BLKÖ:Salm, Niklas (II.) Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 28 (1874), ab Seite: 135. (Quelle)
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18. Niklas (II.) Graf Salm (geb. zu Nieder-Salm in den Ardennen im J. 1459, gest. auf Gut Salmhof bei Marchegg 4. Mai 1530). Aue der Linie der Salm-Neuburg, ein Sohn des Hanns (VII.) Grafen Salm aus dessen Ehe mit Anna von Harcourt. Fast noch in den Knabenjahren trat er schon in österreichische Kriegsdienste und focht unter Habsburgs Fahnen bei Murten, 1477, gegen Karl den Kühnen, Herzog von Burgund. Im Jahre 1486 zog er unter Maximilian I. gegen die aufrührerischen Flandern und im Jahre 1506 gab er dessen Sohne Philipp das Geleite nach Castilien. 1509 eroberte er Istrien und 1513 half er unter Freundsberg den Sieg bei Creazza erkämpfen und Verona erst erstürmen, dann aber muthvoll vertheidigen. Bald darauf wurde er zum Statthalter von Ober- und Unterösterreich und kurz nach Ferdinand’s I. Ankunft in Wien zum Feldhauptmann dieser Provinz ernannt. In der denkwürdigen Schlacht bei Pavia am 25. Februar 1525 verwundete er im Kampfe Franz I., der dagegen ihm den Schenkel durchstieß. Im nämlichen Jahre noch beendigte er mit kühner Raschheit den großen [136] Bauernaufstand in Oberösterreich. Nun kämpfte Salm in dem Kriege, der um Ungarns Krone gegen Johann Zapolya entbrannt war. eroberte Tokai, entsetzte Erlau und errang im Jahre 1528, in welchem er zum obersten Feldhauptmann ernannt wurde, einen glänzenden Sieg bei Szinye über den Gegenkönig. Den schönsten Lorbeer aber wand er sich um sein Haupt als Wiens Stadtcommandant, als die Stadt im Jahre 1529 von Mitte September an von dem siegreich von Ungarn heranrückenden, 300.000 Mann starken Osmanenheere unter Soliman belagert wurde. Durch seine Gegenwart auf allen Puncten, wo die Gefahr am drohendsten war, ermuthigte er die kleine Zahl der Vertheidiger, die im Ganzen 20.000 Mann zu Fuß und 2000 Reiter zählte, welche überdieß von den mannhaften Bürgern Wiens und den glänzendsten Namen des österreichischen Adels unterstützt wurde. Die Namen der Helden, welche Wien vor dem Untergange durch die Osmanenhorden errettet, verdienen es, in diesem Werke zum bleibenden Andenken verzeichnet zu werden. Außer den beiden Oberrommandanten Niklas Salm und Wilh. Rogendorf [Bd. XXVI, S. 271, Nr. 10] sind zu nennen der junge Pfalzgraf Philipp, unvergeßlich durch seine Tapferkeit, Hanns Katzianer, Niklas Thurn, Hector Reischach und Leonhard von Völs, welche als General-Feldwachtmeister dienten; Wilhelm Rogendorf’s Bruder Wolf, Ulrich Leyser und der General-Proviantmeister Marcus Beck von Leopoldstorf; der Statthalter Georg von Puchheim, der Kanzler Niklas Rabenhaupt, die beiden freiwillig am Kampfe theilnehmenden Grafen Wolf von Oettingen und Rupert zu Manderscheid, von der Bürgerschaft die Hauptleute Hanns Wilhelm Griessenecker, Leonard Hauser, der Bürgermeister Wolfgang Trey, der Stadtrichter Paul Bernfuß, die Rathsherren Wolf Mangold, Bastian Schranz, Bastian Eysenach; von einem auserlesenen Häuflein Spanier Don Luys de Avalos, Anquillera und Villarvet, und der in Verfolgung des Feindes verwegene Don Juan de Salamanca, und endlich von der Blüthe des österreichischen Adels Männer und Jünglinge aus den Familien Apfaltrer, Auer, Auersperg, Berlichingen, Bibra, Brzezina, Buchheim, Enzenberg, Gall, Gundelfingen, Hager, Herberstein, Hoheneck, Hohenfeld, Khevenhüller, Knobelsdorf, Kollonitsch, Lamberg, Lasberg, Mallenstein, Nimptsch, Pappenheim, Payrsberg, Rziczan, Rosenberg, Schallenberg, Schwarzenberg, Seidlitz, Sinzendorf, Starhemberg, Stadler, Trauttmansdorff, Wartenberg, Wildenstein, Wolkenstein. In