Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Eprius Marcellus, Praetor, Proconsul Asien, Rhetor, Suizid 79 n. Chr.
Band VI,1 (1907) S. 261264
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T. Clodius Eprius Marcellus. a) Quellen für die Kenntnis des Lebens sind außer den Berichten des Tacitus und Dio noch die Inschriften CIL III Dipl. IX. X 3853 (Capua). XIV 2612 (Tusculum). CIG 4238 b (Tlos). Athen. Mitt. XIX 306 (Dorylaeum), endlich die Münzen aus der Zeit des Proconsulats in Asien.

b) Name: Der Name ist vollständig erhalten in den Inschriften CIL X 3853. Athen. Mitt. XIX 306. CIL III Dipl. IX, sonst heißt er Eprius Marcellus, so CIG 4238 b, auf den Münzen der Stadt Kyme und bei den Schriftstellern; Tacitus nennt ihn auch hie und da Marcellus Eprius. Auf den Münzen von Sardium, Laodicea und Synae findet sich nur der Name Marcellus; so nennen ihn auch im Zusammenhang, wo ein Mißverständnis ausgeschlossen ist, Tacitus und Dio; Tacitus nennt ihn dann auch oft nur Eprius.

c) Lebensgang: Eprius Marcellus war zu Capua geboren, wie sich aus Tac. dial. 8 und dem Umstand ergibt, daß er der das Stadtgebiet von Capua umfassenden Tribus Falerna (Kubitschek Imp. Rom. trib. discript. 14f.) angehörte. Es begreift sich so leicht, daß ihn die Provinz Cypern in Capua als seiner Vaterstadt durch die Aufstellung einer Ehreninschrift auszeichnete (CIL X 3853). Die Familie der Eprier scheint übrigens [262] in Capua einheimisch gewesen zu sein (vgl. CIL X 4126). Doch war sie arm und ohne Ansehen und Marcellus hat sich erst durch seine rednerische Tätigkeit, der er sich von früher Jugend an gewidmet hatte, den Weg zu den höchsten Staatsämtern geebnet (Tac. a. a. O.). Im J. 48 n. Chr. bekleidete er die städtische Praetur (CIL X 3853), doch nur einen Tag lang, nämlich am 30. Dezember. Er war an Stelle des a. d. IV. Kal. Ian. zum Amtsabtritt gezwungenen Silanus gewählt worden und legte nach Brauch (Cic. ad fam. V 2, 7 und Mommsen Staatr. I² 606) pridie Kal. Ian. sein Amt nieder (Tac. ann. XII 4. Suet. Nero 29). Nach den Fragmenten CIL XIV 2612 (hic lectus est ab divo Claudio inter patricios) ist auch in diesem Jahr seine Aufnahme in den Patriziat erfolgt; denn damals war Claudius Censor (Tac. ann. XI 48. XII 4).

