Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ruß, Leander
Band: 27 (1874), ab Seite: 277. (Quelle)
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Ruß, Karl (Historienmaler, geb. zu Wien 10. Mai 1779, gest. ebenda 19. September 1843). Seine Eltern, böhmischen Ursprungs, lebten in mittellosen Verhältnissen in der Josephstädter Vorstadt Wiens. Daselbst besuchte der Knabe die deutschen Schulen. Die Arbeiten des Porzellanmalers Winter, welche R. gesehen, weckten zuerst die Zeichenlust des Knaben. Als später die Eltern nach Wiener-Neustadt übersiedelten, erhielt R. den ersten Unterricht in der Kunst bei dem dortigen Maler Kopp [nicht Käpp, wie es bei Nagler heißt], und später bei dem Mautheinnehmer Biwald, der mit einigem Geschicke zeichnete. Wie groß die Lust des Knaben für den Unterricht war, erhellet aus dem Umstande, daß er den stundenweiten Weg im Schnee nicht scheute, da der Mautheinnehmer weitab an der ungarischen Grenze wohnte. Dort copirte R. fleißig nach Kupferstichen. Auch machte er daselbst den ersten Versuch, mit Oelfarben zu malen; vornehmlich aber hielt ihn Biwald zu fleißigem Studium der Körpertheile und genauem Nachzeichnen derselben an. Der beabsichtigte Besuch der lateinischen Schule scheiterte an des Knaben Unlust, zunächst wohl durch die Pedanterie der Lehrmethode veranlaßt. Hingegen zeigte er große Lust und Geschicklichkeit im Reiten. Der Besitzer der Zuckerraffinerie, an der sein Vater bedienstet war, war in früherer Zeit Mitglied einer Kunstreiter-Gesellschaft und unterwies den Knaben mit solchem Erfolge in der Reitkunst, daß dieser stehend auf einem galoppirenden Pferde die Geige spielte. Fast schien diese Liebhaberei die künstlerische Richtung des Knaben beeinträchtigen zu wollen, als ein Sturz vom Pferde der Reitgymnastik ein Ende machte. Im Winter 1793 – R. zählte damals 14 Jahre – übersiedelte der Vater nach Wien, wo eine neue Lebensepoche des talentvollen Knaben beginnt, dem nun in Wiens Kunstschätzen und Unterrichtsanstalten Gelegenheit geboten war, sein Talent auszubilden. R. kam sofort an die k. k. Akademie der bildenden Künste, an welcher zu jener Zeit ganz tüchtige Kräfte wirkten. Er nahm zuerst Unterricht im Blumenzeichnen und besuchte zugleich Abends die Landschaftsschule des damals schon greisen Meisters Christian Brand [Bd. II, S. 112]. Durch ein Zusammentreffen mit Schmutzer wurde R. zum Figurenzeichnen so mächtig angeregt, daß er nicht eher rastete, bis er im Jahre [278] 1794 in die Schule der historischen Zeichnung aufgenommen wurde, wo er unter Maurer’s [Bd. XVII, S. 140] Anleitung ganz tüchtige Fortschritte machte und schon nach einem Jahre mit einer selbstständigen Composition, einer „Geburt Christi“, sich bemerkbar machte. Nicht wenig anregend für R. war es, daß sich mit ihm zugleich mehrere strebende Jünglinge, wie Agricola [Bd. I, S. 8], Gsellhofer [Bd. V, S. 403], Loder [Bd. XV, S. 363], Petter [Bd. XXII, S. 135], an der Akademie befanden, wodurch der Wetteifer und Schaffensdrang in nicht geringem Maße gesteigert wurde. Störend griffen widrige Familienereignisse und Krankheit in den Entwickelungsgang des Jünglings. Sein Vater war ganz verarmt, so daß er nicht nur nichts mehr für die Erziehung seines Sohnes thun konnte, sondern eine Reise in die Schweiz unternehmen mußte, von der er sich Besserung seiner traurigen Verhältnisse versprach. Während der Abwesenheit des Vaters wurde aber der Sohn von einer schweren Krankheit befallen und ins Spital gebracht. Aber mit der Genesung des Körpers trat auch ein Wendepunct in seinen Verhältnissen ein, indem Maurer dem talentvollen Schüler, als er sich wieder zum Unterrichte einfand, die Eröffnung machte, daß er ihm eine kleine Pension erwirkt habe, die ihn in den Stand setzte, ohne Nahrungssorgen seine Studien fortzusetzen. Mit verdoppeltem Eifer lag R. denselben ob und benützte jede freie Stunde, um die Kupferstichsammlung der Hofbibliothek zu studiren, welche unter des wohlwollenden Adam Bartsch [Bd. I, S. 171] Aufsicht sich befand. Die kriegerischen Ereignisse des Jahres 1797 riefen die Wiener Jugend und also auch die Schüler der Kunstakademie unter die Waffen; ehe jedoch die begeisterte Schaar in’s Feld zog, war der Friede von Campoformio geschlossen worden und nun lag R. wieder dem Kunststudium ob. Den Sommer über malte er Porträte, fertigte Seccozeichnungen für Wiener Kunsthändler und verschaffte sich die Mittel zum Unterhalte und die Möglichkeit, den Winter über sich in der Kunst auszubilden, in welcher er sich bereits für die Historienmalerei entschieden hatte. Um aber diese mit Erfolg auszuüben, beschloß er, jeden Kunstzweig zu studiren, da der Historienmaler keines einzigen entrathen könne. So vervollkommnete er sich in der Landschaft, trieb Architectur, studirte Perspective und mit aller Gründlichkeit Anatomie. Bei Bekenkam, einem niederländischen Maler, den R. noch an der Akademie kennen