Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Saturninus, Cn. cos. 41 n. Chr.
Band II A,2 (1923) S. 15311537
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12) Cn. Sentius Saturninus, Consul des J. 41 ν. Chr.

a) Name. Γν. Σέντιος Γν. υἱ(ὸς) Σατουρνῖνος Dio ind. l. LIX; Cn. Sentius Saturninus CIL VI 20141;[1] [C]n. Sentius Saturninus CIL I2 p. 58[2] Fasti fer. Lat.; Cn. Sentius Satur[ninus] VI 31772; Ναῖος Σέντιος Σατορνῖνος Joseph. ant. XIX 166; Cn. Sentius CIL X 2792.[3] Eutr. VII 13, 2; Σέντιος Σατορνῖνος Joseph. bell. II 205 (in den Hss. σέρτιος); Σέντιος Ioann. Antioch. frg. 84; [Cn. Saturn]inus (?) CIL I2 p. 71;[4] Saturninus zumeist in den Consulfasten (die Consularia Constantinopolitana und das Chronicon Paschale bieten, mit leicht begreiflichem Versehen, Antonino, Mommsen Chron. min. I p. 220. III p. 503). Über die Inschrift von Saepinum s. u.

b) Leben. S. war wohl der Sohn des gleichnamigen Consuls von 4 n. Chr. (Nr. 11). Eine Inschrift aus Saepinum (CIL IX 2460)[5] ist einem Manne gesetzt, dessen Pränomen und Gentile getilgt sind; erhalten ist vom Namen nur Cn. f. Soturnin[us], ferner die Ämterlaufbahn: q(uaestor), tr(ibunus) pl(ebis), pr(aetor). Es wäre möglich, daß das Denkmal unserem S. vor seinem Consulate errichtet ist (so vermutet Smilda Suet. vita Claudii 1896, 44); auch die Eradierung des Namens ließe sich dann erklären (s. u.).

