Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gurten, Binden, Windeln, Büstenhalter
Band VI,2 (1909) S. 20062009
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Fasciae, Gurte und Binden verschiedener Art, und zwar insbesondere: 1. Die Gurten des Bettes, auf denen die Matratze liegt, s. Bett.

2. Die Windeln des Kindes, σπάργανα, oft erwähnt: Hom. hymn. in Merc. 301. 306. Hesiod. theog. 485. Aeschyl. Ag. 1606; Cho. 529. 755. 759. Eurip. Ion 32. 955. Plaut. Truc. 905. Hist. aug. Albin. 5, 9; Aurel. 4, 6 u. a. Das Wickeln der Kinder sollte Verkrümmungen der Glieder verhindern, Bekker Anecd. 304, 14. Bei den Spartanern war es nicht üblich, Plut. Lyc. 16, was auf Lykurg zurückgeführt wurde, während man es für vorlykurgische Zeit annahm; Plut. de fort. Alex. II 5. Platon verlangt (Leg. VII 789 e), daß die Kinder zwei Jahre lang gewickelt werden; ausführliche Vorschrift bei Soranus 29 Rose.

Für die F. waren bunte Farben üblich, in fürstlichen Familien Purpur: κροκωτὸν σπάργαναν des Herakles, πορφύρεα σπάργανα des Iason, Pind. Nem. 1, 38; Pyth. 4, 118. Hist. aug. Albin. 5, 9: russulae fasciolae in der privaten Familie, die zufällig verwendete purpurea fasceola als Vorbedeutung der Kaiserwürde. Herodian. I 5, 5 (Commodus); vgl. V 1, 8. VII 1, 2. Auf den verschieden beschaffenen F. als Standesunterschied beruht auch der Ausdruck non est nostrae fasciae, Petron. 46.

Bildliche Darstellungen von Wickelkindern sind nicht selten, doch zeigen sie dieselben meist noch in ein Tuch gewickelt, so daß die F. nicht sichtbar sind. So Winckelmann Mon. ined. 71. Anc. Marbl. in the Brit. Mus. IX 11. Ann. d. Inst. 1829 Taf. G. 1830 Taf. G. Arch. Ztg. 1845 Taf. 34. Compte-rendu de St. Pétersb. 1859 Taf. 4 nr. 3. 1870–71 Taf. 5 nr. 9. Helbig [2007] Wandgem. 1465 (= Mus. Borb. I 21). Pottier-Reinach Nécrop. de Myrina 560, 296. Die F. sind sichtbar Gerhard Akad. Abh. I Taf. 80, 2. Heydemann Humorist. Vasenb. nr. 2. Revue archéol. 1876 II Taf. 15. Mél. de l’éc. franç. 1887 Taf. 7, 2. Hier überall sind die Arme, wie es üblich war, mit eingewickelt. Abweichend eine Terrakotte aus Viterbo im Musée Ravestein in Brüssel (Catal. [1884] 150 nr. 486), abgeb. Dict. d. Ant. Fig. 2877: hier sind Unterleib und Beine mit breiten Binden umwickelt, die Arme aber freigelassen. Nicht abgebildet Martha Terres cuites d’Athènes nr. 415. 422. 782. Abbildung eines in Tücher eingehüllten, darüber mit Stricken netzartig eingeschnürten Kindes, Statuette in Dijon, Dict. d. Ant. Fig. 2878. Becker-Göll Charikles II 21. Daremberg-Saglio Dict. d. Ant. II 979f. (Lafaye).

