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Artikel „Kepler, Johannes“ von Siegmund Günther, Julius Hartmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 603–624, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kepler,_Johannes&oldid=- (Version vom 4. Oktober 2024, 12:51 Uhr UTC)
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Kepler: Johannes K., Astronom und Mathematiker, geb. den 27. Decbr. 1571 zu Weil der Stadt in Württemberg, † den 15. Novbr. (neuen Styles) [604] 1630 zu Regensburg. Der Geburtsort des großen Mannes, dessen Namen übrigens auch häufig in der Form Keppler vorkommt, war lange Zeit, ähnlich wie derjenige Homer’s, ein umstrittener; die Städte Weil und Leonberg sprachen ebenso wie das Dorf Magstatt die Ehre an, K. den Ihrigen zu nennen. Durch die gründlichen archivalischen Forschungen des Oberjustiz-Revisors Gruner in Ulm ward es jedoch außer Zweifel gestellt, daß der berühmte Astronom in dem „Keplerhaus“ am Marktplatze des zweitkleinsten deutschen Reichsstädtchens das Licht der Welt erblickte. Seine Familie war eine ursprünglich hochangesehene adelige, denn zwei Träger des Namens Kepler hatten sich unter Kaiser Sigismund ausgezeichnet, dem einen war auf der Tiberbrücke von dem soeben gekrönten Kaiser der Ritterschlag ertheilt worden. Später scheint die Familie sich in Nürnberg niedergelassen zu haben, denn wenn auch von einigen Seiten der Zusammenhang des fränkischen Geschlechtes mit dem schwäbischen um deswillen bezweifelt werden wollte, weil ersteres sich „Kepner“ schrieb, so braucht doch dieser Gegengrund angesichts der schwankenden Namen-Rechtschreibung jener Zeiten nicht für gewichtig erachtet zu werden. Kepler’s Großvater Sebald dürfte der Sohn eines von Nürnberg nach Weil übergesiedelten Bürgers gewesen sein; er wurde regierender Bürgermeister des kleinen Gemeinwesens und betheiligte sich lebhaft an der Durchführung der Reformation in Weil der Stadt. Sebald’s vierter Sohn, Heinrich, trat schon mit kaum 21 Jahren in den Stand der Ehe, halb und halb gezwungen durch eine vielen schwäbischen Reichsstädten gemeinschaftliche Satzung, nach welcher ledige Bürgerssöhne kein selbständiges Gewerbe betreiben durften. Am 15. Mai 1571 führte er Katharina Guldenmann, die Tochter des Bürgermeisters in dem benachbarten Eltingen heim, und dieser Ehe entsproß Johannes K., der, als schwächliches Siebenmonatkind geboren, in den ersten Lebensjahren gerade der sorgsamsten Pflege bedurft hätte. Eine solche scheint ihm indeß nicht zu Theil geworden zu sein; die Ehe der Eltern war keine glückliche, die Mutter hochfahrend und wenig häuslich, der Vater unstet und jähzornig. Der kriegerische Sinn seiner Ahnen war auch ihm zum Erbtheile geworden, und da ihm die Heimath keinen Platz für seinen Thatendrang bot, so trat er als Söldner in die Dienste Herzog Alba’s. Und Katharina Keplerin, die am 12. Juni 1573 ihren zweiten Sohn Heinrich geboren und soeben erst einen heftigen Anfall der damals wüthenden Pest überstanden hatte, zog ihrem Gatten in den Krieg nach und führte mit ihm in Belgien ein wüstes Wanderleben, während ihre beiden Kleinen dem Schutze der Großeltern anvertraut blieben. Johannes erkrankte an den Blattern und, wenn auch die drohende Erblindung von ihm abgewendet werden konnte, so blieb sein Körper doch noch lange siechhaft und schwach. 1577 ward er, wie seine eigenhändigen Aufzeichnungen besagen „in ludum literarum germanicum“ geschickt, doch blieb er der Obhut des deutschen Schulmeisters in Weil nicht lange unterstellt. Vielmehr ging er anscheinend schon im folgenden Jahre an die lateinische Schule der nachbarlichen württembergischen Stadt Leonberg über, in welcher seine Eltern nach ihrer Rückkehr aus dem spanisch-niederländischen Kriege (1575) ihren Wohnsitz genommen hatten. Freilich nicht für lange, denn der unruhige Vater ließ sich schon bald nachher wieder zum Kriegsdienste anwerben, und als er zum zweiten Male heimgekehrt war, verlor er durch eine unvorsichtig übernommene Bürgschaft sein ganzes Vermögen und durfte sich glücklich schätzen, in dem badenschen Flecken Ellmendingen ein Wirthshaus pachten zu können. Diese ungünstigen Verhältnisse ließen auch den Schulbesuch nicht recht gedeihen, und erst 1579 konnte K. in die zweite Classe der Lateinschule eintreten, die er wiederum erst 1582 vollenden konnte, da er inzwischen immer von seinen Eltern zu häuslichen und ländlichen Arbeiten herangezogen ward. Am 17. Mai 1583 [605] bestand der noch nicht zwölfjährige Knabe das sogenannte „Landexamen“, von dessen Ausfall die Aufnahme in eine Klosterschule abhing, resp. noch heute abhängt. Kepler’s Eltern waren um diese Zeit bereits wieder nach Leonberg zurückgezogen, wo ihnen 1584 die von dem ältesten Bruder später so zärtlich geliebte Tochter Margaretha geboren ward.

Am 16. Octbr. 1584 sah sich K. in die sogenannte Grammatisten-Klosterschule zu Adelberg aufgenommen. Strenge, ganz den klösterlichen Traditionen entsprechend, war die Erziehung in diesen evangelischen Klosterschulen eingerichtet; schon um 4 Uhr im Sommer, um 5 Uhr im Winter begann das Psalliren, und auch die Kost war alles andere eher denn reichlich. Gelernt wurde eigentlich nur Lateinisch, denn das Griechische erstreckte sich höchstens bis zu Xenophon’s Kyropädie, und auch die Unterweisung in den sieben freien Künsten dürfte mehr blos einen dekorativen Charakter gehabt haben. Unter Magister Bernhard Sick’s Leitung machte K., der schon damals viel mit theologischen Speculationen sich abgab, tüchtige Fortschritte und erhielt am 6. Octbr. 1586 die Erlaubniß zum Vorrücken in die „mehrere“ Klosterschule zu Maulbronn, in welcher er bis zum Beziehen der Universität verbleiben sollte. Im October 1587 hatte er sich daselbst dem Schulgebrauch der „Deposition“ zu unterziehen. Zu lernen gab es hier genug: auf Rhetorik und Stylübung wurde durch Pflege der sonntäglichen Disputationen und eigener Aufsätze Gewicht gelegt, die Lectüre und Interpretation der heiligen Schrift ward im großen Umfange getrieben, daneben aber auch Arithmetik und sphärische Astronomie. Obwol ihn während dieser Maulbronner Periode ein hitziges Fieber abermals an den Rand des Grabes gebracht hatte, vermochte K. gleichwohl am 25. Septbr. 1588 der Baccalaureats-Prüfung in Tübingen mit Erfolg sich zu unterziehen, so daß er nunmehr sein drittes und letztes Studienjahr in der Klosterschule in respectirterer Stellung zurücklegen durfte. Gar Unerfreuliches hatte sich inzwischen zu Hause ereignet: der Bruder Heinrich hatte sich als ein Taugenichts erwiesen, und der Vater hatte wiederum die Heimath verlassen, um in dem zwischen den Spaniern und Portugiesen um die canarischen Inseln geführten Seekriege in der Stelle als Hauptmann eines Fähnleins auf ersterer Seite mitzukämpfen. Er kam zwar aus demselben glücklich zurück, allein auf der Heimreise ereilte ihn der Tod in der Nähe von Augsburg.

Am 17. Septbr. 1589 bezog K. die schwäbische Hochschule, deren „Stift“ sich dem unbemittelten Abiturienten eines württembergischen Seminars von selbst öffnete. Glänzend war das Leben eines „Stiftlers“ freilich nicht, denn außer vollständig freier Station war demselben lediglich eine herzogliche Jahresunterstützung von 6 fl. gesichert, allein aus diesen Stiftlern ist nichtsdestoweniger eine ganze Anzahl der berühmtesten Männer Deutschlands hervorgegangen. K. hatte das Glück, mit den Zinsen eines Kapitals von 400 fl. betheilt zu werden, welche der Magistrat seiner Vaterstadt als Ruoff’sches Stipendium zu vergeben hatte. Zwei Jahre lang mußte er Vorlesungen an der artistischen Facultät hören, an welcher Martin Crusius, der bekannte Gegner Frischlin’s, Erhard Cellius, Veit Müller, Michael Ziegler und der ausgezeichnete Orientalist Georg Weigenmaier seine Lehrer waren. Mathematik lehrte Maestlin, der, unlängst erst von seiner Pfarrei Backnang an die Universität Heidelberg und dann nach Tübingen berufen, besonders durch seine Beobachtung des neuen Sternes in der Cassiopeja den ersten Astronomen Deutschlands an die Seite gestellt werden durfte und 1588 ein für jene Zeit ausgezeichnetes Lehrbuch der Sternkunde herausgegeben hatte. Auch Philipp Apian, den kirchliche Intoleranz zweimal zur Resignation auf seine Professur gezwungen hatte, und der eben durch den orthodoxen Maestlin ersetzt worden war, lebte damals noch als Privatmann in Tübingen. [606] Mathematische Studien zu treiben, war dem jungen Studirenden sonach die beste Gelegenheit geboten, und aus seinem späteren Leben ersehen wir, daß er diese Gelegenheit nicht ungenützt ließ. Allein auch im Uebrigen war er ein eifriger Student, der an den dramatischen Aufführungen im Stifte lebhaften Antheil nahm und als zarter, bartloser junger Mensch besonders Frauenrollen mit Glück gab. Krankheit und ärgerliche Auftritte mit Studiengenossen trübten dieses arbeitsame Stillleben freilich mehr als einmal, im Ganzen jedoch scheint dasselbe ein glückliches gewesen zu sein. Die philosophische Magisterwürde ward am 11. August 1591 mit Glanz erworben, und K., dessen Talent und Fleiß eben erst der akademische Senat in einem Schreiben an den Weiler Magistrat feierlichst anerkannt hatte, ging jetzt zu den theologischen Studien über, die schon früher eine große Anziehungskraft auf ihn ausgeübt hatten. Zwei namhafte Professoren waren es, denen er sich besonders anschloß, der Polemiker Stephan Gerlach, der den Studenten gerne von seiner Missionsreise nach Konstantinopel erzählte, und der Exeget Mathias Hafenreffer, der selbst bekannte, von seinem jugendlichen Schüler in der Mathematik viel profitirt zu haben; von seinen mathematischen Kenntnissen legt denn, auch Kepler’s Zeugniß zu Folge, das Hauptwerk „Templum Ezechielis“ ein sprechendes Zeugniß ab. Trotzdem jedoch die theologischen Lehrer den Fleiß, die Auffassungsgabe und die Gemüthstiefe Kepler’s nicht verkannten, würden sie ihn zur Anstellung im württembergischen Kirchendienste schwerlich begutachtet haben, denn der junge Mann hatte die für jene Männer sehr anstößige Eigenschaft, in Glaubenssachen tolerant zu sein und aus dieser freieren Denkungsart auch gar kein Hehl zu machen.

