BLKÖ:Mészáros, Lazar

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Mészáros, Karl
Band: 17 (1867), ab Seite: 461. (Quelle)
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Mészáros, Lazar (ungarischer Kriegsminister in den Jahren 1848 und 1849, geb. zu Baja im Bacser Comitate Ungarns 20. Februar 1796, gest. zu Eywood in Herefordshire in England 16. November 1858). Entstammt einer alten, aber armen Adelsfamilie. M. war kaum vier Jahre alt, als er seinen Vater und bald darauf auch seine Mutter durch den Tod verlor. Der Oheim mütterlicher Seits, der Pfarrer auf dem Lande war, nahm sich des verwaisten Knaben an und ihn in sein Haus auf, des Pfarrers Caplan aber unterrichtete den lernbegierigen strebsamen Knaben. Aber auch das war nicht von langer Dauer, denn der Pfarrer starb bereits nach zwei Jahren, und nun nahmen sich Verwandte und Freunde des Knaben an. Er wurde auf die Schule geschickt, und im Alter von 15 Jahren hatte er bereits jene Studien vollendet, mit deren Abschluß die Studien für den gewählten Lebenslauf beginnen. Da ihm sein Oheim, der Pfarrer, eine theologische Bibliothek hinterlassen hatte, so fanden sich in der Verwandtschaft Einige, die da meinten, daß er dieser Bücher wegen Theologie studiren möchte! dazu fühlte aber M. nicht den mindesten Beruf in sich. Zur Aufnahme in ein theologisches Seminar war er überdieß noch zu jung, und so ging denn M. nach Pesth, wo er im März 1813 das [462] Studium der Rechte begann. Im genannten Jahre trübte sich aber der politische Horizont von Neuem, und im europäischen Kampfe gegen Napoleon sollte auch Ungarn sein Contingent, 30.000 Mann Infanterie und 10.000 Reiter stellen. In 14 Tagen war die geforderte Zahl aufgebracht und ein paar Wochen später bereits auf dem Marsche. Dem Lande war die Ernennung von zwei Drittheilen der Officiere anheim gestellt worden. Da traf es sich denn auch für M. ganz glücklich; das Bacser Comitat ernannte ihn sofort zum Lieutenant, und M. zufrieden, das Rechtsstudium mit dem Schwerte einzutauschen, trat in die Armee, in welcher er binnen wenigen Tagen schon zum Oberlieutenant avancirte. M. machte nun die Feldzüge der Jahre 1814 und 1815 mit Auszeichnung mit, und kam im Jahre 1816 als Oberlieutenant in das 7. Huszaren-Regiment. Diese Einreihung war eine Auszeichnung, weil bei der damaligen allgemeinen und bedeutenden Armee-Reduction die meisten ungarischen Freiwilligen entlassen und nur die besonders fähigen Köpfe behalten wurden. Somit war M.’s Zukunft, nämlich sein Verbleiben im Waffendienste entschieden. Im Jahre 1826 wurde er zum Second-Rittmeister befördert, und machte als solcher im Jahre 1831 den Kampf gegen die Aufständischen in Modena und in den römischen Legationen mit. Drei Jahre darauf rückte er zum ersten Rittmeister vor. Als nach dem Tode des Kaisers Franz I. (1835) die oberste Leitung der Militär-Angelegenheiten in die Hände des Grafen Karl Joseph Clam-Martinitz [Bd. II. S. 379) überging, und sich gar bald in diesem Gebiete ein freilich für die damaligen socialen Verhältnisse gerade zunächst auf demselben entbehrlicher liberalerer regerer Geist bemerkbar machte, trat auch für M. eine günstigere Wendung ein, denn bisher waren Stammbaum und Protection die zwei Hauptmomente der Beförderung im Militär, nun sollten auch Talent und Fähigkeit zur Geltung kommen, welche beiden Eigenschaften M. in die Wagschale legen konnte. Er wurde schon im Jahre 1837 zum Major im 7. Huszaren-Regimente, im Jahre 1844 zum Oberstlieutenant und im J. 1845 zum Obersten im Regiments ernannt. Das Regiment, dessen Oberst M. war, hatte den Feldmarschall Radetzky zum Inhaber. M. selbst war nicht bloß als wackerer, tapferer Officier, sondern auch seiner tüchtigen Bildung