 1736 wiederholte er diese Ungebührlichkeit, und 1740 macht er sogar den allerdings vereitelten Versuch, sich der Geilhauser Capelle zu bemächtigen. So war denn die Fackel confessionellen Haders in Rosbach entzündet, welche erst zu Wirths Zeit allmälig zu erlöschen anfing. Es ist eine unerquickliche Zeit des Streites, in welcher wir sogar rohen Thätlichkeiten, Schlägereien und dergleichen begegnen. Hartmann tritt muthig und mannhaft für die Wahrung der Rechte und des Glaubens seiner Gemeinde ein. Mit dem katholischen Pfarrer von Dattenfeld Dücker führt er einen Prozeß wegen ungebührlicher Ansprüche, welche derselbe an die evangelischen Bewohner seines Kirchspiels bei Trauungen und der Ertheilung von Losbriefen erhebt. Die Anmaßungen des Missionars Fischer weist er mit aller Entschiedenheit zurück, und als derselbe Veranstaltungen trifft, bei der Einweihung der neuerbauten Katholischen Capelle am Michaelistage 1745 über die Grenzen des durch den Religionsvergleich Erlaubten hinauszugehen, läßt Hartmann und sein Kirchenvorstand sofort unterm 27. September feierlich dagegen Protest erheben. Dieser Protest mußte später von Wirth mehrere Male wieder aufgenommen werden und wurde unter Aufzählung verschiedener Klagepunkte über Receßwidrigkeiten seitens der Katholiken sowohl an des Churfürsten Durchlaucht, als auch an des Königs von Preußen Majestät gebracht; aber erst nach und nach lernte man die gegenseitigen Rechte und Pflichten beider Gemeinden in ihrer genauen Begrenzung respektiren.

Unter solchem Kämpfen nach außen vernachlässigte Hartmann keineswegs die inneren Gemeindeangelegenheiten. Er ordnete vielmehr, so viel er konnte, wo etwas zu ordnen war, wie [23] davon z. B. ein von ihm angelegtes Lagerbuch, das erste der Art, Zeugniß gibt. — Seine Amtswirksamkeit in Rosbach dauerte aber nur etwas über drei Jahre. Anfangs 1746 folgte er einem Ruf nah Lüttringhausen, wo er nach mehrjähriger gesegneter Thätigkeit im 34. Jahre seines Lebens starb.

Nach Hartmann's Weggang beruft die Gemeinde 1746 zu ihrem Pastor Johann Peter Haueser, den wir im Mai dieses Jahres bereits zu Rosbach antreffen, und, als dieser schon in dem folgenden Jahre 1747 die Stelle wieder verläßt, um einem Ruf nach Rönsal zu folgen, im Mai desselben Jahres Georg Christian Wirth, von 1741 bis 1747 evangelisch-lutherischer Pastor zu Herchen.

Unter Wirth wird nunmehr wacker Hand an den äußeren Ausbau der Gemeinde gelegt. Er scheint eine durchaus praktische Natur gewesen zu sein. Wir erwähnen zuerst des Schulhausbaues. Den Segen eines geordneten Schulwesens hatte man in Rosbach schätzen gelernt. Es werden zur Förderung des Unterrichts wiederholt Geschenke gemacht, und namentlich auf dem Sterbebette wird hie und da der Schule, wie der Kirche, testamentarisch gedacht. Es fehlte indessen bis dahin an einem Schulhause und an einer Lehrerwohnung. 1746 war bereits ein Abriß dazu vorhanden, nach welchem ein Gebäude von 30 Fuß Länge und 28 Fuß Breite erbaut werden sollte. Am 10. Mai genannten Jahres schenkt Wilhelm Steinhauer zu Rosbach in Gemeinschaft mit seinen beiden Eidamen Wilhelm Weynand und Johann Rüddel der evangelisch-lutherischen Gemeinde Rosbach einen Platz für das zu errichtende Schulgebäude unter der Bedingung, daß Steinhauers Enkel kostenfreien Unterricht genießen sollten. Zwei von diesen Enkeln fühlten sich sodann bewogen, 1765 den anderen Theil des betreffenden Grundstückes hinzuzufügen, und zwar so, daß die oberen 6 Ruthen die Pastorat, die unteren 73/4 Ruthen die Schule erhalten, und ein darauf stehender Apfelbaum beiden zur Hälfte gehören sollte. Auf dem zuerst geschenkten Stück, da, wo jetzt der südwestliche Theil der Pfarrscheune steht, sowie auf dem Platz westlich und südlich von ihr, wurde 1755 das neue Schulhaus erbaut.

Inzwischen – noch während des 7jährigen Krieges, der allerdings in der Sieggegend keinen großen Schaden anrichtete, und dessen Spuren dort bald verwischt waren – lenkten sich die Gedanken auf den immer nothwendiger werdenden Kirchbau. Schon im Jahre 1707 hatte sich der damalige Kirchenvorstand an den Churfürsten gewandt und um die Erlaubniß zu einer höchst nothwendigen Reparation der baufälligen, sogar lebensgefährlichen Kirche, namentlich des Chors, gebeten. Die Reparaturkosten wurden zu [24] 365 Rthlrn. 53 Albus und 8 Hellern veranschlagt. Allein wegen der drückenden Zeiten hatte man sich mit einer nothdürftigen Reparatur begnügen müssen. Auch jetzt dachte man zunächst noch nicht an einen vollständigen Neubau, sondern beschloß am 28. Juli 1761, das Chor und das feine Thürmchen niederzureißen und ersteres vom Grund auf neu zu bauen. Man wählte eine Baucommission unter der Leitung des zeitl. Pastors Wirth, bestehend aus dem Geschworenen Gerhard Panthel, der sich des Kirchenbaues besonders warm angenommen hat und sammt seiner Frau im Kirchthurm beerdigt worden ist, während Pastor Wirth hinter dem Altar sein Grab gefunden hat; ferner aus dem Kirchmeister Johann Bertram Oettershagen und den beiden Deputirten Johann Wilhelm Gerhards zur Sieg und Peter Thomas zu Hundhausen. Für diese Reparatur wurden vorläufig bis zum 28. September 1761 199 Rthlr. 42 Albus und 4 Heller freiwillig gesteuert, so wie die Verpflichtung zu Hand- und Spanndiensten bereitwilligst übernommen. Die Zeichnungen geschahen damals gleich in der Kirche am Altar, nachdem Pastor Wirth die Gemeinde darauf hingewiesen hatte, was es heiße, lieb haben die Stätte des Hauses Gottes und den Ort, da seine Ehre wohnet[WS 5], und nachdem er ihr das Wort Pauli zugerufen 2. Cor. 9, 6–7: „Ich meine aber das: Wer da kärglich säet, der wird auch kärglich ernten, und wer da säet im Segen, der wird auch ernten im Segen; ein Jeglicher nach seiner Willkür, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb,“ und nachdem er endlich am Laurentiustage 1761 in einer besonderen Predigt gezeigt, „daß christliche Beisteuern und Abgaben zur Ehre Gottes einen seligen und gesegneten Einfluß in die zeitliche und ewige Wohlfahrt haben.“ Allein ein auf Grund der am 21. April 1762 vorgenommenen Besichtigung abgegebenes Gutachten Sachverständiger legt dar, daß die ganze höchst baufällige und täglich den Einsturz drohende Kirche mit Ausnahme des Thurmes niedergerissen und von Grund auf neu aufgebaut werden muß. In Gottes Namen wird der Neubau beschlossen; von der Gemeinde werden mit äußerster Anspannung ihrer Kräfte neue bedeutende Beiträge gezeichnet und eine Umlage von 3000 Rthlrn. übernommen; vom Churfürsten Karl Theodor wird unterm 11. Mai 1762 ein Collekten-Patent ertheilt, und diese Collekte auf der General-Synode zu Volberg am 16. August desselben Jahres von den Ober- und Unterbergischen Inspektoren Scheibler und Bolenius allen Gemeinden der Bergischen Lande auf's wärmste ans Herz gelegt. Am 10. April 1763 wird mit dem Bau begonnen, und am 5. Mai desselben Jahres der Grundstein gelegt, von dessen Weihetafel ein messingener Abdruck im Archiv vorhanden ist. Der Bau dauerte [25] bis zum 20. Mai 1767, von welchem Tage wenigstens die Abrechnung datirt ist. Ob dieser Tag zugleich der Tag der Einweihung der Kirche gewesen, ist nicht ersichtlich.