Im J. 37 bekleidete er anscheinend die städtische Praetur (CIL I2 p. 71[4] Fasti Arv.; doch ist die Ergänzung [Cn. Saturn]inus nicht völlig gesichert; [1532] vgl. Henzen Acta fr. Arv. p. 197. Dessau PIR III p. 201 nr. 296). Im J. 41 nahm ihn Gaius Caesar, der zum viertenmal die Fasces führte, zum Kollegen (die Belegstellen s. beim Namen), wohl in Erinnerung daran, daß ihre Väter Freunde gewesen waren (v. Domaszewski S.-Ber. Akad. Heidelb. 1918, 6, 6). Der Kaiser blieb nur bis zum 7. Januar im Amte (Suet. Cal. 17), an seine Stelle trat Q. Pomponius Secundus (CIL VI 20141.[1] X 2792.[3] Joseph. bell. II 205; ant. XIX 263. Dio Xiph. LIX 29, 5. Ioann. Ant. frg. 84). In die Zeit der Amtsführung des S. fällt die Ermordung des Gaius, und es hatte beinahe den Anschein, als ob sein Consulat für das römische Reich geradezu epochale Bedeutung gewinnen sollte (wir besitzen eine detaillierte Darstellung dieser Vorgänge bei Joseph. ant. XIX 17–271, die zumeist auf das Geschichtswerk des Cluvius Rufus zurückgeführt wird, vgl. o. Bd. IV S. 123; die hervorragende Rolle, die der jüdische König Agrippa in der Erzählung spielt, erweckt freilich Zweifel an der Richtigkeit dieser Hypothese). Als sich die Nachricht von der Ermordung des Caesars (am frühen Nachmittag des 24. Januar, s. o. Bd. X S. 415) in der Stadt verbreitete und ungeheure Erregung hervorrief, ließen die Consuln, die, wie es scheint, von den Verschworenen nicht vorher mit ins Vertrauen gezogen worden waren, aber nichtsdestoweniger die Führung des verwaisten Gemeinwesens mit Entschiedenheit in die Hand nahmen, ein Edikt anschlagen, in welchem sie – unter gehässigen Ausfällen gegen den Ermordeten – Soldaten und Volk aufforderten, ruhig auseinanderzugehen, und Begünstigungen in Aussicht stellten, wenn diesem Geheiß Folge gegeben werde (Joseph. ant. XIX 160). Zugleich ließen sie den Staatsschatz aufs Kapitol abführen (Ioann. Antioch. frg. 84, Müller FHG IV p. 572 = Dio ed. Boissevain vol. II p. 661) und beriefen den Senat in den Tempel des kapitolinischen Iuppiter, nicht in die Curia Iulia, die an das verhaßte Kaiserhaus erinnerte (Suet. Cal. 60; Claud. 10. Joseph. bell. II 205. Dio Xiph. LX 1, 1 = Zon. XI 8). Mit zuverlässigen Truppen besetzten sie Forum und Kapitol und verteilten, um Plünderungen zu verhüten, Wachposten in der Stadt (Joseph. bell. a. a. O. Suet. Cl. 10. Dio Xiph. LX 1, 1. Ioann. Ant. a. a. O.). Die ,Senatstruppen‘ bestanden aus den vier Cohortes urbanae (Joseph. ant. 188, verbessert gegenüber bell. 205; vgl. Smilda p. 42. Suet. Cl. 10), ferner den Vigiles und den Matrosen, die von Ostia herüberkamen; zu diesen gesellten sich noch Gladiatoren und die Sklavenscharen der Senatoren (ant. 232. 242. 252f.). Als das hohe Haus sich versammelte, trat offen zutage, daß die Consuln in Übereinstimmung mit den Mördern des Gaius und deren Gesinnungsgenossen im Senate den Plan verfolgten, den Prinzipat zu beseitigen und die republikanische Verfassungsform, d. h. in Wirklichkeit die Allgewalt der senatorischen Aristokratie wieder herzustellen (ant. XIX 161. 227; bell. II 205. Suet. Cal. 60; Cl. 10. Aur. Vict. 3, 14f. Oros. VII 6, 3). Sie ließen sich darin weder durch abweichende Meinungen im Senate selbst (bell. 205. Dio Xiph. LX 1, 1 = Zonar. a. a. O.) noch durch die Kunde beirren, daß inzwischen Claudius in das Praetorianerlager gebracht worden sei und [1533] die Garde für ihn einstehe (s. o. Bd. III S. 2786). Man gewinnt den Eindruck, als ob die politische Führung dem Pomponius zugefallen wäre, während S. sich in den prinzipiellen Fragen vielleicht mehr zurückhielt und das Hauptgewicht auf die Beseitigung des ,Tyrannen‘ legte (vgl. ant. 263: καὶ τῶν ὑπάτων ὅ ἕτερος Κόιντος Πομπώνιος δι' αἰτίας ἧν τῷ στρατιωτικῷ μᾶλλον ὡς ἐπ’ ἐλευθερίᾳ τὴν σύγκλητον παρακαλῶν; auch die verschiedene Behandlung der beiden Männer nach dem Scheitern ihrer Aktion spricht dafür). Die Hervorhebung des persönlichen Momentes mußte sich für S. auch darum empfehlen, weil seine Verwandtschaft mit dem Kaiserhaus (s. Nr. 9 b) und die nahen Beziehungen, in denen seine Familie zu Augustus, Tiberius, Germanicus gestanden war, seine Stellung einigermaßen erschwerten. Nebenbei bemerkt, wird er wohl auch den Ehrgeiz gehegt haben, daß sein Consulat, gleich dem seines Großvaters, an Ruhm den gefeierten Consulaten der Republik vergleichbar werde (Vell. II 92, 4). In der Senatssitzung hielt er eine große Rede und beantragte die höchsten Ehren für Chaerea und die anderen ,Freiheitshelden‘ (der Wortlaut der Tirade gegen die ,Tyrannis‘, den Joseph. ant. 167–184 gibt, ist gewiß nicht authentisch: das Urteil über das iulische Kaiserhaus spricht dafür, daß sie erst nach dem Sturze Neros geschrieben ist). Die Rede wurde mit großem Beifall aufgenommen (ant. XIX 185). Im Eifer hatte S. daran vergessen, daß er einen Ring mit dem Bildnis des Gaius trug; Trebellius Maximus zog ihm diesen vom Finger, und die Gemme wurde zerschmettert (ant. a. a. O.). Späte Autoren berichten, daß damals der Beschluß gefaßt worden sei, das ganze Haus der Caesaren auszurotten (Aur. Vict. 3, 16. Oros. VII 6, 3) oder zu verbannen (Epit. de Caes. 4, 2); bei Josephus lesen wir nichts davon, und es ist wohl anzunehmen, daß es sich nur um Anträge dieses Inhalts handelte, die sententiae loco vorgebracht wurden (vgl. Suet. Cal. 60). Daß der Senat zwei Volkstribunen an Claudius sendete, um ihn zum Rücktritt zu bewegen, und ihm für diesen Fall Ehren und Anerkennung in Aussicht stellte (ant. 229–233. Suet. Cl. 10. Dio Xiph. LX 1, 4; vgl. Aur. Vict. 3, 18), spricht auch dagegen, daß damals der erwähnte Beschluß zustande gekommen sei.