wegen in der Armee geachtet. Die gute Schulbildung, vornehmlich die treffliche Anleitung des unterrichteten Caplans im Pfarrerhause hatten die Keime einer edleren geistigen Bildung in ihm geweckt, und die reiche Muße seines Soldatenlebens hatte M. benützt, sich selbst fortzubilden. Mathematik, Landwirthschaft, Mechanik und die damit verwandten Disciplinen waren seine Lieblingsfächer, und nicht nur wendete er allem Neuen auf diesem Gebiete seine ungetheilte Aufmerksamkeit zu, sondern war auch in denselben wissenschaftlich thätig, und schickte schätzbare Arbeiten über Maulbeerbaum- und Seidenzucht – welche er in Oberitalien, als an Ort und Stelle, genau beobachten und studiren konnte – über Weinbau und Weinhandel, über Ackerbaubanken, Walzmühlen u. dgl. m. an die königlich ungarische Akademie der Wissenschaften in Pesth, welche dieselben in die von ihr herausgegebenen Denkschriften und Sitzungsberichte aufnahm, ihren Verfasser aber, der damals in Mailand sein Regiment commandirte, 1844, unter die [463] Mitglieder aufnahm. Gesteigerte Aufmerksamkeit erweckte in weiten und maßgebenden Kreisen seine Antrittsrede als Akademiker. M. erging sich in derselben über die politischen, literarischen und socialen Verhältnisse der Gegenwart, berührte dabei die mangelhafte Organisation des damaligen Heerwesens, und so kam es denn, daß, als in den Märztagen die Regungen der Freiheit sich gewaltsam Bahn brachen, die liberale Partei die Blicke auf M. warf und ihn in das ungarische Ministerium als Kriegsminister berufen wünschte. Als der Aufstand im genannten Jahre in Italien ausbrach, befand sich M. mit seinem Regiments in Mailand. Mit demselben machte er mit der ganzen Mailänder Garnison den Rückzug nach Verona mit, kämpfte auch noch in der Schlacht bei Santa Lucia, nach welcher ihm die erste Nachricht von seiner Berufung in’s ungarische Ministerium wurde. M. war an Radetzky’s Seite, den er selbst liebte, wie er ein Liebling des Feldmarschalls war, seine bisherige Stellung lieb geworden, und die Berufung in den neuen Wirkungskreis kam ihm ebenso unerwünscht als unerwartet. M. war damals kein raschhandelnder Heißsporn mehr, sondern ein bedächtiger, erfahrener Soldat, der dreißig Jahre gehorchen gelernt und mit ruhigem ungetrübtem Blicke in die Zukunft schaute, er war aber auch ein Charakter, der, wenn er einmal eine Pflicht übernahm, sie mit allen ihren Consequenzen übernahm, und für Alles einstand, was er in der Machtvollkommenheit seiner Stellung anzuordnen für gut befunden hatte. Er entschied sich also nicht sofort für den ihm zugewiesenen Posten, schützte die unzulänglichen Erfahrungen, die er sich im beschränkteren Cavalleriedienste zu erwerben Gelegenheit gehabt, als wesentliches Moment gegen die Annahme eines Postens und in einem Lande vor, in welchem nicht weniger als Alles neu zu schaffen war. Zu wiederholten Malen vom Ministerium Batthyány zur Annahme seiner Stelle und immer noch vergeblich aufgefordert, folgte er erst dem Rufe, als ihn ein königliches Handschreiben vom 7. Mai beauftragte, das Commando seines Regiments an den Oberstlieutenant zu übergeben und sich, da er zum ungarischen Kriegsminister ernannt sei, sofort auf seinen Posten zu begeben. Zwei Monate erst nach seiner Ernennung langte M. in den letzten Tagen des Mai in Pesth an, um seine Functionen als Kriegsminister zu übernehmen. Die Bevölkerung hatte ihn mit Jubel aufgenommen und seine Ankunft mit einem Fackelzuge festlich eingeleitet, aber nur zu bald erkannte M. die traurige Wirklichkeit aller jener Bedenken, die ihn bei Uebernahme eines so verantwortlichen Postens, auf welchem die Verwicklungen sich von Stunde zu Stunde zu häufen begannen, so lange hatten zögern lassen. Noch