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Artikel „Braun, Kaspar“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 198–203, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Braun,_Caspar&oldid=- (Version vom 3. November 2024, 21:00 Uhr UTC)
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Band 47 (1903), S. 198–203 (Quelle).
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Braun: Kaspar B., Xylograph und Verleger, geboren am 13. August 1807 zu Aschaffenburg, † am 29. October 1877, erhielt eine gründliche Bildung, absolvirte das Gymnasium seiner Heimath, bezog die unter Cornelius neuorganisirte Akademie zu München. Hier zeichnete und malte B., während er noch den Antikensaal und die Componirschule besuchte, groteske Landschaften von eigener Erfindung nach dem Vorbilde des Salvator Rosa mit Rabensteinen und Geistergesindel staffirt, nächtliche Schlachtfelder und Reitergefechte, aber auch Gauner, falsche Spieler, Zigeuner und fahrendes Volk à la Caravaggio und Callot; er versuchte sich in allen Arten der Technik, im Freskomalen und Steinzeichnen; auch xylographische Versuche wurden erprobt, obwol letztere in Ermangelung jedes tauglichen Werkzeugs, nur mit dem studentischen Federmesser executirt, sehr unbefriedigend ausfielen. Besser ging es schon mit Radirnadel und Aetzdruck (in Maillinger’s Bilderchronik II, 186). Dann wurden in Form von Oelbildern wieder ritterlich-romantische Stoffe verarbeitet, da noch die Begeisterung für Friedrich Baron de la Motte-Fouqué’s spornklirrenden „Sigurd“, für die blauäugige „Undine“ und Walter Scott’s historische Romane in Blüthe stand und Karl Spindler’s Stern im Steigen war. Nach solchen Anregungen malte B. ausziehende Ritter und „Reisige“ mit Knappen und Trompetern, brennende Burgen, dann wieder sanftere Scenen aus Novalis’ „Heinrich von Ofterdingen“ (1831) oder patriotische Stoffe wie „Pappenheim’s Heldentod“ (1832) und „Gustav Adolf’s Leiche auf dem Felde zu Lützen“ (1833) und anderweitige Staatsactionen, welche indessen wieder mit Landschaften und „Bauernhütten“ – letztere in leiser Fühlung mit Fritz Lentner’s damals schon aufkeimenden „Dorfgeschichten“, wechselten. Auch übte man sich in Ermangelung höherer Aufträge mit den Bildnissen guter Freunde im Porträt oder mit Genrebildern, die freilich noch scheeläugig und von oben herab betrachtet wurden; darunter befand sich auch das lyrische „Dachkämmerchen eines armen Poeten“ (1832), welches sogar die kritische Aufmerksamkeit des Stuttgarter „Kunstblattes“ (1834, S. 154) erweckte und ein „Jahrmarkt in Ditfurth“, ein Thema, welches B. nachträglich in den Münchener Bilderbogen (Nr. 120) nochmals aufnahm. Einen ganzen Cyklus von Illustrationen lieferte B. zu Clemens Brentano’s fröhlichem Märchen „Gockel, Hinkel und Gackeleia“, die unmittelbar nach dem Willen und unter den Augen des Dichters ausgeführt, später durch Strixner auf Stein übertragen und der ersten Ausgabe (Frankfurt 1838 bei Schmerber) einverleibt wurden. Auch der von Franz Pocci und Guido Görres herausgegebene „Festkalender“ brachte etliche Blätter (z. B. Heft VII, 3; VIII, 6) von Kaspar B., welcher sich längere Zeit und in verschiedenen Zwischenräumen auf Reisen herumtrieb, die Donau hinab nach Ungarland und Norddeutschland, mit allerlei Plänen, z. B. mit einer Sammlung der schönsten Schlösser und Burgen, welche in einem Prachtwerke erscheinen sollten. Und später noch finden wir ihn als Burgenbauer, wetteifernd mit dem hierin unübertrefflichen Grafen Franz Pocci, wie viele der schönsten Holzschnitte in den „Bilderbogen“ und in der „Hauschronik“ beweisen. Auch im Gebiete der Landschafts- und Freskomalerei bethätigte er sich, beispielsweise im Hause des Hofraths v. Dessauer, wo B. [199] neben Heinlein und Morgenstern zwei Fresken malte (Kunstbl. 