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Artikel „Maestlin, Michael“ von Siegmund Günther in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 575–580, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%A4stlin,_Michael&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 02:04 Uhr UTC)
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Maestlin: Michael M., (auch Moestlin), Astronom. Geb. zu Göppingen im J. 1550 bezog M. die Königsbronner Klosterschule (bis 1568) und studirte dann an der damals noch jungen[1] Universität Tübingen Theologie, indem er zugleich bei Philipp Apian, dem durch seine kartographischen Arbeiten nicht minder, wie durch seine wechselvollen Schicksale wohlbekannten Mathematiker, eifrig Vorlesungen hörte. Am 1. August 1571 erlangte er den Magistergrad und soll darauf eine Studienreise nach Italien unternommen haben, über welche es jedoch an allen zuverlässigeren Nachrichten fehlt *). M. trat in die gewöhnliche Laufbahn eines würtembergischen Geistlichen ein und wurde 1576 Diakonus in der kleinen Stadt Backnang, wo ihm anscheinend volle Muße blieb, an seiner wissenschaftlichen Ausbildung weiter zu arbeiten. Jedenfalls müssen seine ersten schriftstellerischen Versuche, die eben in die Zeit des Backnanger Aufenthaltes fallen, die Aufmerksamkeit gelehrter Männer rasch auf sich gezogen haben, denn im J. 1580 wandte sich der Kurfürst von der Pfalz an Maestlin’s Landesherrn, den Herzog Ludwig, mit der Bitte, ihm seinen Unterthan als Professor für seine Hochschule in Heidelberg zu überlassen. Vier Jahre hatte er daselbst mit [576] gutem Erfolg gelehrt, als sich ihm auch in seiner Heimath die günstigsten Aussichten eröffneten. Unter dem allmächtigen Einfluß des Universitätskanzlers Andreä ließ sich der Stuttgarter Hof dazu bewegen, sämmtlichen Staatsbeamten, also auch den Tübinger Professoren, die Unterzeichnung der neuen Concordienformel anzusinnen und gegen die Renitenten mit scharfen Maßregeln vorzugehen. Der Einzige, der sich ernsthaft gegen den Gewaltakt verwahrte, war Apian, der ähnliche Erfahrungen bereits früher bei der Einführung des Tridentinums in Baiern gemacht hatte und sich, wie damals von seiten der Katholiken zur Landesverweisung, so jetzt von seiten der Lutheraner zur zwangsweisen „Beurlaubung“, d. h. Amtsentsetzung, verurtheilt sah. Zu seinem Nachfolger erwählte man unseren M., dessen Orthodoxie über jeden Zweifel erhaben, dessen Charakter aber auch, wie wir später sehen werden, ein etwas unentschiedener gewesen zu sein scheint, was den tonangebenden Persönlichkeiten der Artistenfacultät, in welche der neue Professor Mathematum einzutreten hatte, nur angenehm sein konnte. Diese seine Tübinger Stellung bekleidete M. bis zu seinem in hohem Alter erfolgenden Tode, ohne daß anscheinend besondere Ereignisse das gleichmäßig dahinfließende Gelehrtenleben unterbrochen hätten. Er starb am 20. December[2] 1631. Milde und Liebenswürdigkeit scheinen den uns überlieferten Nachrichten zufolge den Grundzug seines Wesens gebildet zu haben, und damit stimmt nicht nur der Gesichtsausdruck des würdigen Mannes, wie ihn uns das am Kepler-Denkmal zu Weil der Stadt angebrachte Medaillon kennen lehrt, sondern noch mehr der vollständig auf uns gekommene Briefwechsel mit dem Berühmtesten seiner Schüler. Daß solchen Gemüthseigenschaften eine gewisse Bestimmbarkeit durch äußere Einwirkungen, das Bestreben, unangenehmen Entscheidungen durch Klugheit aus dem Wege zu gehen, vergesellschaftet war, ist eine psychologisch leicht erklärbare Erscheinung. Als akademischer Lehrer erfreute sich M. eines wohlbegründeten Rufes. Die von Gerhard Voßius