Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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jede (förmliche) Handlung, I Volksrecht, II Legalrecht, III Obligationenrecht
Band I,1 (1893) S. 303 (IA)–325 (IA)
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Actio, von agere, jede Handlung, insbesondere die feierliche, förmliche Handlung anzeigend, kommt in sehr verschiedenen Bedeutungen vor. Für das römische Privat- und Processrecht sind folgende wichtig:

I. Volksrecht

I) A. ist jede nach Volksrecht (lex, ius civile; daher legitima, civilis A.) wirksame, an Formen gebundene, bald ein- bald zweiseitige Handlung, mag sie nun der Rechtsverfolgung dienen (Beispiel: die streitige legis actio, der Spruchprocess) oder ein friedliches Rechtsgeschäft sein, wie die mancipatio, in iure cessio (Paul. Fragm. Vat. 47a. Gai. II 24; vgl. Voigt Jus naturale III 20–22. IV 2 S. 154. Keller-Wach Röm. Civilprocess § 24. Wlassak Röm. Processgesetze I 250–253. 258f. II 4 N. 5), stipulatio (so noch Paul. Dig. XVII 2, 65, pr., arg. Labeo bei Ulp. Dig. L 16, 19). Die (voraugusteischen) legis actiones, wie sie Gai. IV 11–29 schildert (Keller-Wach a. O. § 12), sind mit Ausnahme der aussergerichtlichen pignoris capio und teilweise mit Einschluss der manus iniectio (Gai. IV 21–29) lauter zweiseitige solenne Handlungen (und zwar dem Legaltext angepasste Reden, zuweilen verbunden mit einem Ergreifen der Processsache, Stabanlegen und dergleichen) bürgerlicher Parteien vor dem Stadtpraetor (in iure) in Rom (Wlassak Röm. Proeessges. II 183–192. 222f. 265f. 271–273) und vor Zeugen zum Zweck der Litiscontestatio (s. d.), d. h. der Begründung eines legitimen Privatprocesses (Wlassak Litiscontestation 40. 79f.). Zur A. der Parteien gesellten sich bestimmte Vor- und Zwischenreden des Magistrats (Varro l. l. VI 30. 53. Cic. Mur. 26: [304] carmen). In der Kaiserzeit sagte man von dem Beamten, welcher befugt ist, die rechtsgeschäftliche legis A. zuzulassen und dabei mitzuwirken: est apud eum legis A., data est ei legis A., habet legis actionem Ulp. Dig. I 16, 3. I 20, 1. Paul. Sent. II 25, 4. An die Stelle der Litiscontestatio durch feierliche Rede und Gegenrede (legis A.) trat nach der Lex Aebutia und der Augusteischen Lex Iulia (über die stadtrömischen privata iudicia) die Streitbefestigung durch Geben und Nehmen der (intentio und condemnatio verbindenden – s. Art. Formula) Schriftformel, das litigare oder agere per concepta verba, m. a. W. das legitimum iudicium (Gai. IV 31. 104. Wlassak Litiscontestation 40f. 81. 85; R. Processges. II 37–51. 183–192. 280f. 357f. 363f.). Für das ältere wie das jüngere legitime Verfahren galt der vermutlich volksgesetzlich bestätigte Grundsatz: bis de eadem re ne sit actio (Belege bei Bekker Process. Consumption 21–26; Aktionen I 334–336. Rudorff Röm. Rechtsgeschichte II 261, 1, dazu P. Krüger Process. Consumption 1–12): „betreffs derselben Rechtssache soll nur einmal agiert“, d. h. insbesondere: nur einmal Lis contestiert (vgl. z. B. Gai. IV 123. Pap. Dig. XLVI 118, 1. Ulp. Dig. V 1, 3. Wlassak z. Geschichte der Cognitur 7–12) werden, oder – was dasselbe ist – nur ein Rechtsstreit stattfinden (Wlassak Litiscontestation 80, dazu 40f. 56. 57, 1). Wie den Begründungsakt, so bezeichnet A. auch den ganzen Process (Gai. IV 87. Ulp. Dig. VI 1, 9. XLVII 10, 17, 17. Marcian Dig. XII 3, 5, pr. § 4); daher jener einige Male durch A. inchoata (für das Schriftformelverfahren häufiger durch iudicium coeptum) ausgedrückt ist: Pomp. Dig. L 17, 27 (echt!). XLVII 2, 76 (Mo. 77), 1. Paul. Dig. V 2, 21, pr. Ferner heissen Actiones zuweilen einzelne Abschnitte („Termine“) des Geschworenenverfahrens, sowohl in Privatsachen (Cic. p. Tull. 5; pro Caec. 97; p. Flacco 48), wie in Strafsachen (Belege bei Geib Gesch. d. röm. Criminalprocesses 319 N. 208; vgl. noch Cic. p. Rab. ad pop. 14, wo A. den alten „Strafprocess“ anzeigt). Endlich werden als Actiones auch die Gerichtsreden der Parteien und ihrer Anwälte bezeichnet; s. Quintil. V 7, 25; vgl. übrigens Plin. ep. I 20, 9. 10. Näheres über das Gerichtsverfahren in Privatsachen unter Iudicium und Legisactio.

II. Legalrecht

II) Das Legalrecht der alten Zeit verlangte von den Parteien, die einen Privatprocess begründen (litem contestieren) wollten, die Verwendung von bestimmten, teilweise aus Legalworten zusammengesetzten, dem einzelnen Fall angepassten Sprüchen (Jhering Geist d. röm. Rechts II 2 § 47c), durch die der Streitpunkt festgestellt war. Diese Sprüche, mit denen Kläger und Beklagter agieren mussten (die Processmittel), desgleichen die als Muster dienenden, von den Rechtsgelehrten entworfenen Grundtypen nannte man ebenfalls actiones (Belege bei Wlassak Röm. Prozessges. I 75, dazu II 13–15. 56f. 357). Ihre Zahl war begrenzt wie die der Leges, ihr typischer Wortlaut unabänderlich wie der Text der Gesetze (Gai. IV 11. 30. Ulp. Fragm. Vat. 318). Formulare (actiones) verfassten übrigens die Juristen nicht blos für das Streitverfahren, [305] sondern auch für friedliche (gerichtliche wie aussergerichtliche) Rechtsgeschäfte (Testamente und Verträge). Beispiele bieten Manili actiones bei Varro de r. r. II 5, 11. 7, 6, Hostilianae actiones bei Cic. de orat. I 245 (Jörs R. Rechtswissenschaft I 88f., und zu Varro 1. 1. VI 89 Cosconius in actionibus Litteratur bei Jörs I 89, 2). Sammlungen solcher Formulare unter dem Namen Actiones gehören unzweifelhaft zu den ältesten juristischen Schriften der Römer (vgl. Jhering Geist II 2 § 42. 47b. Jörs a. O. I 86–89. 103f. 106–108. 244; wegen der späteren Actionenwerke Wlassak R. Processges. II 4–6). Die classischen Juristen gebrauchen A. regelmässig nur für die Processformeln (von diesen handelt Gaius im 4. Buch seiner Institutionen), nicht für die rechtsgeschäftlichen (wegen der weiteren Bedeutung vgl. Leist Versuch einer Gesch. der röm. Rechtssysteme 4–7. Voigt Jus naturale III 19–23. Jörs a. O. I 21f. 25). In noch engerem Sinn ist A. blos die Processformel, insofern sie dem Angriff des Klägers dient, im Gegensatz zur exceptio (s. Paul. Dig. L 16, 8, 1, andrerseits Ulp. Dig. XLIV 1, 1). Im alten Bürgerprocess konnte die Partei mit ihrem Klagspruch nur ein gesetzlich anerkanntes Recht verfolgen (Jhering Geist II 2 § 47c); wie das Verfahren selbst (A.), so war notwendig auch das Processmittel (A.) legitim. Dagegen ist im späteren gesetzlichen Process (legitimum iudicium) nach der Lex Aebutia-Iulia (Gai. IV 30. 104) die (schriftliche) Klagformel (A., Belege bei Wlassak Edict und Klageform 60f.) bald volks- bald amtsrechtlich (Gai. IV 107. 109), je nach der Art des geltend gemachten Anspruchs (Wlassak R. Processges. II 197, 19. 305–308. 339. 354f. 364), und der Vorrat der zulassigen Formeln kann vom Praetor jederzeit auf Anruf der Rechtsuchenden vermehrt werden (Pompon. Dig. XIX 5, 11). Um das neuere Processmittel, die Schriftformel (vgl. Art. Formula) von der alten A. (= Spruchformel) zu unterscheiden, wird das erstere durch iudicium ausgedrückt (s. Art. Accipere Nr. 2); so bei Cic. de nat. deor. III 74, dazu Wlassak Proeessges. I 72–85. Indes hat man A. bald auch fur die Streiturkunden verwendet, zuerst wohl für solche, die mit iuris civilis (aus der legis A. übernommener) intentio (Gai. IV 45. 106. 107) ausgestattet waren, dann für alle Schriftformeln civilen wie honorarischen (amtsrechtlichen) Ursprungs, auch für die in factum concipierten (Gai. IV 46. 47). Fast durchaus bewahrt ist der strengere Sprachgebrauch in den Edicten des praetorischen Albums, die iudicia (honorarische Formeln), nicht actiones verheissen (Wlassak R. Processg. I 77), und deutlich noch von Iulian bekundet Dig. IX 4. 39 pr., wo der iuris civilis A. das iudicium honorarium gegenübersteht. Auch die Bezeichnung einer Gattung von Schriftformeln, in quibus `ex fide bona’ est additum (Cic. top. 66; de off. III 61. Wlassak a. O. I 79, 5a), als bonae fidei iudicia bei Cicero, Gaius (IV 62) und anderen Juristen (vgl. aber Iust. Inst. IV 6, 28, und hinsichtlich der einzelnen Formeln, z. B. mandati Gai. III 156. 160. 161. 162: actio) dürfte damit zusammenhängen, dass diese Formeln ihre intentio nicht aus legis Actionen entlehnten, [306] sondern amtsrechtlicher Herkunft (später ins Volksrecht recipiert) sind (vgl. Gai. III 127: habent . . mandati iudicium . . . ex lege Publilia . . habent actionem, Wlassak a. O. II 302, 10). Andererseits erklärt es sich so, wie Gai. IV 2–5 und Ulp. Dig. XLIV 7, 25 pr. blos zwei Arten von Actiones unterscheiden konnten: vindicationes (Actiones in rem) und condictiones (Actiones in personam); vgl. Wlassak a. O. I 82f. II 356, 14; anders Pernice Labeo III 1. Abt. 202, 1. Die honorarischen Klagformeln blieben zunächst unbeachtet, da sie (in factum concipiert, Gai. IV 46–47; wegen der Ausnahmen s. Gai. IV 34–38) weder eine intentio in rem noch in personam hatten (Gai. IV 41. 45. 46, dazu Ulp. Dig. XII 2, 3, 1) und infolge dessen nicht als Actiones im strengen Sinn (nach dem Muster der legis Actiones) anzusehen waren. Verboten wurde die Verwendung der Klagformeln im Privatprocess erst von Constantius Cod. Iust. II 58 (Kr. 57), 1 im J. 342 n. Chr. (Wlassak a. O. II 60–62). Trotz dieser Änderung konnten Iustinians Compilatoren grosse Stücke des classischen Formel- und Processrechts in die Pandekten übertragen, weil nach der Absicht des Kaisers die Zustellung des Klaglibells der editio actionis (=formulae, Ulp. Dig. II 13, 1 pr. § 1. Cod. Iust. II 1, 3) des alten Verfahrens (s. Bethmann-Hollweg Röm. Civilproc. III 243–245), und ebenso – nach Inhalt und Wirkung – die neu geordnete Litiscontestatio (Cod. Iust. III 9, 1 – interpoliert!) dem gleichnamigen Akt des classischen Rechtes entsprechen sollte (Bethmann-Hollweg a. O. III § 153. Bekker Aktionen II 230–243. 358–362).


