Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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König der Vandalen und Alanen 428–477 n. Chr.
Band VII,1 (1910) S. 935945
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Geisericus, König der Vandalen und Alanen 428–477. Über die Namensform, die sehr verschieden überliefert ist, reiche Stellensammlung bei Mommsen Chron. min. III 493. Die vandalische wohl Geisarîx (Wrede Über die Sprache der Wandalen 56); bei römischen Schriftstellern am häufigsten Geisericus, so namentlich immer bei Victor Vitensis, der als Africaner maßgebend ist. Dem entspricht das griechische Γιζέριχος bei Prokop und Γεζέριχος bei Priscus. Häufig auch Gensericus (Mommsen a. O. Nov. Val. 9. Gennad. de vir. ill. 78. 85. 96. Mehrere Hss. des Paul. Diac.), eine Namensform, die als gotisch bezeichnet wird, und deren griechischen Zahlenwert man benützte, um G. als das Tier der Apokalypse zu erweisen (Mommsen I 195, 616. 618; vgl. F. Kauffmann Ztschr. f. deutsche Philol. XXXIII 1901, 1ff). Außerdem Gaisaricus (Hydatius), Gyzericus (Iordanes), Gisericus, Gisiricus, Gesericus, Gesiricus, Gizericus, Gensiricus (Cassiod. var. I 4, 14), Genserichus (Landulfus), Ginsericus, Ginsiricus, Γινζέριχος (Malchus). [936] G. war Bastard des Königs Godigiselus aus dem Geschlechte der Asdingen (Cassiod. var. IX 1, 2. Iord. Get. 22, 113. Dracont. satisf. 22. Joh. Lyd. de mag. III 55. Florentinus in laud. reg. 30 bei Baehrens PLM IV 427) und einer Sklavin (Procop. bell. Vand. I 3, 23. Apoll. Sid. carm. II 358. V 57), Halbbruder des Gundericus, Vater des Huniricus, Theodoricus und Gentunis (s. d.) und einer Tochter (Greg. Magn. dial. III 1 = Migne L. 77, 218). Charakterschilderung: Iord. Get. 33, 168: statura mediocris et equi casu claudicans, animo profundus, sermone rarus, luxuriae contemptor, ira turbidus, habendi cupidus, ad sollicitandas gentes providentissimus, semina contentionum iacere, odia miscere paratus. Malch. frg. 13 = FHG IV 121: παρασκευὰς – πρὸς πᾶσαν πρᾶξιν εἶχεν ἐφόρμους, ὡς θᾶττον ἀεὶ πράττειν, ἢ ὡς ἂν ἄλλος βουλεύσαιτο. Anders die gehässige Darstellung bei Apoll. Sid. carm. V 327ff. Er soll im katholischen Glauben aufgewachsen, aber zum Arianismus übergetreten sein (Mommsen Chron. min. II 21, 89. 296, 74) und bewies später in Africa gegen die orthodoxe Kirche den ganzen Verfolgungseifer des Apostaten (Vict. Vit. I 5, 15–6, 19. 7, 22. 23. 10, 33. 11, 35–17, 51. Mommsen I 475, 1327. 477, 1339. II 23, 118. 120. 187, 464, 297, 75. Gennad. de vir. ill. 95. Cod. Iust. I 27, 1 § 2ff. Possid. vit. Aug. 28. Theodor. ep. 52. 53 = Migne L. 32, 57; G. 83, 1228). Auch sprach sich seine religiöse Gesinnung in strengen Gesetzen gegen die Fleischessünden und Unterdrückung der Prostitution aus (Salv. de gub. dei VII 22, 94–100. 23, 107), obgleich er die Vergewaltigung katholischer Nonnen nicht hinderte (Leo papa ep. 12, 8. 11 = Migne L. 54, 653. 655).

Der Regierungsantritt des G. fällt nach Hydatius (Mommsen II 21) in das J. 428, sein Übergang nach Africa 429; doch das Chronikon Paschale (vgl. auch Mommsen I 300) setzt diesen schon 428 an, Prosper (Mommsen I 472, 1295), dem Cassiodor folgt (Iord. Get. 32, 166. Mommsen II 156, 1215), 427, wonach der Regierungsantritt 427 bezw. 426 fallen müßte. Hydatius würde als Spanier am meisten Glauben verdienen, wenn nicht bei ihm, wohl durch handschriftliche Verderbnis, die Ereignisse oft um einzelne Jahre verschoben wären. So bleibt die Datierung unsicher; doch sind wir der seinen gefolgt, weil sie auch zu den späteren Ereignissen am besten zu passen scheint.

428. Nach dem Tode seines Halbbruders Gundericus wurde G. in Spanien König der Vandalen und Alanen (Mommsen II 21, 89). Schon vorher hatte Bonifatius, durch die Feldherren des Kaisers bedrängt (o. Bd. III S. 699), die Vandalen um Hilfe gebeten und jedem der beiden Brüder ein Drittel von Africa zur Ansiedlung seiner Völker versprochen (Procop. bell. Vand. I 3, 25. Iord. Get. 33, 167. Paul. Diac. XIII 10. Mommsen I 472, 1294).