gelernt, machte er sich mit bestem Erfolge die Kunst der Aquatinta eigen, während ihn der geschickte Mansfeld [Bd. XVI, S. 395] in der Aetzkunst unterwies, in welcher R. selbst über dreißig Blätter beendete, deren größerer Theil nachmals in den Besitz des Herrn Camesina [Bd. XXIII, S. 369] gelangte. Aber dabei vernachlässigte R. auch die für den Historienmaler unerläßliche Geschichte nicht; mit allem Eifer und mit feiner Auswahl las er Autoren der alten und neuen Geschichte, kaufte auch, ungeachtet seiner beschränkten Mittel, geschichtliche Bücher, so daß er allmälig eine Sammlung von 500 bis 600 Bänden zusammengebracht, mit deren Inhalt er sich auch nach und nach vertraut gemacht hatte. Durch die Bekanntschaft mit Ferdinand Freiherrn von Lütgendorf [Bd. XVI, S. 142], der selbst ein geschickter Maler und Radirer war, erhielt R. eine Arbeit für den Fürsten Ypsilanti und eine Einladung nach München, wo er im Hause von Lütgendorf’s [279] Eltern gastliche Aufnahme fand. Bezeichnend für seinen Kunstenthusiasmus erscheint die Versicherung des jungen Künstlers, während seines zweimonatlichen Aufenthaltes in München keine andere Gasse der Stadt kennen gelernt zu haben, als die zur Gemälde-Gallerie führt. Dort entstanden außer einem Oelbilde, dem Porträte der jüngeren Schwester Lütgendorf’s als Hebe, hundertzwanzig Zeichnungen, Compositionen nach einem griechischen Romane. Seine Rückreise bewerkstelligte R. bei seinen beschränkten Mitteln mit einem Floße auf der Donau. Das Floß scheiterte; Ruß wurde zwar gerettet, aber obschon er nicht schwimmen konnte, war doch sein einziger Gedanke die Rettung seiner Studienmappe, die er selbst in der Todesangst mit beiden Händen hoch über dem Wasser hielt. In Wien setzte er nun seine Arbeiten und Studien fort, bis ihn die Ereignisse des Jahres 1805 mit der waffenfähigen Jugend Wiens neuerdings zu den Waffen riefen, in welcher Zeit aber R. auch auf der Wachtstube zum Staunen der französischen Soldaten seinen künstlerischen Arbeiten oblag. Nach dem Friedensschlusse trat R. aus dem Corps und faßte den Entschluß, ein größeres historisches Bild zu malen. Er hatte sich darüber mit seinem Freunde Petter berathen, und ungeachtet ihrer mittellosen Lage waren doch beide in diesem Entschlusse einig. So entstand das Bild: „Der blinder Seher Tiresias verkündet Alkmenen, der Mutter des Hercules, die Zukunft ihres Sohnes“. R. gewann damit drei Dinge: die ungeschmälerte Anerkennung der Akademie, die große Pension und die Freundschaft Füger’s [Bd. V, S. 1]. Nun begann R. als selbstständiger Künstler zu schaffen. Er nahm um diese Zeit eine Frau und gründete einen Hausstand, in welchem eben das wirthschaftliche Walten der Lebensgefährtin in der Ungunst der damaligen Zeiten – es waren Kriegsjahre, in welchen die Kunst feiert – dem Künstler es ermöglichte, seinem Genius sich freier zu überlassen. So entstanden in dieser Zeit mehrere monochrome Wandmalereien für den Minister Philipp Grafen Stadion, einige ähnliche decorative Compositionen in der kaiserlichen Burg; auch wirkte er an der inneren Ausschmückung des unter der Leitung des Architekten Lefebvre erbauten Palastes des Herzogs von Sachsen-Teschen mit. Dann vollendete er in dieser Zeit das große historische Bild: „Die Lebensrettung des macedonischen Königs Philipp durch seinen Sohn“, und während der Wintermonate 1805/1806 eine „Carità romana“, welche in den Besitz eines Wiener Domherrn gelangte. Um diese Zeit war der berühmte Maler Eberhard Wächter mit seiner Frau aus Rom, das die Franzosen besetzt hatten, nach Wien geflüchtet. Der längere Aufenthalt eines solchen Künstlers konnte auf das Wiener Kunstleben nicht ohne Einfluß bleiben. Die von dem Studium der Antike und großen Kunstwerke Roms geläuterten Anschauungen und Ansichten Wächter’s, die er bei jeder Gelegenheit aussprach, fielen bei Ruß, der mit Begeisterung dem anerkannten Meister horchte, auf einen fruchtbaren Boden und in seinen folgenden Werken sproß die damals gelegte Saat herrlich auf. Als die Kaiserin Maria Ludovica Beatrix [Bd. VII, S. 53, Nr. 244], aus dem alten italienischen Fürstengeschlechte der Este, dritte Gemalin des Kaisers Franz I., der heiteren Sitte ihres Landes folgend, die Ausschmückung der Räume, welche sie bewohnte, mit Decken- und Thürbildern beschloß, wurde neben [280] Krafft [Bd. XIII, S. 106] und Petter auch Ruß beauftragt, die Gemälde in Oel und halber Lebensgröße auszuführen. „In acht Wochen“, schreibt der Künstler in seinen Aufzeichnungen, hatte er sich 2500 fl. guten Geldes erworben. Mit dieser Summe wollte er die Wallfahrt in’s gelobte Land der Kunst gemeinschaftlich mit Petter und Krafft unternehmen, die akademische Pension sollte für Frau und Kinder zurückbleiben. Da zog Caucig [Bd. II, S. 312], Professor der Historienmalerei an der Akademie, die Künstlerpension ein und die Reise nach Italien mußte unterbleiben. Indessen hatte sich auch seine Familie