Das Schiff der alten Kirche — um darüber auf Grund einer freilich höchst ursprünglichen Zeichnung nebst dazu gehörigen Angaben einige Notizen mitzutheilen — war nur um die beiden Seitenmauern breiter, als der Kirchthurm; nämlich 27 Fuß breit, ferner 44 Fuß lang und 28 Fuß hoch, das Dach außerdem 16 Fuß. Im Osten war das Chor mit dem Lucienthürmchen angebaut, und zwar 22. Fuß lang, 22 Fuß breit und 23 Fuß hoch, das Dach wiederum extra 14 Fuß hoch. Im Chor stand der Altar mit einem sakristeiartigen Raum dahinter, während die Kanzel zwischen Chor und Kirchenschiff angebracht war. Kanzel und Altar, letzterer mit dem Bildniß des gekreuzigten Heilandes geschmückt stammten nicht etwa noch aus der katholischen Zeit, sondern waren 1684 von der lutherischen Gemeinde beschafft worden. Auf der Mittagsseite des Kirchenschiffes war in dessen ganzer Länge ein Anhang angebaut worden, 44 Fuß lang, 14 Fuß breit und nur 11 Fuß hoch. Ein Anbau auf der Nordseite, mit dem Chorende anfangend, 14 Fuß lang, 10 Fuß breit und 6 Fuß hoch, war das sogenannte Kreuzhäuschen mit dem Erbbegräbniß der Besitzer des sattelfreien Gutes Hof, welche diesen Anbau in Stand halten mußten. — Die neue Kirche dagegen, außer dem Thurm ohne jeglichen Anbau, ist 73 Fuß lang, 44 Fuß breit und mit dem Fundament 40 Fuß hoch, das Dach extra 22½ Fuß, alles nah damaligem Maße berechnet. – Die Gesammtkosten des Kirchenbaues betrugen 8564 Rthlr. 52 Albus und 8 Heller, von denen bei der Rechnungsablage am 20. Mai 1767 erst 4708 Rthlr. 57 Albus und 10 Heller als eingenommen berechnet werden konnten, darunter die freiwilligen Gaben und die Umlage von 3000 Rthrn. von Seiten der Gemeinde, sowie als Ertrag der Collekte netto 741 Rthlr. 79 Albus und 6 Heller. In Betreff der restirenden Bauschuld wurde beschlossen, abermals 1000 Rthr. auf die Gemeinde umzulegen und für das dann noch Fehlende Anleihen zu machen. Erst durch den Verkauf des Pfarrgutes Wiedenhof Geilhausen wurde die völlige Abtragung der Kirchenbauschuld — freilich aus dem Pfarrvermögen — ermöglicht.

Gegen das Ende des Baues, nämlich im Frühjahr 1767, traf die Gemeinde ein harter Schlag: das Gewitter schlug in den Kirchthurm und beschädigte ihn arg. Allein es war kein Geld vorhanden, den Schaden auszubessern; man musste sich mit der aller nothdürftigsten Reparatur begnügen und verschob das Weitere auf künftige bessere Zeiten.

[26] Im Jahre 1767 stirbt Johann Anton Richter. Zu seinem Nachfolger wird am 6. December desselben Jahres sein ältester Sohn Johann Melchior Richter erwählt. Er wird nicht nur zum Schul- und Glockendienst berufen, sondern, wie es in seiner Berufungsurkunde heißt, „weil dermahlen in der neuerbauten evangelisch-lutherischen Pfarrkirche eine neue Orgel errichtet , wegen seiner Fähigkeit auch zum Organisten in Gottes Namen angenommen.“ Interessant ist ein vom 21. Februar 1780 datirter, von Richter erstatteter Bericht über den Befund der Schulen auf den Höfen im Kirchspiel Rosbach, der uns in etwa einen Einblick in den damaligen Stand des Schulwesens in der Gemeinde thun läßt. Richters Revisionsbericht lautet wörtlich:

„1tens auf der Schule zu Hurst, wohe nur eben eilf kleine Kinder antraf, konte dahero weiters nichts Vornehmen, als daß ich die Schüler ihre Lectiones aufsagen liese, und der Schulmeister in meiner Gegenwart mit ihnen Bäten muste.

2tens den schulmeister Thomas zu Halscheid habe erstlich über seine Schulübung abgefragt, hernach mit den Kindern die Fragstücke vorgenommen, worinnen sie aber noch nicht weiter fertig, bis an das zweite Hauptstück, sonsten ihre Lection, die sie mir herlesen musten, ginge ziemlich,

3tens die Schule zu Kohlberg traf in einer guten Ordnung an, in denen Fragstücken waren einige wohlgeübt,

4tens der Schulmeister zu Langenberg hatte es noch nicht weit mit seinen Schülern in den Fragstücken gebracht, welcher aber sich damit entschuldigte, das ihme solche noch kürtzlich zu Handen gekommen.

Letzlich habe einem jeden Schulmeister die Fragstücke mit denen Kindern täglichs drei bis viermahl vorzunehmen, Morgens, Mittags und Abends soviel möglich mit ihnen zu Singen und zu Bäten, auch sonsten in ihrem Schulamte sich fleißig zu bezeigen, bestens anbefohlen, welches hiemit gehorsamst referire.“

Aus Wirths Zeit erwähnen wir auch noch eines Verzeichnisses sämmtlicher „Hausgesessenen“, welche damals zur evangelisch-lutherischen Pfarrgemeinde gehörten und mit Namen aufgeführt werden. Es waren ihrer:

zu Rosbach mit dem Wieshof 21
zu Hof 5 zu Lindenpütz 4
Wardenbach 1 Hurst 18
Sieg 8 Bach 8
Rüddel 5 Loch 15
Hundenborn 2 Langenberg 23
Eulenbruch 8 Oettershagen 15
Hinterhof 2 Kohlberg 20

[27]

zu Eich 5 zu Perseifen 4
Hundhausen 1 Hau 18
Obernau 1 Distelshausen 18
Helpenstell 1 Seifen 18
Roth 1 also im Ganzen 208 Hausgesess.

Dieses Verzeichniß ist unstreitig wegen des Kirchbaus aufgenommen. Die Einwohner zu Gierzhagen, Rommen und Mittel wurden, weil zu Dattenfeld gehörig, nicht als eingepfarrte Hausgesessene betrachtet, genossen aber von Alters her nach dem Herkommen mit den Kirchspielseingesessenen gleiche Rechte und erfüllten aus freien Stücken die gleichen Pflichten, wie jene. Es waren zu Gierzhagen 15, zu Rommen 9, zu Mittel 3 Haushaltungen lutherisch. Sie erbieten sich, wie es heißt, „ganz freiwillig, ungezwungen und gedrungen,“ zum Kirchbau 200 Rthlr. geben, auch ihren Verpflichtungen gegen den Glöckner und Organisten nachkommen zu wollen, wogegen die ehrsame Gemeinde verspricht, sie, wie von Alters gebräuchlich gewesen, beizubehalten, ihnen Erbstände zukommen und sie sonstige zum Gottesdienst gehörige Stücke genießen zu lassen.

Was endlich den durch den Neubau der Kirche herbeigeführten unter Wirth begonnenen, unter seinem Nachfolger Foerst fortgeführten und erst unter Westhof nach 20jähriger Dauer beendigten Prozeß gegen einige Inhaber des großen Zehnten anlangt, so sei aus dem umfangreichen Aktenstoß, welchen derselbe hervorgerufen, nur das erwähnt, das von den Kirchenbaukosten 3485 Rthlr. auf jene Decimatores majores vertheilt werden mußten, weil sie nach Recht und Gesetz verpflichtet waren, das Rosbacher Kirchenschiff im Stande zu halten. Sie verweigerten zum Theil die Zahlung, weil das neue Kirchenschiff weit größer sei, als das alte, ließen sich dann aber doch nach und nach zu einem Vergleich mit der Gemeinde ein, auf Grund dessen z. B. der Graf von Delbrück, Besitzer des Rittergutes Mauel, der gleichfalls ein Erbbegräbniß in der Kirche hatte, im Jahre 1786 sich erbot, 1300 Rthlr. zu zahlen, während wegen des Helpensteller Zehnten nur 180 Rthlr. festgesetzt wurden.