429 im Mai (Mommsen II 21, 90) begann G. auf Schiffen, die ihm Bonifatius gestellt zu haben scheint (Mommsen I 472, 1294), mit Weibern, Kindern und Sklaven (Vict. Vit. I 1, 2), nicht nur mit seinen Vandalen und Alanen, sondern auch mit Zuzug von den Goten und anderen Völkern (Possid. vit. Aug. 28) den Übergang über [937] die Straße von Gibraltar (Mommsen I 300, 548. 472, 1295. 658, 108. II 156, 1215. 295, 72. Chron. Pasch. 428. Iord. Get. 33, 167. Procop. bell. Vand. I 3, 26. Salv. de gub. dei VI 12, 68. VII 13, 56). Da erhielt er die Nachricht, daß die Sueben in die von ihm verlassenen Teile Südspaniens eingefallen waren, kehrte, um einen eventuellen Rückzug zu sichern, mit dem noch diesseits der Meerenge gebliebenen Teil seines Heeres um und schlug sie bei Emerita (Mommsen II 21, 90; sagenhafte Version bei Greg. Tur. II 2). Nach. Beendigung des Übergangs veranstaltete er eine Volkszählung und teilte nach deren Ergebnis sein ganzes Aufgebot in 80 Tausendschaften ein (Procop. bell. Vand. I 5, 18; anecd. 18, 6; vgl. bell. Vand. I 11, 23. Vict. Vit. I 10, 30). Doch meinte man später, als die Zahl der Vandalen in Africa schon sehr zusammengeschwunden war, er habe diese große Ziffer nur gewählt, um die Feinde zu schrecken; tatsächlich habe er nicht mehr als 50 000 waffenfähige Männer geführt (Procop. bell. Vand. I 5, 18. 19), ja einzelne nahmen sogar an, in jenen 80 000 seien Weiber, Kinder und Sklaven miteinbegriffen gewesen (Vict. Vit. I 1, 2), was sicher falsch ist (Seeck Jahrb. f. Nationalökon. und Statistik LXVIII 173). Bei seinem Vormarsch schlossen sich ihm die maurischen Wüstenstämme, die sich schon vorher gegen die römische Herrschaft erhoben hatten (August. ep. 220, 7 = Migne L. 33, 995), sehr bald an (Vict. Vit. I 8, 25. 11, 35) und stellten später bei den Piratenzügen der Vandalen den größten Teil der Flottenmannschaft (Apoll. Sid. carm. V 336. 389. Prisc. frg. 29. Procop. bell. Vand. I 5, 22. Paul. Diac. XIV 16). Diese Einheimischen als Helfer und Wegweiser benutzend, durchzog jetzt G. unter Sengen und Morden das Land, wobei er namentlich die orthodoxen Kirchen verwüstete und verbrannte und ihre Geistlichen tötete oder der Folter unterwarf, um ihnen Geld abzupressen (Possid. vit. Aug. 28. August. epist. 228, 5. Vict. Vit. I 1, 3–3, 10. Capreolus bei Migne L. 53, 846. Ps.-August. sermo de tempore barbarico, Migne L. 40, 699). Hierdurch bewogen, folgte Bonifatius den Ermahnungen des Augustinus (epist. 220) und bewilligte dem kaiserlichen Abgesandten Darius einen Waffenstillstand mit dem Hofe (August. epist. 229, 2. 230, 3), dem bald der Friede folgte.

430. Bonifatius suchte den G. zur Rückkehr nach Spanien zu bewegen; da dies nicht gelang, bekämpfte er ihn (Procop. b. Vand. I 3, 30. 31) mit gotischen Hilfstruppen (Possid. vit. Aug. 28; vgl. August. ep. 185, 1), wurde aber in einer Schlacht besiegt und zog sich nach Hippo Regius zurück (Procop. a. O.), wo G. ihn seit dem Juni 430 belagerte. Denn im dritten Monat der Belagerung erkrankte Augustinus (Possid. vit. Aug. 29) und starb dann am 28. August 430 (Mommsen I 473, 1304; vgl. Vict. Vit. I 3, 10. Seinen Tod setzt zwar Marcellinus bei Mommsen II 77 schon in das J. 429, doch ist es urkundlich beglaubigt, daß er 430 noch lebte. Migne L. 32, 577).

431. Nach 14 Monaten (Possid. vit. Aug. 28) hob G., durch Hunger bedrängt, im Juli 431 die Belagerung von Hippo auf (Procop. bell. Vand. I 3, 34). Doch bald flohen die Einwohner aus der Stadt, und sie wurde von G. niedergebrannt (Possid. a. O.). [938]

432. Durch ein oströmisches Heer unter Aspar verstärkt (vgl. Prisc. frg. 11), wagte Bonifatius eine große Schlacht, wurde aber besiegt (Procop. bell. Vand. I 3, 35. 4, 12) und bald darauf nach Italien berufen, wo er im Kampfe gegen Aëtius seinen Tod fand (o. Bd. III S. 699).

434. Auch Aspar wurde zurückberufen (o. Bd. II S. 608). Von den Städten Africas behaupteten sich nur noch Karthago und Cirta gegen die Vandalen (Possid. vit. Aug. 28. Salv. de gub. dei VI 12, 69).

435 am 11. Februar schloß der Kaiser durch den Gesandten Trygetius mit G. zu Hippo einen Frieden, durch welchen ihm der Teil von Africa, den er schon in Besitz genommen hatte, vertragsmäßig überlassen wurde (Mommsen I 474, 1321; vgl. 486. 497. III 458, 1. II 156, 1225. 297, 74. Vict. Vit. I 4, 13).

