Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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L. Annaeus Florus, Verfasser einer römischen Geschichte
Band VI,2 (1909) S. 27612770
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9) L. Annaeus Florus (Iuli Flori nur die Bamberger Hss., was aus Luci Flori entstanden ist, O. Rossbach Ausg. d. Flor. XLIII) heißt der Verfasser eines Abrisses der römischen Geschichte, welcher in den Hss. den Titel epitoma de Tito Livio mit oder ohne Hinzufügung von bellorum omnium annorum septingentorum führt und die römische Geschichte bis in die Zeit des Augustus behandelt. F. will eine kurze Darstellung der in größeren Werken weniger übersichtlichen Ereignisse wie in einem Gemälde geben (I praef. 3 in brevi quasi tabella totam eius imaginem, amplectar) und hofft als begeisterter Patriot auf diese Weise zugleich seinem Vaterland (principis populi) einen guten Dienst zu erweisen. Das ist ihm auch tatsächlich geglückt. Denn seine Schrift, welche das Imperium Romanum als Ergebnis eines Wettstreites zwischen Fortuna und Virtus hinstellt (ebd. 2, ähnliche Vorstellungen bei Curtius X 5, 35 und Ammian. Marc. XIV 6, 3), ist im Altertum, Mittelalter und in der Neuzeit sehr viel gelesen und benützt worden (O. Rossbach XXIVff. XXIX. V), und hat das allgemeine Urteil über die Weltmacht Roms stärker beeinflußt, als manches größere Werk. Um die Tatsachen besser zusammenfassen zu können, stellt sich F. in einem zuerst bei dem älteren Seneca nachweisbaren Vergleiche (s. Bd. I S. 2239; Suppl. I 84ff., ein ähnliches Bild bei Diodor I 3, welcher den ganzen Kosmos mit einer einzigen Polis vergleicht), den später auch Ammianus Marcellinus a. a. O. verwendet (O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. 1899, 542), die Geschichte des römischen Volkes als das Leben eines einzelnen Menschen vor und teilt sie in infantia (Königzeit), adulescentia (bis 264 v. Chr.), iuventas [2762] (bis Augustus), senectus (bis in die Zeit des Verfassers bald nach Traian). Daneben geht aber noch eine zweite gleichfalls zuerst bei dem älteren Seneca vorkommende Einteilung her, welche die alte annalistische Anordnung verläßt und zwei große Abschnitte, die bella externa und die bella civilia, macht, diese letzteren aber, abweichend von Livius, der nur Buch 109–116, d. h. den Krieg Caesars mit Pompeius, als bellum civile bezeichnet hatte, mit den Gracchischen Unruhen beginnen läßt. Diese Einteilung liegt den ursprünglichen zwei Büchern des F. in der ältesten Hs., dem Bambergensis aus dem Anfange des 9. Jhdts., zu Grunde, während alle übrigen vier Bücher haben, die jedoch nicht von F. selbst herrühren können, da er am Ende des 1. Buches I 42, 14 sagt hos igitur populi Romani omnis domesticos motus separatos ab externis iustisque bellis ex ordine persequemur (vgl. O. Rossbach XXXff.). Den gleichen Abschnitt in der römischen Geschichte macht aber auch Velleius, der den Tod des Tiberius Gracchus II 3, 3 als das initium in urbe Roma civilis sanguinis gladiorumque impunitatis bezeichnet. Ebenso ist endlich auch die Anordnung des Geschichtswerkes des Appian. beschaffen, in dem die ἐμφύλια und die zu ihnen von Photios gerechneten, aber nicht mehr erhaltenen Αἰγύπτια. (s. Bd. II S. 217, 6) auf die Darstellung der Kriege mit den fremden Völkern folgen. Also nicht den für ihn auch viel zu kurzen F. hat Appian benutzt, wie Ο. Hirschfeld a. a. Ο. 543 aus der Ähnlichkeit seiner Angaben prooem. 6 mit praef. 5ff. erschließt, sondern die ausführliche Quelle des F., welche wahrscheinlich das Geschichtswerk des älteren Seneca war (über sichere Spuren dieses Werkes auch bei Cassius Dio s. Berl. philol. Wochenschr. 1905, 1569ff.).

