Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Commodus, L. Römischer Kaiser 180-192 n. Chr.
Band II,2 (1896) S. 24642481
Commodus in der Wikipedia
GND: 118521713
Commodus in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register II,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|II,2|2464|2481|Aurelius 89|[[REAutor]]|RE:Aurelius 89}}        

89) L. Aurelius Commodus = Imp. Caes. M. Aurelius Commodus Antoninus Augustus = Imp. Caes. L. Aelius Aurelius Commodus Augustus, [2465] römischer Kaiser vom 17. März 180 – 31. December 192 n. Chr.

I. Quellen.

a) Angebliche Briefe des Commodus finden sich Hist. Aug. Nig. 4, 4; Alb. 2, 1–5. 14, 3–5. Der Eingang eines wirklichen Briefes an den Senat vom December 192 bei Dio LXXII 15, 5. Eine angebliche Rede des Commodus an die Soldaten im März 180 bei Herodian I 5, 3–8. Einiges aus einer wirklichen Rede im Senat vom J. 180 bei Dio LXXII 4, 2. Die wenigen Erlasse und Verordnungen aus der Zeit des Commodus bei G. Hänel Corpus legum, Lps. 1857, 132–133.

b) Die wichtigsten Inschriften aus der Zeit des Commodus bei H. Dessau Inscript. Latinae selectae I 375–378. 389–406. 1112–1140. 1326f. 1573f. 2099f. Im übrigen vgl. besonders die Indices des CIL, namentlich Bd. III und VIII, auch CIL VI 1023–1025. 2099–2101.

c) Die Münzen des Commodus bei Eckhel VII 102–138. Cohen III² 228–375 nr. 1–1192 (diese im folgenden ohne Seitenzahl nur nach den Nummern citiert). p. 128f. 132ff. 169f. 378ff. 388f. Die alexandrinischen Münzen bei Mionnet VI 334–346 nr. 2317–2425; Suppl. IX 101–106 nr. 445–474. Catalogue of the greek coins in the British Museum, Alexandria p. 174–180 nr. 1394–1446; vgl. v. Sallet Daten der alexandrinischen Kaisermünzen 41–42.

d) Alte Litteratur: Xiphilins Epitome und verschiedene Excerpte aus Cassius Dio Buch LXXII, vgl. auch Bd. V p. 208 Dindorf und Zonaras XII 4–5. Herodianus τῆς μετὰ Μάρκου βασιλείας ἱστοριῶν I 2–17; vgl. hierüber J. Zürcher Commodus. Vita Commodi Antonini in den Scriptores Historiae Augustae, angeblich verfasst von Aelius Lampridius, die zum Teil auf amtlichen Veröffentlichungen beruht, vgl. auch hierüber J. Zürcher Commodus; ausserdem vgl. die Lebensbeschreibungen des Marcus, Pertinax u. a. (im folgenden citiert als Comm., Marc., Pert. u. s. f.). Neben diesen drei Hauptquellen, Dio, Herodian und Vita, sind zu vergleichen die späteren Chronisten, namentlich Eutropius VIII 15. Victor Caesares 17; Epitome 17. Chronica minora ed. Mommsen I 147.

e) Neue Litteratur: J. Zürcher Commodus, ein Beitrag zur Kritik der Historien Herodians, in Büdingers Untersuchungen zur römischen Kaisergeschichte I, Lpz. 1868, 223–263. H. Schiller Geschichte der römischen Kaiserzeit I 2, Gotha 1883, 660–668. E. Herzog Geschichte u. System der römischen Staatsverfassung II, Lpz. 1887, 407. 415. J. J. Bernouilli Römische Ikonographie II 2, 1891, 226–245.

II. Leben vor der Thronbesteigung.

a) Commodus als Kind und Caesar: 161–176 n. Chr. Am 31. August 161 n. Chr. (Comm. 1, 2. 10, 2, vgl. Suet. Gai. 8. Dio LXXII 22, 4, 6) wurde Commodus bei Lanuvium mit seinem Zwillingsbruder Antoninus (o. Bd. I S. 2571) geboren (Comm. 1, 2), als Sohn des Kaisers M. Aurelius Antoninus (o. Annius Nr. 94 Bd. I S. 2279f.) und der jüngeren Annia Galeria Faustina (o. Bd. I S. 2313f. Annius Nr. 121; vgl. auch Comm. 1, 3–4. Herod. I 7, 4). Wahrscheinlich erhielt er nach dem Kaiser L. Verus die von diesem kurz vorher abgelegten Namen L. Aelius Aurelius Commodus (vgl. u. III [2466] J. 180, a). Bei dem parthischen Triumph des Marcus und Verus in der Mitte des J. 166 (vor dem 23. August, vgl. o. Bd. I S. 2294f.) fuhr auch Commodus mit seinen Geschwistern im Triumphzuge mit (Marc. 12, 10). Bald darauf, am 12. October 166 (Comm. 11, 13), wurde er, angeblich auf Bitten des L. Verus (Marc. 12, 8), mit seinem jüngeren Bruder M. Annius Verus (o. Bd. I S. 2309 Annius Nr. 95) zum Caesar ernannt (Comm. 1, 10. 11, 13; Marc. 16, 1. 21, 3; auf Münzen: Commodus Caes. Aug. fil. entweder allein, Cohen 694, oder mit seinem Bruder Annius Verus Caes., Cohen III² 133 nr. 2; noch ohne Caesar findet sich Commodo Ant. Aug. f., Cohen 1008).

Sein Vater versuchte ihn teils durch eigene Belehrung, teils durch die besten Lehrer der damaligen Zeit zu erziehen (Comm. 1, 5. Herod. I 2, 1; vgl. auch Dio LXXII 1). In der griechischen Sprache unterrichtete ihn Onesikrates, in der lateinischen Antistius Capella, in der Rhetorik Ateius Sanctus (Comm. 1, 6). Doch fruchtete bei dem sehr beschränkten (Dio LXXI 22, 3. LXXII 1,1) Knaben kein Unterricht (Comm. 1, 7). Zwar war er nach Dio (LXXII 1,1) ursprünglich nicht gerade ein Bösewicht, nach der Vita dagegen (Comm. 1, 7) war er schon von der ersten Kindheit an in Laster eingeweiht und wollte schon als zwölfjähriger Knabe (also im J. 172) bei Centumcellae einen Sclaven in den Ofen werfen lassen (Comm. 1, 9). Übrigens blieb er während des ersten germanischen Krieges (166–175) in oder bei Rom (vgl. Herod. I 7, 4).

Am 15. October 172 (Comm. 11, 13) erhielt Commodus den Beinamen Germanicus, den sich sein Vater erkämpft hatte (vgl. Dio LXXI 3, 5), und heisst also auf einer Münze des J. 173: Commodus Caes. Germ. Antonini Aug. Germ. fil. (Cohen III² 133 nr. 2), auf anderen Münzen der J. 172–175: Commodus Caes. Aug. fil. Germ. (Cohen 291–292. Cohen III² 132f. nr. 1. 3 vom J. 175) oder vollständiger L. Aurel. Commodus Caes. Aug. fil. Germ. (Cohen 293–294. Cohen III² 133 nr. 4 vom J. 175); ähnlich auf einer Inschrift CIL X 6001 = Dessau 389. Auf eine Spende an das Volk, die er noch in der Praetexta persönlich vornahm (Comm. 2, 1), beziehen sich wohl die Münzen mit Liberalitas Aug. (Cohen 291–294); vgl. auch Eckhel VII 103.

Am 20. Januar 175 (Comm. 12, 1; vgl. Dio LXXII 15, 3), im 14. Lebensjahre (Comm. 1, 10), wurde er in alle Priestercollegien aufgenommen (Comm. 1, 10. 12, 1; Marc. 16, 1); so heisst er Commodus Caes. Aug. fil. pontif(ex) (Cohen 599). Auch wurde er zum Princeps iuventutis ernannt (Comm. 2, 1. Cohen 605. 607. 608. 610–614. 617. 618. CIL VIII Suppl. 11928).