437 und 438 unternahmen die Vandalen trotz des Vertrages Seeräuberzüge, von denen namentlich Sizilien schwer betroffen wurde (Mommsen I 476, 1330. 1332. 755, 439. II 79, 438, 1).

439 am 19. Oktober bemächtigte sich G. gegen den Vertrag auch Karthagos, wo er furchtbar hauste, den Bürgern durch die Folter ihr Vermögen abpreßte, den Besitz der Kirchen einzog und diese selbst teils profanem Gebrauche, teils den Arianern übergab (Mommsen I 477, 1339. 661, 598. 755, 439. II 23, 115. 118. 80, 439, 3. 156, 1233. 297, 75. III 458, 2. Vict. Vit. I 3, 8. 4, 12. Merob. pan. II 25. Cod. Iust. I 27, 1 § 3. Anon. de promiss. III 38, 44. Vit. S. Fulgent. 1, 4. Theodor. epist. 29–36 = Migne L. 51, 835. 65, 119; G. 83, 1208). Von diesem Zeitpunkt an rechneten die Römer seine Herrschaft über Africa (Procop. bell. Vand. I 7, 30. II 3, 26. Vict. Vit. I 8, 24. 17, 51. Mommsen III 458, 3. Theophan. 5941).

440. Da mit dem Hafen von Karthago wahrscheinlich auch die Flotte in die Hände der Vandalen fiel, verbreitete die Nachricht von der Einnahme der Stadt solchen Schrecken am Kaiserhofe, daß man im März 440 die Befestigungen von Rom ausbessern ließ, den Bürgern die Pflicht auferlegte, sie zu verteidigen (Nov. Val. 5, 2. 3), zu neuen Aushebungen schritt (Nov. Val. 6, 1) und Hilfe aus dem orientalischen Reichsteil erbat (Nov. Val. 9). Und wirklich war am 24. Juni 440 die Nachricht nach Ravenna gelangt, daß die Flotte des G. ausgelaufen sei (Nov. Val. 9). Er plünderte in Sizilien (Mommsen I 478, 1342. II 23, 120. Nov. Val. I 2. Leo papa ep. 3, 1 = Migne L. 54, 606; vgl. Krusch Studien zur christlich-mittelalterlichen Chronologie 1880, 100. 247ff.) und versuchte auch dort durch die Hinrichtung von Orthodoxen den Arianismus zu verbreiten. Doch belagerte er Panormus lange vergebens (Mommsen II 23, 120) und wurde bei einem Angriff auf Bruttien durch Cassiodorus zurückgeschlagen (Cassiod. var. I 4, 14). Da er zudem die Nachricht erhielt, daß der gefürchtete Feldherr Sebastianus aus Spanien nach Africa übergegangen sei, kehrte er eiligst nach Karthago zurück. Doch jener trat mit ihm nur in freundliche Unterhandlungen (Mommsen I 478, 1342).

441 sandte Theodosius II. eine große Flotte unter Führung von Ariobindus, Ansila, Inobindus, Arintheus und Germanus gegen G.; doch sie blieb [939] in Sizilien liegen und wagte keinen Angriff auf Africa; doch wurde G. dadurch bewogen, in Constantinopel um Frieden zu bitten (Mommsen I 478, 1344. Theophan. 5941. Niceph. XIV 57; vgl. Cod. Iust. XII 8, 2 § 4). Auch wird Furcht vor einem gemeinsamen Angriff beider Reichsteile ihn veranlaßt haben, auch mit Westrom einen Vergleich zu suchen.

442 wurde ein Vertrag mit Valentinian III. abgeschlossen, durch den G. als Beherrscher des größten Teiles von Africa anerkannt wurde, sich dafür aber verpflichtete, jährlich Korn nach Rom zu schicken, und seinen Sohn Hunerich als Geisel stellte (Mommsen I 479, 1347. II 156, 1240. Procop. bell. Vand. I 4, 13. Vict. Vit. I 4, 13. Theophan. 5941. 5942). Von da an bis zum Tode Valentinians (455) scheint er das römische Reich nicht mehr beunruhigt zu haben. Nur ein Raubzug der Vandalen ist aus dieser Zeit überliefert; doch dieser richtete sich gegen Gallaecien, das längst in den Händen der Barbaren war (Mommsen II 24, 131). Auch konnte der Kaiser seitdem seine Hoheitsrechte in Africa ungestört ausüben, wie mehrere Gesetze beweisen, die sich auf diese Diözese beziehen (Nov. Val. 12 vom J. 443; 13 vom J. 445; 1, 3, 7 vom J. 450; 34 vom J. 451; 35 vom J. 452). – Eine Verschwörung vandalischer Edeln gegen das Leben des G. wurde entdeckt und führte zu zahlreichen martervollen Hinrichtungen (Mommsen I 479, 1348). Wahrscheinlich bezweckte sie, die Söhne seines Bruders Gundericus zu Königen zu machen. Denn er ließ sie töten und ihre Mutter im Fluß Amsaga ertränken (Vict. Vit. II 5, 14). Seitdem war sein Mißtrauen erregt und veranlaßte ihn, auch später furchtbar unter seinem Volke zu wüten (Mommsen I 479, 1348); auch mag es dazu beigetragen haben, daß er an dem römischen Kaiser eine Stütze suchte und daher den Vertrag mit ihm treuer hielt als das erstemal.

