BLKÖ:Schlik, Franz Heinrich (II.) Graf
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 30 (1875), ab Seite: 116. (Quelle) | |||
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[117] geb. zu Prag 23. Mai 1789, gest. zu Wien 17. März 1862), ein Sohn des leutseligen, von seinen Insassen zugleich mit seiner Gemalin Philippine Ludmilla hochverehrten Grafen Joseph Heinrich [S. 112, Nr. 31]. Obgleich Graf Franz Heinrich vom Geiste seiner Ahnen beseelt, frühzeitig Lust und Liebe zum Soldatenstande zeigte, unterordnete er doch seine Neigung dem Wunsche des Vaters, der dem Drange des Jünglings zu gewähren versprach, wenn er die Rechtsstudien beendigt haben würde. Und diesen Willen hielt der Sohn so hoch in Ehren, daß er, als jener starb – er verlor ihn, da er im Alter von 18 Jahren stand – die Rechtsstudien beendete. Als dieß im Jahre 1808 geschehen, dann aber hielt es ihn auch nicht länger, die Zeiten waren kriegerisch und noch im nämlichen Jahre trat er als Oberlieutenant und Commandant dreier auf seinen Gütern errichteten Landwehr-Compagnien in die Reihen der Vaterlandsvertheidiger. Im Einüben derselben übte er sich selbst, aber als das Kriegsjahr 1809 anbrach, wollte es ihm bei der Landwehr nicht länger gefallen und er trat als Lieutenant in das Regiment Albert von Sachsen-Teschen-Kürassiere. Feldmarschall-Lieutenant Graf Bubna wählte den intelligenten Reiter-Officier zu seinem Adjutanten, in welcher Stellung er sich die Neigung seines Chefs zu erwerben wußte. Damals machte S. den Rückzug nach der Schlacht bei Efferding mit. Bei Passau stand er zum ersten Male im Feuer; nach der Schlacht bei Aspern, welcher er beigewohnt, rückte er zum Oberlieutenant bei Schwarzenberg-Uhlanen vor, kämpfte noch bei Wagram und wohnte darauf dem Abschlusse des Waffenstillstandes von Znaim bei. Siebenmal wurde er aus dem Hauptquartiere zu Dotis nach Wien gesendet, um wegen des Friedens zu unterhandeln, und kam bei dieser Gelegenheit außer mit anderen Berühmtheiten auch mit Napoleon selbst in Berührung. Noch vor dem Friedensschlusse zum Rittmeister bei Radetzky-Huszaren befördert, begleitete er seinen Chef, den General Bubna, nach dem Küstenlande, das den Franzosen übergeben werden mußte. Nach seiner Rückkehr trat er wieder zu seinem früheren Regimente Schwarzenberg-Uhlanen über, als aber im Jahre 1812 Oesterreich als Verbündeter Frankreichs in Action trat, legte er seine Rittmeisterstelle nieder und trat aus dem Verbande der kaiserlichen Armee. Erst beim Beginne des Feldzuges im Jahre 1813 kehrte er wieder in die Reihen der kaiserlichen Armee zurück, und zwar als Rittmeister bei Klenau-Chevauxlegers und zugleich als Ordonnanz-Officier weiland Sr. Majestät des Kaisers Franz. An der Seite des Fürsten Schwarzenberg focht er in der Schlacht bei Dresden, wohnte bei Pirna dem Gefechte der russischen Garden unter Ostermann bei, begab sich mit dem Feldmarschall zurück nach Teplitz und focht bei Kulm. Nach dem Gefechte bei Arbesau rückte er mit der Armee vor Leipzig, wo er an der Spitze russischer Dragoner zweimal die französische Reiterei zurückwarf, aber durch Unvorsichtigkeit eines Kosaken die gefährliche Kopfwunde erhielt, die ihm sein rechtes Auge kostete und ihn mehrere Monate an das Krankenlager fesselte. Die Geschichte seiner Verwundung, die interessante seines unfreiwilligen Aufenthaltes im Hause des Hofmarschalls von Spiegel in Weimar, wo Schlik sich in sorgsamster Pflege der Familie v. Spiegel und in Behandlung des Arztes Hofrath von Stark befand, wie dann Schlik ’s [118] Mutter an die Spiegel’schen ein seltenes Geschenk sandte, einen Talisman, den ein Ahnherr Schlik ’s bei der Belagerung und Entsetzung Wiens von den Türken erbeutet und der aus einem mattrothen runden Edelsteine bestand, mit der Inschrift in orientalischer Sprache: „Wenn Unglück dir naht, so wendet Allah es ab“, und der sich als werthgehaltenes Erbstück noch immer im Besitze der v. Spiegel’schen Familie befindet, das Alles wurde ausführlich bald nach des Generals Tode in der „Weimarer Zeitung“ erzählt, aus welcher es in viele andere Blätter, in manche mit der Ueberschrift: „Schlik’s Talisman“, überging. Wörtlich steht es auch in der Frankfurter „Didaskalia“ 1859, Nr. 176. Durch seine Wunde zur Unthätigkeit gezwungen, sah Graf S. von seinem Krankenzimmer den Veränderungen zu, welche die Karte Europa’s umgestalteten. Genesen, begab er sich nach Paris als Courier und kehrte als