Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Q. F. Maximus Rullianus, Konsul 322, 310, 308, 297 und 295 v. Chr.
Band VI,2 (1909) S. 18001811
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114) Q. Fabius Maximus Rullianus, Sohn des M. Fabius Ambustus Nr. 44. Beide Cognomina werden ihm in den Fasti Cap. und sonst regelmäßig beigelegt; neben Rullianus erscheint häufig Rullus, das in späterer Zeit bei plebeischen Serviliern vorkommende Cognomen. Die Bedeutung dieses Beinamens ist ebensowenig zu ermitteln, wie der Grund für die Beilegung des anderen, den F. auf seine Nachkommen vererbte (vgl. darüber u. zum J. 450). Als Q. Fabius Amb[ustus] Maximus erscheint F. auf dem Elogium VIII (CIL I2 p. 192),[1] doch ist hier vielleicht Amb[usti f.] zu ergänzen.

423 = 331 war F. curulischer Aedil und soll als solcher die Anzeige einer Sklavin empfangen haben, daß die zahlreichen Todesfälle in vornehmen Familien auf Vergiftung durch Frauen zurückzuführen seien (Liv. VIII 18, 4f., daraus ohne Namen Val. Max. II 5, 3. Oros. II 10, 2). Vgl. Nr. 112 zum J. 459.

429 = 325 war er Magister equitum des Dictators L. Papirius Cursor (Liv. VIII 29, 9. Zonar. VII 26). Darüber erzählt Livius VIII 30, 1–36, 1, vgl. X 3, 8: Während der Dictator zur Einholung neuer Auspizien aus Samnium nach Rom reiste, ließ sich der Magister equitum gegen seinen ausdrücklichen Befehl in eine Schlacht ein und erfocht bei Imbrinium einen großen Sieg. Der Dictator sah nicht auf den Erfolg, sondern nur auf den Ungehorsam des Untergebenen und wollte ihn nach strengem Kriegsrecht mit Ruten streichen und mit dem Beile richten lassen. Die allgemeine Empörung des Heeres nötigte ihn, die Vollstreckung der Strafe um einen Tag aufzuschieben; F. entfloh inzwischen nach Rom und führte auf Veranlassung seines Vaters Nr. 44 beim Senat Beschwerde über den Dictator. Dieser erschien ebenfalls in Rom und ließ trotz der Bitten des Senats den F. von neuem festnehmen; vergebens rief der greise Vater die Volkstribunen und die Comitien an; der Dictator beharrte unerbittlich auf seinem Rechte, und erst als das ganze Volk dies anerkannte und nur durch Bitten und Flehen ihn zu erweichen suchte, ließ er Gnade für Recht ergehen. Die Erzählung findet sich aus Livius geschöpft oder doch ohne wesentliche Abweichungen bei Val. Max. II 7, 8. III 2, 9. Frontin. strat. IV 1, 39. Eutrop. II 8, 2f. (übertreibend: tanta Papirio seditione commota, ut paene ipse interficeretur, vgl. Liv. 32, 13). Auct. de vir. ill. 31, 1–3. 32, 1. Dio frg. 33, 1–7; ihre offizielle Anerkennung beweist besonders das Fragment des Elogiums des L. Papirius Cursor (CIL I2 p. 192 el.[1] VIII = Dessau 53): Bello Samnitium cum auspicii repetendi caussa Romam redisset atque interim Q. Fabius Amb[ustus? oder -usti f.?] Maximus mag[ister] equitum iniu[ssu e]ius proelio c[onflixisset ...]. Zu unterscheiden sind die zwei Bestandteile der Erzählung, der Schlachtbericht und der Streit zwischen dem Dictator und F. Dieser zweite Bestandteil ist ohne weiteres preiszugeben. Es ist eine der zur Erläuterung des Staatsrechts erfundenen [1801] Anekdoten, deren Tendenz die Worte des Dictators bei Liv. 35, 4f. angeben; sie ist nicht einmal Original, sondern der bekannten Überlieferung von dem Konflikt des Dictators F. Nr. 116 mit seinem Magister equitum im Hannibalischen Kriege nachgebildet; ältere Parallelen, namentlich die sprichwörtlichen Imperia Manliana, hat schon Livius selbst beigebracht (30, 12. 33, 8. 14. 34, 2). Der charakteristische Unterschied zwischen den beiden Erzählungen besteht darin, daß der ungehorsame Reiterführer im Hannibalischen Kriege dem Untergange nahe ist, im Samnitenkriege einen Sieg erringt. Über den diesen meldenden ersten Teil der Erzählung (von Oros. III 15, 2 allein benutzt) sagt Liv. 30, 7–9: auctores habeo bis cum hoste signa conlata dictatore absente, bis rem egregie gestam; apud antiquissimos scriptores una haec pugna invenitur; in quibusdam annalibus tota res praetermissa est. magister equitum ... multis potitus spoliis congesta ... hostilia arma subdito igne concremavit, seu votum id deorum cuipiam fuit, seu credere libet Fabio auctori eo factum, ne suae gloriae fructum dictator caperet nomenque ibi scriberet aut spolia in triumpho ferret. Der antiquissimus auctor Fabius Pictor hat also in jedem Falle von dem Siege des Magister equitum und von einer Feindschaft zwischen ihm und dem Dictator gesprochen; waren diese beiden Punkte gegeben, so konnten Spätere unter Benutzung der bekannten Motive leicht die ganze Erzählung erfinden und ausbilden. Fabius Pictor muß jene beiden Angaben aus der Familienüberlieferung entnommen haben (vgl. Mommsen R. Forsch. II 279. 283), da die von den Annales Maximi abhängigen Berichte anderer Annalisten den Sieg überhaupt nicht kannten. Daher geht die Skepsis (bei Pais Storia di Roma I 1, 380f. Anm. 493f.) zu weit, wenn sie den Kriegsbericht völlig streicht und somit dem ältesten römischen Historiker den Glauben versagt; vielleicht stammt aus diesem nicht nur der Ortsname Imbrinium (Liv. 30, 4, sonst nirgends vorkommend), den sogar Burger (Der Kampf zwischen Rom und Samnium, Amsterd. 1898 [Verhandelingen der Akad. te Amsterd. N. R. II 2] 22) für glaubwürdig hält, sondern auch der des Militärtribunen L. Cominius (Liv. 30, 5), da auch in dem Fabischen Bericht über die gallische Katastrophe ein Glied dieses in den zuverlässigen Fasten nicht vorkommenden Geschlechts auftritt (o. Bd. III S. 608 Nr. 10).