aufgebrachte, von Laplace und Mädler colportirte Sage, daß Jener durch das Feuer seiner Beredtsamkeit den großen Galilei für die coppernicanische Weltordnung gewonnen habe, ist freilich nichts weiter als eben eine Sage, denn wenn M. (s. o.) zwischen 1571 und 76 in Italien war, wo er allerdings ganz gut astronomische Gastrollen nach der Zeitsitte gegeben haben kann, so war Galilei, geboren 1564, noch viel zu jung, um solche Vorträge mit Erfolg gehört zu haben; hat aber die ohnehin zweifelhafte Reise erst später stattgefunden, so hatte M. von Galilei nur noch zu lernen, nicht aber denselben zu unterrichten. Auch machte Favaro neuerdings mit Recht darauf aufmerksam, daß die Art, in der M. Kepler’n gegenüber von Galilei spricht, durchaus nicht die Vermuthung nahelegt, es hätten zwischen beiden Männern nähere Beziehungen obgewaltet. Um so inniger war das Freundschaftsband, welches M. mit seinem Zögling Johannes Kepler (s. XV, 603 ff.) vereinte. Nicht nur die Grundlage seines theoretischen Wissens hatte Letzterer Jenem zu danken, M. bot ihm auch Gelegenheit, anläßlich der öffentlich von den Stiftlern abzuhaltenden Disputationen seine Gewandtheit und sein Talent öffentlich hervortreten zu lassen, wie besonders aus einer Stelle des posthumen „Traum“ deutlich erhellt. M. war es, der Kepler’s Berufung nach Graz dem anfangs Widerstrebenden mundgerecht zu machen wußte und auch nachher stand er ihm stets als treuer Freund und Berather zur Seite, indem er dessen anfänglich stürmisches Naturell durch Takt und Liebenswürdigkeit in ruhigere Bahnen zu lenken verstand. Wissenschaftlich freilich mußte sich der Meister von dem Schüler mehr und mehr überflügeln lassen; bei zwei Gelegenheiten, bei der Einführung der Logarithmen, von denen M. nichts mehr wissen wollte, wie auch in der Frage der kalendarischen Reform tritt uns Kepler mit seinem freien Geistesblick als der entschieden Ueberlegene [577] entgegen. Solch’ gegensätzliche Auffassung gelehrter Streitfragen vermochte gleichwol keinerlei Zwist zwischen den beiden Freunden zu Wege zu bringen. Von den astronomischen Leistungen Maestlin’s pflegt seine Erklärung des aschgrauen Mondlichtes gemeiniglich am höchsten gestellt zu werden. Bekanntlich bemerkt man bald nach dem Neumond, wo also der leuchtende Theil des Mondes nur in schmaler Sichelgestalt erscheint, daß auch das streng genommen unsichtbare Segment der Mondscheibe in mattem Lichte leuchtet. Bereits Lionardo da Vinci hatte die Entstehung dieses Scheines richtig gedeutet, allein seine Gedanken darüber waren gerade wie viele andere in den schwer lesbaren Papieren des merkwürdigen Mannes begraben geblieben. M. nun erkannte, daß man es hier nur mit einem Reflexionsphänomen zu thun habe, indem die durch die Sonne erleuchtete Erde dieses ihr nicht selbst angehörige Licht ihrem Begleiter zusendet und einen kleinen Theil desselben von ihm aus zweiter Hand zurück empfängt. Auch M. hatte Nichts über diesen Gegenstand veröffentlicht und sein Verdienst würde wie das des italienischen Polyhistors lange Zeit unerkannt geblieben sein, wenn nicht Kepler in der bekannten Schrift „Astronomia pars optica“ den wahren Sachverhalt klargestellt hätte. Als praktischer Astronom bethätigte sich M. bei der Erscheinung des neuen Sternes von 1576, und zwar war es der in Backnang erklärliche Mangel aller und jeder wissenschaftlicher Hülfsmittel, der ihn zur Entfaltung seines Erfindungstalentes zwang *). Es handelte sich in erster Linie darum, die sphärischen Coordinaten des Sternes genau zu ermitteln; zu dem Ende suchte sich M. mit Hülfe eines vor das Auge gehaltenen gespannten Fadens je zwei Sterne aus, deren Lage