Major nach Oesterreich zurück. Nach Napoleon’s Rückkehr von der Insel Elba zog S. an der Tête einer Veliten-Division wieder in Frankreich ein, wo unter Führung eines Streifcommando’s und im Lager von Dijon die Tage hingingen. In der nun folgenden 33jährigen Friedensepoche rückte Graf Schlik vom Major zum Feldmarschall-Lieutenant vor. Erst das Jahr 1848 rief ihn aus dem einförmigen Garnisonsleben wieder auf den Kampfplatz. Er bekleidete die Stelle eines Gouverneurs von Krakau, als ihm um die Mitte des Monats November 1848 der Auftrag wurde, über ein in Dukla an der ungarischen Grenze in der Starke von 8000 Mann aufgestelltes Corps das Commando zu übernehmen, mit demselben nach den nördlichen Comitaten Ungarns aufzubrechen, um von dort aus die Offensiv-Operationen der Hauptarmee zu unterstützen und zugleich diese meist slovakischen Gespanschaften in der Treue bei Haus Oesterreich zu erhalten. Schon ein Ahnherr des Generals war vor hundertundfünfundvierzig Jahren auch über Dukla in’s Ungarland eingefallen, es war der berühmte General und Staatsmann Leopold Anton Joseph Graf Schlik [s. d. S. 126], der bei Levenz am 1. November 1703 die Malcontenten auf’s Haupt schlug und Oberungarn vom Feinde säuberte, eine ähnliche Aufgabe hatte Graf Franz Heinrich zu lösen. Am 2. December 1848 erließ der Graf den lakonischen, aber Alles sagenden Feldruf: „Vorwärts, Soldaten! Wir lieben unseren Kaiser, wir gehören zur braven österreichischen Armee, das Uebrige wird sich finden“, und am 5. December trat das Corps, 7 Bataillone Infanterie, 3 Divisionen Cavallerie, 2 Fuß- und 1 Raketen-Batterie, den Marsch über die Karpathen an. Der Feind stand vor Kaschau, südlich vom Budamér, in starker Macht und vortheilhafter Höhenposition. Ehe derselbe weitere Verstärkungen erhalten könne, beschloß General Schlik den Angriff. Mit Uebergehung des Details des Kampfes, als nicht hieher gehörig, sei nur gesagt, daß der General die 10.000 Mann feindlicher Nationalgarden, Honvéds und Landstürmer schlug, worauf Kaschau am 11. December ohne weiteren Widerstand in Besitz genommen wurde. Einige Tage später schlug der General bei Sziszko den ungarischen Kriegsminister, trat aber, da er, um den Sieg zu verfolgen, zu schwach war, den Rückzug an, wobei jedoch die grimmige Kälte und sonstige Beschwerden seinem Corps große Verluste beibrachten. Indessen machte der Feind energische Anstalten, sich Kaschau’s [119] wieder zu bemächtigen. Wohl wurden in einzelnen Gefechten, welche Schlik’s Corps in kleinen Abtheilungen siegreich ausgeführt, die Anstrengungen des Feindes immer wieder vereitelt. Als aber die Macht der Gegner um das Dreifache gestiegen war, galt es, in einer Hauptschlacht die Entscheidung herbeizuführen. Am 4. Jänner 1849 um die Mittagszeit war General Mészáros mit 18 Bataillons Honvéds und Nationalgarden, 1000 Huszaren und 34 Geschützen gegen Kaschau, das noch immer von den Kaiserlichen besetzt gehalten wurde, vorgerückt, und Graf Schlik nahm den Angriff gegen den vielfach überlegenen Feind an. Dieser wurde gänzlich geschlagen und trat in regelloser Flucht seinen Rückzug an. Obwohl die eingetretene Dunkelheit und Mangel an Cavallerie dessen Verfolgung verhinderten, wurden doch 10 Kanonen, 6 Munitionskarren, eine Fahne und viele Waffen erbeutet und 20 Officiere nebst 500 Mann gefangen genommen. Aus den erbeuteten Kanonen bildete S. sofort eine Batterie, deren Bedienung theils aus der Mannschaft der anderen Batterien, theils aus Leuten von der Infanterie zusammengesetzt wurde. Als weitere Beute dieses Sieges brachte eine Abtheilung Cheveauxlegers, welche den fliehenden Feind verfolgt hatte, sechs kleine metallene Mörser, zwei Munitionskarren und viele Gewehre mit. In der 153. Promotion (vom 29. Juni 1849) wurde S. für seine Waffenthat mit dem Ritterkreuze des Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet. Durch nach allen Seiten entsendete mobile Garden suchte S. zunächst die durch diese Vorgänge aufgeregte slovakische Bevölkerung zu beschwichtigen und in der Treue zur kaiserlichen Sache zu erhalten, aber die kriegerischen Vorgänge, die sich immer rascher und heftiger zu drängen begannen, zwangen S., seine Aufmerksamkeit auf für den Augenblick Wichtigeres zu richten. Nach einigen kleineren Gefechten fanden am 22. Jänner die ernsteren Treffen zu Tarczal und Keresztur, welche beide siegreich für unsere Truppen ausfielen, Statt; aber während sich die Zahl der