Wirth überlebte den Neubau der Kirche nur um einige wenige Jahre. Die neue Kanzel welche mit dem Schalldeckel erst 1772 aufgestellt wurde, sollte er nicht mehr betreten. Er starb, nachdem auch er geraume Zeit Oberbergischer Assessor gewesen war, im Jahre 1769. Er konnte auf eine reichbewegte, arbeitsvolle Zeit in Rosbach zurückblicken, die zwar noch vor seinem Tode manche Früchte zeitigte, aber doch auch nicht ohne ernstliche Gefahren für die Gemeinde und ihn selbst geblieben war.

Die Gemeinde fühlte es, daß es noth thue, nach dieser [28] vorwiegend auf ihren äußeren Ausbau gerichteten Zeit die Segensströme ihrer inneren Erbauung wieder stärker fließen zu sehen. Sie richtete daher bei der Neuwahl für die mit Wirths Tode erledigte Pfarrstelle ihren Blick auf einen Mann, der ihr wohlgeeignet erschien, sie zu erbauen auf dem Grunde ihres allerheiligsten Glaubens. Am 21. Juni 1770 wurde durch den Inspektor Kaspar Ernst Moes von Leuscheid und den Assessor Garenfeld von Odenspiel die Wahl abgehalten. Sie fiel auf den „treu wachsamen“ bisherigen (seit 1766) Pastor bei der evangelisch-lutherischen Gemeinde zu Ruppichteroth, den Peter Foerst, gebürtig von der Ober-Kaltenbach bei Ründeroth. Es ist bemerkenswerth, wie ihm in der Berufungsurkunde zur Pflicht gemacht wird, „die wahre evangelisch-lutherische Lehre aus dem heil. Worte Gottes nach Anweisung der ohnveränderten Augsburgischen Confession und übrigen symbolischen Glaubens-Büchern allezeit lauter und rein vorzutragen und die heil. Sakramente nach der Einsetzung unseres einzigen Seligmachers Jesu Christi recht zu administriren.“ Die Vocation schließt mit den bezeichnenden Worten: „Jesus Christus, der uns so theuer mit seinem Blute erlöset hat, gebe Ihnen den Geist der Weisheit, klüglich und erbaulich unter uns zu wandeln und viel Segen zu schaffen, uns aber stets einen treuen Sinn, das Wort des Lebens anzunehmen, damit wir aus Gnaden die Seligkeit, die Jesus erworben, erlangen mögen.“

Diesen klüglichen Wandel zu beweisen, hatte Foerst mehrfach Veranlassung und Gelegenheit, so in dem oben erwähnten Prozeß gegen die Inhaber des großen Zehnten, sodann in einem andern zwischen Rosbach und Leuscheid geführten höchst langwierigen Prozeß wegen des Wiedenhofs Geilhausen. Leuscheid, in dessen Gemeindegrenzen derselbe damals lag, behauptete nämlich, er könne besteuert werden, während Rosbach darzuthun suchte, das er steuerfrei sei. — Dieser Prozeß hatte bereits 1754 unter Wirth begonnen, ging durch Urtheil vom 23. Mai 1769 für die Rosbacher verloren, wurde von diesen, weil sie sich in ihren Rechten verletzt fühlten, 1771 mit erneuter Heftigkeit wieder aufgenommen, aber, trotz aller Bemühung der Preußischen Regierung zu Cleve zu Gunsten der Rosbacher, am 13. Januar 1774 durch das Jülich- und Bergische Ober-Appelationsgericht zu Düsseldorf das Urtheil von 1769 bestätigt. — Foerst versuchte, wie aus den Akten hervorgeht, bei solchen Streitigkeiten zunächst den Weg eines gütlichen Vergleichs, wenn er nur einige Aussicht auf Erfolg zu haben glaubte, stellte sich aber im anderen Falle auch eben so fest und unerschütterlich auf den Rechtsboden.

Eine weitere in der Geschichte der äußeren Entwickelung der Gemeinde bedeutungsvolle Angelegenheit, welche Foerst beschäftigte [29] war die in die Zeit seiner Amtswirksamkeit fallende Umpfarrung des sogenannten „Leuscheider Oertchens“ aus der Gemeinde Hamm in die Gemeinde Rosbach. Diese Umpfarrung, genauer die Beseitigung aller Widersprüche und Hindernisse bei den neuen Pfarrgenossen, bei der eigenen Gemeinde und bei der Regierung füllt fast die ganze Zeit der Amtswirksamkeit Foersts in Rosbach aus. Schon Greineisen berichtet, das Einige aus dem sogenannten „Hamm'schen Oertchen“ viele Jahre vor seiner Pastoratbedienung sich zu Rosbach der heil. Sakramente bedienet und ihre Todten dahin haben begraben lassen. Nachdem aber durch den oben erwähnten Siegburger Vertrag Leuscheid, wohin die Ortschaften des genannten Oertchens bürgerlich gehörten, während sie kirchlich nach Hamm eingepfarrt waren, an das Herzogthum Berg gefallen war, befiehlt der Churfürst Carl Theodor, daß seine Unterthanen sich in Zukunft nicht mehr zu einer Kirche des Auslandes, sondern die Bewohner des „Leuscheider Oertchens“ sich nach Holpe, Leuscheid oder Rosbach halten sollten. Dieser Befehl wird den Renitenten unter Androhung von Strafe unterm 10. März 1772 aufs Neue und nachdrücklich wiederholt. Ein Befehl vom 14. Juni 1774 ordnet dann vorläufig die Angelegenheit in der Weise, „das Imhausen, Geil- und Niederhausen nach Leuscheid, die Höfe Gansau, Hausen, Au und Bellingen nach Rosbach, die Höfe Opperzau und Halscheid aber nach Holpe zur Pflegung des Gottesdienstes alles Ernstes verwiesen werden.“ Allein jetzt gab's neue Widersprüche und neue Eingaben mit der Bitte, es beim Alten zu belassen. Der Churfürst war indessen nicht gewillt, das über seine Unterthanen ihm zustehende jus circa sacra, das Recht im äußeren Kirchenwesen, sich schmälern zu lassen. Und so befiehlt er denn, nachdem einzelne Ortschaften, z. B. Bellingen auf Grund einer 1767 bereits abgegebenen desfalligen Erklärung, dann Au, Hausen, Gansau, Imhausen, bis 1774 mit der Gemeinde unter gewissen unwesentlichen Modifikationen contrahirt hatten, unterm 19. April 1776, die lutherischen Eingesessenen des Leuscheider Oertchens Mann für Mann vorzuladen und ihnen zum letzten Male zu bedeuten, daß sie sich zu fügen hätten. In Folge dessen scheint dann allmälig die so nothwendige Ordnung in diese verwickelte Angelegenheit der Umpfarrung gekommen zu sein, wie wir sie heute vorfinden. Es wurde nämlich das ganze sogenannte „Oertchen“ – damals 80 Haushaltungen umfassend – ungetheilt zur Gemeinde Rosbach geschlagen. Die Bedingungen, welche den neuen Pfarrgenossen für ihren Eintritt gestellt wurden, waren wesentlich folgende: 1) daß jeder Hausgesessene 10 Rthlr. bezahlen müsse, welche theils zu Armen- und Kirchenrenten, theils zur Erbauung neuer Kirchenstände verwandt werden sollten; [30] 2) daß sie an den zeitlichen Pastor, Schulmeister, Offermann und Organisten das zu entrichten hätten, was sie bisher nach Hamm abgeführt. Aus dieser Zeit stammte auch die während der Vacanz des Jahres 1865 mit 6 Thlr. 27 Sgr. 9 Pf. abgelöste Haferrente, die ursprünglich gegeben wurde, „damit der Pastor ein Pferd halten könne.“

Für solche Leistungen sollten sie dann in Zukunft völlig gleiche Rechte mit den übrigen Pfarrgenossen haben, namentlich, so viel thunlich, ihnen Kirchenstühle angewiesen werden. Im Uebrigen aber bat die Gemeinde den Churfürsten noch unterthänigst, daß sämmtliche evangelisch Reformirte ausdrücklich angewiesen würden, außer dem Genus des hl. Abendmahles sich den evangelisch Lutherischen in allen Stücken zu conformiren.“

Für Foerst erwuchsen aus dieser Angelegenheit, ehe sie endgültig geordnet war, mancherlei Unannehmlichkeiten. Wollte er sich an dem Mandat des Churfürsten halten, so beklagte sich sein College in Hamm, Namens Reusch, mit beißenden Worten über Eingriffe in seine Rechte; wollte er dagegen seines nachbarlichen Collegen Rechte nicht schmälern, dann wurde er von solchen Personen, welchen er die Dienste versagte, bei der Churfürstlichen Regierung verklagt, und diese drohte gegen Foerst mit Strafen.