vermehrt und der durch Wegfall der Pension entstandene Ausfall konnte nur durch gesteigerte Anstrengung gedeckt werden, und in Ausübung seiner Kunst suchte R. den Schmerz zu vergessen, den ihm eine langersehnte und vereitelte Hoffnung bereitet. Er arbeitete rastlos Tag und Nacht; bei Tag an einem großen Oelbilde mythologischen Stoffes, das die unglückliche Gattin Priamos’, Hecuba, zum Gegenstande hatte, bei Nacht an verschiedenen mythologischen und religiösen Compositionen. Die Mythe des Perseus in 13, die Legende vom h. Christoph in 9 Blättern waren die Frucht jener Tage. Nun aber sollte dem Künstler Gelegenheit werden, sein reiches Talent in ganzer Fülle zu entfalten. Hormayr hatte den Gedanken ausgesprochen, die Liebe zur vaterländischen Geschichte, das Verlangen nach ihrer Kenntniß müsse nicht blos durch Wort und Schrift, sondern auch durch die bildende Kunst geweckt und gefördert werden, ein Gedanke, der bei Ruß volltönenden Nachhall fand. Um diese Zeit hatte der Landschaftsmaler Kniep von Erzherzog Johann den Auftrag erhalten, einen Historienmaler aufzufinden, welcher der Aufgabe, hervorragende Momente aus der Geschichte der Habsburger in künstlerischer Weise darzustellen, gewachsen wäre. Kniep gerieth an Ruß, der bald darauf zum Erzherzog in die Burg beschieden wurde. Dieser gab ihm am Schlusse der Unterredung ein Blatt Papier, das einen Aufsatz zu neun Compositionen enthielt, mit dem Auftrage, ihm den Entwurf zur ersten vorzulegen. Da auch Petter zum Erzherzoge beschieden worden, so losten die beiden Künstler um die neun Zeichnungen. Die erste aber: „Rudolph’s von Habsburg Begegnung mit dem Priester, der dem Sterbenden die h. Wegzehrung bringt“, sollte jeder gemeinschaftlich componiren. Als beide Künstler ihre Compositionen dem Erzherzoge vorlegten, wählte dieser R.’s Composition zur Ausführung. Die anderen vier Darstellungen, welche R. auf großen Velinbogen mit Sepia bis auf den letzten Strich ausgeführt, waren: „Ferdinand II., in seiner Burg bedroht“; – „Die Schlacht bei Sempach“, mit mehr denn 300 Figuren“; – „Friedrich mit der leeren Tasche beim Bauernspiele in Landsberg“; – „Maria Theresia mit dem Knaben Joseph auf dem Preßburger Landtage“. Nach Vollendung dieser Compositionen arbeitete er an seinem großen Oelbilde: „Die am Meeresufer über die Leichen der Ihrigen trauernde Hekuba“, worauf ein Akademie-Preis von 800 fl. gesetzt war, fleißig fort. Wien war indessen von den Franzosen besetzt worden. Eines Tages erhielt R. von Füger eine Einladung, sich mit Allem, was er an Zeichnungen fertig habe, zu dem französischen Gouverneur Andreossi, einem großen Kunstfreunde, zu begeben. Dieser, dem der Künstler und seine Arbeiten sehr gefielen, erwarb mehrere Zeichnungen. „Ich war froh“, schreibt Ruß darüber, [281] „denn sonst hätte ich mit Weib und Kindern verhungern müssen!“ Bald darauf wurde R. mit Denon und Laborde bekannt, welche ihm auch mehrere Blätter abkauften, wodurch R. in dieser traurigen Epoche eigentlicher Noth entging. Als endlich im Spätherbste die alte Ordnung der Dinge und mit derselben der Kaiser Franz nach Wien zurückkehrte, wurden auch die Preisgemälde ausgestellt und Ruß zugleich mit seinem Freunde Petter der Preis zuerkannt. Im folgenden Jahre ernannte Erzherzog Johann den Künstler zu seinem Kammermaler, wodurch nun seine materielle Lage gesichert war. Von seinem Mäcen erhielt nun R. Aufträge, Entwürfe zu Darstellungen aus der vaterländischen Geschichte zu machen. Auch begleitete er den kunstsinnigen Fürsten auf seinen Reisen in Steiermark und erhielt mehrfache Zeichen seiner ganz besonderen Huld, so unter Anderem zum Geschenke ein Exemplar von Fugger’s Ehrenspiegel, dessen Kupferstiche der Erzherzog in seiner Jugendzeit eigenhändig illuminirt hatte, und das Geschichtswerk Johannes Müller’s. R. breitet sich über diese an der Seite seines Mäcens verlebte Zeit in seinen Aufzeichnungen, welche eben mit derselben abschließen, des Näheren aus. Im Dienste des Erzherzogs arbeitete R. fleißig an den Darstellungen aus der vaterländischen Geschichte, von denen zahlreiche Gemälde und Zeichnungen entstanden, wovon aber nur Einzelnes zur Kenntniß des Publicums gelangte; so z. B. 1814 „Die Begegnung Rudolph’s von Habsburg mit dem Priester“ und noch einige andere, welche weiter unten angeführt werden. Als im Jahre 1817 durch Vorrückung des zweiten Custos zum ersten erstere Stelle in der k. k. Belvedere-Gallerie erledigt war, bewarb sich R. um dieselbe und wurde über Verwendung des Erzherzogs am Ostermontage 1818 dazu ernannt. Auf diesem Posten hatte nun R. vollends Muße und Gelegenheit, seine Ideen über Verherrlichung vaterländischer Geschichte durch vaterländische Kunst zu verwirklichen, und er that es auch auf Kosten künstlerischer Vollendung, da ihn sein rastloser Drang in der bezeichneten Richtung, immer Neues zu schaffen, nicht dazu kommen ließ, auch im Studium fortzuschreiten. Im