445. G. verlobte seinen Sohn Hunerich mit der Kaisertochter Eudokia, die damals im siebenten Lebensjahre stand (s. o. Bd. VI S. 925). Die Datierung ergibt sich daraus, daß Merobaudes in seinem Panegyrikus auf das dritte Consulat des Aëtius, den er beim Antritt desselben am 1. Januar 446 vorgetragen haben wird, der Verlobung als eines neuen Ereignisses erwähnt (pan. II 27). Denn das Gedicht mit Mommsen (Ges. Schriften IV 531) auf das zweite Consulat des Aëtius (437) zu beziehen, verbietet sich schon dadurch, daß Valentinian sich erst am 29. Oktober 437 vermählte, also seine Tochter nicht vor 438 geboren sein kann. Die Verlobung hatte zur Folge, daß Hunerich seinem Vater zurückgegeben wurde (Procop. bell. Vand. I 4, 14). Vielleicht ließ G. damals der Tochter des Westgotenkönigs Theodorich, die mit Hunerich vermählt war, wegen Verdachtes der Giftmischerei Nase und Ohren abschneiden und schickte sie ihrem Vater zurück (Iord. Get. 36, 184). Mit der Feindschaft, die sich hieraus ergeben mußte, könnte es zusammenhängen, daß in diesem Jahre die Vandalen einen Plünderungszug nach Gallaecien machten, wo damals schon die Westgoten herrschten (Mommsen II 24, 131). Der Feldherr Sebastianus floh aus Spanien zu G. (Mommsen II 24, 132).

450 reizte G. den Attila zum Kampfe gegen [940] die Westgoten auf (Prisc. frg. 15. Iord. Get. 36, 185). Den Sebastianus ließ er töten (Mommsen II 25, 144; vgl. 79, 435, 2. I 478, 1342).

454 erwirkte der Kaiser, daß G. wieder einen orthodoxen Bischof in Karthago duldete; Deogratias wurde am 25. Oktober ordiniert (Mommsen I 490, 25. II 187, 463, 1. Vict. Vit. I 8, 24), womit jedenfalls ein Nachlassen der arianischen Verfolgung verbunden war.

455. Als nach der Ermordung Valentinians III. Petronius Maximus am 17. März zum Kaiser ausgerufen wurde und wenig später die verwitwete Kaiserin zur Ehe zwang, die Braut Hunerichs mit seinem Sohne vermählte (o. Bd. VI S. 926), rüstete G. sogleich zur Rache. Es ging das Gerücht (ut mala fama dispergit, Mommsen II 28, 167), daß Eudoxia ihn herbeigerufen habe (Mommsen II 86, 455, 3. Procop. I 4, 37ff. Ioh. Ant. frg. 200, 2. 201, 6. Euagr. hist. eccl. II 7. Niceph. XV 11. Theophan. 5947. Paul. Diac. XIV 16. Malal. XIV 365). Doch waren seine Rüstungen so schnell beendet, daß er wohl kaum einen Brief der Kaiserin abgewartet haben dürfte, ehe er den Entschluß zum Angriff faßte. Als die Nachricht nach Rom gelangte, daß er gelandet sei und am sechsten Meilenstein sein Lager geschlagen habe (Ioh. Ant. frg. 201, 6: ἐν τῷ Ἀζέστῳ verstümmelt aus ad sextum), wurde Maximus am 31. Mai getötet (Mommsen I 303, 573. 484. 492, 3, 2; vgl. die Tages- und Monatszahlen I 484. 491. 663, 623. II 86, 455, 2. 186, 455. 157, 1262. Apoll. Sid. ep. II 13, 4. Ιoh. Ant. frg. 201, 6. Paul. Diac. XIV 16). Am dritten Tage darauf (Mommsen II 186, 455. Theophan. 5947), den 2. Juni (Mommsen I 304, wo IIII non. Iunias statt Iulias zu schreiben ist) zog G. in Rom ein. Vor dem Tore empfing ihn der Papst Leo und erwirkte das Versprechen, daß er sich von Mord, Folter und Brand enthalten wolle (Mommsen I 484. II 186, 455. Leo papa serm. 84, 1 = Migne L. 54, 433). So plünderte er denn sine ferro et igne (Mommsen I 663, 623); doch dauerte die Verwüstung vierzehn Tage lang (Mommsen I 304, 574. 484. II 186, 455). Unendliche Schätze und Tausende von Gefangenen, darunter ein Sohn des Aëtius (Mommsen II 28, 167) und die Kaiserin mit ihren beiden Töchtern, wurden nach Africa entführt (Procop. bell. Vand. I 5, 3ff. II 9, 5. 8. Vict. Vit. I 8, 24ff. Mommsen I 304, 574. 484. 756, 455. II 28. 167. 86, 455, 3. 157, 1263. 186, 455. 197, 523, 2. Euagr. hist. eccl. II 7, 5. Niceph. XV 11. Malal. XIV 366. Iord. Get. 45, 235. Prisc. frg. 24. Ιoh. Ant. frg. 200, 2. Apoll. Sid. carm. V 63. 316. VII 116. 441. Cod. Iust. I 27, 1 § 6. Theophan. 5947. Paul. Diac. XIV 16. Cyrill. vit. S. Euthymii bei Montfaucon Analecta Graeca I 64). Bei seiner Rückkehr eroberte G. Capua und Nola und verwüstete ganz Campanien (Paul. Diac. XIV 17). Dann brachte er auch den Rest von Africa in seine Gewalt (Vict. Vit. I 4, 13) und erklärte sich unabhängig vom römischen Reiche, was darin seinen Ausdruck fand, daß, während er bis 455 noch die Consulate in seinem Gebiete hatte verkündigen lassen (CIL VIII 8630.[1] 8192. add. p. 967), dies später aufhörte und an ihre Stelle die Datierung nach Königsjahren trat (Vict. Vit. II 13, 39. CIL VIII 2013.[2] 10516. Ephem. epigr. V 1166 a). Denn da er den Vertrag [941] von 442 als mit Valentinian persönlich geschlossen betrachtete, galt er ihm nach dessen Tode als gelöst (Ιoh. Ant. frg. 201, 6).