bevor er in sein Vaterland gekommen war, hatten bereits die croatischen und raitzischen Wirren begonnen, und seine neue Stellung mußte er so zu sagen mit der Erklärung des Kriegszustandes inauguriren. Die Verwirrung in der Armee ging mit jenen in den politischen Verhältnissen im Allgemeinen Hand in Hand. Es war Mitte Juni, als Soldaten des italienischen in Pesth garnisonirenden Regiments Ceccopieri in der Karlscaserne über die ebendaselbst einquartierten noch unbewaffneten Honvéd-Recruten herfielen, mehrere von ihnen verwundeten, sogar einige tödteten, und sich dann in der Kaserne zur Selbstvertheidigung verbarricadirten und auf ihre Angreifer feuerten. Da trat M., die [464] ihn von allen Seiten schwer bedrohende Gefahr nicht beachtend, unter die Tumultuanten, und seinen eindringlichen Vorstellungen – denn er hatte sich während seines langjährigen Dienstes in Italien die Landessprache vollkommen angeeignet – gelang es, die Italiener zur Niederlegung der Waffen zu überreden und zum Gehorsam zurückzubringen. Eine andere Schwierigkeit seiner Stellung ergab sich aus dem Umstande, daß der größte Theil der ungarischen Truppen zu jener Zeit sich außerhalb Ungarns befand und ein Wechsel der Regimenter unter den obwaltenden Verhältnissen geradezu unausführbar war. Er mußte also mit Soldaten der übrigen Länder der Monarchie gegen Raizen, Walachen und Croaten marschiren, mit denen ein Kampf auf Tod und Leben bereits begonnen hatte. Unbehaglich, ja lähmend waren oft die Gefühle im Innern des ehemaligen Huszaren-Obersten, wenn der ungarische Patriot – und M. war durch und durch ein solcher – mit dem österreichischen Soldaten, der kön. ungarische Minister mit dem kaiserlichen General in Widerstreit gerieth. Erst der Fortschritt der unaufhaltbar gewordenen Revolution mußte ihn aus seinem Schwanken reißen und zwingen, einen entschiedenen Standpunct einzunehmen. Der Kampf war ein schwerer, aber für den Ungar gab es nur eine Wahl, nämlich die: zu seinem Vaterlande zu stehen, und auch M. hatte sich dahin entschieden. Im Anbeginne, als die Ereignisse sich noch nicht überstürzten und es sich um Principienfragen handelte, bei welchen Ungarn betheiligt war, nahm er nicht den engherzigen ungarischen Standpunct ein, sondern die Gesammtheit im Auge behaltend und als Mitglied der kaiserlichen Armee, legte er als Oesterreicher sein Urtheil in die Wagschale. M. saß im Parlamente in doppelter Eigenschaft, als ungarischer Kriegsminister und als Abgeordneter seines Geburtsortes Baja. Als die italienische Frage auf der Tagesordnung war, 20. Juli 1848, vertheidigte er die Politik des Ministeriums, welches sich dahin geeinigt hatte, Truppen nach Italien zu schicken, und sprach sich bei dieser Gelegenheit unverhohlen gegen die italienische Freiheitsbewegung aus. Bei der Debatte über das Recrutirungsgesetz, am 16. August, erklärte sich M. gegen die Errichtung einer gesonderten ungarischen Armee, gegen ungarische Landesfarben und ungarisches Commando; die auszuhebenden Recruten sollten den alten österreichungarischen Cadres eingereiht, in österreichischer Weise ausgerüstet und commandirt werden. In diesen Ansichten fand er entschiedenen Widerstand, selbst bei jener Majorität, die in allen anderen Fragen unbedingt mit dem Ministerium ging. M. sah sich gezwungen, dem allgemeinen Sturme nachzugeben, erklärte sich aber auch zur Ausführung des Beschlusses nur unter der Bedingung bereit, daß die Nationalversammlung einen Theil der Verantwortlichkeit, welche mit demselben verknüpft sei, übernehme. War bisher der Kampf seines ungarischen Patriotismus mit den legalen Gefühlen des kaiserlichen Officiers kein geringer gewesen, so sollte es doch noch schlimmer kommen. Die Kriegführung