Jahre 1821 rückte R. in die erste Custosstelle an der Gallerie vor und lag ihm die alleinige Ueberwachung der Gallerie ob, denn die Directorstelle war seit Füger’s im November 1818 erfolgtem Tode nicht wieder besetzt worden. Jetzt ging R. an eine wichtige, bis dahin nicht vorhandene Arbeit, nämlich an die Verfassung eines Inventars sämmtlicher Kunstschätze, welche er auch mit Beihilfe eines kunstbegeisterten jungen Freundes beendete. Aber auch an seinen historischen Gemälden arbeitete R. rastlos fort, und nicht weniger denn deren 30 schmückten im Jahre 1822 die Wände der in der k. k. Akademie der bildenden Künste eröffneten Kunstausstellung [die einzelnen Bilder werden S. 282 u. f. angeführt]. Die Bilder erregten Aufsehen, wenngleich die strenge Kritik mit dem gerechten Tadel nicht zurückhielt [vergl. S. 287 die Urtheile über Ruß]. Der Gedanke aber, dem R. durch seine Bilder lebendigsten Ausdruck gegeben, wirkte zündend [ein Seltenstück zu Ruß, nur in weitaus erhöhter künstlerischer Potenz, bietet in der Gegenwart Matejko]. Der Maler Ruß gehörte nun zu den Merkwürdigkeiten Wiens, wie seiner Zeit Schwanthaler und dann Kaulbach in München. Kein Fremder von Auszeichnung verließ die Kaiserstadt, ohne Ruß’ Atelier besucht zu haben, in [282] welchem Bild an Bild vom Boden bis zur Decke hing. Der Kaiser selbst sprach zu wiederholten Malen bei dem Künstler vor, die Erzherzoge stellten sich in seiner Künstlerwerkstätte ein, und was in Kunst, Wissenschaft und Literatur Namen hatte, erschien in seinem Atelier. „Sind das Alles Gebilde Eines Mannes?“ fragte staunend Ludwig Tieck, als er im Jahre 1825 den Künstler besuchte. So lebte Ruß, wie einer seiner Biographen schreibt, umgeben von einer Familie, die durch Bildung. Gemüth und würdiges Kunststreben ausgezeichnet, von Freunden, die ihn ehrten und liebten, in seinen Bildern, Büchern und in seinem Amtsberufe ein glückliches Leben. „In seinen Büchern“, das kennzeichnet Ruß und macht ihn zu einem merkwürdigen Gegensatze vieler Künstler der Gegenwart, die nicht einmal orthographisch schreiben können und ein Buch für ein überflüssiges Möbel halten. Wie hoch Ruß Bücher und Lectüre hielt, erhellet aus einer Aeußerung, die er gethan: „Eine Buchhandlung ist für mich ein Tempel Gottes. wie eine Kirche; denn ist das Genie und der tiefsinniges Geist großer Männer, der in den Büchern liegt, nicht auch eine herrliche Offenbarung des Höchsten?“ Seinem Wesen nach war R. eine fromme, gottesfürchtige Natur, ohne Zweifelsucht und Bigotterie. An Versuchen einer gewissen, mystisicirenden Partei, ihn gleich manchen anderen Künstlern für ihre Tendenzen zu gewinnen, hat es in früheren Jahren nicht gefehlt; allein an seiner abgeschlossenen, verständigen Religionsanschauung und an seiner historischen Bildung mußten sie scheitern. So lebte R. in seinem Berufe – Geld, großes Vermögen hatte er sich freilich nicht ermalt, man zahlte damals nicht jene Heidenpreise für mittelmäßige Werke, wie heute – als sich zu Anbeginn des Jahres 1843 die Zeichen der Krankheit zeigten, die seinen Tod in einigen Monaten herbeiführte. Er war etwas über 64 Jahre alt geworden. Hier folgt nun eine Uebersicht seiner Arbeiten, die bei der Menge derselben und dem Umstande, daß sich Alles im Privatbesitze befindet und nur ein ganz kleiner Theil öffentlich ausgestellt war, auf Vollständigkeit keinen Anspruch macht, aber kein einigermaßen bedeutendes Werk missen lassen dürfte. Die Uebersicht beginnt mit jenen Werken, welche ausgestellt gewesen, und zwar in den Jahres-Ausstellungen der k. k. Akademie der bildenden Künste bei St. Anna in Wien, im Jahre 1816: „Noah’s Opfer nach der Sündfluth“; – „Max I. rettet auf dem Reichstage zu Worms die deutsche Ehre gegen Claudius de Barre“; – „Der drohende Amor“; – „Weibliches Porträt“; – „Rudolph von Habsburg verweist der Wache die Verweigerung des Zutritts der Armen“, nach Johann von Müller’s „Geschichte der Schweiz“; – „Oberst Freiherr von Oettel“, Porträt; – „Diogenes von Sinope wälzt nach der Schlacht bei Koroneia, der Kretenser spottend, sein Fass über den Hügel“; – 1822: „Stephan der Heilige unterrichtet seine Unterthanen in der christlichen Religion“; – „Odoaker vor dem h. Severin in Heiligenstadt“; – „Maria weinend an der Leiche Christi“; – „Lancelot vom See“, nach der Sage Ulrich’s von Sazikoven; – „Christus und die Samaritanerin am Brunnen“; – „Gefangennehmung der ungarischen Königin Maria und ihrer Mutter Elisabeth durch den Ban Horvath“; – „Das melancholische und sanguinische Temperament“; – „Deutschlands Befreiung im Jahre 1814“, Allegorie; – 30 Oelgemälde mit Darstellungen aus der Geschichte Oesterreichs: 1) *„Die Taufe Rudolph’s von Habsburg, bei welcher Friedrich II. Pathenstelle vertritt“: – 2) *„Rudolph von Habsburg sinnt auf den nächtlichen Ueberfall der [283] Festung Utzenberg“; – 3) *„Rudolph von Habsburg auf der Kreuzfahrt gegen die Preussen“; – 