Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Rutenbündel der Lictoren, mit hervorragendem Beil für Consuln etc.
Band VI,2 (1909) S. 20022006
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Fasces, durch rote Bänder (Lyd. de mag. I 32) zusammengehaltene, von den Lictoren (s. d.) getragene Rutenbündel aus Ulmen- (Plaut. Asin. 575; Epid. 28) oder Birkenholz (Plin. n. h. XVI 75), aus denen ein Beil hervorragte (Plut. quaest. Rom. 82; Dionys. V 2 unterscheidet an den F. ῥάβδοι = Rute, κορύναι = Stöcke und Beile, auch Appian. bell. civ. I 15 verbindet ῥάβδους καὶ ξύλα). Die F. sind ein römisches, angeblich aus Etrurien entlehntes Symbol der Herrschergewalt (Flor. I 5, 6. Dionys. III 61. Macrob. Sat. I 6, 7. Strab. V 220. Diod. V 40. Sil. Ital. VIII 483. Liv. I 8, 2), zunächst Abzeichen der Könige, die zwölf F. führen (nach Dionys. und Liv. a. [2003] a. O. hängt die Zwölfzahl mit der Zahl der etruskischen Gemeinden zusammen). Nach Dionys. und Flor. a. a. O. sind die F. erst seit Tarquinius Priscus, nach andern Angaben schon früher üblich (nach Plut. Rom. 26. Dionys. II 19. III 61. Liv. I 8, 2. Lyd. de mag. I 7. Aelian. hist. an. X 22 schon unter Romulus, nach Macrob. Sat. I 6, 7. Strab. V 220. Cic. de rep. II 17 von Tullus Hostilius eingeführt). Nach Vertreibung der Könige sind die zwölf F. Abzeichen der Consuln (s. d.), jedoch werden die Beile – durch Valerius Publicola (s. d. und Provocatio) – daraus entfernt (Plut. Publ. 10. Dionys. V 19, 3. Liv. II 7, 7. Val. Max. IV 1, 1. Cic. de rep. II 55), nur wenn die Consuln außerhalb Roms sind, werden die Beile in den F. befestigt (Dionys. V 19, 3. X 59). Über den Wechsel der F. zwischen den beiden Consuln vgl. Bd. IV S. 1118. Wie die Consuln führen auch die Decemvirn (s. d.) die zwölf F., und zwar mit den Beilen (Dionys. X 59), ursprünglich gleichfalls abwechselnd (Liv. III 33, 8. Dionys. X 57, 1), im zweiten Jahre aber gleichzeitig (Liv. III 36, 3). Die Tribuni militum (s. d.) haben die Abzeichen der Consuln (Liv. IV 7, 2), also wie diese die zwölf F. Der Dictator (s. d.) führt nach der Mehrzahl der Nachrichten 24 F. (Dionys. X 24. Appian. bell. civ. I 100. Plut. Fab. 4. Cass. Dio LIV 1. Polyb. III 87). Nach Liv. ep. 89 indes nimmt Sulla als Dictator zuerst 24 F. an, ebenso spricht Lyd. de mag. I 37 nur von zwölf Beilen des Dictators. Mommsen (St.-R. I 383) vereinigt die abweichenden Angaben durch die Annahme, daß nach älterem Recht der Dictator in der Stadt 12, außerhalb des Pomeriums 24 F., Sulla aber die letztere Zahl auch in der Stadt geführt hat. Madvig (Verfassung und Verwaltung des röm. Staates I 380. 492) nimmt an, daß der Dictator, abgesehen von Sulla, 24 Lictoren, aber nur 12 F. gehabt hat. Auch der vom Dictator ernannte Beamte (magister equitum, s. d.) führt die F. (Cass. Dio XLIII 48, 2. Lyd. de mag. I 37. II 19), daher auch die von Dictator Caesar ernannten Stadtpraefecten (Cass. Dio a. a. O.; 2 F.: Babelon Descr. des monnaies de la rép. Rom. II 144). Die Proconsuln (s. d.) haben gleich den Consuln 12 F. (Plut. Aem. Paul. 4. Cyprian. ep. 15, 2), doch scheint die Zahl später auf 6 beschränkt worden zu sein (Ulp. Dig. I 16, 14).