Bei alledem steht Foerst als ein treuer Zeuge der Wahrheit in seiner Gemeinde da und beweist den von ihr gewünschten erbaulichen Wandel in Wort und That. Nach den noch jetzt lebendig erhaltenen Nachrichten über ihn war er ein rechter Eiferer für die Ehre seines Herrn, ganz besonders im Kampf gegen den so tief eingewurzelten Aberglauben in der Gemeinde. Unter den Akten über die oben geschilderte Angelegenheit der Umpfarrung befindet sich ein Zettel mit dem Entwurf eines freien Altargebetes, wie es scheint. Ein warmer Hauch gediegener Gottesfurcht weht uns aus demselben entgegen. Foerst's innere Stellung und erbaulichen Wandel werden wir aber am besten kennen lernen, wenn wir zwei Stücke seiner Hinterlassenschaft uns näher ansehen, ich meine 1) unser Kirchensiegel und 2) sein Testament an die Gemeinde. Wir finden unser Kirchensiegel zuerst in Westhoffs Berufungszurkunde amtlich angewendet, was die Wahl desselben auf Foerst zurückführen läßt. Das Bild sammt seiner Unterschrift ist „Johann Arnds wahrem Christenthum“[WS 6] entnommen, in welchem die erklärenden Worte, welche uns demnach unser Kirchensiegel deuten, also lauten: „Hier ist zu sehen ein brennendes Licht auf einem Leuchter, um welches ein paar Nachtfalter oder Lichtmücken herum fliegen, welche, wenn sie dem Lichte zu nahe kommen, sich verbrennen, wie unten am Leuchter schon eine liegt, die sich, weil sie dem Lichte zu nahe gekommen, verbrannt hat. Hiermit [31] wird abgebildet, das gläubige Christen die Welt zwar gebrauchen können aber ihr nicht zu nahe kommen müßen, das ist, sie nicht mißbrauchen, noch lieben sollen, als wodurch man das ewige Leben wieder verscherzen kann. 1. Cor. 7, 31: Die dieser Welt brauchen, sollen derselben nicht mißbrauchen; denn das Wesen dieser Welt vergehet.“

Foerst wurde im Anfang des Jahres 1777 von einer Krankheit befallen (Schwindsucht), von der er nicht wieder genesen sollte. Als er sein Ende herannahen fühlte, vermachte er der Gemeinde 100 Rthlr., welche dieselbe seinem Vater gemäß einer Obligation schuldete, die ihm aber nach des Vaters Tode zugefallen waren – es ist das jetzige Organistencapital –, und nimmt dann in folgenden herzbeweglichen Worten seines eigenhändigen Testamentes vom 11. Januar 1778 Abschied von der Gemeinde: „Gott sorge für meine liebe Gemeine, und gebe, daß sie und ich in der seligen Ewigkeit bei einander kommen! – Theure Gemeine, lebe wohl! Fürchte Gott bis in den Tod! Wende mit mir allen Fleiß an Nacht und Tag, daß, wenn wir in dieser Welt von einander scheiden, wir uns im Himmel, wo, wie ich hoffe, unsere verstorbenen Freunde sind, wiederfinden!“

Am 6. Mai 1778 endeten seine Leiden, und dieser treue Knecht seines Herrn ging ein zu seines Herrn Freude. Am 9. Mai wurde er, wie es scheint, ebenfalls in der Kirche hinter dem Altar beerdigt.

Da kein Nachjahr[WS 7] stattfand, weil Foerst unverheirathet gestorben war, so bleibt die Gemeinde gleich am folgenden Sonntage nach dem Gottesdienst stehen und beschließt unter dem Vorsitz des Pastors Hoemann von Waldbroel, der die Predigt gehalten, einhellig, den oben erwähnten Sohn ihres früheren Pastors Hartmann, den Pastor Theodor Hartmann in Düsseldorf zu Foerst's Nachfolger erwählen zu wollen. Der Bergrath Oettershagen, der damalige um die Gemeine vielfach verdiente Leiter derselben, wird beauftragt, Hartmann von diesem an ihn ergehenden Rufe Kenntniß zu geben. Er thut es unter dem 17. Mai, und es entspinnt sich in Folge dessen zwischen den beiden Männern ein Briefwechsel, welcher für den einen, wie den andern, gleich ehrenvoll ist, der aber mit der schließlichen Ablehnung Hartmanns endigt. Es ist bemerkenswerth, in welch' gutem Andenken die kurze, aber Segensreiche Amtswirksamkeit des oben geschilderten Pastors Hartmann in der Gemeinde stand, „der, wie es heißt, so ritterlich gekämpft und die ihm anvertrauten Schafe zur allein frischen und hellen Quelle geführt habe.“ Nicht minder bemerkenswerth ist es, das die Gemeinde es damals noch wagen konnte, einen Pastor von Düsseldorf nah Rosbach berufen zu wollen.

[32] Durch die Ablehnung Hartmann's wurde die Gemeinde genöthigt, sich nah einem andern Candidaten für die erledigte Pfarrstelle umzusehen. Bergrath Oettershagen lenkte ihren Blick auf den damaligen Pastor zu Hülsenbush, Johann Friedrich Heinrich Westhoff, mit dessen Vater, dem Pastor Westhoff in Rade vorm Wald, er befreundet war. Westhoff lehnte es ab, in Rosbach zu predigen, erklärte sich aber, nachdem Deputirte der Gemeinde ihn in Hülsenbusch gehört hatten, und nachdem ihm die Zusicherung gegeben worden war, das einige von ihm gestellte Bedingungen event. erfüllt werden sollten, zur Annahme einer auf ihn fallenden Wahl bereit. Dieselbe erfolgte ohne die gewöhnlichen Formalitäten am 18. Juni 1778 mit Einhelligkeit, wurde am 19. Juni durch den Inspektor Moes in Leuscheid genehmigt und erhielt unterm 15. Juli das Placitum des Churfürsten Karl Theodor. Auch Westhoff wird noch auf die unveränderte Augsburgische Confession berufen und verpflichtet.

Westhoffs Zeit ist charakterisirt durch das Zurücktreten der kirchlichen Interessen hinter die staatlichen und politischen Interessen. Es ist eine politisch bewegte Zeit, wie keine zuvor. Ich erinnere an die französische Revolution von 1789, an den Tod Karl Theodors 1799, dessen Nachfolger der Churfürst Maximilian Joseph von Bayern 1806 die Königswürde aus Napoleons Händen empfing und das Land der Berge der französischen Herrschaft unter Joachim Murat überlieferte; ferner an den Untergang des deutschen Kaiserthums, an die Zeit der Erniedrigung Deutschlands, aber auch seiner glorreichen Erhebung in den Freiheitskriegen, in Folge deren dann am 15. Mai 1815 unser bergisches Land an Preußen fiel. Es ist eine Zeit, welche zum Theil den ältesten Gliedern der Gemeinde nach dem, was sie von den Vätern gehört oder selbst noch erlebt haben, bekannter ist. Wir beschränken uns deshalb auf die Mittheilung einiger Einzelheiten, wie sie für uns ein besonderes Gemeindeinteresse haben.

