ADB:Schneider, Friedrich (Verlagsbuchhändler)

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Artikel „Schneider, Friedrich“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 123–124, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schneider,_Friedrich_(Verlagsbuchh%C3%A4ndler)&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 04:08 Uhr UTC)
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Schneider: Friedrich S., Verlagsbuchhändler und Mitbegründer der Firma Braun & Schneider in München, wurde am 10. October 1815 zu Leipzig geboren, als der Sohn eines geachteten Bürgers, wählte den Beruf eines Kaufmanns, oblag aber auch, seinem innersten Herzensdrang folgend, mit gutem Erfolge allerlei litterarischen Arbeiten, meist in Form heiterer Lieder oder gemüthvoller Erzählungen. Insbesondere glückten ihm, während S. zu Regensburg und Augsburg als Commis in einer Buchhandlung conditionirte, einige Jugendschriften, wie „Reinholds Schicksale“ und „Die Tempelritter“, welche mit den damaligen Büchlein von Christoph v. Schmid und Wilhelm Bauberger in rühmlicher Weise concurrirten. Dieses sein „lebensfrisches und sittlich reines Gemüth, welches Schneider’s Erstlingswerke so vortheilhaft kennzeichnet, ist auch der treue Stempel seines ganzen fleckenlosen Manneslebens geblieben“. Die gediegene Ehrenhaftigkeit seines, nach einem weiteren, litterarischen Wirkungskreise strebenden Charakters brachte ihn im J. 1843 mit dem um Wiederbelebung der Holzschneidekunst so hochverdienten Zeichner und Historienmaler Kaspar Braun (geb. am 13. August 1807 zu Aschaffenburg, † am 29. October 1877 zu München) zusammen; S. trat zu München in die von Braun & Dessauer 1839 begründete xylographische Kunstanstalt und übernahm (an Stelle des ausscheidenden Hofrath von Dessauer) den buchhändlerischen Betrieb dieser neuen, den Doppelnamen von „Braun & Schneider“ führenden Firma, welche durch eine stattliche Reihe von illustrirten Verlagsartikeln, insbesondere aber vorerst durch die Gründung der „Fliegenden Blätter“ und der „Münchener Bilderbogen“ einen wirklich weltbekannten Namen errang. Während erstere zur Zeit schon im 94. Bande angelangt sind und somit in wenigen Jahren mit Ablauf des fünften Decenniums ihres Bestehens dem 100. Bande zuschreiten, feierten die „Münchener Bilderbogen“ im Herbste des Jahres 1890 mit der Ausgabe des 42. Buches das Erscheinen der 1000. Nummer – Thatsachen, welche keines weiteren Commentars bedürfen, sondern selbstverständlich für die Güte und Leistungsfähigkeit dieser Unternehmungen sprechen. Als die „Fliegenden Blätter“ in die Welt traten, fiel ihnen bei der politischen Langweile jener Zeit ein höchst dankbares Publicum zu aus allen Ecken und Enden des deutschen Reiches. Sie bewahrten in allen Wechselfällen ihren guten Ton, der zur traditionellen Sitte des Hauses wurde; sie lavirten mit ungeheurem Glück und Tact durch alle die Schwankungen des zeitweilig sehr hoch gehenden politischen Lebens. Mit größter Freimüthigkeit alle Ausschreitungen geißelnd, huldigten sie niemals einer anderen Tendenz als der Pflege der guten Laune. Dieser echte, bis an die Grenze des Erlaubten schweifende, dieselbe selten berührende, nie aber darüber hinausschlagende Scherz, Witz und Humor, durchweht von sinnigem Ernst und den tiefsten Klängen aus dem Menschenherzen – blieb das ästhetische Recept und der ethische Kern, welche beide niemals verletzt wurden. Während Kaspar Braun vorwiegend das [124] artistische Element leitete, besorgte Friedrich S. die buchhändlerische Seite des Verlags, Beide aber wetteiferten in treuer, unentwegter Freundschaft an der Redaction des Textes. Der kleinste Gedankensplitter und Witz passirte ebenso wie jedes Gedicht und jede Erzählung die Kritik und Begutachtung einer eigenen Commission, welche trotz der unglaublichen Confluenz des Textes, mit unermüdlicher Ausdauer und Präcision ihrer nicht immer erquicklichen Aufgabe waltet. Friedrich S. wirkte, besonders in früheren Jahren, noch vielfach selbstschöpferisch an den „Fliegenden“, schrieb manche launige Erzählung, dichtete auch etliche ergötzliche Schauerballaden, insbesondere aber betheiligte er sich an jenen unvergleichlichen Reisen und culturhistorischen Cyclen, in welchen die Herren Eisele und Beisele, der gräuliche Wühlhuber und der ebenso drastische Heulmaier, außer diesen auch Master Vorwärts, ihr heiteres Wesen trieben – lauter stehende Charaktere, welche, insgesammt durch Kaspar Braun’s meisterhaften Stift genial gestaltet und belebt, buchstäblich in der ganzen Welt den lautesten Anklang fanden. Selbst ein bedeutender Jagdfreund und dem edlen Waidwerke als seiner einzigen Erholung mit Lust und Eifer obliegend, vereinte Friedrich S. manch eigenes Abenteuer mit den Erlebnissen und Schilderungen anderer Hubertusbrüder in Wort und Bild zu jenen lustigen Büchern, welche als „Herrn Petermanns Jagdbuch“, „Waidmanns Heil“ und die „Jagd in Bildern“ alle Freunde dieses Sport in unvergängliche Heiterkeit versetzen. So vergingen in redlicher Arbeit, im treuesten Zusammenwirken aller betheiligten Kräfte, im vollen Frieden eines glücklichen Familienlebens an 20 Jahre, in welchen S. auch als Mitglied des Armenpflegschaftsrathes seinen bürgerlichen Pflichten in pietätvollster Weise oblag. Da bemächtigte sich des in allen Wettern abgehärteten Mannes eine tückische Krankheit, welche sein Leben nach langen Leiden am 9. April 1864 beschloß. Von seinen Söhnen trat der älteste Julius S. ganz in die Fußtapfen seines Vaters, Hermann S. widmete sich mit glänzendem Erfolge der Historienmalerei, ebenso der jüngere Fritz S., welcher (geb. am 15. November 1848 zu München) sich erst dem Kaufmannsstande zuwendete und in dieser Stellung in Lindau, Heilbronn und Triest thätig war, dann als Einjährig-Freiwilliger die Schlachten von Orleans, die Belagerung und Uebergabe von Paris mitmachte und als Officier, mit dem Ritterkreuz des Militärverdienstordens und als Inhaber des eisernen Kreuzes zweiter Classe in die Heimath zurückkehrte, sich dann unter Piloty und später zu Düsseldorf unter Sohn u. Gebhart der Malerei widmete, aber schon am 12. December 1885 zu Heilbronn am Neckar aus dem Leben schied. Der vierte Sohn Dr. Christian S. hat sich als Arzt, insbesondere durch eine Reise um die Welt und seine ethnographischen Sammlungen einen geachteten Namen erworben.

Vgl. die Nekrologe im Morgenblatt Nr. 123 der Bayerischen Zeitung vom 3. Mai 1864, in der Allgem. Ztg. und in Nr. 35 der Wissenschaftlichen Beilage zur Leipz. Ztg. Außerdem die Brochüre von Dr. A. Lotze: Fr. Schneider als Mensch und Künstler. Berlin 1864.