Da fügte es sich, daß, nachdem K. gerade das dritte theologische Studienjahr zurückgelegt hatte, ein Ruf von außen an ihn gelangte. Georg Stadius, Landschaftsmathematikus des Kronlandes Steiermark und Professor am ständisch-protestantischen Gymnasium zu Graz, war gestorben, und die steyrischen Stände, die ihre Pfarrer und Lehrer von jeher gerne aus Schwaben bezogen hatten, wandten sich an den Tübinger Senat mit der Bitte, ihnen eine geeignete Persönlichkeit als Nachfolger des Verstorbenen zu bezeichnen. Man hatte in Württemberg gerade nichts dagegen, den freisinnigen Jüngling, dem man doch in allen anderen Beziehungen nur das Beste nachsagen konnte, in ehrenvoller Weise fort zu bekommen; man machte ihn mit den Wünschen der Grazer Herren bekannt, erwirkte die herzogliche Erlaubniß, und schon am 13. März 1594 sehen wir K., begleitet von einem Verwandten, an seinen neuen Bestimmungsort abgehen. Die Reise dauerte etwa vier Wochen. Der neue „Professor der Mathematik und Moral“ wurde von den Inspektoren des Gymnasiums, das damals in seiner neuen, von Chyträus herrührenden, Verfassung einer lebhaften Blüthe sich erfreute, sehr wohl aufgenommen; auch wurden ihm die Reisekosten zurück erstattet. Seinen ersten Lehrvortrag hielt K. den 24. Mai 1594. Neben der Mathematik, die bei den jungen Edelleuten, aus denen sich wesentlich das Schülerpersonal zusammensetzte, nicht durchweg Anklang gefunden zu haben scheint – die Inspectoren constatirten selbst, daß „Mathematicum Studium nicht Jedermanns Thun“ ist –, mußte er auch Rhetorik und Virgilius in den höheren Klassen übernehmen. Man war mit seiner Lehrthätigkeit wohl zufrieden und besserte seinen Gehalt auf, der die ganz respectable Höhe von 150 fl. erreichte. Dazu kam dann noch eine Gratification für die Herstellung des Landschaftskalenders, welche so ziemlich als die Hauptaufgabe des „Mathematicus“ betrachtet ward (s. d. Art. Lauterbach). Der Kalender mußte selbstverständlich sowohl meteorologische, als auch politische Prognostika enthalten, und es war deshalb gut, daß sich K. vollständig mit dem vertraut gemacht hatte, was nun einmal das Zeitalter unter astrologischer Wissenschaft verstand. Wir besitzen [607] fünf Kepler’sche Kalender (1595–99), die ältesten von ihm verfaßten Druckschriften. Dieselben verschafften ihm eine Art von Ruhm, auf die der Autor freilich nicht allzu stolz war; seine Prophezeiungen gingen gleich im ersten Jahre in Erfüllung. Obwol einer feineren astrologischen Mystik nicht ganz abhold, dachte K. doch von der landläufigen Sterndeuterei so gering, daß er seine eigenen Versuche darin „frivol“ nannte, und so verließ er sich denn auch in praxi weniger auf die Sterne selbst, als auf sein eigenes offenes Auge, mit welchem er die Natur und die Geschicke der Menschen beobachtete. Er sprach es somit als wahrscheinlich aus, daß der bevorstehende Winter ein strenger sein werde, daß wieder eine Türkengefahr bevorstehe, und daß in Oesterreich agrarische Unruhen zu befürchten ständen. All’ das ließ sich sagen, ohne daß man unter den obwaltenden Umständen auf ein besonderes Prophetentalent Anspruch zu machen brauchte, allein die Zeitgenossen waren doch sehr betroffen, als die vorausgesagten Ereignisse richtig eintrafen, und den Oberösterreichern insbesondere imponirte die Vorahnung betreffs des Bauernaufstandes derart, daß sie einen hohen Begriff von Kepler’s mathematischem Talente bekamen und sich mit ihm wegen einer Vermessung ihres Landes ins Benehmen setzten. Jedenfalls aber stieg der Ruf des jungen Mannes bedeutend, und sein astrologisches Geschick verschaffte ihm rascher einen geachteten Namen, als das geistvolle Werk, welches während seines Grazer Aufenthaltes das Licht der Welt erblickte. Von der festgewurzelten Ueberzeugung geleitet, daß einem tiefer eindringenden Auge das ganze Universum als ein nach den Regeln der Symmetrie und Harmonie ausgeführter Bau sich darstellen müsse, probirte K. eine Menge von Hypothesen durch, um dem Schaffen des göttlichen Geistes, wie er selbst sich ausdrückte, auf die Spur zu kommen. Am 9. Juli 1595 schien ihm der erste Fund gelungen zu sein, denn als er in der Klasse seinen Schülern die Conjunktionen Jupiters und Saturns graphisch erläuterte, kam ihm plötzlich der Gedanke, die regelmäßigen Vielecke möchten vielleicht bei der Abgrenzung der einzelnen Planetenbahnen gegen einander eine Rolle spielen. Diese erste Idee mußte zwar verworfen werden, allein der rastlose Mann ersetzte die ebenen Polygone nunmehr durch die regelmäßigen Polyeder der Stereometrie, und nun konnte die Construction des Planetensystems ins Werk gesetzt werden. Jede der fünf Planetenbahnen ward als größter Kreis einer Kugel angesehen, und wenn man um eine solche Kugel ein bestimmtes Polyeder, in sie hinein aber ein anderes Polyeder beschrieb, so ruhten die Ecken des erstgenannten auf einer weiter nach Außen gelegenen Planetenkugel, während die Seitenflächen des zweiten die zunächst nach Innen folgende Planetenfläche berührten. Besonders günstig mochte sich den für teleologische Erwägungen leicht zugänglichen Gelehrten jener Zeit der Umstand darbieten, daß nun die Fünfzahl der Planeten erklärt war, denn schon Euklides hatte ja bewiesen, daß mehr als fünf vollkommen regelmäßig gestaltete Vielflächner nicht existiren können. Um seine Entdeckung durch ein Modell in würdiger Weise zum Ausdruck zu bringen, dachte K. daran, einen Kredenzbecher anfertigen zu lassen, von dem er selbst eine ganz originelle Zeichnung entwarf. Allein der Herzog von Württemberg, der sich zuerst lebhaft für diesen Vorschlag seines so rasch berühmt gewordenen Landeskindes interessirt hatte, fand die Kosten der Ausführung nachher zu hoch, und an dem gleichen gewichtigen Hindernisse scheiterte anscheinend auch das zweite Project, ein bewegliches Planetarium nach dem neuen System herzustellen. Maestlin, der mit Rath und That seinen Lieblingsschüler unterstützte, wandte mit Recht ein, daß die Technik nicht vermögend sei, so äußerst fein verzahnte Triebräder zu verfertigen, wie sie K. für seinen Mechanismus nothwendig gebraucht hätte. – Trotz dieser kleinen Mißerfolge konnte Letzterer doch mit großer Genugthuung auf sein „Mysterium cosmographicum“ zurückblicken, das 1596 zu [608] Tübingen die Presse verließ und sofort nach seinem Erscheinen Tycho Brahe’s Kenner-Auge auf sich zog. Bemerkenswerth darf auch die Energie genannt werden, mit welcher der junge Anfänger für die copernicanische Reform eintrat, mit der ihn wol schon Maestlin’s Privatunterricht vertraut gemacht, die aber damals noch lange nicht die allgemeine Anerkennung sich erworben hatte.

In Graz dachte nunmehr auch K. daran, sich eine Familie zu gründen. Seine Wahl fiel auf Barbara Müller v. Mühleck, die trotz ihres jugendlichen Alters von 22 Jahren bereits zum zweiten Male Wittwe war. Die Familie Müller besaß das Freigut Mühleck in der Nähe der Landeshauptstadt; sie war zwar nicht von stiftsmäßigem Adel, allein man rechnete sie doch zu den adeligen Geschlechtern, und als der junge Landschaftsmathematicus seine Werbung begann, ward ihm von Seiten der Verwandten dessen bürgerliche Herkunft als ein Hemmniß entgegengehalten. Wie wir wissen, vermochte er diesen Grund durch den Hinweis auf seine Ahnen zu entkräften, und seine Erklärung ward auch angenommen, allein man erließ ihm nicht, aus seiner Heimath die den Adel der Kepler bekräftigenden Urkunden beizubringen, und da sich bei den damaligen Verkehrsverhältnissen zur Beschaffung dieser Zeugnisse kein anderer Weg darbot, so mußte eben eigens zu diesem Zwecke[WS 1] eine Reise nach dem fernen Württemberg angetreten werden. K. unternahm dieselbe und setzte sich in Besitz Alles dessen, was er für seine Absichten benöthigte, allein als er nach Ueberstehung vieler Mühsale wieder in Graz eingetroffen war, hatten seine Gegner, daran es ihm leider während keiner Phase seines Lebens gebrach, neue Hindernisse ausfindig zu machen gewußt, und erst am 9. Febr. 1597 konnte das feierliche Verlobungsfest, am 27. April endlich die Heirath stattfinden. Die Ehe, in welche Frau Barbara ihr fünfjähriges Stieftöchterchen Regina vom ersten Manne mitbrachte, ließ sich glücklich an; die „Schulverordneten“ bewilligten ihrem Professor an Stelle der seinem Vorgänger Stadius gewährten freien Wohnung einen Zuschuß von 50 fl., und so konnte das junge Paar in der fashionabelsten Straße der Stadt, gegenüber dem Landhause, eine ganz stattliche Wohnung beziehen. Ein Thurm, welcher das Dach dieses Hauses krönte und dem in seinen früheren Lebensjahren auch dem Beobachten eifrig ergebenen Himmelsforscher häufig als Sternwarte gedient haben mag, wird heute noch in Graz hie und da als „Keplerthurm“ bezeichnet.