Im Jahre 1791 zählte die Gemeinde 1734 Seelen. 1795 am 16. September, so entnehmen wir den Aufzeichnungen des verstorbenen Johann Gerhard Gerhards auf dem Wieshof, kamen nach dem Rheinübergang die ersten Franzosen, etwa 4000 Mann, unter Anführung des später so berühmt gewordenen Marschalls Ney nah Rosbach. Ney quartirte sich im Pfarrhause ein, während die übrigen Soldaten in den andern Häusern Quartiere bezogen oder auf den Wiesen lagerten. Die Leute hier, welche so lange die Segnungen des Friedens genossen hatten und größtentheils glücklich, einfach und im Ganzen zufrieden lebten, sahen mit sehr verschiedenen Hoffnungen und Erwartungen den Franken entgegen. Man hatte ihnen Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit [33] in Aussicht gestellt, und Jeder, der mit den bestehenden Verhältnissen unzufrieden war, erbaute sich auf jenen luftigen Säulen sein besonderes Luftschloß der Willkür, der Steuerfreiheit, der Gütergemeinschaft. Allein das erste Auftreten der Franzosen genügte, die Hoffenden gründlich zu enttäuschen. Eine förmliche Plünderung begann. Es wurde von den Bringern der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit genommen, was ihnen zusagte, und nach ihrem Abzug am folgenden Morgen priesen sich diejenigen glücklich, die nur den Verlust ihrer beweglichen Habe, aber keine körperlichen Mißhandlungen zu beklagen hatten. Was die gegen die Franzosen ziehenden kaiserlichen Truppen mit schwerem Gelde hatten erkaufen müssen, das erhielten die Franzmänner durch Contributionen und Requisitionen, welche Benennungen auch dem Landmanne durch die Praxis bald geläufig genug waren.

Im Jahre 1804 wurde der evangelische Kirchhof aus der Umgebung der Kirche in das Feld am Höfer Weg verlegt, und am 19. August durch Pastor Westhoff eingeweiht, mußte aber durch mehrmaligen Ankauf bis zu seinem jetzigen Umfang erweitert werden.

Unter französischer Herrschaft wurde im Jahre 1813 das Pfarrgut Wiedenhof Geilhausen verkauft. Seit Jahrhunderten war dasselbe mit der Kirche zu Rosbach verbunden gewesen, und alljährlich am Sonntage nah dem Margarethentag[WS 8] in der dortigen Kapelle, der sogenannten St. Clemens-Kapelle, Gottesdienst gehalten worden, an welchen sich dann ein Jahrmarkt anschloß. Wie die Gemeinde zu diesem schönen Besitzthum gekommen, ist nicht mehr zu ermitteln. Die Sage sagt, das zwei Edelfräuleins mit Namen Margaretha und Lucie die Kirche zu Rosbach mit frommen Schenkungen bedacht hätten, das auf Letztere das Lucienthürmchen, die Lucienbrüderschaft mit ihren Besitzungen, die Lucienkirche (ein Theil der alten Kirche) zurückzuführen seien, und das Erstere das Gut Geilhausen mit der Kapelle unter der Bedingung geschenkt habe, das alljährlich am ersten Sonntage nach ihrem Namenstage Gottesdienst daselbst gehalten werde. — In den Akten des oben erwähnten Prozesses mit Leuscheid wegen der Steuerfreiheit des Wiedenhofs Geilhausen wird indessen darzuthun gesucht, das der Hof 1420 ein Gräflich Nassau-Dillenburgisches Lehen gewesen und 1486 durch Kauf an die Kirche zu Hilgenroth übergegangen sei. Es bliebe dann freilich die unerklärliche Lücke auszufüllen, wie das Gut von der Kirche zu Hilgenroth an die Kirche zu Rosbach gekommen sei, und wie der Geschenkgeber geheißen habe. Es lassen sich jedoch jene Aktenstücke, nämlich ein Lehnsbrief und ein Kaufbrief, auch ebenso gut auf ein Gut zu Geilhausen jenseits der Sieg [34] Wahrscheinlichkeit gewinnen würde.

Die Kapelle zu Geilhausen, deren Alter nicht angegeben werden kann, war in dem Religionsvergleich nicht ausdrücklich erwähnt worden. Deshalb wurde auf einer Religions-Conferenz zu Neuß um ein Spezial-Mandat gebeten. Dasselbe wurde unter dem 1. Juni 1683 ertheilt, und dadurch die lutherische Gemeinde Rosbach in dem unbestreitbaren Besitz der Kapelle bestätigt.

Es würde uns zu weit führen, die Geschichte des Wiedenhofs Geilhausen von jenem Erlaß des Amtmanns Lützenroth von 1572 an durch die folgenden Jahrhunderte zu verfolgen. Wir beschränken uns auf die Mittheilung, das auf den Antrag des Maire's von Dattenfeld im Einverständniß mit dem Consistorium der lutherischen Kirche zu Rosbach Napoleon, Kaiser der Franzosen, am 18. Juni 1813 im Palast zu Dresden die Ermächtigung ertheilte, den zu Geilhausen gelegenen Wiedenhof an Christian Gansäuer und Friedrich Rüddel als Letztbietende für die Summe von 23715 Franken (6324 Thlr.) zu verkaufen (Gesetz-Bulletin des Groß-Herzogthums Berg Stück 50 Nr. 137). Davon konnten freilich die noch restirenden Kirchenbauschulden abgetragen werden; allein die Gemeinde ist durch diesen Verkauf keineswegs reicher geworden. 1814, am 7. Juli, ging auch das letzte Stück von Geilhausen in fremden Besitz über, indem der Jude Raphael Abraham die Glocke der Kapelle für 315 Franks erwarb, sie aber bald darauf an die Gemeinde Hilgenroth wieder verkaufte.

Am Freitag, den 31. Oktober 1817 – also unter preußischer Herrschaft – und am darauf folgenden Sonnabend wurde auch in Rosbach die 300jährige Jubelfeier der Reformation der Kirche durch Luther festlich begangen. Gerhards beschreibt uns diese Feier ungefähr folgender Maßen: „Am Vorabend des Festes kündigte das Geläute aller Glocken und der Donner dreier Böller den hohen und feierlichen Tag an. In der Frühe des Festtages begann das Geläute der Glocken und das Abfeuern der Böller von neuem und rief die Gemeinde zur frohen Feier in den Tempel des Herrn. Der trübe Morgenhimmel heiterte sich auf, und die Sonne beleuchtete in dem sanften Scheine des dahin sterbenden Jahres den heiligen und seltenen Festtag. – Von Andacht erfüllt, strömten Luthers Verehrer zur Beichte in das Gotteshaus, und nach dem Abendmahl sang ein Chor im hohen Thurm das Lied: ‚Wir Bekenner deiner Lehre, Mann Gottes, Luther, den die Chöre etc.‘ – Nach der von Pastor Westhoff gehaltenen Predigt, in welcher er Luthers Verdienste um die gesammte Menschheit und die hohe Bedeutung des Tages der zahlreichen Menge ans Herz legte, sang der Chor: [35] ‚Was ist's, daß unsre Brust heut’ schwellt mit süßer Lust? etc.‘ – Am folgenden zweiten Festtage, der, wie der erste, durch Glockengeläute und Abfeuern von Böllern angekündigt wurde, zogen die Schüler in Prozession unter Absingung des Liedes: ‚Ewiger, vor deinem Thron knieen dankend deine Kinder etc.‘, das, wie die vorigen, eigens zu diesem Zweck gedichtet worden, zur Kirche, wo über den Nutzen des Unterrichts und einer guten Erziehung gepredigt wurde.“

Wir kommen damit auf die Geschichte der Schule, und zwar unter Westhoff, zurück. Westhoff selbst war einige Zeit Schulpfleger. – Bei seinem Amtsantritt in Rosbach stand, wie wir sahen, an der dortigen Schule Johann Melchior Richter. Ueber ihn schreibt sein Schüler und zweiter Nachfolger Wirths, das er ein alter und in seinem Fach unerfahrener Mann gewesen, weshalb die wohlhabenden Dorfbewohner ihre Kinder durch Privatlehrer hatten unterweisen lassen. Diese waren: 1795 Ludwigs, 1796 Bremer, später Lehrer in Herchen, 1798 Satorius, später Lehrer in Essen. – Im Jahre 1800 wird Richter durch Kränklichkeit genöthigt, sein Amt niederzulegen, und an seine Stelle Kaspar Schlösser gewählt. Derselbe führt 1814 mit dem damaligen Besitzer des Hauses Mauel (Voß) wegen einer von diesem geforderten jährlichen Abgabe von zwei Maltern Korn und 100 Eiern einen Proceß, der zu Gunsten des Lehrers entschieden wird. – Nach Schlössers Tode im Dezember 1814 wird am 1. März des folgenden Jahres Johann Christian Wirths an die Rosbacher Schule berufen und am zweiten Ostertage durch Pastor Westhoff vor versammelter Gemeinde in sein Amt eingeführt, welches er bei Westhoff's Tode noch bekleidete. – 1816–17 wird ein neuer Schulsaal an das alte Schulhaus angebaut und zu 801 Rthlrn. und 30 Stübern vergantet.