im Süden war bisher lau und erfolglos betrieben worden, was sich bei den Gesinnungen, die den ehemaligen Reiter-Oberst Mészáros erfüllten, der sich nun einmal des Gedankens, noch immer ein Glied der großen polyglotten Armee zu sein, die aber eben als solche den Einheitsstaat einzig und allein und am wirksamsten vertrat, nicht erwehren konnte, [465] wohl leicht erklären ließ. Nicht mit diesen Augen sahen Andere die Dinge an, und in der Sitzung vom 21. August nahm Perczel keinen Anstand, offen zu erklären, „daß bei dieser Kriegsführung Verrath im Spiele sei, und daß er als Volksvertreter es für seine Pflicht halte, zu fordern, daß die Leitung des Krieges anderen Händen anvertraut werde. Ein englischer Corporal“, sprach Perczel ungescheut aus, „würde den Krieg im Süden mit mehr Geschick und Erfolg geführt haben, als dieß unter Mészáros bisher geschehen“. Mészáros blieb auf diese Invectiven die Antwort nicht schuldig; er sei, sagte er, vor seiner Heimkehr nach Ungarn darauf vorbereitet gewesen, daß eine dreißigjährige Reputation hier in Rauch aufgehe, daß er wohl auch von Manchem ein Landesverräther genannt werden könne; aber das habe er nicht geglaubt, daß man in diesem Hause dem Werke seiner Leitung einen falschen Verdacht unterschieben werde. Unter solchen Umständen bleibe also nichts übrig, als daß entweder das Haus über ihn das Verdict ausspreche, oder demjenigen seine Mißbilligung zu erkennen gebe, der sich des Wortes Verrath bedient habe. Nicht nur knüpfte Mészáros an diese Bedingung sein eigenes, sondern Batthyány das Verbleiben des ganzen Ministeriums, und so entschloß sich denn die ministerielle Majorität zu einem Verweise für Perczel. Mészáros selbst aber wurde dieser parlamentarischen Kämpfe müde. Sie verursachten ihm, wie er später oft gestand, mehr Angst, als er während einer dreißigjährigen Kriegerlaufbahn je in einer heißen Schlacht empfunden. Er wandte demnach dem Parlamente den Rücken und begab sich nach dem Süden in’s Lager, um daselbst in Person den Kampf gegen die Raizen und namentlich die Einnahme von Szt. Tamás zu leiten. Dort kämpfte er mit abwechselndem Glücke, gab aber wiederholt Proben glänzender persönlicher Tapferkeit. Einmal, da er zu weit vorgedrungen war, von einem Haufen Grenzer umringt, wäre er wohl trotz verzweifelter Gegenwehr ihren Händen nicht entkommen, wenn ihn nicht mehrere herbeigeeilte Huszaren herausgehauen hätten. Im Sturme auf Szt. Tamás, den er am 19. September unternahm und persönlich anführte, bewies er einen Muth und eine Unerschrockenheit ohne Gleichen; auf einem der gefährlichsten Plätze – als hätte er den Tod gesucht – stehend, schlugen rings um ihn über dreißig Kanonenkugeln ein, aber er verließ den Platz nicht, und steigerte dadurch den Muth der Seinen und ihre Verehrung für ihn. Daß er den Tod gesucht, wird aus der Aussage zweier Officiere seiner Suite bestätigt, welche ihn flüstern gehört: „Verdammtes Pech! keine Kugel trifft, man ist schußfest, wenn man sterben will“. Noch erließ er am 4. October eine entschiedene und patriotische Proclamation an die Südarmee, dann kehrte er in die Hauptstadt zurück, wo ihn in der Nationalversammlung, wie auf offener Straße, wo er immer erschien, der Enthusiasmus der Bevölkerung empfing. Als Jellačić in Ungarn mit seiner Armee eingefallen war, waren auch die letzten Zweifel gelöst, wie die Sache der Ungarn stand und wie sie von dem Wiener Cabinete angesehen wurde. Nun erst brach Mészáros alle Brücken hinter sich ab, und warf sich mit aller Entschiedenheit seiner Nation und somit der Revolution in die Arme. So lange er an eine Vermittelung glaubte, ja dieselbe von ganzem Herzen hoffte, so lange [466] hatte er geschwankt, als sich aber die Dinge so