Etwa im Frühling 175 nahm Commodus ebenso wie sein Vater (vgl. o. Bd. I S. 2300) den Siegertitel Sarmaticus an und heisst demnach Commodus Caes. Aug. fil. Germ. Sarm. Cohen 1. 2. 41. 76. 77. 78. 93. 94. 104. 105. 215. 216. 401. 402. 404. 406. 601. 602. 606. 609. 615. 616. 708–711) oder L. Aurel. Commodus Caes. Aug. fil. Germ. Sarm. (Cohen 217. 243. 244. 403. 712).

Am 19. Mai 175 brach er nach Germanien auf (Comm. 12, 2), nämlich zu seinem Vater [2467] Marcus, der ihn am 7. Juli 175 (Comm. 2, 2. 12, 3) an der Reichsgrenze für mündig erklärte (Marc. 22, 12; Comm. 2, 2. 12, 3) und ihn den Soldaten empfahl (Comm. 2, 3). Vielleicht wurde er auch schon damals zum Consul für das J. 177 designiert (Marc. 22, 12). Dann reiste er mit seinem Vater, in den J. 175–176, nach Syrien und Ägypten und kehrte mit ihm im Herbst 176 nach Rom zurück (Comm. 2, 3; vgl. o. Bd. I S. 2300ff. Münzen mit adventus Caes. Cohen 1–2. Auf die glückliche Überfahrt über das Meer von Griechenland nach Italien bezieht sich Cohen 118; vgl. Marc. 27, 2).

b) Commodus als Mitherrscher seines Vaters: 176–180 n. Chr. Am 27. November 176 (Comm. 2, 4. 12, 4), bald nach der Rückkehr nach Rom, wahrscheinlich an demselben Tage, an dem Marcus triumphierte (vgl. o. Bd. I S. 2302), wurde Commodus von seinem Vater zum Imperator und Mitherrscher erhoben (Comm. 2, 4. 12, 4; Marc. 16, 1. Mommsen St.-R. II³ 1154, 4; eine Münze mit imp. Caes. L. Aurel. Commodus Germ. Sarm. ohne Augustus und ohne trib. pot. Cohen 223). Am 23. December 176 (Comm. 12, 5) triumphierte er de Germanis (vgl. Cohen 76–92) und de Sarmatis (vgl. Cohen 93–103), angeblich zugleich mit seinem Vater (Comm. 2, 4; Marc. 16, 1. 17, 3. Eutrop. VIII 13. Euseb. Hieron. Chron. a. Abr. 2193), in Wirklichkeit etwa einen Monat später (vgl. o. Bd. I S. 2302). Der Vater ging dabei neben dem Triumphwagen seines Sohnes her (Marc. 16, 2).

Am 1. Januar 177 übernahm Commodus zum erstenmal das Consulat, und zwar mit M. Plautius Quintillus, CIL VI 631. 745. 2382 b. X 285. XIV 328. Comm. 2, 4; Marc. 16, 1. Mommsen Chron. min. I 58. 225. 287. 431. 698. II 143.

Es fragt sich nun, ob Commodus die tribunicische Gewalt erst in diesem J. 177 oder schon am 27. November 176 zugleich mit dem Imperatortitel erhalten hat. Letzteres ist an sich wahrscheinlicher, da sich sonst zwar die tribunicia potestas ohne Imperatortitel, z. B. bei L. Caesar und Marcus, aber nicht umgekehrt der Imperatortitel ohne tribunicia potestas findet (vgl. Mommsen St.-R. II³ 1154). Ferner steht durch die Inschriften (z. B. Dessau 400f.), Münzen (Cohen 183ff. 207ff. 598) und durch Dio (LXXII 15, 5) fest, dass Commodus im December 192 die 18. tribunicia potestas führte, so dass die erste schon am 9. December 176 zu Ende gegangen sein muss. Nun giebt es aber Münzen mit trib. pot. cos. (Cohen 118. 733–738), nach denen Commodus noch im J. 177, nämlich während seines ersten Consulates, die erste tribunicia potestas zählte. Mommsen (St.-R. II³ 801, 2) meint daher, Commodus habe in der That erst im Laufe des J. 177 die tribunicische Gewalt erhalten; sehr bald aber sei dann als dies imperii der 27. November 176 und demnach als Endtermin der trib. pot. I der 9. December 176 fixiert worden. Herzog (St.-V. II 1, 383f., 1) meint dagegen, dass zunächst die paar Tage vom 27. November bis 10. December 176 ,nicht in Berechnung genommen und so von dem Tage der Übertragung bis 9. December 177 ein wenig übervolles Jahr = ein Jahr gerechnet, dann aber dies als Benachteiligung corrigiert worden sei‘. Vielleicht lässt [2468] sich aber auch annehmen, dass die Aufschrift der Münzen trib. pot. cos. ungenau ist. Es kann entweder die Iterationsziffer II bei trib. pot. fortgelassen sein, wie sich das auch sonst auf Münzen, besonders des Pius, häufig findet, sogar auch auf einer Inschrift des Commodus (CIL III 6052 = Dessau 394), oder aber, was noch wahrscheinlicher ist, es kann cos. ungenau stehen für cos. des., wie dies z. B. bei Antoninus Caracalla häufig vorkommt (Cohen 176. 177. 183. CIL VIII 9828. 9228. 10894), so dass die Münzen in die Zeit vom 27. November bis 9. December 176 gehören würden. Dass in der That einige Münzaufschriften dieser Zeit ungenau sind, zeigen die Münzen mit Commodo Caes. Aug. fil. Germ. Sarm. cos. (Cohen 218–220. 603. 604); denn als Commodus Consul wurde, war er schon Imperator, und als er noch Caesar war, war er noch nicht Consul; es wird also auch hier cos. für cos. desig. stehen. Ausserdem bezieht sich die Münze Cohen 118 mit der Aufschrift Commodo Caes. Aug. fil. Germ. trib. pot. cos. und Felicitati Caes. s. c. und der Abbildung eines Schiffes zweifellos auf die gefährliche Überfahrt von Griechenland nach Italien (Marc. 27, 2) etwa Anfang November 176 (vgl. o. Bd. I S. 2302) und ist daher schwerlich erst im J. 177 geprägt. Hat aber wirklich Commodus die trib. pot. erst während seines ersten Consulates empfangen, so hat er sie jedenfalls noch vor der Annahme des Augustusnamens, die in demselben Jahre erfolgte, als die zweite gezählt; das zeigen die Münzen mit Imp. Caes. L. Aurel. Commodus Germ. Sarm. und trib. pot. II cos. (Cohen 81. 82. 92. 97. 103. 295. 298. 739. 741. 742. 749. 750).

Im Laufe des J. 177 erhielt Commodus den Titel Augustus und p(ater) p(atriae) und wurde damit zum gleichberechtigten Mitkaiser seines Vaters erhoben. Demnach heisst er jetzt auf Münzen L. Commodus Aug. cos. p. p. (Cohen 63. 66. 67) oder L. Aurel. Commodus Aug. cos. p. p. (Cohen 65. 68. 743) oder Imp. L. Aurel. Commodus Aug. Germ. Sarm. tr. p. II cos. p. p. (Cohen 79. 80. 83–90. 95. 96. 98–102. 744–748) oder endlich Imp. Caes. L. Aurel. Commodus Aug. Germ. Sarm. tr. p. II cos. p. p. (Cohen 91; vgl. CIL VI 1016 a = Dessau 375. CIL III 3968 = Dessau 390. CIL VI 1023; ungenau CIL VIII 9992).

In demselben J. 177, und zwar noch vor dem 10. December, nahmen beide Kaiser eine imperatorische Begrüssung an, so dass Marcus imp. IX (vgl. o. Bd. I S. 2303) und Commodus imp. II genannt wurde (Cohen 270. 271. 751–759. 981). Es muss also in diesem Jahre der Markomanenkrieg von neuem ausgebrochen sein. Infolgedessen entschloss sich Marcus im folgenden J. 178 von neuem in den Krieg zu ziehen, und vermählte vor der Abreise, schneller als er ursprünglich beabsichtigt hatte, seinen siebzehnjährigen Sohn und Nachfolger mit Crispina, der Tochter des L. Fulvius C. Bruttius Praesens, die zugleich den Augustatitel erhielt (Dio LXXI 33, 1. Marc. 27, 8. CIL X 408 = Dessau 1117. Cohen III² p. 386 nr. 45 p. 388f. nr. 1–3. CIL VIII 2366 = Dessau 405). Dann brach er am 3. August 178 (Comm. 12, 6) mit Commodus von Rom zum zweiten germanischen oder sarmatischen Feldzug [2469] auf (Comm. 2, 5. Dio LXXI 33, 1. Marc. 27, 9; vgl. Dessau 1112. 1117. 1140. 1326. 1573).