432 = 322 F. Consul I mit L. Fulvius Curvus (Liv. VIII 38, 1. Cassiod.; Rulliano Chronogr.; Sullo Idat.; Σύλλου Chron. Pasch.; bei Diod. die Namen ausgefallen). Daß er sehr jung zum Consulat gelangt sei (Cic. Phil. V 48), ist nur ein Schluß aus der Länge seiner Ämterlaufbahn. Aus diesem Jahre wird ein großer Sieg des Dictators A. Cornelius Cossus Arvina über die Samniten gemeldet, doch fügt Liv. VIII 39, 16 hinzu: Hoc bellum a consulibus bellatum quidam auctores sunt eosque de Samnitibus triumphasse; Fabium etiam in Apuliam processisse atque inde magnas praedas egisse, und den Triumph des F. de Samnitibus et Apuleis verzeichnen die Acta triumph., de Apulis et Nucerinis Auct. de vir. ill. 32, 1. Dieser Bericht verdient vor dem [1802] andern den Vorzug (vgl. o. Bd. IV S. 1295), und auch der Raubzug bis Apulien ist trotz der Bedenken Burgers (a. O. 19–21) nicht unmöglich (vgl. z. B. Nissen Ital. Landesk. II 843). Vgl. auch Nr. 44.

433 = 321 war F. erster Interrex nach dem Caudinischen Frieden (Liv. IX 7, 14).

439 = 315. Die erste Dictatur des F. (Fasti Cap. Diod. Liv.). Für die Geschichte dieses Jahres hat zuerst Niebuhr (R. G. III 264f.) ausgesprochen, was auch für die der folgenden Jahre gilt: ,Ihre reichen Ereignisse sind in der ausführlichen Erzählung, welche Livius gibt, so arg und doch so unzweifelhaft verändert, daß wir uns Glück wünschen mögen, eine sehr dürre von einem der römischen Dinge Unkundigen vorgetragene Erzählung zu haben, die wahrscheinlich aus Fabius entlehnt ist‘. Die Darstellung Diodors ist deswegen hier wie weiterhin zu Grunde zu legen; die Livianische ist kurz damit zu vergleichen und daran zu messen. Während die römische Hauptmacht unter den beiden Consuln in Apulien stand, unternahmen die Samniten einen Vorstoß gegen Latium; in Rom wurden neue Aushebungen veranstaltet und an die Spitze F. als Dictator und Q. Aulius (o. Bd. II S. 2411) als Magister equitum gestellt. Sie traten dem Feinde an der Grenze des römischen Machtbereichs entgegen, unweit Tarracina beim Passe von Lautulae, der nach Namen, Lage und Bedeutung den Thermopylen vergleichbar war (vgl. Nissen Ital. Landesk. I 328, II 642); zahlreiche Römer fielen im Kampfe und die übrigen wandten sich zur Flucht; nur der Magister equitum wollte an dieser Schande keinen Teil haben; er suchte und fand den Tod im Gefecht (Diod. XIX 72, 2–9 mit dem wertvollen Anhalt für die Bestimmung der Zeit der Quelle, vgl. Schwartz o. Bd. V S. 696, 24ff.). Bei Liv. IX 22, 1–24, 1 (vgl. Fasti Cap.) sind die Voraussetzungen der Kämpfe verändert, teilweise auch ihr Schauplatz, und ist das Bestreben vorwaltend, die Niederlage der Römer zu verschleiern und möglichst in ihr Gegenteil zu verkehren. Der Tod des Reiterobersten, der nicht zu leugnen war, wird in ein erstes Reitergefecht verlegt; dann werden dem Dictator neue Truppen von Rom aus unter einem neuen Magister equitum aus seiner eigenen Familie C. Fabius Nr. 41 zugeführt; sie vereinigen sich aber nicht mit seiner Hauptmacht, sondern legen sich auf seinen Befehl in einen Hinterhalt; es folgt eine zweite größere Schlacht, und sie endet durch das Zusammenwirken der beiden Fabier und ihrer Truppen mit einem glänzenden Siege. Indem Liv. 23, 5 notiert: invenio apud quosdam adversam eam pugnam (bei Lautulae) Romanis fuisse, atque in ea cecidisse Q. Aulium magistrum equitum, hat er selbst die mit Diodor übereinstimmende bessere Überlieferung erhalten. Ein Rest einer von Livius nicht benutzten Darstellung, die aber der seinigen nahesteht, liegt vielleicht bei Frontin. strat. I 11, 21 vor. Vgl. zu diesem Kriegsbericht und seinen Quellen Binnebössel Quellen und Gesch. des zweiten Samniterkrieges (Diss. Halle 1893) 7–13. 47–55. Burger a. O. 59ff.