In diese Disposition hat nun F. seine kurze Darstellung der Schicksale des populus Romanus, welchen er nach dem Vorgange des älteren Cato in den Origines als seinen Helden feiert (O. Rossbach LII), eingefügt, die Erzählung jedoch nicht bis in seine eigene Zeit herabgeführt, sondern mit der Blüte des Reiches unter Augustus beschlossen. Das mußte er von seinem Standpunkte aus tun, da er über die zunächst auf Augustus folgenden Kaiser nichts Gutes berichten kann, sondern ihnen inertia vorwirft, und erst seit Traian sich aus dem Greisenalter eine zweite Zeit jugendlicher Kraft entwickeln läßt (sub Traiano principe movit lacertos et praeter spem omnium senectus imperii quasi reddita iuventule revirescit, praef. 8). Diese letzte Stelle bietet auch nebst den vorausgehenden Worten a Caesare Augusto in saeculum nostrum haut multo minus anni ducenti den sichersten Anhalt für die Bestimmung der Zeit des F. Denn da er von dem Principat des Traian als etwas Vergangenem spricht und ihm die neue Blütezeit seiner eigenen Tage als gegenwärtig gegenüberstellt, auch seit des Augustus Eintritt in die Geschichte bis zum Tod Traians ca. 160 Jahre verflossen waren, so müssen diese Worte gegen Ende der Regierung des Hadrian geschrieben sein. Genauere Zeitbestimmungen, wie die von O. Hirschfeld a. a. O. 552ff., das erste Buch sei 116 n. Chr. oder vor dem August des J. 117, in dem Traian starb, [2763] verfaßt worden, während die Hinzufügung des zweiten erst später erfolgt sei und nicht in dem ursprünglichen Plane des F. gelegen habe, machen die Annahme von starken späteren Änderungen, wie die Hinzufügung von I 34, 18–22. I 47, sowie einzelner nicht sicher nachweisbarer Verderbnisse notwendig und sind schon von M. Schanz Gesch. d. röm. Lit.² III 69 zurückgewiesen worden. Die Übersichtlichkeit der Darstellung erhöhen Zusammenfassungen (anacephalaeosis nennt sie der Grammatiker des 4. Jhdts. n. Chr., von dem die Überschriften der Kapitel in unseren Hss. herrühren, s. O. Rossbach XXVII), welche F. am Ende der bedeutendsten Abschnitte, der Königszeit (I 2), der italischen Kriege (I 17), des Partherkrieges des Crassus (I 47) einschiebt. Das zweite Buch wird nur nach dem Tode der Kleopatra unterbrochen, indem F. II 21, 1 sagt, damit seien die Bürgerkriege beschlossen, und zu den Kämpfen des Augustus gegen die Noriker, Illyrier, Germanen u. a. übergeht. Die Darstellungsweise des F. ist entsprechend seinem ausdrücklichen Zweck kurz und eilt rasch von einem Ereignisse zum andern, ohne dabei wirksame Einzelheiten oder besonders wichtige Aussprüche zu verschmähen. Dabei ist er nicht Historiker, sondern Rhetor, meist im guten Sinne des Wortes, und will kein Handbuch der römischen Geschichte schreiben, sondern an dem besonders geeigneten Stoff seine Beredsamkeit zeigen. Seine Sprache ist deshalb lebhaft und klar, sowie reich an Bildern und dichterischen Wendungen. Auch streut er gelegentlich Sentenzen und kurze moralisierende Betrachtungen ein, nicht selten sogar Ausrufe der Bewunderung oder Mißbilligung wie I 1, 3, 5 von dem siegreichen Horatius rarum alias decus, ebd. 7, 8 mira res dictu wegen der Augurien bei einer Tempelweihung, ebd. 22, 30 o pudor, weil das Heer des Fabius Cunctator aus ausgehobenen Sklaven besteht. Vortrefflich wirken manchmal Antithesen wie in der Schilderung des zweiten Punischen Kriegs I 22, 23ff. arma non erant: detracta sunt templis, deerat iuventus: in sacramentum liberata servitia. egebat aerarium: opes suas libens