Insurgenten von Tag zu Tag steigerte, war die Hauptarmee noch immer außer Stande, das an und für sich kleine Corps des Generals, das durch die vorangegangenen Kämpfe und die Beschwerden der Jahreszeit noch um Beträchtliches verringert worden war, hinreichend zu unterstützen, so daß der von drei Seiten von einer überwiegenden Feindesmacht eingeschlossene Schlik zum Rückzuge von Kaschau über die Akteleker Gebirge bei Schnee und Glatteis gezwungen wurde und ihn musterhaft ausführte, worauf er die Vereinigung der Corps des Fürsten Windisch-Grätz unterstützte und durch das Zurückwerfen Dembinski’s die Schlacht und den Sieg bei Kapolna (26. und 27. Februar) herbeiführen half, wofür er mit dem Verdienstkreuze ausgezeichnet wurde. Nach der Vereinigung mit der Hauptarmee schlug er sich bei Hatvan gegen eine dreifache Uebermacht des Feindes. Dann befreite er durch seine geschickt getroffenen Dispositionen den Ban Jellačić bei Ilaszeg (6. März), wodurch er den Sieg miterringen half. Nun zog er mit der Hauptarmee nach Pesth ab und warf im Vereine mit Jellačić den eindringenden Feind viermal zurück. Die nächste wichtige That des Generals war seine Attaque am 26. April, welche er als Commandant der Truppen der Corps Csorich und Simunich und des seinigen von zwölf Schwadronen Cavallerie ausführen ließ und in welcher er den Feind unter die Mauern der Festung Komorn zurückwarf. [120] Nun besetzte er mit seinem Corps Altenburg, Wieselburg und Hedervar. Während einer mehrwöchentlichen Waffenruhe, welche nur durch kleine Neckereien seiner Vorposten unterbrochen wurde, fanden die Vorbereitungen zu den ernsteren Kämpfen, welche nun folgen sollten, statt. In dieser Zeit, am 11. Mai 1849, traf Se. Majestät der Kaiser in Preßburg ein, wo sich damals das Hauptquartier der Armee befand. Daselbst ernannte der Kaiser den wackeren General zum geheimen Rathe. Nun eröffnete Feldzeugmeister Baron Haynau die Offensive und für den 28. Juni war der Angriff von Raab bestimmt. Am 26. kam der Kaiser in Altenburg an, um bei Eröffnung der Feindseligkeiten gegenwärtig zu sein. Mit Uebergehung der strategischen Operationen der einzelnen Corps halten wir uns ausschließlich an das erste, von Schlik befehligte, das am 25. Mai nach Wieselburg aufbrach und mit welchem er am 27. eine Recognoscirung über Hochstraß hinaus vornahm. Am 28. rückte das erste Corps in den späten Vormittagsstunden über Abda hinaus an die Rabnitz. General-Major Baron Reischach hatte vom Grafen S. Befehl, gleichzeitig mit dieser Bewegung Raab von der Seite der kleinen Schütt anzugreifen. Der Feind empfing die Unseren mit einem heftigen Artilleriefeuer aus den zur Verhinderung des Ueberganges über den Fluß aufgeführten Batterien. Die Truppen Schlik’s ließen sich durch dieses Feuer nicht hindern. Theils schwimmend, theils über die Trümmer der stellenweise zerstörten Brücke suchten sie das andere Ufer zu gewinnen. Die Brücke wurde nun hergestellt und die Generale Wohlgemuth, Benedek, nebst dem russischen General-Lieutenant Berg holten bei Schlik Befehle ein über ihr weiteres Verhalten. „Meine Herren, wir müssen Raab nehmen“, war Schlik’s Antwort. Der Graf hörte nun des Generals Berg schwerwiegende Einwendungen: die furchtbaren, die feindliche Stellung schützenden Redouten, die ungeheuren Verluste, die uns bedrohen und welche zuletzt doch resultatlos bleiben würden, aber Schlik meinte lakonisch: „Wir haben eine bittere Arzenei zu verschlucken, thun wir es daher lieber heute als morgen“. Dieser Lakonismus, verbunden mit seiner Thatkraft und einer fast providentiellen Zuversicht, bilden einen festen Charakterzug des Generals. Nachdem der Graf noch die feindliche Stellung recognoscirt und sein Corps die Rabnitz überschritten hatte, befahl er den Angriff. Nun folgen die zur Lebensgeschichte unseres erlauchten obersten Kriegsherrn, des Kaisers, gehörigen, von dem Grafen Schlik bis in’s Einzelne als wahrheitsgetreu bestätigten Ereignisse, welche hier ohne die geringste Schmälerung gegeben werden. Kaum hatte Graf Schlik den Befehl zum Angriffe gegeben, als der Ruf: „Es lebe der Kaiser!