stellten, daß an einen friedlichen Ausgleich nimmer zu denken war, stand er zu seinem Vaterlande, um mit demselben zu stehen oder zu fallen. Nun nahm die neuzuschaffende Armee seine ganze Sorge und Thätigkeit in Anspruch, und innerhalb wenigen Wochen hatte er auch aus den allerspärlichsten Anfängen ein Heer geschaffen, welches zwei verbündeten Armeen längere Zeit einen erfolgreichen Widerstand entgegensetzte. Aber der erst in den Octobertagen vom Volksjubel Gefeierte sollte nur zu bald wieder die Wandelung der Volksgunst erproben. Als beim Beginne des Winterfeldzuges die ungarische Armee eine Position nach der anderen dem Feinde preisgab und Mészáros in der Reichstagsitzung vom 31. December den Antrag stellte, auch Buda-Pesth zu räumen, da tönte ihm, was ihm früher nur aus einem Munde, jenem Perczel’s zugeschrieen wurde, von allen Seiten nun in verschärfter Weise entgegen: „Nieder mit dem Verräther“, hieß es in der stürmischen Versammlung. Endlich gelang es den Bemühungen Kossuth’s, dem Angegriffenen Gehör zu verschaffen, um seinen Plan darzulegen. Nun übertrug ihm das Haus das Commando der Armee im Norden, welche gegen Schlik, der bereits die Theiß zu überschreiten und gegen Debreczin zu marschiren drohte, den Kampf aufnehmen sollte. Als ihm das Haus diesen Posten übertrug, erwiederte M.: „er würde sich früher schon selbst zu derselben angeboten haben, aber unter den jetzigen Umständen würde man bei einem möglichen Unfalle sofort schwarzgelbe Reminiscenzen gewittert haben. Uebrigens halte er es für seine Pflicht, alle seine Kräfte für das Vaterland aufzubieten, er wolle Alles thun, um einen Sieg herbeizuführen, bitte aber das Haus im Voraus, ihn ungünstigenfalls zu beurtheilen, aber nicht zu verurtheilen, oder wie der Deutsche sagt, urtheilt, aber viertheilt mich nicht! Ich hoffe, daß wir den „Schlik verschlicken“ werden“. Wohl fand dieser Huszarenwitz in der Versammlung stürmischen Beifall, er konnte aber nicht hindern, daß, als Mészáros das Commando im Norden übernahm, er am 4. Jänner 1849 in der Schlacht bei Kaschau – nach Anderen auch die Schlacht von Barcza genannt – eine fürchterliche Niederlage erlitt, in welcher seine junge noch ungeübte Armee ganz versprengt und nur durch den ausdauernden Widerstand der polnischen Legion, welche den Rückzug deckte, vor Vernichtung gerettet wurde. Es ist bekannt, mit welchem Siegesbewußtsein der Graf Schlik in diesen Kampf ging, indem er der Gräfin, bei der er im Quartiere lag, als er zum Kampfe aufbrach, sagen ließ, um welche Stunde Abends er bei ihr den Thee zu nehmen gedenke. Nach dieser Niederlage legte M. sein Commando in die Hände des jüngeren Klapka nieder. Nun kehrte er wieder in sein Ministerium zurück und verblieb in demselben bis zur Unabhängigkeitserklärung Ungarns, mit welcher er sich nicht einverstanden erklärte. Als unter Szemere’s Präsidium ein neues Cabinet sich bildete, legte er seine Stelle nieder, erklärte aber, als Abgeordneter von Baja noch ferner an den Berathungen des Reichtages theilzunehmen. Auf Ladislaus Paloczy’s Antrag wurde ihm nun einstimmig der Dank des Hauses votirt und ihm zugleich der Feldmarschall-Lieutenantstitel verliehen. Dritthalb Monate blieb nun M. unthätig, bis er bei dem Zerwürfnisse zwischen Kossuth und Görgey, in welchem er [467] zu Ersterem hielt, wieder in den Vordergrund trat. Und dieß geschah in ganz eigenthümlicher Weise. Gegen alles Herkommen, mit Beseitigung jeder Form erließ er eine Verordnung, mit welcher er sich selbst zum General en Chéf und Dembinski zu seinem Stellvertreter ernannte. Dieses merkwürdige Actenstück vom 2. Juli aber lautet: „Verordnung von dem Oberbefehlshaber der Gesammtarmee an Herrn Feldmarschall-Lieutenant Dembinski: Offene