Monatsfrist wurden nicht weniger denn zwanzig wüthende Stürme des Feindes zurückgeschlagen, und im letzten Hauptsturme, an dem in Oesterreichs Geschichte durch die wichtigsten Erinnerungen, Schlachten und Friedensschlüsse so denkwürdigen 14. October [vergleiche Hormayr’s „Taschenbuch für vaterländische Geschichte“ 1821, S. 101], empfing der damals 71jährige Heldengreis Niklas Salm seine Todeswunde. Maler Karl Ruß verherrlichte diesen Augenblick durch ein Gemälde, in welchem er den greisen Heros darstellt: seinen Siegerdegen mit der Rechten noch festhaltend, den Fuß auf den eroberten Roßschweifen, in den Armen der Freundschaft und Liebe seines Waffenbruders Rogendorf und dessen Tochter Elisabeth, der Gemalin Salm’s, die sich vergebens müht, das aus der Wunde strömende Blut mit ihrem Schleier zu stillen. Karoline Pichler aber verherrlichte die Scene durch ihr Gedicht: „Die Freunde“. Nach diesem letzten Hauptsturme und Salm’s Verwundung beschloß Soliman den Rückzug, nachdem er vorher noch in seinem Lager Tausende von christlichen Gefangenen ohne Unterschied des Alters, Ranges und Geschlechtes hatte niedermetzeln lassen. Vor Mitternacht am 17. October wurde das gesammte Geschütz noch einmal auf die Stadt losgebrannt, das Lager in Brand gesteckt und dann der Rückzug angetreten. Ueber 40.000 Türken waren vor Wien umgekommen. Salm, seiner Wunde nicht achtend, folgte den Fliehenden, in der Hoffnung, Gran und vielleicht Ofen vor den Fliehenden zu erreichen; aber sein Zustand gestattete ihm nicht die Ausführung, er mußte schleunigst auf sein nahes Schloß Marchegg gebracht werden, daselbst auf seiner später nach ihm benannten Besitzung Salmhof hauchte er sein Heldenleben aus. Die Kaiser Karl V. und Ferdinand I. ehrten das Andenken Salm’s durch Errichtung eines Marmordenkmals in der Dorotheakirche in Wien. Im Jahre 1790, nach Aufhebung dieser Kirche, wurde das Denkmal den Nachkommen des Helden überliefert und gelangte so auf die Allodherrschaft Raitz in [137] Mähren, wo wegen Raummangel blos der Deckel des Monumentes in die Capelle des von dem Architekten Beduzzi im Jahre 1750 erbauten Schlosses, die Tumba aber auf einer Pappelinsel des sogenannten Mühlteiches im Parke aufgestellt wurde. Später, im Jahre 1820, wurde letztere am Schüttkasten (Getreidespeicher) zwischen ökonomischen Geräthen ... verwahrt. Dieß veranlaßte im Jahre 1863 die k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale das Mausoleum von Raitz nach Wien bringen zu lassen, um es in einer dortigen Kirche aufzustellen. Niklas Graf Salm mit seiner Gemalin, einer gebornen Gräfin Rogendorf, ist der Stammvater der Linie Salm-Neuburg. Von Salm’s Kindern war ein Sohn Wolfgang Bischof von Passau [Nr. 23] und starb im Jahre 1555, der ältere, Niklas (III.) [Nr. 19] (gest. 1550), pflanzte die Linie fort, welche im Jahre 1784 mit Grafen Karl Vincenz im Mannsstamme und mit Marie Antonie vermälten Graf Wolfgang Czernin im Jahre 1845 in der weiblichen Nachfolge erlosch. – Salm’s Mausoleum. Dasselbe besteht aus einer in Form eines länglichen Vierecks gehaltenen Tumba mit einem Deckelaufsatz aus gelblichweißem Marmor. Die äußere Länge des Denkmals beträgt an zwei Klafter. Auf dem Dackel ist hauterelief der Held in knieender Stellung angebracht. Lebensgroß, in voller Rüstung, mit dem Helm am Haupte und der Lanze hinter sich, blickt er auf das vor ihm stehende Crucifix. Am Fuße des letzteren ruht