456. Zwei Gesandtschaften des oströmischen Kaisers Marcian erschienen nacheinander bei G., um ihn zur Herausgabe der gefangenen Kaiserfrauen zu bewegen, erreichten aber nichts (Prisc. frg. 24). Er rüstete eine Flotte von 60 Schiffen (Mommsen II 29, 176) und verwüstete damit Sizilien und Unteritalien. Der weströmische Kaiser Avitus schickte ihm eine Gesandtschaft, um ihn zur Erneuerung des alten Friedenszustandes zu bewegen, entsandte aber zugleich ein Heer unter Ricimer nach Sizilien (Prisc. frg. 24). Dieser schlug die Vandalen bei Agrigentum (Apoll. Sid. carm. II 367) und tötete, als sie sich nach Corsika wandten, auch hier eine große Zahl (Mommsen II 29, 176. 177).

457. Marcian rüstete zu einem Kriege gegen G., starb aber, ehe er ihn beginnen konnte (Theod. Lect. 17 = Migne G. 86, 169; vgl. Prisc. frg. 24). Die Vandalen unternahmen einen Raubzug nach Campanien, erlitten aber dabei eine Niederlage (Apoll. Sid. carm. V 388ff.). Der weströmische Kaiser Maiorianus begann eine große Flotte zu bauen (Apoll. Sid. carm. V 441ff.; vgl. Mommsen II 157, 1270), die er später bis auf 300 Schiffe vermehrte (Prisc. frg. 27. Ιoh. Ant. frg. 203), und warb unter den Barbaren ein starkes Heer (Apoll. Sid. carm. V 471ff. Prisc. a. O. Procop. bell. Vand. I 7, 3), um damit G. anzugreifen.

458 oder 459. G. schickte eine Gesandtschaft zu den Sueben, wahrscheinlich um durch sie den Maiorian, der ihn von Spanien aus angreifen wollte (Procop. bell. Vand. I 7, 11. Mommsen II 157, 1270), aufhalten zu lassen (Mommsen II 31, 192).

459. G. schickte eine Gesandtschaft an Maiorian, um ihn zu einem Friedensschlusse zu bewegen; als dies mißlang, ließ er Mauretanien, durch welches das feindliche Heer von Spanien aus heranziehen mußte, zur Wüste machen und die Brunnen verunreinigen (Prisc. frg. 27).

460. Im Mai kam Maiorianus nach Spanien, um den Übergang nach Africa vorzubereiten. Doch durch Verrat wurde ein großer Teil seiner Flotte bei Neukarthago von den Vandalen weggeführt, was ihn veranlaßte, unverrichteter Sache nach Gallien zurückzukehren (Mommsen I 664, 634. II 31, 200. 222, 460. 232, 460. 297, 76). Als ihn hier Gesandte G.s aufsuchten (Mommsen II 32, 209), schloß er mit ihm einen wenig ehrenvollen Frieden (Ιoh. Ant. frg. 203; vgl. Prisc. frg. 29).

461. Nach dem Tode Maiorians plünderte G. aufs neue in Unteritalien und Sizilien. Eine Gesandtschaft des Ricimer, die ihn an den kurz vorher geschlossenen Vertrag erinnerte, und eine andere des oströmischen Kaisers Leo, die ihn gleichfalls von seinen Raubfahrten abmahnte und die Auslieferung der Kaiserfrauen forderte, blieben erfolglos und ebenso wiederholte andere Gesandtschaften, welche die gleichen Anliegen vertraten (Prisc. frg. 29).