Am 1. Januar 179 trat Commodus zum zweitenmale das Consulat an, und zwar mit P. Martius Verus, der das Amt gleichfalls zum zweitenmal bekleidete (CIL VI 1979. 2382 b. III Suppl. 8663 = 3157. XIV 2856 = Dessau 376. CIRh 1618. Mommsen Chron. min. I 58. 225. 287. 431. 698. II 144). In demselben Jahre erneuerten beide Kaiser den Imperatortitel (Marcus imp. X, s. o. Bd. I S. 2303; Commodus imp. III, Cohen 234–237. 262. 619. 768–776), infolge eines Sieges des Tarruntenus Paternus (Dio LXXI 33, 3–4). Unklar ist, was mit der Münzaufschrift Profectio Aug. (Cohen 619) aus dieser Zeit gemeint ist. Denn an einen vorübergehenden Aufenthalt des Commodus in Rom im J. 179 darf man schwerlich denken.

Am 17. März 180 (Dio LXXI 33, 4. Tertullian. apologet. 25) starb Kaiser Marcus zu Sirmium (Tertull. a. a. O.) oder zu Wien (Vict. Caes. 16, 12; epit. 16, 12), nicht ohne den Verdacht, von den Ärzten dem Commodus zu Gefallen vergiftet zu sein (Dio LXXI 33, 4). Er hatte kurz vor seinem Tode seinen Sohn als seinen Nachfolger den Freunden und Soldaten empfohlen (Dio LXXI 34, 1. Herod. I 4. Marc. 27, 11 – 28, 10), und so bestieg Commodus ungehindert den Kaiserthron.

III. Regierungszeit: 17. März 180 bis 31. December 192.

180: (Germ. Sarm.) p. m. trib. pot. V (10. December 179 – 9. December 180). imp. III und IV. cos. II. (des. III.). p. p.

a) Name: Es ist zweifelhaft, ob der ursprüngliche Name des neuen Herrschers L. Aelius Aurelius Commodus oder nur L. Aurelius Commodus gelautet hat. Ersteres ist in Rücksicht auf seine spätere Namensänderung wahrscheinlicher (vgl. u.). Doch findet sich der Name Aelius vor dem J. 180 nur selten (z. B. im J. 179, CIL XIV 2856 = Dessau 376). Vielmehr heisst er als Caesar und Augustus bis zum Tode seines Vaters regelmässig L. Aurelius Commodus (zuerst nachweisbar im J. 175, Cohen III² 133 nr. 4) oder blos Commodus (so meist als Caesar).

Bald nach dem Tode seines Vaters nahm Commodus den Beinamen seines Vaters Antoninus und gleichsam zum Ersatz für den Geschlechtsnamen Aurelius, den er schon mit seinem Vater gemeinsam hatte, auch dessen Vornamen Marcus statt des eigenen Lucius an, während Pius und Marcus zwar ihren Vornamen beibehalten, aber ausser dem Beinamen auch den Geschlechtsnamen ihres Vorgängers angenommen hatten. So nennt sich also Commodus seit dem J. 180 M. Aurelius Commodus Antoninus (z. B. CIL VIII Suppl. 11926 = Dessau 377 im J. 181), legt aber kein Gewicht auf den Geschlechtsnamen Aurelius, da sich dieser auf Münzen nur in den J. 183 und 184 findet (Cohen 423. 857f. 861. 867. 871f. 970. 424. 428. 439f. 443. 731. 913). Vielmehr heisst er auf den Münzen in den J. 180 bis 191 regelmässig M. Commodus Antoninus (in den ersten Jahren 180–183 daneben auch M. Antoninus Commodus). Nur selten fehlt der Vorname (Commodus Antoninus, Cohen 17f. 116f. 457. 460. 472. 476. 479. 626–630. 956. CIL VI 790 = Dessau 391. Comm. 1, 1). [2470]

Erst gegen Ende seines Lebens, im J. 191, als sein Selbstbewusstsein ins Masslose gestiegen war, griff er auf seinen ursprünglichen Namen zurück und nannte sich wieder L. Aelius Aurelius Commodus (Cohen 71ff. 120f. 239ff. 245f. 346ff. u. s. w.). Nur einmal findet sich noch der Name Antoninus mit dieser Namensform vereinigt (Cohen 726). Commodus brach also mit der überlieferten Gewohnheit und zerriss mit der Aufgabe der Namen M. Antoninus den Zusammenhang mit seinen Vorgängern. Er wollte als etwas Neues und Selbständiges erscheinen. Schon aus diesem Gesichtspunkte ist es wahrscheinlich, dass L. Aelius Aurelius Commodus und nicht L. Aurelius Commodus sein ursprünglicher Name gewesen ist. Sodann aber ist es naheliegend anzunehmen, dass der am 31. August 161 geborene Commodus nach dem Kaiser L. Verus genannt wurde, der noch bis zum 7. März desselben Jahres die Namen L. Aelius Aurelius Commodus geführt hatte (vgl. u. L. Ceionius Commodus).

b) Beinamen: Schon als elfjähriger Knabe, am 15. October 172, empfing Commodus den Siegernamen Germanicus, drei Jahre später, 175, auch den Namen Sarmaticus (s. o.). Nach seines Vaters Tode führt er diese beiden Siegernamen auf den Münzen überhaupt nicht mehr (ohne Ausnahme), und auf den Inschriften heisst er statt Germ. Sarm. (so noch z. B. im J. 181, CIL VIII Suppl. 11926 = Dessau 377) meist Sarm. Germ. Max. (vgl. z. B. Dessau 393. 400. 401. Dio LXXII 15, 5). Im J. 183 fügte Commodus des Antoninus berühmten Beinamen Pius zu seinem Namen hinzu, und zwar stellte er ihn hinter Aug. (Münzen und Inschriften) und vor die Siegernamen (Inschriften). Im J. 184 empfing der Kaiser den Siegernamen Britannicus (s. zu diesem J.) und im nächsten Jahre 185 als erster aller Kaiser den Zunamen Felix (s. zum J. 185). Anfangs war Felix einfach hinter Britannicus eingereiht, also von Pius getrennt (Pius Brit. Fel., Cohen 49f. 112. 139f. 480f. 666f. u. s. w.); aber schon vom J. 185 ab findet sich auch Pius Felix Augustus Brit. (Cohen 147. 328. 663 u. s. f.), und später wird regelmässig Felix mit Pius verbunden. Und zwar steht Pius Felix auf Münzen in den J. 186–191 regelmässig vor Augustus und erst in den letzten J. 191–192 nach der Namensänderung in L. Ael. Aur. Comm. Aug. steht Pius Felix hinter Aug. Auf den Inschriften findet sich im allgemeinen dieselbe Anordnung, doch nicht so regelmässig (vgl. die Indices des CIL).

Im J. 192 nahm Commodus noch folgende Beinamen an: Pacator orbis (εἰρηνοποιὸς τῆς οἰκουμένης, Dio LXXΙI 15, 5. CIL XIV 3449 = Dessau 400), Invictus (a. a. O.), Romanus Hercules oder Hercules Romanus (a. a. O. Cohen 181–185. 188–206. Comm. 8, 5. Herod. I 14, 8). Ausserdem liess er sich auch deus selbst nennen (Dio LXXII 16, 1. Comm. 8, 9, vgl. 9, 2); ferner Amazonius, seiner Concubine Marcia zu liebe, die er gerne als Amazone dargestellt sah (Comm. 11, 9. Dio LXXII 15, 4. 20, 2); endlich Exsuperatorius oder Ὑπεραίρων, wie er den December nennen liess (Dio LXXII 15, 4. 3. Comm. 11, 8; vgl. omnium virtutum exsuperantissimus auf einer Inschrift des J. 192, CIL XIV 3449 = Dessau 400). Gefeiert wurde er auch als Πρωτοπάλος [2471] σεκουτούρων (Dio LXXII 22, 3; daraus ist gemacht Palus primus, Comm. 15, 8), als Pater senatus (Cohen 396–398 im J. 187) und als Gründer Roms (conditor, Cohen 181–185 im J. 192). Von anderen devoten Zusätzen, wie indulgentissimus princeps (CIL VIII 8702), fortissimus felicissimus princeps (CIL VIII 802), dominus noster sanctissimus imperator (CIL VIII 10570) u. ä. ist hervorzuheben nobilissimus princeps (CIL V 4867) oder nobilissimus omnium et felicissimus princip(um) (CIL VIII 10307 = Dessau 397), βασιλικώτατος (CIL VI 420 = Dessau 398); auch auf den Münzen des J. 186 und 187 wird die Nobilitas Aug. gefeiert (Cohen 379–386).