Allein, wenn auch der innere Friede zunächst nichts zu wünschen übrig ließ, so war es mit der äußeren Lage der innerösterreichischen Protestanten um diese Zeit nichts weniger als günstig bestellt und K. konnte nicht umhin, den auf allen Gemüthern lastenden Druck auch an seinem Theile zu fühlen. In einem unterm 11. Juni 1598 an seinen Lehrer und Freund Maestlin gerichteten Briefe spricht er es aus, daß man die Rückkehr des Landesfürsten aus Italien „mit Zittern“ erwarte. Und zwar mit Recht. Denn Erzherzog Ferdinand, der soeben erst zu Loretto sich und sein Land der Gottesmutter verlobt hatte, begann gleich nach seinem Regierungsantritt die Gegenreformation mit der diesem harten Gemüthe eigenen Energie ins Werk zu setzen. Schon am 28. Septbr. 1599 zogen auf erhaltenen Ausweisungsbefehl sämmtliche Prediger und Lehrer evangelischen Bekenntnisses aus Graz fort, unter ihnen K., der sich eine vorläufige Zufluchtsstätte in Ungarn suchte. Merkwürdigerweise erhielt er schon nach Umlauf eines Monates die Genehmigung zur Rückkehr nach Graz, allein die Freude darüber ward ihm bald vergällt, als er die stillschweigend an die große Gunst geknüpften Bedingungen sich klar machen konnte. Der Jesuitenorden hatte bei der Rückberufung die Hand im Spiele. Der bairische Kanzler Herwart von Hohenburg, dem K. bei seinen chronologischen Forschungen hülfreich beigestanden hatte, legte ein Fürwort zu Gunsten seines Correspondenten ein, und der Orden selbst, der Talente, zumal mathematische, zu allen Zeiten zu schätzen und auszunützen [609] verstand, würde K. um so lieber im Lande gelassen haben, als man aus seiner freimüthigen Denk- und Redeweise den Schluß gezogen hatte, er möchte sich vielleicht zu einem Glaubenswechsel verleiten lassen. Darin irrte man nun freilich sehr, denn so tolerant K. gegen Andersgläubige war, ebenso unverbrüchlich hielt er selbst am Lutherthum fest, und so wie er demnach den wahren Kern der gegen ihn geübten Milde erkannt hatte, that er unverzüglich Schritte, um sich auswärts eine neue Stellung zu gründen. In der Heimath, an die er natürlich zunächst dachte, war allerdings nichts für ihn zu machen, da theologische Engherzigkeit ihm alle Pforten verschlossen hatte, allein auf einer anderen Seite eröffnete sich bald eine um so erfreulichere Aussicht. Wie schon bemerkt, hatte Tycho Brahe, der Vater der neueren praktischen Astronomie, das aufstrebende Genie gleich an dessen erster größerer litterarischer Leistung richtig erkannt und einen Briefwechsel mit K. angefangen. Als er durch seine Berufung in den Dienst des Kaisers Rudolph II. selbst wieder festen Fuß gefaßt hatte, lud er seinen jungen Freund gleich zu einem Besuche ein und letzterer reiste in Folge dessen im Februar 1600 wirklich nach Böhmen, wo er denn auch in dem Brahe eingeräumten Schlosse Benatek auf das Liebenswürdigste empfangen wurde. Am 5. Februar ward bereits ein Plan für das künftige Zusammenarbeiten des um Tycho versammelten wissenschaftlichen Stabes entworfen: der junge Georg Brahe sollte das chemische Laboratorium leiten, Christian Longberg, genannt Longomontanus, war zur systematischen Beobachtung des Mondes, Tengnagel zur Beobachtung der Venus, Kepler endlich zu jener des Mars ausersehen. Freilich kam es schon in Benatek zu einzelnen Mißhelligkeiten zwischen K. und dem selbstbewußten dänischen Aristokraten, doch scheint dazu des letzteren Schwiegersohn Tengnagel das Meiste beigetragen zu haben. Jedenfalls kehrte K. schon am 6. April in heftigem Unmuth nach Prag zurück, wo sein Gönner, Baron Hofmann, ihn empfing; derselbe zeigte sich jedoch wenig erfreut und veranlaßte seinen Schützling, dessen sanguinisches Temperament – er selbst nennt sich mit ziemlichem Unrecht cholerisch – ihm einen Strich durch seine wohlerwogene Rechnung gemacht hatte, einen Entschuldigungsbrief an Tycho zu richten. Derselbe ward gerne angenommen, und als K. im Juni 1600 zur Ordnung seiner Angelegenheiten nach Graz zurückkehrte, hatte er ein Empfehlungsschreiben des berühmten Astronomen in der Tasche, wie er es nicht schmeichelhafter wünschen konnte. Und es war gut, daß seine Zukunft gesichert war, denn die Grazer Stelle war ihm inzwischen gekündigt worden, und da am 29. August ein Brief von Tycho einlief, der ihn aufforderte, sofort nach Prag zu kommen, so verpachtete er das Besitzthum seiner Frau, erhob seine letzte Besoldung und traf, nachdem er sein Gepäck in Linz zurückgelassen hatte, in den ersten Tagen des October in der böhmischen Landeshauptstadt ein. Weib und Kind begleiteten ihn. Unter dem letzteren ist blos die Stieftochter Regina zu verstehen, denn ein Sohn und eine Tochter, welche K. 1598 und 1599 erhalten hatte, waren schon vor dem Wegzuge in Graz gestorben.

In Prag nahm die Kepler’sche Familie, bis in Tycho’s Behausung der nöthige Raum beschafft war, ihren Wohnsitz bei dem gütigen Baron Hofmann, der auch jetzt mit Rath und werkthätiger Hülfe zur Hand sein mußte. Das Anstellungsdekret Kepler’s blieb lange unerledigt im kaiserlichen Kabinette liegen, und so fehlte es an einer sicheren Bezahlung, die Tycho’s gelegentliche Spenden nur ungenügend zu ersetzen vermochten. K. sondirte deshalb an verschiedenen Universitäten, ob sich an denselben nicht ein Plätzchen für ihn ausmitteln ließe, allein vergebens, und so mußte er es sich denn schon in seiner unbefriedigenden Prager Stellung gefallen lassen. Daß und warum diese an großen Uebelständen [610] litt, erhellt aus den verschiedensten Anzeigen, doch fielen dabei wesentlich zwei sehr heterogene Umstände ins Gewicht. Zum ersten nämlich lehrt ein Brief der Frau Barbara Keplerin an ihren in Erbschaftssachen nach Graz gereisten Gemahl (vom 31. Mai 1601), daß die Damen der Brahe’schen und der Kepler’schen Familie auf das Allerschlechteste mit einander auskamen, und daß von diesem Streite der Frauen auch die Beziehungen der Männer nicht ganz unberührt blieben, kann nicht Wunder nehmen. Dann aber konnte es für eine so durch und durch selbständige und feinsinnige Natur, wie sie K. eignete, nicht ganz angenehm sein, im Dienste eines freilich hochverdienten aber kränklichen und eigensinnigen Gelehrten zu stehen, der seinen wissenschaftlichen Hülfsarbeitern eine gebundene Marschroute vorzuzeichnen und so eine Glorificirung des nach ihm benannten Weltsystems zu erzielen gedachte. Allein dieses Bedenken ward bald durch eine schwere Schicksalsfügung beseitigt. Gerade als K., den ein Wechselfieber aufs Krankenlager geworfen hatte, sich wieder zu erholen begann und nun, mit Tycho vereint, daran gehen wollte, einen Platz für das neu zu begründende Observatorium ausfindig zu machen, starb Letzterer am 24. Octbr. 1601 eines jähen Todes. Der Kaiser kaufte die reichhaltige von ihm nachgelassene Sammlung astronomischer Instrumente um einen hohen Preis an und sah sich nunmehr nach dem Manne um, der als der Geeignetste zum Antritt dieser Erbschaft erfunden werden konnte. Schon zwei Tage nach Brahe’s Tode erhielt K. durch den Hofrath Barvitius die Mittheilung, er würde auf ein schriftliches Gesuch hin den jetzt vacanten Posten eines kaiserlichen Hofmathematikers erhalten. Derselbe wurde ihm denn auch zu Theil. Sein Gehalt wurde ihm zwar nicht mit der heutzutage in solchen Dingen üblichen Pünktlichkeit ausgefolgt, allein im Ganzen vermochte er doch das, was ihm zukam, auch sich zu erringen, und von einer eigentlichen Geldnoth kann während dieser Periode nicht die Rede sein. Den Nachlaß Tycho’s begann er sofort gründlich für seine hohen Ziele auszunützen, und wenn auch Tengnagel’s Mißgunst es 1602 so weit brachte, daß die Manuscripte und Werkzeuge der Aufsicht Kepler’s entzogen und mit Beschlag belegt wurden, so siegte die gerechte Sache doch um so eher, als sich Tengnagel ganz unbrauchbar erwies, die würdige Rolle des Mandatars seines Schwiegervaters zu spielen. Als K. den Auftrag erhielt, sich darüber auszuweisen, was er denn mit den zu seiner Verfügung gestellten Hülfsmitteln zu leisten gedenke, erwiederte er ruhig, er werde ein optisches Werk, wie auch ein zweites über die Bewegung des Planeten Mars veröffentlichen. Die Ausfertigung der rudolphinischen Tafeln freilich ward an Tengnagel übertragen, allein derselbe kam in seiner Arbeit nicht recht vorwärts, mischte sich in politische Händel und verlor endlich seine Aufgabe so gänzlich aus den Augen, daß dieselbe wohl oder übel in Kepler’s Hände gelegt werden mußte. Die Arbeitslast, die so dem Letzteren aufgebürdet ward, war freilich eine enorme, auch eignete sich das unruhige Prag nicht recht zum stillen Studium, und die Gesundheit Kepler’s wie seiner Gattin war nicht immer die beste, allein dem ungeachtet muß die Prager Zeit als der Sommer in dem Erdenwallen des großen Mannes angesehen werden. Am 2. Juli 1602 ward ihm eine Tochter Susanna („pulcherrima filiola“), am 3. Decbr. 1604 ein Sohn Friedrich, am 21. Decbr. 1607 endlich jener Sohn Ludwig geboren, der den Vater überlebte und einen Theil seines litterarischen Nachlasses publicirte. Die Schaffensfreudigkeit Kepler’s entsprach seiner im Allgemeinen glücklichen Lebenslage. Im Herbste 1604 erschienen die „Silvae chronologicae“, im J. 1605 die „Betrachtungen über den neuen Stern im Ophiuchus“, im J. 1607 entstand die populäre, deutsch geschriebene Schrift über den in diesem Jahre erschienenen Kometen und zwei Jahre später endlich die „Astronomia nova“, die Quintessenz zwanzigjährigen Nachdenkens und Forschens. Bald darauf hatte K. Gelegenheit, seinem Freunde und Mitstreiter [611] Galilei, mit welchem er schon seit geraumer Zeit einen regen Briefwechsel unterhielt, dadurch einen wichtigen Dienst zu leisten, daß er denselben gegen den böhmischen Mediciner Horky in Schutz nahm, der eine Schmähschrift gegen den berühmten Italiener und dessen „angebliche“ Entdeckungen am Sternenhimmel vom Stapel gelassen hatte.

Nun aber traf, im J. 1611, eine ganze Reihe schwerer Schläge die Kepler’sche Familie. Am 19. Februar verstarb der ältere Sohn, am 3. Juli die Gattin selbst, während auch die anderen Kinder von den Blattern befallen waren. Zudem fiel gerade in diese trübe Zeit der Aufstand gegen Kaiser Rudolph, der zur Niederlegung des Scepters gezwungen ward. Ein Glück war es noch zu nennen, daß der neue Kaiser Matthias wenigstens die Bestallung seines Hofmathematicus erneuerte und ihm zur Vollendung seiner gelehrten Arbeiten in das ruhigere Linz überzusiedeln gestattete. Dieß ging nicht so rasch, als K. wollte, weil Rudolph, der im Verkehre mit Gelehrten die einzige Erhellung seines freudelosen Daseins fand, nunmehr ältere Rechte geltend machte. Da aber am 20. Januar 1612 der entthronte Kaiser aus dem Leben schied, so eilte jetzt K. um so mehr, Prag zu verlassen, und siedelte im April dieses Jahres mit seinen zwei Kindern – Regina Lorentz hatte schon 1608 den bairischen Arzt Ehem geehelicht – in die Hauptstadt Oberösterreichs über, nachdem er noch zuvor seine „Dioptrik“ in die Druckerei nach Augsburg gesandt hatte. Wegen rückständiger Gehaltsabzüge, wol auch in der Hoffnung, eine ihm schon halb und halb zugesicherte Professur an der Hochschule zu erhalten, kam er wohl noch das eine und andere Mal nach Prag zurück, allein im Ganzen war ihm die Stadt verleidet, in welcher er den Zusammenbruch seines häuslichen Glückes hatte erleben müssen. Der Geschichtschreiber freilich ehrt in ihr den Ort, der die schönsten Proben des Kepler’schen Genius entstehen sah, und es wird auch die Vermuthung nicht abzuweisen sein, daß der Verkehr mit den zahlreich dort lebenden Männern der Wissenschaft, unter denen wir nur den Astronomen Bachaček, den durch seine mechanischen Schriften verdienten Leibarzt Marek (Marcus Marci) und den in allen Sätteln gerechten Hofuhrmacher Justus Bürgi nennen wollen, anregend und befruchtend auf den für äußere Eindrücke sehr empfänglichen Geist Kepler’s gewirkt habe. Noch ist zu erwähnen, daß sich derselbe, um seinen verwaisten Kindern eine neue Mutter zu geben, am 30. Octbr. 1611 mit Susanna Reutinger von Efferding vermählte.