462. G. vermählte seinen Sohn Hunerich mit Eudokia (Prisc. frg. 29. 30. Mommsen II 32, 216; vgl. 86, 455, 3. 187, 464. 197, 523, 2. 298, [942] 77. Procop. bell. Vand. I 5, 6. Ιoh. Ant. frg. 204. Malal. XIV 366. Euagr. hist. eccl. II 7, 5. Niceph. XV 11. Theophan. 5947. 5949. Paul. Diac. XIV 19) und ließ sich dann erbitten, ihre Mutter und ihre jüngere Schwester Placidia, die er mit Olybrius vermählt hatte, an Leo auszuliefern. (Prisc. frg. 29. Procop. bell. Vand. I 5, 6. Mommsen II 32, 216. 86, 455, 3. Euagr. hist. eccl. II 7, 5. Niceph. XV 11. Malal. XIV 368. Theophan. 5949). So wurde Frieden mit dem oströmischen Hofe geschlossen, an dem der allmächtige Aspar für G. wirkte. Denn durch die Gemeinsamkeit des Arianischen Glaubens gefördert, bildete sich unter ihnen eine so enge Verbindung (Procop. bell. Vand. I 6, 3. 4. Mommsen II 35, 247. Theophan. 5961. Niceph. XV 27), daß noch nach dem Tode Aspars seine Truppen sich nur unter der Bedingung dem Kaiser unterwarfen, nicht gegen die Vandalen kämpfen zu müssen (Malch. frg. 2). Dagegen blieben die Verhandlungen mit Ricimer, obgleich sie teilweise durch Vermittlung Leos geführt wurden, immer erfolglos (Prisc. frg. 30. 32. Apoll. Sid. carm. II 356). Denn G. verlangte, daß ihm das ganze Vermögen des Valentinian und des Aëtius ausgeliefert werde, weil die Tochter des Kaisers mit seinem Sohne verheiratet und der Sohn des Aëtius in seinen Händen war, eine unerfüllbare Forderung (Prisc. frg. 30. Ιoh. Ant. frg. 204). Zugleich wirkte er dafür, daß Olybrius, der Schwager seines Sohnes, auf den weströmischen Thron erhoben werde (Prisc. frg. 29. Ιoh. Ant. frg. 204. Procop. bell. Vand. I 6, 6). Da ihm beides verweigert werden mußte, wiederholte G. von jetzt an alljährlich seine Raubzüge zu den italischen Küsten und Inseln, wobei er Städte mit starker Besatzung anzugreifen vermied, aber die andern und mit ihnen das flache Land schrecklich verwüstete (Prisc. frg. 30. Procop. bell. Vand. I 5, 22. Apoll. Sid. carm. II 349. Salv. de gub. dei VI 12, 68).

463 oder 464 im Mai trat Aegidius in Gallien durch eine Gesandtschaft mit G. in Verbindung (Mommsen II 33, 224; vgl. o. Bd. I S. 476). In Sizilien wurden die Vandalen durch Marcellinus besiegt (Mommsen II 33, 227).

464 oder 465 kam Titianus als Gesandter Leos zu G. und verwendete sich ohne Erfolg für Italien (Prisc. frg. 32).

467. Als nach dem Tode des Libius Severus nicht Olybrius, der Kandidat des G., sondern Anthemius auf den weströmischen Thron erhoben wurde, machte Leo dem G. davon Mitteilung und kündigte ihm an, daß er neue Angriffe auf Italien auch seinerseits als Kriegsfall betrachten werde. Darauf erklärte G. den Vertrag mit Ostrom für gebrochen (Prisc. frg. 40) und begann auch die Küsten und Inseln von Griechenland zu brandschatzen (Procop. bell. Vand. I 5, 22ff. 22, 16ff. Vict. Vit. I 17, 51). Selbst in Alexandria fürchtete man sein Erscheinen (Surius, Vit. Sanct. Colon. 1575. 11. Dezember VI 857). Sardinien, Corsika, Sizilien und die Balearen scheint er jetzt völlig in Besitz genommen zu haben (Vict. Vit. I 4, 13. Procop. bell. Vand. I 6, 8). Anthemius ließ eine Flotte gegen ihn auslaufen, doch wurde sie durch widrige Winde am Landen in Africa verhindert (Mommsen II 34, 236). Gleichwohl hatte sie den Erfolg, daß Gesandte des Westgotenkönigs [943] Eurich, die an G. geschickt waren, auf die Nachricht von dem bevorstehenden Angriff der Flotte unterwegs umkehrten (Mommsen II 34, 238. 240). Unterdessen rüstete auch Leo mit einem Geldaufwande, der seine Finanzen völlig ruinierte, eine gewaltige Flotte aus (Procop. bell. Vand. I 6, 1. 2. 10, 2. Suid. s. χειρίζω = FHG IV 137. Joh. Lyd. de mag. III 43. Cedren. I 613. Theod. Lect. I 25. Euagr. hist. eccl. II 16. Niceph. XV 27. Theophan. 5961. Apoll. Sid. carm. II 540).