c) Titel: 1) p(ontifex) m(aximus) findet sich auf den Münzen merkwürdigerweise erst vom J. 183 ab (Cohen 417–420. 423), auf Inschriften dagegen umgekehrt schon zu Lebzeiten des Vaters vom J. 177 ab (z. B. CIL VIII 9992). Correcterweise muss er ihn seit dem Tode seines Vaters führen. 2) Die tribunicia potestas erhielt er entweder am 27. November 176 oder im Laufe des J. 177 (s. o.). Gerechnet wird sie jedenfalls so, dass am 10. December 177 die dritte und am 10. December 192 die achtzehnte trib. pot. beginnt. 3) Commodus wurde imp(erator) II im J. 177, imp. III 179, imp. IV 180, imp. V 182, imp. VI 183, imp. VII 184, imp. VIII 186 (s. zu diesen Jahren). 4) Commodus war consul im J. 177, cos. II 179, cos. III 181 (nach der Thronbesteigung), cos. IIII 183 (nach dem Sturz des Paternus), cos. V 186 (nach dem Sturz des Perennis), cos. VI 190 (nach dem Sturz des Cleander), cos. VII 192 (nach der Änderung seines Namens, s. zu diesen Jahren). 5) Den Titel p(ater) p(atriae) nahm Commodus schon im J. 177 zugleich mit dem Augustustitel an (Münzen und Inschriften). 6) Princeps iuventutis heisst er meist als Caesar in den J. 175 und 176 (Cohen 601–618), nur selten noch als Augustus (CIL IX 5430 vom J. 177).

d) Heimkehr nach Rom: Wenige Tage nach seines Vaters Tode stellten die hohen Beamten und Feldherrn den neuen Kaiser dem Heere vor; dieser hielt eine Rede an die Soldaten und bewilligte ihnen reiche Geldgeschenke (Herod. I 5, 1–8). Kurze Zeit hindurch geschah nun alles nach dem Rat der bewährten Minister, dann aber entschloss sich Commodus trotz des Widerspruchs seines Schwagers (Claudius) Pompeianus, den Krieg abzubrechen und nach Rom heimzukehren (Herod. I 6, 1 – 7, 1). Teils durch die Waffen, teils durch Geld bezwungen, gestanden die Markomannen und Quaden verhältnismässig günstige Friedensbedingungen zu, und auch mit den Buren wurde ein ehrenvoller Friede geschlossen (Dio LXXII 2, 2 – 3, 2; vgl. Herod. I 6, 8–9. Comm. 3, 5). Daraufhin glaubte sich der Kaiser berechtigt, den Imperatortitel zu erneuern (imp. IIII auf den meisten Münzen des J. 180, Cohen 3. 165. 963. 272. 300–306. 623–625. 784–792. 794. Eckhel VII 109). Dann eilte er möglichst schnell zu den hauptstädtischen Vergnügungen (Dio LXXII 1, 2. 2, 2. Herod. I 7, 2). In allen Städten, durch die er kam, wurde er freudig und glänzend empfangen. Besonders festlich aber gestaltete sich der Einzug in Rom selbst (Herod. I 7, 2–3. 5–6, Münzen mit adventus Aug. imp. IIII, Cohen 3, und Fort. [2472] red. imp. IIII, Cohen 165), der am 22. October 180 stattgefunden zu haben scheint. Denn an diesem Tage wurde er datus in perpetuum ab exercitu et senatu in domo Palatina Commodiana conservandus, wie später in die officielle Chronik eingetragen wurde (Comm. 12, 7). Im Senat hielt der eitle Kaiser eine läppische Rede, worin er unter anderem prahlte, seinen Vater einst zu Pferde aus einem Sumpfe gerettet zu haben (Dio LXXII 4, 2). Bald nach seiner Rückkehr hielt er einen Triumph (vgl. auch CIL XIV 2922 = Dessau 1420), bei dem sich sein Kammerdiener Aelius Saoterus (vgl. CIL VI 2010, 1. Dio LXXII 12, 2) hinter ihm auf dem Triumphwagen befand (Comm. 3, 6). Bei dieser Gelegenheit, wie es scheint, änderte der Kaiser seinen Namen aus L. Aurel. Commodus in M. Commodus Antoninus (Cohen 300ff. 784ff.; vgl. o. a).

e) Günstlingswirtschaft. Es ist kaum zu bezweifeln, dass Commodus eine Zeit lang die bewährten Minister des Vaters in ihren Stellungen und ihrem massgebenden Einfluss behielt. Wir wissen es bestimmt von dem Gardepraefecten Tarruntenus oder Tarrutenius Paternus, der schon im J. 179 einen Sieg über die Germanen (oder Sarmaten) gewann (Dio LXXI 33, 3–4). Und dem C. Aufidius Victorinus, dem hervorragendsten Manne aus der Zeit des Marcus an Lauterkeit des Charakters und Tüchtigkeit in der Verwaltung (vgl. o. S. 2296f.), wurde noch im J. 183 die Ehre zu teil, mit dem Kaiser zusammen das Consulat zu bekleiden. Ob diese Zeit wirklich ,wenige Jahre‘ dauerte, wie Herodian (I 8, 1) sagt, also etwa bis zum J. 182 oder 183, ist nicht sicher, aber doch nicht unwahrscheinlich.

Jedenfalls ergiebt sich aus Herodian (I 8, 1) keineswegs, wie Hirschfeld (V.-G. I 228, 44) annimmt, dass Perennis schon im J. 180 dem Tarruntenus Paternus zum Collegen in der Gardepraefectur gegeben worden wäre. Wann dies geschehen ist, wissen wir nicht. Ich glaube aber, man muss eher an das J. 182 denken, da der ehrgeizige Perennis nicht allzu lange nach seiner Erhebung damit gezögert haben wird, durch den Sturz seines Collegen sich den Weg zur Herrschaft zu ebnen. Von da ab herrschten dann nur noch die Günstlinge des Commodus, und zwar seine Gardepraefecten und seine Kammerdiener (a cubiculo; vgl. auch Comm. 15, 1), so dass durch diese die Regierung des Commodus gegliedert wird; und zwar etwa so:

1) Praefect Paternus, Kämmerer Saoterus 180–182.
2) Praefect Perennis 182–185.
3) Kämmerer und Praefect Cleander 185–189.
4) Kämmerer Eclectus und Praefect Laetus 189–192.

Vgl. über die Praefecti praetorio des Commodus: O. Hirschfeld Verwaltungsgeschichte I 227–229. Über die Kämmerer des Commodus: Friedländer Sittengesch. I⁶ 116f.

181: (Sarm. Germ. Max.) p. m. trib. pot. VI (10. December 180 – 9. December 181). imp. IIII. cos. III p. p.

Am 1. Januar 181 übernahm Commodus zum drittenmal das Consulat, und zwar mit seinem Schwager L. Antistius Burrus (o. Bd. I S. 2548 Nr. 29–31), CIL VI 212 (= Dessau 2100). 213 [2473] (= Dessau 2099). 725. 861 (= X 1791). 1979. V 7907. VIII Suppl. 14428. IX 4697. CIRh 1791 (= Dessau 2401). Mommsen Chron. min. I 59. 225. 287. 431. 698. II 144.

182: (Sarm. Germ. Max.) p. m. trib. pot. VII (10. December 181 – 9. December 182). imp. IIII und V. cos. III. p. p.

