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Artikel „Clavius, Christoph“ von Karl Christian Bruhns in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 298–299, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Clavius,_Christoph&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 16:58 Uhr UTC)
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Clavius: Christoph C., geb. 1537 in Bamberg, † 6. Februar 1612 in Rom (natürlichen Todes, und nicht durch einen Stier, wie mehrfach angegeben, getödtet). Sein Familienname ist Schlüssel, den er latinisirte. Er trat in den Jesuitenorden, studirte in Coimbra (wo er 1596 eine Sonnenfinsterniß beobachtete, bei der nach seiner Angabe die Dunkelheit so groß war, daß er seine Schritte (?) nicht hat sehen können), war 14 Jahre Lehrer der Mathematik am Collegium seines Ordens in Rom, stand wegen seiner Gelehrsamkeit in hohem Ansehen und stieg bis zum Cardinal empor. Er wurde mit Egnatius Dante, den beiden Brüdern Lilius u. A. vom Papst Gregor XIII. zur Kalenderverbesserung berufen, hat darüber am ausführlichsten im 5. Buche seiner „Opera mathematica“ berichtet und über die Verbesserung einen erbitterten Streit mit Scaliger, Calvisius und Maestlin geführt. Nach damaliger Sitte nannte er sein Werk eine Commentatio in sphaeram Sacrobosco, doch ist wenig oder nichts von Sacrobosco darin enthalten. Sein Werk ist betitelt: „Christofori Clavii Bambergensis, e Societate Jesu, opera mathematica quinque tomis distributa“, Moguntiae 1612. Im ersten Buche gibt er Commentare zu Euklid und Theodosius, bespricht die trigonometrischen Functionen Sinus, Tangente und Secante, sowie die ebene und sphärische Trigonometrie; im zweiten Buche behandelt er [299] die praktische Geometrie, die praktische Arithmetik und Algebra; im dritten Buche gibt er die Commentare zu der Sphäre des Sacrobosco und beschreibt das Astrolabium; im vierten Buche sind enthalten acht Abschnitte Geometrie, dann behandelt er die Verfertigung und den Gebrauch der Sonnenuhren und begründet die Theorie derselben; das fünfte Buch gibt wie schon erwähnt die Reformen des Kalenders. Von besonderer Wichtigkeit ist das dritte Buch, in welchem er Partei gegen die Copernicanischen Lehren nimmt. Er hält es für unmöglich, daß, wie Copernicus lehre, die Erde mehrere Bewegungen gleichzeitig haben könne und schreibt doch später selbst dem Monde sechs Bewegungen zu. Die Größenangaben. der Himmelskörper entnimmt er dem Maurolykus; so gibt er der Sonne 5½ Erddurchmesser, den Fixsternen erster Größe 4¾ Erddurchmesser, den Fixsternen sechster Größe 2⅝ Erddurchmesser. Er untersucht ferner, in welcher Jahreszeit Gott die Welt geschaffen habe, wofür er den Frühlingsanfang festsetzt. Die Sonnenfinsterniß bei Christi Geburt läßt er dadurch entstehen, daß Gott den Mond rückwärts geschoben habe. Um Anhänger der Kirche zu sein und keine Deutung der heiligen Bücher zuzulassen, verfällt er in seinen theoretischen Ansichten vollständig in Irrthümer und stellt eine Menge absurder Behauptungen auf. Trotz seiner großen Gelehrsamkeit hat er die Astronomie nicht gefördert und die durch Copernicus aufgestellte Lehre in keiner Weise aufhalten können.

Delambre, Astronomie moderne T. II, p. 48–75, wo eine Analyse seiner Opera sich befindet.