III. Obligationenrecht

III) A. ist das Recht in der obligatio (Gai. II 14: ius obligationis, vgl. Windscheid Pandekten II § 251, 3. Brinz Pand. I² § 92a, dazu besonders die von Bekker Zeitschr. f. Rechtsgeschichte IX 388f. gesammelten Stellen, wo, wie bei Gai. IV 78, abwechselnd A. und obligatio steht), das „Forderungsrecht“ oder der persönliche (in personam) mit einer Klagformel verfolgbare „Anspruch“; im engeren und im Sinn der älteren Ordnung blos das volksrechtlich anerkannte („civile“) Forderungsrecht. Nur das letztere hat Celsus im Auge, wenn er Dig. XLIV 7, 51 definiert: Nihil aliud est actio quam ius quod sibi debeatur iudicio („mit einer Schriftformel“ oder „durch Begründung eines Processes“) persequendi (irrig ist diese Definition in Iust. Inst. IV 6, pr. an die Spitze des von den Actionen im formellen Sinn [unter II] handelnden Titels gestellt), ebenso Paulus, der Dig. XLIV 7, 3, pr. zur Bestimmung der obligationum substantia den Wortlaut der gangbarsten in personam concipierten civilen Klagformeln benutzt. Dass honorarische (amtsrechtliche) Verpflichtungen nicht als wahre Obligationen (debita) erschienen, bestätigt noch Ulp. Dig. XIII 5, 1, 8. XLIV 7, 25. pr. XLVI 1, 8, 1. 2, dazu Gai. IV 112. Wlassak R. Processges. I 82f. II 355, 12. Abzuleiten ist die Bedeutung von A. = Forderungsrecht aus der Verwendung von A. = Process und Klagformel für persönliche Ansprüche, welche von Papin. Dig. XLIV 7, 28. Ulp. L 16, 178, 2 bezeugt ist. Für die Verfolgung dinglicher Rechte (A. in rem), die vielleicht in alter Zeit sehr verschieden [307] war von der Durchsetzung der Obligationen (vgl. A. Bechmann Studie im Gebiete der legis actio sacramenti in rem), hatte die Rechtssprache einen besonderen Ausdruck: vindicatio. Daher war A. zunächst der Process in personam, dann die Processformel mit intentio in personam, endlich der in solcher Formel erschöpfend ausgedrückte obligatorische („persönliche“) Anspruch (oder eine zur Einheit verbundene Mehrzahl von Ansprüchen). So zeigt z. B. actionem habere häufig das „Gläubiger sein“ an, actione teneri (= obligatum esse) die „Schuldverpflichtung“. Übermässiges Gewicht legt Bekker (Zeitschr. f. Rechtsgesch. IX 376f.; Aktionen d. röm. Privatrechts) auf einige Äusserungen der Quellen, denen zufolge obligatio und so auch A. vorhanden ist, während noch kein gegenwärtiger Anspruch, nicht einmal ein bedingter oder betagter (vgl. Gai. IV 131. Ulp. Paul. Dig. L 16, 54 und 55. Ulp. Dig. L 16, 213, pr.) besteht. Der Mangel eines eigenen Wortes zur Bezeichnung der blossen „Haftung“ ohne debitum (s. Brinz Pandekten II² 36–38) hat die Juristen genötigt, obligatio und A. in ungewöhnlichem Sinne zu gebrauchen. Die weitaus meisten Stellen bieten keinen Anhalt für die Unterscheidung von A. und Anspruch. Von eigentümlicher Beschaffenheit (wesentlich „Haftung“) ist die durch Litiscontestation zwischen den Parteien begründete Processobligation (Gai. III 180. Ulp. Dig. XLVI 1, 8, 3, dazu Bekker Aktionen II 174–184. Kuntze Excurse über Röm. Recht² 388–400. Pernice Zeitschrift für Rechtsgeschichte Rom. Abt. XVIII 51–57. Wlassak Litiscontestation 57–59; Röm. Processges. II S. X. XI). Sie tritt an die Stelle der durch Streitbefestigung vernichteten („consumierten“) privatrechtlichen Forderung (A.) und wird selbst wieder A. (oder lis, von den Classikern haufig iudicium) genannt, z. B. von Ulp. Dig. XVIII 4, 2, 8: si (heres) novaverit vel in iudicium deduxerit actionem (d. h. die alte Forderung), praestare debebit hanc ipsam actionem quam nactus est (d.h. die durch Litiscontestatio neu erworbene Processobligation). Bei dem engen Zusammenhang zwischen dieser und jener A. lag die Versuchung nahe, ungenau von einer Fortdauer der (alten) A. nach der Litiscontestatio mit veränderter Wirkung zu reden; vgl. Gai. Dig. L 17, 139, pr. Paul. XXVII 7, 8, 1. Mit Unrecht hat sich Windscheid (Die A. des röm. Civilrechts 49) auf die citierten Fragmente berufen, um dem classischen Processrecht den vielfach bezeugten (s. Art. Litiscontestatio) Gedanken der Actionen-( = Obligationen-)consumption abzusprechen.

Was endlich die obligationes tantum naturales (s. Art. Obligatio) anlangt, so fuhren sie diesen Namen, wie die Römer selbst einraumen, nur missbrauchlich, Wem nicht A. zusteht, der ist nicht creditor, der Gegner nicht debitor; mithin liegt auch kein debitum vor und keine obligatio (Belege bei Bekker Ztschr. f. Rechtsgesch. IX 399f. Windscheid Pandekten II7 §288, 6, dazu Wlassak Kritische Studien 46f.).

Die unter II (die „formelle“) und III (die „materielle“) angeführten Bedeutungen von A. fliessen häufig zusammen. Während es viele Stellen giebt, wo A. lediglich das Processmittel, [308] die Klagformel anzeigt (z. B. Gai. III 160: posse me agere mandati actione – in Iustinians Pandekten ist hie und da A. von den Compilatoren interpoliert, wo die Urschrift formula hatte, s. Wlassak Edict und Klageform 58f.), kann man schwerlich behaupten, dass die Classiker jemals A.= Anspruch setzten, ohne zugleich – sei es nur nebenbei – an die Processformel zu denken, mit der zu agieren wäre, und in der das Recht des Gläubigers seinen genauen Ausdruck fand. Wie die Jurisprudenz der Römer ihren Ausgang nahm von der Formelkunde, so hat man noch in spätclassischer Zeit grosse Teile des Privatrechts wesentlich im Hinblick auf den Process dargestellt. Die heutige Wissenschaft sucht dem Rechnung zu tragen, indem sie A. mit „Klage oder „Klagrecht“ übersetzt (Windscheid mit „Anspruch, der aber nicht eigentlich übersetzen, sondern den römischen Begriff modernisieren, verändern will). Hiedurch werden unklare Vorstellungen und Missverständnisse hervorgerufen (trotz Brinz Krit. Blätter III 10f.). Das alte wie das classische Recht der Römer kennt keinen der heutigen „Klage“ entsprechenden Processakt (Wlassak z. Gesch. d. Cognitur 5, 12). Zudem sind die Anschauungen der Neueren vom „Klagrecht“ stark beeinflusst durch den nachclassischen Begriff der „actio nata“ (vgl. Ulp. Dig. XI 3 , 5 , 5), der auf Grund der Theodosisch-Iustinianischen Verjährungsgesetze (s. Art. Praescriptio XXX annorum) gebildet ist. Wenig Anklang hat bisher die Lehre Bekkers (Aktionen I 15) gefunden, wonach in der A. auch „ein Recht publicistischer Natur“ wider den Gerichtsmagistrat, das Recht „auf Gewahrung von Judex und Formel“ eingeschlossen wäre. Vgl. übrigens wegen des „Rechtsschutzanspruchs“ (Wach) die Art. Dare (actionem), Denegare (actionem). Hinsichtlich des Sprachgebrauchs der classischen Juristen ist noch zu bemerken, dass A. gelegentlich auch solche Rechtsmittel umfasst, für die besondere Namen hergebracht, und die mit der A. unter II nur verwandt sind: das praeiudicium (vgl. aber Iust. Inst. IV 6, 13), interdictum, die stipulatio praetoria (s. die betr. Art.); so Ulp. Dig. XLIV 7, 37, pr., vgl. indes Ulp. Dig. III 3, 35, 2. III 3, 39, pr. Es wäre verfehlt, auf Grund solcher Aussprüche einen weiteren Begriff der A. aufzustellen.

