BLKÖ:Collin, Heinrich Joseph II. von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
fertig
Band: 2 (1857), ab Seite: 412. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Heinrich Joseph von Collin in der Wikipedia
Heinrich Joseph von Collin in Wikidata
GND-Eintrag: 11852156X, SeeAlso
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Collin, Heinrich Joseph II. von|2|412|}}

Collin, Heinrich Joseph II. von (Dichter, geb. zu Wien 26. Dec. 1772, gest. 28. Juli 1811). Sohn des Vorigen. Erhielt seine erste Bildung im Löwenburg’schen Convicte zu Wien, wo er namentlich classische und ästhetische Studien trieb. 1790 besuchte er die Universität und studirte die Rechte. Nach vollendeten Studien wurde er als Concipist bei der damaligen Finanzhofstelle angestellt und zeichnete sich im Dienste so rühmlich aus, daß er bald zum Hofsecretär und 1809 zum Hofrath bei der damals bestandenen Credits-Hofcommission befördert wurde. In dieser Stellung erwarb sich C. durch seinen rastlosen Eifer und seine Kenntnisse die besondere Zuneigung des damaligen Finanzministers Grafen von O’Donel. Doch angestrengtes Wirken in seinem Berufe und der Umstand, daß er sich keine Erholung gönnte, denn die Nächte waren gewöhnlich der Poesie gewidmet, zerstörten seine ohnehin nicht sehr feste Gesundheit und schon in wenigen Tagen endigte ein Nervenfieber sein Leben in der vollsten Manneskraft; er zählte noch nicht 40 Jahre. Heller Blick, reifes Urtheil, lichtvoller Vortrag und unermüdlicher Fleiß mit Hintansetzung aller selbstischen Rücksichten zeichneten C. als Staatsdiener aus. Kaiser Franz I. belohnte auch seine Verdienste um den Staat durch Verleihung des Ritterkreuzes des Leopoldordens. C.’s frühere poetische Arbeiten wurden durch ihn selbst vernichtet. Im Alter von 20 Jahren dichtete er das Schauspiel: „Der Scheinverbrecher“, welches er später umarbeitete und unter dem Titel „Julie von Billenau“ erscheinen ließ. ─ Dann gab er heraus: „Künstler-Entzückung, eine Ode“ (Wien 1807, Degen, gr. Fol.); ─ „Landwehrlieder“ (Wien 1809); zugleich mit seinem Bruder Matthäus: „Die Befreiung von Jerusalem. Oratorium“ (Wien, Wallishausser, gr. 8°.); ─ nach seinem Tode erschienen: „Gedichte“ (Wien 1812, Strauß [Schaumburg u. Comp.], mit dem Porträte des Verfassers, gr. 8°.); ─ „Sämmtliche Werke. Herausgegeben von Matthäus von Collin“, 6 Bde. (Wien 1812─1814, Schaumburg u. Comp., gr. 8°., mit K. K.). Diese letzteren enthalten seine dramatischen Arbeiten, darunter: „Regulus; diese in Folge einer Wette in 6 Wochen vollendete Tragödie ist seine [413] gelungenste und am meisten bekannt geworden; sie wurde von Lorenz Randolini in Triest in’s Italienische übersetzt; „Coriolan“, „Polyxena“, „Balboa“, „Bianca della Porta“, „Mäon“ und die „Horatier und Curiatier“, die Oper: „Brademante“ von Reichhardt 1809 in Musik gesetzt, jedoch nie aufgeführt, Oden und kleinere Gedichte, ein Bruchstück eines Heldengedichtes: „Rudolf von Habsburg“, seine 1809 mit warmem Patriotismus gedichteten Lieder österr. Wehrmänner und endlich prosaische Aufsätze verschiedenen Inhalts. Die dramatischen Dichtungen Collins verrathen fleißiges Studium der römischen und griechischen Classiker und zeichnen sich durch eine schwungvolle Sprache ─ welche sich jedoch manchmal in’s Rhetorische verliert, ─ durch Einfachheit in der Anlage, Kraft in den Gedanken und edle Haltung der Charaktere aus. Jahre lang trug er oft Plan und Ausführung eines Werkes im Gedächtnisse, änderte, besserte und berichtigte, bis er es zu Papier brachte. C. fand die lauteste Anerkennung seiner Zeitgenossen und seine dramatischen Dichtungen, zu seiner Zeit mit Erfolg gegeben, sichern ihm eine ehrenvolle Stelle unter den deutschen Dichtern. Doch der [unten in den Quellen mitgetheilte] Ausspruch Goethe’s über seinen „Regulus“ hat sich auch an anderen Dramen C.’s erfüllt, sie haben sich auf der deutschen Bühne nicht erhalten. Seine Oden sind voll Begeisterung und seine „Wehrmannslieder“ sind der Erguß eines Patriotismus, der in einer bedrängnißreichen Zeit in tausend und tausend Gemüthern einen Widerhall fand. Die Ballade behandelt er meisterhaft, Schiller war darin sein Vorbild. Seine Ballade „Kaiser Max auf der Martinswand“ dürfte kaum in einer guten Chrestomathie fehlen, und „Leop. v. Solothurn“; ─ „Kaiser Albrechts Hund“ sind würdige Seitenstücke dazu. Als Mensch war C. allgemein hochgeachtet. Im Kreise seiner Freunde fühlte er sich am behaglichsten. Im Umgange liebenswürdig, verband er mit den Schätzen reichen Wissens die Gaben eines angenehmen Gesellschafters. Gegen jüngere Talente war er theilnahmsvoll stets mit Rath und That zur Hand. Gefühlvoll und gefällig gab er mit vollen Händen, und war ein edler Mensch in des Wortes schönster Bedeutung.