441 = 313. Nach Diodor hat zwar F. in seiner ersten Dictatur den Krieg unglücklich gegeführt, [1803] ist aber dennoch schon zwei Jahre darauf zum zweitenmale Dictator geworden (XIX 101, 3: Κόΐντος Φάβιος). Als solcher hat er das abgefallene Fregellae zurückgewonnen und über 200 seiner angesehensten Bürger hinrichten lassen, ist dann in Campanien eingefallen, hat hier Calatia (Κελία nach den Hss., vgl. o. Bd. III S. 1334f.) und die Burg von Nola genommen und seinen Soldaten außer der beweglichen Beute auch Land überwiesen (vgl. dazu Niese Herm. XXIII 418f.). Abgesehen von den Besonderheiten, die der Kriegsbericht Diodors sonst aufweist, kennt nur er den Dictator F.; nach allen anderen war C. Poetelius Dictator, und zwar nach den meisten (Liv. IX 28, 2. Fasti Cap.) rei gerundae causa., nur nach einer Variante bei Liv. a. O. 6 clavi figendi causa. Die moderne Forschung hat deshalb die Dictatur des F. entweder als eine Fälschung Fabischer Familieneitelkeit verworfen oder in konsequenter Anerkennung des Wertes Diodors als die allein glaubwürdige Überlieferung angenommen (vgl. Binnebössel a. O. 63–68, auch Burger a. O. 39f. 65f.). Es wäre denkbar, daß in diesem Jahre, ähnlich wie ein Jahrhundert später (vgl. Nr. 53), zwei Dictatoren gleichzeitig im Amte waren, der eine, F., für die Kriegführung bestellt, der andere, Poetelius, für eine einzelne sakrale Zeremonie; freilich bleibt es dann befremdlich, daß Fasti Cap. und Livius im Namen des Magister equitum auseinandergehen, während sie in dem des Dictators übereinstimmen.

444 = 310. F. Consul II mit C. Marcius Rutilus (Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. IX 33, 1. Cassiod. Diod. XX 27, 1). Zu den Samniten waren die Etrusker als Feinde Roms getreten; ihre Städte hatten sich zum Teil vereinigt, um die wichtige römische Festung Sutrium zu zerstören. Zum Entsatz der belagerten Festung gingen zunächst beide Consuln nach Etrurien ab und erfochten einen Sieg; aber infolge des Einbruchs der Samniten in Apulien mußte Marcius mit seinem Heere dorthin eilen. F. war nun nicht mehr im stande, der feindlichen Übermacht vor Sutrium die Stirn zu bieten, und faßte den kühnen Entschluß, ihr in den Rücken zu kommen. Von umbrischem Gebiet aus erschien er plötzlich in dem seit langer Zeit von Krieg und Verheerung verschont gebliebenen Mitteletrurien; die rasch zusammengerafften feindlichen Truppen wurden von ihm geworfen; bei Perusia stellte sich ihm eine stärkere Heeresmacht entgegen, wurde aber gleichfalls geschlagen. Die Folge des Sieges war, daß Arretium, Cortona und Perusia einen Waffenstillstand schlossen. F. schloß eine andere feindliche Stadt ein, deren Name Kaστόλα in den Hss. rettungslos verderbt zu sein scheint (vgl. Pais Storia di Roma I 2, 407, 3), und erst daraufhin hoben die Etrusker ihrerseits die Belagerung von Sutrium auf. Von diesem Berichte Diodors (XX 35, 1–5) weicht der des Livius (IX 32, 1–33, 2. 35, 1–37, 12. 38, 4–6; nach einer Lücke 39, 4–11. 48, 18–20, vgl. X 24, 5. Frontin. strat. I 2, 2. II 5, 2. Flor. I 12, 3–6) sehr stark ab; er erscheint nicht nur ausgeschmückt, sondern auch verwirrt; die auffallenden Dubletten lassen sich kaum anders erklären, als daß Livius, ohne es zu bemerken, zwei Berichte verschiedener Gewährsmänner nebeneinander [1804] stellte. Die von Diodor überlieferten Tatsachen fehlen auch bei Livius nicht; sie werden aber teilweise nur als Variante (37, 11), teilweise ungenau und übertrieben angeführt; weit breiteren Raum nehmen die Erweiterungen und Fälschungen ein, z. B. daß schon im Jahre zuvor der Consul Q. Aemilius Barbula glücklich gegen die Etrusker bei Sutrium gekämpft habe, daß F. gleich von Anfang an allein und ohne seinen Kollegen gegen sie befehligte, daß sein Bruder Kaeso Nr. 19 oder nach anderen sein Halbbruder C. Claudius auf abenteuerlicher Fahrt das fremde und feindliche Land erkundete und durch ein Bündnis mit den umbrischen Camertern den kühnen Zug durchs Ciminische Waldgebirge ermöglichte, daß eine von zwei Volkstribunen begleitete Gesandtschaft des Senats dem Consul dieses Wagnis untersagen sollte, und Ähnliches mehr. Allein schon bei der Erwägung von Ort und Dauer der verschiedenen Ereignisse tritt die Unglaubwürdigkeit dieses ganzen Kriegsberichtes hervor. Vgl. zur Kritik Binnebössel a. O. 13–23. 74–77. 81–84. Pais a. O. 405–408. 519–522. Vielleicht darf man aber eine Ergänzung Diodors aus Liv. IX 40, 20 und Acta triumph. entnehmen, daß nämlich F. über die Etrusker triumphiert habe; auf Verwechslung beruht es, wenn Auct. de vir. ill. 32, 1 diesen seinen zweiten Triumph de Samnitibus gefeiert sein läßt. Wertlos ist dagegen die Erzählung bei Liv. IX 38, 9-14. Dio frg. 33, 26, infolge der Verwundung des zweiten Consuls in Samnium habe der Senat die Ernennung des L. Papirius Cursor zum Dictator gewünscht, und der in Etrurien stehende F. habe sich selbst überwunden, indem er als Consul jenem Wunsche entsprechend seinen persönlichen Feind wirklich zum Dictator ernannte. Nur die nach Fabius Pictor wirklich vorhandene Gegnerschaft beider Männer (vgl. o. beim J. 429 = 325) bot eine Grundlage für diese Erfindung. Dem Dictator Papirius weisen die Fasti Cap. das folgende J. 445 = 309, eines der sog. Dictatorenjahre, zu, und folgerichtig geben die Acta triumph. dem F. bei seinem in dieses Jahr verlegten Triumph den Titel pro cos. In Wahrheit wurde ihm zur Belohnung für seine kriegerischen Leistungen das Imperium verlängert durch die in solchen Zeiten nicht ungewöhnliche Kontinuation des Consulats (Liv. IX 41, 1, vgl. Mommsen St.-R. I 518).