Die Volkstribunen, die, erschreckt durch die militärische Überlegenheit des Claudius, ihm weiter entgegenkamen, als ihr Auftrag lautete (irrig heißt es in fast allen neueren Darstellungen [‌Ranke Weltgesch. III 1, 94f. Schiller Gesch. d. r. K. I 1, 315f. v. Domaszewski Gesch. d. r. K. II 18f. Mommsen St.-R. II3 843, 4], daß der Senat Claudius offiziell aufgefordert habe, die höchste Würde aus seinen Händen anzunehmen; s. Smilda a. a. O. 44. Schulz a. g. a. O. 37f.), richteten dennoch nichts aus, wenngleich jener sein Verhalten damit entschuldigte vi se et necessitate teneri (Suet. Cl. 10, der hier allerdings – wie auch Xiph. LX 1 – seine Vorlage sehr stark gekürzt hat; Joseph. ant. 234–236; an unrechter Stelle steht eine entsprechende Antwort des Claudius bell. 209). Eine zweite Gesandtschaft, der sich der iudäische König Agrippa zugesellte (um dann freilich eine trügerische Doppelrolle zu spielen), brachte eine [1534] versöhnliche Erwiderung des Prätendenten, der zwar seine Ansprüche nicht aufgab, aber eine wohlwollende und verfassungsmäßige Amtsführung zusicherte (ant. 245–247; bell. 207f.). Doch die Antwort lautete, freiwillig werde der Senat das Joch nicht wieder auf sich nehmen (bell. 209), worauf Claudius, der inzwischen den Gardetruppen den Eid abgenommen und ein Donativ gespendet hatte, seinen Gegnern die Verantwortung für alle Folgen zuschob und den Wunsch aussprach, es mögen wenigstens die Stadt selbst und ihre Heiligtümer von Bürgerblut verschont bleiben (bell. 209f.; ausnahmsweise hat Josephus hier in den ant. gekürzt; abweichend Smilda 44f.). Schon war es Nacht, als Cassius Chaerea sich von den Consuln die Losung holte; sie gaben ihm die stolze Parole libertas (ant. 186. 188; vgl. O. Th. Schulz Wesen des röm. Kaisert. 1916, 39f.). Doch der Freiheitstraum sollte die Nacht nicht überdauern. Noch vor Tagesanbruch beriefen die Consuln abermals den Senat in den Tempel des Iuppiter Victor am Kapitol; es fanden sich diesmal nicht mehr als hundert Senatoren ein, da die Mehrzahl schon an dem Gelingen des Unternehmens verzweifelte (ant. 248. 249. Suet. Cl. 10). Während die Versammlung über die Lage beriet, stellten die ,Senatstruppen‘ plötzlich die Forderung auf, man solle ihnen einen Kaiser geben, und dieses Verlangen fand im Volke, das den Senatoren nicht günstig gesinnt war, ein lautes Echo (ant. 228. 249f. Suet. Cl. 10). So hatten wenige Stunden genügt, um die Wiederherstellung des ,Freistaates‘ als undurchführbar zu erweisen. Es scheint auch, daß die Consuln, der Not gehorchend, den prinzipiellen Kampf gegen den Prinzipat nunmehr aufgaben; sie hatten aber keineswegs die Absicht, Ansprüche auf die Herrscherstellung anzuerkennen, die sofort im Senate selbst laut wurden (ant. 251f.; vgl. Dio Xiph. LX 1, 1 = Zonar. XI 8. Suet. Cl. 10; o. Bd. III S. 2786). Als Annius Vinicianus seinen Oheim M. Vinicius, den Schwager des Gaius, für den Prinzipat in Vorschlag brachte, wußten die Consuln unter verschiedenen Vorwänden eine Abstimmung darüber zu vereiteln (ant. 251; anscheinend rechneten sie sich dies späterhin zum Verdienst an, weil dadurch Blutvergießen verhindert worden wäre; vgl. ant. 252). Die Feuerwehrsoldaten, Matrosen und Gladiatoren zogen nunmehr ins Praetorianerlager (ant. 252f.). Consuln und Senat waren in sehr übler Lage, da die ihnen noch treu gebliebenen städtischen Kohorten auf der Erhebung eines Kaisers bestanden und andererseits wieder Cassius Chaerea ihnen verwehrte, dieser Forderung nachzugeben (ant. 254f.). Die Unschlüssigkeit der Consuln und des Rumpfsenates und zugleich die Heftigkeit des Chaerea, der die Soldaten verhöhnte und ihnen vorwarf, sie wollten die Herrschaft nach einem Wahnsinnigen einem Blödsinnigen übertragen (ant. 258), gaben schließlich den Ausschlag dafür, daß die Kohorten mit Fahnen und Standarten zu Claudius übergingen (bell. 211f., ant. 259. Dio LX 1, 4). Im Senat herrschte nun größte Bestürzung; gegenseitige Vorwürfe wurden laut (ant. 259f.; bell. 212), und schließlich entschloß man sich zu dem einzigen Ausweg, der noch übrig blieb: Consuln und Senatoren begaben sich ins Lager der Garde, um dem neuen Herrscher ihre [1535] Unterwerfung anzuzeigen und seine Verzeihung zu erbitten (ant. 260. 264; bell. 212. Dio a. a. O. Aur. Vict. 3, 19), die ihnen tatsächlich gewährt wurde (ant. 265f.; bell. 214). Freilich konnten Pomponius und einzelne Senatoren nur mit Mühe vor der Wut der Praetorianer geschützt werden (ant. 263f.). Noch am nämlichen Tage (25. Jan.) wurden dem Sieger die kaiserlichen Rechte vom Senate zuerkannt (Dio a. a. O.; vgl. o. Bd. III S. 2786).