Der Praetor (s. d.) hat ursprünglich 2 F. (Plebiscit des Tribunen M. Plaetorius bei Censorin. de die n. 24. Plaut. Epid. 28. Cic. de leg. agr. II 93, doch bezieht sich hier die Zahl vielleicht nur auf die Duumviri von Capua), später scheint die Zahl auf 6 vermehrt worden zu sein (Val. Max. I 1, 9. Appian. bell. Syr. 15. Babelon a. a. O. II 144). Mommsen (St.-R. I 384) vermutet, daß der Stadtpraetor 2, der Praetor in der Provinz 6 F. geführt hat, und nimmt an, da nach Val. Max. a. a. O. der Praetor M. Furius Bibaculus bei der Salierprozession 6 F. führt, daß der in die Provinz bestimmte Praetor die 6 F. schon in Rom beim Amtsantritt erhielt. Diese Annahme erscheint deswegen weniger empfehlenswert, weil auch Polyb. XXXIII 1, 5 und Themist. or. 34, 8 vom Stadtpraetor den Ausdruck στρατηγὸς ἑξαπέλεκυς brauchen. Vgl. Herzog Röm. Staatsverfassung I 741, der annimmt, daß der [2004] Stadtpraetor bei den Handlungen der städtischen Jurisdiktion nur zwei Lictoren hatte, daß ihm aber bei anderen Amtshandlungen wohl auch sechs zugekommen seien. In der Kaiserzeit muß jedenfalls die Zahl der F. des Praetor urbanus auf 6 erhöht worden sein, da Cass. Dio LIII 13, 4 erwähnt, daß die praetorischen Statthalter ebenso viel F. führen, ὅσοιςπερ καὶ ἐν τῷ ἄστει νενόμισται. Vgl. Martial. XI 98, 15 und Friedländer z. d. St. Ebenfalls 6 F. kommen den Proconsuln der Kaiserzeit zu, die ihre Provinz nach Bekleidung der Praetur erhielten (Joseph. bell. Iud. II 365).

Die legati pro praetore (s. d.) haben dagegen nicht 6 F., sondern eine geringere Zahl (Cic. ad Att. X 49; vgl. Mommsen St.-R. I 385, 3). Seit Augustus führen die Statthalter der kaiserlichen Provinzen, denen der Kaiser propraetorischen Rang gewährte, 5 F., daher werden sie als quinquefascales bezeichnet (CIL VI 1546;[1] vgl. Cass. Dio LIII 13, 8, wo Boissevain nach Mommsen St.-R. Ι 386, 1 πέντε liest). Denselben Titel, also 5 F., führen die kaiserlichen Legaten, die mit außerordentlichen Missionen in eine Provinz gesandt werden (CIL VIII 7044.[2] 18270. XIII 3162; vgl. CIG II 4033f. Cass. Dio LVII 17, 7). Die Statthalter von Numidien führen seit der zweiten Hälfte des 4. Jhdts. den Titel sexfascalis, bei ihnen scheint also die Zahl der F. von 5 auf 6 vermehrt worden zu sein (CIL VIII 2216[3] [= 17611]. 2242. 7015. 7034. 7975 [= 19852]. 8324. 10897 [= 20158]. 17686. 17686. 17896. 18229. 20156).

Den Censoren stehen die F., wie ausdrücklich bezeugt wird, nicht zu (Zonar. VII 19), in Bezug auf die Aedilen und Quaestoren fehlen ausdrückliche Angaben (vgl. Mommsen St.-R. I 386, 4), doch scheinen wenigstens die ersteren F. geführt zu haben (Mommsen a. a. O. Babelon I 527f.).