der Salm’sche Wappenschild: die beiden mit den Rücken gegeneinander gekehrten Salme. Der Grund ist mit Kreuzchen besäet, vom offenen Helm herabwallend, die weiß und rothe Wappendecke, oben der Fürstenhut, die uralte dynastische Herkunft anzudeuten. Als Helmzier wieder die beiden Salme. Oben gegen das Crucifix sieht man einen flatternden Zettel mit der Devise des Helden: Tibi sit gloria. Die weitere Inschrift lautet: Dis. Man. S. Incomparabilis heros, Nicolaus comes a Salm. Divi Ferdinandi Rom. Hung. ac Boem. Regis. Archid. Austriae, ab arcanis consiliis. Cubicular. et Supremus Provinciarum terrae Austriae Capitaneus. Quum D. Fridericus Rom. Imperator. Dux Sigismund. D. Maximilian. Rom. Imp. Philippus Rex Carolus V. Rom. Imperat. et Ferdinandus Rom. Caesar augusti fres rerum potirentur eorum auspiciis reip. annis XLVI. fortem atque strenuem operam, domi militiaeque navavit. Anno porro Dni MDXXIX Solymano Turcarum tyranno Viennam obsessam atrociter oppugnante, dum dirutis moenibus invictum generosi animi robur, pro muro hostium nimis opponit, saxo percussus letale vulnus accepit. Divus Ferdinandus patriae pater virtutis rerumque gestarum gloriae ergo, hoc ei monumentum fieri curavit. Obiit IV. die mensis Maji an, Dni. Jesu Salvatoris MDXXX. Virtutem posteri imitantor. An den vier Seitenwänden befinden sich zwölf Basreliefs mit S.’s vorzüglichsten Kriegsthaten, und zwar: Schlacht bei Creazzo (7. October 1515); Schlacht bei Tokai (21. August 1527); Schlacht bei Pavia (25. Februar 1525); Entsatz von Erlau (December 1527); Belagerung Wiens (1529); Schlacht bei Bicocca (22. April 1522); Eroberung Friauls (1509); Verona’s heldenmüthige Vertheidigung durch Salm, Freundsberg und Colonna (1513); Schlacht bei Szinye (15. März 1528); Schlacht bei Murten 22. Juni 1477) und Einnahme von Tokai. Die Zwischenräume dieser historischen Tableaux füllen zehn Medaillons mit den Brustbildern der Fürsten, unter denen Salm gedient: Friedrich IV., Max I., Philipp, Karl V., Ferdinand I., Sigmund von Tirol, Ferdinand der Katholische, mit jenen seiner berühmtesten Kampfgenossen Freundsberg. Bourbon und seinem eigenen. Fürst Hugo ließ im Jahre 1857 durch den herrschaftlichen Modelleur und akademischen Maler Friedrich Hawranek aus Prag sämmtliche Basreliefs in Gyps abklatschen und dieselben in sein Palais nach Wien schaffen. – Salm’s Rüstung. Die Rüstung, welche Niklas Graf Salm während Wiens Belagerung durch die Türken 1529 getragen, befindet sich als Geschenk des Altgrafen Hugo Franz im Franzens-Museum zu Brünn. (Im Wiener Zeughause oder Arsenal wäre der passendere Platz für dieses Schaustück.) [Taschenbuch für vaterländische Geschichte. herausg. von Hormayr und Mednyánszky (Wien, 12°.) 1823, S. 52: „Graf Niklas Salm“. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte. Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) Jahrg. 1815, Nr. 126–130; 1821, S. 154: über ein ihm gewidmetes Stück; 1825, Nr. 152 u. 153: „Graf Niklas Salm, der Retter Wiens wider den großen Suleyman“. – Oesterreichische [138] Wochenschrift für Wissenschaft und Kunst (Beilage der amtlichen Wiener Zeitung) (Wien, gr. 8°.) 1872, Heft 20, S. 635: „Zum Leben des Grafen Niklas Salm“, von H(ermann) M(eynert). – Kremser Wochenblatt (4°.) 7. Jahrg. (1862), Nr. 51, in den „Denkwürdigkeiten der Städte Krems und Stein“. – Brünner Zeitung 1863, Nr. 214, im Feuilleton: „Das Grabdenkmal des Grafen Niklas v. Salm“. – Porträt. Ganze Figur, zu Pferde. Nach dem Bilde von Geiger lith. von Gerasch (Wien, Neumann, Royal-Fol.).] –