3. Fascia pectoralis, Martial. XIV 134. Gloss., die Busenbinde der Frauen; f. schlechtweg Prop. V 9, 49. Ovid. ars am. III 274; rem. 338. Martial. XI 104, 7. Gloss., mamillare Martial. XIV 66, taenia Apul. met. X 21. Griechisch μίτρα Callim. ep. 38, 4. Apoll. Rhod. III 866. 1013. Anth. Pal. V 13, 4. 199, 5. Nonn. Dion. XLII 68; στηθόδεσμος Poll. VII 66. Gloss.; στηθοδεσμίς Phlegon mirab. 1. Septuag. Jerem. 2, 82; ἀπόδεσμος Aristoph. bei Poll. VII 66. Lukian. dial. mer. 12, 1; περίδεσμος Aristaen. I 25; ταινία μαστῶν Anacreontea 20, 13. Poll. VII 65; ταινίδιον Poll. a. O.; μαστόδετον, μηλοῦχος Anth. Pal. VI 201, 4. 211, 3. Dagegen gehört στρόφων, strophium (Cic. de har. resp. 44) nicht hierher; es bezeichnet stets den über dem Gewande getragenen Gürtel, besonders deutlich Aristoph. Thesm. 139. 251. 255. 638; Lysistr. 931. So ist es auch bei Catull. 64, 65 zu verstehen: non tereti strophio lactentes vincta papillas, nicht nur wegen des konstanten Sprachgebrauches, sondern auch wegen tereti, das nicht für die Busenbinde, wohl aber für den Gürtel paßt; vgl. Etym. M. 730. 56. Hesych.: στρόφων ἡ στρογγύλη ζώνη. Auch Turpil. bei Non. 538, 7 ist so zu erklären. Auch der κεστὸς ἰμάς der Aphrodite Hom. Il. XIV 214 ist keine f. pectoralis sondern ein Zauberriemen. Helbig Hom. Epos2 211. Bei Christod. Anth. Pal. II 99. 288 ist, wie es scheint, unter κεστός eine Art Halsband zu verstehen.

Diese F. ist eine umgewickelte Binde, die von den Frauen auf bloßer Haut getragen wurde. Hauptzweck war ohne Zweifel, den Busen aufrecht zu halten. Zugleich aber diente sie ihn zu verhüllen, Ovid. ars am. III 274; rem. 338. Martial. XI 104, 7. Demselben Zweck diente das amictorium (s. d.), von dem wohl nicht sicher zu sagen ist, ob es auch eine F. oder ein Kleidungsstück war. Endlich sollte die F., fest umgelegt, das Wachstum des Busens einschränken, Ter. Εun. 314. Martial. XIV 134. Hieron. ep. 117, 7.

Diese verschiedenen Bestimmungen zeigen sich auch in den nicht seltenen bildlichen Darstellungen. Das bloße Aufrechthalten des Busens zeigen namentlich die pompeianischen Hetärenbilder, auf denen die Binde unterhalb des Busens liegt und ihn ganz unbedeckt läßt. Roux und Barré Hercul. et Pomp. VIII 23; so auch die Seiltänzerin ebd. 20, und andere unedierte; ferner [2008] die Bronzefigur Rhein. Jahrb. VIII 1846 Taf. I 3 und der Nereidensarkophag Gerhard Ant. Bildw. 100, wo die F. sehr tief liegen, wie Gürtel. Dagegen erscheint in anderen Darstellungen die F. als eine breite Binde, die so umgewickelt wird, daß sie bis über die Brustwarze hinaufreicht. Den Akt des Umbindens zeigen die Statuetten Gall. di Firenze 4. Ser. I 21 (Daremberg-Saglio Dict. d. Ant. II 980 Fig. 2879. Clarac 626, 1407). Caylus Recueil VI 74, 4. 5 (mit sehr breiter Binde). Ann. d. Inst. XIV 1842 Taf. F. Sonstige Darstellungen dieser deckenden Binde Bronzi di Ercolano II Taf. 17, 3. Gall. di Firenze 5. Ser. Taf. 8, 1 (Gemme). Campana Opere in plastica 48. Freilich aber war für diese Art der Umwickelung wohl nicht nur die Absicht der Verhüllung maßgebend, sondern auch das Bestreben, das sonst unvermeidliche Herabgleiten zu verhindern. Diesem letzteren Zweck dienen in der ganz vereinzelten Darstellung eines Vasenbildes (Stackelberg Gräber der Hellenen Taf. 22 = Panofka Bilder antiken Lebens 18, 7 = Daremberg-Saglio II 980 Fig. 2880) zwei von der F. aus über die Schultern gehende Bänder.