senatus in medium protulit. Namentlich liebt F. Steigerungen, für die derselbe Abschnitt ein geeignetes Beispiel bietet. Wie vom Himmel steigt die gravis atque luctuosa Punici belli vis atque tempestas aus dem Schnee der Alpen nach Italien herab (9) und der primi impetus turbo inter Padum atque Ticinum valido statim fragore detonuit (10); dagegen heißt es von der Schlacht an der Trebia hic secunda Punici procella desaevit (12); weiter von dem Trasimennischen See sogar tertium fulmen Hannibalis (13) und von Cannae quartum id est paene ultimum volnus imperii (15). Aber auf die Rettung Roms ist schon bei der kühnen Tat des Scipio Africanus am Ticinus hingewiesen: hie erit Scipio, qui in exitium Africae crescit, nomen ex malis eius habiturus. Kürzer ist die Steigerung in der Beschreibung der Schlacht bei Magnesia I 24, 17 primum trepidatio, mox fuga, deinde triumphus fuerunt. Das sind nur wenige Proben der äußerst wirkungsvollen, den Tatsachen geschickt angepaßten Schreibweise des F., die namentlich in der Renaissance und bei bedeutenden Humanisten wie Cl. Salmasius (Vorrede [2764] seiner Ausgabe des Florus) und J. Lipsius (Electa II 5) reichen Beifall gefunden hat, aber dem heutigen Geschmack weniger entspricht (E. Norden Die antike Kunstprosa II 598ff,). Der Wortschatz und die Syntax des F. ist die der silbernen Latinität und steht noch unter dem Einfluß der Sprache des jüngeren Seneca, Lucanus (O. Rossbach De Senecae recens, et emendat. 167ff.) und Tacitus (A. Egen De Floro historico elocutionis Taciteae imitatore, Diss. Münster 1882; s. jedoch O. Rossbach Ausg. LVIIIff.) mit ähnlicher Vorliebe für kurze parataktisch nebeneinander gestellte Sätze, für gewisse Worte wie quippe, quasi, usque, mox, etiamnunc u. a., mit möglichster Vermeidung anderer wie haut und etsi, seltenem relativischen Anschluß und Übergangspartikeln usw. In mancher Beziehung geht jedoch F. über seine Vorbilder hinaus, so daß einige ihn schon zu den afrikanischen Lateinern rechnen. Mit dem Zweck der Schrift steht in Zusammenhang, daß F. oft die Verba finita oder die Copula ausläßt und sich mit bloßen, die Tatsachen kurz zusammenfassenden Substantiven, Adjektiven und Partizipien begnügt. Sehr sorgfältig erwogen und offenbar auf rhythmischen Vortrag berechnet, ist wie bei allen rhetorisierenden Schriftstellern die Wortstellung, namentlich in den Klauseln (R. Sabbadini Rivista di filol. XXV [1895] 600ff. Bornecque Musée Belge VII [1903] 16ff.) Aber auch mitten in den Sätzen werden z. B. Aufzählungen gern paarweise angeordnet (I 11, 6. 13, 3, 27. 23, 7 u. ö.) oder zerfallen in größere aus der gleichen Silbenzahl bestehende Teile wie I 1, 5, 6 fasces trabeae curules anuli, phalerae paludamenta praetextae (je 11 Silben), oder sind ähnlich in drei Teilen parallel angeordnet wie ebd. 7, 4 in senatum caedibus, in plebem verberibus, in omnis superbia (je 7 Silben), vgl. auch I 11, 3ff. nihil mollius caelo:– – – –; nihil uberius solo; – – – – nihil hospitalius mari: – – – –; und ebd. 22, 2 ablatum mare, raptae insulae, dare tributa (je 5 Silben). Gelegentlich übertreibt aber F. und wird geschmacklos, wenn er fortwährend geistreich und spitzfindig zu sein versucht. Dahin gehört I 7 17 Camillus (Gallos) adeo cecidit ut omnia incendiorum vestigia Gallici sanguinis inundatione deleret. I 31, 6 nihil – speciosius videbatur quam esse Carthaginem, quae non timeretur. I 18 ut, quatenus urbs eripi Romanis non poterat, triumphus arderet, II 30, 27 ea denique in