S. und Pomponius blieben auch nach dem verunglückten republikanischen Intermezzo im Amte. Sie sind noch am 15. Mai (CIL VI 20141) und am 25. Juni (kaum 9. Juli) nachweisbar (CIL I2 p. 58[2] = VI 2015 = XIV 2241 Fasti fer. Lat.: VII [Kal. oder Idus] Iul.: der Name des Pomponius ist eradiert). Vermutlich waren sie von Gaius für das erste Halbjahr designiert und sind tatsächlich bis zum 1. Juli in Funktion geblieben. Eine Travertinplatte, die im Bereich der Diocletiansthermen gefunden wurde, trägt auf der einen Seite eine Inschrift der Consuln des J. 3 v. Chr. (vgl. o. Bd. IV S. 1373), auf der anderen die Worte ex auctor[itate] Ti. Claudi C[aesaris] Aug. Germ[anici] pontif. m[ax.] Cn. Sentius Satur[ninus cos.] reficiend. cu[ravit] (CIL VI 31772[6]). Wenn auch die Ergänzung cos. nicht ganz sicher ist, dürfte doch am ehesten anzunehmen sein, daß die Consuln S. und Pomponius die Wiederherstellung des Baues (nach Lanciani Not. d. scavi 1890, 215 etwa einer Porticus oder Aedicula) in Angriff nahmen, die Einweihung aber erst nach der Damnatio memoriae des Pomponius (im J. 42, s. o. Bd. III S. 2794) stattfand.