468. Ein kombinierter Angriff wurde von drei Seiten her gegen G. ausgeführt. Marcellinus griff mit der weströmischen Macht (Mommsen I 247, 464, 3. II 35, 247) Sardinien an und eroberte es (Procop. bell. Vand. I 6, 8. 11). Ein Heer drang unter Herakleios und Marsus von Ägypten her in Tripolis ein und eroberte die Hauptstadt der Provinz und mehrere andere Städte (Procop. bell. Vand. I 6, 9. 11. Theoph. 5963, der diesen Kriegszug fälschlich zwei Jahre später ansetzt). Die große Flotte zog unter Führung des Basiliskos (o. Bd. III S. 101) gegen Karthago selbst und legte sich am Vorgebirge des Mercurius ganz nahe bei der Stadt vor Anker. Da erkaufte sich G. durch das Geschenk von 2000 Pfund Gold (Suid. s. ἐπικείμενα) von Basiliskos einen Waffenstillstand von fünf Tagen, um so günstigen Wind abzuwarten. Als dieser eintrat, ließ er bei Nacht Brander auf die orientalische Flotte los und griff zugleich die Schiffe, als sie sich mühsam des Feuers erwehrten, an. So gewann er einen vollständigen Sieg, bei dem kaum die Hälfte der feindlichen Flotte entkam (Procop. bell. Vand. I 6, 10ff. 10. 2. Theophan. 5961. Iord. Rom. 337. Niceph. XV 27. Cedren. I 613. Malal. XIV 372. Zonar. XIV 1 p. 50 D. Theod. Lect. I 25. Paul. Diac. XV 2. Joh. Lyd. III 43. Candidus FHG IV 135). Marcellinus, der ihr zu Hilfe kommen wollte, wurde im August unterwegs in Sizilien ermordet (Mommsen II 90, 468. 158, 1285. I 305, 601. Phot. cod. 242 p. 342 a 37. Procop. bell. Vand. I 6, 25). Doch die Erfolge des Herakleios und Marsus veranlaßten G., mit dem oströmischen Reiche Frieden zu schließen (Theoph. 5963); dagegen dauerte das feindliche Verhältnis zum weströmischen fort.

470. Nachdem G. mit Eurich einen Vertrag zu kombinierten Angriffen auf das weströmische Reich geschlossen hatte (Iord. Get. 47. 244), übergab Kaiser Anthemius dem Ricimer ein Heer, um es gegen die Vandalen zu führen. Doch aufgebracht durch die Hinrichtung seines Freundes, des Patricius Romanus, wandte er es gegen Anthemius selbst (Joh. Ant. frg. 207; die Zeitbestimmung Mommsen II 158, 1289).

471. Um diese Zeit scheint Ricimer zu einem Übereinkommen mit G. gelangt zu sein, da er gleich darauf dessen Kandidaten Olybrius auf den weströmischen Thron erhob (s. o. Bd. I S. 2367).

474. Nachdem Leo am 18. Januar gestorben war, scheint G. seinen Vertrag mit ihm als erloschen betrachtet und seine Raubzüge an die Küsten des oströmischen Reiches erneuert zu haben. Zenon schickte darauf den Severus, den er vorher zum Patricius ernannt hatte, um seiner Gesandtschaft dadurch mehr Ansehen zu geben, an G. ab. Als dieser von der Sendung erfuhr, schickte [944] er noch schnell eine Flotte aus und nahm Nikopolis, um dessen Beute noch vor dem Abschluß eines Vertrages einzuheimsen. Dieser kam zustande und wurde bis auf die Zeit Iustinians eingehalten. Auch gelang es Severus, die Freilassung vieler Gefangenen, ja sogar die Erneuerung des katholischen Gottesdienstes in Karthago zu erwirken (Malch. frg. 3. Vict. Vit. I 17, 51. Procop. bell. Vand. I 7, 26ff. 9, 19).

476. Orestes schloß im Namen seines Sohnes, des Kaisers Romulus Augustulus einen Vertrag mit G. (Paul. Diac. XV 7). Auch Odoaker erneuerte ihn und verpflichtete sich gegen Abtretung Siziliens zu jährlichen Tributen (Vict. Vit. I 4, 14).

477 am 24. Januar starb G. (Mommsen III 458, 3. Vict. Vit. I 17, 51: anders Mommsen I 487, 455. II 187, 464. Procop. bell. Vand. I 7, 30), nachdem er testamentarisch verordnet hatte, daß immer der Älteste seines Mannesstammes ohne Rücksicht auf die Erstgeburt König der Vandalen werden solle (Procop. bell. Vand. I 7, 29. 9, 10. 12. 21. Vict. Vit. II 5, 13. Iord. Get. 33, 169). Da er keine Seitenverwandten besaß, folgte ihm sein ältester Sohn Hunirix (s. d.).