Den Curatores viarum (vgl. Bd. IV S. 1781) stehen 2 F. zu (Cass. Dio LIV 8, 4), ebenso den Curatores aquarum (vgl. Bd. IV S. 1784), wenn sie außerhalb Roms fungieren (Front. de aquaeduct. 100), und den praefecti aerarii militaris (s. d.), die sie aber später nicht mehr führen (Cass. Dio LV 25, 2f.). Auch den von Claudius bestellten curatores tabularum publicarum (vgl. Bd. IV S. 1795) wurde die Führung von F. gestattet (Cass. Dio LX 10, 4), den von Augustus eingesetzten Curatores frumenti (vgl. Bd. IV S. 1779) anscheinend erst, als das Amt mit Consularen besetzt wurde (Cass. Dio LV 31, 4). Über die F. der Priester und Spielgeber s. Lictores und Mommsen St.-R. I 389f.

Von den Kaisern führte Augustus bis zum J. 29, wie es scheint, 24 F. (Cass. Dio LIII 1, 1), seitdem in Rom bis zum J. 23 12 F. als Consul, außerhalb Roms, bis zum J. 19, ebensoviele als Proconsul. Im J. 19 wurde ihm gestattet, überall und dauernd 12 F. zu führen (Cass. Dio LIV 10, 5), Domitian nimmt 24 F. an (Cass. Dio LXVII 4, 3). Vgl. Mommsen a. a. O. I 387f.

Wie die stadtrömischen Beamten führen auch die Municipalbeamten F. (ohne Beile, vgl. Marquardt Röm. St.-V. I 176), so die duumviri (s. d., CIL II 5439[4] Ι 12. VIII 2662. 9019. Martial. VIII 72, 6), IIIIviri (CIL III 1083),[5] die [2005] magistri pagi (CIL X 1042)[6] die quinquennales (Apul. met. X 18), aediles (Apul. met. I 24), die seviri Augustales (CIL V 4482.[7] 5035. 5860. 7170. IX 816. 2682. XII 3188. 3199. 4416). Außerhalb der Heimat war diesen Beamten die Führung der F. verboten (Cod. Theod. XII 1, 174). Diese F. scheinen von denen der stadtrömischen Beamten verschieden gewesen zu sein, Cic. de leg. agr. II 93 bezeichnet sie im Gegensatz zu den F. des römischen Praetors als bacilli; vgl. Cic. ad Att. XI 62 (Mommsen St.-R. I 373, 3). Die Zahl der F. der Munizipalbeamten betrug, wie es nach den meisten Angaben scheint, 2; wenn in den Inschriften der seviri Aug. öfters 6 F. in Relief dargestellt sind (CIL V 3139.[8] 3295. 3386. 3392. 7031. 7616; 3 F. XII 4416), so ist dies wohl nur als künstlerische Freiheit zu betrachten (Marquardt St.-V. I 176), und das gleiche gilt jedenfalls auch davon, daß öfters in den Reliefdarstellungen auf den Grabschriften der seviri Aug. Beile in den F. befestigt sind (CIL V 6786.[9] 7031. 7670; ebenso Petron. 30, vgl. Friedländer z. d. St. und J. Schmidt De sevir. Aug. 79f.).

Die F. werden den Beamten vorangetragen (Liv. II 18, 8. XXIV 9, 2. 44, 10. Cic. Phil. II 58. Plin. panegyr. 23). Der Bund wird von dem Träger am Griff mit der linken Hand gefaßt und auf die linke Schulter genommen, Maffei Mus. Veron. 117, 1 (= Dütschke Antike Bildwerke in Oberitalien IV 506). 139, 5 (= Dütschke IV 498). Ann. d. Inst. 1862 t. R. Petersen Ara Pacis Aug. Taf. IV. VII. S. 100 Fig. 34. Vgl. Verg. Aen. VII 173 (attollere f.). Bei Begräbnissen werden sie umgekehrt vorangetragen (Tac. ann. III 2); perversi f. gelten daher als schlechte Vorzeichen (Obsequ. 70).