4) *„Rudolph von Habsburg begegnet auf der Jagd dem Priester“; – 5) *„Ludwig der Bayer bietet dem auf der Beste Traussnitz gefangen gehaltenen Friedrich dem Schönen Freiheit und Mitregentschaft an“; – 6) *„Die Eltern Rudolph’s von Habsburg im Kreise ihrer Kinder in häuslicher Beschäftigung und Waffenübung“; – 7) *„Rudolph von Habsburg geleitet den Chur-Erzkanzler Werner von Mainz über die Alpen nach Italien“; – 8) *„Die Rettung Rudolph’s von Habsburg durch Jacob Müller von Zürich“; – 9) „Leopold, genannt die Blume der Ritterschaft, trauert über die Gefangenschaft seines Bruders Friedrich des Schönen, und wird vergeblich aufgefordert zur Freude und Zerstreuung“; – 10) *„Der Sterndeuter Friedrich’s II. weissagt dem jungen Rudolph von Habsburg die künftige Grösse seines Hauses“; – 11) *„Rudolph von Habsburg, im Lager vor Basel, erhält Nachricht von der auf ihn gefallenen Kaiserwahl“; – 12) *„Rudolph von Habsburg belohnt den Geschichtschreiber seiner Thaten und seines Stammes“; – 13) „Maximilian I. in frommen Todesbetrachtungen in seiner Einsiedelei zu Neustadt“; – 14) „Maximilian l. beschenkt die Mährinen, welche ihn durch List aus der Haft der Aufrührer zu Brügge befreien wollten“; – 15) *„Albrecht der Weise, in’s gelobte Land gehend, nimmt Abschied von den Seinigen an der Erbgruft seines Hauses zu Mury“; –16) „Kunz von der Rosen, Hofnarr Maximilian’s I., versucht ihn, als Mönch verkleidet, aus der Haft der Flamänder zu befreien“; – 17) „Albrecht II. und seine Gemalin danken dem Himmel für drei in einem Jahre erhaltene Kronen“; – 18) *„Rudolph’s von Habsburg erste Fehde gegen Hugo von Tieffenstein“; – 19) „Albrecht der Weise, vor dem feindseligen Basel gelagert, gegen die Aufforderung seiner erbitterten Krieger sich weigernd, den Moment zur Vertilgung der Stadt zu benützen, in welchem sie Feuer und Erdbeben verwüsten“; – 20) „Heinrich’s von Hohenstauffen Todeskampf in den Armen seiner Gemalin, Margaretha von Oesterreich, und seiner Kinder“; – 21) „Johanna von Aragonien am Sarge ihres Gemals Philipp’s des Schönen“; – 22) „Rudolph der Weise verjagt Diejenigen, die ihn durch nächtlichen Spuk zu schrecken versuchen“; – 23) „Maximilian I. kämpft zu Worms für die Ehre deutscher Ritterschaft gegen den berühmten französischen Kampfhelden Claude de Barre“, dreimal verschieden componirt; – 24) „Judith, die Gemalin des Böhmenherzogs Brzetislaw, trennt die feindlichen Heere des Kaisers Conrad und ihres Gatten“; – 25) „Libussa wird zur Königin von Böhmen gewählt“; – 26) „Veronika von Tesschenitz, Gemalin des Grafen Friedrich von Cilli, sucht bei Köhlern Obdach und Nahrung“; – 27) „Der Bischof Kollonitz nimmt als einzige Beute die im türkischen Lager dem Blutbade entronnenen Christenkinder“; – 28) „Der Ursprung des Namens Metternich aus der Zeit des Kaisers Heinrich des Heiligen“; – 29) „Der Ursprung des Gnadenortes Maria-Brunn durch die vertriebene ungarische Königin Gysela“; – 30) „Die Sage von dem Raben in Huniady’s Wappenschilde“. Nach dem Jahre 1822 hat Ruß nicht mehr öffentlich ausgestellt. Von den vorgenannten und noch folgenden Bildern hat R. die mit einem * bezeichneten sechsmal verschieden und einmal lebensgroß in Oel gemalt. An diesen Cyklus reihen sich als weitere vaterländische Darstellungen: *„Rudolph’s Vermälung mit Gertrude von Hochberg“; – „Veronika von Teschenitz wird auf Befehl Barbara’s von Cilli, der Gemalin des Kaisers Sigmund, erdolcht“, nach Kalchberg’s Tragödie; – „Der Zweikampf des Freiherrn Rauber mit dem riesenhaften Spanier um eine Braut“; – „Friedrich der Schöne, auf der Trausnitz gefangen, wird von seinem Gegner Ludwig dem Bayer besucht“; – „Weigand von Theben; Hofnarr Otto’s des Fröhlichen, schüttet vor seinem Herrn einen [284] Korb Todtenköpfe aus, um die Uneinigkeit der Menschen zu beweisen“; – „Rudolph von Habsburg kehrt unvermuthet bei dem Abte von St. Gallen ein“; – „Friedrich mit der leeren Tasche erforscht durch ein Reimspiel die Herzen der Tiroler“. Viele Arbeiten des Künstlers befinden sich in den Sammlungen des Erzherzogs Johann, außer Landschaften nach der Natur und Idyllen aus den norischen, karnischen und julischen Alpen, ist besonders bemerkenswerth ein ganzes Portefeuille historischer Compositionen, darunter: „Friedrich der Schöne kehrt aus seiner Haft auf der Trausnitz nach Wien zurück“, auch in Oel ausgeführt; – „Rudolph’s Besuch bei dem Gerber in Basel“, mit Kreide lebensgroß; – „Rudolph’s Richterspruch in Erfurt im Streite zwischen dem betrogenen Kaufmanne und dem betrügerischen Wirthe“; – „Rudolph, den Hunger mit Rüben stillend“; – „Rudolph, von Feindesübermacht gedrängt, erwehrt sich, an einen Pfahl im Murtner See gestützt, siegreich derselben“; – „Max I., bei Guinegate von seinem Heere als Sieger begrüsst“; – „Der neunzigjährige Friedrich III. (IV.) auf dem Sterbebette“. Ein ganzes Cabinet von Gemälden, wie das Hormayr’sche „Archiv“ 1825, S. 689, berichtet, auch