Germania pax erat, ut mutati homines, alia terra, caelum ipsum mitius molliusque solito vidretur. Superlative und steigernde Epitheta wie ingens, immensus, incredibilis, perpetuus braucht er zu häufig. Wenn er seine Übertreibungen und kühnen Vergleiche auch oft durch Worte wie quidam und quasi (letzteres 125 mal) einschränkt, so wird der ungünstige Eindruck dadurch nicht gemindert. Dazu kommt, daß F. gelegentlich geschichtliche Irrtümer ebenso in der Erzählung wie in seinen Beurteilungen der Feldherren und Staatsmänner begeht. So erwähnt er bei der Zerstörung Roms durch die Gallier nur die rühmliche Überlieferung von der den Feinden durch Camillus beigebrachten Niederlage (I 7, 17), er verkennt das Wesen des Volkstribunats (II 1, 1), schmückt, die Übergabe des [2765] Vercingetorix: an Caesar rhetorisierend aus (I 45, 26), glaubt, daß Capua wie Neapel und Herculaneum am Meer liege (I 11, 6), und hält den mons Falernus für verschieden von dem Massicus. Weiteres s. bei L. Spengel Abhdl. Akad. Münch. IX 2 319ff. J. Reber Das Geschichtswerk des F., Freising 1865, 18ff. und A. Riese Korresp.-Bl. d. Westd. Zeitschr. IX 216ff. Dabei ist es jedoch keineswegs sicher, daß er die Irrtümer zuerst begangen hat, sondern mindestens ein Teil davon wird aus seinen Quellen herrühren.

Von diesen Quellen des F. sind die Historien des älteren Seneca, welche der ausführlichen Darstellung der Bürgerkriege nach dem Brauche der römischen Geschichtschreiber sicher einen Abriß der früheren Ereignisse vorausschickten, sowie die Origines des älteren Cato bereits erwähnt. Selbstverständlich hat F. auch den Livius direkt und indirekt benützt. Aber einen Auszug aus ihm, wie es unsere Hss. tun, kann man ihn deshalb nicht nennen, weil er oft von Livius abweicht (s. C. H. Heyn De Floro historico, Bonn 1866, 49ff.), und weil er eine ganz andere Anordnung befolgt. Da er auch nie seinen Namen nennt, so ist die hsl., schon im 6. Jhdt. n. Chr. nachweisliche Gestalt des Titels (Malalas VIII p. 211, 2 Bonn, καθὼς ὁ σοφώτατος Φλῶρος ὑπεμνημάτισεν ἐκ τῶν Λιβίου συγγραμμάτων) wohl zur Empfehlung des F. erfunden worden, oder dadurch entstanden, daß in den meisten Codices die Periochae des Livius vor F. stehen. Wie er ursprünglich lautete, ist kaum noch festzustellen (Ο. Rossbach Ausg. XLVIIff. 1). Nur epitoma scheint in der hsl. Überlieferung echt, da es die beiden maßgebenden Hss. geben und es den Worten der Vorrede (3) gut entspricht. Man hat deshalb epitomae rerum Romanarum oder epitomae rerum a populo Romano gestarum vermutet. Ferner liegt historia bellorum omnium (oder Romanorum) oder bellorum Romanorum libri duo, da bellorum omnium septingentorum annorum nur in dem Bambergensis steht und Augustinus de civit. dei III 10 mit den Worten his quoque fatentibus, qui non tam narrare bella Romana quam Romanum imperium laudare instituerunt den Titel nicht genau angibt, auch einen dem Bambergensis verwandten Codex benützt haben kann. Für einzelne Abschnitte hat dann F. noch besonders viel gelesene Geschichtswerke herangezogen, wie den Sallust für den Krieg mit Iugurtha und die Verschwörung des Catilina (C. Heyn a. a. O. 49ff. v. Gutschmid Kleine Schriften III 504), während die von B. Maurenbrecher (Sallustii historiarum reliquiae I 11. 