Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Melnitzky, Franz
Band: 17 (1867), ab Seite: 331. (Quelle)
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Melly, Eduard (Archäolog, geb. zu Krems in Niederösterreich 15. Jänner 1814, gest. im ungarischen Badeorte Pistyan 22. October 1854). Sein Vater, der in Krems Landesadvocat war, starb ein Jahr nach der Geburt des Knaben, mit welchem die Mutter später nach Wien übersiedelte, wo sie ihn dem Kudlich’schen Erziehungshause übergab. Schon während des Gymnasial-Unterrichtes, den er im Kloster der Schotten genoß, zeigte sich Vorliebe für Historie und Alterthumskunde, die sich in einem lebhaften Eifer, Münzen und Siegelabdrücke zu sammeln, kund gab. In den Ferienmonaten liebte es der sinnende Knabe, nach den Burgen und Ruinen Niederösterreichs zu wandern, Wälder zu durchstreifen, die Donau zu befahren, nach Sagen und Legenden zu forschen. Während der philosophischen Studien an der Universität waren es die geistvollen Vorlesungen über Archäologie und Numismatik des unersetzten Steinbüchel, welche dem Streben und der Wißbegierde M.’s eine mächtige Anregung und entscheidende Richtung gaben. Von diesem Manne, der dessen Talent bald erkannte, kamen ihm wissenschaftliche Unterstützung, väterlicher Rath und materielle Hilfe. Auf seine Empfehlung erhielt Melly eine Pension im Hause Sr. k. Hoheit des Erzherzogs Ferdinand d’Este [Bd. IV, S. 86]. Im Jahre 1837 nach Modena berufen, hielt er den beiden Söhnen des Erzherzogs archäologische Vorträge. Hierauf besuchte er Florenz, Rom, Neapel. Ein fünfjähriger Aufenthalt im gelobten Lande der Kunst bereicherte den immer regen Geist mit bedeutenden Schätzen des Wissens und der Anschauung, und zeitigte jene in sich ruhende Sicherheit auf dem selbstgewählten Gebiete. Die „Augsburger Allgemeine Zeitung“, Lewald’s „Europa“, Witthauer’s „Wiener Zeitschrift“ enthalten aus jener Zeit manche schätzenswerthe Mittheilung, theils wissenschaftlichen, theils schöngeistigen Inhalts, und geben ein Zeugniß von dem ernsten Streben des jungen Mannes, sich, wenn auch ohne Aussicht auf eine sichere Stellung, in dem von ihm mit Liebe erfaßten Studium auszuzeichnen. Nach dieser Lehr- und Wanderzeit wurde Melly von Sr. k. Hoheit dem Erzherzog d’Este nach Lemberg gesendet, um die Münzen des Ossolinsky’schen Museums zu ordnen und einen kritischen Katalog zu verfassen. Den an wissenschaftlichen Verkehr, an eine poetische Umgebung gewohnten jungen Mann konnte die geistige Isolirtheit nicht lange festhalten, und da er sich im Jahre 1842 glücklich vermält hatte, gab er nach vollendeter Arbeit seinen Posten auf, kehrte nach Wien zurück, mit einem Wunsche, den er niemals aufgab und der sich ihm nicht erfüllen sollte, nach Rom zu übersiedeln. In eine wohlthuend unabhängige Lage versetzt, gab er sich seinen Lieblingsstudien nun ganz [332] hin, deren erste Frucht sein gleich beim Erscheinen vielfach anerkanntes Prachtwerk, „Die Siegelkunde“, war, welches selbst der strenge Kunstrichter Kugler als ein „classisches Werk“ begrüßte. Diesem folgte die treffliche „Monographie des Westportals der St. Stephanskirche“, während er eine Biographie des vaterländischen Künstlers Ruß als Beilage zu Frankl’s „Sonntagsblätter“ herausgab, und in dieser selbst fleißig die Kunstzustände der Residenz in Beziehung auf Plastik, Malerei und Architectur kritisirte. Die beiden ersten genannten Werke, in denen Melly, vielleicht der Erste in unserem Vaterlande, die historische Richtung einschlug, lenkten auf ihn die volle Aufmerksamkeit und Hoffnung der wissenschaftlichen Welt und brachten ihm aus allen Fernen Anerkennung und Auszeichnung; während er die von ihm geschaffenen Werke, da kein Verleger daran sehr kostspielige, auf keinen großen Absatz berechnete Auflagen wagen mochte, mit den bedeutendsten Opfern aus eigenen Mitteln in’s Leben förderte und sich so um die Wissenschaft des Vaterlandes ein doppeltes Verdienst erwarb. Das verhängnißvolle Jahr 1848 war für M., wie für Andere, eine vorübergehende Episode. Von der Stadt Horn in Niederösterreich zum Abgeordneten in das deutsche Parlament gewählt, nahm er in demselben nur einmal das Wort, als es sich um die Heraldik des deutschen Wappens