“ die Ankunft Sr. Majestät verkündete, welcher aus Haynau’s Hauptquartier nach Raab gekommen war, um dort den Stand der Dinge zu sehen. Die Ankunft des Kaisers war eben erfolgt, als Schlik sieben Batterien in einer Linie vereinigt hatte und mit denselben im Avanciren den Feind beschoß. Dieses Feuer wirkte verheerend, die Artilleristen, durch des Kaisers Anwesenheit auf’s Höchste begeistert, leisteten Unglaubliches und fuhren mit größter Kühnheit auf 4–500 Schritte gegen die feindlichen Redouten vor. Nach 15 Minuten war das Feuer des Feindes zum Schweigen gebracht und die Redouten genommen. Der Kaiser stand während dieser ganzen Zeit im Feuer. Nun rückten die Colonnen [121] Liechtenstein und Reischach heran, und der Graf gab Befehl, einige Bataillone zum Sturme der Stadt vorrücken zu lassen. Da rief der Kaiser zum Grafen: „Brav Schlik! Ich bin hierüber umsomehr erfreut, als mehrere Personen der Meinung waren, daß dieß unmöglich sei“. Nun wollte der Monarch an der Spitze des ersten Bataillons in die eroberte Stadt einziehen. Graf Schlik aber trat zum Monarchen und sprach ehrerbietigst: „Sire, es ist das erste und sicher das letzte Mal, daß ich in der Lage mich befinde, Euer Majestät etwas verbieten zu können – wenn Euere Majestät in die Stadt durchaus einziehen wollen, wage ich zu bitten, erst mit mir an der Spitze des dritten Bataillons einzudringen“. Der Kaiser blieb auf diese Vorstellung zurück, aber der Graf fühlte sich, wenn der Kaiser mit ihm in die Stadt ziehen wollte, noch immer in nicht geringer Besorgniß. Der Kaiser wollte in eine Stadt einziehen, in welcher zehn Minuten vorher noch der Republik gehuldigt wurde, und wo man nicht einmal mehr Zeit gefunden hatte, die dreifärbigen Cocarden zu verbergen. Der Einzug erfolgte. Die beiden Brücken konnten nicht überschritten werden, die von der Insel Schütt führende war abgebrochen, jene nach der Stadt abgetragen. Wie eine Last fiel es dem General vom Herzen, denn nun war der Kühnheit des Kaisers eine unerwartete Schranke gesetzt und vor Herstellung des Ueberganges an ein Vorwärtsdringen des Kaisers nicht zu denken. „Verzeihung, Majestät!“ meldete der Graf, „daß ich Sie jetzt verlasse, ich muß Befehle zur Verfolgung und für den kommenden Tag ertheilen“. Darauf entfernte sich Graf Schlik, vollkommen beruhigt, daß der Kaiser nicht weiter vorwärts dringen könne. Nachdem aber der General sich entfernt hatte, stieg der Kaiser vom Pferde und überschritt eine der Brücken auf dem Balken, welche man wegzuschaffen nicht mehr Zeit gehabt hatte. Von seinem General-Adjutanten Grafen Grünne, General Major Kellner, dem Kriegsminister Grafen Gyulay, dem Minister des Auswärtigen, Feldmarschall-Lieutenant Fürsten Schwarzenberg, und einigen Officieren des Gefolges begleitet, schritt der Kaiser über die wankenden Bretter der abgetragenen Brücke. Nur von der aus den Genannten gebildeten Suite begleitet, betrat der Kaiser die Stadt in dem Augenblicke, als die Generale Liechtenstein und Reischach mit dem Säbel in der Hand an der Spitze ihrer siegreichen Truppen eindrangen. Erst aus den Jubelrufen der einrückenden Truppen erfuhren die Einwohner, daß ihr rechtmäßiger Fürst sich mitten unter sie gewagt und sein Vertrauen auf sie selbst in so verhängnißvollem Augenblicke unerschütterlich bewahrt habe. Der jugendliche Kaiser kannte keine Furcht, und wie wenig, freilich zum bangsten Entsetzen seiner nächsten Umgebung, er auf die Gefahr achtete, bewies er in der Schlacht von Komorn (2. Juli 1849), wo er so nahe dem Schauplatze des Kampfes stand, daß kaum 30 Schritte von seinem Standpuncte das Pferd eines Officiers seiner Suite von einer Kanonenkugel niedergeschmettert wurde. Die Einnahme Raabs gehört zu Schlik’s glänzendsten Erfolgen im ungarischen Feldzuge, und dieß um so mehr, als er dabei seinen eigenen Eingebungen gefolgt und als die Dispositionen Haynau’s nicht ganz geglückt waren. Rühmlichen Antheil hatte ferner der Graf an den Schlachten bei Acs und Komorn, 2. und 11. Juli, wo er mit seinem schwachen Corps den mit Uebermacht andringenden, von Regen [122] und Nebel begünstigten Görgey so lange aufhielt, bis das Reservecorps und die Division Paniutin anlangten, worauf er mit ihnen im Vereine den Gegner zurückwarf. Als er nach der Schlacht bei Szöreg gegen Neu-Arad zog, wo Görgey, von den Russen verfolgt, eben angekommen war und, um sich mit dem Corps Dembinski’s zu verbinden, durch das Schlik’sche Corps durchzuschlagen vermeinte, wies er ihn in dem Gefechte bei Dreispitz am 10. August so kräftig ab, daß er seinen Plan aufgeben und sich zurückziehen mußte. Nun rückte General Schlik gegen Arad. Ueber das, was nun zunächst folgte, gibt ein interessantes, in den Biographien Schlik’s nirgend erwähntes Schreiben des Generals nicht unwichtige