Pastor Westhoff stirbt am 11. November 1821 im Alter von 66 Jahren und 11 Monaten an Entkräftung und wird am 16. November auf dem neuen Kirchhof beerdigt. Nach Ablauf des Nachjahres schließt der Kirchenvorstand unter dem 14. November 1822 mit dem Pfarrer Seippel von Hamm einen Vertrag ab, nach welchem derselbe alle pfarramtlichen Geschäfte in der Gemeinde Rosbach bis zur Wiederbesetzung der Pfarrstelle gegen eine entsprechende Entschädigung zu besorgen übernimmt.

Am 22. Januar 1823 wurde durch den Assessor Nohl von Marienhagen und den Scriba Forstmann von Gummersbach die Wahl abgehalten und mit großer Stimmenmehrheit der Candidat Heinrich Friedrich Wilhelm Molly aus Kirburg in Nassau gewählt, derselbe aber, weil er ursprünglich reformirt, die Gemeinde Rosbach jedoch der Union noch nicht förmlich beigetreten war [36] in seiner Berufungsurkunde ausdrücklich verpflichtet, nach den in der Gemeinde bestehenden Gebräuchen und Gewohnheiten das Evangelium Christi zu verkündigen und die Sakramente zu verwalten. Unterm 12. Februar 1823 erfolgte die Landesherrliche Genehmigung der Wahl durch die Königlich Preußische Kirchen- und Schul-Commission in Köln, und am 19. März desselben Jahres wurde der Neuerwählte durch die obengenannten Moderatoren ordinirt und feierlich in sein Amt eingeführt.

Verfolgen wir nun zunächst die Geschichte unserer Schule zu Mollys Zeit. Lehrer Wirths wird am 6. April. 1829 mit 80 Thalern jährlich pensionirt. Ihm folgt am 6. December desselben Jahres Peter Selbach aus der Becke im Kreise Gummersbach und, als dieser schon am 20. Juni 1832 nach Odenspiel zieht, am 28. Oktober 1832 der Lehrer Wellenbeck, der aber gleichfalls nach nur kurzer Dauer am 19. August 1834 die Stelle wieder verläßt, um einem Ruf nach Wahlscheid zu folgen. Unter den dreien für die Wiederbesetzung der Stelle vorgeschlagenen Bewerbern wurde sowohl von dem zeitigen Schulvorstande, als auch von der Königlichen Regierung in Cöln, der Lehrer Kolb für den würdigsten gehalten, derselbe aber von der Königlichen Regierung in Trier nicht entlassen, weshalb unterm 15. Januar 1835 Gustav Berghaus von Gummersbach ernannt und am 5. März in sein Amt zu Rosbach eingeführt wurde. – Schon zu Wellenbecks Zeit hatte man an den Neubau eines Schulhauses mit zwei Klassenzimmern gedacht, diesen Plan aber damals nicht zur Ausführung bringen können. 1839 mußte das alte Schulhaus, an welchem man die Unterhaltungskosten zu sehr gespart hatte, verlassen und die Schule von 1840 an in einem gemietheten Locale gehalten werden. Es wird von neuem auf den Neubau eines Schulhauses mit zwei Lehrzimmern angetragen, von denen das eine vorläufig zur Ertheilung des kirchlichen Religionsunterrichtes benutzt werden sollte, bis die entsprechende Schülerzahl eine zweite Lehrkraft erfordere, dieser Antrag aber im Dezember 1843 von der Königlichen Regierung abgelehnt. Endlich, am 14. Mai 1845, wird der Grundstein zu dem neuen Schulhause mit einem Klassenzimmer gelegt, und am 10. November 1846 die Schule feierlich eingeweiht. – Von derselben Regierung, welche den obigen abschläglichen Bescheid ertheilt hatte, wurde später – im August 1865 – die Einrichtung einer zweiten Classe verfügt, und die bisherige Lehrerwohnung zu einem Schulsaal eingerichtet, in welchem am 1. Oktober 1865 der Unterricht mit der zweiten Classe seinen Anfang nehmen konnte.

Berghaus stirbt am 28. April 1860. Ihm folgt nach einer kurzen interimistischen Verwaltung durch Peter Christians am [37] 4. Okt. 1860 Theodor Brüning als Lehrer, Kantor und Organist, und nach dessen Wegzug im Juni 1864 nach Burg an der Wupper am 19. August 1864 Wilhelm Scheffels von Harscheid in der Gemeinde Nümbrecht, seit Anfang October 1870 Lehrer und Organist in Wald.

Neben der Rosbacher Schule, welche stets als Pfarrschule betrachtet worden war, aber allmälig den Charakter einer evangelischen Communalschule angenommen hatte, entwickelten sich nach und nach aus den oben angeführten sogenannten Heckschulen die evangelischen Communalschulen zu Oettershagen, Halscheid und Imhausen, deren Geschichte indessen weniger mit der kirchlichen Entwicklung der Gemeinde zusammenhängt und deshalb hier füglich übergangen werden kann.

Von den Ereignissen, welche zu Mollys Zeit auf die innere und äußere Entwicklung der Gemeinde von Einfluß gewesen sind, erwähnen wir noch kurz folgende:

Gelegentlich des 300jährigen Jubelfestes der Reformation im Jahre 1817 hatte Friedrich Wilhelm III., seiner Zeit Rechnung tragend und seiner persönlichen Neigung und Ueberzeugung folgend, einen Aufruf zu einer lutherisch-calvinischen Union behufs einer Wiedergeburt der protestantischen Kirche ergehen lassen, der vielfach großen Anklang fand. 1822 wurde eine neue Agende entworfen, und dieselbe 1829 durch eine neue Redaktion und die Aufnahme einer größeren Auswahl von Formularen annehmbarer gemacht. Bald galt diese Agende als kirchliche Norm, und die Union als eine staatskirchliche vollendete Thatsache. – Unterm 6. Juli 1833 wurde von Cöln aus auch an die Gemeinden der Agger-Synode die Aufforderung gerichtet, sich nunmehr endgültig darüber zu erklären, ob sie geneigt seien, nach dem Wunsche und Vorgange Sr. Majestät des Königs sich der Union der evangelischen Kirche anzuschließen, damit die Behörde wisse, ob sie es mit einer unirten oder nicht unirten Gemeinde zu thun habe. Daraufhin tritt die Gemeinde Rosbach am 9. Juli 1834 förmlich der Union bei.

Am 19. Juni 1836 trat die größere Gemeindevertretung zusammen, um über die Einführung des „Evangelischen Gesangbuches“ an Stelle des bisher gebräuchlichen lutherischen, der „singenden und klingenden Berge“, zu berathen und zu beschließen. Allein erst am 30. Juni 1839, nachdem das neue Gesangbuch neben dem alten eine Zeit lang gebraucht worden war, konnte der Beschluß gefaßt werden, nunmehr das alte gänzlich außer Gebrauch zu setzen. Als Tag der Einführung des „evangelischen Gesangbuches“ wurde der 4. August, der Tag der Feier des Geburtsfestes [38] Friedrich Wilhelms III., anberaumt, und die Anordnung einer besonderen Feier den Geistlichen anheim gegeben.