Wir kehren zu unserem Helden zurück, der nun also mit 400 fl. jährlich in Linz an den rudolphinischen Tafeln arbeitete, daneben aber auch, um vor Nahrungssorgen geschützt zu sein, an der Landschaftsschule Mathematik zu lehren und im Interesse der Katastrirung eine neue „Landmappe“ des Kronlandes anfertigen genöthigt war. Dieser letztere Auftrag war ihm, wie wir uns erinnern, schon weit früher von den oberösterreichischen Ständen zugedacht gewesen. Wie immer, griff er auch dieses neue Werk mit Eifer an und machte an vielen Orten der Provinz astronomische Beobachtungen zur Bestimmung der geographischen Constanten; da aber das Reisen seine Kräfte zu sehr in Anspruch nahm und der viel wichtigeren Berechnungsarbeit zu viele Zeit entzog, so hatte die vorgesetzte Behörde den Takt, K. die Landesvermessung abzunehmen und mit ihr den Ingenieur Abraham Holzwurm zu betrauen. Allein auch abgesehen von der Vielzahl seiner Geschäfte konnte K. in Linz nicht recht zur Ruhe kommen. Die aufständischen Bauern hielten die Stadt mit einer langwierigen Blockirung umschlossen, während man das stets hülfsbereite Talent des gewandten Mannes bei fortifikatorischen Anlagen zu verwerthen verstand, und als sich die Kriegsgefahr wieder verzogen hatte, traf den pietätsvollen Sohn die Schreckensbotschaft, daß Seitens des der Familie von jeher feindlich gesinnten Obervogtes[1] von Leonberg, [612] eines gewissen Martin Luther[2], gegen seine betagte Mutter Katharina ein Hexenprozeß angestrengt worden sei. Im Sommer 1620 reiste er in dieser Angelegenheit selbst in die Heimath, und setzte, obwohl ihm persönliche Anfeindungen und selbst Gefährdungen dabei nicht erspart blieben, vermöge seiner überzeugenden Beredtsamkeit es durch, daß seine Mutter der bereits über sie verhängten Tortur nicht unterzogen, ja daß sogar die gerichtliche Prozedur selbst eingestellt wurde – „eine That“, wie Frisch in der Vorrede zu seiner Herausgabe der Kepler’schen Werke sagt, „welche nicht geringer zu achten ist, als die wissenschaftlichen Leistungen, welche wir ihm verdanken“. Und als er von dieser langwierigen Reise nach Linz zurückgekehrt war, gab es wieder andere Hindernisse zu beseitigen. Die kaiserlichen Hülfsgelder flossen der Kriegsläufte halber so spärlich und schleppend, daß der häufig bedrängte Familienvater, um nur sich und die Seinen ehrlich durchs Leben zu bringen, litterarische Produkte niedrigster Art, „nichtswürdige Kalender und Prognostika“, unter seinem Namen ausgehen zu lassen sich gezwungen sah. Weit schlimmer aber spielten ihm die religiösen Wirren mit, von denen er während seiner Prager Zeit wenig oder gar keine Notiz zu nehmen gebraucht hatte. So lange der Protestantismus in Oesterreich noch geduldet war, hatten die Lutheraner ihr Vorrecht in der denkbar schroffsten Weise ausgeübt, und K. selbst war von seinem Landsmann, dem nach Linz berufenen Magister Hitzler, die Zulassung zum Abendmahl verweigert worden, weil er im Geruche des Kryptocalvinismus stand. Nun aber wurden die Verfolgungssüchtigen selbst wieder von den katholischen Priestern verfolgt und ausgetrieben, und wenn auch an den kaiserlichen Mathematicus selbst Niemand direct heranzutreten wagte, so begannen doch wieder die Jesuiten ihn mit Bekehrungsversuchen zu belästigen, und seine Einsamkeit ward ihm endlich so zuwider, daß er mit kaiserlicher Erlaubniß im J. 1626 seine Frau und Kinder nach Regensburg brachte, selbst aber nach Ulm weiter zog, um daselbst die Herausgabe seines Tafelwerkes in Ruhe überwachen zu können. Im folgenden Jahre konnten denn auch die von allen Verehrern der Sternkunde sehnlich erwarteten „Tabulae Rudolphinae“ dem Publikum übergeben werden.

Die drängenden Aufgaben waren somit sämmtlich gelöst, und Dem, der sie gelöst hatte, wäre die so nothwendige Ruhezeit nunmehr zu gönnen gewesen. Unthätigkeit freilich kannte er nicht, wol aber gedachte er jetzt in stiller Muße ein fundamentales Handbuch der gesammten Astronomie, gewissermaßen eine dem Standpunkt der neuesten Zeit Rechnung tragende zweite Auflage des ptolemäischen Almagestes, auszuarbeiten. Leider sollte es nicht dazu kommen. Denn die kaiserliche Hofkammer erwies sich in Ausbezahlung des Gehaltes so überaus schwierig, daß schließlich die Rückstände die Höhe von 12 000 fl. erreicht hatten; andere Hülfsquellen aber konnte sich K. wenigstens durchaus nicht im erforderlichen Maße eröffnen. Um sich nun von dem lästigen, wenn auch noch so berechtigten, Dränger zu befreien, verfiel man in Wien auf den Gedanken, Kepler’s Schuld durch eine Art von Tauschvertrag an Albrecht v. Waldstein, den Herzog von Friedland, zu übertragen, der sich soeben in Sagan, der Hauptstadt seiner böhmisch-schlesischen Herrschaft, eine wahrhaft fürstliche Residenz geschaffen hatte. Zudem war ihm jetzt auch das Herzogthum Mecklenburg zugefallen, und dessen Einkünfte hätten nach der Speculation des Hofes die Kepler’sche Schuld decken sollen. Man mochte dabei auch an die bekannte Hinneigung des großen Kriegsfürsten zu astrologischen Studien denken, die ihm die Nähe eines so hervorragenden Fachgelehrten erwünscht machen mußte. In der That ging Waldstein auf den ihm gemachten Vorschlag ein und forderte K. auf, zu ihm nach Sagan zu kommen. Jener, der sich damals in ziemlich gedrückter Lage zu Regensburg aufhielt, mußte wohl oder übel dem Wunsche seines neuen Brodherrn nachkommen und trat im [613] J. 1628 die Reise nach Schlesien an. Dieselbe in währender Kriegszeit zu bewerkstelligen, war keine leichte Sache, denn auch die Familie, welche er jetzt wieder mitnahm, hatte sich inzwischen beträchtlich vermehrt. Seine zweite Gattin schenkte ihm nämlich am 7. Januar 1615 eine Tochter[WS 2] Margaretha Regina, am 31. August 1616 eine zweite Tochter, deren Namen anscheinend nicht bekannt ist, am 18. Januar 1619 einen Sohn Sebald, am 22. Januar 1621 (zu Regensburg) eine Tochter Cordula, am 14. Januar 1623 (zu Linz) einen Sohn Friedmar und endlich am 6. April 1625 (wiederum zu Linz) einen Sohn Hildebert. Da die beiden ersten Mädchen aus zweiter Ehe bald wieder starben, von der ersten Gattin aber auch noch zwei Kinder übrig waren, so zählte beim Umzuge nach Sagan, ihn selbst mit eingerechnet, die Kepler’sche Familie acht Köpfe. Eine Tochter, Anna Maria, ward noch am 30. Novbr. 1630 in Niederschlesien geboren.

Zuerst ließ sich der Aufenthalt daselbst ganz gut an, denn der Herzog sorgte für die Anlegung einer eigenen Druckerei und stellte seinem Astronomen in der Person des jungen Jakob Bartsch einen Gehülfen zur Seite, der ihm bei der Berechnung seiner Ephemeriden an die Hand gehen sollte. Mit der Auszahlung des Salariums dagegen beeilte er sich nicht, vielleicht deshalb, weil sein Hofastrolog Seni in seine Gedanken besser eingehen konnte, als der ehrliche und der Astrologie nur halb und halb ergebene K. Um sich deshalb den letzteren auf gute Art vom Halse zu schaffen, ließ ihn Wallenstein durch Dr. Thomas Lindemann, den Rector seiner neuen Landesuniversität Rostock, dorthin als Professor der Mathematik berufen, K. aber weigerte sich, Folge zu leisten, wenn ihm nicht der Herzog die ausdrückliche Erlaubniß des Kaisers erwirken und ihm endlich definitiv seinen Gehaltsrückstand auszahlen wolle. Darauf aber wollte dieser sich nicht einlassen, und so verzichtete denn auch K. auf die mecklenburgische Stelle.

Allein auch in Sagan hielt es der vielgeprüfte und tiefgekränkte Mann nicht länger aus. Da gerade zu Regensburg eine Reichstagssitzung im Gange war, so beschloß er dorthin zu reisen und der höchsten Vertretung des deutschen Reiches seine berechtigten Ansprüche vorzulegen. Im Spätherbst 1630 trat er zu Pferde die weite Reise an, die ihn auch über Leipzig anscheinend glücklich an seinen Bestimmungsort brachte. Damit aber war auch sein Geschick erfüllt. Die Anstrengungen der Reise machten sich mit aller Macht geltend, Katarrh und Fieber stellten sich ein, und Lorenz Eichstadius behauptet geradezu, das viele Reiten habe dem ohnehin zartgebauten Manne eine Gehirnerschütterung zugezogen. Um die Mittagsstunde des 5. November (alten Stiles) verschied er ruhig und gottergeben im noch nicht ganz vollendeten 59. Lebensjahre. Seine Hinterlassenschaft, die gleich nach seinem Tode von einem Regensburger Notar genau inventirt ward, erwies sich durchaus nicht als eine geringfügige, und wenn deshalb A. G. Kaestner von K. singt: „er wußte nur die Geister zu vergnügen, drum ließen ihn die Körper ohne Brot“, so ist diese Behauptung gewiß nicht wörtlich zu nehmen. So manche Verlegenheit drückte ab und zu den Genius des großen Mannes zur Erde nieder, aber Hungersnöthe durchzumachen, blieb ihm erspart.

Die Tochter Susanna hatte kurz vor des Vaters Tode den Amanuensis Bartsch geheirathet, der bald darauf Professor in Straßburg wurde, aber schon 1633 der Pest erlag. Der Sohn Ludwig studirte zu Padua die Heilkunde und ließ sich dann als praktischer Arzt zu Königsberg i. Pr. nieder, wo er 1663 starb. Er nahm auch seine Stiefmutter und Geschwister zu sich, die sämmtlich noch in ziemlich jungen Jahren mit Tode abgingen. Ludwig Kepler ehrte das [614] Andenken seines Vaters dadurch, daß er den in dessen Manuscripten aufgefundenen „astronomischen Traum“ zum Drucke beförderte.

Die Ruhestätte Kepler’s ist zu suchen auf dem Kirchhofe Weih-St. Peter unweit des jetzigen Centralbahnhofes von Regensburg. In den Anlagen dieser Stadt befindet sich das kleine Monument, welches Karl von Dalberg im Jahre 1808 dem Verewigten setzen ließ. Beträchtlich großartiger ist das imposante, nach dem einzig vorhandenen authentischen Kepler-Porträt gearbeitete Standbild, welches seit 1870 auf dem Marktplatze von Weil der Stadt sich erhebt, modellirt von Professor Kreling in Nürnberg, gegossen ebendaselbst in der berühmten Burgschmiet’schen Werkstätte. Noch ungleich großartiger aber ist endlich das Ehrendenkmal, das Professor Christian Frisch in Stuttgart seinem berühmten Landsmann durch die Herausgabe sämmtlicher Kepler-Schriften in 8 starken Bänden (Frankfurt 1858–71) errichtete, – ein Prachtwerk, wie kaum ein zweites in der Litteratur der exakten Wissenschaften anzutreffen sein dürfte. –

Wir gelangen nunmehr zur eingehenden Schilderung der Verdienste, welche K. auf den verschiedensten Gebieten wissenschaftlicher Forschung in so überaus reichem Maße sich erworben hat. War er doch zugleich Mathematiker, Physiker und Naturphilosoph von ungewöhnlichem Tiefsinn und endlich ein Astronom, dessen Name vollkommen gleichberechtigt neben dem eines Copernicus und Newton steht. Es sei versucht, aus der fast erdrückenden Fülle von Neuerungen, die den Fachmann an K. gemahnen, das Bemerkenswertheste herauszuheben.