65 u. ö.) behauptete Benützung der Historien sich nicht sicher erweisen läßt. Ferner hat F. in seiner Darstellung von Caesars Kriegen gegen die Gallier und gegen Pompeius manches aus den commentarii de bello Gallico und de bello civili entlehnt (s. O. Rossbach XXIII. LVIII. Namentlich finden sich aber bei ihm in dem Abschnitte über den Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius zahlreiche Übereinstimmungen mit Lucan. Sie sind so schlagend wie Flor. II 13, 14 nec ille (Pompeius) ferebat parem, nec hic (Caesar) superiorem Lucan. I 125ff. nec quemquam iam ferre potest, Caesarve priorem Pompeiusve parem; F. ebd. sic de principatu [2766] laborabant, tamquam duos tanti imperii fortuna non caperet Lucan. ebd. 109ff. populique potentis … … non cepit fortuna duos; F. ebd. 30 aliquid tamen adversus absentem ducem ausa Fortuna est Lucan. IV 402 non eadem belli totum Fortuna per orbem constitit, in partes aliquid sed Caesaris ausa est (Vergleichung sämtlicher Stellen bei O. Rossbach De Senecae recens, et emendat. 168ff.). Das kann unmöglich durch Zufall entstanden sein, aber man irrt, wenn man annimmt, F. habe den Lucan ausgeschrieben. Denn F. hat deutlich, wenn er von Lucan abweicht, die passenderen und der Sache mehr entsprechenden Ausdrücke. Schon Fronto 157 N. hat getadelt, daß Lucan. I 1–7 den color rhetoricus: bella plus quam civilia breit und wortreich ausführt. Dagegen geht Flor. II 13, 4 vom civile bellum in allmählicher, geschickter Steigerung zum sociale über, weiter zum externum und commune ex omnibus, um zuletzt beim plus quam bellum anzulangen. Ähnlich steht es an anderen Stellen bei F., der ebd. 14 superiorem schreibt, 35 debitum par, 46 committentis aciem, 56 aderat forma, 65 sparsae magis quam oppressae vires (Pompeianorum) erant, während Lucan, wohl meist unter dem Zwange des Metrums, das Folgende einsetzt: I 125 priorem, VI 3 parque suum videre dei, VII 472 commisit lancea bellum, X 105 voltus adest, VIII 273 sparsit potius Pharsalia nostras quam subvertit opes. Absichtlich ändert ferner Lucan. IV 449 bei Erzählung einer Kriegslist der in der Flotte des Pompeius dienenden ehemaligen kilikischen Seeräuber den noch einfachen color bei F. 32 nova Pompeianorum arte Cilicum actis sub mari funibus in Pompeianus fraudes innectere ponto antiqua parat arte Cilix. Endlich steht bei Flor, ebd. 37 in der Anekdote von der Fahrt Caesars auf einem kleinen Schiffe über das stürmische Adriatische Meer der kurze, aber wirksame Ausspruch, den er an den Steuermann richtet, quid times? Caesarem vehis, während Lucan. V 578ff. denselben Gedanken in 15 schwülstigen Versen ausführt und zuerst sola tibi causa est haec iusta timoris vectorem non nosse tuum, quem numina numquam destituunt usw. sagt, nachher caeli iste fretique non puppis nostrae labor est: hanc Caesare pressam a fluctu defendet onus. Da demnach eine Benützung des Lucan durch F. ausgeschlossen, aber auch das Gegenteil undenkbar ist, so bleibt nur übrig, daß beide eine gemeinsame Quelle gehabt haben. Diese wird aber kaum etwas anderes gewesen sein, als wieder die Historien des älteren Seneca. Dem Lucan lag diese Heranziehung eines Werkes seines Großvaters ebenso nahe, wie er für seine Beschreibung des Nil im zehnten Buche die naturales quaestiones seines Oheims benützt hat. Dagegen sind die Übereinstimmungen des F. mit Silius Italicus, auf die Meinert hingewiesen hat (Wiener literarische Jahrb. XXVIII [1824] 185ff., s. jedoch O. Jahn Ausg. XLVIII), und die mit Tacitus, welche A. Egen De Floro historico elocutionis Taciteae imitatore, Münster 1882 (s. O. Rossbach Ausg. LVIIIff.) darzutun sucht, nicht groß genug, um daraus irgend einen Zusammenhang zwischen ihnen zu erschließen.

