BLKÖ:Lütgendorff, Ferdinand Freiherr

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Lüßner, Moriz
Band: 16 (1867), ab Seite: 142. (Quelle)
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Lütgendorff, Ferdinand Freiherr (Maler und Radirer, geb. zu Würzburg 24. Jänner 1785, gest. 28. April 1858). Nachdem er bei ausgesprochenem Talente für die Kunst seine künstlerische Ausbildung auf der Akademie zu München unter den Professoren Seidel und Hauber begonnen, begab er sich im Jahre 1805 nach Wien, wo er bis 1809 die Akademie der bildenden Künste besuchte und in kurzer Zeit den Ruf eines tüchtigen Künstlers erlangte. Im Jahre 1812 hielt er auf der Universität Erlangen. an welcher er auch die Würde eines Doctors der Philosophie erwarb, Vorlesungen über bildende Kunst. Von Erlangen begab er sich nach Prag, dann wieder nach Wien und zuletzt nach Preßburg, wo er sich längere Zeit aufgehalten und während des Landtages viele Bildnisse der damaligen ungarischen Deputirten radirt hat. Ueber den sonstigen Lebensgang und die Arbeiten dieses geschickten Künstlers ist leider wenig bekannt. Er malte in Oel, Aquarell und radirte. Dreizehn Altargemälde seiner Hand befinden sich in Kirchen Ungarns. Auch kennt Herausgeber zwei Folgen von mehr denn hundert Octavblättern mit radirten Profilbildnissen, die erste von ungarischen Magnaten und Ablegaten, die zweite von höheren Militärs und von Frauen des hohen Adels. Sehr sauber gearbeitet, leider alle im Profil gehalten, was eine störende Monotonie hervorbringt, sind die meisten der ersteren mit seinem Namen Baró Lütgendorf Ferd. und den Jahreszahlen 1826–1829 und nur sehr wenige mit dem von Nagler in seinen Monogrammisten angegebenen Monogramm versehen. Auf vielen Blättern steht als Unterschrift das Facsimile des Namenszuges des Abgebildeten. Die andere von L. im Jahre 1820 in Prag ausgeführte Folge, welche Bildnisse von Damen der höheren Aristokratie, hohe Militärs und Staatsmänner, auch alle im Profile vorstellt, hat ein etwas kleineres Format und sind die Blätter bei weitem nicht so sorgfältig und fleißig ausgeführt als die Blätter der vorerwähnten Folge ungarischer Magnaten. Diese Bildnisse tragen das von Nagler angeführte Monogramm, die Jahreszahl 1820 und unter einigen steht noch Prag radirt. Auch erschien von ihm eine „Sammlung bildlicher Darstellungen und malerischer Szenen aus Schiller’s vorzüglichsten Balladen und Romanzen“ (Prag 1816, von Mayregg; 2. Aufl. 1829, 16°.), zwölf Kupfer auf blaues Papier geklebt, im fügerisch-akademischen Geschmacke, mehr Umrisse als fertige Radirungen. – Sein Sohn Gottfried (geb. zu Preßburg um das Jahr 1825) ist bekannter unter dem Schriftstellernamen Gottfried von Leinburg und lebt seit vielen Jahren verheirathet in Wien. Kurze Zeit stand er in der administrativen Bibliothek des Staatsministeriums in Verwendung, dann wurde er beeideter Dolmetsch für die schwedische Sprache, in welcher Eigenschaft er noch thätig ist. Die erste Arbeit mit der er in die Oeffentlichkeit trat, war: „Schiller’s Lied von der Glocke, beleuchtet und erläutert“ (Frankfurt a. M. 1845, Bräuner, 12°.). Nun aber verlegte er sich auf das Studium der schwedischen Sprache und Literatur und begann die classischen [143] Werke derselben zu übersetzen; so erschienen: „Die Nachtmahlskinder. Aus dem Schwedischen des Esaias Tegnér“ (Bonn 1845, Henry Cohen, Lex. 8°.); – „Die Frithiofssage. Urschrift und Uebertragung in Prosa“ (Frankfurt a. M. 1846, Brönner, gr. 8°., mit 1 Karte); dieselbe in metrischer Form (2. Auflage 1857, Arnold, mit Tegnér’s Bildniß nach Ovarnström’s Statue. Miniaturausgabe; 3. Auflage 1865); dieser metrischen Uebersetzung in deutscher Sprache wird von den 13 oder 14 bisher vorhandenen von Fachmännern der Preis zuerkannt; auch bilden die S. 265–387 derselben beigegebenen Anmerkungen einen wahren Schatz ästhetischer, sprachlicher, mythologischer und culturhistorischer Erläuterungen; ferner ließ L. erscheinen: „E. Tegnér’s kleinere Dichtungen“ (Frankfurt a. M. 1847, Brönner). Im Jahre 1859 begann er mit der Herausgabe eines Hausschatzes der schwedischen Poesie, welcher vier Bände umfassen sollte, und er hat, um einen größeren Lesekreis zu gewinnen, den allgemein interessanteren dritten Band: „Dir gothische Schule 1810–1847“ (Leipzig 1860, Arnold, Lex. 8°.) zuerst herausgegeben. Haben Zeitverhältnisse oder mangelnde Theilnahme von Seite des Publicums, oder wohl beides die Vollendung dieses Werkes verhindert? Wenigstens sind der erste, zweite und vierte Band desselben bisher nicht erschienen. In letzter Zeit gab er heraus: „Helge. Ein Gedicht in Romanzen, von A. Oehlenschläger“ (Leipzig 1865, Arnold, 8°.), welcher trefflichen Uebersetzung gleichfalls werthvolle erläuternde Anmerkungen beigefügt sind. Mit seiner Frau Maria geborne Schüler von Andechs gab er heraus: „Pandora. Ein weltpoetisches Stammbuch“ (Leipzig 1860, Arnold, 16°.), eine Anthologie von Aphorismen, welche sich zunächst durch Mannigfaltigkeit des Stoffes auszeichnet. Auch soll er, wie Schütze schreibt, ein Werk, betitelt: „Der kleine Hausschatz der deutschen Poesie von Klopstock bis herab auf unsere Tage“ (Leipzig 1861), herausgegeben haben.

Der Maler und Radirer Lütgendorff, oder wie sein ganzer Name lautet, Lütgendorff-Leinburg, erscheint bald mit dem Taufnamen Karl, bald mit dem Taufnamen Ferdinand, letzterer ist der richtige. – Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1838, E. A. Fleischmann, 8°.) Bd. VIII, S. 101. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Professor Fr. Müller, fortgesetzt von Dr.Karl Klunzinger (Stuttgart 1857, Ebner u. Seubert, gr. 8°.) Bd. II, S. 635. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) Jahrgang 1865, S. 333; Jahrg. 1866, S. 53. – Schütze (Karl Dr.), Deutschlands Dichter und Schriftsteller von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (Berlin 1862, Alb. Bach, 8°.) S. 200, unter dem Namen Leinburg.