Der Beamte, der zum Volke spricht, läßt die F. senken (summittere), eine Sitte, die auf Valerius Publicola zurückgeführt wird (Liv. II 7, 7. Flor. I 3, 4. Val. Max. IV 1, 1. Quintil. inst. or. III 7, 18. Aur. Vict. de vir. ill. 15. Cic. de rep. I 62. II 53 [demittere]. Plut. Publ. 10. Dionys. V 19), ebenso läßt der niedere Beamte, der einem höheren begegnet, die F. senken und die Beile herausnehmen (Dionys. VIII 44, vgl. Plin. n. h. VII 112. Cic. Brut. 22). Weilt der Beamte im Hause, so werden die F. an der Haustür aufgestellt (Aur. Vict. de vir. ill. 20. Claudian. paneg. in Prob. et Olybr. 233; paneg. de quarto consulatu Honorii 416). Will ein Beamter, dem die F. zukommen, ein Haus betreten, so läßt er sich durch Schläge an die Tür vom Lictor anmelden (Liv. VI 34, 6. Petron. 65. Stat. silv. I 2, 48).

Das Zerbrechen der F. gilt als Zeichen der Absetzung (Cass. Dio LIX 20, 3) und des Aufruhrs (Liv. II 55, 9. III 49, 4).

Siegreiche Feldherrn umwinden die F. mit Lorbeeren (f. laureati, Cic. pro Ligario 7; in Pison. 97; Phil. II 58; de divin. I 59. Caes. bell. civ. III 71). Da die f. laureati Abzeichen des zum imperator ausgerufenen Beamten sind, wird mit der lebenslänglichen Führung des Imperatortitels auch die dauernde Führung der f. laureati zuerst dem Dictator Caesar, dann den Kaisern eingeräumt (Cass. Dio XLIV 4, 3. Hist. aug. Max. 14, 4. Claudian. de IV consul. Honorii 14); [2006] bei Siegen wird den kaiserlichen F. ein neuer Lorbeer hinzugefügt (Tac. ann. XIII 9). Die dauernde Bekränzung wird auf die Kaiser beschränkt, der Lorbeer unterscheidet daher ihre F. von den übrigen (Herodian. VII 6, 2), doch führt bei dem nach dem Muster des Triumphs umgestalteten Aufzug des neuen Consuls auch der letztere in der Kaiserzeit die f. laureati (Martial. X 10, 1), ebenso wie auch die Beile (Cassiod. var. IX 23. Claud. in Prob. et Olybr. 232; vgl. Mommsen St.-R. I 414). Wenn auf den Grabsteinen der seviri Augustales häufig die F. mit Lorbeern geschmückt sind (CIL V 7678.[10] IX 3443.[11] Maffei Mus. Ver. 117, 3 [= Dütschke Ant. Bildw. in Oberital. IV 451. CIL V 3392].[12] 117, 2 [= Dütschke IV 512. CIL V 3386].[13] CIL V 3139[8] [= Dütschke V 50; abgeb. bei Schio Le antiche iscriz. scoperte in Vicenza XVII]), so ist dies wohl ebenso als künstlerische Freiheit aufzufassen wie die Hinzufügung der Beile und die Sechszahl der F. Vergoldung der F. in der Kaiserzeit: Claud. de VI cons. Honor. 646. Bildliche Darstellung von F. außer den schon erwähnten: Maffei Mus. Ver. 126, 5 (Dütschke IV 461). Dütschke IV 575. 590. V 850. 1025. Gall. Giust. II 101 (Matz-Duhn Antike Bildwerke in Rom II nr. 2824). Matz-Duhn 3867. 3869. 3871. Münzbilder: Babelon a. a. O. I 309. 528. II 143. 144. 259. 381. Vgl. Mommsen St.-R. I 373. Marquardt St.-V. I 175f. Lécrivain bei Daremberg-Saglio Dict. II 1239ff. Ruggiero Dizion. epigr. III 37ff.

[Samter. ]

Anmerkungen (Wikisource)

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  1. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1546.
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 7044.
  3. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 2216.
  4. Corpus Inscriptionum Latinarum II, 5439.
  5. Corpus Inscriptionum Latinarum III, 1083.
  6. Corpus Inscriptionum Latinarum X, 1042.
  7. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 4482.
  8. a b Corpus Inscriptionum Latinarum V, 3139.
  9. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 6786.
  10. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 7678.
  11. Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 3443.
  12. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 3392.
  13. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 3386.