Verordnung, welcher gemäß der Herr Feldmarschall-Lieutenant ermächtigt wird, über die Bewegungen des Heeres, sowie über Dislocirung und Verpflegung, mit einem Worte über alle Bedürfnisse desselben die nöthigen Verordnungen zu erlassen, und so zu verfahren, wie es die jetzigen Verhältnisse und das Wohl des Landes erheischen werden. Der gesammten Armee aber und allen Militär-Individuen höhern und niedern Ranges wird hiemit unter strengster Verantwortlichkeit anbefohlen, dem oberwähnten Herrn Feldmarschall-Lieutenant in Allem pünctlichen Gehorsam zu leisten und seine Befehle zu vollziehen. Mészáros, FML.“ M. begab sich nun sogleich nach Komorn, um das Obercommando Görgey abzunehmen und es selbst anzutreten. Aber die Schlacht bei Szöny unterbrach seine Reise, er kehrte nach Pesth zurück und Major Sztankovics überbrachte die vorerwähnte Ordre nach Komorn; die von ihm nun erlassenen Befehle, welchen zufolge Görgey mit seiner Armee auf das linke Donauufer übergehen sollte, hatten nur den Erfolg, von Görgey unbeachtet und unbefolgt geblieben zu sein. Indessen war die revolutionäre Regierung bereits nach Szegedin übersiedelt, dort wurde Aulich zum Kriegsminister ernannt, und nachdem im Kriegsrathe vom 27. Juli der Beschluß: daß Mészáros definitiv das Obercommando übernehme, von M. entschieden abgelehnt wurde, übernahm Dembinski dasselbe und M. wirkte an dessen Seite als General-Quartiermeister. Unter Dembinski commandirte M. noch in der Schlacht von Szöreg und verließ mit diesem nach der Niederlage bei Temesvár, vor welcher er, wie auch Dembinski, abgedankt hatte, worauf Bem das Obercommando übernahm, den ungarischen Boden, um ihn nie wieder zu betreten. Am 15. August langte er zu Orsova auf neutralem Boden an. Er und Dembinski waren als walachische Kaufleute verkleidet, die Grenzwache hatte sie jedoch erkannt, ihnen die Waffen abgenommen und sie in die Contumazanstalt von Turnul-Severin gebracht. Später ging Mészáros mit Kossuth nach Widdin, Schumla und Kutahia, wurde dann im Mai 1851 mit noch 85 anderen Flüchtlingen auf einem englischen Schiffe nach England gebracht, wo ihm der freundlichste Empfang wurde. Bis zum August verweilte M. in England, dann begab er sich nach Frankreich, welches er in Folge des Staatsstreiches vom 2. December 1851 verließ, worauf er sich nach Jersey begab, und von dort aus im Sommer 1853 nach Amerika übersiedelte. In der Zwischenzeit wurde er von dem in Pesth nach niedergedrücktem Aufstande aufgestellten Kriegsgerichte verurtheilt und mit Kossuth nebst 34 anderen Häuptern der Revolution in effigie gehängt. Im October 1858 kehrte er aus Amerika nach England zurück und fand zu Eywood in Herefordshire, dem Edelsitze der Lady Langdale, der Schwiegermutter des exilirten ungarischen Grafen Teleki, gastliche Aufnahme, die er aber [468] nicht lange genoß, da er schon um die Mitte November des nämlichen Jahres starb. Einige Biographen erwähnen von Memoiren, welche Mészáros unter dem Titel: „Dreizehn Monate ungarischer Minister“ herausgegeben. Ob dieselben in ungarischer oder deutscher Sprache und ob sie überhaupt erschienen, darüber Gewißheit zu verschaffen, ist mir nicht gelungen. In neuester Zeit hingegen ist das Werk: „Mészáros Lázár elettörténete külföldi levelezései és emlékiratai. Az eredeti kéziratokból közrebocsátja Szokoly“ (Pest 1866, Ráth Moriz, gr. 8°.) in sechs Heften ausgegeben worden. Die Urtheile über Mészáros stimmen darin überein, daß er ein Mann von nicht gewöhnlicher Bildung und großer Belesenheit gewesen sei. Als Redner fesselte er durch einen klaren, einfachen Vortrag, den er mit zahlreichen passenden Citaten schmückte, mit seinem schlagfertigen Witze entwaffnete er für einen Augenblick nicht selten