In der reinen Mathematik sind es vornämlich drei Leistungen, die man als solche vom ersten Range bezeichnen darf: die Vervollkommnung des Rechnens mit unendlich kleinen Größen, die selbständige Erfindung der Logarithmen und die Erweiterung des altgriechischen Begriffes regulärer Körper. Sich mit der ersteren Frage zu beschäftigen, ward K. durch einen Auftrag der oberösterreichischen Stände veranlaßt, welcher dahin ging, den üblichen schlechten Regeln zur Inhaltsbestimmung der Fässer bessere Vorschriften zu substituiren. Gründlich wie immer, begnügte er sich nicht damit, den Gegenstand nur im Interesse der praktischen Anwendung zu behandeln, vielmehr versenkte er sich in ein tiefes theoretisches Studium des Problems der Kubirung solcher Körper, deren Oberfläche nach einem bestimmten geometrischen Gesetze gebildet ist. Zwei selbständige Monographien enthalten die Resultate seiner Forschungen, die lateinisch geschriebene „Stereometria doliorum“, die 1615, und der „Auszug aus der uralten Messekunst Archimedis“, der 1616 zu Linz erschien. K. bringt in diesen Schriften ganz offen und unverhüllt den Gedanken zum Ausdruck, daß krumme Linien aus geraden Elementarsehnen, krummlinig begrenzte Flächen aus geradlinigen Elementartrapezen zusammengesetzt seien etc., einen Gedanken also, der für damals zwar eine scheinbare Verschlechterung der antiken Exhaustionsmethode darstellte, der aber doch den Keim unserer modernen Integralrechnung in sich barg und nach Guldin’s Angabe für Cavalieri den ersten Anstoß zur Ausarbeitung seiner „Geometria indivisibilium“ bot. Jener Beweis z. B., der heute noch in allen Lehrbüchern für die Geradestreckung des Kreises vorgetragen wird, der aber von dem Verfahren des Archimedes aufs Erheblichste abweicht, rührt von K. her. Die Quadratur der Hyperbel, welche allerdings erst fünfzig Jahre später in streng mathematischer Form gegeben ward, suchte K. wenigstens näherungsweise zu ermöglichen. Alle diese Untersuchungen hatten jedoch blos den Zweck, als Vorbereitungen zu dienen für die Behandlung der von ihm gestellten überaus allgemeinen Frage: Welchen Inhalt besitzen diejenigen Rotationskörper, die durch Umdrehung von Bögen irgendwelcher Kegelschnitte um eine beliebig in derselben Ebene gelegene Axe entstehen? Da die wissenschaftliche Terminologie zur correcten Bezeichnung der mannigfaltigen auf diese Weise erhaltenen Körperformen [615] nicht ausreichen wollte, so half sich K. durch neue Wörter, welche er keck mit Hinweis auf die Gestalt gewisser Früchte bildete. Da gab es eine Kuttenrunde, eine Birnenrunde, eine Zirbelnußrunde, eine Tannzapfenrunde, eine Kürbisrunde, eine Judenkirschenrunde u. dgl. m. Daß nun für jedes derartige Raumgebilde die Aufgabe der Inhaltsbestimmung von K. endgültig gelöst worden wäre, davon kann selbstverständlich keine Rede sein; dazu fehlte ja noch die allgemein anwendbare Methode. Wohl aber gelang es dem Genie, in einzelnen Fällen diese Methode durch specielle Kunstgriffe zu ersetzen, und auch gewisse umfassende Principien, von welchen heutzutage unsere Infinitesimalanalysis Gebrauch macht, treten uns hier in ihren Anfängen entgegen. So hat K. ganz richtig bemerkt, daß in der Umgebung eines größten oder kleinsten Werthes die Aenderungsgeschwindigkeit einer Funktion den Werth Null erhält, und auf diese Wahrnehmung begründete er eine Verfahrungsweise zur Auffindung solcher Maxima und Minima, welche sich der Idee nach völlig mit jener deckt, die wir gegenwärtig der Differentialrechnung entnehmen.

Die Logarithmen sind bekanntlich eine schottische Erfindung; Lord Napier of Merchiston hatte dieselben zuerst in einem 1614 zu Edinburgh erschienenen Werke bekannt gemacht. Allein es dauerte lange, bis sich dieselben bei den Mathematikern einigermaßen einbürgerten, indem Napier’s Herleitung, wenn auch geistvoll, so doch verwickelt und ziemlich fremdartig war, und auch die praktische Anwendung des neuen Calculs zunächst sehr in den Hintergrund trat. Freilich war noch vor dem britischen Edelmann der Schweizer Bürgi, dessen Verkehr mit K. uns bereits bekannt ist, auf den Begriff der Logarithmen gekommen, allein in die Oeffentlichkeit war davon nichts gedrungen. Jedenfalls fehlte es noch an der richtigen elementaren Theorie der logarithmischen Rechnung und an einer zweckmäßigen Verwendung derselben für astronomische Zwecke. Hier nun trat K. helfend ein. Im J. 1624 erschien zu Marburg seine „Chilias logarithmorum“ mit einer Zueignung an den Landgrafen Philipp von Hessen; in dieser Schrift erläuterte er, wie eine gewöhnliche Logarithmentafel auch für trigonometrische Berechnungen nutzbar gemacht werden könne, und setzte das Operiren mit Proportionaltheilen auseinander. Da Henry Brigg’s „Arithmetica logarithmica“, in welcher zum ersten Male das bequeme dekadische Logarithmensystem eine Rolle spielt, im gleichen Jahre 1624 erschien, so kann man wohl das Verdienst, das wundervollste abkürzende Rechnungsverfahren dem Studirzimmer entzogen und dem allgemeinen Gebrauche dienstbar gemacht zu haben, zwischen dem englischen und dem deutschen Gelehrten gleich vertheilen. K. würde, wie er selbst gesteht, sich ohne dieses Hülfsmittel nicht durch das Ziffernmeer der rudolphinischen Tafeln hindurchgearbeitet haben, und so finden wir es begreiflich, daß er die Logarithmen seinem väterlichen Freunde Maestlin enthusiastisch anpries, während dieser in seinem hohen Alter nichts mehr mit der mysteriösen Neuerung zu thun haben wollte. Auch bereitete K. in Sagan die Herausgabe einer eigenen Logarithmentafel vor, und da sowohl er selbst, als auch sein Assistent und Schwiegersohn Bartsch während der Bearbeitung starben, so gab Professor Eisenschmid in Straßburg dieselben heraus unter dem Titel: „Johannis Kepleri et Jacobi Bartschii tabulae manuales logarithmicae ad calculum astronomicum in specie tabb. Rudolph. compendiose tractandum mire utiles“.

Als scharfsinniger Geometer endlich bewährte sich K. besonders auch in seinen stereometrischen Forschungen. Man weiß, daß Archimedes den Versuch gemacht hat, die traditionellen fünf regelmäßigen Polyëder der pythagoräischen Schule als Glieder einer umfassenderen Gruppe nachzuweisen, und daß diesem Versuche die nach dem berühmten Syrakusaner benannten Raumgebilde entsprangen, [616] welche jedoch nur als „halbregulär“ bezeichnet werden dürfen. Diesen Körpern nun widmet K. in der „Harmonice mundi“ ein tief eindringendes Studium, geräth aber dabei zugleich auf zwei neue Polyëder, welchen der Beiname regulär mit demselben Rechte beigelegt werden kann, wie ihren älteren Genossen, sobald man nur den euklidischen Körperbegriff auf Körper mit sich selbst durchsetzender Begrenzung ausgedehnt hat. Poinsot hat später gezeigt, daß es vier solche „Sternpolyëder“ giebt, allein seine Forschungsmethode war eine zahlentheoretische, welche, richtig gehandhabt, die wahre Sachlage mit Nothwendigkeit an den Tag bringen mußte. K. dagegen hat, lediglich von seinem eminenten Anschauungsvermögen geleitet, bereits 200 Jahre vorher jene beiden Specialitäten der sternförmigen Polyëder entdeckt, welche nach Wiener den Namen des zwölfeckigen und zwanzigeckigen Sternzwölfflachs zu führen haben.

Wollten wir alle die Einzelheiten aufführen, welche in den sämmtlichen Werken Kepler’s die Aufmerksamkeit des mathematischen Historikers auf sich ziehen müssen, wir würden Bogen damit füllen können. Zwei Punkte aber erscheinen uns, ihrer isolirten Stellung unerachtet, wichtig genug, um noch einen Augenblick bei ihnen zu verweilen. Das 27. Theorem der „Stereometria doliorum“ (Werke, 5. Bd., S. 598) zeigt, wie in einem gewissen Falle eine Curve aus Bedingungen, denen ihre Tangenten genügen sollen, construirt werden kann. In diesem, zuerst von M. Cantor in seiner Eigenart erkannten, Satze erblicken wir noch vor De Baune, der gewöhnlich als der Urheber des „umgekehrten Tangentenproblems“ genannt wird, einen Anklang an jene Gattung von Problemen, welche, modern gesprochen, die Auflösung einer Differentialgleichung erheischen. Ebenso verdient die Thatsache bemerkt zu werden, daß das „Kepler’sche Problem“, einen Halbkreis von einem willkürlichen Punkte des Durchmessers aus nach einem gegebenen Verhältnisse zu theilen, zur Aufstellung der ersten in der Geschichte vorkommenden transscendenten Gleichung (a sin φ + b φ = c) geführt hat. Der Problemsteller sah auch sofort ein, daß „propter arcus et sinus heterogeneiam“ eine entwickelte Auflösung dieser Gleichung zu erbringen unmöglich sei, und wenn er deshalb doch in seiner gewohnten schalkhaften Weise, nachdem er seine approximative Lösung mitgetheilt, ausspricht, Derjenige, der die definitive Lösung gäbe, der werde ihm ein „Apollonius magnus“ sein, so hat er wol recht gut gewußt, daß dieser Heros der Zukunft ewig auf sich warten lassen werde. –