Wahrscheinlich in das letzte Drittel dieses Jahres (und nicht erst in das J. 183) fällt die Verschwörung des Quadratus und der Lucilla gegen Commodus, der Sturz des Gardepraefecten Paternus und die Hinrichtung der Kaiserin Crispina (Dio LXXII 4–5. Herod. I 8. Comm. 4). Denn: 1) Paternus wird noch weniger wie die von Commodus eingesetzten Gardepraefecten ein Triennium (180–183) erfüllt haben (Comm. 14, 8). 2) Perennis wird beinahe drei Jahre im Besitz der Macht gewesen sein, da er den späteren Kaiser Pertinax ,sofort‘ nach Ligurien verbannte, wo dieser bis zum Sturz des Perennis ,drei Jahre‘ blieb (Pert. 3, 3–5). Da nun Perennis sicher im J. 185 gestürzt wurde (s. zum J. 185), muss er gegen Ende 182 in den Besitz der Macht gelangt sein. 3) Ein negatives Zeugnis bieten die Arvalacten des J. 183, die keine Andeutung einer Errettung des Commodus aus Lebensgefahr enthalten (CIL VI 2099). 4) Von der Kaiserin Crispina giebt es nur noch vereinzelte alexandrinische Münzen mit der Jahreszahl 22, d. h. 29. August 182–183 (v. Sallet Daten der alexandrinischen Kaisermünzen 42 bezeichnete noch die Zahl 22 als nicht ganz sicher; doch vgl. jetzt ausser Mionnet VI 347, 2434 besonders Catalogue of the greek coins in the British Museum, Alexandria p. 180 nr. 1447 und Tafel III). Deshalb muss man den Tod der Crispina in das letzte Drittel des J. 182 setzen. Dieser erfolgte aber ungefähr zu gleicher Zeit, wie der Tod der Lucilla (Dio LXXII 4, 6). Folglich muss auch die Verschwörung der Lucilla in diese Zeit gesetzt werden.

Der Hergang war kurz folgender: Annia Lucilla, die Schwester des Kaisers (vgl. o. Bd. I S. 2315 Nr. 123), verband sich mit ihrem Vetter (M. Ummidius) Quadratus (vgl. den Stammbaum o. Bd. I S. 2289f. Marc. 7, 4; Comm. 4, 1. Dio LXXII 4, 5–6. Herod. I 8, 4) zur Ermordung des Commodus. Mit der Ausführung wurde der junge Claudius Pompeianus Quintianus (vgl. auch Amm. Marc. XXIX 1, 17) betraut (wahrscheinlich ein Stiefsohn der Lucilla aus der ersten Ehe ihres Gemahls mit einer Quintia). Dieser trat dem Kaiser beim Eingang in das Theater mit gezücktem Schwerte entgegen und rief: dies schickt dir der Senat. Den tötlichen Streich selbst führte er aber nicht aus; er wurde gefesselt und hingerichtet. Ebenso wurden bald darauf getötet Lucilla und Quadratus, die Urheber des Attentats, und, wie es scheint als Mitwissende, eine Norbana, ein Norbanus, ein Paralius und dessen Mutter (Comm. 4, 4. Dio LXXII 4, 5–6. Herod. I 8, 4–5).

Der Gardepraefect Tarruntenus Paternus war nach Dios ausdrücklichem Zeugnis an der Verschwörung nicht beteiligt (Dio LXXII 5, 2; also falsch Comm. 4, 1). Dagegen suchte er wahrscheinlich die Zahl der Hinrichtungen zu beschränken (interventor, ne coniuratio latius puniretur, Comm. 4, 7), und dies benützte der zweite [2474] Praefect (Tigidius) Perennis, um ihn der Teilnahme zu beschuldigen und so zu stürzen (Comm. 4, 7. Dio LXXII 5, 2. 10, 1). Paternus wurde unter Verleihung der Consularinsignien seines Amtes enthoben und dann hingerichtet (Comm. 4, 7–8. Dio LXXII 5, 1–2), mit ihm seine Freunde Salvius Iulianus und Vitruvius Secundus (Dio LXXII 5, 1. Comm. 3, 2. 4, 8; über Salvius Iulianus vgl. auch Wirth Quaest. Sev. 22).

Um dieselbe Zeit wurden auch die Brüder Sex. Quintilius Condianus und Sex. Quintilius Valerius Maximus mit einem Sohne (Dio LXXII 5, 3–4. Comm. 4, 9), Vitrasia Faustina (vgl. CIL X 4635 = Dessau 1115), Velius Rufus, Egnatius Capito, Aemilius Iuncus und Atilius Severus getötet (Comm. 4, 10–11). Denn seit dem Attentate hegte Commodus einen unauslöschlichen Hass gegen den Senat (Herod. I 8, 7). Von Furcht und Misstrauen gequält, schloss sich der Kaiser fast ganz von der Öffentlichkeit ab (Comm. 5, 1. Herod. I 11, 5) und überliess sich ganz seinen Vergnügungen (Dio LXXII 9, 1), angeblich auf den Rat des Perennis (Herod. I 8, 1–2. Comm. 5, 2–5). Dieser bemächtigte sich nach dem Sturze des Paternus der gesamten Regierungsgewalt und verwaltete das Reich (182–185) uneigennützig mit Geschick und Umsicht (ἀδωρότατα καὶ σωφρονέστατα Dio LXXII 10, 1. 9, 1; ungünstig urteilen über ihn Herod. I 8, 1–2. 8. 9, 1 und nach diesem Vita Commodi 5, 1–6). Ein Beispiel der Gerichtsbarkeit des Perennis ist uns erhalten in den Processacten des Christen Apollonius bei Harnack S.-Ber. Akad. Berl. 1893, 721–746.

Der Grund für die Hinrichtung der Kaiserin Crispina war Ehebruch; sie wurde vor der Hinrichtung ebenso wie Lucilla nach Capri verbannt (Dio LXXII 4, 6). Ihre vierjährige Ehe mit Commodus scheint keine glückliche gewesen zu sein; Kinder hatte sie anscheinend nicht. Nach ihrem Tode vermählte sich Commodus nicht wieder, sondern lebte mit mehreren Kebsweibern (Dio LXXII 12, 5; angeblich 300 nach Comm. 5, 4), namentlich der Marcia, die schon das Kebsweib des damals getöteten Quadratus gewesen war (Dio LXXII 4. 6). Ihr vollständiger Name war wahrscheinlich Marcia Aurelia Ceionia Demetrias (CIL X 5918 = Dessau 406; vgl. u. M. Aurelius Sabinianus Nr. 209). Ein anderes Kebsweib hiess Damostratia (Dio LXXII 12, 2).

Gegen Ende des Jahres 182 erneuerte Commodus den Imperatortitel (imp. V auf nur wenigen Münzen des J. 182, Cohen 689. 842–847. Eckhel VII 110). Der Anlass ist unsicher. Am besten denkt man wohl an einen Sieg über die der Provinz benachbarten Dacier (Dio LXXII 3, 3. 8, 1. Comm. 13, 5).

183: Pius (Sarm. Germ. Max.) p. m. trib. pot. VIII (10. December 182 – 9. December 183). imp. V und VI. cos. IIII. p. p.

Am 1. Januar 183 übernahm Commodus zum viertenmale das Consulat, vielleicht aus Anlass der Errettung aus Lebensgefahr (vgl. o. 180 c 4), und zwar mit C. Aufidius Victorinus, der das Amt zum zweitenmal erhielt, CIL VI 2099, 1 (Acta Arv.). 746. 3741. III Suppl. 11933. VIII Suppl. 14588. CIRh 1325. Mommsen Chron. min. I 59. 225. 287. 432. 698. II 144.

In diesem J. 183 nahm Commodus den Beinamen [2475] Pius an (vgl. die Münzen), nachdem er, wie der Senat spottete, einen Buhlen seiner Mutter zum Consul designiert hatte (Comm. 8, 1). In den Arvalacten führt er diesen Namen schon am 7. Januar 183 (CIL VI 2099, 12). Anscheinend gleichzeitig mit der Annahme des Namens Pius erfolgte die Erneuerung des Imperatortitels (imp. VI ist meist mit Pius verbunden, Cohen 13f. 222. 377. 419. 423. 620–622. 634. 691f. 729. 732. 870–892. 894f. 897–901. 903–911). Doch findet sich auch sowohl der Name Pius in Verbindung mit imp. V (Cohen 850–852. 854. 859. 862) als auch imp. VI ohne Pius (Cohen 893. 896. 902. 912). Der Grund für die Annahme beider Titel ist unbekannt.