seine heftigsten politischen Gegner. Man wollte in seinen Reden Aehnlichkeit mit jenen des bekannten irischen Agitators O’Connel finden. Als Organisator hat er sich bei Aufstellung der Honvéd-Bataillone als Mann des Faches bewährt. Auch Neidlosigkeit und ein anerkennenswerther Eifer, jüngeren Talenten Anerkennung zu verschaffen, werden ihm nachgerühmt, und in der Armee bildete seine Lieblingsbeschäftigung, Officierspatente auszufertigen, viel Stoff zu belustigender Kritik, insbesondere, da er sich mit mehr Pedanterie, als für einen Minister der Revolution zu passen schien, an den alten Militär-Schematismus hielt. So erzählt man sich auch von seiner Pedanterie folgenden Zug, daß er den genialen Dichter Petöfi, der sich nun mit der soldatischen Cravatte nicht befreunden wollte, eines Tages zum Profoßen wandern ließ, weil er (damals Honvéd-Hauptmann) vor Mészáros cravattenlos erschienen war. Als Soldat besaß er persönlichen Muth wie Wenige, ja man kann sagen, es war Bravour, wie er in der Schlacht immer dort stand, wo die höchste Gefahr drohte; man hatte nicht Unrecht, wenn man behauptete, er suche den Tod. Die Franzosen haben ihn den ministre malgre lui genannt, er war nicht bloß Minister gegen seinen Willen, sondern auch Revolutionär gegen seinen Willen, als es aber für ihn keinen andern Ausweg mehr gab, so dachte er nicht mehr an sich, sondern an sein Vaterland, und war, was er vorstellen sollte, ganz. Laut einer von den Journalen im Jahre 1863 gemeldeten Nachricht sind seine beiden Söhne, welche zu jener Zeit in der Obhut des Bischofs von Scutari sich befanden, auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers in österreichische Erziehungsanstalten, und zwar der eine in die Theresianische Akademie, der andere in eine Militär-Bildungsanstalt übernommen worden.

Szokoly (Viktor), Mészáros Lazár élettörténete külföldi levelezései és emlékiratai, d. i. Meszaros’ Biographie und dessen ausländische Correspondenz (Pesth 1866, Ráth, gr. 8°.). – Zur Geschichte des ungarischen Freiheitskampfes. Authentische Berichte (Leipzig 1851, Arnold’sche Buchhandlung, 8°.) Bd. I, S. 113–116. – Ungarns politische Charaktere. Gezeichnet von F. R. (Mainz 1851, J. G. Wirth Sohn, 8°.) S. 107. – Levitschnigg (Heinrich Ritter von), Kossuth und seine Bannerschaft. Silhouetten aus dem Nachmärz in Ungarn (Pesth 1850, Heckenast, 8°.) Bd. I, S. 129 u. f. [auf S. 135 steht ein Facsimile seines Namenszuges]. – Oesterreichischer Soldatenfreund, herausg. von Hirtenfeld und Dr. Meynert (Wien, gr. 4°.) II. Jahrg. (1849), S. 506. – Oesterreichischer Courier (vormals Theater-Zeitung), herausg. von Ad. Bäuerle (Wien, kl. Fol.) 1849, Nr. 286. – [469] Grenzboten, herausgegeben von Ignaz Kuranda (Leipzig, gr. 8°.) 1851, Nr. 27. – Didaskalia. Blätter für Geist, Gemüth und Publicität (Frankfurt a. M., 4°.) 1851, Nr. 193. – Unsere Zeit. Jahrbuch zum Conversations-Lexikon (Leipzig, Brockhaus, gr. 8°.) Bd. II (1858), S. 795. – Vehse (Eduard Dr.), Geschichte des österreichischen Hofs und Adels und der österreichischen Diplomatie (Hamburg, Hoffmann u. Campe, kl. 8°.) Bd. IX, S. 188. – Le Courier (Paris) 1858, Nr. 51: „Le ministre malgre lui. Lázár Meszaros“. – The illustrated London News, March 19, 1859: „The late hungarian General Meszaros“. – Porträte. 1) The late Hungarian General Meszaros. Holzschnitt in der Nummer vom 19. März 1859 der „Illustrated London News“; – 2) Unterschrift: Mesarosch (sic). Stahlstich, o. A. d. Z. u. St., in einer Folge von Miniatur-Bildnissen der Revolutionsmänner des Jahres 1848 und 1849 (vielleicht von Zastiera), die ein Gegenstück zu der Suite von Miniatur-Bildnissen der kaiserlichen Generale (meistens von Krepp und Mahlknecht gestochen) bilden. –