mit Darstellungen aus der vaterländischen Geschichte, zum Theile von bedeutender Größe, befanden und befinden sich wohl noch im Schlosse Raiz des Altgrafen Hugo Salm in Mähren, darunter: „Kaiser Albrecht’s Hund“, nach Collin’s Ballade im Wiener Taschenbuche für 1820 gestochen; – „Ernst der Eiserne rettet unerkannt auf der Jagd Cimburgis von Masovien“, für dasselbe Taschenbuch gestochen; – „Grossfürst Jagiello lässt die Prinzessin Hedwig ihrem bestimmten Bräutigam Wilhelm von Oesterreich im Krakauer Schlossgarten entreissen“, ein Bild mit doppelten Lichteffecten, der Mond- und Fackelbeleuchtung; – „Der kleine Ladislaus Posthumus beschenkt den Helden Giskra mit den eben erhaltenen Goldstücken“; – „Kaiser Max auf der Martinswand, während der Priester am Fusse derselben die Hostie zu ihm erhebt“; – „Johanna von Aragonien erklärt dem Cardinal Ximenes in Gegenwart der Granden, dass sie entschlossen sei, ihrem Gatten Philipp nach Flandern zu folgen“; – „Der Heldentod des Grafen Niclas Salm in dem von ihm befreiten Wien“, im Taschenbuche für 1820 in Kupfer gestochen; – „Kaiser Ferdinand II., in seiner Burg von den böhmischen Rebellen bedrängt“, die für den Erzherzog Johann entworfene Skizze ist hier in Farben im Großen ausgeführt. Von anderen Arbeiten des Künstlers, die sich bei seinem Tode noch in seinem Atelier befanden, sind zu nennen: „Elisabeth Morsinai auf der Reise nach Ofen, dem Könige Sigmund das Pfand ihrer Liebe, Johann Hunyadi, zu bringen“; – „Heinrich von Breslau, unter Sterbenden und Leichen, von Fliehenden und Verfolgenden umringt, empfängt von einem Mongolen den tödtlichen Lanzenstich“; – „Leopold der Heilige, Agnesens windverwehten Schleier wiederfindend“ (Anlaß zur Gründung von Klosterneuburg); – „Vor Rudolph, der am Sarge seiner Gemalin Anna trauert, wird die Leiche seines im Rhein ertrunkenen Sohnes Hartmann gebracht“; – „Heinrich der Finkler empfängt, beim Vogelfange beschäftigt, die Nachricht von seiner Kaiserwahl“; – „Ritter Lamberg im Kampfe mit dem heidnischen Riesen Pegam“; – „Christoph von Liechtenstein, trotz seiner Vermummung durch seinen Wappenschild erkannt“, für die fürstlich Liechtenstein’sche Gallerie in der Roßau in Wien; – dann noch viele Momente aus der Geschichte Tirols u. s. w. Auch mythologische Scenen und namentlich einige treffliche Copien berühmter Gemälde gingen aus seiner Hand hervor; so von ersteren außer der schon erwähnten „Hecuba“ (6 Schuh 6 Zoll hoch, 9 Schuh breit), jetzt in der kais. Belvedere-Gallerie, [285] ein „Tiresias“, ein „Adonis“, „Die den Dorn aus dem Fusse ziehende Venus“, „Der Kampf des Zeus mit dem Typhon“ und mehrere kleinere idyllische Scenen; von letzteren „Die mit Amor kosende Venus“, nach Titian; – „Christus mit der Dornenkrone“, nach Guido Reni; – „Johannes der Täufer“, nach Murillo, und seine grau in Grau ausgeführte Copie des berühmten Basreliefs der Amazonenschlacht, welches ein Fugger aus dem Peloponnes mitgebracht, befindet sich im k. k. Antiken-Cabinete zu Wien. Ungleich größer, als die Zahl der vorerwähnten Gemälde, ist aber jene seiner Zeichnungen, die er als Studien zu später auszuführenden Oelbildern entworfen hatte. Diese Zeichnungen sind geschichtlichen, religiösen, romantischen und mythologischen Inhalts. Auch befinden sich mehrere Landschaften darunter. Besonders hervorzuheben sind mehrere, mit glühender Phantasie entworfene „Compositionen aus dem Nibelungenliede“; – „Odoaker auf seinem Zuge nach Rom bei dem h. Severin“; – „Friedrich der Streitbare erhält beim Siegesmahle die Fehdebotschaften aus Ungarn, Böhmen und Bayern“; – „St. Stephan predigt den Ungarn das Evangelium“; – „Ludwig’s des Grossen Landung und Schlacht gegen die räuberischen Horden“; – „Die letzten Augenblicke von Götz von Berlichingen“; – „Noah’s Dankopfer nach der Sündfluth“. dreimal dargestellt; – drei Compositionen aus der Geschichte des Tobias; – neun Darstellungen aus der Legende des h. Christoph; – „Die Samaritanerin am Brunnen“; – mehrere Pietà’s; – „Apollo unter den Hirten“; – „Narziss“; – dreizehn Compositionen aus der Mythe des Perseus; – „Aristomenes, von der Tochter seines Feindes befreit“ u. s. w. Nagler berichtet, daß Ruß, Radl (sic) u. A. auch die Zeichnungen zu den 61 Bildern aus der Mythologie, welche F. Stöber gestochen, gefertigt hat. Es ist damit unzweifelhaft das Werk: „Der Mythos alter Dichter in bildlichen Darstellungen“ (Wien 1815, Katharina Gräffer u. Härter, gr. 8°.) gemeint. Dieses Werk enthalt 60, sämmtlich von Fr. Stöber gestochene Blätter, zu denen aber Ruß nur zwei Zeichnungen u. z. Blatt 15: „Juno“, und Blatt 18: „Cragelius“, geliefert hat; die übrigen Zeichnungen rühren von Redl (nicht Radl, wie ihn Nagler nennt, Loder, Schedy, der bei weitem größte Theil aber von Joh. Ender her. – Schließlich hat R., der, wie in der Lebensskizze bemerkt worden, sich in allen Disciplinen der Kunst versucht und bei Bekenkam die Kunst der