184: Pius (Sarm. Germ. Max.) Britannicus, p. m. trib. pot. VIIII (10. December 183 – 9. December 184). imp. VI und VII. cos. IIII. p. p.

In diesem Jahre fand ein britannischer Krieg statt (Dio LXXII 8. Comm. 6, 2. 8, 4. 13, 5. Dessau 1327). Die Barbaren überschritten den Grenzwall und hieben eine römische Abteilung nieder. Commodus schickte den Ulpius Marcellus gegen sie, der schon zur Zeit des Kaisers Marcus Britannien verwaltet hatte (CIL VII 504), und diesem gelang es, die Britannier zu besiegen (Dio LXXII 8). Auf Grund dieses Sieges (Vict. Brit., Cohen 945) nahm Commodus den Namen Britannicus an (vgl. auch Comm. 8, 4) und wurde, anscheinend gleichzeitig, zum siebentenmal zum Imperator ausgerufen (auf den Münzen meist Brit. und imp. VII verbunden, Cohen 17. 35. 116. 266. 457. 459f. 462f. 467. 469. 471. 658–660. 682f. 945. 988. 1002). Doch findet sich zuweilen auch Britannicus mit imp. VI (Cohen 431f. 927. Dessau 393) und umgekehrt imp. VII ohne Britannicus (Cohen 458. 461. 465f. 470. 989. 1004. Dessau 394).

185: Pius Felix (Sarm. Germ. Max.) Brit. p. m. trib. pot. X (10. December 184 – 9. December 185). imp. VII. cos. IIII. p. p.

Auch in diesem Jahre scheint der britannische Krieg noch fortgedauert zu haben, denn es findet sich noch im Lauf dieses Jahres und auch noch zwischen dem 10. und 31. December 185 die Münzaufschrift Vict. Brit. (Cohen 946. 947; vgl. auch Britannia Cohen 37). Perennis hatte sich bei dem britannischen Heere dadurch unbeliebt gemacht, dass er ritterliche Heerführer statt senatorischer eingesetzt hatte (Comm. 6, 2). Die unzufriedenen Truppen wollten sogar einen Gegenkaiser wählen (Comm. 8, 4), vielleicht einen Priscus (Dio Bd. V p. 208 Dind.). Doch Borghesi (Oeuvres III 249) identificiert diesen Priscus mit M. Statius Priscus und setzt dies Ereignis in den Anfang der Regierung des Marcus (vgl. o. Bd. I S. 2293). Jedenfalls sandten die aufständischen Truppen eine grosse Abordnung von 1500 Mann nach Rom, um den Sturz des Perennis zu bewirken (Dio LXXII 9, 2–4).

Nach anderer Angabe soll auch ein Sohn des Perennis, der in Illyrien commandierte (vgl. Comm. 6, 1. 4. CIL III 3385 = Dessau 395), eine Empörung gegen Commodus vorbereitet und den Anlass zum Sturz seines Vaters gegeben haben (Herod. I 9). Jedenfalls gab Commodus, aus Angst vor der Abordnung des britannischen Heeres, seinen [2476] allmächtigen Minister den Soldaten preis, die ihn mit seiner Gemahlin, seiner Schwester und zwei Söhnen umbrachten (Dio LXXII 9, 4. 13, 1. Comm. 6, 2). Darauf nahm der Kaiser, als ob er glücklich einer grossen Gefahr entronnen wäre, den Zunamen Felix an (Comm. 8, 1). Dies geschah im J. 185, und dadurch wird auch der Sturz des Perennis auf dieses Jahr fixiert. Zwar findet sich schon auf zwei Münzen des J. 184 der Name Felix (Cohen 463. 658); doch muss hier irgend ein Versehen obwalten, denn auf den meisten Münzen des J. 185 fehlt noch Felix (Cohen 18. 37. 52. 149. 267f. 472–479. 483–485. 600. 684. 946f. 956–958. 978. 987. 990. 1005), und nur auf dem kleineren Teile der Münzen dieses Jahres findet sich Felix (Cohen 49f. 112. 139f. 147. 328. 480f. 661. 663. 666f. 941). Gegen die aufständischen Legionen in Britannien, die sich noch immer nicht fügen wollten, wurde von Commodus der spätere Kaiser Pertinax gesandt, dem es in der That gelang, durch grosse Strenge den Aufstand zu dämpfen (Dio LXXII 9, 2. LXXIII 4, 1. Pert. 3, 5–10). Nun wurde schon im J. 185 und noch mehr im J. 186 die concordia militum und die fides exercituum auf den Münzen gefeiert (Cohen 49–59. 131–143).

An die Stelle des gestürzten Perennis aber trat nun in Rom als Günstling und allmächtiger Minister des Commodus der Kammerdiener (cubicularius) des Kaisers M. Aurelius Cleander (vgl. o. Nr. 85; Dio LXXII 9, 3. 10, 2. 12, 1. Comm. 6, 3. 6. Herod. I 12, 3. Dessau 1737). Er hatte von 185–189 die Regierungsgewalt in Händen.

186: Pius Felix (Sarm. Germ. Max.) Brit. p. m. trib. pot. XI (10. December 185 – 9. December 186). imp. VII und VIII. cos. V. p. p.

Am 1. Januar 186 übernahm Commodus zum fünftenmale das Consulat, vielleicht aus Anlass des Sturzes des Perennis (vgl. o. 180 c 4), und zwar mit M.’ Acilius Glabrio, der zum zweitenmal Consul war, CIL VI 420 = IGI 985 = Dessau 985. CIL III 1396 = Dessau 2630. CIL VI 1980. CIRh 1617. Mommsen Chron. min. I 59. 225. 287. 432. 700. II 144.

Im Laufe des Jahres erneuerte Commodus zum achten und letztenmale den Imperatortitel (imp. VIII auf Münzen des J. 186: Cohen 241. 247. 248. 379. 382f. 392. 514. 635–637. 1000). Da nun das bellum desertorum (Comm. 16, 2), mit dessen Führung Pescennius Niger beauftragt wurde, in die Zeit von 185–187 fällt, in der Severus Legat von Gallia Lugdunensis war (Niger 3, 3–5; vgl. Wirth Quaestiones Severianae 7. 20), so können wir wohl mit Recht den Anlass der achten imperatorischen Begrüssung in einem Siege während dieses Krieges suchen, der dann also in das J. 186 zu verlegen wäre (hierauf kann sich beziehen CIL VI 790 = Dessau 391). Der Führer der Aufständischen war ein gewisser Maternus, der, aus Gallien vertrieben, nach Italien zog und den Kaiser in seiner eigenen Hauptstadt bedrohte; er wurde aber ergriffen und enthauptet (Herod. I 10). Im J. 186 hat wahrscheinlich Cleander das Amt eines Gardepraefecten übernommen (s. o. Nr. 85). [2477]

187/188: Pius Felix (Sarm. Germ. Max.) Brit. p. m. trib. pot. XII/XIII (10. December 186/87 – 9. December 187/88). imp. VIII. cos. V. p. p.

Wie schon in den J. 185 (Cohen 147. 149) und 186 (Cohen 150f.), so erscheint auch in den J. 187 (Cohen 152) und 188 (Cohen 153f.) auf den Münzen Fortunae reduci, ohne dass wir den Anlass dafür sicher angeben könnten (vgl. auch Cohen 167–170). In einem Jahre mag der Anlass in einer angeblich beabsichtigten Reise nach Africa bestanden haben (Comm. 9, 1), in einem anderen Jahre in der Absicht des Commodus, einen dritten germanischen Feldzug zu unternehmen, woran er aber vom Senat und Volk gehindert wurde (Comm. 12, 8; vgl. CIL V 2155 = Dessau 1574). Es fanden nämlich Unruhen in Obergermanien statt (vgl. die Inschrift von Urbinum Wilmanns 1459 = Orelli 3714; auch Comm. 13, 5: in Germania). Am 5. April 188 wurden für den Kaiser Gelübde dargebracht (Comm. 12, 9). Ob diese Vota mit dem beabsichtigten germanischen Feldzuge oder mit der Pest in Zusammenhang stehen, ist unsicher. Um 187–188 wütete nämlich eine schwere Pest (Dio LXXII 14, 3. Herod. I 12, 1), während der sich Commodus auf den Rat der Ärzte in das gesunde Laurentum zurückzog (Herod. I 12, 2). Für das Wohl des Kaisers wurden um das J. 187 mehrere Inschriften gesetzt (CIL VIII 7969 = Dessau 399. CIL XIV 30 = Dessau 392. CIRh 1076 = Dessau 2472).