Litteratur (vielfach abweichend von dem hier Gesagten): Schilling Institutionen II 332–336. Savigny System des heutigen röm. Rechts V. Keller-Wach Röm. Civilprocess6 § 87. Demelius Untersuchungen aus dem röm. Civilrecht I 116–146. Windscheid Die A. des röm. Civilrechts. Muther Zur Lehre von der röm. A. Windscheid Die A., Abwehr gegen Muther. Jhering Geist d. röm. R.4 II 2 § 47c. III 1 § 50. 51. Bethmann-Hollweg Civilprocess d. gem. Rechts II 207–211. Bekker in Zeitschrift für Rechtsgeschichte IX 366–407; Die Aktionen des röm. Privatrechts I. II (mit ausgezeichneten Erörterungen der einzelnen Actionengattungen). M. Voigt Jus naturale IV 2 S. 147–166. Kleinschrod Über die proc. Consumtion 60–79. Lenel Über Ursprung und Wirkung der Exceptionen 14–37. Gradenwitz Interpolationen [309] in d. Pandekten 103–122 (unhaltbar; s. Lenel Zeitschr. f. Rechtsgeschichte Rom. Abt. XXII 179–181). Wlassak Röm. Processgesetze I 72–85. 250. II 12–22. 52. 57f. 357f. O. Fischer Recht und[WS 1] Rechtsschutz 64–74. Böcking Pandekten d. röm. Privatrechts² I §131. Arndts Pandekten¹³ § 96. Unger System des oesterr. Privatrechts II § 113. Windscheid Lehrbuch des Pandektenrechts I7 § 44. Dernburg Pandekten I³ § 128.

Die im folgenden in alphabetischer Ordnung anzuführenden Namen, welche die Römer gewissen genera actionum (vgl. Gai. IV 1 und dazu IV 102) beilegen, betonen bald mehr ein wichtiges Merkmal der Processformel und zwar der neueren, der Streiturkunde, bald mehr des Rechts oder (praetorischen) Quasirechts, dessen Verfolgung die der Natur des letzteren angepasste Formel vermittelt. Nur fur die A. extraordinaria trifft dies nicht zu. Der Ausdruck A. in rem wollte, wie es scheint, ursprünglich eine Eigentümlichkeit des dinglichen Processes (A. unter I) anzeigen. Übrigens ist die Beschaffenheit der Formel überall massgebend für die Gestaltung des Verfahrens vor dem Judex (namentlich für die Vollmacht des Richters) und für den Inhalt der Processobligation.

A. aedilicia s. A. civilis und Art. Edictum (aedilium curulium).

A. annalis s. A. temporalis.

A. arbitraria. Diese Bezeichnung passt für jede Formel, die den Geschworenen (iudex) ermächtigt, in gewisser Richtung nach freiem Ermessen (arbitrium) zu urteilen (vgl. Cic. de off. III 70: arbitria in quibus adderetur ex fide bona. Cels. Dig. XIX 1, 38, 1). So wird denn auch häufig (Belege bei Lenel Edictum 193, 2, dazu Alex. Cod. Iust. III 18, 1) die A. de eo quod certo loco dari oportet (M. Cohn Die sogenannte A. de eo etc. Lenel a. O. § 96) arbitraria genannt, eine Formel, deren sich die Parteien zuweilen statt der stricten (den Gegensatz hiezu macht die „arbitrarische“) A. (condictio) certae pecuniae und certae rei bedienen mussten (anders Dernburg Pandekten³ I § 133, 2). Eine zweite und engere Bedeutung von A. a. ist aus Gai. IV 163. Ulp. Dig. IV 2, 14, 4. Iust. Inst. IV 6, 31, dazu Papin. Dig. XXII 1, 3, 1. Ulp. Inst. fragm. Vind. 5 zu ersehen. In der formula oder A. a. ist der Condemnationsanweisung die Clausel voraufgeschickt: si ea res arbitrio (oder arbitratu) iudicis non restituetur, bezw. exhibebitur (vgl. Cic. in Verr. II 31, wo indes das Wort arbitrio fehlt). Darnach muss der Geschworene vor dem Endurteil, das im Formularprocess nur auf eine Geldsumme lauten konnte (Gai. IV 48), den im Unrecht befundenen Beklagten durch einen Vorbescheid zur Naturalrestitution (z. B. Herausgabe einer körperlichen Sache), bezw. Exhibition (Vorweisung, Gai. Dig. L 16, 22) auffordern. Der Gegenstand der Restitution war arbitrio (durch freies Ermessen) iudicis zu bestimmen; daher der Name: A. a. Nur wenn das richterliche Gebot (iubet, auch arbitratur actori restitui, s. Mauric. Dig. VI 1, 35, 1) erfolglos blieb (nach classischem Recht wurde die Ausführung des Vorbescheids nicht direct erzwungen; anders im Iustinianischen Process, s. Bethmann-Hollweg [310] Civilprocess III 293, 24), hatte der Richter schliesslich auf die Aestimationssumme zu erkennen (s. Art. Absolutio Nr. 2b), die der Kläger im Fall der contumacia und des dolus des Gegners durch Schätzungseid (s. Art. Iusiurandum in litem) feststellen konnte. Arbitrarisch waren volks- und amtsrechtliche Actionen, fast alle Actiones in rem und einige in personam. Beispiele nennen Iust. Inst. IV 6, 31, vgl. dazu Lenel Edictum 138f. 145. 149. 152. 281. 302. 324. 353. 358. 438 (teilweise anders Lenel Beiträge z. Kunde des praet. Edicts 55–100).

Weitere Litteratur bei Vangerow Pandekten I7 § 140. Windscheid Pand. I § 46, 4; vgl. besonders Keller-Wach R. Civilproc. § 28. 67. 88 a. E. Bethmann-Hollweg Civilproc. II 287–293, dazu Bekker Aktionen II 140–142. Brinz Pand.² I § 87. Dernburg Pand. I § 133. Sohm Institutionen4 § 40 I. Czyhlarz Institutionen (1889) 354.

A. bonae fidei s. oben unter III und Art. Iudicium.

A. certae creditae pecuniae s. A. certi und Art. Condictio.

Actiones certi im Gegensatz zu den Actiones incerti heissen die in ius concipierten persönlichen Formeln mit intentio certa (s. Art. Intentio). Die letztere war entweder auf dare oportere einer bestimmten Geldsumme (Gai. IV 41, A. certae creditae pecuniae) oder einer andern bestimmt bezeichneten Sache (sog. condictio triticaria, Lenel Edictum 189–191) gerichtet. Dagegen ist in der Intentio der Actiones incerti der angesprochene Gegenstand durch quidquid (ob eam rem) … dare facere oportet (Beispiele: Gai. IV 136. 47) ausgedrückt. Die Actiones in rem fordern regelmässig eine intentio certa; Ausnahmen kommen nach Gai. IV 54 vor in paucissimis causis (vgl. Ulp. Dig. V 4, 1, 5. Jhering Geist4 III 1 § 52 z. N. 77. 78). Auf die Actiones mit intentio in factum bezieht sich der Gegensatz von certum und incertum nicht (vgl. indes Gai. IV 60 a. E., andererseits die von Lenel Edictum 321 entworfene Formel). Beim Gebrauch einer A. certa setzt sich der Kläger der Gefahr des plus petere (Sachverlust) aus; bei der A. incerta ist ein Zuvielverlangen unmöglich (Gai. IV 53–60; s. Art. Petitio pluris). Auch sonst sind Sachen, die sich zur Verfolgung mittels persönlicher A. certa eignen, vor Gericht ausgezeichnet (z. B. bestimmte Geldforderungen nach Gai. IV 13. 171. Lex Rubria cap. 21 im CIL I 205; s. ferner Demelius Schiedseid und Beweiseid 10–82).

Litteratur: Savigny System d. heutigen R. R. V 74–77. Keller-Wach Civilproc. § 13 a. E. § 18. 25. 44. 88. Rudorff Röm. Rechtsgesch. II § 41. Bethmann-Hollweg Civilproc. II 219–223. Brinz Pandekten² I § 83. Lenel Edictum 118–124. 184–199. Pernice Labeo III 1. Abt. 206f.