1885, Nr. 47), um alsbald wieder zu seinen Schlachtfeldern und Bataillen zurückzukehren – eine Richtung, welche er indessen 1837 mit einer „Schlacht bei Alling“ glorreich schloß. Eine Ausgabe von Lafontaine’s Fabeln, welche mit Illustrationen von Grandville zu Paris in Holzschnitt erschien, erzeugte bei B. den Gedanken, diesem bei uns in arge Vergessenheit gekommenen Kunstzweig wieder zu Ansehen und Ehren zu verhelfen. In England hatte Thomas Bewick (1753, † 1828) ein neues Verfahren und neue Instrumente in Anwendung gebracht; seine Technik übertrug Charles Thompson (1791, † 1843) nach Frankreich. Während man in beiden Ländern vortreffliche Arbeiten zu Tage förderte, blieb Deutschland, welches, als das eigentliche Mutterland der Holzschneidekunst früher, doch so unvergleichliche Meisterwerke geleistet hatte, weit zurück. In Berlin war es der nüchterne Fr. Wilh. Gubitz (1786, † 1870), welcher seit 1805 die Xylographie lehrte; da er nach der Krankheit der Zeit auch Verse machte, so pflegte Zelter (wie uns wenigstens Wilhelm v. Chézy in seinen „Erinnerungen“ 1863, I, 116 berichtet) von ihm boshaft zu sagen: es sei eine schwer zu lösende Frage, ob Gubitz sein Holz in Verse oder seine Verse in Holz schneide – eines wie das andere war gleich hart, trocken und unerquicklich. Als andere gleichzeitige Berühmtheiten in diesem Fach galten Fr. Ludwig Unzelmann (1799, † 1854) in Berlin, Eduard Kretzschmar (1806, † 1858) in Leipzig und der Wiener Blasius Höfel (Wurzbach, Biogr. Lexikon IX, 93), welche nach Möglichkeit dem Holzschnitt neue Bahnen öffneten. Einen Ableger davon hatte Heinrich Neuer nach München verpflanzt, wo er mit seinem Vater Thomas den vielfach an ihn von auswärts kommenden Aufträgen oblag. Er schnitt z. B. das von Moriz v. Schwind gezeichnete Titelblatt (Gambrinus) zu Spindler’s „Zeitspiegel“ (1831), auch die Vignetten Pocci’s zu dem von Guido Görres gedichteten „Schön Röslein“ (1837), viele Zeichnungen des trefflichen Alexander Strähuber und die Illustrationen zur Kunstgeschichte des Grafen Raczynski, welcher auffälliger Weise diesen seinen Gehülfen mit keiner biographischen Notiz bedenkt. Bei solcher Sachlage war es eine kühne, aber glückliche Idee Braun’s, sich ganz einer Sache hinzugeben, welche die schönste Zukunft verhieß. Sich umsehend nach Verbündeten, gewann er seine beiden gleichstrebenden Freunde Tony Muttenthaler (1820, † 1870) und Johann Rehle (1814–1846) zu Schülern und Gehülfen. Mit jenem nur der Jugend eigenen Muthe und jener erstaunlichen Ausdauer begann das Triumvirat, ohne gehörige Werkzeuge und ohne jegliche Anleitung, das Unmögliche, bis B. den Vorschlag machte, lieber gleich nach Paris zu gehen und die Hülfe eines erfahrenen und tüchtigen Meisters aufzusuchen. Die dazu erforderlichen Mittel wurden durch Hofrath v. Dessauer bald beschafft und schon im Frühjahr 1838 fuhren B. und Rehle nach dem goldenen Vließ. Ein kleiner kaum 5 Centimeter haltender Holzschnitt, welcher die Porträtköpfe der beiden Reisenden in der nach „Metz“ bezeichneten Diligence darstellt, beide Rauchwolken aus kurzer Pfeife blasend und mit dem Kupferstechern und Holzschneidern häufig eigenen