Aufschlüsse. In diesem Schreiben Schlik’s heißt es unter Anderem: „Es ist auffallend, daß von dem für mich wichtigsten Momente jener Zeit (1849) kein anderes Werk über den ungarischen Krieg als das von Görgey spricht. Bei Dreispitz hatte ich den Feind geschlagen und war gegen Arad vorgerückt. Auf meine Aufforderung wollte sich Damjanić, Commandant der Festung, nicht ergeben. Die Festung wurde cernirt. Der russische General Buturlin kömmt, parlamentirt mit Damjanić über die Uebergabe, und nachdem er persönlich Haynau’s Einwilligung hat, beginnt am folgenden Tage die Capitulation um 3 Uhr Nachmittags. Gegen 4 Uhr erhalte ich zwei eigenhändig geschriebene Befehle von Haynau (einen besitze ich noch), in denen mir strengstens aufgetragen wird, mich der Capitulation zu widersetzen, und wenn nicht anders, auch mit gewaffneter Hand!! Sie können sich bei dem damaligen Verhältniß zu Rußland mein Erstaunen denken. Ich war gedeckt; die Befehle in meiner Hand; aber auch wenn ich folge – ein neuer Krieg, Bruch der Allianz u. s. w., genug, unabsehbare Folgen. Haynau’s Charakter kennend, warf ich die Befehle unter den Tisch und that gar nichts! – und es war gut, denn Haynau sprach mir nie davon. Dürfte sich später seiner Uebereilung geschämt haben“. Die Festung Arad ward also cernirt, dann wurden mit dem Commandanten Unterhandlungen angeknüpft, die auch zum Erfolge führten, so war es General Schlik, welcher den Feldzug mit Glück eröffnet und durch das Gefecht bei Dreispitz ebenso geschlossen hatte. Eine der auf ihn geprägten Medaillen [vergleiche S. 125: Medaillen auf Graf Schlik] trägt mit Recht die Umschrift: Quot pugnae tot victoriae. Nach beendetem Kriege wurde dem Grafen Schlik das Großkreuz des Ordens der eisernen Krone, im September 1849 die Beförderung zum General der Cavallerie und zum Commandirenden in Mähren und Schlesien und in der 157. Promotion (vom 26. März 1850) zugleich mit Wohlgemuth, Heß und Wimpffen – Windisch-Grätz und Haynau hatten das Großkreuz erhalten – das Commandeurkreuz des Maria Theresien-Ordens zu Theil. Als im Juni 1854 anläßlich des Krimkrieges die kaiserliche Armee mobil gemacht wurde, erhielt Schlik das Commando der vierten Armee und behielt es, als die Armee auf den Friedensfuß reducirt wurde, mit dem Hauptquartiere in Lemberg, mit der gleichzeitigen Ernennung zum commandirenden General in den Provinzen Galizien und Bukowina. Im Feldzuge des Jahres 1859 befehligte S. in der Schlacht bei Solferino die zweite Armee. Nach dem Friedensschlusse zur Disposition gestellt, wurde er noch kurze Zeit vor seinem [123] Ableben zum lebenslänglichen Mitgliede des Herrenhauses ernannt. – Der General war 73 Jahre alt geworden. Wer diese Hünengestalt sah, meinte, der könne nicht sterben, aber der General selbst hatte bei voller Gesundheit eine Ahnung seines nahen Endes. Wenige Wochen vor seinem Tode stand er in seiner Wohnung im Bürgerspitale am Fenster und schaute den Arbeitern zu, welche die gegenüber liegende Stadtmauer hinwegräumten. Damals schon hatte er eine Vorahnung seines nahen Todes: „Das wird ein großer Platz werden“, rief er, „da haben die Wiener Raum genug, um meinem Leichenbegängnisse beizuwohnen“. Später überließ ihm ein befreundeter Bankier aus Prag eine Wohnung am Mehlmarkte und der General übersiedelte in dieselbe. „Die kleine Reise“, sagte er zu seinem Adjutanten, als sie in dem neuen Quartier angekommen waren, „wäre vorüber, jetzt aber gilt’s auch an die große – da hinauf – zu denken“. Man machte ihm Vorstellungen, wies auf seine kräftige Constitution hin. Alles war vergebens. „Die große Reise muß angetreten werden“, rief der todesmuthige General, „rufen Sie den Herrn Canonicus“. Und mit unerschütterlicher Seelenruhe ertheilte er seine Befehle, erließ die nöthigen Anordnungen, traf alle Vorbereitungen für die „große Reise“ und – er reiste in’s Jenseits ab, nachdem er kurze Zeit vorher noch seine Whistparthie gemacht. Die Leiche wurde in die Familiengruft nach Kopidlno in Böhmen gebracht. – Der Graf war Soldat durch und durch. Sein blitzendes, feuriges Auge bohrte sich Demjenigen, den es traf, in die Seele. In seiner Jugend soll er, wie seine Schwester Elise [S. 101] erzählte, eine so gewaltige magnetische Kraft in seinem Blicke gehabt haben, daß Jedermann in Gesellschaft, sobald er von Schlik, selbst unbemerkt, fixirt wurde, sich umkehren mußte und formlich unter einem unsichtbaren Banne litt, das ist, selbst