Der Schwerpunkt von Kepler’s physikalischer Thätigkeit fällt in die Lehre vom Lichte, welcher die „Paralipomena ad Vitellionem“ (Frankfurt 1604) und die „Dioptrice“ (Augsburg 1611) angehören. Diese letztere Wissenschaft begründet zu haben, ist recht eigentlich das Verdienst Kepler’s. Unendliche Mühe setzte er daran, das Gesetz für die Brechung der aus einem Mittel in ein anderes übergehenden Lichtstrahlen aufzufinden, und die Apparate, deren er sich zu diesem Behufe bediente, waren so richtig ausgedacht und construirt, daß Poggendorff es geradezu für ein Wunder erklärt, wie unter so günstigen Umständen die Entdeckung des wahren Gesetzes ausbleiben konnte, die dann bekanntlich kurze Zeit nachher dem Holländer Snellius gelang. Immerhin glückte auch K. die Aufstellung einer Näherungsformel, die für die kleinen Winkel, auf welche es in erster Linie ankam, ziemlich genügen konnte. Gestützt auf diese Vorarbeiten konnte K. nunmehr eine Reihe wichtiger die Lichtbrechung betreffender Thatsachen feststellen; er berichtigte die Annahme Tycho’s, daß die astronomische Refraction irgendwie mit der Entfernung des betreffenden Himmelskörpers in Beziehung stehe, und entwickelte zuerst eine Theorie des Fernrohrs, indem er mathematisch den Punkt der Axe bestimmte, in welchem die Strahlen nach ihrem Durchgange durch eine Glaslinse wieder zusammenkommen müssen. Dieses Resultat [617] gab einer Anzahl neuer Fernrohrsysteme das Leben, von denen eines, das sogenannte astronomische, rasch das von den Himmelsforschern bis dahin einzig gebrauchte holländische oder Galilei’sche Fernrohr verdrängte. Sogar eine Vorrichtung zum Ausziehen, um dadurch verschieden gearteten Augen gerecht zu werden, war bereits an diesem Teleskope angebracht. Wenn jedoch dieser Theil der Kepler’schen Dioptrik mehr ein rein mathematisches Gepräge trägt, so darf auf der anderen Seite auch nicht verschwiegen werden, daß nicht minder die physiologische Seite der Wissenschaft durch dieses Werk gefördert ward; man kann den großen Astronomen mit allem Rechte als den Begründer desjenigen Wissenszweiges bezeichnen, der heute den Namen der physiologischen Optik trägt. Während Maurolycus und Porta noch von der Ansicht ausgegangen waren, daß von jedem Punkt eines leuchtenden Körpers nur ein einziger Strahl ins Auge gelange, zeigte K., daß an Stelle dieses Strahles ein ganzer Kegel mit der Pupille als Basis gesetzt werden müsse, daß aber dieser Strahlenkegel durch die Wirkung der Krystalllinse in einem einzigen Punkt der Netzhaut vereinigt werde. Die Analogie, welche zwischen dem Sehproceß im menschlichen Auge und der Entstehung des Bildes in der Camera obscura obwaltet, war allerdings bereits von Porta (und vor ihm von dem Baseler Mediciner Thomas Plater) wahrgenommen worden, allein erst K. drang zu der völlig richtigen Auffassung dieser Analogie durch und sah sich nunmehr in den Stand gesetzt, die Erscheinungen der Kurz- und Weitsichtigkeit sowie auch die Fähigkeit des Auges, sich auf verschiedene Entfernungen zu akkomodiren, besser zu erklären, als irgend Jemand vor ihm. In der „Dioptrik“ wird auch zum ersten Male der Fundamentalsatz der Photometrie ausgesprochen, daß das Licht im umgekehrten Verhältniß der aufnehmenden Flächen abnimmt.

Ueber die Mechanik hat K. eine selbständige Arbeit nicht veröffentlicht, wohl aber beweisen zahlreiche gelegentliche Bemerkungen, die er in seinen astronomischen Werken macht, daß es nur von ihm abgehangen hätte, auch auf diesem Felde als Nebenbuhler seines Freundes und Kampfgenossen Galilei aufzutreten. Dem Trägheitsgesetze, das dem letzteren bekanntlich seine noch heute übliche Formulirung verdankt, war auch der deutsche Forscher auf die Spur gekommen, und wenn auch das Gesetz in seiner ganzen Tragweite ihm noch verborgen blieb, so erkannte er doch soviel, daß ein ruhender Körper nicht ohne Anstoß von Außen in Bewegung gerathen könne. Ganz ebenso fühlte er vorahnend einzelne der unsterblichen Wahrheiten durch, um welche ein Jahrhundert später Isaak Newton die Naturlehre bereicherte. Daß zwischen den einzelnen Weltkörpern eine Art von gegenseitiger Anziehung bestehe, war ihm eine ausgemachte Sache, und insbesondere erblickte er auch in dem Buche über die Marsbewegung (1609) ganz richtig in dem abwechselnden Spiele von Ebbe und Fluth des Weltmeers die Wirkung der von dem Monde auf die flüssigen Theile der Erdoberfläche ausgeübten Attraktion. Daß er, um auch Anderen seine Meinung klar zu machen, zur näheren Bezeichnung dieser Attraktion auf das einzige damals bekannte Beispiel einer zwischen verschiedenen Körpern beobachteten Wechselwirkung, nämlich auf den Magnetismus, hinwies, kann ihm nach Lage der Sache gewiß nicht verargt werden. Ausdrücklich hebt er übrigens hervor, daß sich das Licht und die „virtus motrix“ genau in derselben Weise ausbreiten, wie das ja auch thatsächlich der Fall ist. Eine für jene Zeit immerhin geistreiche Hypothese Kepler’s war es, die Planetenbewegung aus der supponirten Axendrehung der Sonne ableiten zu wollen; auch sprach er bei diesem Anlaß die Vermuthung aus, daß wohl die Ebene des Sonnenäquators die unveränderliche Ebene im Planetensystem sein möge. Ist diese Annahme auch durch eine tiefer eindringende und mit wuchtigeren Mitteln arbeitende Forschung nicht bestätigt [618] worden, so hat doch K. im Geiste jene Untersuchungen eines Euler und Laplace vorgezeichnet, die wirklich zur Kenntniß einer fixen Ebene im Weltraume geführt haben.

Von anderweiten physikalischen Arbeiten Kepler’s nennen wir die kleine, nur 24 Quartseiten umfassende Schrift „Strena, seu de nive sexangula“ (Frankfurt 1611). Wie schon der Titel besagt, wird darin erstmalig der Nachweis geführt, daß der Schnee stets nach einem sechsseitig-rhombischen Systeme krystallisirt. – Ueber Witterungsverhältnisse finden sich, da und dort in sämmtlichen Schriften zerstreut, so viele und mannigfaltige Andeutungen, daß ein französischer Gelehrter, Brocard, aus denselben ein förmliches meteorologisches System Kepler’s zu construiren vermochte. U. a. behauptete derselbe bei verschiedenen Gelegenheiten, daß das Klima einer bestimmten Gegend säkulären Aenderungen unterworfen sei, und führte als Beleg für diese seine Ansicht den Namen „Grönland“ an, der auf eine ehemalige warme Temperatur dieser jetzt vereisten Insel hinweise. Mag man auch heute, wo wir den klimatischen Umwälzungen mit einer gewissen Skepsis gegenüberstehen, dieses Argument Kepler’s nicht für besonders beweiskräftig anerkennen, so ist es doch für jene Zeit ein sprechendes Zeugniß für die Umsicht desjenigen, der zuerst darauf verfiel. Besondere Ausbeute liefert in meteorologischer Hinsicht der ausgiebige Briefwechsel, welchen K. mit dem Ostfriesen Fabricius unterhielt.

Wenn wir uns jetzt zu den eigentlichen astronomischen Arbeiten wenden, so liegt es nahe, zuerst die durch manche im Vorstehenden zu findende Motive nahegelegte Frage zu beantworten, wie sich K. zu der astrologischen Pseudowissenschaft verhielt, der gegenüber ein Forscher des 17. Jahrhunderts nun einmal in irgend einer Weise Stellung nehmen mußte. Wir haben schon oben darauf hingewiesen, daß K. feinsinnig und ideal, wie er nun einmal war, die landläufige astrologische Praxis entschieden verabscheute und, wenn es sich denn doch darum handelte, eine Nativität oder ein Horoskop zu stellen, niemals eine Bemerkung beizusetzen versäumte, welche seinem Zweifel an der Richtigkeit seiner Kunst beredten Ausdruck gab. Das hinderte freilich seine Kunden nicht, immer wieder zu ihm zurückzukommen, und der Friedländer insbesondere war ganz begeistert von der treffenden Sicherheit, mit welcher K. aus den ihm – ohne nähere Kenntniß der Person – übermittelten astrologischen Daten, Charakter und Gestalt der Herzogin erkannt habe. Die glücklicherweise auf uns gekommenen handschriftlichen Noten, mit welchen Wallenstein die Gutachten Kepler’s zu versehen pflegte, lassen uns einen tiefen Blick in die Charakterverschiedenheit der beiden berühmten Männer thun. Auf der anderen Seite war jedoch K. keineswegs abgeneigt, den sogenannten Aspekten der Planeten einen gewissen Einfluß auf die Schicksale der Erdenbewohner zuzuschreiben. Je nachdem zwei Wandelsterne um die Hälfte, das Dritttheil oder Viertheil eines ganzes Kreises am Himmel auseinander standen, wirkten ihre Lichtstrahlen auch unter verschiedenen Winkeln auf einander ein, und „solche erregende, gewissermaßen optisch-harmonische Wirkungen der Gestirne auf das Seelenleben anzunehmen“, war K. allerdings geneigt. Die Wissenschaft braucht ihm ob dieser Concession an die Zeitströmung um so weniger zu grollen, als diese astrologischen Speculationen eine der Triebfedern abgegeben haben, welche ihn zur Ausbildung der ihm eigenthümlichen schönen Theorie der regelmäßigen Sternvielecke anreizten.

Eine andere astronomische Nebenwissenschaft, die aber freilich auch einen ganz anderen Charakter trägt als die Sterndeutekunst, ist die Chronologie, und auch in ihre Annalen hat sich K. dauernd eingetragen. Man erinnert sich, daß er schon als ganz junger Mann dem Historiker Herwart von Hohenburg seinen sachkundigen Beirath lieh, und gleicherweise besitzen wir aus dieser Jugendepoche [619] sein Urtheil über die gregorianische Kalenderreform, das ganz geeignet erscheint, ihn als Mann von durchaus heller und leidenschaftsloser Denkart hervortreten zu lassen. Er ist in seinem Berichte ganz anderer Meinung über die That Papst Gregors, als sein Lehrer Maestlin, der auf den Wunsch seiner glaubenseifrigen Collegen dem neuen Kalender auch wissenschaftlich zu Leibe zu gehen sich veranlaßt sah, und spricht sich energisch zu Gunsten desselben aus. In späterer Zeit interessirte sich K. lebhaft für die genauere Feststellung des von Dyonisius Exiguus auf eine ganz falsche Epoche verlegten Geburtsjahres Jesu Christi. Zwei Schriften hat er speciell diesem Thema gewidmet, eine deutsche, die 1613 zu Straßburg und eine lateinische, die unter dem Titel „Eclogae chronicae“ 1615 zu Frankfurt erschien; erstere enthält der Hauptsache nach eine Polemik gegen den Hanauischen Arzt Helisaeus Roeslin, der seine Auffassung des Sachverhaltes in einer besonderen Monographie dem Kaiser vorgelegt hatte. Dieser letztere, meint K., habe wol keine Zeit, die irrigen Ansichten Roeslin’s näher zu erwägen, allein da derselbe seiner Schrift wol auch noch andere Leser gewünscht habe, so müsse zu deren Besten eine gründliche Widerlegung erfolgen. Außerdem sind auch noch die Briefe separat abgedruckt worden, welche K. und Calvisius mit einander über das Geburtsdatum des Heilandes wechselten, – Aktenstücke, aus deren Lektüre man mit Vergnügen ersieht, daß es doch auch in der damaligen wilden Zeit noch Männer gab, die eine wissenschaftliche Fehde mit Takt und Anstand durchzufechten verstanden.