auf der Himmelskugel mittelst der Tafeln oder mittelst des Globus bestimmt werden konnte, die aber zugleich mit dem neuen Gestirn genau auf derselben Geraden, d. h. auf demselben Hauptkreise der Kugel, gelegen waren. So stellte sich der zu fixirende Punkt dar als der Durchschnittspunkt der Diagonalen eines sphärischen Viereckes von bekannten Ecken und die Berechnung der gesuchten Coordinaten deckte sich mit einem trigonometrischen Problem, dessen Auflösung in jener Zeit freilich einen wahren Heldenmuth des Rechners voraussetzte. M. überwand alle Schwierigkeiten und gelangte zu einem Zahlenresultate von überraschender Schärfe, wie neuerdings erst die mit modernen Mitteln bewerkstelligte Neuberechnung von Weiß in Wien, einem hervorragenden Kenner des astronomischen Calculs, dargethan hat. In der hier geschilderten Ortsbestimmung eines Himmelspunktes darf Maestlin’s größte Leistung mit um so mehr Recht erblickt werden, als sein Verfahren auch heutzutage von allen Jenen bequem angewendet werden kann, denen es bei Beobachtung von Kometen, Meteoren u. s. w. an eigentlichen Instrumenten fehlt. Tycho Brahe, der in Sachen der astronomischen Beobachtungspraxis seine Zeitgenossen sämmtlich weit überragte, fand an dem nur wenige Seiten umfassenden Schriftchen des schwäbischen Landpfarrers über den neuen Stern ein solches Wohlgefallen, daß er es als die beste unter den zahllosen Arbeiten bezeichnete, welche das Phänomen ins Leben gerufen hatte; auch nahm er dasselbe vollinhaltlich in seine „Astronomiae instauratae Progymnasmata“ auf. M. hatte den Stern auch auf eine etwaige Parallaxe geprüft, und da eine solche nicht zu erkennen war, so verlegte er jenen mit Recht in die Region der Fixsterne, während die Mehrzahl der Astronomen, im Aristotelismus [578] befangen, alle neue Erscheinungen am Himmel unter die Luftmeteore gerechnet wissen wollte. Auch später verlor M. den gestirnten Himmel nicht aus den Augen, er erhielt durch seine Alignements-Methode gute Oerter von dem 1580er Kometen, und auch den Lauf der Planeten verfolgte er eifrig, um ihn mit den Angaben der Tafeln zu vergleichen. Das Scherzwort, der Merkur sei lediglich dazu erschaffen, um den guten Ruf der Astronomen zu gefährden, wird ihm zwar häufig zugeschrieben, rührt aber wahrscheinlich von Lalande her.

Als didaktischer Schriftsteller bewährte sich M. durch ein verdienstvolles „Lehrbuch der Sternkunde“, welches er seinen Tübinger Zuhörern als Leitfaden für seine Vorlesungen in die Hände gab. Es erschien zu Tübingen 1588 und führte den folgenden Titel: „Epitome astronomiae, quae brevi explicatione omnia tam ad sphaericam quam ad theoricam ejus partem pertinentia ex ipsius scientiae fontibus deducta perspicue per quaestiones traduntur“. Man erhält darin eine klare und übersichtliche Darstellung der astronomischen Fundamentalwahrheiten nach den besten Quellen, nach Peurbach, Regiomontan und sogar nach Coppernicus, obwol des lieben Friedens halber die Erde noch formell als ruhend angenommen wird. Von ferneren litterarischen Arbeiten ist zu erwähnen die Schrift „De cometa“ (1577), eine mit Zusätzen bereicherte Ausgabe der Regiomontan’schen Ephemeriden (1582, 2. Aufl., 1610), endlich ein selbständiges und ganz auf coppernicanischem Boden stehendes Ephemeridenwerk, welches sich auf die Jahre 1577–90 erstreckt und nach Reinhold’s prutenischen Tafeln für den Tübinger Meridian bearbeitet ist. Auch zur Trigonometrie und Gnomonik („Horologiorum solarium informatio“) verfaßte er kleine Lehrbücher; unedirte Handschriften von ihm verwahrt die kaiserliche Bibliothek in Wien, weit wichtigere jedoch diejenige in Stuttgart, nämlich außer