Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Ruß, Karl
Band: 27 (1874), ab Seite: 275. (Quelle)
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Rusconi, Maurus (Naturforscher, geb. zu Pavia 18. November 1776, gest. zu Tremezzina am Comer-See 27. März 1849). Entstammt einer geachteten Kaufmannsfamilie. In seiner Vaterstadt beendete er die Studien und trat in den Neunziger-Jahren, von den politischen Ereignissen seiner Zeit hingerissen, in die Armee der Cisalpinischen Republik ein und erlangte in derselben die Stelle eines Artillerie-Hauptmanns. Als im Jahre 1799 die Festung Mantua den Oesterreichern sich ergab, befand sich auch R. in der Garnison der Festung. R. begab sich nun nach Paris und, nachdem er seine militärische Laufbahn aufgegeben, widmete er sich den naturwissenschaftlichen Studien, welchem der Seinestadt damals von Männern von europäischem Rufe gelehrt wurden. In sein Vaterland zurückgekehrt, begann er das Studium der Medicin, erlangte daraus im Jahre 1806 den Doctorgrad und im Jahre 1809 die Befugniß zur Ausübung der Praxis, der er in der Eigenschaft eines Arztes zu Santa Corona oblag, sie aber bald wieder aufgab. Im Jahre 1807 ernannten ihn die Professoren der Universität in Pavia zum öffentlichen Repetitor der Materia medica und im Jahre 1811 zu jenem der Physiologie und vergleichenden Anatomie an der Hochschule, in welcher Stellung R. bis zum Jahre 1817 thätig war. Als im letztgenannten Jahre in Folge der neuen Organisation der Studien dieser Unterricht aufgehoben wurde, wurde auch R. seiner Stelle verlustig und lebte nun als Gelehrter ausschließlich seinen Studien und Forschungen, ohne ferner ein seinen bedeutenden Kenntnissen entsprechendes Amt erlangt zu haben. Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien [276] zählte ihn seit ihrer Begründung (1. Februar 1848) zu ihren wirklichen Mitgliedern. Ein Jahrzehend früher nahm ihn die lombardische Akademie in ihren Schooß auf und noch ein Jahrzehend früher (23. Juni 1831) hatte ihn das Institut von Frankreich für eine seiner Arbeiten mit der goldenen Medaille ausgezeichnet. Außerdem war er Mitglied der Akademien von Modena, Bologna, Turin, Paris und der Gesellschaft der Aerzte in Wien. Mit den ersten Naturforschern seiner Heimat, aber auch mit jenen seiner Zeit, wie mit Cuvier, Ellis, Müller, Oken, Weber u. A., stand er in stetem wissenschaftlichen Verkehr. In den letzteren Jahren war er immer leidend. Nach den Ereignissen des Jahres 1848 verließ er Pavia, wo er bis dahin gelebt, und begab sich an den Comer-See, wo er zu Tremezzina Linderung seines Leidens suchte, das jedoch, zu weit vorgeschritten, schon nach einigen Monaten mit seinem Tode endigte. R. war 73 Jahre alt geworden. Die Titel seiner selbstständig erschienenen Werke sind: „Sul nuovo metodo di curare le ulceri chroniche delle gambe di Tomaso Baynton. Traduzione dall’ inglese“ (Pavia 1808, Bolzani); – „Della scoperta del vaccino politicamente considerato“ (ibid. 1816, P. Galeazzi); – „Descrizione anatomica degli organi della circolazione delle larve delle Salamandre acquatiche. Con una tavola colorita“ (ibid. 1817, Fusi e Comp., 4°.); – „Del proteo anguino di Laurenti, monografia pubblicata da Pietro Configliacchi ... e da Mauro Rusconi“. Con 4 tavole (ibid. 1819, Fusi e Comp., 4°.); – „Amours des Salamandres aquatiques et développement du tétard de ces Salamandres depuis l’oeuf jusgu’à l’animal parfait“. Avec 5 planches (Milano 1821, Giusti, 4°.); – „Développement de la grenouille commune depuis le moment de sa naissance jusgu’à son état parfait“. Avec 4 planches. Première partie (ibid. 1826, Giusti, 4°.), davon wurden nur 80 Exempl. abgezogen; – „Observations anatomiques sur la Syrène mise en parallèle avec le Protée et le tétard de la Salamandre aquatique“. Avec 6 pl. (Pavia 1837, Fusi), davon wurden nur 100 Ex. abgezogen; – „Riflessioni sopra il sistema linfatico dei rettili ecc. ecc. Con quattro tavole incise in rame e colorite“ (Pavia 1845, Fusi e Comp., 8°.), Auflage von nur 100 Ex.; – „Lettera del Dr. Mauro Rusconi al signor E. E. Weber prof. ... sopra i vasi linfatici dei rettili“. Con una tavola (Pavia 1847, Fusi, 8°.); – „Alcune osservazioni sopra i Congressi scientifici italiani; lettera di Tizio a Sempronio e risposta di Sempronio a Tizio“ (ibid. 1847, 8°.). Außerdem schrieb R. noch viele kleinere Abhandlungen – 32 an Zahl – in die wissenschaftlichen Blätter seiner Heimat, und zwar in das Giornale di Fisica von Pavia, in die Mailänder Annali universali di Medicina, in die Biblioteca italiana, in das Giornale delle scienze medico-chirurgiche di Pavia, in das Giornale dell’ Istituto Lombardo und in die Annales des sciences naturelles. Dieselben, von Biffi in dem in den Quellen bezeichneten Werke sämmtlich aufgezählt, behandeln die Anatomie und Metamorphosen und sonstige naturwissenschaftliche Beobachtungen über Fische, Frösche, Salamander und andere Reptilien. Sein Hauptwerk bleibt aber seine Monographie über den Proteus anguinus, welches nach dem Urtheile der Fachkritik seinen Ruhm für immer begründete. Gründlichkeit und Genauigkeit treten [277] bei R.’s Arbeiten insbesondere hervor. Er zeichnete und gravirte alle Tafeln selbst, was ihren wissenschaftlichen Werth nicht wenig erhöht; doch ließ er sich durch diese Geschicklichkeit nie verleiten, mehr zu zeichnen, als er sah, oder aber durch schone Illustration Nichtkenner zu blenden. Wahrheit in der Darstellung der Beobachtungen charakterisirt seine Blätter und erwarb ihm den Ruf eines ausgezeichneten Thieranatomen. Leider, und in seinen Schriften spricht sich diese Klage aus, war ihm durch den Umstand, daß er kein Lehramt bekleidete, die Gelegenheit zu voller wissenschaftlicher Entfaltung benommen. Obgleich er eine außerordentliche Fertigkeit und Geschicklichkeit im Präpariren und Injiciren namentlich der Lymphgefäße besaß, so hat er doch keine Sammlungen hinterlassen.

Biffi (Serafino), Sulla vita scientifica e sulle opere di anatomia e fisiologia comparata del dottor Mauro Rusconi (Milano 1853, gr. 8°.), 167 S.). – Giornale dell’ I. R. Istituto lombardo (Milano, 4°.) Tome IX (1857), p. 163. – Die feierliche Sitzung der kaiserl. Akademie der Wissenschaften am 29. Mai 1852 (Wien, 8°.) S. 66. – Porträt. In geschabter Manier ohne Schrift und Angabe des Stechers (4°.), lebensvolles Blatt.