ADB:Raczynski, Athanasius Graf

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Artikel „Raczynski, Athanasius Graf“ von Lionel von Donop in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 106–107, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Raczynski,_Athanasius_Graf&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 20:55 Uhr UTC)
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Raczynski: Athanasius Graf R., einem vornehmen Adelsgeschlechte angehörig, ist als zweiter Sohn des polnischen Generalmajors Grafen Philipp R. und dessen Nichte Michalina Raczynska am 2. Mai 1788 in Posen geboren. In früher Kindheit durch den Tod der Mutter beraubt, wurde er mit seinem älteren Bruder Eduard, der sich später namhafte litterarische Verdienste erwarb, der Sorge naher Verwandten in Chobienice an der schlesischen Grenze überwiesen. Darnach leitete der Vater im Schlosse Rogalin die Erziehung und schickte die Söhne 1804 auf die Universität nach Frankfurt a/O. und im folgenden Jahre zur Fortsetzung der Studien nach Berlin. Während eines Aufenthaltes in Dresden 1806 wurde ihr Interesse für die Kunst geweckt. Nach der Schlacht bei Jena flüchteten sie nach Krakau. Als Freiwilliger betheiligte sich Graf Athanasius R. 1807 an der Belagerung von Danzig unter dem General v. Sokolnicki, trat im Frühjahr 1809 in das Ulanenregiment Tyskiewicz und wurde am 17. April d. J. zum Secondelieutenant im Regiment Laczynski befördert. Zwei Jahre später widmete er sich der diplomatischen Laufbahn. Zum königlich sächsischen Kammerherrn und Legationsrath ernannt, war er von 1813 bis 1815 Mitglied der Gesandtschaft in Kopenhagen und Paris. – Nach Polen heimgekehrt vermählte sich der Graf am 3. November 1816 mit Prinzessin Anna Radziwill, Tochter des Fürsten Dominik Radziwill. Dieser Ehe entstammen drei Kinder: Karl Eduard Nalecz Graf R., Majoratsherr auf Obrsitzko in Posen, [107] Gräfin Wanda Festetits und Gräfin Therese Erdödy. Die ersten Jahre nach seiner Vermählung verbrachte Graf R. auf Reisen im In- und Auslande und pflegte zugleich seine intimen Beziehungen zu den Vertretern hoher Aristokratie. Später trat er in preußische Staatsdienste und fungirte von 1830–34 als Geschäftsträger in Kopenhagen. Seit geraumer Zeit im Verkehr mit hervorragenden Künstlern und Gelehrten, unterzog er sich, durch Autopsie mit den Hauptwerken der lebenden Kunst vertraut, mit Eifer und Opferwilligkeit der schwierigen Aufgabe, die Entwicklung der deutschen Kunst in der neueren Zeit durch ein Gesammtbild zu verdeutlichen. Das für jene Zeit schätzenswerthe Werk: „Histoire de l’art moderne en Allemagne par Le Comte Athanase Raczynski.“ t. I-III. A Paris. Chez Jules Renouard, libraire. 1836–1841. Avec atlas in folio erschien gleichzeitig in deutscher Ausgabe unter dem Titel: „Geschichte der neueren deutschen Kunst von Athanasius Grafen Raczynski. Aus dem Französischen übersetzt von Friedr. Heinr. von der Hagen.“ 3 Bde. Berlin. Auf Kosten des Verfassers. 1836–1841. Der dem Gesammtwerke beigefügte Atlas enthält 38 Blatt Stiche und Lithographieen nach den wichtigsten Meisterwerken. Von Mai 1842–1848 lebte Graf R. als Gesandter in Lissabon. Neben seiner amtlichen Thätigkeit war er auch hier mit kunsthistorischen Forschungen beschäftigt, die er in den Werken „Les arts en Portugal. Lettres adressées à la société artistique et scientifique de Berlin, et accompagnées de Documents par le Comte A. Raczynski.“ Paris. Renouard. 1846, und im „Dictionnaire historico-artistique du Portugal pour faire suite à l’ouvrage ayant pour titre: Les arts en Portugal. Par Le Comte A. Raczynski.“ Paris. Renouard 1847 verwerthete. – Vom 26. April 1848 bis 26. August 1852 vertrat der Graf die Gesandtschaft in Madrid und bewährte sich in dieser diplomatischen Stellung durch Umsicht, Gewandtheit und Energie. Die auf seine Mission in Spanien bezüglichen Briefe und Depeschen sowie seine Correspondenz mit dem Marquis von Valdegamas Donoso Cortès sind vom Grafen Adhémar d’Antioche veröffentlicht. – Durch hohe Ehren ausgezeichnet zog sich Athanasius Graf R. im J. 1852 aus dem Staatsdienste in das Privatleben zurück und widmete sich vornehmlich wissenschaftlichen Arbeiten und der Verwaltung seiner umfangreichen Güter. – Zur Aufstellung seiner seit 1820 mit sachkundigem Blick gesammelten Gemäldegalerie alter und neuerer Meister hatte er bereits im J. 1844 ein Palais am Königsplatze vor dem Brandenburger Thor zu Berlin erbauen lassen, welches 1884 zu Gunsten des Reichstagsgebäudes niedergelegt ist. Die Sammlung hat seitdem ihre Aufbewahrungsstätte in der königl. National-Galerie gefunden. – In seiner politischen Gesinnung streng conservativ hielt Graf R. die Kräftigung des religiösen Bewußtseins im Volke, ferner die Pflege des Handels, der Industrie und Landwirthschaft für die geeignetsten Mittel zur Hebung allgemeiner Wohlfahrt und Beseitigung socialer Gefahren. Als Aristokrat im besten Sinne erwarb er sich im Leben durch Einfachheit seines Wesens, Offenherzigkeit und Wohlthätigkeitssinn zahlreiche Freunde, eingedenk des Wahlspruches des gräflichen Hauses: Vitam impendere vero. – Athanasius Graf R. starb hochbetagt infolge einer Lungenlähmung am 21. August 1874 zu Berlin und wurde auf dem St. Hedwigsfriedhofe daselbst beigesetzt.

Deux Diplomates. Le Comte Raczynski et Donoso Cortès, marquis de Valdegamas. Dépêches et correspondance politique 1848—1853 publiées et mises en ordre par Le Comte Adhémar d'Antioche. Paris 1880, p. III—XXVIII. – Verzeichniß der Gräflich Raczynski’schen Kunstsammlungen in der Königlichen National-Galerie. Berlin 1886. S. VIII–XVI.