446 = 308 war F. Consul III mit P. Decius Mus (o. Bd. IV S. 2282. Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. IX 41, 1. 44, 3. Cassiod. Diod. XX 37. 1). Beide zusammen eilten den Marsern zu Hilfe und besiegten gemeinsam mit diesen die Samniten. Darauf marschierten sie wieder durch Umbrien nach Etrurien und beendeten hier den Krieg. Sie erstürmten eine Burg (Κάπριον, ganz unbekannt, wenn nicht mit den Volsiniensium aliquot castella bei Livius zu verbinden) und empfingen darauf die Gesuche der Etrusker um Waffenstillstand; mit Tarquinii wurde ein solcher auf vierzig Jahre abgeschlossen, mit den übrigen auf ein Jahr. Von diesem Bericht des Diod. XX 44, 8f. unterscheidet sich der des Liv. IX 41, 2–42, 1 zunächst darin, daß die beiden Consuln getrennt auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen kämpfen, und zwar F. gegen die Samniten, Decius gegen die Etrusker, während [1805] man nach den Erfolgen des vorhergehenden Jahres viel eher diesen den F. entgegengestellt hätte. Eine weitere auffällige Abweichung ist, daß die Marser an dem von F. allein den Samniten gelieferten Treffen nicht als Bundesgenossen, sondern als Gegner der Römer teilnehmen; vielleicht hat unter dem Eindruck des Marsischen Krieges ein Annalist die Wahrheit so in ihr Gegenteil verkehrt (vgl. Nissen Ital. Landesk. II 454, 5). Bei der räumlichen Trennung der Taten beider Consuln war für den Zug durch Umbrien kein Raum; um aber diese Überlieferung nicht unbenutzt zu lassen, erfand der Livianische Gewährsmann einen Abfall der Umbrer und eine Expedition des F. gegen sie, wovon dieser, alienae sortis victor belli, in suam provinciam exercitum reduxit. Dieser Teil des Kriegsberichts ist am breitesten ausgeführt, entbehrt aber jeder Glaubwürdigkeit. Vgl. Binnebössel a. O. 84–88.

447 = 307 unter dem Consulat des Ap. Claudius Caecus und des L. Volumnius soll dem F. nach Liv. IX 42, 1f. trotz des Widerstandes des Appius das consularische Imperium prorogiert worden sein; nach der weiteren Erzählung 42, 6–43, 1 besiegte er die Samniten und ihre Verbündeten bei Allifae und zwang sie zur Kapitulation; die Samniten ließ er unter dem Joch abziehen, von ihren Bundesgenossen 7000 in die Sklaverei verkaufen und die Herniker, die darunter gewesen waren, nach Rom senden. Von allen diesen Dingen weiß Diodor nichts; daß ein Consul in Rom gelassen und ein Proconsul an seiner Stelle mit der Kriegführung beauftragt wird, ist an sich in dieser Zeit unwahrscheinlich; die Einzelheiten des Kriegsberichts kehren in anderen Jahren ganz ähnlich wieder; demnach ist das Ganze zu verwerfen. Vgl. Binnebössel a. O. 88–91. Pais a. O. 412. 535, 3.

Im J. 448 = 306 ist, zum zweitenmale in diesem Kriege, die latinische Kolonie Sora zu den Samniten abgefallen und im Jahre darauf von den Römern zurückgewonnen worden. Auf diesen Verlust Soras bezieht sich vielleicht die Notiz bei Val. Max. VIII 1 abs. 9, daß die Verurteilung des A. Atilius Calatinus wegen des Verrats von Sora verhindert worden sei durch den Eindruck, den die Erklärung seines Schwiegervaters Q. Maximus auf das Volk machte: wenn er von der Schuld des Schwiegersohns überzeugt gewesen wäre, hätte er selbst die Verwandtschaft mit ihm aufgelöst. Wie Klebs o. Bd. II S. 2079 Nr. 35 richtig ausführt, ist die Beziehung dieser Anekdote auf den Samniterkrieg und auf Q. Fabius Maximus Rullianus weit wahrscheinlicher als die auf den Hannibalischen Krieg und auf Q. Fabius Maximus Cunctator; mit Alter und Ansehen des Rullianus aber verträgt sie sich besser, wenn sie nach seinem dritten Consulat angesetzt wird, als schon nach seinem ersten.