In allen Consulfasten, die auf die Chronica Italica zurückgehen, findet sich nach den Consuln des J. 41 das Paar Saturninus II et Venustus (Mommsen Chron. min. I p. 255. 282 Fasti Vindob. priores. 411 Prosper Tiro. II p. 137 Cassiod.) oder Venustus et Saturninus (I p. 282. Barb. Scal.), das in den Fasten östlicher Provenienz fehlt (Mommsen ebd. I p. 255. III p. 503). Mommsen hält dieses Paar für erfunden (er schreibt: (vitia) quo consilio in laterculum introducta sint, reperire non potui; demgemäß hat es in die neueren Bearbeitungen der Consulnliste keinen Eingang gefunden. Es scheint mir aber doch nicht völlig ausgeschlossen, daß das Consulnpaar historisch und nur zu einem unrichtigen Jahre eingereiht ist. Dafür könnte sprechen, daß auch andere Persönlichkeiten, die unmittelbar nach der Ermordung des Gaius eine politische Rolle gespielt hatten, in den nächsten Jahren den zweiten Consulat erhielten (so M. Vinicius im J. 45, Valerius Asiaticus das Jahr danach; vgl. ferner Dio LX 3, 5: τοῖς γε μὴν ἄλλοις, οἳ τὴν δημοκρατίαν ἐκφανῶς ἐσπούδασαν ἢ καὶ ἐπίδοξοι λήψεσθαι τὸ κράτος ἐγένοντο, ... τιμὰς καὶ ἀρχὰς ἔδωκεν); es wäre durchaus möglich, daß dies auch bei S. der Fall war – zumal dieser ein entfernter Verwandter des Kaisers war und sich überdies in der militärischen Hauptaktion der claudischen Zeit auszeichnete (s. u.). Die Erklärung für die Aufnahme dieses Suffectconsulates (nur um ein solches kann es sich handeln) in die Eponymenreihe könnte vielleicht die (bis auf die Consulatsangabe aus Hieron. Chron. übernommene) Notiz geben, die sich in den Chronica des Cassiodor [1536] daran schließt: his conss. Petrus apostolus Romam mittitur, ubi evangelium praedicans XXV annis eiusdem urbis episcopus perseverat (Chron. min. II p. 137; in den Fasti Vindob. priores steht eine entsprechende Bemerkung beim J. 42 [ebd. I p. 282], bei Prosper Tiro beim J. 46, ebd. p. 411, doch vgl. Μommsen p. 251f.; nach Eus. h. eccl. II 14, 6 kam Petrus unter Claudius, nach Hieron. Chron. [ed. Helm p. 179], de vir. ill. 1. Oros. VII 6, 2 u. a. im ersten oder zweiten Jahre dieses Kaisers [42/43] in die Hauptstadt; Harnack Gesch. d. altchristl. Lit. II 1, 244 [vgl. 710] meint darüber: ,ob die alte Überlieferung, welche den Petrus bereits unter Claudius nach Rom bringt, ganz und gar unbrauchbar ist, ist mir fraglich; natürlich kann es sich nur um einen Besuch handeln ... im J. 47 ist er wieder in Jerusalem‘; uns braucht diese Frage hier nicht weiter zu beschäftigen, da es für die Korrektheit der Consulatsangabe nicht darauf ankommt, ob die Nachricht geschichtlich ist). Demnach war, wie wir vielleicht vermuten dürfen, der ,Geburtstag des Papsttums‘ in einer bestimmten christlichen Tradition mit dem Consulat des Saturninus II und Venustus verbunden, und aus diesem Grunde wurden diese Consuln in die Eponymenliste der Chronica Italica aufgenommen – freilich zum falschen Jahre, denn der Consulat des S. und Venustus könnte nicht vor das J. 47 gehören: in den J. 42 und 46 amtierte der eine der Consuln das ganze Jahr, 43, 44 und 45 fungierten im ersten Nundinum Consuln, die das Amt zum erstenmal bekleideten, demnach einen Consul II kaum zum Nachfolger haben konnten. Am ehesten könnte man das Paar gerade dem J. 47 zuweisen, in dem Claudius zum vierten- und L. Vitellius zum drittenmal die Rutenbündel führten (s. o. Bd. III S. 2801).