stechenden Blick hinausschauend, verkündete den Münchenern das Gelingen dieser Sendung. Zwar wollte in dem weiten Paris den verlassenen Reisenden anfänglich der Muth sinken, als sie in den verschiedenen Künstlerateliers der deutschen Landsleute kühle Aufnahme fanden. Nun klopfte B. direct bei Grandville an, stellte sich als deutscher Künstler vor und den Zweck seiner Reise und daß er keinen anderen Wunsch hege als Henri Brevière’s Schüler zu werden. Da fuhr der wackere Grandville mit seinen Schützlingen nach dem ersehnten Atelier. In dankbarer Erinnerung sprach B. immerdar von der bei diesem Meister gefundenen [200] freundlichen Aufnahme und Förderung. Die beiden Deutschen mußten sehr fleißig gewesen sein. Denn bald konnten sie schöne Proben ihrer Fortschritte in die Heimath senden: ein Heft in groß Quart, betitelt „Holzschnitte von –“ statt der Namen steht hier das vorgenannte Conterfei der beiden Reisenden. Dieses Heft enthält mit Einschluß der Titelvignette sechs, nicht im Contourstich, sondern in sehr malerischer Wirkung gehaltene Blätter, welche von den Stadien ihrer Kunst zeugen, eine jetzt sehr werthvolle typographische Seltenheit (Paris bei Lacrampe & Comp.). In der auf den 4. April datirten Vorrede geben sie einen kleinen historischen Ueberblick und bringen ihr Dankgefühl gegen die freundlichen Gönner zum Ausdruck. Das schönste Zeugniß gab später der treffliche Brevière selbst, als er seinen Sohn Emile zu B. nach München 1841 in die Lehre schickte. – Von den 24 Holzschnitten (nach Kaulbach u. A.), womit Cotta die zwölfbändige Schillerausgabe (Stuttgart 1839) ausstattete, wurde noch ein Theil von Pariser Künstlern geschnitten, einige jedoch schon von Tony Muttenthaler und das Bild „Maria Stuart zu Füßen Elisabeths“ trägt Braun’s Monogramm. Er gründete nach seiner Rückkehr mit Dessauer eine xylographische Anstalt, woselbst alsbald Bestellungen und Aufträge in Fülle einliefen. Zu den ältesten Gehülfen zählten außer Rehle und Muttenthaler, Bernhard Götz, Jos. Wiesmaier (1822, † 1872), Franz Kreuzer (1819, † 1872), Jos. Blanz (1816, † 1881), Andreas Zwick, Christian Ruepprecht und viele Andere; eine große Anzahl der neueren und neuesten, berühmtesten Xylographen ist aus diesem Atelier hervorgegangen. Es war eine freudige Wahrnehmung, wie klar und sachverständig diese Künstler ihre ernste Aufgabe erfaßten: vergleicht man beispielsweise die mit einer spröden faserigen Nüchternheit von englischen Artisten xylographirten Randzeichnungen Eugen Neureuther’s zu Herder’s „Cid“ (Stuttgart 1838 mit dem markigen contourensicheren und farbigen Schnitt, womit nach demselben Künstler Goethe’s „Götz“ und durch Strähuber’s Copien der Schnorr-Bilder die Stuttgarter Prachtausgabe des Nibelungen-Liedes (Stuttgart 1843, das Titelbild trägt die Firma „Kaspar Braun und v. Dessauer in München“) ausgestattet wurde, so zeigt sich der riesige Fortschritt, welchen die wieder erweckte deutsche Technik in kürzester Zeit errang. Später löste sich die Geschäftsverbindung mit Herrn v. Dessauer, auch der kranke Rehle schied 1845 aus dem Atelier und starb schon am 20. December 1846, und B. trat mit dem liebenswürdigen Friedrich Schneider (geboren am 10. October 1815), welcher eben in einer Regensburger Buchhandlung arbeitete und mit Glück als Jugendschriftsteller sich versucht hatte, in die neue, in kurzer Zeit weltbekannt gewordene Firma „Braun & Schneider“, aus welcher alsbald die Gründung der „Fliegenden Blätter“ hervorging.