450 = 304 F. Censor mit P. Decius Mus (Fasti Cap. Liv. IX 46, 14f. X 22, 3. 24, 1, daraus Val. Max. II 2, 9. Auct. de vir. ill. 32, 2f.). Nach der Überlieferung ist das vorhergehende Lustrum um ein Jahr verkürzt worden, damit F. möglichst rasch die Censur übernehmen und die demokratischen Neuerungen seines vorletzten Vorgängers Ap. Claudius (o. Bd. III S. 2682f.) [1806] rückgängig machen könnte (vgl. Mommsen Chronol.2 165 Anm.; Staatsr. II 345, 1). Während Appius die Bürger ohne Grundbesitz, unter denen die Freigelassenen besonders zahlreich waren, in die Tribus aufgenommen hatte, beschränkte F. sie auf die vier Tribus, die nunmehr im Gegensatz zu denen der ländlichen Grundbesitzer die städtischen hießen (Liv. Val. Max. Auct. de vir. ill. Ampel. 18, 6; abweichend Plut. Pomp. 13, 5). Diese Anordnung des F. ist in den folgenden Zeiten nicht immer streng beobachtet worden; sie wurde deshalb kurz vor dem Hannibalischen Kriege und nochmals zur Zeit des Krieges mit Perseus von späteren Censoren erneuert und verschärft (Liv. ep. XX. XLV 15, 1ff.; vgl. Mommsen Staatsr. III 435–438, auch II 403f.); das ist aber nicht ein genügender Beweisgrund, um die ganze Überlieferung von der Reform des F. mit Niese (Grundriß der röm. Gesch.3) erst als ,sehr zweifelhaft‘ (S. 74, 4), dann als ,jedenfalls unbeglaubigt‘ (S. 131, 1) hinzustellen. Livius (daraus Val. Max. und Ampel.) und Plut. a. O. erzählen, daß dem F. dieses Verhalten in seiner Censur, durch das er die Gegensätze versöhnte, den Ehrenbeinamen Maximus verschafft habe; daß er diesen von allen Fabiern zuerst geführt habe, geben auch Auct. de vir. ill. 32, 1 und Plut. Fab. 1, 3. 24, 5 an. Wenn Polyb. III 87, 6 von dem Cunctator Nr. 116 sagt: ἔτι γοῦν ἐπεκαλοῦντο καὶ καθ' ἡμᾶς οἱ ταύτης τῆς οἰκίας Μάξιμοι, τοῦτο δ' ἐστὶ μέγιστοι, διὰ τὰς ἐκείνου τἀνδρὸς ἐπιτυχίας καὶ πράξεις, so ist daraus noch weniger ein entscheidendes Argument gegen die Glaubwürdigkeit der censorischen Maßregel des F. zu entnehmen (mit Pais a. O. 551). Denn Polybios sagt nicht, daß der Cunctator zuerst Maximus genannt worden sei; wenn er es auch sagte, so brauchte es noch nicht richtig zu sein; bei Rullianus aber kann dieser Zug der Überlieferung preisgegeben werden, ohne daß deshalb ihr Kern falsch wäre, die Reaktion gegen die Censur des Appius. Es gilt hier, die rechte Mitte zu finden zwischen Niebuhr (Röm. Gesch. III 374–409) und den neuesten Bearbeitern der römischen Geschichte, von denen im vorliegenden Falle die gerade entgegengesetzte Ansicht aufgestellt wird wie von jenem Begründer der historischen Kritik. Von F. als Censor wurde ferner die Einrichtung getroffen, daß die Ritterschaft alljährlich am 15. Juli in feierlicher Parade aufzog, die sog. Transvectio equitum (Liv. Val. Max. Auct. d. vir. ill., vgl. Mommsen Staatsr. III 493); wie Helbig (Herm. XL 113f.) neuerdings gezeigt hat, ist diese Angabe mit der ihr entgegenstehenden bei Dionys. VI 13, 4 sehr wohl dahin zu vereinigen, daß F. dem schon längst bestehenden sakralen Akt einen vorwiegend militärischen Charakter gegeben hat.

Beim J. 452 = 302 verzeichnet Livius als Dictator M. Valerius Maximus Corvus und als dessen Magister equitum M. Aemilius Paullus; er polemisiert gegen die Angaben einiger Quellen, daß vielmehr Q. Fabius Magister equitum gewesen sei; der Irrtum sei wohl aus dem Beinamen Maximus entstanden, und gar nicht passe auf F. die Erzählung von einer Niederlage des Reiterführers in Abwesenheit des Dictators (X 3, 4. 8). Die Fasti Cap. haben dem Dictator Valerius das folgende J. 453 = 301 als Dictatorenjahr [1807] zugewiesen und die beiden abweichenden Überlieferungen über den Magister equitum so vereinigt, daß F. abgedankt habe und durch Aemilius ersetzt worden sei (vgl. auch Chronogr. Mommsen CIL I² p. 33. Fruin Jahrb. f. Philol. CXLIX 108). Alle diese Angaben sind völlig wertlos.