Aquatinta, bei Mannsfeld die Aetzkunst erlernt hatte, dreißig und mehr Blätter in beiden Manieren nach eigenen Compositionen ausgeführt, von denen sich Abdrücke vor der Adresse, mit derselben, reine Radirungen und solche in Tuschmanier überarbeitet vorfinden. Eine Folge von 19 Blättern enthält radirte, in Tuschmanier übergangene Darstellungen von verschiedener Größe, die Abdrücke auf Halb-Real-Foliobogen, die einzeln oft verschnitten vorkommen. Diese in Artaria’s Verlag in Wien erschienene Sammlung führt den Titel: „Eigene in Kupfer gebrachte Ideen von C. Russ“ und stellt drei Kinder mit einer Palette dar, auf welcher der vorstehende Titel angebracht ist. Die übrigen 18 Blätter stellen vor: „Hecuba und ihre Kinder“, nach dem bekannten Preisbilde; – „Die heilige Familie in häuslicher Beschäftigung: Joseph lehrt den Knaben Jesu lesen, Maria füttert die Tauben, Elisabeth tritt mit Johannes in’s Zimmer“; – „Alexander besucht den Diogenes“; – „Allegorie auf die Kunst: Ein vom Genius der Kunst begeisterter Jüngling“; – „Isis unterrichtet die Egypter[WS 1]“; – „Jesus bei Martha“ [286] – „Oedipus löst das Räthsel“; – „Rudolph von Habsburg und der Priester mit dem Sacramente“; – „Die Kahlköpfe, welche sich um den Kamm streiten“; – „Ajax der Telemanide“; – „Sara führt dem Abraham die Hagar zu“; – „Alkmene und ihre Kinder“; – „Jupiter’s Besuch bei Philemon und Baucis“; – „Die Findung des Aesculap“; – „Maria und Joseph in Anbetung des schlafenden Jesukindes“; – „Allegorie auf die Zeit“; – „Hercules in der Wiege, die zwei Schlangen erdrückend“; – „Eine Landschaft“. Außer dieser zusammengehörigen Serie sind von ihm noch folgende Stiche bekannt: „Tobias zeigt seinem Sohne die Tafeln des Gesetzes“. K. Russ Wien 1811 (gr. Qu. Fol.); – „Die Geburt Christi“. Russ inv. et fec. (Qu. Fol.); – „Eine h. Familie, das Jesukind lernt lesen“. K. Russ inv. et fec. Viennae 1809 (gr. Qu. Fol.); – „Jesus auf dem Wege nach Emaus“, ohne Namen (Qu. Fol.); – „Jupiter, den Ganymed liebkosend“ (gr. 8°.); – „Jupiter bei der Ziege Amalthea“ (Qu. 4°.); – „Jason entwendet das goldene Vliess“. K. Russ Wien 1811 (kl. Fol.); – „Hecuba und ihre Kinder“. Erfunden, gemalt und geätzt von Karl Ruß (gr. Qu. Fol.); – „Alexander vor Diogenes im Fasse“. Erfunden und geatzt von K. Ruß (gr. Qu. Fol.); – „Marcus Curtius verschmäht die Geschenke der Sammiter“. K. Russ Wien 1805 (kl. Fol.); – „Ungarn, Böhmen und Bayern kündigen 1246 beim Siegesfeste in Neustadt dem Herzoge Friedrich von Oesterreich den Krieg an“. Gemalt und geätzt von Carl Ruß (gr. Qu. Fol.); – „Drei Soldaten sprechen einem Alten auf dem Todbette zu“. K. Russ 1812 (gr. 4°.); – „Die Aldobrandinische Hochzeit“. nach dem berühmten antiken Gemälde und Meier’s Zeichnung radirt (s. gr. Imp. Qu. Fol.), es gibt davon auch Aetzdrücke und schön colorirte Exemplare. – Karl Ruß hatte sich im Jahre 1806 im Alter von 27 Jahren mit Fanny Kraker verheirathet und stammen aus dieser Ehe fünf Kinder, darunter Leander und Clementine Ruß, welche beide künstlerisch thätig waren und über welche nähere Mittheilungen folgen. Wenn ich bei diesem bedeutenden Künstler länger verweilte, was mir seine zahlreichen Arbeiten zur Pflicht machten, so geschah es denn auch, weil ich in seinen Bestrebungen auf dem Gebiete der bildenden Kunst nur ein Spiegelbild meiner eigenen, auf dem weniger dankbaren der Literatur gewahre. Wie er ein großes Oesterreich in seinen Zeichnungen und Gemälden darzuthun suchte, so ist es meine Aufgabe, dieses große Oesterreich in meinem Lexikon urkundlich und biographisch herzustellen. Fast komisch aber erscheint es mir, wenn der alte Weidmann folgendermaßen nekrologisirt: „Wenn auch die Kunst in dem Hingeschiedenen keinen Koryphäen ersten Ranges, keinen jener Männer verlor, deren Wirken gestaltend und einflußreich auf das Kunstwirken der Zeit ist, so schied doch in ihm eine wahrhafte Künstlernatur, voll des edelsten Wollens, begeistert von der hohen Würde, deren Adel er stets erkannte“. Karl Ruß war der erste und seiner Zeit einzige specifisch-österreichische Geschichtsmaler, und seine Schuld ist es nicht, daß er nicht Werke ersten Ranges schuf, denn er malte meist für sich, da er nur selten Bestellungen hatte, und noch bei seinem Tode waren seine Zimmer eine vollständige Gemäldegallerie eigener, unverkaufter Werke. Karl Ruß ist in der Familiengruft auf dem Matzleinsdorfer Friedhofe begraben. Die verschiedenen Monogramme, deren sich Karl Ruß in seinen Zeichnungen und Radirungen bediente, sind in dem von Friedrich Müller begonnenen [287] und von Klunzinger fortgesetzten Lexikon: „Die Künstler aller Zeiten und Völker“, Bd. III, S. 379, abgebildet. Die Nachrichten über seinen Sohn Leander und seine Tochter Clementine, wie noch über mehrere andere, meist ihm verwandte Künstler des Namens Ruß sind im folgenden Artikel S. 288 und in den diesem letzteren angeschlossenen Quellen S. 290, Nr. 1, enthalten.