189: Pius Felix (Sarm. Germ. max.) Brit. p. m. trib. pot. XIV (10. December 188 – 9. December 189). imp. VIII. cos. V. p. p.

In diesem Jahre wurde der allgemein verhasste Gardepraefect und Günstling des Commodus, Cleander, gestürzt. Infolge einer Hungersnot wurde er von dem feigen Commodus ebenso dem wütenden Volke preisgegeben, wie vier Jahre früher Perennis den Soldaten ausgeliefert worden war (Dio LXXII 13, 1–2. Herod. I 12, 3. 5. Comm. 7, 1. 14, 1–2; über die Einzelheiten und das Jahr s. o. Nr. 85). Einen ebenso allmächtigen Nachfolger in der Gunst des Commodus scheint Cleander nicht gehabt zu haben; später besitzen den Haupteinfluss beim Kaiser die Concubine Marcia, der Kämmerer Eclectus und der Gardepraefect Aemilius Laetus.

190: Pius Felix (Sarm. Germ. max.) Brit. p. m. trib. pot. XV (10. December 189 – 9. December 190). imp. VIII. cos. VI. p. p.

Am 1. Januar 190 übernahm Commodus zum sechstenmal das Consulat, vielleicht aus Anlass des Sturzes Cleanders (vgl. o. J. 180 c 4), und zwar mit M. Petronius Sura Septimianus, CIL VI 2004. 3742. XI 970. CIRh 485. 647. Boissieu Inscr. de Lyon p. 31. Mommsen Chron. min. I 59. 226. 287. 432. 700. II 144.

In diesem Jahre nannte Commodus Rom nach seinem Namen Col(onia) L(ucia) An(toniniana) Com(modiana) (Cohen 39. 40. Dio LXXII 15, 2. Comm. 8, 6. 9. 15, 7), so wie er auch das römische Volk (Comm. 15, 5), den Senat (Dio LXXII 15, 5. Comm. 8. 9), die Legionen (Dio LXXII 15, 2; vgl. die Inschriften), die Stadt Karthago und die africanische Flotte (Comm. 17, 8) mit dem Beinamen Commodus oder Commodianus benannte [2478] (vgl. auch Hercules Commodianus Cohen 176–180).

191: Pius Felix (Sarm. Germ. max. Brit.) p. m. trib. pot. XVI (10. December 190 – 9. December 191). imp. VIII. cos. VI. p. p.

Im Laufe dieses Jahres änderte Commodus seine bisherige Namensform M. Commodus Antoninus p. f. Aug. in die Form L. Aelius Aurelius Commodus Aug. p. f. (vgl. die Münzen dieses Jahres). Dabei verschmähte er es in dieser Zeit meist, seinen genaueren Titel auf die Münzen setzen zu lassen; selbst Britannicus lässt er fort, nur cos. VI oder VII und p. p. bleibt meist stehen. Dafür treten mit Vorliebe Götternamen auf: Iupiter, Mars, Serapis, Hercules u. a. In diese Zeit wird auch wohl die Änderung der Monatsnamen zu setzen sein (Dio LXXII 15, 3. Comm. 11, 8 – 12, 7. Herod. I 14, 9).

192: Pius Felix (Sarm. Germ. max. Brit.) p. m. trib. pot. XVII (10. December 191 – 9. December 192) und XVIII (10.–31. December 192). imp. VIII. cos. VII. p. p.

Am 1. Januar 192 übernahm Commodus zum siebenten und letztenmal das Consulat, vielleicht aus Anlass seiner Namensänderung, und zwar mit dem späteren Kaiser P. Helvius Pertinax, der das Amt zum zweitenmal erhielt, Pert. 4, 3. CIL III 5178. VI 477. CIRh 993. Mommsen Chron. min. I 59. 226. 287. 432. 700. II 144.

In diesem Jahre nennt sich Commodus mit Vorliebe Hercules Romanus (vgl. seinen vollständigen Titel in diesem Jahre auch bei Dio LXXII 15, 5; ferner Dessau 400). Denn dem Hercules eiferte er mit Vorliebe nach (Dio LXXII 7, 2. 17, 4. 20, 2–3. Comm. 9, 6). Auf den Münzen erscheint er mit der Keule und mit der Löwenhaut bedeckt (Cohen 181–205; vgl. Dio LXXII 15, 2. 5. 16, 1. Comm. 8, 5. Herod. I 14, 8). Auch Bildsäulen und Büsten von sich liess Commodus in Herculis habitu anfertigen (Comm. 9, 2. Dio LXXII 15, 6. Herod. I 14, 9; vgl. die Abbildung einer erhaltenen Büste dieser Art in Baumeisters Denkmälern 398). Als eine grosse Feuersbrunst Rom heimsuchte (Dio LXXII 24. Herod. I. 14, 2–6), so dass vieles neu gebaut werden musste, liess sich der eitle Kaiser auch den ,Gründer‘ Roms nennen (Cohen 181–185). Endlich trat er auch öffentlich als Fechter und Tierkämpfer auf, wovon Dio LXXII 17–19 ausführlich erzählt (vgl. Herod. I 15).

So wollte er auch am 1. Januar 193 gleichzeitig als Consul und Gladiator (Secutor) vor dem Volke erscheinen und begab sich daher am vorhergehenden Tage, dem 31. December 192, aus seinem Palast in die Gladiatorenschule, die domus Vectiliana am Mons Caelius (Comm. 16, 3; Pert. 5, 7; vgl. Hieron. chron. a. 2208 = Chron. min. I 432 = II 144). Da verbanden sich zu seiner Ermordung der Gardepraefect Q. Aemilius Laetus, der Oberkämmerer Eclectus und seine Concubine Marcia, die mit dem öffentlichen Auftreten des Commodus nicht einverstanden waren und daher von dem Kaiser mit dem Tode bedroht waren. Sie gaben ihm Gift, und als dies nicht wirkte, liessen sie ihn durch den Athleten Narcissus im Bade erwürgen (Dio LXXII 22. Herod. I 16–17. Comm. 17, 1–2; Pert. 4, 4 – 5, 7. Eutrop. VIII 15. Vict. Caes. 17, 7–9; epit. 17, 5–6). So [2479] starb Commodus in der Nacht des 31. December 192 (Dio LXXII 22, 4) nach einem Leben von 31 Jahren und 4 Monaten (Dio LXXII 22, 6; vgl. Vict. epit. 17, 6) und nach einer Regierung von 12 Jahren 9 Monaten 14 Tagen (Dio LXXII 22, 6 = Clem. Alex. Strom. I 21, 144 p. 117 Dind.; ungenau: 12 J. 8 M. Eutrop. VIII 15; 13 J. Herod. I 17, 12. Vict. Caes. 17, 7; epit. 17, 1). Sein Körper wurde auf Veranlassung des Pertinax nachts im Mausoleum Hadrians und der Antonine beigesetzt (Dio LXXIII 2, 1. Comm. 17, 4. 20, 1; seine Grabschrift CIL VI 992 = Dessau 401). Sein Andenken wurde vom Senate verflucht und vom Volke verwünscht (Comm. 18–19, wo die Acclamationen des Senats erhalten sind; Dio LXXIII 2, 1–3. Herod. II 2, 4. Eutrop. VIII 15. Vict. Caes. 17, 10). Sein Name wurde auf den Inschriften ausradiert (vgl. die Inschriften und Comm. 17, 6. 20, 5. Vict. Caes. 17, 10), seine Bildsäulen wurden umgestürzt (Comm. 20, 4; Pert. 6, 3). Aber im J. 197 brachte Septimius Severus sein Andenken wieder zu Ehren, da er an ihn und seine Dynastie seine eigene Dynastie anknüpfen wollte. Er liess ihn consecrieren (Comm. 17, 11. Münzen mit divo Commodo und Consecratio Cohen 1009f., vgl. auch Cohen 61f.), setzte für ihn einen flamen Herculaneus Commodianus ein und bestimmte, dass sein Geburtstag gefeiert würde (Comm. 17, 11–12). Auch wurde sein ausradierter Name auf den Inschriften mehrfach wiederhergestellt (vgl. die Inschr.). Vor allem aber nannte er sich selbst den Bruder des Commodus (s. die Inschriften des Severus). So wurden denn jetzt dem Commodus von neuem Inschriften gesetzt, die gewöhnlich die Aufschrift tragen: Divo Commodo fratri imp. Caes. L. Septimii Severi Pii Pertinacis Aug. (z. B. CIL VIII Suppl. 19679 vom J. 197. 18248 vom J. 198. VIII 4596f.; vgl. Dessau 402. 403. 404. 2155. 2543).