Beim J. 455 = 299 zitiert Livius die Annalisten Licinius Macer und Tubero für folgende Nachrichten: F. sei einstimmig zum Consul gewählt worden, habe aber die Wahl abgelehnt, weil er in diesem Amte besser in Kriegszeiten am Platze wäre; darauf sei er mit L. Papirius Cursor zum Aedilen gewählt worden und habe als solcher bei einer Hungersnot eine segensreiche Wirksamkeit entfaltet (X 9, 10f. 11, 9). Livius selbst bekämpft diese Tradition, indem er ihr das Zeugnis Pisos entgegenstellt, es seien in jenem Jahre Cn. Domitius Calvinus und Sp. Carvilius Maximus curulische Aedilen gewesen, und indem er wieder die Vermutung aufstellt, das Cognomen Maximus sei an der Verwirrung schuld. Nun wird allerdings die Pisonische Angabe dadurch als falsch erwiesen, daß die curulischen Aedilen im J. 455 = 299 als einem nach Varronischer Zählung ungeraden Patrizier gewesen sein müssen (vgl. Mommsen R. Forsch. I 102; Staatsr. II 482); aber wenn nicht ihre von den jüngeren Annalisten gegebenen Namen überhaupt unglaubwürdig sind, so ist es sehr wahrscheinlich, daß der Aedil Q. Fabius nicht Rullianus, sondern ein jüngerer Mann, etwa sein Sohn Nr. 112 war. Denn völlig erfunden ist die Geschichte von der Wahl des F. zum Consul und von seiner Ablehnung, die in den folgenden Jahren immer wiederkehrt. Nach Liv. X 13, 5–13 soll F. zunächst für 457 = 297 wiederum, ohne sich beworben zu haben, als der geeignetste Kandidat erschienen sein, soll die Wahl erst unter Berufung auf sein Alter, dann im Hinblick auf das Gesetz, das eine Wiederwahl binnen zehn Jahren verbot, abgelehnt haben, soll dennoch einstimmig gewählt worden sein und nun die Bedingung gestellt haben, daß P. Decius Mus mit ihm gewählt würde. Diese Erzählung wird von Liv. X 22, 1–9 beim J. 459 = 295 fast unverändert wiederholt. Für die Empfehlung des Mannes aus dem andern Stande, mit dem der zuerst gewählte schon frühere Ämter einträchtig geführt habe und auch dieses so führen wolle, ist das historische Vorbild die Wahl Catos zum Censor (Liv. XXXIX 41, 3f. Plut. Cato 16). Eine Variante der Anekdote gibt Liv. X 15, 7–11 beim J. 458 = 296: Hier lehnt F. nicht nur seine bereits erfolgte Wiederwahl ab, sondern verhindert dadurch auch gegen den Willen seines Mitbewerbers Ap. Claudius, daß unter Verletzung der Verfassung zwei patricische Consuln gewählt werden. Damit erscheint er als Gegenstück seines Vaters Nr. 44, der wiederholt diesen Bruch der Verfassung durchgesetzt hatte. Zum fünftenmale wird von ihm dasselbe erzählt beim Auct. de vir. ill. 32, 2: Iterum censor fieri noluit, dicens non esse ex usu rei publicae eosdem censores saepius feri; dies ist auf ihn übertragen von seinem Zeitgenossen dem Plebeier C. Marcius Rutilus Censorinus, der allein wirklich zweimal Censor gewesen ist, aber selbst bei seiner zweiten Wahl dem Volke Vorwürfe machte und es bewog, für die Zukunft Ähnliches durch ein Gesetz zu untersagen [1808] (Val. Max. IV 1, 3. Plut. Coriol. 1). Zum sechstenmale endlich berichtet Val. Max. IV 1, 5, wohl aus Livius, beim J. 462 = 292: Fabius Maximus, cum a se quinquies et a patre, avo, proavo maioribusque suis saepenumero consulatum gestum animadverteret, comitiis, quibus filius eius summo consensu consul creabatur, quam potuit constanter cum populo egit, ut aliquando vacationem huius honoris Fabiae genti daret, non quod virtutibus filii diffideret – erat enim illuster, – sed ne maximum imperium in una familia continuaretur (vgl. Polyaen. VIII 15, wohl auf dieselbe Anekdote zu beziehen). Die echte Überlieferung versagte am meisten für die inneren Verhältnisse und für die friedlichen Jahre; die wiederholte Verwendung solcher Züge zu ihrer Ausschmückung zeugt von der Geistesarmut der späteren Annalistik.

457 = 297 F. Consul IV mit P. Decius Mus (Liv. X 14, 1. Cassiod. Chronogr. Idat. Chron. Pasch., die beiden letzteren zum folgenden Jahr). Von dem Livianischen Kriegsbericht X 14, 1–15, 6 ist das umfangreiche Mittelstück, die Schilderung einer großen von F. geschlagenen und zuletzt auch gewonnenen Schlacht, als erfunden auszuscheiden; von Livius hängt ab Frontin. strat. II 4, 2 und vielleicht von einer noch ausgeschmückteren Darstellung IV 1, 35: Fabius Rullus consul ex duabus legionibus, quae loco cesserant, sorte ductos in conspectu militum securi percussit. Der Anfang und Schluß des Livianischen Berichtes wird dagegen einen echten Kern enthalten. Die beiden Consuln zogen verheerend durch Samnium und Apulien, und F. nahm eine Stadt Cimetra ein, die ebenso unbekannt ist wie die im Jahr vorher von seinem Amtsvorgänger L. Cornelius Scipio Barbatus genommene Cisauna.

458 = 296. Wie elf Jahre zuvor, folgten den Consuln F. und Decius im Amte Ap. Claudius und L. Volumnius, und jetzt wurde wirklich allen vier Männern gleichzeitig ein militärisches Imperium übertragen, den beiden abgehenden Consuln auf sechs Monate (Liv. X 16, 1), d. h. für die Maximaldauer der Amtszeit eines Dictators. Wie sich aber die kriegerischen Operationen und Erfolge dieses Jahres auf die vier verschiedenen Feldherren verteilen, darüber gaben die ältesten Annalen überhaupt keine Auskunft; infolgedessen ließ von den jüngeren Annalisten ein jeder seiner Phantasie freien Lauf in solchem Maße, das Liv. X 17, 11f. das Vorhandensein von vier verschiedenen und miteinander unvereinbaren Kriegsberichten konstatieren mußte (vgl. o. Bd. IV S. 2282f.). Es ist daher kaum anzunehmen, daß der Anteil des F. an den Ereignissen wesentlich größer war als der des Decius und der beiden Consuln.