der Correspondenz noch eigene, wie nachgeschriebene Collegienhefte und kleinere Gelegenheitsarbeiten. – Ein schriftstellerisches Opus unseres M., das uns ihn in der sonst nicht an ihm bekannten Thätigkeit des Recensenten zeigt, ist leider nicht im Drucke erschienen, indeß hat David Strauß, dem die Tübinger Universitäts-Akten zu Gebote standen, genügend ausführliche Mittheilungen darüber gemacht. Wir meinen das vom 18. Januar 1586 datirte „Judicium M. Moestlini de opere astronomico D. Frischlini“. Herzog Ludwig hatte eine Anzahl gelehrter Arbeiten, welche der ebenso geniale als unruhige Dichter Nicodemus Frischlin seinem hohen Patron im Manuscript einreichte, an die Fachprofessoren seiner Landesuniversität mit dem Auftrage übergeben, zu prüfen, ob sich dieselben zum Drucke auf öffentliche Kosten eigneten. Frischlin hatte vordem den Philipp Apian ab und zu im Vortrag der „Doctrina sphaerica“ zu vertreten gehabt und sich zu diesem Behufe ein Heft angelegt, dem er später eine zur Publicirung geeignete Form ertheilte. M. freilich erkannte sehr bald, daß man es hier eben doch nur mit einer Dilettanten-Arbeit zu thun habe und zerzauste, ohne dabei irgend der üblichen Grobheit des gelehrten Kampfstyles zu verfallen, den in sein Fach pfuschenden Poeten ziemlich unbarmherzig. Zum Schluße gab er ihm den sehr beherzigenswerthen Rath, Frischlin möge sein hohes Talent doch lieber Aufgaben zuwenden, die innerhalb des ihm zustehenden Bereiches gelegen seien, da er ja gewiß recht viel wisse, aber doch eben nicht Alles. Nur in Einem Punkte war der Kritiker im Unrecht: seine Vorlage hatte auch der Erneuerung des Kalenders das Wort geredet und auch dafür fand M. nur Worte des Tadels. Wir haben schon oben Maestlin’s schiefe Stellung der Kalenderfrage gegenüber zu streifen gehabt, und es ist deshalb angezeigt, noch etwas näher auf seine specifisch chronologischen Arbeiten einzugehen und die Motive für seine etwas engherzige Auffassung zu kennzeichnen. Die Frage der kalendarischen Reform, wie sie damals Papst Gregor mit Hülfe des Italieners Lilius und des Deutschen [579] Clavius angebahnt hatte, war in Deutschland eine besonders brennende geworden. Alle katholischen Reichsstände hatten die Neuerung angenommen, deren innere Vorzüge ja gar nicht abgeleugnet werden konnten, um so energischer aber trat der Widerstand dagegen in den evangelischen Ländern zu Tage. Hatte man sachlich nichts auszusetzen, so wollte man sich doch vom Papste nicht einmal eine Wohlthat aufnöthigen lassen; der römische Antichrist sollte – das war ein beliebtes Schlagwort jener Tage – nicht das Recht haben, den Protestanten in die Kirche zu läuten. Allein die Schwäche eines solchen Standpunktes konnte den klügeren Vertretern der neuen Lehre nicht verborgen bleiben; es genügte nicht, Religionsgenossen, welche, wie Kepler und Frischlin, dem Papste Recht gaben, zu verketzern, vielmehr mußte man auch eine wissenschaftliche Opposition ins Leben zu rufen suchen. Protestantische Universitäten beorderten deshalb, wie sich Strauß ironisch ausdrückt, ihren Mathematikus, den gregorianischen Kalender auch unter dem astronomischen Gesichtspunkt schlecht zu finden, während es doch gewiß nicht zweifelhaft sein kann, daß ein tüchtiger Fachmann nun und nimmer mit gutem Gewissen ein verdammendes Urtheil abgeben konnte. Diese Umstände sind es eben, die uns oben berechtigten, M. ein allzuhohes Maß von Weltklugheit zum Vorwurfe zu machen. Schon in Heidelberg hatte er einen Tractat in dieser Angelegenheit erscheinen lassen (1583): „Gründtlicher Bericht von der allgemeinen und nunmehr bei 1600 Jahren von dem ersten Kaiser Julio bis jetzt