Biographien. Den von seinem Bruder Matthäus herausgegebenen gesammelten Werken Heinrichs von Collin hat der Herausgeber eine ausführliche Biographie des Dichters vorangeschickt. ─ Der östr. Volksbote. Kalender f. 1855 (Wien, Pichler, gr. 8°.) III. Jhrg. S. 137. ─ Ersch (J. S.) und Gruber (J. G.), Allgem. Encyklopädie der Wissenschaften und Künste (Leipzig 1822, Gleditsch, 4°.) I. Sect. 22. Th. S. 53. ─ Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für gebildete Stände (Hildburghausen 1845, Bibl. Inst., Lex. 8°.) VII. Bd. 2. Abtheil. S. 995. ─ (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) IV. Bd. S. 289. ─ Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer u. Czikann), (Wien 1837, 6 Bde.) I. Bd. S. 569. ─ Oestreichs Pantheon. Gallerie alles Guten und Nützlichen im Vaterlande (Wien 1831, M. Chr. Adolph) III. Bd. S. 47. ─ Annalen der Literatur und Kunst in den östr. Staaten (Wien, 4°.) 1803. Intelligenzblatt Nr. 8, Sp. 61. ─ Wigands Conversations-Lexikon für alle Stände (Leipzig 1847, gr. 8°.) III. Bd. S. 487.[BN 1][BN 2][BN 3]Zur Biographie. Wiener allgemeine Theaterzeitung von Ad. Bäuerle, IX. Jahrg. 1816, Nr. 93: „Ein merkwürdiger Brief von H. J. v. Collin an Ludw. Schubart.“ ─ Urtheile über Collin. Goethe’s Urtheil über den „Regulus“ von Heinrich von Collin (siehe Goethe’s sämmtliche Werke in 30 Bänden [Stuttgart u. Tübingen 1851, gr. 8°.] XXVI. Bd. S. 115) ...... „Wie die Einsicht des Verfassers in die römische Geschichte, so sind auch seine geäußerten theils römischen theils allgemein menschlichen Gesinnungen lobenswerth. Sie haben durchaus etwas Rechtliches meist etwas Richtiges; allein aus allen diesen einzelnen Theilen ist kein Ganzes entstanden ... Man kann wohl sagen, daß keine Charaktere in dem Stücke sind. Die Leute stehen wohl durch Zustände und Verhältnisse von einander ab [414] und meinen auch einer anders als der andere, aber es ist nirgends ein Zug, der ein Individuum, ja auch nur im rechten Sinne eine Gattung darstelle. Da dieses Stück übrigens Figuren hat, die den Schauspielern zusagen, so wird es wohl auf vielen deutschen Theatern gegeben werden, aber es wird sich auf keinem halten, weil es im Ganzen dem Publicum nicht zusagt, das die schwachen und leeren Stellen gar zu bald gewahr wird.“ ─ Nouvelle Biographie générale … publiée sous la direction de Mr. le Dr. Hoffer (Paris 1853) XI. Bd. Sp. 178 [Treffend bezeichnen die Franzosen Collins dramatische Arbeiten: „Elles (ses tragédies) sont faites pour être lues plutôt que pour être représentées“]. ─ C.’s Schrift. Henze (Adolph), Die Handschriften der deutschen Dichter und Dichterinnen (Leipzig 1855, B. Schlicke, 8°.) S. 22 [charakterisirt C.’s Schrift: „Gutmüthige Züge mit hofrathlichem Schnitt und Borden“, dabei das Facsimile seiner Unterschrift]. ─ C.’s Porträte. Ein sehr ähnliches Porträt C.’s hatte der k. k. Hofschauspieler Lange gemalt. Seine Excellenz der Graf Moriz Dietrichstein veranlaßte, als Collin gestorben war, daß darnach seine Büste von einem vaterländischen Künstler ausgearbeitet und mehreren Freunden des Dichters im Gipsabgusse zugestellt wurde. ─ C.’s Grab und Monument. Frankl (L. A. Dr.), Sonntagsblätter (Wien, gr. 8°.) V. Jahrg. 