Melly (Eduard Dr.), Karl Ruß. Umriß eines Künstlerlebens (Wien 1843, Pfautsch u. Co., 23 S.) [auf S. 3 sein von Ruß selbst im Jahre 1818 gemaltes Bildniß, nach einer Zeichnung von F. Schubert in Holz geschnitten von Altparth]. – Allgemeine Zeitung (Augsburg, Cotta, 4°.) 1843, Nr. 294 [die Zusätze am Schluß ausgenommen wörtlich aus Hormayr’s Archiv]. – Böckh (Franz Heinrich), Wiens lebende Schriftsteller, Künstler und Dilettanten im Kunstfache. Dann Bücher-, Kunst- und Naturschätze u. s. w. (Wien 1821, B. Ph. Bauer, 8°.) S. 328. – Conversations-Lexikon der neuesten Zeit und Literatur. In vier Bänden (Leipzig 1833, Brockhaus, 8°.) Bd. III, S. 812 [nach diesem geb. am 11. August 1779]. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) 1819, Nr. 96 u. 97: „Oesterreichische Pöcile des Custos C. Ruß“; 1821, Nr. 1, 2 u. 23; 1822, Nr. 32; 1824, Nr. 105 u. 106; 1825, S. 823. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Prof. Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. III, S. 379. – Kunst-Blatt (Stuttgart, Cotta, 4°.) 1819, Nr. 12 u. 13: „Oesterreichische Pöcile der großen Gemälde-Gallerie am Belvedere zu Wien“. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilung, Bd. VI, S. 664, Nr. 2 [stimmt mit Tschischka im Geburtsdatum überein]. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. XIV, S. 75. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar, Bernh. Friedr. Voigt, kl. 8°.) XXI. Jahrg. (1843), S. 832. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1836, 8°.) Bd. IV, S. 452 [mit der Angabe des Geburtsdatums wie Tschischka und Meyer und außer der alphabetischen Folge, da er S. 450 vor Rust stehen sollte]. – Oesterreichischer Zuschauer, herausg. von Ebersberg (Wien, gr. 8°.) Jahrg. 1838, Bd. III, S. 980 [nach diesem geb. am 11. August 1779]. – Perger, Die Kunstschätze Wiens im Stahlstich nebst erläuterndem Text. Herausg. vom Oest. Lloyd in Triest (Triest 1855, 4°.) S. 207. – Realis, Curiositäten- und Memorabilien-Lexikon von Wien (gr. 8°.) Bd. II, S. 295. – Taschenbuch für vaterländische Geschichte. Herausgegeben durch die Freiherren von Hormayr und von Mednyánszky (Wien, 12°.) Jahrg. 1836, S. 442 u. 446; Jahrg. 1845, S. 110. – Theater-Zeitung, herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, gr. 4°.) 1843, Nr. 229: „Nekrolog“, von Weidmann. – Tschischka (Franz), Kunst und Alterthum in dem österreichischen Kaiserstaate (Wien 1836, Fr. Beck[WS 2], gr. 8°.) S. 52, 53, 56, 76, 393 [gibt auch den 11. August 1779 als seinen Geburtstag an]. – Kataloge der Jahres-Ausstellungen in der k. k. Akademie der bildenden Künste zu St. Anna in Wien (8°.) 1816, S. 14, Nr. 5, 8; S. 17, Nr. 42; S. 21, Nr. 103; S. 22, Nr. 120; S. 23, Nr. 138; 1822, S. 6, Nr. 83; S. 7, Nr. 105; S. 12, 13 u. 14, Nr. 1–34. – Porträt. Im Holzschnitt in Melly’s obbenannter Schrift über Karl Ruß.
Urtheile über Ruß als Künstler. Hormayr schreibt in seinem „Archiv“ 1822, Nr. 89, über Ruß: „.... Die Darstellung vaterländischer Geschichte hat gar keinen nothwendigen Zusammenhang mit der Kindheit der altdeutschen Kunst und mit ihren Gebrechen, so wenig als es nöthig ist, in einer Sage oder Legende, aus dem Mittelalter dazz, dick, Vrowe, Owe, Durabe, trauten, Missewende u. s. w. zu schreiben statt daß, viel, Frau, Aue, Glück, worauf, umarmen, fehl u. s. w. Wir haben davon Einiges an den Gemälden des vaterländischen Cyklus des wackeren Kustoden Ruß bemerkt, Mangel an Harmonie, unzweckmäßige, störende Ueberfüllung mit allen erdenklichen Farben zur Heldenkraft unserer mannhaften Altvordern, häufig noch eine ungebetene Zuwage von Caricatur und Grimasse, hie und da, Mangel an Perspective, an Uebergängen, an Halbschatten, an Mitteltinten. Aber dieser glühende Patriot hat eine ganz neue Bahn gebrochen, konnte sich bei [288] keinem Vorgänger unterrichten; was allerdings weit bequemer ist und viele Versuche und Fehler im Vorhinein erspart. Das Mittelalter im Mittelalter aufzusuchen, schien ihm natürlicher, als über die Nibelungen sich in David’s Horatiern oder Paris und Helene Rathes zu erholen oder für die Marchfeldschlacht in den englischen Kupferstichen seine Muster zu kühren. – In keinem der Ruß’schen Bilder ist Talent zu verkennen, jeder erfreut sich eigenthümlicher Vorzüge, in manchem ist ein ganzer Mikrokosmos[WS 3] des Mittelalters entwickelt. Der Antheil, den diese nationalen Gegenstände gerade in der letzten Zeit der Exposition unter der studirenden Jugend, unter dem Volke gewannen, und das Verschlingen der wiewohl flüchtigen Anzeige war für den ersten Beobachter rührend und gewiß der Lohn, den dieses Künstlers Gluth für Nationalität und Dynastie am meisten begehrt und am freudigsten empfängt.“ – Nagler schreibt über Ruß: „Ruß war ein productiver Geist von Kraft und Leben, unermüdet im Studium seiner Geschichtsquellen und des Costums. Man warf ihm deßwegen sogar Alterthümelei vor, allein, wenn dieses sein Studium zu sicheren Resultaten geführt hat, so ist es keineswegs zu tadeln. Gegründeter ist der Vorwurf der Ueberspanntheit und Deutschthümelei. Auch erscheinen seine Werke etwas manierirt, und da Ruß nach Glanz und Kraft der Farbe strebte, gebricht es ihnen an Ruhe und Harmonie. Rußens Ueberfülle hat unbeschäftigt, sich selbst überlassen, alle Schranken überschritten, und der Verfasser der Geschichte der neueren deutschen Kunst sagt, es sei zu bedauern, daß die Gemälde dieses Künstlers, der bei großartiger entsprechender Anregung die herrlichsten Werke der Kunst zu schaffen fähig war, fast ungenießbar geworden seien. Sein Tiresias und seine Hecuba, Werke seiner früheren akademischen Richtung, bleiben jedoch die besten Bilder damaliger Zeit.“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Eegypter.
  2. Vorlage: Franz Beck.
  3. Vorlage: Mikrokosmus.