Die Entstehung der „Fliegenden“, deren erste Nummer am 7. November 1844 in die Welt trat, ist, wie so manches andere, gleichfalls mit Mythen überwuchert, doch dürfte jener Bericht der Wahrheit am nächsten kommen: daß die lustigen Illustrationen, womit Kaspar B. eine Zeitlang die Programme der „Frohsinn“-Gesellschaft und Liedertafel-Productionen auszustatten pflegte, durch ungetheilten Beifall auf den Gedanken führten, öfters und in zwangloser Weise dergleichen „Fliegende Blätter“ in die Winde zu werfen, die von der fröhlichen Jugend sicherlich und gern eingehascht würden. Die erste, probeweise ausgegebene Nummer, welche die zwanglose Reihe eröffnete, gefiel aber so ausnehmend, daß schon nach acht Tagen die zweite folgte und so im seither eingehaltenen Tempo weiter, bis wir jetzt schon an 3000 Nummern in 114 handsamen Quartanten zählen, wahrlich eine stattliche Bibliothek! Der erste Wurf war glücklich gethan, deßungeachtet schien der Erfolg nichts weniger als sicher, [201] denn alles Gute reift nur bedächtig, aber unaufhaltsam. Die lieben Münchner, für welche die „Fliegenden“ zunächst in Frage kamen, verwußten sich kaum, lachten aber, freuten sich auf jede weitere Folge und hatten nur eine Angst: daß wegen Mangels an Stoff der Spaß eines Tages vertrocknet sei. Aber es kam anders. Die Nummern flogen weit hinaus in die Welt und fanden überall freudigen Anklang, neuer Stoff strömte als dankbare Antwort von allen Seiten zu und wuchs der Redaction beinahe über den Kopf. Deutschland hatte vordem nichts dergleichen. Die wenigen „Pfennig- und Heller-Magazine“ mit den namenlos abgeklatschten Schmierbildern waren vergessen; außer der kaum vor Jahresfrist aufgetauchten Leipziger „Illustrirten Zeitung“ bestand nichts derartiges und am wenigsten im Bereiche der Laune, des Witzes und Humors. So fiel ihnen bei der damaligen politischen Langeweile ein höchst dankbares Publicum aus allen Ecken und Enden des Reiches und alsbald auch vom ganzen Ausland, so weit die deutsche Zunge reicht, zu. Die Titelvignette besagte mehr als ein langes Programm, sie blieb die Devise des Ganzen und die „Fliegenden“ werden bestehen, solange eine Redaction dem daselbst angeschlagenen Prospect treu verbleibt. Sie bewahrten in allen Wechselfällen ihren guten Ton, der zur traditionellen Sitte des Hauses wurde; sie lavirten mit ungeheurem Glück und Tact durch alle die Schwankungen der Zeit; sie wurden nachgeahmt und copirt, unzählige Mal übertroffen und doch niemals erreicht. Dieser gute, bis an die äußerste Grenze des Erlaubten schweifende, dieselbe selten berührende, nie aber darüber hinausschlagende Scherz, Witz und Humor, durchwebt von sinnigem Ernst und den tiefsten Klängen aus dem Menschenherzen – das ist das ästhetische Recept und der ethische Kern und Reisepaß, welcher den „Fliegenden“ immer und überall alle Leser gewann. In ihnen spiegelt sich ganz unleugbar ein guter Theil unserer politischen, socialen und culturhistorischen Zustände, sie bilden auch einen Beitrag zur Entwicklung unserer deutschen Kunst und Litteratur. Aus dem unzählbaren Chor der meist anonymen oder ungenannten Mitarbeiter und Künstler tauchen viele achtbare Namen auf, welche jetzt als Koryphäen glänzen. Kaspar B. eiferte mit dem guten Beispiel voran. Er schuf Gestalten, welche zu typischen Charakteren wurden. Wer denkt dabei nicht an die unverwüstlichen Figuren des „Eisele und Beisele“, welche geradezu eines Weltrufes sich erfreuten; fand doch der weitgereiste Fr. Gerstäcker sogar in China ihr plastisches Duo in Papiermaché und die Zopfträger sprachen deutlich die Namen des Hofmeisters und seines ebenbürtigen Zöglings! Dazu kamen der europamüde „Wühlhuber“, die tapferen „Heulmaier“ und „Master Vorwarts“. Unter seinem Stift entstanden die urkomischsten Scenen, antike Komödien und wahrhaft classische Bilderwitze. Die litterarischen Einkäufe las er erst mit seinem unermüdlichen, auch dem geschäftlichen Betrieb obliegenden Freunde Fr. Schneider, später mit dessen Sohn, mit Eduard Ille und einer eigenen Commission und Jury von Richtern, welche jeden, selbst den kleinsten Beitrag, streng kritisch zu prüfen und zu begutachten haben, damit aus diesem, wie Sand am Meer anwachsenden Material ja kein Goldkorn ungesiebt verloren gehe; er schrieb eine Fluth von Briefen, bittend, mahnend, warnend, abwehrend und „dankend“, letztere freilich nicht mit eigener Hand, da die Abfuhr des als unverwendbar befundenen Materials täglich einige Hundert Correspondenzen umfaßt. Vielen Künstlern stand er bei mit Rath und That, als Freund und väterlicher Anwalt; er förderte jüngere Kräfte und führte sie auf die Bahn eines ehrenvollen Strebens, geradeso wie er eine eigene Schule von Xylographen bildete, welche nicht allein zu den ältesten, sondern auch zu den achtbarsten Künstlern dieses Faches zählen.