A. civilis, der die A. honoraria (praetoria und aedilicia) gegenübersteht (s. die Stellen bei Wlassak Kritische Studien 2–4), ist die auf einer volksrechtlichen Norm beruhende Processformel und der durch sie – wenn die A. zu den persönlichen gehört – geschützte Anspruch. Die A. (bei den älteren Juristen: iudicium) honoraria [311] (die „amtsrechtliche“, „obrigkeitliche“) verdankt ihre Entstehung und Anerkennung der Amtsgewalt (imperium, häufiger iurisdictio) eines Gerichtsmagistrats, des Urban-, des Fremdenpraetors oder der curulischen Aedilen (Gai. IV 110: ex propria ipsius, d. h. praetoris, iurisdictione pendet). A. c. und A. h. unterscheiden sich wie überhaupt Volks- und Amtsrecht (s. Art. Ius civile, honorarium). In der A. civilis drückt die Intentio ein Recht des Ansprechers oder ein Obligiertsein des Gegners aus, sie ist in ius concepta oder iuris civilis (Gai. IV 45. 106. 107). Die meisten (Gai. IV 46: innumerabiles) Actiones honorariae enthalten keine eigentliche Intentio (s. Art. Intentio), keine Rechtsbehauptung, sie sind in factum concipiert (Beispiel bei Gai. IV 46). Daneben giebt es vom Praetor eingeführte Formeln, welche die Intentio (in ius concepta) aus einer volksrechtlichen entlehnen und sich von dieser durch Zusätze (Fictionen und anderes, Gai. IV 34. 36–38) unterscheiden oder durch sonstige Änderungen des Wortlauts (so die Formel bei Gai. IV 35 durch „Umstellung der Subjecte“, Keller Civilpr. §32). Sie sind und heissen darum nicht minder Actiones praetoriae (z. B. die ficticische Publiciana bei Ulp. Dig. VI 2, 1, 1). Die meisten Civilactionen stammen aus Volksgesetzen: A. legitima (lege constituta, prodita, data; s. Wlassak Edict und Klageform 62–66, dazu aber 118f.), und werden nach der Lex benannt (z. B. A. legis Aquiliae); andere sind ihrem Ursprung nach praetorisch (in factum), später aber mit intentio iuris civilis ausgestattet, seitdem die Überzeugung feststand, dass der zunächst nur praetorisch Verpflichtete (Cic. p. Rosc. com. 15: arbitria honoraria) dare facere oportet, nach der Verkehrsgewohnheit obligiert sei (vgl. Iust. Inst. III 13, 1: obligationes … civiles, quae aut legibus constitutae aut certe iure civili comprobatae sunt; Wlassak Gesch. der Negotiorum gestio § 12; Röm. Processges. II 302, 10. Bekker u. O. Geib Zeitschrift f. Rechtsgesch. Rom. Abt. XVII 148. XXI 153). So erklärt sich das Nebeneinander von praetorischer (in factum) und civiler Bonaefidei-Formel (in ius concepta) für dasselbe Verhältnis (Gai. IV 47, Litteratur bei Keller-Wach Civilproc.6 § 33 N. 365). Die praetorischen Actionen (Actiones a praetore datae, Gai. IV 112. W1assak Processges. I 42–48. II 358) sind entweder auf der Gerichtstafel (album; s. d.) des Magistrats durch Edict (A. ex edicto) und Musterschema (zuweilen nur durch eines von beiden, Wlassak Edict 99–106. 125–136) angekündigt, oder sie werden ohne Anhalt im Album im einzelnen Fall gegeben (s. unten A. in factum). Auch für die civilen Actionen waren auf der Gerichtstafel Muster „proponiert“ (unter Überschriften, jedoch ohne Edict). Quellenwidrig und irreführend ist es, um deswillen oder aus anderen Gründen die Schriftformel als solche mit Einschluss der civilen, „praetorisch“, „honorarisch“, „magistratisch“ zu nennen (s. Wlassak Krit. Studien 19–22; R. Processgesetz. I 162f.). Wegen der Actionen aus Senatusconsulten (der Zeit n. Chr.) und Kaiserconstitutionen vgl. Wlassak Krit. Studien 98–104. 127–132.

Litteratur: Savigny System V 61–63. Keller-Wach Civilpr. §30. 89. Rudorff Röm. [312] Rechtsgesch. II § 49. 50. Bethmann-Hollweg Civilpr. II § 96. Brinz Pand.² I § 90. Bekker Aktionen II 1–34. 106–153. 263–275. Wlassak Edict und Klageform § 3. 6–8; Krit. Studien § 1–4. 7. 8.

A. contraria s. A. directa.

A. directa ist a) die Haupt- und Stammformel im Verhältnis zu der bedingten, ihr nachgebildeten A. ficticia (Gai. IV 34–38), dann überhaupt im Verhältnis zur A. utilis. S. unten A. utilis. b) stellen die Römer der A. directa (Hauptformel und Forderung) gegenüber die A. (oder iudicium) contraria (Gegenformel und Forderung). Erstere steht dem A wider B zu, letztere auf Grund und im Gefolge des die A. directa erzeugenden Thatbestands dem B wider A. Beispiele: A. commodati, depositi, mandati, negotiorum gestorum etc. directa und contraria; vgl. Cic. de off. III 70 und betreffs eines iudicium contrarium besonderer Art Gai. IV 174. 177–181. Dass eine Formel auch ihres Inhalts wegen contraria heissen könne, zeigt die A. contraria (= A. negatoria, Gegensatz: confessoria) bei Ulp. Dig. VII 5, 8, pr. Litt. Keller-Wach Civilproc § 58 a. E. § 89 a. E. Rudorff R. Rechtsgesch. II 154f. 278f. Bethmann-Hollweg Civilpr. II 283. 537. Pernice Labeo II 124f. 315–318. Wlassak Negot. gestio 192–196. Endlich wird c) A. (und iudicium) directa der durch ein Verfahren mit A. ad exhibendum vorbereitete Hauptprocess genannt. S. Ulp. Dig. X 4, 3, 13. X 4, 17. Demelius Die Exhibitionspflicht 26f. Lenel Edictum 174f.

A. extraordinaria. Neben dem ordentlichen (gesetzlichen oder praetorischen) Privatprocess mit Formel und Schwurgericht kennt das Recht der Kaiserzeit für gewisse Sachen (Ulp. Dig. L 16, 178, 2: quae non habent iuris ordinarii exsecutionem, z. B. für den Fideicommissstreit) ein rein magistratisches Verfahren: die cognitio consulum, praetoris u. s. w. (Wlassak R. Processges. II 11, 6. 65f. N. 14. 15), das extra ordinem petere (Papin. Dig. XVII 1, 7 und 56. 3). Von einer A. im alten Sinn kann hier nicht gesprochen werden. Dennoch gebrauchen die spätclassischen Juristen A. zuweilen auch vom Extraordinarverfahren (Ulp. Dig. V 1 , 52, pr.), und ziemlich häufig heisst so der Anspruch, der nur extra ordinem verfolgbar ist; Scaev. Dig. XIX 1, 52, 2 erwähnt in diesem Sinne Actiones extraordinarias. Vgl. Paul. interpol. Dig. III 5, 47 (Mo. 46), 1. Iust. Inst. IV 15, 8; aus der Litt. besonders Bekker Aktionen II 190–211, ferner Keller-Wach Civilprocess § 81. Bethmann-Hollweg Civilpr. II § 122. Wlassak Kritische Studien 70–96, dazu Pernice Zeitschr. f. Rechtsgesch. Rom. Abt. XIX 290–293. O. E. Hartmann - Ubbelohde Ordo Iudiciorum I § 37–39. 41–43. Joh. Kuntze Die Obligationen und das Jus extraordinarium (1886) 245–340. Ubbelohde in Glücks Pandekten Ser. d. Bücher 43. 44 II 408–416.

A. famosa s. Art. Infamia.

A. ficticia (Ulp. Fragm. XXVIII 12) s. oben A. civilis und Art. Formula, Intentio.

'A. honoraria s. oben A. civilis.

A. incerti s. oben A. certi und Art. Condictio.

[313] A. in factum. a) = A. in factum concepta (Gai. IV 106. 107) s. oben A. civilis und Art. Formula, Intentio. b) Cicero (top. 33) nennt das System der Processformeln (iudiciorum formulas) eine res infinita (s. oben A. unter II), und die Juristen (Pomp. Papin. Dig. XIX 5, 11 und 1. pr.) belehren uns, dass in Ermanglung der hergebrachten, insbesondere der im Album proponierten Formeln (Actiones proditae, vulgares) Actiones in factum vom Praetor erbeten wurden (Beispiele bei Wlassak Edict und Klagef. 113, 4). Obwohl in factum concipiert (vgl. indes Lenel Edict 160), wie viele der ständigen Formeln, konnten diese praetorischen Actionen (meist hatten sie das Gepräge von Actiones utiles, s. unten) doch in einem besonderen Sinn in factum heissen, insofern sie ohne Muster im Album erst für den einzelnen Fall entworfen wurden. Daher steht z.B. bei Quintus (Cerv. Scaev.?) Dig. IV 3, 7, 7 der in factum concipierten A. doli gegenüber in factum A. Das Recht, solche Processmittel zu gewähren, hatten die Gerichtsmagistrate auch nach der Hadrianischen Feststellung des praetorischen Albums. Litteratur bei Vangerow Pand. I⁷ § 138, dazu Bethmann-Hollweg Civilproc, II 321–324. Bekker Aktionen II 146–153. Brinz Pand.² I § 90 a. E. Wlassak Edict u. Klageform 111–113. 124; Krit. Studien 38. c) über A. in factum civilis vgl. Art. Praescriptio.

A. in ius concepta s. oben A. civilis und Art. Formula, Intentio.

A. in personam oder personalis (Gegensatz: A. in rem) ist die zum Schutz eines Forderungsrechts (obligatio) dienende Processformel und dieses Forderungsrecht selbst; s. oben A. unter III. Die classische Jurisprudenz anerkennt wie volksrechtliche so auch amtsrechtliche Actiones in personam, Formeln und Forderungen (Gai. IV 106. Ulp. Dig. XLVI 2, 1, 1; vgl. auch Scaev. Dig. XXXI 89, 4: actio fideicommissi in personam, dazu oben A. extraordinaria); doch kommt die ältere Anschauung, die nur civile Obligationen gelten liess, noch bei Ulpian und Paulus zum Vorschein (s. A. III). Den Namen in personam hat die Formel von der Fassung der Legisactio (bei Probus de notis 4, 1. Gai. IV 18), die im wesentlichen identisch ist mit der Intentio civilis der Streiturkunde: aio (si paret) te (adversarium, Nm. Nm.) mihi (Ao. Ao.) dare (oder dare facere) oportere (Gai, IV 2. 4. 5. 41. 45. 54). Hier kehrt sich, wie der Wortlaut zeigt, der processualische Angriff wider (in) die Person des Angesprochenen. Durchaus anders ist die A. in rem gefasst. Allein das Gesagte trifft auch nicht zu für die Intentio in factum concepta der „persönlichen“ A. honoraria; denn diese erzählt zwar vom „Schuldner“, doch begehrt sie nichts von ihm (vgl. Gai. IV 47). Vor den Actiones in rem sind die Actiones personales civilen und praetorischen Ursprungs ausgezeichnet durch die von vornherein (seit der Begründung der Forderung) gegebene Bestimmtheit und Unveränderlichkeit (Ausnahmen bei Savigny System V 25f.) der Person des Processgegners (Ulp. Dig. XLIV 7, 25 pr.). Nur mit dem Schuldner oder mit dessen Erben (wenn die Obligation vererblich ist) kann erfolgreich agiert werden, nie mit einem anderen. Vgl. im übrigen A. in rem nebst [314] der dort angeführten Litteratur und Bethmann-Hollweg Röm. Civilpr. II § 93.