gebrauchten jarrechnung oder kalender“. In Tübingen entstanden dann, hauptsächlich auf den Wunsch des weitsichtigen Hofpredigers Osiander, noch zwei weitere Streitschriften, die „Dialexis Germanica“ (1583) und die „Zweyte Untersuchung des Gregorianischen Kalenders“ (1586), gegen die dann freilich Clavius in seiner Apologie von 1588 mit überlegener Kritik herbe Schläge führte *). Immerhin muß M. das Lob zugestanden werden, die da und dort vorhandenen kleinen Mängel des neuen Systemes richtig erfaßt und betont zu haben, obgleich es eine ungeheuere Uebertreibung bleibt, daß er dieser Fehler halber, die noch dazu in der Natur der Sache liegen und selbst bis zum heutigen Tage keine nennenswerthe Unregelmäßigkeit hervorzurufen vermochten, Gregor’s Werk als „vitiosissimum et omnibus locis, quibus etiam rectissime correctum putatur, mendosissimum calendarium“ bezeichnete. In diesem Falle hat eben der eifrige und nicht ganz unabhängige Anhänger einer Religionspartei über den Astronomen den Sieg errungen. Mochte er aber auch zu weit gegangen sein, so versöhnt uns mit seiner Uebereilung gänzlich die abscheuliche Polemik, welche man katholischerseits gegen M. richtete und wofür ein Pröbchen aus Riccioli der Curiosität wegen hier einen Platz finden möge: „Cum ubiquietaria haeresi esset infectus et Romano pontifici ecclesiaeque catholicae infensus, ausus est ejus auctoritati et kalendario Gregoriano oblatrare, sed latratus ejus compescuit noster Clavius, apologia kalendarii Romani ad Rudolphum II. Imp. Rom. scripta 1588, eumque obmutescere, aut intra sectoriorum caulas mussitare, clandestino gemitu coegit“.

Wolf, Geschichte der Astronomie, München 1877, S. 174, S. 290, S. 532. – Reitlinger-Neumann-Gruner, Johannes Kepler, 1. Thl., Stuttgart 1868, S. 89 ff. – Strauß, Leben und Schriften des Dichters und Philologen Nicodemus Frischlin, Frankfurt a. M. 1856, S. 328 ff. – Geschichte der Astronomie, 1. Bd., Chemnitz 1792, S. 301. – Riccioli, Chronicon [580] Astronomorum, Bononiae 1651. S. 41. – Maestlin’s Briefwechsel mit Kepler, ed. Frisch. – Boek, Abhandlung von den Gelehrten Würtembergs, die sich um die Mathematik verdient gemacht haben, Tübingen 1767. – Maedler, Untersuchungen über die Fixsternsysteme, 2. Thl., Mitau 1848, S. 36. – Günther, Beiträge zur Geschichte der neueren Mathematik, Ansbach 1881. – Privatmittheilungen vom Universitätsbibliothekar Dr. Steiff in Tübingen.

[575] *) Die Reise ist um so unwahrscheinlicher, als M. damals die Stelle eines Repententen für Mathematik am Stifte versah; als solcher vertrat er auch seinen Lehrer Apian mehrfach und wanderte 1572 der Pestgefahr halber mit der Universität nach Eßlingen, wo er astronomische Observationen anstellte.

[577] *) Zum Glücke war M. mit einem trefflichen Gesichte ausgerüstet, er erkannte mit unbewaffnetem Auge 14 Sterne im sogenannten Siebengestirn. Zeugen seiner glücklichen Erfindungsgabe sind auch seine hübsche Methode, den scheinbaren Durchmesser der Sonne mittelst einer Uhr zu finden, sowie seine Beobachtung einer Sonnenfinsternis, wobei ein Sonnenbildchen auf einer weißen Tafel aufgefangen wurde.

[579] *) Wie wenig wol M. bei der Sache war, erhellt aus den Akten. Er suchte die ihm übertragene Arbeit „propter indignitatem causae“ wieder von sich abzuwälzen und mußte vom Senat derart gedrängt werden, daß Letzterer an der schließlichen Fertigstellung ganz verzweifelte.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 575. Z. 14 v. u.: „damals noch jungen“ ist zu streichen. [Bd. 22, S. 795]
  2. S. 576. Z. 18 v. o.: 20. October (statt 20. December), wie aus dem Tübinger Totenbuch hervorgeht. [Bd. 45, S. 669]