459 = 295. Die Geschichte dieses Jahres, in welchem F. Consul V und Decius Consul IV war (Fasti Cap. Chronogr. Idat. Chron. Pasch. Liv. X 22, 9. 24, 1. 32, 1. XXIV 9, 8. Vell. I 14. 6. Frontin. strat. I 8, 3. Auct. de vir. ill. 27, 3. Oros. III 21, 1. Cassiod. Zonar. VIII 1), ist größtenteils schon o. Bd. IV S. 2283f. behandelt worden. Über den leichten Widerspruch bei Livius, daß F. erst vor dem zur Wahl versammelten Volke eine Rede hält (X 22, 2), dann aber abwesend gewählt wird (ebd. 9), kann man [1809] hinwegsehen. Den schwereren Widerspruch zwischen der Angabe, F. selbst habe sich den Decius als Kollegen erbeten (22, 2ff. s. o.), und der Erzählung von dem Streit, der gleich nach dem Amtsantritt zwischen beiden ausbrach, hat Livius selbst empfunden und zu erklären versucht 24, 2: ordinum magis quam ipsorum, inter se certamen intervenisse reor. Der Streit soll des wegen ausgebrochen sein, weil F. extra sortem Etrurien als Provinz erhielt; die ausführliche Erzählung 24, 1–26, 4 ist aus mehreren Berichten zusammengesetzt, die voneinander abwichen (25, 12. 26, 6) und von denen der eine den Decius, ein zweiter den Ap. Claudius (so auch Auct. de vir. ill. 34, 5, vgl. o. Bd. III S. 2684, 35ff.) als Gegner des F. in den Vordergrund stellte. Den ältesten Bericht hat Livius, wie gewöhnlich, nur am Schluß als Variante hinzugefügt (26, 5–7, vgl. Zonar. VIII 1; o. Bd. IV S. 2283): Beide Consuln brachen zusammen nach Etrurien auf. Obgleich Livius behauptet: constare res incipit ex eo tempore, quo profecti ambo consules ad bellum sunt, verzeichnet er gleich wieder im ersten Teile seines Kriegsberichts 26, 7–13 verschiedene Varianten seiner Quellen; doch keine von diesen wagte die von Polyb. II 19, 5 berichtete Tatsache zu verschleiern, daß die Römer ἐν τῇ Καμερτίων χώρᾳ (ad Clusium quod Camars olim appellabant Liv. 25, 11, vgl. Hülsen o. Bd. III S. 1425. Bd. IV S. 115. Nissen Ital. Landesk. II 323, 5; dagegen Pais a. O. 532) von den Kelten und ihren Verbündeten eine furchtbare Niederlage erlitten. Es wird richtig sein, daß dies vor dem Eintreffen der Consuln geschehen war, obgleich nur wenige Tage (so Polyb. II 19, 6; die Buchzahl o. Bd. IV S. 2283, 47 zu verbessern) diese Schlacht von der entscheidenden bei Sentinum trennten. Über den gewaltigen Sieg, den F. hier über die verbündeten Samniten, Etrusker und Kelten erfocht und nicht zuletzt der heldenmütigen Aufopferung seines Kollegen verdankte (vgl. über die Form der Devotion jetzt Deubner Archiv f. Religionswissenschaft VIII Beiheft 66ff.), hat bereits Duris bei Diod. XXI 6, 1f. mit Übertreibungen berichtet (vgl. Bd. IV a. O.); ganz kurz gibt Polyb. a. O. die Tatsache an; desto ausführlicher und ausgeschmückter ist die Erzählung bei Liv. X 27, 1–29, 20, der am Schluß 30, 4–7 gegen die allzu starken Übertreibungen einiger Quellen Widerspruch erhebt; Zonar. VIII 1 und die kürzeren Angaben bei Frontin. strat. I 8, 3. II 1, 8. Oros. III 21, 1. 4f. Auct. de vir. ill. 27, 3. 5. Ampel. 18, 6 lehren nichts Neues. Da die Einzelheiten der Schlachtbeschreibung mit Ausnahme des Todes der beiden Feldherren, des Römers Decius und des Samniten Gellius Egnatius (Bd. V S. 1994f.), auf keiner zuverlässigen Überlieferung zu beruhen scheinen, kann auf ihre Wiedergabe und Kritik verzichtet werden; beides liest man noch jetzt bei Niebuhr R. Gesch. III 436–454 besser als bei Pais a. O. 430–433. 533–539. Den Triumph des F. über die Samniten, Etrusker und Kelten verzeichnen übereinstimmend Acta triumph. und Liv. X 30, 8. Statt der Samniten nennt Auct. de vir. ilL 32, 1 die Umbrer und Marser (über deren Beziehungen zu F. vgl. oben beim J. 446). In der Schlacht bei [1810] Sentinum hatte F. dem Iupiter Victor einen Tempel gelobt (Liv. X 29, 14, vgl. 18. Wissowa Religion und Kultus der Römer 108); die Weihung muß, weil in der ersten Dekade des Livius nicht mehr erwähnt, nach 461 = 293 fallen. Der von Liv. X 31, 3f. nach dem Triumphe des F. erzählte Sieg über die Perusiner ist eine Dublette des 30, 1f. vorher und von Cn. Fulvius berichteten.