[202] Theilweise aus und neben den „Fliegenden“ entstanden die „Münchener Bilderbogen“, welche fast in alle Sprachen der gebildeten Welt übersetzt, nicht allein dem heiteren Humor dienten, sondern auch ein unvergleichliches pädagogisches Bildungsmittel wurden und jetzt in 50 Jahres-Bänden mit 1200 Nummern, die Geschichte der Kostüme, viele ethnographische und botanische Belehrung, Bilder aus dem Alterthum, Märchen, Sagen und vielen fröhlichen Schnickschnack bieten – eine wahre Fundgrube der nützlichen Unterhaltung für Jung und Alt. Der gleichen Quelle entsprangen das „Exilium melancholiae“, die „Novellen-Pastete“, „Herrn Petermann’s Jagdabenteuer“, der „Fliegende-Blätter-Kalender“, die schnurrigen Bilderscherze von W. Busch, die „Stärkenden Tropfen für Solche, denen die Welt im Magen liegt“, die köstlichen „Gedankensplitter“, der „General Rockschößel“, das lustige Handbuch für Sommerfrischler, die „Lustige Jagd“, der ditto „Sport“, „Rottenhöfer’s Kochbuch“, das „Vademecum für lustige und traurige Juristen“, das, eines unerhörten Erfolges sich erfreuende Jägerbuch „O diese Dackeln!“, die Ausgaben in Album-Form mit Zeichnungen nach Oberländer, Fritz Steub, Moriz v. Schwind, Spitzweg, L. v. Nagel, Marold und Harburger, ferner die Meggendorferiaden – doch wir müßten eine Geschichte der Verlagshandlung „Braun & Schneider“ schreiben, um der untrennbaren Thätigkeit der beiden Freunde (vgl. übrigens den Artikel „Friedrich Schneider“ A. D. B. XXXII, 123) auch nur annähernd gerecht zu werden. – B. gebot über eine bei Künstlern nicht allzuhäufig gepflegte feinere Bildung, über ein weites historisches Wissen, welches Fr. Schneider mit dem ganzen Schick eines Weltmannes theilte. Aus diesem Sinn und aus dem vielleicht mehr gefühlten als ausgesprochenen Bedürfniß, dem Humor und Witz ein Gegengewicht zu geben, reifte die Idee zur Herausgabe der „Hauschronik“, jenes in Bild und Text so gleich gediegenen Werkes, welches leider nicht die verdiente Theilnahme des Publicums erwarb und deshalb nach zweibändiger Probezeit (1851 und 1852) aufgegeben werden mußte. Gleichfalls gegen Verdienst unbekannt blieb eine andere, rein fachwissenschaftliche Leistung, welchem sich B. mit außerordentlichen Opfern von Zeit und Mühe bereitwilligst unterzog. In seiner Eigenschaft als Oberzeugwart ordnete er das ganze Material und Inventar des Münchener Landwehr-Zeughauses in mustergültiger Weise und schrieb ein mit zahlreichen Holzschnitten ausgestattetes Buch (München 1866), welches die urkundliche Geschichte dieser Sammlung und obwol in gedrängtem Umriß, doch zugleich die ganze historische Entwicklung der betreffenden Waffen gibt. B. liebte aber auch die alten Classiker, er erfrischte seinen Geist und Witz an der Lectüre im griechischen und lateinischen Urtext und überraschte durch schlagende Citate, für deren Wörtlichkeit er immer die Wette gewann. Die gute Manier, womit B. seine jeweilige Ueberzeugung rückhaltlos darzulegen verstand, gewann ihm nicht nur die Gunst, sondern, wie der edle, sich dadurch selbst ehrende hohe Herr bei jeder Gelegenheit zu betonen pflegte, die Freundschaft des Herzogs Maximilian in Baiern. B. war über ein Decennium beinahe der ständige Gast jener kleinen Symposien, welche, durch fesselndes, freimüthiges Gespräch, Musik und Gesangeskunst belebt, jedem Ehrengaste in dankbarer, angenehmer Erinnerung bleiben. An einem dieser Abende reifte u. a. der Plan: jene beinahe verschollenen Weisen und Melodien, welche zur früheren Poesie des Reisens und der Reisenden gehörten, von kundiger Hand genotirt, festzuhalten, ehe sie ganz aus der Erinnerung der Zeitgenossen verschwinden. So entstanden die mit Holzschnitten ausgestatteten „Posthorn-Klänge für das chromatische Horn von Herzog Maximilian in Baiern“, mit Text von Karl Stieler (München 1869).