A. in rem (oder vindicatio; vgl. aber Bechmann Legis A. sacram. in rem 20–23. 7. 24f.) hiess das alte Legalverfahren, in dem dingliche Rechte (civile iura in rem, z. B. Eigentum) verfolgt wurden, weil das Agieren auf die Sache selbst gerichtet war. Diese (oder ein Stück davon statt des Ganzen) musste sich auf der Gerichtsstätte (in iure) befinden; der Actor hatte sie anzufassen und den Stab (vindicta = festuca) darauf zu legen (in rem praesentem fiebat vindicatio; so Gai. IV 16. 17 betreffs der vindicatio rei und hereditatis; unbekannt ist die Gestaltung der vindicatio servitutis, vgl. Karlowa Röm. Civilpr. 91f.). Das spätere Recht verlangt das Dasein der Streitsache in iure nicht und kennt also kein eigentliches agere in rem. Dennoch ist der alte Name A. in rem und vindicatio auf den dinglichen Process der neueren Zeit übergegangen, und erhalten hat sich auch die absolute Fassung der Intentio im Eigentums- und Erbrechtsstreit, die im Spruchverfahren z. B. so lautet: hunc ego hominem ex iure Quiritium meum esse aio … (Gai. IV 16. Cic. Mur. 26), und in der Streiturkunde: si paret hominem Stichum quo de agitur ex i. Q. Auli Agerii esse (Gai. IV 41. Cic. in Verr. II 31). Hier wie dort fehlt (im Gegensatz zur A. in personam) die Beziehung des behaupteten Rechtes auf den Beklagten (der erst in der condemnatio der Schriftformel erscheint, Gai. IV 87). Dagegen ist in der Intentio der meisten Formeln zum Schutz und zur Abwehr von Servituten der Beklagte genannt (vgl. Lenel Edictum 149. 152f.; regelwidrig ist die servitus oneris ferendi und die zugehörige Formel); dennoch drückt die Intentio keinerlei Verpflichtung des Processgegners aus; vielmehr macht sie entweder ein gegen den Willen des letzteren (invito No. No.) durchsetzbares Sachenrecht geltend (A. confessoria) oder spricht ihm ein solches ab (A. negatoria). Nach dem Sprachgebrauch der classischen Juristen ist A. in rem jede Klagformel zum Schutz eines dinglichen Rechtes (wegen des sogenannten dominium hereditatis vgl. die Litteratur bei Windscheid Pand. III⁷ § 605, 12), mag auch das letztere nur auf praetorischer Anerkennung beruhen, wie das Publicianische (Dig. VI 2) und das hypothekarische (vgl. die Belege bei Dernburg Pfandrecht II 289. 290, 7 und für vindicatio pignoris ebenda II 289, 6). Besonderer Regelung bedarf bei der A. in rem die Frage (der „Passivlegitimation“), mit welchen Personen erfolgreich agiert werden könne? Aus dem Inhalt des verfolgten Rechts ist hier – anders als bei der Obligation – eine Antwort nicht zu gewinnen. Der Schutz ist an sich und der Regel nach gegen jedermann gewährt. Der richtige Gegner ist: wer sich mit dem klägerischen Recht in bestimmter Weise in Widerspruch setzt, z. B. bei der petitorischen rei vindicatio (im Eigentumsprocess) der jeweilige Inhaber der Sache (Ulp. Dig. VI 1, 9), bei der A. negatoria wer sich an der Sache des Klägers ein Servitut anmasst. Neben den hier erwähnten Bedeutungen von A. in rem nimmt die moderne Wissenschaft noch eine dritte an. A. in rem soll sein das „materielle [315] dingliche Klagrecht“ oder der „dingliche Anspruch“, welcher z. B. für den Eigentümer gegen den Sachinhaber aus der Rechtsverletzung entsteht, ein Recht, das der Obligation nahe verwandt wäre (vgl. Savigny System V 5. 16f. Windscheid Pand. II § 337. 351. Bekker Aktionen I 218–223. G. Rümelin Archiv f. civ. Praxis LXVIII 186–211, auch Iust. Inst. IV 13, 5). Allein diese Lehre ist hauptsächlich durch nachclassische Gesetze (so das Theodosische betreffend die Verjährung der A. in rem) hervorgerufen (vgl. Dernburg Pandekt. I § 146). Dem Gedankenkreis der alten Juristen gehört sie schwerlich an, obwohl ihnen die Cession der Vindicatio und die longi temporis praescriptio bekannt war, obwohl Paul. Dig. V 1, 24, 2 von einer A. ex praesenti possessione spricht. Nach römischer Anschauung tritt der mit A. in rem zu Belangende erst durch die Litiscontestatio in ein Verpflichtungsverhältnis zum Kläger; vorher (Iust. Inst. IV 6, 1) nullo iure ei obligatus est. Freilich sind dann für den Inhalt der Processobligation auch Thatsachen massgebend, die in die Zeit vor der Streitbefestigung fallen. Doch ist der zum Eintritt in den dinglichen Process Aufgeforderte nicht gehalten, dies zu thun: invitus nemo rem cogitur defendere (Ulp. Dig. L 17, 156 pr., dazu Bekker Jahrb. d. gem. deutschen Rechts IV 184. 186. Brinz Archiv f. civ. Praxis LXX 405f.; die entgegengesetzte Regel, wovon wenige Ausnahmen, gilt für Actiones in personam: Ulp. Dig. XV 1, 21, 3). Lehnt er den Process ab (zur gehörigen Defension gehört hier auch Caution cum satisdatione, Gai. IV 89. 90), so wird ihm jetzt erst durch einen (meist bedingten) Befehl des Gerichtsmagistrats (vgl. die Interdicte bei Rudorff Edictum § 227. 244–246. Lenel Edictum § 229. 248. 255, dazu S. 106) die (praetorische) Pflicht zur Restitution an den Gegner (eventuell zu Unterlassungen) auferlegt. Letzterer aber erreicht hiedurch keineswegs dasselbe, was ihm durch den Sieg im dinglichen Process (A. in rem) zu teil wurde. Diese eigentümlichen Nonnen waren nicht entstanden, und in der classischen Zeit nicht festgehalten worden, wenn die Juristen einen vor dem Process vorhandenen dinglichen Anspruch gegen den zu Belangenden gekannt hätten. Auch gewisse Wendungen, wie das in den Pandekten häufig vorkommende: A. in rem competit mihi adversus aliquem und ähnliche zeugen nicht für die moderne Lehre. Das vindicandi ius (Cels. Dig. VI 1, 49, pr.), die blosse Möglichkeit, einen Gegner durch Litiscontestatio zu obligieren, war den Römern nichts vom Eigentum u.s.w. verschiedenes, am wenigsten eine Mischung aus dinglichem und persönlichem Recht. Inwiefern die Praejudicien in rem sind (Iust. Inst. IV 6, 13), darüber vgl. Art. Praeiudicium; betreffs der persönlichen A. in rem scripta (Ulp. Dig. IV 2, 9, 8) Ad. Schmidt [Ilmenau] Civilistische Abhandlungen I 1–50. Savigny System V 25f. Keller-Wach Civilpr. § 87 a. E. Bethmann-Hollweg Civilproc. § 93, 2.

Litteratur bei Windscheid Pand. I⁷ § 45, 1, ferner Keller-Wach Civilproc. § 14. 28. 87. Bekker Jahrb. d. gem. Rechts IV 178–209; Aktionen I 200–228, Bethmann-Hollweg [316] Civilpr. II 229–260. Arndts Pand. § 97. Brinz Pand.² I § 84. Dernburg Pandekten I § 129. Sohm Institutionen⁴ § 39. Czyhlarz Institutionen (1889) 359–361; über den ältesten Process in rem: Bethmann-Hollweg Civilpr. I 126–146. Karlowa Röm. Civilpr. z. Z. d. Legisactionen 69–97. Bechmann Studie im Gebiete der Legisactio sacramenti in rem (1888). Jhering Geist des röm. Rechts, Vorrede z. 4. Aufl. (1888) von T. III 1 S. IX–XIII.

A. interrogatoria s. Art. Interrogatio (in iure).

A. iudicati s. Art. Iudicatus.

A. iurisiurandi s. Art. Iusiurandum.

A. legitima s. oben A. civilis.

Actiones mixtae nennt a) Ulp. Dig. XLIV 7, 37, 1 die iudicia und interdicta duplicia; s. Art. Iudicium (duplex) und Interdictum. In einem anderen Sinn schreiben den ersteren mixtam causam zu Iustinians Inst. IV 6, 20; s. Keller-Wach Civilpr. § 87 z. N. 1094. b) heissen (Iust. Inst. IV 6, 19) Actiones mixtae diejenigen, quibus rem (Ersatz) et poenam (Strafe) persequimur; vgl. unten A. poenalis.

A. ordinaria konnte man nach Ulp. Dig. L 16, 178, 2 den mit einer Schriftformel verfolgbaren Anspruch nennen im Gegensatz zur A. extraordinaria; s. oben A. extraordinaria. Indess war, wie es scheint, dieser Ausdruck nicht gebräuchlich; vgl. übrigens Paul. Dig. L 17, 155, 1 und wegen des ius ordinarium Wlassak Krit. Studien 81–84; Röm. Processges. II 11, 6. 66, 14. Bei Paul. Dig. IV 8, 32, 9 steht A. ordinaria = staatsgerichtlicher Process dem schiedsgerichtlichen gegenüber, bei Diocl. Cod. Iust. VIII 16 (Kr. 15) 5 in der Bedeutung „Normalformel“ der utilis persecutio; s. unten A. utilis.