Höchst wahrscheinlich rührt von F. auch ein [2767] erst seit 1842 bekanntes Prooemium zu einem Dialog, welcher den Titel führte Vergilius orator an poeta?, her. Th. Oehler fand es in dem sehr nachlässig geschriebenen Bruxellensis 10677 aus dem 12. Jhdt. Darin ist in anmutiger, flotter Darstellung erzählt, wie der Verfasser in einem Tempel von Tarraco in Spanien opfert (gleich das erste Wort Capienti ist verderbt und offenbar in Facienti zu verbessern) und dabei auf Fremde aus Hispania Baetica trifft, die ihn von früher wiedererkennen. Er erzählt seine Schicksale, daß er der Sohn eines wohlhabenden Mannes in der Provinz Africa ist, sich aber mit ihm überwerfen hat, weil er seine Heimat verließ. Dann hat er in Rom unter Domitian bei der Bewerbung an den Capitolinischen Spielen um den Dichterkranz einen Mißerfolg erlitten und weite Reisen unternommen, die ihn zunächst nach Sizilien, Kreta, Rhodos und Ägypten führten. Von da kehrte er nach Italien zurück und überschritt die Gallischen Alpen, um die Völker des Nordens kennen zu lernen. Aber nochmals änderte er seine Richtung und gelangte über die Pyrenäen nach seinem jetzigen Aufenthaltsort, wo er sich, angezogen durch das angenehme Leben und die schöne Gegend, niederließ (es wird zu lesen sein 185, 21 Rossb. civitas nobis ipsa blanditur, quae … omnium [rerum] quae ad quietem eliguntur gratissima est) und vornehme Knaben unterrichtete. Mit der Beschreibung dieses Unterrichtes bricht das Bruchstück ab, welches die schlechte Hs. einem P. Annius Florus zuschreibt. Da aber seine Sprache mit der der Epitoma eng verwandt ist (F. Ritschl Rh. Mus. I [1842] 302ff. = Opusc. III 729ff. A. Eussner Philologus XXXIV [1876] 173ff. E. Wölfflin Archiv f. latein. Lexikogr. VI [1889] 1ff.) und deren Verfasser Spanien ähnlich lobt wie der des Prooemium (I 33, 3ff. 15ff. 34, 1ff. 16. II 10, 3), Annius jedoch nur, wie namentlich die Inschriften zeigen, eine andere Schreibweise für Ann(a)eus ist und die Vornamen P. und L. sehr oft miteinander vertauscht werden, so wird man der Überlieferung der älteren und besseren Hss. der Epitoma, dem Nazarianus aus dem 9. und dem Leidensis aus dem 11. Jhdt., den Vorzug geben müssen. Sicher irrt M. Schanz, wenn er die schlechtere Überlieferung P. Annius Florus auch für das Geschichtswerk bevorzugt (Geschichte der römischen Literatur² III 67ff.). Die literargeschichtliche Stellung des Bruchstücks ergibt sich einmal dadurch, daß es seinem in dem Titel angegebenen Inhalt nach dem Dialog des Tacitus de oratoribus nahe steht (R. Hirzel Dialog II 63ff.). Näher verwandt ist es jedoch mit den philosophischen Schriften des jüngeren Seneca. Sprachlich hat es mit ihnen die kurzen, oft nicht miteinander verbundenen Sätze gemein, welche der Kaiser Gaius treffend harenam sine calce nannte (Suet. Gai. 53), ferner manche Einzelheiten wie 184, 16 (ebd. 8 ergänze ich jetzt te ⟨regens⟩ gentium populus). 20. 185, 21 civitas – Stadt, vgl. Seneca de benef. VII 27, 1; epist. XIV 3, 1; 186, 21 persuasio = Wahn, vgl. Seneca epist. XIX 8, 6. 187, 10 statio = Lebensstellung (kurz vorher 4 verbessere ich magis predium in manipretium), vgl. Seneca epist. VI 4, 9. 