physischen Schmerz empfand. Später, nachdem er das eine Auge verloren, war es mit dieser magnetisirenden Gewalt vorüber. Aber so stark und kräftig er erschien, war er doch nicht eine jener rohen Gestalten, die man sich gern drei Schritt vom Leibe hält, sondern eine jener liebenswürdigen, zu der man sich hingezogen fühlt. Er war ein guter Kamerad, der sich im Felde zu den Kameraden im Bivouak lagerte, die echte Regalia verschenkte und sein Ungarpfeifchen – die Wiener Pfeifenschneider haben nach ihm eine Sorte „Schlikpfeifchen“ getauft – mit dem Commißtabak des gemeinen Soldaten stopfte, den Corporal um einen Schluck Schnaps aus seiner Flasche ansprach und wenn es geheuer war, mit Ober- und Unterlieutenant eine rasche Partie Macao auf der Trommel nicht verschmähte. Der Graf war populär nicht nur in der Armee, sondern im Volke, und der Wiener Volkswitz: „Der alte General habe selbst dem Tode so mannhaft Widerstand geleistet, daß ihm derselbe nur Ein Auge zudrücken konnte“, und da Schlik vor dem eben damals auf dem Todtenbette liegenden Windisch-Grätz gestorben, in der Variante: „General Schlik starb darum früher (als Windisch-Grätz), weil er nur ein Auge zuzudrücken gehabt“, charakterisirt den Mann und die Ansicht des Volkes über ihn. Der Graf war einer der populärsten Soldaten der kaiserlichen Armee. Wo er sich an die Spitze stellte, meinte man des Sieges gewiß zu sein. Je kritischer die Lage war, um so behaglicher fühlte er sich, da seine Zuversicht ihm sagte, er werde sich aus ihr herauswickeln. In der Gefahr fand er sich heimisch. [124] Dichter Zedlitz, der ihm einen Tag früher im Tode vorangegangen, widmet ihm in seinem „Soldatenbüchlein“ ein volles, prächtiges Sonett, worin eine Stelle trefflich lautet: „Dich liebt das Heer, denn furchtlos blickt und heiter | Dein Antlitz stets, und ob ein Aug’ geblendet | Das andere wach und rings umher gewendet | Sieht wie ein Falk und keines blicket weiter“. Des Grafen Schlik Wahlspruch lautete: „Wohl überdacht – rasch ausgeführt – das Uebrige findet sich“. Graf Schlik war zweimal vermält, zuerst (seit 24. April 1817) mit Sophie Gräfin Eltz, die er nach nur vierjähriger Ehe (4. September 1821) durch den Tod verlor, zum andern Male mit Wilhelmine Breuer, die wenige Tage vor ihm starb. Aus erster Ehe hatte er drei Töchter und einen Sohn, aus zweiter zwei Töchter. Sein einziger Sohn Heinrich Franz starb als k. k. Oberlieutenant, 39 Jahre alt, vor dem Vater und hinterließ aus seiner Ehe mit Sophie Freiin von Riesenfels (gest.) vier Kinder, zwei Töchter, Henriette und Almerie, und zwei Söhne, Erwein und Franz, deren Ersterer nunmehr, 23 Jahre alt, der Chef des Hauses Schlik ist.
Schlik, Franz Heinrich (II.) Graf (k. k. General der Cavallerie und Commandeur des Maria Theresien-Ordens,- I. Biographien und Biographisches. Bohemia (Prager polit. und Unterhaltungsblatt, 4°.) 1862, Nr. 66: „General Graf Schlik“. – Carinthia (Unterhaltungs-Beilage zur Klagenfurter Zeitung, 4°.) 46. Jahrg. (1856), Nr. 47, S. 186, im Aufsatze: „Skizze des Krieges in Ungarn 1848 und 1849“. – Didaskalia. Blätter für Geist, Gemüth u. s. w. (Frankfurt a. M., 4°.) 1862, Nr. 72: „General Graf u. Schlick“. – Frankfurter Konversationsblatt (Frankfurt a. M., 4°.) 1859, Nr. 152, S. 606: „General Graf Schlik“. – Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1862, Nr. 81. – Hirtenfeld (J. Dr.). Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) S. 1466 u. 1753. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) 12. Bd., S. 249; 33. Bd. (1859), Nr. 836 (vom 9. Juli 1859): „General Graf Schlik“. – Linzer Wochebulletin für Theater u. s. w., 12. Jahrg. (1859), Nr. 29: „Eine Episode aus dem Leben des Grafen Schlik“ [auch in der „Didaskalia“ 1859, Nr. 176]. – Männer der Zeit, Biographisches Lexikon der Gegenwart (Leipzig 1862, C. Lorck, 4°.) I. Serie, Sp. 369 u. f. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliographisches Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilg. Bd. VII, S. 678. – Militär-Zeitung. Herausg. von Hirtenfeld (Wien, 4°.) 1859, S. 408, 415, 463; 1862, Nr. 23 u. 24. – Morgen-Post (Wiener polit. Blatt) 1859, Nr. 177, im Feuilleton: „Ein Talisman des Hauses Schlik“. – Mußestunden (Wiener Unterhaltungsblatt, 4°.) 