1846 im Juli [enthält ein von J. N. Passy veröffentlichtes Schreiben, worin dieser mittheilt, daß ihm von Sr. Ex. dem Grafen Moriz Dietrichstein der Auftrag geworden, da der alte Friedhof in Gersthof, wo Collin begraben lag, auf einen neuen Platz verlegt werde, die Uebertragung der noch vorfindlichen Ueberreste auf den neuen Friedhof zu veranlassen, wozu Passy den Jahrestag von Collins Sterbetag den 28. Juli 1846 anberaumt hatte.] ─ Allg. Theaterzeitung von Ad. Bäuerle (Wien 1812) VII. Jahrg. Nr. 30: „Collins Feier.“ ─ Ebendaselbst 1834, XXVII. Jahrg. Nr. 150: „Collins Denkmal in der Karlskirche“; mit Abbildung gez. von Huber, in Holz geschn. von Höfel, der Text von W. Wanderer. Das Denkmal ist aus Granit gearbeitet, das Porträt en Medaillon nach dem schon erwähnten Bilde des Hofschauspielers Lange ist nebst den zwei sitzenden Gestalten, einer männlichen und einer weiblichen, im unteren Felde am Sockel aus weißem Marmor verfertigt. Auf der Schrift im Schooße der weiblichen Figur sind Collins Geburts- und Sterbetag angegeben, zwischen der Büste des Dichters und den zwei Gestalten in der Mitte des Monumentes ist in Lapidarschrift folgende Aufschrift: Dem vaterländischen Dichter Heinrich Collin MDCCCXIII. ─ Ebendaselbst XXXIX. Jahrgang, 1846, Nr. 180, S. 720: „Die Ueberreste des H. Edlen von Collin betreffend“ von Passy. ─ Stiftung. Gräffer (Franz), Wiener Dosenstücke (Wien 1852, J. F. Greß, 8°.) II. Bd. S. 190: „Die Collinische Stiftung.“ Mittelst Stiftbrief vom 26. Dec. 1813 sind zum Genusse jährlicher 300 fl. für die Dauer der Rechtsstudien solche Jünglinge berufen, welche durch Talent, tadellose Sitten und Fleiß sich auszeichnen und die philosophischen Studien zurückgelegt haben. Nicht Collin selbst ist der Stifter, sondern Se. Ex. Graf Moriz Dietrichstein, ein inniger Freund des Dichters, erließ eine Einladung zu einem Denkmal für den früh hingeschiedenen Dichter. Es kamen für dasselbe 16,956 fl. ein. Von den Kosten des Monumentes und den Geschenken an Arme blieben 6000 fl. übrig, und diese beschloß der Graf, um das Andenken an den edlen Dichter auch nach anderer Seite hin zu heiligen, für eine Stiftung zu verwenden, welche den Namen des Dichters tragen sollte. Wie es auch geschah.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Collin, Heinrich Joseph (II.) von [Bd. II, S. 412].
    Der Sammler (Wien, 4°.) 1811, S. 360, 392, 439: „Grabschrift auf Collin“; S. 598, 610, 614, 617; 1812, S. 174, 390: „Lessing und Collin“. [Band 23, S. 377]
  2. E Collin, Heinrich von [Bd. II, S. 412].
    Erster Jahresbericht der k. k. Realschule im Bezirke Sechshaus bei Wien. Veröffentlicht am Schlusse des Schuljahres 1872/75 (Sechshaus 1873, L. W. Seidel, 8°.), enthält S. 1–44 den Programm-Aufsatz: „Ueber Heinrich von Collin. Ein Beitrag zur Geschichte österreichischer Dichter“. Von Franz Gaßner. [Band 26, S. 371]
  3. E Collin, Heinrich Joseph (II.) [Bd. II, S. 412; Bd. XXIII, S. 377].
    Erster Jahresbericht der k. k. Realschule im Bezirke Sechshaus bei Wien. Veröffentlicht am Schlusse des Schuljahres 1872/73 (Wien 1873, L. W. Seidel u. Sohn, 8°.) S. 1: „Ueber Heinrich von Collin. Ein Beitrag zur Geschichte österreichischer Dichter“, von Franz Gaßner. [Band 28, S. 328]