A. perpetua s. unten A. temporalis.

A. personalis s. oben A. unter III und A. in personam.

Actiones poenales sind persönliche Ansprüche (Forderungen), welche die Rechtsordnung (das legitime und das honorarische Recht) aus unerlaubten Handlungen (maleficia, delicta) für den Verletzten hervorgehen lässt, um den (freien) Delinquenten (wegen der Delicte von Sklaven s. Art. Noxa) zu „strafen“, um ihm ein Übel zuzufügen (vgl. Binding Die Normen I² 441 und Art. Delictum). Das alte Volksrecht kennt solche Actionen auf Leibes- und Capitalstrafe (Gai. III 223. 189), das neuere Recht nur Ansprüche des Verletzten auf Geldstrafe. Anscheinend waren nach der älteren Auffassung alle Forderungen gegen den ex delicto Verpflichteten poenal: nicht darauf war die Absicht zunächst gerichtet, dem Verletzten Genugthuung und wegen eines Vermögensschadens Ersatz zu verschaffen (vgl. Ulp. Dig. IV 3, 7, 1), sondern darauf, den Übelthäter zu büssen. Selbst manche Ansprüche, welche die Juristen der Kaiserzeit aus Verträgen herleiten, galten ursprünglich als delictisch und poenal (vgl. im allgemeinen Jhering Vermischte Schriften 185–195 und hinsichtlich der poenales Actiones aus dem Aedilenedict über Käufe bei Ulp. Dig. XXI 1, 23, 4 Pernice Labeo II 248. Wlassak Negotiorum gestio 175–177). Das den Actiones poenales [317] eigentümliche Recht betrifft hauptsächlich folgende Punkte: die Noxalität (wenn der Delinquent einer Gewalt untersteht; s. Art. Noxa), die Unvererblichkeit auf der Seite des Berechtigten und des Verpflichteten, die Vervielfältigung des Anspruchs, wenn das Delict von Mehreren begangen wurde (ihre Haftung ist „cumulativ“ nicht „solidarisch“, Tryph. Dig. XXVI 7, 55, 1), endlich – sofern es sich um praetorische Actionen handelt – die Annalität (s. unten A. temporalis). Unwesentlich für die Annahme des Poenalcharakters ist es, ob der Anspruch auf eine bestimmte (oder zu bestimmende) Geldsumme, auf das duplum, triplum, quadruplum des Schadens oder aber auf einfache Ersatzleistung geht (vgl. z. B. Iul. Dig. II 10, 3, pr. mit Ulp. Dig. II 10, 1, 4: poena; anders Iust. Inst. IV 6, 17–19). In der classischen Zeit ist für die Mehrzahl der Delictsforderungen bereits der Übergang auf die Erben des Verletzten anerkannt (vgl. aber Cic. ad fam. VII 22. Bekker Aktionen I 174, 18), was die Juristen wiederholt (so Ulp. Dig. IV 2, 16, 2. IV 7, 4, 6. XLII 5, 11) mit dem Satz begründen, die betreffende A. rei habet (continet) persecutionem. Für diejenigen Actionen, welche nach wie vor auf die Person des Verletzten beschränkt blieben, z. B. A. iniuriarum, haben die neueren Gelehrten die Bezeichnung vindictam spirantes aufgebracht (s. Keller Civilpr. § 91 a. E.). Die Unvererblichkeit der Verpflichtung aus Delicten (Gai. IV 112) ist grundsätzlich noch in der Iustinianischen Compilation festgehalten; doch steht daneben die classische Regel (Pomp. Dig. L 17, 38), dass der Erbe die Bereicherung herausgeben müsse, die ihm aus dem Delict des Erblassers (möglicher Weise) zuging (vgl. gegen Savigny u. A. Pernice Lehre von den Sachbeschädigungen 125–129, wegen der Formel gegen den Erben Bekker Akt. I 175f.). Bei manchen (praetorischen) Actionen, welche im Lauf der Zeit den Poenalcharakter völlig abstreiften, wurde ungeschmälerter Übergang auf die Erben des Schuldners festgesetzt. Die Juristen berufen sich hier (Pomp. Dig. IV 9, 3, 4. Ulp. Dig. XIII 5, 18, 2. dazu Bruns Ztschr. f. Rechtsgesch. I 67–69; vgl. auch Ulp. Dig. XIII 1, 7, 2) wieder auf die Erwägung: A. rei persecutionem continet, und derselbe Gedanke hat wohl auch bei manchen Actionen zur Annahme solidarischer Haftung mehrerer Delinquenten statt der cumulativen geführt (vgl. Ulp. Dig. II 10, 1, 4. IV 2, 14, 15. IV 3,17, pr. Pernice Sachbeschädigungen 130). Als „reipersecutorisch“ aber erschien eine A. poenalis, wenn und insoweit sie dem Verletzten Schadensersatz verschaffte. Die beiden Zwecke, der letzterwähnte und der Strafzweck sind nicht unvereinbar; allein das Recht der A. ex delicto musste sich verschieden gestalten, je nachdem dieser (so in alter Zeit) oder jener (so der Classiker) mehr betont ward. Man lese z. B. Ulp. Dig. XLII 5, 9, 8. XLII 5, 11, wo von derselben A. zuerst gesagt ist: poenae nomine concipitur, um die „passive“ Unvererblichkeit zu begründen, und dann sofort: et rei continet persecutionem, um die „active“ Vererblichkeit zu rechtfertigen. Übrigens haben es [318] die römischen Schulgelehrten nicht versäumt, die rei persecutio auch in ausschliessenden Gegensatz zur poena zu bringen, weil sie so zu einer umfassenden Einteilung der Actionen gelangen konnten. Als reipersecutorisch im strengen Sinn (Gai. IV 6. 7 rem tantum, consequimur) dürfte man alle Actiones in personam aus Contracten und ähnlichen Thatbeständen bezeichnen (Iust. Inst. IV 6, 17 ziehen selbst die Actiones in rem herbei; vgl. auch Paul. Dig. XLIV 7, 35, pr.), als rein (Gai. IV 6. 8 : tantum) poenal vor allem die Actionen aus Delicten, welche keinen Vermögensschaden voraussetzen, sodann auch andere, wie A. furti, vi bonorum raptorum, metus causa, sofern man die Ansicht zu Grunde legte, dass der Übelthäter, der die volle Strafe bezahlt hat, doch noch einer A. oder Exceptio ausgesetzt sei, deren Ziel die Schadloshaltung des Verletzten ist (Gai. IV 4. 8. Savigny System V 51, 1). Eine dritte Gruppe bilden die Actiones mixtae, quibus rem et poenam persequimur (Gai. IV 9), wo die Strafleistung auch die Ersatzleistung vertritt, so dass nicht Beides neben einander verlangt werden kann. Actiones mixtae in diesem Sinn sind nach der in classischer Zeit bestrittenen, von Iustinian aber gebilligten Ansicht z. B. die A. vi bonorum raptorum (Iust. Inst. IV 6, 19) und A. metus causa (Ulp.-Iustinian Dig. IV 2, 14, 9. 10; vgl. Lenel Paling. II 464 n. 3. 4). Einen feststehenden Begriff der reipersecutorischen A. haben die Römer nicht; weder der A. poenalis noch der (vermutlich nur von Wenigen anerkannten) A. mixta gegenüber ist er genau abgegrenzt. Namentlich ist die Definition von Paulus Dig. XLIV 7, 35, pr. nicht weit genug, um alle Actionen zu treffen, von denen die Juristen, einen Rechtssatz begründend, sagen : rei continent persecutionem (vgl. W. Francke Beiträge zur Erläuterung einzelner Rechtsmaterien I 3f.).

Litteratur: Wilh. Francke Beiträge etc. 11–57 (1828). Savigny System II 121–133. V 37–60 (eine Darstellung, die auf Iust. Inst. IV 6, 16–19 beruhend und von den Meisten angenommen, von der hier gegebenen wesentlich abweicht). Keller-Wach Civilpr. § 91. Windscheid Die Actio 23f. Rudorff Röm. Rechtsgesch. II 155f. G. Geib Lehrb. des deutschen Strafrechts I 64–69. Bethmann-Hollweg Röm. Civilpr. II 294–302. 319f. A. Pernice Z. Lehre von den Sachbeschädigungen 116–131 und Labeo II 44 (gegen Savigny). Bekker Die Aktionen I 169–182. Binding Grundriss des gem. deutschen Strafrechts⁴ I 14–18; Die Normen² I 441. 454, 52. A. Thon Rechtsnorm u. subj. Recht 59–62. E. Hölder in Holtzendorffs Rechtslexicon³ Art. Poenalklagen. III 87–90. Arndts Pand.¹³ § 98. Windscheid Pand.⁷ II § 326. Brinz Pand.² I § 85. Dernburg Pand.³ I § 130.