1859, S. 231 [mit Schlik’s sehr ähnlichem Holzschnittbildniß). – Neuer Plutarch, oder Biographien und Bildnisse der berühmtesten Männer und Frauen aller Nationen und Stände u. s. w. Vierte Auflage. Mit Verwendung der Beiträge des Freiherrn Ernst von Feuchtersleben neu bearbeitet von Aug. Diezmann (Pesth, Wien und Leipzig 1858, C. A. Hartleben, kl. 8°.) Vierte Aufl. Bd. IV, S. 202. – Oesterreichische illustrirte Zeitung (Wien, 4°.) 1851, Nr. 4: „General der Cavallerie Graf Schlick“ [mit Holzschnittbildniß von J. Schneider]. – Oesterreichische militärische Zeitschrift, herausg. von Streffleur (Wien, Lex. 8°.) III. Jahrg. (1862). 2. Bd., S. 143: Nekrolog. – Oesterreichischer Militär-Kalender. Herausg. von J. Hirtenfeld (Wien, kl. 8 °) XIV. Jahrg. (1863), S. 211 bis 220. – Oesterreichischer Soldatenfreund (Wien, 4°.) II. Jahrgang (1849), Nr. 107 u. 113. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1662, Nr. 82, in der „Kleinen Chronik“: „Schlik’s Nationalität“; Nr. 86, in den „Wiener Geschichten“, von Anton Langer; Nr. 96: „Ein Brief Schlik’s“. – Riedwald (Max), Illustrirter Militär-Almanach (Wien 1856, Ghelen’s Erben, 8°.). – Schlesinger (Max), Aus Ungarn (Berlin 1850, W. Besser, 8°.) S. 120 [daselbst sagt Schlesinger: „Schl. commandirte 8–10.000 Mann tüchtiger Truppen und ist unstreitig der wackerste, talentvollste General der Kaiserlichen, dessen Marsch durch die Karpathen nicht minder glorreich ist, als der Görgey’s. Die Beiden [125] waren ebenbürtige Gegner, ihre wechselseitigen Maneuvres bleiben die interessantesten im ganzen Feldzug], S. 349 u. 368. – Sonntags-Zeitung (Pesth, 4°.) 1855, Nr. 7, S. 53: „Franz Graf Schlik“. – Steger (Fr. Dr.), Ergänzungsblätter zu allen Conversations-Lexiken (Leipzig und Meißen 1850 u. f., gr. 8°.) Bd. V, S. 189. – Strack (Joseph), Die Generale der österreichischen Armee. Nach k. k. Feldacten und anderen gedruckten Quellen (Wien 1850, Jos. Keck u. Sohn, kl. 8°.) S. 267–287. – Triester Zeitung 1859, Nr. 142–145: „General der Cavallerie Graf Schlik“. – Ueber Land und Meer. Allgemeine illustrirte Zeitung (Stuttgart, Ed. Hallberger, Fol.) VIII. Bd. (1859), Nr. 32, S. 501. – Das Vaterland (Wiener politisches Parteiblatt) 1862, Nr. 80, im Feuilleton: „Graf Schlik im ungarischen Feldzuge“. – Waldheim’s Illustrirte Zeitung (Wien, kl. Fol.) 1862, Nr. 13. – Wiener Blätter für häusliche Unterhaltung (4°.) Beilage zu den „Wiener Neuigkeiten“ 1859, Nr. 113: „Gen. d. Cav. Graf Schlik“. – Wiener Zeitung 1862, Nr. 64, Abendblatt, S. 255: „Franz Graf Schlik.
- II. Porträte. Außer den zahlreichen Holzschnitt-Bildnissen, die sich bei den einzelnen Biographien des Generals befinden, sind noch folgende Porträte bemerkenswerth: 1) Auf Einem Blatte zugleich mit Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Oels, Wilhelm Prinz von Preußen (jetzigem deutschen Kaiser), Franz Schubert, Karl Maria Weber und Freiherrn von Jellačić. – 2) Kupferstich von 18[[WS 1]]20 [von Lütgendorf; Graf Schlik zählte damals 31 Jahre] 8°., seltenes Blatt. – 3) Ohne Angabe des Zeichners und Stechers. Hemdknopf- oder Ring-Format [wahrscheinlich von Krepp]. – 4) Unterschrift: Graf Franz Schlik | k. k. Feldmarschall-Lieutenant. Rybicka gez. u. gestochen. Verlag von Gottlieb Haase Söhne (Prag, 8°. u. 4°.). – 5) Lithographirt von Dauthage nach Kriehuber. Gedr. bei J. Höfelich (4°.). – 6) Unterschrift: Franz Graf Schlik. Carl Mayer sc. (32°.), auch im Gothaischen Almanach. – 7) Kriehuber nach der Natur gezeichnet 1849. In Stahl gestochen von Carl Mahlknecht. Wien, St. Ulrich u. s. w. (kl. 12°.), schönes Blatt, der Name des Generals steht nicht darauf. – 8) Lithographirt von Kriehuber, auf weißem und auf chinesischem Papier, colorirt, in einem größeren und kleineren Folio-Formate (Wien, Neumann). – 9) Nach Hännisch lithographirt von Stadler, auf chinesischem Papier und colorirt, in ½ u. ¼ Fol.
- III. Medaillen auf den General der Cavallerie Franz Heinrich Grafen Schlik. Der Gedanke, das Andenken an diesen wackeren Reiter-General durch Denkmünzen zu verherrlichen, lag zu nahe, als daß er hätte unausgeführt bleiben können. Im Jahre 1849 lebte sein Name mit jenen der übrigen Helden der kaiserlichen Armee, mit Benedek, Radetzky, Heß, in aller Mund; seine Statuetten, Büsten und Bilder sah man aller Orten, damals entstanden auch folgende Denkmünzen auf ihn. 1) Avers: Brustbild. Umschrift im äußeren Kreise: F.(ranz) GRAF V.(on) SCHLIK K.(aiserlicher) K.(öniglicher) OEST.(erreichischer) FELDZEUGMEISTER. Im inneren Kreise: GEBOREN ZU PRAG . DEN 23. MAI 1789. Revers: Ein Degen, Commandostab und Lorbeerzweig auf einem Eichenlaubkranze. Umschrift: FÜR KAISER UND GESETZ, DURCH BEHARRLICHKEIT ZUM SIEGE. – 2) Avers: Brustbild. Am Arme: W. S. (Wenzel Seidan)[WS 2]. Umschrift: FRANC.