In die zweite Hälfte der 30er Jahre fällt die Schenkung der Eheleute Johann Heinrich Gerhards und Anna Katharina geb. Krahwinkel zu Bellingen im Betrage von 200 Thlrn. an die evangelische Gemeinde Rosbach zur Vergrößerung, Verschönerung und zweckmäßigen Einrichtung ihres Todtenackers. Die Schenkungsurkunde ist vom 1. August 1835 datirt, und wurde unterm 12. April 1836 von der Königlichen Regierung in Cöln die Genehmigung dazu ertheilt. Allein die Ausführung einzelner Bestimmungen der Schenkungsurkunde rief einen wahren Sturm, ja einen förmlichen Vandalismus von Seiten eines Theiles der Gemeinde hervor, auf den man nur mit Scham zurückblicken kann. Erst im Jahre 1867 wurde es durch Beschluß des Presbyteriums und der Repräsentation ermöglicht, im Geist und Sinne der Schenkungsurkunde unter billigen Bedingungen Erbbegräbnisse auf dem Kirchhofe erwerben zu können.

Aus den 40er Jahren erwähnen wir die Stiftung des Gustav-Adolf-Vereins in der Agger-Synode, zu dessen Präses Pastor Molly erwählt wurde und am 26. August 1846 bei der Eröffnungsfeier in Wiehl eine in Druck erschienene Predigt über die Worte Pauli 1. Tim 5, 9 hielt: „So aber Jemand die Seinen, sonderlich seine Hausgenossen nicht versorgt, der hat den Glauben verleugnet und ist ärger, denn ein Heide.“ Er zeigte in dieser Predigt, „das der evangelische Verein der Gustav-Adolf-Stiftung ein Ehrendenkmal unserer Kirche sei,“ ein Wort, welches bis heute noch in seiner Gemeinde nachwirkt.

1849 wurde die Wiehlmünden-Rother Chaussee[WS 9] durch das Dorf Rosbach geführt und dadurch der Kirchplatz, also der alte Kirchhof, von dem noch viele Gebeine auf den neuen gebracht werden mußten, auf der Südseite eingeengt und mit der jetzigen hohen Mauer versehen. — In den Jahren 1856–58, gleichzeitig mit dem Bau der Eisenbahn, wurde das neue Pfarrhaus, und zwar nach einem Plan des Dombaumeisters Zwirner[WS 10], erbaut, zu dessen Baukosten Se. Majestät der König Friedrich Wilhelm IV. ein namhaftes Gnadengeschenk bewilligte

In den 60er Jahren trat das längst gefühlte Bedürfniß immer stärker zu Tage, die vom Zahn der Zeit arg mitgenommene Kirche durch eine gründliche Reparatur wieder in einen der Würde des Gottesdienstes entsprechenden Zustand zu versehen, und das um so mehr, als die 100jährige Gedenkfeier ihrer Erbauung bevorstand, welche Molly im Jahre 1865 zu begehen gedachte. Am 23. November 1864 trug das Presbyteriuum auf Bewilligung einer Collekte oder eines Allerhöchsten Gnadengeschenkes an. Das [39] Ergebniß dieser Vorarbeiten sollte Pastor Molly indessen nicht mehr erleben. Es wurde eine Kirchen- und Hauscollekte bewilligt und während der Vacanz nach Molly's Tode, die letztere durch Deputirte der Gemeinde, eingesammelt und dann die Restauration der Kirche im Sommer des Jahres 1866 ausgeführt.

Seine zunehmende Kränklichkeit nöthigte Pastor Molly im Frühjahr 1863, sich nach einer Hülfe in der Verwaltung des Pfarramtes umzusehen und behufs Herstellung seiner Gesundheit einen sechsmonatlichen Urlaub nachzusuchen. Dieser Urlaub wurde ihm, vom 11. Mai angerechnet, durch den Herrn General-Superintendenten Eberts mit dem Wunsche ertheilt, das Gott die Ruhe und Cur in Gnaden segnen wolle, und die Pastoral-Hülfs-Gesellschaft sandte ihm am 18. Mai 1863 die erbetene Stütze und Vertretung in der Person des Hülfspredigers Johannes Mühlendyck, des späteren Pastors der Vicariats-Gemeinde Herdorf-Struthütte. Nach dessen Weggang am 16. November desselben Jahres sandte sie den Hülfsprediger Hermann Heinrich Rocholl aus Elberfeld nach Rosbach, der dann im Frühjahr des folgenden Jahres zum Pfarrer der evangelischen Nachbargemeinde Leuscheid erwählt wurde. – Pastor Molly fühlte sich so weit wieder hergestellt und gekräftigt, das er sich entschloß, die Verwaltung des Pfarramtes wieder allein zu übernehmen, indem er auf die bereitwillige Unterstützung durch die benachbarten Amtsbrüder vertrauensvoll rechnete. Allein es war nur ein letztes Aufflackern des erlöschenden Lebenslichtes. Unterm 12. Februar 1865 trägt er durch den Superintendenten Stiefelhagen in Gummersbach bei dem Königlichen Consistorium auf die Zusendung eines Provinzial-Synodal-Candidaten an, wird indessen, da ein solcher nicht disponibel, auf den Privatweg, sich einen Candidaten zu verschaffen, oder, wenn das nicht möglich sei, wieder an die Pastoral-Hülfsgesellschaft verwiesen. Am 5. März 1865 endete der Tod diese Verhandlungen mit dem Leben und den mannigfachen häuslichen und körperlichen Leiden des Pastors Heinrich Friedrich Wilhelm Molly.

[40]
Nachtrag.

Die beiden bisherigen Nachfolger Pastor Molly's im Pfarramt zu Rosbach sind:

1) J. Julius Garschagen, geboren am 1. Januar 1837 zu Garschagen in der Gemeinde Lüttringhausen, ordinirt als Pfarrvikar in Engelskirchen am 20. Mai 1863, zum Pfarrer in Rosbach erwählt am 31. Januar 1866, eingeholt am 4. Mai, eingeführt durch den damaligen stellvertretenden Assessor der Kreissynode an der Agger, Herrn Pfarrer Hollenberg von Waldbröhl, im Anschluß an 2. Cor. 5, 11 am 6. Mai 1866 (Text der Antrittspredigt 1. Cor. 9, 16–17), zum Pfarrer der evangelischen Gemeinde Ketzberg bei Solingen erwählt am 7. Juni 1877; Abschiedspredigt in Rosbach am 9. September 1877 über 1. Thessalonicher 2, 1–8.

2) Johannes Rudolf, geboren am 25. September 1844 in Wülfrath, ordinirt als Pfarrvikar in Nippes bei Köln am 18. Oktober 1874, zum Pfarrer in Rosbach erwählt am 4. December 1877, eingeholt am 10. April, eingeführt am Palmsonntag, den 14. April 1878, durch den Herrn Superintendenten von Scheven von Hülsenbusch; Text der Einführungspredigt Epheser 2, 17.



Herr, unser Gott, sei mit uns, wie du gewesen bist mit unsern Vätern; thue wohl an Zion, und baue die Mauern zu Jerusalem. Herr, dein Wort ist eine rechte Lehre; Heiligkeit ist die Zierde deines Hauses ewiglich! Hallelujah![WS 11]

Amen.
[41]
Anhang.

Da es begreiflicherweise nicht wohl möglich ist, jetzt noch einem mir nahe gelegten Wunsch entsprechend als Anhang einen genauen Festbericht über die dortige Jubelfeier des Jahres 1871 zu liefern, so will ich als besondere Erinnerung an jenes Gemeindefest nachstehend wenigstens den Eingang der bei dem Festgottesdienst von mir gehaltenen Predigt folgen lassen:

Text: Psalm 27, 1.
„Der Herr ist mein Licht und mein Heil.“

An einem außergewöhnlichen Tage, zu einer außergewöhnlichen Stunde sind wir, meine Lieben, heute in unserem Gotteshause versammelt. Während Tausende und aber Tausende von katholischen Gemeinden heute einen hohen Feiertag feiern, den wir nicht mitfeiern können und dürfen, feiern wir – vielleicht die einzige Gemeinde weit und breit, ja die einzige unserer gesammten Kirche – heute einen weit höhern Festtag: Wir sind als Jubelgemeinde zu einem 300jährigen Jubelfeste im Heiligthum des Herrn versammelt. Im Jahre 1571 am Frohnleichnamsfeste, gelegentlich der Frohnleichnamsprocession, trat unsere Gemeinde mit ihrem Pastor Johannes Mittler von der römisch-katholischen zur evangelischen Kirche über. Das ist die Thatsache, das die Bedeutung der Freuden- und Dankesfeier, welche wir heute festlich begehen.