Die Bekleidung der Praetur ermöglichte es ihm nach 48 und sicher vor 57 n. Chr., die von Claudius zu einer Provinz vereinigten Länder Pamphylien und Lykien als Legatus pro praet. zu verwalten. Aus der Zeit seiner Verwaltung hat sich noch die Inschrift der Basis einer ihm von der lykischen Stadt Tlos errichteten Ehrenstatue erhalten CIG 4238 b (Τλωέων ὁ δὴμος Ἔπριον Μαρκέλλον). Nach der Verwaltung dieser Provinz wurde er im J. 57 (Tac. ann. XIII 33) wegen Erpressung von den Lykiern belangt, doch war sein Einfluß im Senate – denn dort, nicht im Kronrate des Princeps fand der Prozeß statt (vgl. Schiller Nero 107) – schon so groß, daß es ihm gelang, die Verurteilung seiner Ankläger durchzusetzen, selbst aber freigesprochen zu werden. Bald darauf, um das J. 61, bekleidete er zum erstenmal das Consulat, und zwar war er suffectus, da sein Name nicht in den Consullisten genannt wird. Daß er infolge dieser Würde nach Cypern als Proconsul ging, ist zwar eine allgemein verbreitete Annahme, jedoch falsch; denn auf Grund dieses Consulats war er drei Jahre in Asien, wie unten gezeigt werden wird. Um diese Zeit, sicherlich noch vor dem J. 65, in welches Jahr bereits das dritte Buch des größeren, erhaltenen Werkes fällt (de re rust. III 3, 3), widmete ihm Columella sein Buch de arboribus, das in den Hss. zum elften Buche von Columellas Werk über den Landbau als singularis liber ad Eprium Marcellum de cultura vinearum et arborum bezeichnet wird (vgl. Schanz Röm. Lit.-Gesch. II² 389). Im J. 66 wurde E. im Verein mit Cossutianus Capito von Nero beauftragt, gegen Thrasea Paetus als das Haupt der literarischen und aristokratischen Opposition vorzugehen. In der darauf bezüglichen Senatssitzung sprach er nach Capito (Tac. ann. XVI 22. 26. 29). Der Prozeß brachte dem Ankläger fünf Millionen Sesterzien (Tac. a. a. O. 33). Im J. 69 war Helvidius Priscus, der nach der Verurteilung seines Schwiegervaters Thrasea in die Verbannung gegangen war, zurückgekehrt und nahm den Kampf gegen Marcellus wieder auf. Wenn derselbe auch zunächst persönlichen Gründen entsprang, so ist er doch als ein Streit der beiden feindlichen Parteien im Senat aufzufassen, der von den Stoikern geführten Opposition und der von Eprius Marcellus geleiteten Partei, die es mit dem jeweiligen Machthaber zu halten suchte. Einem Angriff des Helvidius unter [263] Galba (Tac. hist. IV 6) folgte einer des Licinius Caecina zur Zeit des Krieges zwischen Otho und Vitellius (Tac. hist. II 53). Doch wurde der Hader beigelegt. Als es sich um die Wahl der Gesandten des Senats an den neugewählten Vespasian handelte, brachte Helvidius den dem Marcellus feindlichen Antrag ein, die Gesandten zu ernennen, nicht aber durch das Los zu bestimmen. Aber es siegte Eprius, der für die Losung eingetreten war (Tac. hist. IV 6ff.). Helvidius ruhte nicht und erneuerte zu Beginn des J. 70 seine Versuche, Eprius zu stürzen, doch auch jetzt ohne Erfolg (Tac. hist. IV 43). Darauf bezieht sich wohl auch Tac. dial. 5 quid aliud infestis patribus nuper Eprius Marcellus quam eloquentiam suam opposuit? qua accinctus ... Helvidii sapientiam elusit. Kurze Zeit darauf verließ Eprius Rom und ging als Proconsul nach Asien. Das Proconsulat wird durch die Inschrift CIL X 3853 als dreijährig bezeugt. Da es das einzig bekannte dreijährige ist, wird wohl mit Recht CIL XIV 2612 (s. o.) auf Marcellus bezogen. Aus dem zweiten Jahre der Verwaltung Asiens stammt die Inschrift Athen. Mitt. XIX 306 ἡ βουλὴ καῖ ὁ δὴμος τῶν Δωρυλαέων ἐκ τ](ῶ)ν τῆς πολιτείας ἀποτειμήσεων Τίτῳ Κλαυδίῳ Ἐπρίῳ Μαρκέλλῳ ἀνθυπάτῳ β’ .... Ferner gibt es eine Reihe von Münzen, durch die es klar wird, daß er unter Vespasian in Asien Proconsul war, und zwar eine Münze der Stadt Laodicea aus dem ersten Jahre seines Proconsulats (Waddington Fast. nr. 96 p. 143, 2), eine der Stadt Sardium aus dem zweiten Jahre seiner Verwaltung (Imhoff-Blumer Monnaies grecques 388 nr. 31. Waddington a. a. O.), aus dem dritten Jahre eine aus Synae (Waddington a. a. O.) und zwei aus Kyme (Waddington a. a. O. n. 1. Mionnet III 10 nr. 64 und Streber Abh. Akad. München I 1835, 206 t. 3, 8). Da er nun nach dem Militärdiplom CIL III D. IX (a. d. XII. Kal. Iun. A. Petillio Cereale Caesio Rufo II T. Clodio Eprio Marcello II cos) Mitte 74 und nach Tac. dial. 8 im J. 75, in welche Zeit das Gespräch verlegt wird (dial. 17), in Rom war, so kann er nur vor 74 oder nach 75 in Asien gewesen sein. Für die erste Annahme spricht der Umstand, daß die Mehrzahl der uns sonst noch aus Vespasians Regierung bekannten Proconsuln in Asien so spät ihr Consulat bekleideten, daß bei dem Prinzip, die Losung um die Provinzen nach der Anciennität (Mommsen Staatr.. II² 241) vorzunehmen, und nach der Beobachtung Waddingtons Fast. 12, unter Vespasian habe das Intervall zwischen Consulat und Proconsulat neun Jahre betragen, schon diese Männer für die Zeit nach 75 in Betracht kommen. Berücksichtigt man außerdem, daß Marcellus gegen Ende der Regierung des Vespasian sicher in Rom war, so wird man die drei Jahre seiner Verwaltung Asiens unmöglich in der zweiten Hälfte der Regierung Vespasians ansetzen. Da er nun als Consul suffectus im J. 74, ob wir nun zwei- oder viermonatliche Nundinien annehmen (vgl. Henzen Ephem. epigr. I p. 192) – an sechsmonatliche ist nicht zu denken (Mommsen Staatr. II² 82, 1) –, sicherlich 1. Mai 74 antrat (CIL III 9), so muß er bereits Juli 73 die Provinz Asien verlassen haben; denn in die Mitte des Sommers fällt der Statthalterwechsel (Dio LVII 14). So ergeben [264] sich denn die J. 70 (Juli) bis 73 (Juli) für die Zeit seines Proconsulats und er hat ungefähr April 70 Rom verlassen, da er 2–3 Monate zur Überfahrt benötigte (Borghesi Oeuvr. III 290ff.) Sein Vorgänger war M. Suillius P. f. Nerullianus, der Consul des J. 50, dessen Proconsulat für die Zeit der Regierung des Vespasian durch eine Münze aus Smyrna bezeugt ist (Mionnet Suppl. VI 535 nr. 1661). Der unmittelbare Nachfolger des Eprius ist nicht bekannt. Trat er nun Juli 70 das Proconsulat an, so war er wahrscheinlich 61 zum erstenmal Consul, wie oben auch angenommen wurde. Nach der Rückkehr aus Asien ehrte ihn Vespasian durch die Verleihung des zweiten Consulats. Er gehörte ferner dem Kronrat an und der Kaiser bediente sich gern und oft seiner Ratschläge; damals hatte er sich auch schon ganz von der öffentlichen Tätigkeit als Redner zurückgezogen (Tac. dial. 8). Doch Eprius lohnte dem Kaiser schlecht; denn gegen das Ende der Regierung des Vespasian im J. 79 n. Chr. verschwor er sich mit Allienus Caecina gegen den Herrscher (Dio LXVI 10. Zonar. XI 17). Während Caecina durch Kabinettsjustiz beseitigt wurde, machte man Eprius im Senate den Prozeß. Nach der Verurteilung durchschnitt er sich mit einem Rasiermesser den Hals (Dio a. a. O.). E. hatte auch mehrere Priesterstellen bekleidet, hierüber belehrt die Inschrift CIL X 3853. Zunächst war er Curio maximus; er ist der einzig inschriftlich bekannte Mann, der dieses Amt innehatte (vgl. Mommsen Staatr. III 568, 2 und o. Bd. IV S. 1838), ferner war er Augur und Sodalis Augustalis, beide Priestertümer sind ihm wohl erst nach dem Consulat verliehen worden.