Actiones populares (auch publica A., Paul. Dig. XII 2, 30, 3) sind amtsrechtliche (praetorische und aedilicische) Klagformeln, deren sich jeder Bürger (quicumque agere volet) zur Begründung eines Privatprocesses bedienen kann, um von demjenigen, der für ein das öffentliche Interesse berührendes Ereignis verantwortlich ist, die Zahlung [319] einer Geldstrafe (daher Actiones poenales) zu erlangen. Die einzelnen Fälle führt Bruns Ztschr. f. Rechtsgesch. III 343 auf. Unsicher ist es, ob schon in alten Volksgesetzen gleichartige Actionen aufgestellt waren: vgl. Bruns Ztschr. f. Rechtsgesch. XII 137–139 und Art. Quadruplator. Die uns bekannten (amtsrechtlichen) Actiones populares stehen im Gegensatz zur grossen Menge der übrigen Actionen, die blos auf den Schutz privater Interessen (Paul. Dig. III 3, 42, pr.: Actiones privatae) abzielen. Übrigens fliesst die mit A. p. eingeforderte Geldstrafe nicht in eine öffentliche Kasse, sondern in die Tasche des Klägers (anomal ist die erst in der Kaiserzeit entstandene A. de testamento aperto, Gai. Dig. XXIX 5, 25, 2. Bruns a. O. III 377–379). Dennoch gilt ein Bürger, der mit A. p. auftreten kann, deswegen noch nicht als Gläubiger (Ulp. Dig. L 16, 12, pr.), die A. p. ist nicht Bestandteil seines Vermögens (Maec. Dig. XXXV 2, 32, pr.), erst durch ihren Gebrauch (Litiscontestatio) zur Herstellung einer Processobligation entsteht ein Sonderrecht für den Actor. Daher giebt es zwar populare Processmittel (Klagformeln, Actionen in diesem Sinn), nicht aber populare Ansprüche oder Forderungsrechte. Erst im einzelnen Fall erteilt der Praetor (dat iudicium) dem postulierenden Bürger die agendi potestas (praet. Edict Dig. XLVII 12, 3, pr.) und ermöglicht so für den Kläger den Erwerb einer Forderung durch die Streitbefestigung mit dem Gegner (diese, nach dem unter A. III und A. in personam angedeuteten, ursprünglich für jede praetorische A. zutreffende Auffassung ist für die popularen immer wahr geblieben). Verlangen gleichzeitig Mehrere die Zulassung zum Process mit A. p. , so wählt der Magistrat die „geeignetere“ Person aus. Ist aber durch das Delict hauptsächlich das Interesse Eines Bürgers verletzt, so hat dieser ein Vorzugsrecht, welches der Regel nach auf die Erben übergeht. Freilich kann auch diese besondere Anwartschaft durch das Zuvorkommen eines anderen unbeteiligten Bürgers vernichtet werden (Iul. Dig. XLVII 12, 6), da wegen derselben Sache mit Erfolg nur eine einmalige Verwendung der A. p. möglich ist (Ulp. Dig. XLVII 23, 3, pr.; vgl. aber Paul. Dig. XII 2, 30, 3). Ihrer poenalen Natur wegen sind fast alle Actiones p. auf einen annus utilis eingeschränkt (Ulp. Dig. XLVII 23 , 8). Im übrigen ist das für diese Actionen geltende Recht ohne Zweifel durch den Gedanken beeinflusst, dass der Actor nicht blos sein eigenes, sondern mit das Interesse aller Bürger vertritt (vgl. Paul. Dig. XLVII 23, 1 und die bei Bruns a. O. III 380f. angeführten Sätze). Indes erscheint der Ansprecher in der Klagformel nicht als cognitor oder procurator (in. rem suam), sondern als einer, der suo nomine fordert (vgl. Schol. Bas. LX 32, 9 ed. Heimbach V 670). Wesentlich verschieden von der in den Quellen allein so genannten (amtsrechtlichen) A. p. ist die in römischen Leges (z. B. L. Iulia municip. v. 19. 97. 107. 125. 140, CIL I 206. L. mun. Malacit. c. 58. 62. 67, CIL II 1964) vielfach angeordnete Eintreibung von Geldstrafen zu Gunsten des Staates oder einer Stadtgemeinde durch jeden (Römer, [320] bezw. landstädtischen) Bürger, qui volet. Vgl. hierüber Bruns Ztschr. f. Rechtsgesch. III 360–370. 386f. XII 118f. 134–137, dazu Mommsen St.-R. I3 180–185. In den Fällen der letzteren Art erwirbt der Kläger, der die Staats- oder Gemeindeforderung gerichtlich geltend macht, durch die Streitbefestigung kein eigenes Recht, weder dem Ausdruck nach, da die Condemnation nicht auf seinen Namen (vgl. dagegen Gai. IV 86) gestellt wurde (arg. sog. L. Mamilia c. 55 in Lachmanns Gromatici veteres 265f. Bruns a. O. III 368–370), noch der Sache nach, da die erstrittene Geldsumme der öffentlichen Kasse zufiel. Nur ein praemium erhielt der Kläger zuweilen für seine Bemühung (opera). Nahe verwandt mit den eigentlichen Actiones populares sind die Popularinterdicte; vgl. Art. Interdictum.

Litteratur: Savigny System II 131–133; Obligationenrecht II 303f. 313f. Keller-Wach Röm. Civilpr.⁶ § 92 und § 54 N. 629. Ad. Schmidt Interdictenverfahren 126–129. Mommsen Abhandl. der kgl. sächs. Ges. d. Wissensch. III 461–466. Dernburg in Heidelb. krit. Zeitschr. f. ges. Rechtswissensch. III 91–93. Jhering Geist d. röm. R. I⁴ § 14 (S. 186f. 201–203. 211). III⁴ 1 § 61 (S. 355. 360). Rudorff R. Rechtsgeschichte II 157–159. Geib Lehrb. d. deutschen Strafrechts I 69–73. 106–110. Bruns Ztschr. f. Rechtsgesch. III 351–415 (= Kleinere Schriften I 313–375, italienisch mit Einleitung und Anmerkungen v. Scialoja im Archivio giuridico XXVIII 166–213. 519–538. XXIX 279–305). XII 117–120. 134–139 (= Kl. Schr. II 290–292. 311–315). Bethmann-Hollweg R. Civilpr. II 185–187. M. Voigt Jus naturale IV 2 S. 261–265. Brinz Pandekten² I § 86. Hölder in Holtzendorffs Rechtslexicon³ Art. Popularklagen (III 90–92). Codacci-Pisanelli Archivio giuridico XXXIII 317–371. Maschke Ztschr. f. Rechtsgesch. Rom. Abt. XIX 226–241. Paalzow Z. Lehre v. d. röm. Popularklagen (1889). Kipp Ztschr. f. Rechtsgesch. Rom. Abt. XXIV 331–336.

A. praescriptis verbis s. Art. Praescriptio.

A. praetoria s. oben A. civilis.

A. privata s. oben Actiones populares.

A. quae rei continet persecutionem s. oben Actiones poenales.

A. stricta s. Art. Iudicium (bonae fidei).

Actiones temporales (temporariae, meist annales) sind amtsrechtliche Klagformeln, die mit Erfolg nur innerhalb kurzer, gewöhnlich einjähriger, Frist zur Litiscontestatio verwendet werden können. Diese Einschränkung ist in manchen praetorischen Edicten ausdrücklich angekündigt mit den Worten: in anno quo primum de ea re experiundi potestas fuerit, iudicium dabo (z. B. Dig. XV 2, 1, pr. XLVII 9, 1, pr.). Den auf Grund solcher Verheissung proponierten Processformeln war die exceptio temporis (Lenel Edictum § 273) ein für allemal eingefügt. Dagegen beruhte die Einschaltung der Exceptio in vielen anderen Fällen nicht auf Vorschriften des praetorischen Albums, sondern lediglich auf allmählich festgestellter Gerichtsübung (s. Lenel Edictum 52, 5). Daher erörtern die Juristen bei praetorischen Actionen überaus häufig die offen [321] gelassene Frage der Annalität. Leitend war dabei der Grundsatz, rein poenale Actionen nur innerhalb kurzer Fristen zuzulassen, andere, die rei persecutionem habent, ohne Zeitgrenze (vgl. Cassius bei Paul. Dig. XLIV 7, 35, pr. und oben unter Actiones poenales). Eine Ausnahme macht z. B. die praetorische A. furti manifesti (Gai. IV 111). Temporal waren die aedilicischen Kaufformeln. Unrichtig ist es, wenn Iust. Inst IV 12, pr. (die Chr. F. Elvers Themis N. F. I 131 und in anderer Weise Ubbelohde-O. E. Hartmann Über die Berechnung des tempus utile 34–40 in Schutz nehmen) die Annalität der praetorischen Actionen damit begründen: nam et ipsius praetoris intra annum erat imperium; s. Mommsen St.-R. I³ 635, 2. Ob mit einer A. t. rechtzeitig Lis contestiert war, das untersuchte der Geschworene auf Grund der exceptio temporis. Letztere hat wohl der Praetor regelmässig auch ohne besonderen Antrag des Beklagten in die Formel gesetzt (anders Dernburg Pand.³ I § 145, 6). Erwies sich die A. schon in iure als verjährt, so erfolgte seitens des Magistrats Denegation. Die Verjährungsfrist wurde als utile tempus behandelt (s. Art. Tempus utile), sie begann erst an dem Tag zu laufen, wo experiundi potestas, d. h. die Möglichkeit vorlag, zur Litiscontestatio zu schreiten (Ulp. Dig. XLIV 3, 1, dazu Savigny System IV 428–433. III 410–417. Windscheid Pand.7 I § 104, 7. Ubbelohde a. O. 1–6. 39–51). Dagegen hielten Umstände, die sich später dem experiri entgegenstellten, den Ablauf der Frist nicht weiter auf (so Ubbelohde in der angeführten Schrift). Den praetorischen Actionen, von denen viele temporal sind, stehen die civilen gegenüber als Actiones perpetuae (Gai. IV 110). Etwas Besonderes verordnete die Lex Furia de sponsu, indem sie die civile Obligation der sponsores und fidepromissores auf ein biennium einschränkte (Gai. III 121). Nach diesem Gesetz verlor der Gläubiger seine civile A., d. h. seine Forderung und mit ihr das zu ihrem Schutz dienende Processmittel, durch Zeitablauf. Dagegen handelt es sich bei den praetorischen Actiones temporales (in personam) zunächst nicht um Forderungsrechte, die jemandem zustehen, sondern um Klagformeln, die man zur Processbegründung nur innerhalb kurzer Frist vom Praetor bekommen kann. Auf das „Recht“, welches die verheissene praetorische A. schützte, konnten die Juristen die Annulität erst beziehen, seitdem sie anfingen, neben den civilen auch amtsrechtliche Obligationen (vgl. z. B. Paul. Dig. XLIV 7, 6) anzuerkennen (s. oben unter A. III, A. in personam und Actiones populares). Wesentlich verändert ist der geschilderte Rechtszustand in spätkaiserlicher Zeit, zuletzt durch die Theodosisch-Iustinianischen Verjährungsgesetze. Alle Actionen, in personam wie in rem, mit geringen Ausnahmen sollten in 30 oder 40 Jahren verjähren. Trotzdem blieb in Iustinians Rechtsbüchern der hergebrachte, nicht mehr zutreffende Name A. perpetua stehen (vgl. Iust. Inst. IV 12, pr.: .. in perpetuum, id est usque ad finem constitutionibus introductum), um den Gegensatz zu den auf kurze Fristen eingeschränkten Actiones temporales (vgl. Cod. [322] Iust. I 20, 2) anzuzeigen. Das Recht der neueren Verjährung (hierüber Art. Praescriptio XXX annorum) weicht erheblich ab von dem der alten. Namentlich kennt das alte Recht keine Unterbrechung des Verjährungslaufs. Die Litiscontestation mit A. t. hatte diese Wirkung nicht; vielmehr zerstörte sie (sofern sie legitim war) die amtsrechtliche Forderung (A.) und setzte an ihre Stelle die civile (bis zur Augusteischen Gerichtsordnung unverjährbare; s. Gai. IV 104) Processobligation (Paul. Dig. XXVII 7, 8, 1). Iustinians Compilatoren haben hinsichtlich der Actiones temporales das classische Recht ohne bedeutende Änderung aufgenommen. Doch liegt es wohl im Sinne des Kaisers, die von der neueren Verjährung handelnden Constitutionen – so weit sich kein Widerspruch ergiebt – auch auf die Actiones temporales zu beziehen.