Zu einem Geburtstage pflegt man einem Geburtstagskinde seine Gaben darzubringen. Auch wir haben diesem sinnigen Brauche gehuldigt. Wir haben – einige wenige Glieder der Gemeinde ausgenommen – unser Gotteshaus mit einer neuen Glocke und einem Kronleuchter geschmückt, haben unserm lieben Geburtstagskinde Gaben dargebracht, die Kind und Kindeskindern es verkündigen sollen, das die Gemeinde Rosbach der Gegenwart mit herzinnigem Dank gegen Gott den Segen erkannt hat, der in den 300 Jahren ihres Bestehens durch den lieblichen Schall und das helle Licht des Evangeliums ihr zu Theil geworden. Als heilige Opfergaben des Dankes seien diese Gaben heute dem Herrn geweiht!

Lasset mich in dem, was ihr zur Beleuchtung unseres Jubelfestes zu sagen habe, von der Bedeutung dieser Gaben ausgehen. Ihr habt bei der Vorlesung der Geschichte unserer Gemeinde am vergangenen Sonntag gehört, das die junge Reformationsgemeinde im Jahre 1572 die erste, unsere große Glocke, und bald darauf im Jahre 1574 die vor 29 Jahren umgegossene zweite Glocke [42] beschaffte. Wie oft haben seitdem diese Glocken zu Freudenfesten geläutet, zur Trauer gestimmt, zum Gottesdienst gerufen! Wie oft hat die Betglocke mit ihrem ernsten Ton durch das drei- vier- und fünfmalige, also im Ganzen zwölfmalige Anschlagen auf die göttliche Dreieinigkeit, auf die vier Enden der Erde oder das vierfache Ackerfeld, auf die fünf Wunden, daraus das Blut der Versöhnung zwischen Gott und der Welt geflossen, und auf die Ewigkeit die Vollendung der Versöhnung, so durch Christum geschehen, hingewiesen! Wie oft hat der tiefernste Glockenton die Stunde verkündigt, da der Herr in heißester Versöhnungsarbeit das Wort ausrief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“[WS 12] – Für wie Manchen aber mag auch in den 300 Jahren bis auf den heutigen Tag eine jede Glocke trotz ihrer lauten Beredtsamkeit ein tönendes Erz und eine klingende Schelle geblieben sein!

Heute ist nun zu diesen beiden Hauptglocken eine dritte hinzugekommen. Das alte Glöcklein mit seinem Mißklang ist beseitigt. In schönster Harmonie haben die drei Glocken uns heute zum ersten Male zum Gotteshause gerufen. Ihr fühlt es, was die hinzugefügte dritte Glockke mit ihrer Inschrift einer evangelischen Gemeinde nicht blos heute am Jubelfeste, sondern an jedem Sonn- und Feiertage zurufen will: „Kommet herzu, lasset uns dem Herrn frohlocken und jauchzen dem Hort unseres Heils!“[WS 13] – Ein evangelischer Christ stehet in seinem Gotteshause nicht vorwiegend unter dem Gesetzesschall der alttestamentlichen Posaune, sondern unter dem lieblichen Klang des Evangeliums des Herrn, der den Mühseligen und Beladenen verheißen hat: „Ich will euch erquicken!“[WS 14] – Mit Frohlocken und Jauchzen kommt ein evangelischer Christ zu seinem Gotteshause; denn er weiß, er hat dort für alle Lagen seines inneren Lebens einen unvergleichlichen, wohlgeborgenen Schatz seines Heiles im reinen Wort und Sakrament. Heute nun frohlocken und jauchzen wir mit besonderer Herzensfreude darüber, daß dieser Schatz vor 300 Jahren unserer Gemeinde gehoben worden, und daß er uns bis auf den heutigen Tag geblieben ist, daß er uns geblieben ist auch unter den mannigfachen Kämpfen nach außen, auch unter vielfachen Verirrungen innerhalb des Gemeindelebens. Dem Herrn sei Dank dafür!

Doch es wäre thöricht, wenn wir heute blos im Lichte der Vergangenheit uns ein wenig sonnen wollten, wenn wir nur fröhlich sein könnten im Blick auf das, was Gott der Herr an den Vätern gethan hat. Nein, es gilt heute am Jubelfeste, sich noch fester auf den Grund unseres allerheiligsten Glaubens zu stellen, mit neuem Geloben, neuem Bekennen, mit neuen heiligen Entschließungen [43] in das neue Jahrhundert einzutreten. Dazu kann uns die zweite Gabe, die wir unserm lieben Geburtstagskinde dargebracht haben, der für unser Gotteshaus so würdige Kronleuchter, eine Weisung werden. Die beiden Leuchter auf dem Altar sind uns statt des siebenarmigen Leuchters im Heiligthum des A. Bundes Sinnbilder des Gesetzes und des Evangeliums, dieser beiden Leuchter, auf denen das Licht des göttlichen Wortes steht. Sie leuchten uns an den drei ernsten Tagen des Kirchenjahres, an welchen das Gesetz mit seinem Fluch uns vor die Seele tritt, am Charfreitage, am Bußtage und am Todtenfeste; sie leuchten auch an den drei hohen Freudenfesten der Christenheit, an denen das Licht des Evangeliums am hellsten strahlt. Der Kronleuchter aber soll uns leuchten zu dem Gottesdienst in der heil. Nacht, bei welchem wir singen: „Dies ist die Nacht, da mir erschienen des großen Gottes Freundlichkeit“, und zu dem andern Gottesdienst am Schluß des Jahres, an welchem wir beten: „Herr, lehre doch mich, daß es ein Ende mit mir hat, und mein Leben ein Ziel hat, und ich davon muß!“ Welch ein beredter Prediger wird er dadurch von dem Grunde unseres allerheiligsten Christenglaubens, welch’ ernste Mahnung an das Ziel unserer irdischen Wallfahrt! – Sonntäglich aber soll er uns daran erinnern, das unsere Gemeinde ein Kind der Reformation ist, und das sie als solche ihr Licht und ihr Heil nur in dem Herrn suchen und finden soll und will. Damit ist uns der Boden angezeigt, auf welchen wir uns heute mit unserm Geloben und Bekennen für das neue Jahrhundert stellen wollen.

„Der Herr ist mein Licht und mein Heil,“

das sei unser Bekenntniß, das unser Gelübde am heutigen Jubelfeste!

Wir theilen es für die Festbetrachtung in die beiden Theile:
1) Der Herr ist mein Licht – im Worte Gottes –;
2) Der Herr ist mein Heil – in der Rechtfertigung aus Gnaden durch den Glauben –!
G.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vgl. Eph. 2,20.
  2. Der Tag der Apostel Simon und Judas wird am 28. Oktober begangen.
  3. Aegidius Müller, Siegburg und der Siegkreis. Seine Sagen und seine Geschichte von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, Siegburg 1860.
  4. Der Thomastag ist der 21. Dezember.
  5. Vgl. Psalm 26,8.
  6. Tatsächlich findet sich das folgende Zitat nicht im Hauptwerk Anrdts („Die vier Bücher vom wahren Christenthum“, 1610) sondern erst in der posthum ab 1695 erschienenen Ausgabe „Johann Arnd’s Sechs Bücher vom wahren Christentum“ vgl. evangelischer-glaube.de/sinn-bilder-des-glaubens.
  7. Das Recht der Witwe und der Kinder eines Mannes (häufig eines Amtsträgers), noch ein Jahr nach dem Tod des Berechtigten dessen Einkünfte zu beziehen.
  8. Das ist der 13. Juli.
  9. In Rosbach die heutige B256. Die Chaussee führte von Wiehlmünden (Engelskirchen) im Aggertal nach Roth bei Wissen.
  10.  
    Mehr über Ernst Friedrich Zwirner erfährst Du im entsprechenden Artikel der freien Enzyklopädie Wikipedia.
  11. Vgl. 1. Kön. 8,57; Psalm 51,18; Psalm 93,5.
  12. Markus 15,34.
  13. Psalm 95,1.
  14. Matthäus 11,28.