Farben der f. pectoralis: rot, Zahn Die schönsten Ornamente usw. I 54 (Bakchantin); Ariadne Röm. Mitt. XI 1896, 17, 33; grün, Helbig Wandgemälde 1452 (Hetäre). Ledernes mamillare, Martial. XIV 66. Becker-Göll Charikles III 226f.; Gallus III 251f. Daremberg-Saglio Dict. d. Ant. II 980f. (Lafaye).

F. crurales, Dig. XXXIV 2, 25, 4, Binden, um die Unterschenkel gegen Kälte zu schützen, auch tibialia genannt, wie feminalia (Suet. Aug. 82) Binden um die Oberschenkel. Noch zur Zeit Quintilians (XI 3, 144) galt der Gebrauch solcher F. als Zeichen von Weichlichkeit und nur kränklichen Personen ziemend. Über ihre Farbe erfahren wir, daß Pompeius weiße f. crurales trug. Cic. ad Att. II 3, 1. Val. Max. VI 2, 7. Ammian. Marc. XVII 11, 4. Man möchte glauben, daß dies bei der Togatracht Regel war, und daß Pompeius nur deshalb auffiel, weil teils diese F. damals noch wenig üblich, teils die seinigen besonders glänzend weiß geputzt waren (f. cretatae Cic., f. candida Val. Max.); vgl. Phaedr. V 7, 37. Dagegen trugen die Frauen sie buntfarbig: Clodius in weiblicher Kleidung hatte purpurfarbige F., Cic. de har. resp. 44; frg. in Clod. V 1. Diese F. wird man sich aus gewebten Stoffen – Leinen oder Wolle – zu denken haben. Dasselbe bezeugt Galen. XVIII 1, 774 K. für die Beinbinden der Jäger. Grat. Cyn. 338 tegat imas fascia suras. Petron. 40, wo der Diener als Jäger kostümiert ist; vgl. die Artemis Bull. Nap. VII 1859 Taf. XV mit Binden um Ober- und Unterschenkel. Preise leinener Binden Ed. Diocl. XXVIII 37–45. Auf christlichen Grabgemälden erscheinen Binden um die Unterschenkel als Hirtentracht in zahlreichen Darstellungen des guten Hirten. Garrucci Arte crist. Taf. 48. 51. 54. 65. 105. Wilpert Gemälde der Katakomben Taf. 63. 112. 117. 169. Auf anderen Bildern (Garrucci 55. 62. 67. Wilpert 23. 51. 66. 183. 222. 249. 266) ist eher eine strumpf- oder gamaschenartige, geflochtene oder gewebte, vielleicht auch aus Fellen bestehende Beinbekleidung zu erkennen; [2009] so auch auf den Sarkophagen Garrucci 295. 303. 324. Es gab auch f. pedules (Dig. a. O.), die man um die Füße wickelte und über die man die Schuhe zog. Sie heißen auch pedulia. Fest. 230 b 17 M. Fronto de diff. voc. p. 276 Nieb. Gloss. pedule ποδεῖον. Doch haben die Glossen auch die von Fronto a. O. verworfene Form pedale; ποδεῖα auch Hesych. Diese sind gemeint Varro bei Non. 108, 30: sine fasciis calceamenta; dagegen ist Hist. aug. Alex. Sever. 40, 11 (fasciis semper usus est) wohl eher an F. zu denken, die Severus über den Hosen trug. Salmasius zu Hist. aug. Alex. Sever. 40. Becker-Göll Gallus III 225f. Daremberg-Saglio Dict. d. Ant. II 981f. (Lafaye).

F. heißen auch die chirurgischen Bandagen. Über sie handelt ausführlich Galen. περὶ τῶν ἐπιδέσμων, Bd. XVIII 1, 768–827 K. Sie waren aus Wolle oder Leinen, gewebt oder geflochten, auch aus Leder und Filz, a. O. 773–774. Bildliche Darstellungen der Anlegung von F., die gerollt sind, wie es noch jetzt üblich ist, Bull. com. II 1874 Taf. I 3; das Adonisbild in Pompeii, Helbig Wandgem. 340. Daremberg-Saglio Dict. d. Ant. II 982f. (Lafaye).

[Mau. ]