Verfassung und Verwaltung. Bei seinem Tode hinterließ G. ein Reich, das außer Nordafrica mit Einschluß von Tripolis noch Sardinien, Corsika, die Balearen und den westlichen Teil Siziliens umfaßte (Vict. Vit. I 4, 13. 14. II 7, 23. III 5, 20. CIL X 7232.[3] Procop. bell. Vand. I 10, 22. 26. Vita S. Fulgentii 3. 40. 49 = Migne L. 65, 118. 137. 142). Doch betitelte er sich nicht nach den unterworfenen Ländern, sondern nannte sich nur rex Vandalorum et Alanorum (Vict. Vit. II 13, 39. III 2, 3). Denn die Mauren betrachtete er nicht als Untertanen, sondern als Bundesgenossen, die römische Bevölkerung aber als Kriegsbeute. Nahm er eine Stadt in Besitz, so war die erste Folge, daß die Bürger all ihr bewegliches Eigentum ausliefern mußten, wobei man die Folter gegen sie anwandte, wenn man meinte, daß sie irgend etwas versteckt hielten (Vict. Vit. I 2, 5. 6. 4, 12. August. epist. 228, 5 = Migne L. 33, 1015. Procop. bell. Vand. I 5, 17. Nov. Valent. 2, 3. 12. Vita S. Fulg. 4). Sie selbst machte man ohne Rücksicht auf Stand und Würde zu Sklaven oder Colonen, ja die Vornehmsten wurden oft am schlechtesten behandelt (Vict. Vit. I 2, 6. 7. 4, 12. 14. Procop. bell. Vand. I 5, 11. Apoll. Sid. carm. V 59. Theodor. ep. 70 = Migne G. 83, 1240. Malch. frg. 3); doch wurde vielen auch die Auswanderung gestattet (Vict. Vit. I 4, 14. 5, 15. Procop. bell. Vand. I 5, 13. Apoll. Sid. carm. V 59. Nov. Val. 2, 3. 6, 3. 34. Theodor. ep. 29–36. 52. 53. Vita S. Fulg. 4). Von dem eroberten Lande erhielten die Vandalen und Alanen erbliche und steuerfreie Lose in der Proconsularis zugewiesen (Vict. Vit. I 4, 13. Procop. bell. Vand. I 5, 12–14), die man sortes Wandalorum (κλῆροι Bavδίλων) nannte (Vict. Vit. II 13, 39. III 2, 4. Procop. bell. Vand. I 5, 12). Den größten Teil aber machte G. zur königlichen Domäne (Vict. Vit. I 4, 13. III 2, 11) oder schenkte ihn seinen Söhnen (Procop. bell. Vand. I 5, 11). Das Land wurde ausgebeutet, indem die früheren Eigentümer und Bewohner, soweit sie nicht auswanderten, es als [945] leibeigene Colonen bebauten und den neuen Grundherren eine feste Pacht zahlten (Vict. Vit. I 4, 14. Procop. bell. Vand. I 5, 13. Vita S. Fulg. 4), die auf den königlichen Gütern bald den Charakter einer freilich sehr hohen Grundsteuer annahm (Procop. bell. Vand. I 5, 15. Vict. Vit. I 7, 22. Vita S. Fulg. 6). So vermochte sich auch bei der römischen Bevölkerung etwas zu bilden, was als Grundeigentum gelten konnte, und worüber sie, wenn auch wahrscheinlich in gewissen Grenzen, die freie Verfügung besaßen (Vita S. Fulg. 4. 28. 39; vgl. Procop. a. O.). Die Pachten der Domäne wurden eingezogen durch Procuratoren (Vita S. Fulg. 6. Vict. Vit. III 2, 11), die sich nicht nur im Haushalte des Königs, sondern auch bei seinen Söhnen finden (Vict. Vit. I 14, 45. 16. 48) und aus den Sklaven bestellt wurden (Procop. bell. Vand. I 10, 25. 26), daher in der Regel Römer waren (Vict. Vit. a. O. Vita S. Fulg. 5. 35. 36).

Wie die finanzielle, so wurde auch die staatliche Verwaltung wohl meist durch Römer und in den römischen Formen gehandhabt. Zwar hatte G. allen Städten mit einziger Ausnahme Karthagos, das ihm als Zwingburg diente, die Mauern schleifen lassen (Procop. bell. Vand. I 5, 8; de aed. VI 5. Niceph. XV 27); aber die Stadtverfassungen mit den ordines decurionum als ihren Trägern bestanden fort (Vict. Vit. III 2, 11. 12), ebenso die Statthalter der Provinzen (iudices provinciarum Vict. Vict. III 2, 13), nur daß aus dem Proconsul Africae ein Proconsul Carthaginis wurde (Vict. Vit. III 27). Teilweise sprachen sie auch ferner nach den römischen Gesetzen Recht (Vict. Vit. III 2. 7ff. = Cod. Theod. XVI 5, 52), teilweise nach den Verordnungen der Könige (Salv. de gub. dei VII 22, 99. 23, 107). Doch dürften die Vandalen ihrer Jurisdiktion nicht unterworfen gewesen sein. Diese hatten allein das Recht und die Pflicht des Kriegsdienstes; sie hießen daher das Heer des Königs und waren, um ihr Aufgebot beschleunigen zu können, alle in der Provinz von Karthago angesiedelt (Vict. Vit. I 4, 13. III 17, 60). Das Oberkommando scheint in der Regel der König selbst oder einer seiner Verwandten geführt zu haben (Apoll. Sid. carm. V 436); als Anführer der einzelnen Abteilungen, deren 80 vorhanden sind, fungieren die millenarii (Procop. bell. Vand. I 5, 18. Vict. Vit. I 10, 30), Außerdem werden noch folgende Beamte des vandalischen Reiches genannt: der Praepositus regni, welcher dem römischen praefectus praetorio nachgebildet zu sein scheint (Vict. Vit. II 5, 15. 15, 43), der notarius regis, welcher die Edikte konzipierte (Vict. Vit. II 2. 3. 14, 41) und mehrere comites (Vict. Vit. II 9. 28. III 6, 30).

Victor von Cartenna widmete dem G. seine Schrift adversus Arianos. Genn. de vir. ill. 78.

F. Papencordt Geschichte der vandalischen Herrschaft in Africa, Berlin 1837. Stadler v. Wolffersgrün Die Vandalen von ihrem Einbruch in Gallien bis zum Tode Geiserichs, Bozener Programm 1884. Ludw. Schmidt Geschichte der Vandalen, Leipzig 1901.

[Seeck. ]

Anmerkungen (Wikisource)

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  1. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 8630.
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 2013.
  3. Corpus Inscriptionum Latinarum X, 7232.