Beobachtender Astronom war K. in seinen jüngeren Jahren freilich auch, doch hinderte ihn eine gewisse „Blödigkeit“ des Gesichtes mit zunehmendem Alter mehr und mehr, auf diesem Gebiete Hervorragendes zu leisten. Gleichwohl wäre es unrecht, diese Seite seiner Thätigkeit mit völligem Stillschweigen zu übergehen. In seiner „Dioptrik“ lehrte er ein Verfahren, durch ein ausgezogenes Fernrohr auf einer weißen Wand ein Bild irgend eines astronomischen Objektes zu entwerfen, das nämliche, dessen sich kurze Zeit nachher Scheiner bei seinen Sonnenflecken-Beobachtungen mit großem Vortheil bediente; auch K. selbst verfolgte einmal auf diese Weise in Gemeinschaft mit Bürgi einen besonders ausgezeichneten Sonnenfleck, den er irrthümlich für Merkur hielt. Daß er mit dem neuen Stern von 1615 sich in einer eigenen Schrift beschäftigte, hatten wir bereits zu erwähnen; er untersuchte dessen Parallaxe, und da sich eine solche nicht ergab, so schloß er mit voller Berechtigung, wenn auch freilich sehr im Widerspruch mit der kosmischen Physik der Aristoteliker, daß der neue Himmelskörper unmeßbar weit von der Erde entfernt sei. Schon dieses eine Beispiel lehrt uns, daß die Objektivität, mit welcher K. an die Untersuchung der alltäglichen astronomischen Vorgänge herantrat, ihn auch bei neuen und ungewohnten Phänomenen nicht verließ, und noch mehr erkennen wir dieselbe in seiner Stellung zur Kometenfrage. Wir besitzen von ihm in dieser Hinsicht außer einem kurzen Referate über den Lauf des Kometen von 1607 die „Libelli tres de cometis“ (Augsburg 1619), welche in einen theoretisch-astronomischen, in einen physikalischen und in einen astrologischen Theil zerfallen. K. nimmt hier als einfachste Hypothese diejenige einer geradlinigen Bewegung des Schweifsternes an und erklärt die thatsächlich wahrgenommene Krümmung der Bahn dadurch, daß jene gerade Linie von der selbst wieder in einem Kreise sich bewegenden Erde aus angeschaut werde. Wir wissen, daß die Bewegungsverhältnisse der Kometen in Wahrheit andere sind, als hier vorausgesetzt ist, allein es lag doch schon ein ganz unberechenbar großer Fortschritt in dem ersten Versuche, die Bahn der räthselhaften Himmelskörper mathematisch bestimmen zu wollen. Es bedurfte dazu eines wahrhaft philosophischen Kopfes, und diese Eigenschaft verleugnet sich auch nicht in der zweiten Abtheilung, in der „Cometarum physiologia“. Hier bekennt sich K. zu der für [620] einen Sohn jener Zeit ganz überraschenden Ansicht, daß in den unergründlichen Tiefen des Weltalls die Kometen ganz ebenso entstünden und durch einander sich bewegten, wie die Fische im Weltmeere; auch äußert er sich hier über die Bildung und Zusammensetzung der Kometenschweife in einem vielfach an sehr moderne Anschauungen gemahnenden Sinne. Erst vor ganz kurzer Zeit hat einer der bedeutendsten Kometenforscher, Zöllner, auf die Kepler’sche Kometographie als auf eine reiche Fundgrube tiefer und origineller Gedanken aufmerksam gemacht. – Es mag erlaubt sein, hier, wo von des großen Mannes Arbeiten auf dem Gebiete der physisch-topographischen Astronomie die Rede ist, auch des posthumen Werkes „Somnium, seu opus de astronomia lunari“ zu gedenken. Es ist dies eine Art astronomischen Romanes, eine theils humoristische, theils satyrische Darstellung des Wechselverhältnisses zwischen Erde und Mond, gewissermaßen ein Vorläufer jener populärwissenschaftlichen Litteraturprodukte, mit welchen uns die Phantasie Jules Verne’s in so reichlichem Maße beschenkt hat.

Alle diese zahlreichen und vielseitigen Leistungen können jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung für sich in Anspruch nehmen, wenn man einen Vergleich zieht zwischen ihnen und jenen, die den Namen Kepler’s als theoretischen Astronomen verewigen. Jedermann, der auch nur die elementarsten Kenntnisse von Astronomie sich angeeignet hat, kennt die drei Kepler’schen Gesetze und weiß, daß durch dieselben erst der Copernicanischen Reform der richtige Abschluß ertheilt und gleichzeitig auch die Grundlage geschaffen worden ist, auf welcher Newton das Gravitationssystem errichten konnte. Es wird sich lohnen, die Entstehungsgeschichte dieser drei fundamentalen Satzungen der himmlischen Mechanik im Zusammenhange zu erzählen, zumal da uns dieselbe erst den richtigen Einblick in das stille und eigenartige Walten des Kepler’schen Genius eröffnet. Diese Geistesarbeit muß als ein Ganzes aufgefaßt werden, wenn auch einzelne Momente derselben in den Augen eines modernen Gelehrten einen noch so fremdartigen Eindruck hervorrufen mögen. Der berühmte Geschichtschreiber der induktiven Wissenschaften, Whewell, hat freilich gemeint, K. gleiche auf dem wissenschaftlichen Erntefelde einem Schnitter, der mit den Garben auch wilde Blumen und selbst Unkraut nach Hause bringe, allein dieser dem Ausländer leicht nachzusehende Irrthum ist bereits von W. Förster, dem um die Keplerforschung hochverdienten Director der Berliner Sternwarte, gründlich widerlegt worden. Wir glauben, daß Letzterer vollkommen das Richtige mit den schönen Worten getroffen hat, die wir nachstehend wiedergeben: „Der Mutterboden der edelsten Blüthe des Idealismus, das wundersame Schwabenland, hatte allerdings auch in K. einen der merkwürdigsten Idealisten erzeugt, aber die Blumen seiner Phantasie wuchsen nicht müßig und parasitisch neben den Halmen, sondern aus ihrer Blüthe selbst entwickelte sich die edelste Frucht der Forschung.“ Es hat wol nie einen Forscher gegeben, dessen kühner, phantastischer Gedankenflug durch die Zucht logischen Denkens und geometrischer Controle in so wunderbarer Weise geregelt ward, wie es eben bei K. der Fall war, und so konnte es nicht fehlen, daß aus einer so seltenen Vereinigung anscheinend heterogener, hier aber zum Zusammenwirken genöthigter Geistes- und Gemüths-Eigenschaften die herrlichsten Früchte entsprossen.

Mit dem Inhalte der ersten rein-astronomischen Schrift Kepler’s haben wir uns bereits in dem biographischen Theile dieses Artikels einigermaßen vertraut gemacht. Der Standpunkt, welchen er bei der Abfassung des „kosmographischen Mysteriums“ einnahm, war noch ein naiv-sinnlicher; die Harmonie des Weltalls sollte in derbrealistischer, greifbarer Form zum Ausdruck gebracht werden. Je weiter seine Forschung vorschritt, um so mehr mußte sich ihm die Ueberzeugung aufdrängen, daß das, „was die Welt im Innersten zusammenhält“, denn doch [621] tiefer und innerlicher aufgefaßt werden müsse, als es durch eine elementare stereometrische Construktion geschehen kann. So entschloß er sich denn, die Untersuchung, deren Ziel ihm unverändert vorschwebte, in einer ganz neuen, empirischen, Weise zu führen; „um die letzte Hand an das Werk zu legen“, rief er aus, „werde ich eine ganz neue Welt bauen.“ Der von Tycho hinterlassene Beobachtungsschatz sollte ihm das Material zu diesem gigantischen Neubau liefern. Man wird sich entsinnen, daß bei dem Entwurf eines neuen Beobachtungsplanes dem neuen Hülfsarbeiter K. gerade der Planet Mars zugewiesen worden war, und auf ihn blieb denn auch von da an das Hauptaugenmerk des Forschers gerichtet. Darin lag für den letzteren eine äußerst glückliche Vorbedeutung, von welcher er freilich beim Beginne seiner Arbeit noch keine Ahnung haben konnte, denn gerade beim Mars treten jene Abweichungen der Bahn, auf deren Erkenntniß es ankam, ganz ungleich stärker hervor, als bei irgend einem andern der damals bekannten Planeten. Freilich dienten diese Irregularitäten auch anfangs dazu, die in einem Labyrinth mühsam sich fortarbeitende Untersuchung zu erschweren, allein K. war nicht der Mann dazu, sich durch irgendwelche Hindernisse abschrecken zu lassen, und als er im J. 1609 zu Prag seine „Astronomia nova de motibus stellae Martis“ dem Drucke übergab, durfte er mit Fug seine Dedication an Kaiser Rudolph durch die Worte einleiten, der Kriegsgott habe sich lange Zeit, Dank einer Menge von Kriegslisten, seinen Verfolgern zu entziehen vermocht, nun aber sei er endgültig in die Fesseln der Rechnung geschlagen worden.

K. brachte von vorn herein an dem System des Copernikus eine fundamentale Aenderung an. Dieser große Reformator der Astronomie hatte zwar den Satz ausgesprochen und bewiesen, daß die Sonne, und nicht die Erde im Centrum des Planetensystemes stehe, allein aus praktischen Gründen verlegte er den Mittelpunkt all’ der concentrischen Kreise, in welchen man sich die einzelnen Wandelsterne umlaufend dachte, nicht in das Centralgestirn selbst, sondern in einen imaginären, von der Sonne ziemlich weit abstehenden, Punkt des Raumes. Er behielt ebensowohl den excentrischen Kreis des Ptolemäus, als auch dessen zahlreiche Epicyklen bei, K. dagegen war keinen Augenblick darüber im Zweifel, daß diese beiden Hypothesen aufgegeben werden müßten, und daß man, um trotzdem die nöthige Uebereinstimmung mit den Beobachtungen zu erzielen, lieber die reine Kreisbahn opfern müsse. Indem er nun zu einem jeden Erd-Ort den entsprechenden Ort des Mars im Raume aufsuchte, gelangte er dahin, zwei krumme Linien zu verzeichnen, deren eine ihm den Lauf der Erde, die andere jenen des Mars repräsentirte. Es fand sich, daß die erstere Curve, wie dies denn auch durch spätere Forschung bestätigt ward, von einem Kreise nur ganz wenig abwich, wogegen die Marsbahn Abweichungen aufwies, die durch Beobachtungsfehler in keiner Weise mehr erklärt werden konnten. Unverzagt machte er sich jetzt daran, dem Kreise eine andere Curve zu substituiren. Er glaubte anfänglich in einer gewissen Eilinie oder Ooide das zu finden, was er suchte, und führte nun zunächst die ganze Untersuchung nochmals auf Grundlage dieser neuen Hypothese durch. Ein vollkommen befriedigendes Ergebniß stellte sich freilich auch jetzt noch nicht heraus, wol aber entdeckte K. bei dieser Gelegenheit einen wichtigen Satz, der von der Beschaffenheit der zu Grunde gelegten Curve völlig unabhängig sich erwies und somit ein allgemeines Gesetz darstellte; derselbe besagt, daß die vom Bewegungscentrum ausgehenden Fahrstrahlen in gleichen Zeiten auch gleiche Flächenräume überstreichen, daß also im Aphelium die Bewegung langsamer vor sich gehen muß, als im Perihelium. Man pflegt dieses Theorem gewöhnlich als das zweite Kepler’sche Gesetz zu bezeichnen, allein chronologisch sollte es, wie man aus unserer Darstellung ersieht, den Namen des ersten führen. [622] Nunmehr aber war ein neues, werthvolles Instrument für die Aufklärung der noch schwebenden Dunkelheiten gewonnen. Es mußte die Frage aufgeworfen werden, ob denn nicht mit Festhaltung des Grundgedankens auch die Eilinie wieder durch eine andere ovale Curve ersetzt werden könne, und nachdem diese Frage einmal gestellt war, fand sie auch bald wieder ihre Beantwortung. Wahrscheinlich im J. 1603 drang K. zu der Gewißheit durch, daß die fragliche Curve ein im Endlichen verlaufender Kegelschnitt sein müsse, und in Gemäßheit dieser neu gewonnenen Ueberzeugung formulirte er sein berühmtes erstes Gesetz folgendermaßen: Die Bahn der Planeten ist eine – vom Kreise allerdings hie und da kaum merklich abweichende – Ellipse, deren einer Brennpunkt mit dem Centrum der Sonne zusammenfällt.