IV. Verwaltungsmassregeln.

Da Commodus sich um die Regierung wenig kümmerte (vgl. Comm. 13, 7: in subscribendo tardus et neglegens), so ist auch von seiner Reichsverwaltung wenig zu sagen. Die Treue der Statthalter, die übrigens zum Teil schuldbeladene Leute gewesen sein sollen (Comm. 3, 8), sicherte er sich dadurch, dass er ihre Kinder als Geiseln bei sich behielt (Herod. III 2, 4). Er selbst verliess, soviel wir wissen, Italien nicht, obwohl in den Provinzen und an der Donaugrenze mehrfach gekämpft werden musste, besonders in Dakien (vgl. o. J. 182 Ende), Britannien (s. zum J. 184), Germanien (s. zum J. 187/188), in Pannonien und ,Sarmatien‘ (Comm. 13, 5. 6, 1) und endlich in Mauretanien (Comm. 13, 5, vgl. Pert. 4, 2). Damit in Zusammenhang steht auch wohl die Grenzbefestigung in Pannonia inferior (CIL III 3385 = Dessau 395) und in Mauretanien (Dessau 396). In Rom führte Commodus oder vielmehr sein allmächtiger Minister für ihn ein durchaus willkürliches Regiment. Der Senat that in grösster Angst alles, was ihm befohlen wurde (vgl. namentlich Dio LXXII 20–21), hasste und verachtete ihn freilich aufs äusserste (Comm. 3, 9), wagte aber erst nach seinem Tode, der Wut gegen ihn Luft zu machen (Comm. 18–19). Senatorensitze waren für Geld feil, so dass selbst Freigelassene in den Senat kamen (Comm. 6, 9. Dio LXXII [2480] 12, 3. Pert. 6, 10). Wie es scheint, nahm Commodus auch dem Senate wieder Sardinien, wo wieder procuratores et praesides eingesetzt wurden (vgl. Marquardt St.-V. I² 249f.). Eine Vereinigung von Moesia inferior und den drei dacischen Provinzen unter einem Procurator zur Zeit des Commodus wird nur vorübergehend stattgefunden haben (vgl. CIL III 6575).

Die Finanzverwaltung unter Commodus war besonders schlecht. Teils infolge der unsinnigen Ausgaben für Wettkämpfe und Spiele aller Art, teils infolge der verschwenderischen Geschenke an das Volk entstand eine grosse Geldnot (Dio LXXII 16, 1–3. Comm. 16, 8–9; zahlreiche Münzen mit Liberalitas Augusti, nämlich Lib. I im J. 175, Cohen 291–294; Lib. II im J. 177–178, Cohen 295–299; Lib. III im J. 180, Cohen 300–306; Lib. IIII im J. 181, Cohen 307–310; Lib. V im J. 182, Cohen 311–314; Lib. VI im J. 185–187, Cohen 328. 280f. 315–318. 319; Lib. VII im J. 190, Cohen 320–323. 282–285; Lib. VIII und IX im J. 192, Cohen 324–327. 287–290). Diesem Geldmangel suchte man durch Confiscationen und Ämterverkauf, sowie durch Raub und Bedrohung abzuhelfen (Dio LXXII 16, 2–3. 12, 3–5. Comm. 6, 9–10. 14, 3–7). Von Bauten werden nur die Thermae Commodianae genannt, die Cleander unter des Kaisers Namen erbaute (Comm. 17, 5. Herod. I 12, 4. Hieron. chron. a. 2199 = Prosper Chron. min. I 432 = Cassiod. Chron. min. II 144). Dagegen errichtete er eine neue Getreideflotte, die classis Africana Commodiana Herculea (Comm. 17, 7–8).

V. Charakter.

a) Äusseres. Commodus war von symmetrischem Körperbau (Comm. 17, 3. Herod. I 7, 5. 17, 12). Seine Haare waren goldig blond, vielleicht künstlich gefärbt und mit Goldstaub gepudert (so Comm. 17, 3; anders Herod. I 7, 5), sein Gesichtsausdruck blöde wie bei Trinkern (so Comm. 17, 3; nach Herod. I 7, 5 waren seine Blicke feurig). Auf den zahlreich erhaltenen Bildnissen erscheint sein bärtiger Kopf männlich schön (vgl. besonders J. Bernouilli Ikonographie II 2, 227ff.). Äussere Fertigkeiten besass der Kaiser in reichem Masse (οὐδενὸς ἥττων εὐστοχίᾳ τε καὶ εὐχειρίᾳ, Herod. I 17, 12). Schon in seiner Jugend verstand er es, Becher herzustellen, zu singen, zu tanzen und zu schauspielern (Comm. 1, 8). Später übte er sich besonders im Wagenlenken (Dio LXXII 10, 2. 17, 1. Comm. 2, 8–9), in Tierkämpfen (Comm. 12, 12. Dio LXXII 10, 2–3. 17, 2. 18–21. Herod. I 15) und im Fechten (Comm. 1, 8. 12, 10–11. 15, 5. 8. 17, 2. 10. Dio LXXII 10. 17. 19. Herod. I 15; vgl. auch Dio LXXII 22, 3). Hierzu besass er auch die nötigen Kräfte, während er sonst nicht stark war (Comm. 13, 1. 3). Dass er linkshändig war, machte ihn besonders stolz auf seine Geschicklichkeit (Dio LXXII 19, 2. 22, 3). In seiner Kleidung suchte er aufzufallen und zu glänzen (Dio LXXII 17, 3–4. 19, 4. Comm. 13, 4; vgl. auch Comm. 13, 1).

b) Geistig war Commodus nichts weniger als begabt (Dio LXXII 1, 1. LXXI 22, 3). Von schlechten Eigenschaften wird hervorgehoben seine Feigheit (Dio LXXII 1, 1. 13, 6. Herod. I 13, 4), seine Grausamkeit (Comm. 1, 9. 3, 9. 4, 1. [2481] 9, 6. 10, 2–7. Dio LXXII 20, 3 u. s. f.), seine Verschwendungssucht (Dio LXXII 16, 2. Herod. I 6, 9. Comm. 16, 9), seine Eitelkeit (vgl. sein öffentliches Auftreten, seine Beinamen u. s. w.), seine Vergnügungssucht (Dio LXXII 10, 2. 14, 1. Herod. I 6, 1. 8, 1. Comm. 2, 7–8. 3, 7. 5, 3 u. s. f.) und endlich seine viehische Wollust (Comm. 1, 7. 2, 7–9. 3, 4. 6–7. 5, 4–11. 10, 1. 8–9). Nur ein Zug eines besseren Charakters wird berichtet (Dio LXXII 7, 4; vgl. auch LXXII 1, 1: πανοῦργος οὐκ ἔφυ). Was seine religiöse Stellung betrifft, so war er dem Mithrasdienst (Comm. 9, 6) und dem Isisdienst ergeben (Comm. 9, 4. 6; Nig. 6, 8–9), während seine Concubine Marcia eine Christin gewesen sein soll (s. dieselbe).

Commodus war bei den Soldaten nicht gerade unbeliebt (vgl. Dio LXXIII 1, 3. Herod. II 6, 11), aber bei Senat und Volk so verhasst wie kaum ein anderer Kaiser (Comm. 3, 9. 4, 5. 18–20. Dio LXXII 21), so dass Dio von ihm sagt: ἁπάντων νοσημάτων καὶ ἁπάντων κακουργημάτων χαλεπώτερος Ῥωμαίοις ὁ Κόμμοδος (Dio LXXII 15, 1). Trotzdem wurde auf seinen Befehl wie zum Hohne seine Zeit saeculum aureum genannt (Dio LXXII 15, 6. Comm. 14, 3). – Die Litteratur über ihn s. o. I e.