(iscus) SCHLIK COM.(es) A BASS.(ano) ET WEISKIRCH.(en) REI TORMENT.(ariae) AUSTR,(iae) PRAEFECT.(us). Unten: NAT.(us) PRAGAE | D.(ie) 23 MAII 1789. Revers. Die Victoria sitzt an einer Säule mit der Inschrift: BUDAMÉR | KASCHAU | RAAB. An der Säule lehnt das Wappenschild ohne Helme mit einem Lorbeerzweige, darunter liegt das Schwert. Im Abschnitt: W. SEIDAN F. 1850. Umschrift nach innen: QUOT. PUGNAE. TOT. VICTORIAE, nach außen: IN HUNGARIA 1848 Et 1849. – 3) Ein Jahr früher erschien die folgende, von Lerch geschnitten, deren Veranlassung nicht bekannt ist. Avers: Büste. Auf dem Abschnitte: Lerch Prag 1846. Umschrift: FRANZ SCHLIK GRAF ZU BASSANO UND WEISZKIRCHEN. GEB.(oren) 23 MAI 1789. Revers: Das Wappen mit Helmen und Schildhaltern, darunter: 1847; ohne Umschrift. – Die Abbildungen dieser drei Medaillen befinden sich in der „Beschreibung der bisher bekannten böhmischen Privatmünzen und Medaillen“ (Prag, 4°.) Taf. 59, Nr. 509 u. 510, u. Taf. 60, Nr. 51.
- IV. Graf Schlik über seine Abstammung. Im Jahre 1855 war in der Augsburger „Allgemeinen Zeitung“ der Graf Schlik als ein „Deutscher“ bezeichnet worden. Dagegen [126] sträubte sich der Graf, und in den Journalen erschien ein bisher unbekannt gebliebener Brief des Grafen, worin er gegen das ihm aufgedrungene Deutschthum, welches er auch dadurch manifestirte, daß er in Schreibung seines Namens das übliche c vor dem k (Schlick) wegließ und sich slavisch, Schlik, schrieb, in folgender Weise Einsprache erhebt: „Wenn ich ein Deutscher wäre – wie es die „Allgemeine Zeitung“ sagt – so wäre ich es in diesem Augenblicke sehr ungern. Ich bin aber keiner und will auch nicht dafür gehalten werden. Das Egerland, aus dem meine Familie stammt (in Eger wird das Schlik’sche Stammhaus noch gezeigt), mag einstens deutsch gewesen sein. Aber 1400 hatten wir schon Besitzungen in der dortigen Gegend und meine Ahnherren betrieben in Joachimsthal bedeutende Bergwerke. Die Schlik haben das Verdienst, die ersten Thaler geprägt zu haben. Daher der Name Thaler nicht von thailen, sondern von Thal; so wird auch jetzt noch in Italien ein Thaler Joachimo genannt. Die ältesten Schlik-Thaler, die in großer Anzahl in verschiedenen und vielfältigen Varietäten vorkommen, sind ohne Jahreszahl, 1520 ist die erste Jahreszahl, die erscheint. Meine Familie hatte nie in einem anderen Lande Besitzungen als in Böhmen und Ungarn. In der ältesten Zeit war der Name Slicha. Alle meine Eltern und ich selbst sind in Böhmen auf die Welt gekommen. In meinem Archiv befindet sich das Original-Document, wodurch wir Wappen und Grafentitel erhalten haben, unterschrieben von Kaiser Sigismund als König von Böhmen. Wie der Fechter von Ravenna kann ich sagen: Ich bin kein Deutscher, bin ein Böhm und will ein Böhm sein. – Nun lebte in den Sechziger-Jahren in Wien ein Mann, der gegen manche Ungeheuerlichkeiten in der Politik oder sonstige Lächerlichkeiten mit seinem trockenen Humor dreinfuhr und seine in der Rubrik: „Eingesendet“ enthaltenen, immer mit großem Interesse gelesenen Abfertigungen stets mit der Unterschrift: „Der alte Stabsofficier“ unterzeichnete. Der alte Stabsofficier, der immer den Nagel auf den Kopf traf, hatte auch obigen Brief Schlik’s in den Journalen gelesen und ihn mit folgendem Commentar begleitet: „Diese harmlose Erörterung des liebenswürdigen Böhmen Schlik in Ehren gehalten, erscheint der mir zu üppig fortwuchernde Nationalitäts-Rummel der Neuzeit doch nur als ein wohlfeiles Mittel, Kurzsichtigen Sand in die Augen zu streuen – eine willkommene Waffe roher Gewalt nicht aber der Aufklärung. Indem man mit dem Schlagworte „Nationalität“ förmlich hausiren geht, es colportirt und nach Möglichkeit ausschrotet, sucht man doch nur auf Kosten Anderer daraus Profit zu ziehen – ja Andere förmlich als Feinde zu behandeln, weil man zufällig unter einem andern Breitegrad zur Welt gekommen und eine andere Sprache spricht. Wie thöricht und lächerlich. Treffender und geistreicher kann übrigens der ganze Nationalitätenschwindel kaum persiflirt werden, als in den nachstehenden Versen unsers Grillparzer: „Eines bleibt uns unverloren, | Man nennt es jetzo: Nationalität,| Das heißt: daß Jemand irgendwo geboren, | Was sich doch wohl von selbst versteht! Wien, August 1867. Der alte Stabsofficier“.