Großes war durch die Aufstellung der beiden Gesetze geleistet, und ein gewöhnlicher Entdecker würde sich an denselben haben genügen lassen. Allein K. war nicht blos Astronom, sondern auch Philosoph, und seine alte Hinneigung zu den Speculationen der pythagoräischen Schule zog, nachdem die erste Etappe zurückgelegt war, aus dem erreichten Resultate neue Nahrung. Aber zehn Jahre rastlosen Schaffens waren nöthig, bis auch diese letzte Frucht als gereift erscheinen konnte; erst im Jahre 1619 erschienen zu Linz „Joannis Kepleri harmonices mundi libri V“ mit einer Widmung an den gelehrten König Jakob I. von England. Im ersten Buche des Werkes entwickelt er die bereits erwähnte Theorie der ebenen Sternfiguren, im zweiten Buche dehnt er diese Betrachtungen auf den Raum aus, im dritten behandelt er den Ursprung der harmonischen Proportionen und im vierten die Beziehungen, welche zwischen der Harmonie gewisser Tonverhältnisse und der in den regulären Vielecken der Planimetrie sich ausdrückenden geometrischen Symmetrie obwalten. Im fünften Buche endlich giebt er Nachricht über seine vielfältigen Bemühungen, auch in den Bahnelementen der einzelnen Planeten harmonisch-symmetrische Relationen nachzuweisen. Eine Menge Hypothesen mußte aufgestellt, rechnerisch geprüft und wieder verworfen werden, bis es endlich möglich ward, das gesuchte Weltgesetz zu erkennen, welches alsdann den Namen des dritten Kepler’schen Gesetzes empfing und in der nachstehenden Weise ausgedrückt werden kann: „Die Quadrate der Umlaufszeiten irgend zweier Planeten verhalten sich zu einander wie die Kuben der Abstände jener Planeten von der Sonne.“ Dieser Lehrsatz mußte für die theoretische Astronomie schon aus dem Grunde eine ganz besondere Tragweite gewinnen, weil mit seiner Hülfe die großen Bahnaxen aller Planeten auf eine einzige, nämlich die der Erde, zurückgeführt werden können. Auch sonst enthält dieses fünfte Buch eine Anzahl der merkwürdigsten Gedankenblitze, von denen natürlich an dieser Stelle im Einzelnen nicht gesprochen werden kann. Wir wollen nur als besonders beachtenswerth den 48. Satz im neunten Kapitel hervorheben, welcher aus dem Verhältniß der schnellsten und langsamsten Bahnbewegung eines Planeten auf die Excentricität von dessen Bahn einen Schluß ziehen lehrt.

Nachdem durch die Entdeckung der drei Planetengesetze das Ideal, welches K. durch 25 Jahre unentwegt im Herzen trug, als erfüllt gelten konnte, dachte er daran, seine großen Errungenschaften nach zwei Richtungen hin praktisch zu verwerthen. Er wollte der jungen Generation Lehrbücher schaffen, aus denen die Grundzüge der von ihm geläuterten Wissenschaft einfacher und leichter als aus seinen großen Werken erlernt werden konnten, er wollte zweitens Tafeln und Ephemeriden berechnen, die auf der Basis einer verbesserten Kosmologie natürlich ungleich genauer ausfallen mußten, als die bis dahin meistentheils gebrauchten alphonsinischen und prutenischen Tabellen. Der erste Wunsch ging allerdings nur theilweise in Erfüllung, denn der projectirte „Almagest“ wurde durch äußere Sorgen und wichtigere Geschäfte in den Hintergrund gedrängt, [623] allein auch die „Epitome astronomiae copernicanae“ darf als ein treffliches Compendium des astronomischen Wissens gelten. Die sieben Bücher dieses Werkes kamen nur nach und nach in den Jahren 1618–22 ans Licht, und zwar theils zu Linz, theils zu Frankfurt a. M.; ungleich bekannter ist die zweite Ausgabe, welche man im J. 1635 seitens der Frankfurter Verlagshandlung veranstaltete. Von den zahlreichen neuen Materien, die in diesem Werke enthalten sind, sei hier nur eine ausdrücklich erwähnt: es ist dies eine Reihe von Betrachtungen über die Anordnung des Fixsternsystemes und die Lage der Milchstraße, in welchen wir ohne jeden Zwang den Keim zu den späteren Forschungen eines Kant, Lambert und William Herschel über den Weltbau erkennen zu dürfen glauben.

Die zweite Absicht Kepler’s gelangte in den rudolphinischen Tafeln ganz und voll zur Ausführung. Dieses Werk ist nicht etwa blos als eine große Zusammenstellung von Rechnungsergebnissen zu betrachten, sondern es war gewissermaßen eine Encyclopädie Alles dessen, was für die Construction und den Gebrauch astronomischer Tafeln wissenswerth erscheinen mochte. Nach einer sehr gelehrten Vorrede, welche eine kritische Besprechung aller früheren Leistungen von verwandtem Charakter enthält, giebt K. eine ausführliche Anweisung für logarithmische und sphärisch-trigonometrische Rechnungen, sowie für Reduction von einem Meridian auf einen andern und für den chronologischen Calcul. Alsdann schildert er den Gang der Berechnungsarbeit, durch welche Planetenörter, Sonnen- und Mondfinsternisse für künftige Zeiten im Voraus bestimmt werden sollen, erläutert das Wesen der Präcession und theilt auch, „ne mater vetula, se destitutam, et despectam, a filia ingrata et superba queratur“, die unentbehrlichsten astrologischen Regeln mit. Es folgt eine Logarithmentafel, hierauf der eigentliche astronomische Kalender für Sonne, Mond und Planeten, ein Sternkatalog und endlich eine verbesserte Refraktionstafel. Obwohl den rudolphinischen Tafeln durch die in manchen Einzelheiten vervollkommneten Tafelwerke des Philipp van Laensbergh und der Maria Cunitia bald nachher eine nicht zu verachtende Concurrenz zu erwachsen drohte, so behaupteten erstere doch ihre Stellung als das bevorzugte Hülfsmittel des rechnenden Astronomen ein volles Jahrhundert und darüber. Neben diesem größeren Werke ging aber auch ein ähnliches mehr populäres her, die „Ephemerides“, welche im Jahre 1630 in der herzoglichen Druckerei zu Sagan entstanden. Als Einleitung zu denselben hatte K. ein Jahr zuvor ein besonderes Schriftchen „De computatione et editione ephemeridum“ publicirt. –

Wir hoffen, durch unsere nunmehr abgeschlossene Schilderung wenigstens in großen Zügen ein Bild von den merkwürdigen Lebensschicksalen und den unvergleichlichen Leistungen Kepler’s entworfen zu haben. Er stellt sich uns dar als eine Vereinigung aller der guten Eigenschaften, welche von Seiten wohlwollender Beurtheiler als specifisch deutsche Stammeseigenthümlichkeiten bezeichnet zu werden pflegen, als ein Mann, der stets nur das Beste und Edelste wollte und selbst unter den schwersten Schicksalsstürmen niemals seinen kindlich-freudigen Optimismus ganz zu verleugnen im Stande war. Gleichmäßig trug hierzu einerseits seine echt philosophische Denkart, andererseits seine warme und innige Religiosität bei. Daß K. ein wirklicher Philosoph im besten Sinne des Wortes war, wird Keiner, der ihn nur einigermaßen aus seinen Schriften kennt, in Abrede zu stellen wagen, und v. Prantl konnte mit gutem Grunde in einer den Sitzungsberichten der bairischen Akademie einverleibten Abhandlung es als eine Pflicht für die Geschichte der Philosophie hinstellen, sich eifriger als bisher mit K. und Galilei zu beschäftigen. Die tiefreligiöse Gesinung des großen Mannes spricht sich nicht minder fast auf jeder Seite seiner Werke aus. Und in diesem Sinne [624] beschreibt er selbst in ergreifenden Worten, wie ihm ein innerer Trieb seinen Lebensweg vorgezeichnet habe. Wir glauben diese Skizze nicht besser beenden zu können, als wenn wir die betreffende Stelle aus der „Astronomia nova“ hier ihrem Wortlaute nach folgen lassen: „Wahr ist’s, der göttliche Ruf, der die Menschen Astronomie lernen heißt, steht in der Welt selbst geschrieben, nicht mit Worten und Sylben, sondern der Sache nach, kraft der Anpassung menschlicher Begriffe und Sinne an die Verkettung der himmlischen Körper und Zustände. Aber dabei treibt doch auch ein gewisses Geschick die Menschen geheimnißvollerweise, den einen zu dieser, den andern zu jener Wissenschaft, und vergewissert sie, daß sie, wie sie einen Theil der Schöpfung ausmachen, so auch an der göttlichen Vorsehung Antheil haben.“

Kepleri opera omnia, ed. Chr. Frisch, 8 Vol., Frankfurt 1858–71 (besonders die Einleitung zum ersten Bande). – Breitschwert, Joh. Keppler’s Leben und Wirken, Stuttgart 1831. – Reuschle, Kepler und die Astronomie, Frankfurt 1871. – Reitlinger, Neumann und Gruner, Johannes Kepler, 1. Theil (nicht mehr erschienen), Stuttgart 1868. – Zöckler, Gottes Zeugen im Reiche der Natur, 1. Theil, Gütersloh 1881. S. 156–177. – Kästner, Geschichte der Mathematik, 4. Theil, Göttingen 1800. S. 276–387. – R. Wolf, Geschichte der Astronomie, München 1877. S. 281–310. – Poggendorff, Geschichte der Physik, Leipzig 1879. S. 153–173. – Epistolae ad Joannem Kepplerum Mathematicum Caesareum scriptae, ed. M. G. Hansch, Leipzig 1717. – Apelt, Kepler’s astronomische Weltansicht, Leipzig 1849. – O. Struve, Beitrag zur Feststellung des Verhältnisses von Kepler zu Wallenstein, Petersburg 1860. – W. Förster, Johann Kepler und die Harmonie der Sphären, Berlin 1862. – Gruner, Kepler’s wahrer Geburtsort, Stuttgart 1866. – Göbel, Ueber Kepler’s astronomische Anschauungen und Forschungen, Halle 1871. – R. Wolf, Johannes Kepler und Jobst Bürgi, Zürich 1872. – v. Hafner, Tycho Brahe u. J. Kepler in Prag, Prag 1872. – Johann Kepler, eine Festrede, gehalten auf Anlaß der dreihundertjährigen Feier von Kepler’s Geburtstage von W. Förster, Berlin 1872. – Rogner, Ueber Johannes Kepler’s Leben und Wirken: Grunert’s Archiv d. Math. u. Phys., 54. Theil. S. 447–458. – Billwiller, Kepler als Reformator der Astronomie, Zürich 1877. – Brocard, La météorologie de Kepler, 1. Theil, Grenoble 1879. 2. Theil, ibid. 1881.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 611. Z. 1 v. u. l.: Vogtes (st. Obervogtes). [Bd. 22, S. 794]
  2. S. 612. Z. 1 v. o. l.: eines gewissen Luther Einhorn. [Bd. 22, S. 794]


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Zecke
  2. Vorlage: Tochte