185, 20 consuetudo res fortis est, vgl. Seneca de tranq. an. 10, 2 (consuetudo) cito in familiaritatem [2768] gravissima adducens. Auch der rhythmische Bau ist ahnlich, indem z. B. F. einen von Seneca gelegentlich angewandten Kunstgriff, daß er in Schilderungen eine Reihe lebhafterer, meist kretischer Klauseln an den entscheidenden Stellen durch spondeische unterbricht (de benef. VI 32, 2–4; de clem. I 9, 7–10), gleichfalls in der Beschreibung seiner Reise befolgt, wo die Klauseln — ◡ — — ◡ bei der Wendung nach Westen durch — — — — (185, 7 flecto cursum) unterbrochen werden. Dann steht der Dialog aber auch sachlich dem Seneca nahe. Denn dieser streift schon in seinen Dialogen das literarische Gebiet, wenn er gelegentlich Zitate aus nichtphilosophischen Schriften wie den Briefen des Augustus (de brevit vit. 4, 3) oder aus Livius (de ira I 20, 6) gibt, und behandelt in den epistulae morales, namentlich in den letzten, eingehend und mit Vorliebe literarische Stoffe, wie die Sprache der civilia des Fabianus Papirius (XVI 5), die des Maecenas und des L. Arruntius (XIX 5), die Härten bei Ennius und Vergil (XXII bei Gell. XII 2). Dagegen sind ,vulgäre‘ Wendungen, wie sie Th. Stangl sich bemüht nachzuweisen (Philologus LXV [1906] 314ff.), nicht vorhanden. Denn alterutrum (184, 1), was er dafür hält, führen allerdings die älteren Lexika in der Bedeutung ,einer den anderen‘, ,einander‘ aus der Vulgata und Itala sowie aus Tertullian an, aber auch der ältere Plinius schreibt nach dem Thesaurus linguae Latinae nat. hist. II 38 (sidus Veneris) in alterutro (d. h. matutino et vespertino) exortu genitali rore conspergens non terrae modo conceptus implet, ferner der Rechtslehrer Maecianus Dig. XXXV 1, 91 ut – – quaedam (condiciones) ad id tempus, quo testator vivat, quaedam ad id, quod post mortem eius futurum sit, quaedam ad alterutrum pertineant. Auch 184, 25 ist plane (sane C. E. Georges) quam breviter exponam nicht vulgär, sondern plane ist mit breviter zu verbinden und bedeutet, wie namentlich bei Cicero, ,gänzlich‘, so daß plane quam breviter für perquam breviter oder quam brevissime steht. Endlich darf man 186, 23 mihi pertaesum erat huius professionis nicht für vulgär ansehen, da pertaesus hier wie bei Tacitus und Sueton fast adjektivisch gebraucht wird, wodurch sich der Dativ erklärt. Meines Wissens steht er übrigens nur bei pertaesus, nicht bei taedet und seinem Partizipium, zuerst in einer Rede des ersten Redners des neuen Stils, Gracchus, bei Diomedes 311, 23 K. usque adeo pertaesum vos mihi esse. Daher ist Stangl auch nicht im Rechte, wenn er 187, 12 nach den alten Komikern eine Ellipse von sum annimmt, was doch ebenso nach pulchrum wie nach magnificum sehr leicht ausfallen konnte. Wie F. sein nur durch die Überschrift uns erhaltenes Thema behandelt hatte, können wir nicht mehr feststellen. Vermutungen darüber s. bei Hirzel a. a. O. Später erörtert Macrobius dieselbe Frage in seinem lückenhaften vierten Buche so, daß er ein Mitglied seines Saturnaliengespräches Beispiele der rhetorischen Figuren bei Vergil anführen läßt und darauf (VI, 1) alle anderen consono murmure Vergilium non minus oratorem quam poetam habendum esse pronuntiabant, in quo et tanta orandi disciplina et tam diligens observatio rhetoricae [2769] artis ostenderetur. Dem F. darf man schon wegen seiner hübschen Vorrede eine interessantere, lebendigere Ausfuhrung der Aufgabe zutrauen, in der neben seiner eigenen Ansicht namentlich auch die des ganz im Anfange gemannten Baeticus zur Geltung kam, von dem er 183, 7 sagt vir, ut postea apparuit, litteris pereruditus. Vielleicht entschied zum Schluß noch eine dritte Person den Streit. Auch liegt auf der Hand, daß die in den Rhetorenschulen offenbar öfters gestellte Frage sich anders als bei Macrobius lösen läßt.