handelte. Auf einer Reise lernte M. in Halberstadt den Dompropst Augusti kennen, der ihn mit den höchst interessanten Domschätzen von Halberstadt und Quedlinburg bekannt machte. M. begeisterte sich rasch für diese Gegenstände, und ließ sogleich mit der Zeichnung von einzelnen beginnen, in der Absicht, das mit kostbarem Farbendruck illustrirte Werk mit einer historischen Einleitung und Erklärung herauszugeben. Eilf dieser Prachtblätter wurden vollendet, fernere Zeichnungen fanden sich im Nachlasse vorbereitet. Ueber diesen gelehrten Arbeiten war Melly in den letzten Jahren seines Lebens als Comitémitglied des neuen Kunstvereins lebhaft thätig und mit Vorliebe der Entwickelung der Kunstzustände in unserer Residenz stets zugewendet. Er war ein eifriger Vertreter der leider bei uns völlig brachliegenden Kunstkritik, und das Journal der „Wanderer“ enthält durch eine Reihe von Jahren eine fast ununterbrochene kritische Chronik alles dessen, was die plastische Kunst in Wien geschaffen oder auch nicht geschaffen hat, aus Melly’s Feder. Eine so mannigfach begabte und bereits wissenschaftlich bewährte Kraft konnte bei dem erwachten neuen Leben in Oesterreich nicht unbeachtet bleiben. M. wurde von den Ständen Steiermarks zur Durchforschung des Landes, zur Anfertigung einer archäologischen Karte und zur Abhaltung von Vorträgen angestellt, und von Sr. Majestät dem Kaiser als archäologischer Conservator Steiermarks im Jahre 1851 bestätigt. Nun war ein ersehnter Kreis des Wirkens aufgethan, eines Wirkens, das mit dem innersten Berufe des Mannes glücklich zusammentraf. Einem sorgenfreien Blicke in die Zukunft, zeigten sich neue wissenschaftliche Thaten und neuer Ruhm. Da ergriff ihn die unerbittliche Hand der Krankheit. Im Jahre 1851 von einem gichtischen Leiden befallen, verließ es ihn nicht mehr und bannte ihn in den letzten 19 Monaten seines Lebens unerbittlich an’s Bett. Im September 1854 sehnte er sich nach dem Bade Pistyan, wo er schon früher Linderung seiner Schmerzen gefunden hatte. [333] Daselbst starb er, bis zu den letzten Momenten klar und ruhig, im Alter von erst 40 Jahren. Während der heftigsten Leiden war er geistig ununterbrochen thätig, und im wörtlichen Sinne nahm erst der Tod die Feder aus der schon erkaltenden Hand des Martyrthums einer den Aerzten nicht genug klaren Krankheit, die auch nach dem Tode nicht aufgehellt wurde, weil der Scheidende die Section verboten hatte. Die bibliographischen Titel seiner selbstständig erschienenen Werke lauten: „Karl Russ. Umriss eines Künstlerlebens“ (Wien 1844, Pfautsch u. Comp., Lex. 8°.); – „Beiträge zur Siegelkunde des Mittelalters“, 1. Theil (Wien 1846, Volke, gr. 4°., mit 12 Kupfertaf.), ein zweiter Band befand sich bei Melly’s Tode vollendet und zum Drucke bereit; – „Vaterländische Urkunden, 1 Heft I–CXIII. Urkunden deutscher Kaiser und Könige, österreichischer und anderer Regenten“ (Wien 1846, Volke, gr. 4°.); – „Das Westportal des Domes zu Wien, in seinen Bildwerken und in ihrer Bemalung“ (Wien [Leipzig, Hübner] 1850, gr. 4°., mit 1 Holzschnitttafel u. eingedr. Holzschnitten). M. war Mitglied des kais. Institutes in Frankreich, der kön. Akademie der Wissenschaften in Neapel, des archäologischen Institutes in Rom, der großherzoglichen Akademie zu Arezzo, des kön. sächs. Alterthumsvereins zu Dresden, des sächs. thüringischen Vereins für Erforschung der vaterländischen Alterthümer, der numismatischen Gesellschaft in Berlin u. m. a. Mit der Sichtung und Ordnung des Nachlasses sollte auf Melly’s eigenen Wunsch der tüchtige Archäolog Feil [Bd. IV, S. 162] betraut werden. Ob es geschehen und was damit geschehen, ist dem Herausgeber dieses Lexikons nicht bekannt.

Dr. Eduard Melly (Wien 1854, gedruckt bei Leopold Sommer, 8 S. 8°.) [Verfasser dieser nur in wenigen Exemplaren gedruckten Biographie ist Dr. L. A. Frankl]. – Wanderer (Wiener polit. Blatt) 1854, Nr. 563. – Faust. Polygraphische Zeitschrift. Herausgegeben von Auer. Redigirt von Leopold Kordesch (Wien, gr. 4°.) 1855, Nr. 4. – Frankl (L. A.), Sonntagsblätter (Wien, 8°.) II. Jahrg. (1843), S. 465; III. Jahrg. (1844), S. 71; IV. Jahrg. (1845), S. 84, 109. – Porträt. Gemalt von F. Schubert, in Kupfer geschabt von Christian Mayer.