Eutrop sagt von Claudius (VII 13, 2): Brittanis intulit bellum ... eaque devicta per Cn. Sentium et A. Plautium, inlustres ac nobiles viros, triumphum celebrem egit. In den anderen (freilich spärlich fließenden) Quellen wird S. nicht genannt, aber es unterliegt keinem Zweifel, daß Eutrop hier einem guten Gewährsmann gefolgt ist. Demgemäß hatte S. einen wesentlichen Anteil an der Unterwerfung Britanniens; welcher Art derselbe war, läßt sich allerdings nicht sagen. Wir mögen annehmen, daß er, als Claudius im J. 43 persönlich den Oberbefehl übernahm, den Kaiser als Legatus Augusti pro praetore und Comes begleitete und in dieser Stellung Gelegenheit zu erfolgreichen Aktionen fand (Hübner Herm. XVI 1881, 519. 525. Dessau PIR III p. 201; doch blieb Claudius nur 16 Tage auf der Insel, s. o. Bd. III S. 2796). Um so begreiflicher erschiene dann, wenn er wirklich nachher noch mit dem zweiten Consulate ausgezeichnet worden wäre. Ohne Frage wird er die Triumphalornamente empfangen haben, die doch sogar dem Legionslegaten Vespasianus zuerkannt wurden (s. o. Bd. VI S. 2628).

In den letzten Dezembertagen des J. 69 warf Helvidius Priscus dem Eprius Marcellus im Senate vor, daß durch sein Verschulden Freunde Vespasians schuldlos den Untergang gefunden hätten: fuisse Vespasiano amicitiam cum Thrasea, Sorano, Sentio; quorum accusatores, etiamsi puniri non oporteat, ostentari non debere ... satis [1537] Marcello, quod Neronem in exitium tot innocentium inpulerit (Tae. hist. IV 7). Dieser Sentius (die Änderungen des Namens in Seneca oder Anteius sind schon darum nicht haltbar, weil Marcellus bei den Prozessen gegen diese Männer nicht beteiligt war) ist, da er neben Consularen von großem Namen genannt wird, wohl gleichfalls ein angesehener Consular gewesen; er wird dem einzigen Zweige der Sentier angehört haben, der in der Kaiserzeit zur Nobilität gehörte (vgl. Eutr. a. a. O.), den Saturnini. Da uns kein jüngerer Sentius Saturninus bekannt ist, darf die Vermutung als berechtigt gelten, daß der unter Nero verurteilte S. der Consul des J. 41 gewesen ist: sein Alter würde nicht dagegen sprechen, da er ohne Zweifel früh zum Consulate gelangt war; die Freundschaft mit Vespasian fände in dem gemeinsamen Kriegsdienst in Britannien eine einleuchtende Erklärung. Wenn die Inschrift von Saepinum (s. o.) tatsächlich auf S. zu beziehen ist, gäbe uns die Verurteilung des Mannes den Grund für die Tilgung seines Namens (Smilda p. 44). Der Reichtum und die Vornehmheit des S., seine Verwandtschaft mit dem Hause der Caesaren, sein kompromittierendes Verhalten in den Tagen des republikanischen Putsches reichten für Nero aus, um gegen ihn vorzugehen, und an Vorwänden zu einem Majestätsprozeß hat es unter diesem Herrscher nicht gefehlt. Da die Annalen des Tacitus bis in das J. 66 reichen, muß die Hinrichtung oder der Selbstmord des S. in die späteren Monate dieses Jahres oder in das J. 67 (kaum 68) gehören. Mit ihm ist wohl auch sein Haus ausgestorben, das in den letzten drei Generationen zu so hohem Glanze emporgestiegen war.

Von einem Freigelassenen des S. stammte vielleicht Cn. Sentius Cn. f. Ter(etina) Saturninus aus Atina, spec(ulator) coh(ortis) VIIII pr(aetoriae) (CIL VI 2722).[7] Auch der reiche Cn. Sentius Cn. fil. Cn. n. Ter. Felix, der im 2. Jhdt. die höchsten Gemeindeämter in Ostia verwaltete (CIL XIV 409[8] = Dessau 6146), könnte der Enkel eines Libertinen dieses Hauses gewesen sein. Der Name Sentia Saturnina findet sich bei einfachen Leuten in Comum (CIL V 5338)[9] und Naraggara (VIII 16825 = Dessau 7966).

[Groag. ]

Anmerkungen (Wikisource) Bearbeiten

  1. a b Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 20141.
  2. a b Corpus Inscriptionum Latinarum I, 58.
  3. a b Corpus Inscriptionum Latinarum X, 2792.
  4. a b Corpus Inscriptionum Latinarum I, 71.
  5. Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 2460.
  6. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 31772.
  7. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 2722.
  8. Corpus Inscriptionum Latinarum XIV, 409.
  9. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 5338.