Von Versen des F. erzählt das Prooemium, daß sie in Rom gelesen und vorgetragen wurden (184, 4). Da uns mehrfach kleine Gedichte eines Dichters F. erhalten sind, der mit Hadrian in Beziehung stand (s. über sie Bd. I S. 2266ff.) und Charisius 53 und 106 ihn Annius Florus nennt, so ist es sicher, daß sie von dem Verfasser des Dialoges stammen, der demnach in späteren Jahren der Aufforderung des Baeticus (184, 4) gefolgt und nach Rom zurückgekehrt ist. Seine Identität mit dem Verfasser der Epitoma vorausgesetzt, ist dieser also schon als Knabe nach Rom gekommen (woraus sich ergibt, daß seine Sprache nicht viel Afrikanisches bewahrt haben kann), hat dort seine ersten Gedichte mit Erfolg veröffentlicht, aber nach der Zurückweisung bei den Capitolinischen Spielen durch Domitian langjährige Reisen angetreten. Auf diesen mag er sich, da er mit seinem Vater zerfallen war, wie Apuleius, als wandernder Rhetor ernährt haben, bis er sich als Lehrer in Tarraco niederließ. Dort ist im fünften Jahre seines Aufenthalts (186, 23) sicher der Dialogus verfaßt. In die letzte Zeit seines Lebens, die er in Rom zubrachte, fallen die an Hadrian gerichteten Verse und die Epitoma.

Die Überlieferung der schon im Altertum viel gelesenen Epitoma ist eine doppelte. Auf der einen Seite steht der erst durch O. Jahn bekannt gewordene Bambergensis E III 22 (B) aus dem Anfange des 9. Jhdts. nebst den zahlreichen Auszügen, die Iordanes in seinen Romana aus einer Hs. derselben Gattung gemacht hat. B hat eine große Anzahl besserer Lesarten als die übrigen Hss. und füllt namentlich II 18, 2–6 eine große Lücke aus, die früher bestanden hatte. Außerdem hat er die richtige Einteilung der Schrift in zwei Bücher erhalten. Auf der anderen Seite stehen alle übrigen bis jetzt bekannt gewordenen Hss., welche das Werkchen in vier Bücher einteilen. Die älteste von ihnen ist der ursprünglich in dem Kloster des Nazarius zu Lorsch befindliche Palatinus Latinus 894, welcher aus der zweiten Hälfte des 9. Jhdts. stammt (N). Neben ihm kommen noch aus der großen Menge der anderen Hss. verschiedene des 11–15. Jhdts. in Betracht (s. O. Rossbach XVIIIff.), namentlich aber der Leidensis Vossianus oct. 14 aus dem 11. Jhdt (L). Sie haben den in B verlorenen Schluß (II 33, 60 und 34, 61 ff.) gerettet und bieten gleichfalls zahlreiche Lesarten, die aus sachlichen und sprachlichen Gründen denen von B vorzuziehen sind. Auf eine vor sämtlichen Hss. liegende Zeit gehen noch die nicht von F. herrührenden Überschriften über den einzelnen Kapiteln zurück sowie eine kurze Vorrede, die nur in [2770] zwei jüngeren Hss. steht und nach Hieronymus Chronik über den Verfasser handelt, auch seinen Stil lobt. Sie stammen frühestens aus dem Ende des 4. Jhdts. n. Chr. (s. Rossbach Ausg. XXVIIff.). Von den sehr zahlreichen. Ausgaben des F. verdienen nach der etwa 1470 zu Paris erschienenen, aus einer schlechten Hs. abgedruckten Princeps Erwähnung die von E. Vinetus (mit seinem Solinus, Poitiers 1554. 1563 u. ö., dazu seine Castigationes in L. Flori libros IV, Paris 1551, in denen eine jetzt verlorene Hs. in Bordeaux benützt ist), von Cl. Salmasius (Heidelberg 1609, worin der Nazarianus und Iordanes herangezogen sind), von J. Freinshemius (Straßburg 1632 u. ö., viele Verbesserungen und guter historischer Kommentar), von J. G. Graevius (Utrecht 1680 u. ö.), von L. Begerus (Köln in d. M. 1704), von C. A. Dukerus (cum notis variorum, Leiden 1722 u. ö.), von O. Jahn (Leipzig 1852), von C. Halm (Leipzig 1854, die beiden letzteren mit zu einseitiger Bevorzugung des Bambergensis), von O. Rossbach (Leipzig 1896). Über das Leben und die Schriften des F. s. außer der schon früher erwähnten Literatur Teuffel-Schwabe Gesch. d. röm. Lit.⁵ 879ff. und C. Wachsmuth Einleitung in die alte Geschichte 610ff.