d) Als Redner: Marcellus hat es als Redner zu bedeutendem Ansehen und Vermögen gebracht; von den Ehreninschriften, deren Tacitus gedenkt, haben sich mehrere erhalten (Tac. dial. 8). Von den Reden ist nichts auf die Nachwelt gekommen. Tacitus führt zwar (hist. IV 8; ann. XVI 26) solche an, doch hat er sie seiner Gewohnheit gemäß umgestaltet; ein direkter Ausspruch liegt nur hist. IV 43 vor: Imus, Prisce, et relinquimus tibi senatum tuum: reyna praesente Caesare. Marcellus besaß eine lebhafte, leidenschaftliche Art zu reden, welche die Zuhörer mit sich riß (vgl. Tac. ann. XVI 29 cum per haec atque talia Marcellus, ut erat torvus ac minax, voce vultu oculis ardesceret ... und dazu dial. 5 qua [scil, eloquentia] accinctus et minax). Quintilian übergeht ihn in seinem Werke, um nicht bei dem Kaiser Domitian Anstoß zu erregen (Kappelmacher Wien. Stud. XXVI 102ff.). Der späteren Zeit galt er als Typus des Delators; als solchen erwähnt ihn noch Sidonius Apoll. epist. V 7.

e) Moderne Literatur: Neben den Bemerkungen in den Tacituscommentaren (bes. Nipperdey-Andresen ann. XII 4) und in den Handbüchern Pros. Rom. I 415 nr. 915. Fabia Onom. Tac. s. v. Liebenam Forsch. z. Verw. 256. Waddington Fastes d. prov. Asiat. 704. Schiller Nero 107. 631. Schanz Röm. Lit. II² 2, 281 sind noch als Einzeldarstellungen zu nennen: F. M. Avellino Osservazioni sopra un’ epigrafe del Real Museo Borbonico, nella quale si fa menzione di C. Eprio Marcello, Neapel 1831. Borghesi Oeuvr. III 285ff. Sauppe Philol. XIX 259ff.

Nachträge und Berichtigungen

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Band R (1980) S. 105
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Eprius

T. Clodius E. Marcellus, cos. suff. im J. 62 n. Chr. (L) S XII.