462 = 292 unter dem Consulate seines Sohnes Q. Fabius Gurges Nr. 112 tritt F. nicht nur bei dessen Wahl (s. o.), sondern auch weiterhin durchaus in den Vordergrund. Nach Livius (ep. XI. Oros. III 22, 6–10; kürzer Val. Max. V 7, 1. Eutrop. II 9, 3. Plut. Fab. 24, 5. Suid. II 1401f. Bernh.) wurde der Sohn des F. gegen die Samniten gesandt und kämpfte unglücklich; infolgedessen sei im Senat seine Entfernung vom Kommando verhandelt worden; da habe der Vater für ihn gebeten und sich erboten, ihn als Legat zu begleiten; von ihm mit Rat und Tat unterstützt, habe nun der Sohn einen großen Sieg errungen. Orosius fügt hinzu, daß der greise Held persönlich den Sohn aus schwerster Gefahr errettet habe; Eutropius spricht von der Einnahme mehrerer Städte nach dem Siege. Der Bericht Dios, im Anfange nur bei Zonar. VIII 1 erhalten, weist hier die Abweichung auf, daß F. von vornherein dem Sohne als Legat beigegeben ist, daß aber der Sohn früher zum Kriege aufbricht und, um allein den Ruhm zu ernten, ohne den Vater ein Treffen liefert; weiterhin weicht er (Dio frg. 33, 30f. Zonar. a. O.) darin ab, daß das Volk den Sohn zur Verantwortung ziehen will und daß es nach dem Siege ihm das Imperium und dem Vater die Legatenstelle auf das folgende Jahr von neuem überträgt, womit auch Dionys. XVII 4 insofern übereinstimmt, als er die Prolongation des Imperiums für den Sohn kennt. Die Einzelheiten der Livianischen Erzählung sind offenbar Einzelheiten aus der Geschichte des älteren Scipio Africanus nachgebildet, und zwar solchen, die schon dort stark ausgeschmückt waren. Als einem unfähigen Consul aus seiner Familie, nämlich seinem Bruder, der Oberbefehl in einem Kriege entzogen werden soll, wendet er von der Familie diese Schande ab, indem er sich erbietet, jenem mit seiner Kriegserfahrung als Legat zur Seite zu stehen (o. Bd. IV S. 1472, 44ff.); als ein anderer Consul, mit dem er durch die engsten Bande verknüpft ist, nämlich sein Vater, von Feinden umringt und aufs äußerste bedrängt ist, spornt er sein Roß mitten in den dichtesten Haufen hinein und errettet den Gefährdeten (ebd. S. 1463, 15ff., vgl. wie noch bei Oros. 8 der Wortlaut an Polyb. X 3, 5f. erinnert). Gegenstücke zu diesen Anekdoten liegen in der Überlieferung über F. und seinen Sohn vor; zur weiteren Ausschmückung bot sich dann das, was von Fabius Cunctator überliefert wurde, der gleichfalls unter dem Consulat seines Sohnes als Legat gedient haben soll, und was an paradigmatischen Erzählungen über die Ehrenrechte der Magistrate im Umlauf war. Die Vorschrift, daß vor einem Magistrat der Bürger, wenn er sitzt, aufzustehen, wenn er reitet, abzusteigen hat, wird, durch eine Anekdote von dem Cunctator und seinem Sohne belegt, die selbst Umgestaltungen erfahren [1811] hat (vgl. Nr. 116); auf Rullianus übertragen erscheint sie bei Val. Max. II 2, 4 b (mit der in altertümlich alliterierende Form gekleideten Moral: publica instituta privata pietate potiora). Die weitere Vorschrift, daß zwischen den Magistrat und den ihm Raum schaffenden lictor proximus niemand treten darf, belegt Val. Max. II 2, 4 a mit einer Anekdote über Rullianus und seinen Sohn. Endlich die Sitte, daß der auf dem Wagen thronende Triumphator von seinen erwachsenen Söhnen zu Roß begleitet wurde, wofür L. Aemilius Paullus das klassische Beispiel bot (vgl. Nr. 109), konnte man unter Umkehrung des Verhältnisses beider nicht von dem Cunctator ableiten, weil dessen Sohn nicht zum Triumph gelangt ist; daher mußte dieser Zug dem Rullianus zugewiesen werden (Val. Max. V 7, 1. Plut. Fab. 24. 5). Alle Einzelheiten der Tradition über diesen F. und seine Stellung zu seinem Sohne erweisen sich demnach als unhaltbar, und mit dem Beiwerk fällt hier wohl auch der Kern der Erdichtung, die an sich wenig wahrscheinliche Behauptung, daß F. nach seinem eigenen fünften Consulat unter dem seines Sohnes als Legat gedient habe. Erlebt und überlebt hat er dieses gewiß; da er Princeps senatus war (Plin. n. h. VII 133), da diese Würde in der Regel dem ältesten patrizischen Censorier zukam (vgl. Münzer Rh. Mus. LXI 21f.) und da Ap. Claudius Caecus, der vor F. Censor gewesen war, noch 474 = 280 am Leben war (o. Bd. III S. 2684f.), würde man schließen, daß F. noch über diesen Zeitpunkt hinaus gelebt habe, wenn nicht gerade bei Appius eine Durchbrechung jener Regel zu Gunsten des F. leicht möglich wäre. Von dem Tode des F. sagt Auct. de vir. ill. 32, 4: mortuo huic tantum aeris populi liberalitate congestum est, ut inde filius viscerationem et epulas publice daret; die Angabe über die Teilnahme des Volkes ist der Überlieferung über Fabius Cunctator Nr. 116 nachgebildet; die über den Leichenschmaus könnte geschichtlich sein.

Daß in der römischen Überlieferung die Gestalt des Rullianus mit manchen Zügen des schon von Liv. XXX 26, 8 mit ihm verglichenen Cunctators ausgestattet wurde, ist richtig (Pais a. O. 570f.); daß auch Alexanders Bild auf sie eingewirkt habe (ebd. 697), läßt sich nicht so bestimmt behaupten. In Zusammenstellungen der Helden der Samniterkriege mit Alexander wie in der berühmten bei Liv. IX 17, 7f. tritt F. nicht stärker hervor als andere, und populärer als er ist der Plebeier Decius stets gewesen. Der Anteil des Fabius Pictor an der Ausschmückung seiner Taten (vgl. Mommsen R. Forsch. II 283f.) hat sich als nicht sehr groß erwiesen; das meiste in seiner Geschichte ist vielmehr von der jüngeren Annalistik nach bekannten Rezepten zurechtgemacht. Doch wenn auch nichts sicher feststände als die Reihe seiner Ämter, so kann der kein geringer Mann gewesen sein, der im Heldenzeitalter Roms so oft an die Spitze des Staates gestellt wurde.

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114) Für die Censur des F. und des P. Decius Mus vgl. Schol. Iuven. 11, 90, wo nicht nur die Anführung von Fabii unter den strengen Censoren, sondern auch die folgenden Worte des Dichters erklärt werden sollen: cum ... postremo severos censoris mores etiam collega timeret. F. habe durch die Drohung mit seiner Abdankung den Decius gezwungen, alle seine Maßregeln gutzuheißen, nicht nur die gegen die Sittenlosigkeit gerichteten, sondern auch die gegen die Verfassungsreform (vgl. revocare pristinum civitatis statum). Die Angabe, daß dem F. in censura Maximi nomen obvenit, stimmt mit Livius überein (vgl. S. 1806, 21ff.); [461] über diesen Punkt vgl. auch Dessau Herm. LI 363, 2; doch bedarf das Auftreten des Cognomens Maximus in verschiedenen römischen Adelsgeschlechtern ungefähr um dieselbe Zeit noch einer neuen Untersuchung.

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114) Q. F. Maximus Rullianus, Konsul in den J. 322, 310, 308, 297 und 295 v. Chr. S III.

Anmerkungen (Wikisource)

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  1. a b Corpus Inscriptionum Latinarum I, 192.