Litteratur: Unterholzner-Schirmer Ausf. Entwickelung d. Verjährungslehre² I 43–46. Chr. F. Elvers in Themis N. F. I 125–184 (verfehlt; s. Arndts Ges. civilist. Schriften I 55–77). Keller-Wach Civilprocess6 § 93. Demelius Untersuchungen aus d. röm. Civilrecht I 1–108 (gegen den Grundgedanken dieser Schrift Hölder Pand. 348f. 198f.). Brinz. Pand.² I 389–396. Rudorff R. Rechtsgesch. II 174–176. Bekker im Jahrb. d. gem. deutschen Rechts IV 424–436. Bethmann-Hollweg Röm. Civilpr. II 326f. Kuntze Excurse über Röm. Recht2 468–470. Grawein Verjährung und gesetzliche Befristung (wo S. 7 weitere Litteratur). Ubbelohde Über die Berechnung des tempus utile der honor. Temporalklagen (1891). Arndts Pand. 13 § 106. Windscheid Pand.7 I §106, 2. Dernburg Pand.³ I § 145. Puchta Institutionen⁸ II § 208. Sohm Institutionen⁴ § 41. Czyhlarz Instit. (1889) § 164.

A. utilis. Dieser Ausdruck weist auf das Verhältnis hin, in dem eine jüngere Klagformel (praetorischer und Aebutisch-Iulischer Ordnung) zu einer älteren steht. Wo es billig und dem Geiste des geltenden Rechtes angemessen schien, das Anwendungsgebiet einer civilen oder honorarischen A. zu erweitern, sei es betreffs der zum Gebrauch der A. berufenen Personen, sei es hinsichtlich des vorausgesetzten objectiven Thatbestands, da konnte der Praetor helfen durch Abänderung der Stammformel in diesem oder jenem Stück (auch in der condemnatio, wodurch der Erfolg der A. ein anderer wurde; s. Gai. Ulp. Dig. XIII 4, 1 und 2 pr.). Die so umgestaltete und für Fälle, wo die alte Formel, die A. directa (s. Ulp. Dig. IX 2, 13, pr. und oben A. directa) oder vulgaris (Afric. Dig. XXVIII 5, 46, Mo. 47) den Dienst versagte, brauchbar gemachte (honorarische) Formel hiess Actio utilis. Unter A. ist hier nur die Schriftformel zu verstehen, da die Legisactionen vom Praetor nicht abgeändert werden konnten (s. oben unter A. II). Die meisten Actiones utiles sind amtsrechtliche Processmittel, die der Magistrat in Anlehnung an civile, im Album proponierte Actionen entwarf (so die Actiones utiles ad exemplum legis Aquiliae); doch fehlt es nicht an solchen, die eine praetorische Formel zum Muster haben (vgl. z. B. Paul. Dig. IX 3, 6, 3). In den Schriften der Juristen sind zahlreiche Actiones utiles erwähnt, welche der Magistrat [323] zur Streitbefestigung zuliess, obwohl sie im praetorischen Album durch kein besonderes Schema vertreten waren. Übrigens blieb der Name A. u. auch derjenigen Formel gewahrt, die einen Platz im Album errungen hatte (vgl. Gai. II 253). Ihrer Fassung nach sind die Actiones utiles bald formulae in ius conceptae mit Einschaltung einer Fiction (Gai. IV 34–38; s. Art. Formula, Intentio; zu den ficticischen gehören auch einige legitime Actionen, vgl. Lex Rubria I Z. 22–40, CIL I 205. Fragm. Berol. de iudiciis II in Collectio librorum iur. Anteiust. III 1890 p. 299) oder mit „Umstellung der Subjecte“ (Keller-Wach Civilproc. § 32), bald in factum concipiert (s. Papin. Dig. XXIII 4, 26, 3). Die ersteren deuten schon durch ihren Wortlaut auf die civile Musterformel hin, nicht die letzteren. Bei mancher A. in factum concepta konnte es zweifelhaft sein, ob sie noch als A. u. oder als völlig eigenartige Formel zu gelten habe. Das Urteil hierüber musste um so unsicherer sein, je grösser der Abstand zwischen den in Betracht kommenden Formeln war. Bedeutung hatte die Frage darum, weil die Juristen mehr oder weniger das Recht der A. directa auf die A. u. übertragen durften. Wo es feststeht, dass zwei Actionen in dem bezeichneten Verhältnis zu einander stehen, ist ein wichtiges Stück ihrer Geschichte ermittelt. In Iustinians Pandekten und Codex ist das Beiwort utilis nicht getilgt, obwohl die Verwendung von Actiones = Schriftformeln im Iustinianischen Process (ubi conceptio formularum non observatur) verboten war, und der Kaiser ausdrücklich erklärt (Iustinian, nicht Paulus in Dig. III 5, 47 [Mo. 46], 1; vgl. bes. Lotmar Krit. Vierteljahrsschr. f. Gesetzgeb. u. Rechtswissensch. XXVIII 337–341), dass die Unterscheidung von A. directa und utilis eine suptilitas supervacua sei. Über den Gebrauch von utilis (auch neben A.) = „statthaft“ (Gegensatz: inutilis) vgl. Keller-Wach Civilpr. § 89 N. 1128.

Litteratur: Mühlenbruch Die Lehre von der Cession³ 147–177. Savigny System V 70–74. Keller-Wach Civilproc.⁶ § 89. Windscheid Die Actio 129–131; Die Actio, Abwehr gegen Muther 64f. Muther Zur Lehre v. d. röm. Actio 137–145. Rudorff R. Rechtsgesch. II 173f. Bethmann-Hollweg Röm. Civilpr. II 309–312. 321f. A. Pernice Z. Lehre v. d. Sachbeschädigungen 157–164, dazu Lenel Edictum 159–161. Dernburg Pand. II³ § 131, 4. Arndts Pand. ¹³ § 100. Brinz Pand. I² § 90. Czyhlarz Institutionen (1889) 358f.

A. vulgaris s. o. A. utilis.

Anhang

Anhang: Verzeichnis der wichtigsten privatrechtlichen Actionen mit Hinweis auf die spätere Behandlung des Gegenstandes:

A. ad exhibendum siehe Exhibere.

A. aestimatoria siehe Aestimatorius contractus, ferner Edictum (aedilium eurulium) und Emptio venditio.

A. aquae pluviae arcendae siehe Aqua.

A. arborum furtim caesarum siehe Damnum (iniuria datum).

A. auctoritatis siehe Auctoritas.

A. calumniae siehe Calumnia im Privatrechte.

A. calendarii siehe Calendarium.

A. Calvisiana siehe Alienatio.

[324]

A. certae creditae pecuniae siehe Credere und Certum.

A. commodati siehe Commodatum.

A. communi dividundo siehe Communio.

A. conducti siehe Locatio conductio.

A. constitutoria (de pecunia constituta) siehe Constituere.

A. damni infecti siehe Damnum infectum.

A. de dolo (doli) siehe Dolus.

A. de effusis et deiectis siehe Effundere.

A. de eo quod certo loco siehe oben A. arbitraria und Solutio.

A. de moribus mulieris siehe Mores.

A. de pastu pecoris siehe Pauperies.

A. de pauperie siehe Pauperies.

A. de peculio et de in rem verso siehe Peculium.

A. de pecunia constituta (constitutoria) siehe Constituere.

A. depensi siehe Intercessio und Sponsio.

A. depositi siehe Depositum.

A. de rationibus distrahendis (A. rationibus distrahendis) siehe Tutela.

A. de recepto siehe Receptum.

A. de servo corrupto (servi corrupti) siehe Corrumpere.

A. de superficie siehe Superficies.

A. de tigno iuncto siehe Tignum.

A. doli (de dolo) siehe Dolus.

A. empti siehe Emptio venditio.

A. exercitoria siehe Exercitor.

A. ex stipulatu siehe Dos und Stipulatio.

A. ex testamento siehe Legatum.

A. Fabiana (Faviana) siehe Alienatio.

A. familiae herciscundae siehe Familia.

A. fiduciae siehe Fiducia.

A. finium regundorum siehe Finis.

A. funeraria siehe Negotiorum gestio.

A. furti siehe Furtum.

A. hypothecaria siehe Hypotheca und Pignus.

A. iniuriarum siehe Iniuria.

A. institoria siehe Institor.

A. legis Aquiliae siehe Damnum (iniuria datum).

A. legis Corneliae siehe Iniuria.

A. locati siehe Locatio conductio.

A. mandati siehe Mandatum.

A. negatoria siehe Dominium rei und Servitus.

A. negotiorum gestorum siehe Negotiorum gestio.

A. noxalis siehe Noxa.

A. oneris aversi siehe Locatio conductio.

A. Pauliana siehe Alienatio.

A. pigneraticia siehe Pignus.

A. praescriptis verbis siehe Contractus.

A. pro socio siehe Societas.

A. protutelae siehe Negotiorum gestio und Tutela.

A. Publiciana siehe Publiciana.

A. quanti minoris (aestimatoria) siehe Edictum (aedilium curulium) und Emptio venditio.

A. quasi Serviana siehe Hypotheca und Pignus.

A. quod iussu siehe Iussus.

A. quod metus causa siehe Metus.

A. recepticia siehe Constituere.

A. rationibus distrahendis (de rationibus distrahendis) siehe Tutela.

[325]

A. redhibitoria siehe Edictum (aedilium curulium) und Emptio venditio.

A. rei uxoriae siehe Dos.

A. rerum amotarum siehe Furtum.

A. rescissoria siehe Restitutio in integrum.

A. restitutoria siehe Restitutio in integrum.

A. Rutiliana siehe Missio.

A. Serviana siehe Hypotheca, Pignus und Missio.

A. servi corrupti (de servo corrupto) siehe Corrumpere.

A. tributoria siehe Peculium.

A. tutelae siehe Tutela.

A. vectigalis siehe Vectigalis ager.

A. venditi siehe Emptio venditio.

A. viae receptae siehe Via.

A. vi hominibus armatis damni dati et vi bonorum raptorum siehe Rapina und Furtum.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: uud