[203] In steter Arbeit saß Kaspar B. Jahr um Jahr an seinem Tische in dem traulichen Redactionsstübchen, welches mit seinem malerischen Habitus und Urväterhausrath der wackere Fröhlich mit der Porträtfigur Braun’s so glücklich zeichnete (vgl. „Daheim“, Leipzig 1868, IV, 373). Da starb nach sechzehnjähriger Ehe, in dem Kreise blühender Kinder, unerwartet und plötzlich Braun’s treffliche Gattin. Im J. 1864 verschied Fr. Schneider, der treuverbundene Freund und Mitarbeiter, der anscheinend so kerngesunde, rüstige Jäger, der eine lange Lebensdauer versprechende stattliche Mann. Von da an war B. gebrochen. Wohl fand er Ersatz in der eigenen Familie, brave Schwiegersöhne kamen und fröhliche Enkel. Die Söhne Schneider’s, welche in dessen Fußtapfen traten, ehrten und liebten den Freund ihres Vaters in rührender Weise; auch Braun’s gleichnamiger Sohn folgte den Traditionen des Hauses. Aber B. war verändert. In verdoppelter Arbeit suchte er Trost und Genügen. Trotz eines unverkennbaren Herzleidens gönnte er sich keine Erholung. Sein eisernes Pflichtgefühl hielt ihn aufrecht. Aber selten blitzte das alte Feuer des Humors in die Höhe, ein schwacher Nachklang jener früheren stürmischen, alles mit sich reißenden Lustigkeit, welche Blasen werfend, perlend und schäumend ihn ehedem zum lebendigen Mittelpunkt jeder Gesellschaft machte. Nur die rollenden Augen blieben ihm, womit er über die Brille hinweg jeden Neuling durchzuglühen und zu durchbohren schien und die doch gleich darauf den Verblüfften mit einer solchen Fülle und Tiefe von Güte, Wohlwollen und Theilnahme überstrahlten. Es gab auch mancherlei Feste und Jubiläen, z. B. der tausendsten Nummer, des fünfzigsten Bandes, des siebenzigsten Lebensjahres. B. behielt bei der größten geistigen Thätigkeit eine beispiellose Ruhe; er übte, frei von jeder Pedanterie, seine bis ins kleinste gehende Umsicht, Sorgfalt und peinliche Gewissenhaftigkeit, bis nach schweren Leiden am 29. October 1877 sein Leben erlosch.

Vgl. die zahlreichen Aufsätze zur Geschichte der Fliegenden Blätter und ihrer Mitarbeiter in der „Gartenlaube“, im „Daheim“, „Vom Fels zum Meer“ 1893, XIII. Bd., 5. Heft, S. 409 ff. und in der „Zeitschrift für Bücherfreunde“, Leipzig, Nov. 1898, „Ueber Land und Meer“ 1894, XXI, 364, Lützow’s Zeitschrift 1867, S. 216 ff. u. dgl., dazu viele Nekrologe z. B. in Beilage 312 der Allg. Ztg. v. 8. Nov. 1877, in Nr. 1796 der „Illustr. Zeitung“, Leipzig, 1. Dec. 1877. – Franz Dennerlein, Die Münchener Bilderbogen als Unterrichtsmittel. München 1872. – Fr. Th. Vischer, Altes und Neues, 1881. I, 107 ff. – M. Schasler, Die Schule d. Holzschneidekunst, 1866. S. 163. – Nagler, Monogrammisten, 1858. I, 956. – Kutschmann, Gesch. d. deutschen Illustration, 1901.