Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Chronica minora
Band S I (1903) S. 296 (EL)–298 (EL)
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Chronica Italica, auch mit einer zu engen Bezeichnung Ravennatische Chroniken genannt; was uns aus ihnen erhalten ist, ist zusammengestellt und ediert von Mommsen in den [297] Chronica minora I (Mon. Germ. Auct. ant. IX) 249ff. Sie sind hervorgegangen aus einer systematischen Überarbeitung der nach Constantinopel übertragenen Consularfasten, die, wie es scheint, ursprünglich mit dem J. 387 endete und wahrscheinlich in Rom selbst entstanden ist. Sie wurde zuerst noch mit Benutzung der Constantinopolitanischen Chronik bis 418 und später von Zeitgenossen der erzählten Ereignisse (die Regenten werden 455–493 mit d(ominus)[WS 1]. n(oster) bezeichnet) fortgesetzt, wahrscheinlich seitdem die Residenz nach Ravenna verlegt worden war, in Ravenna; diese Fortsetzungen sind in Bezug auf die orientalischen Consuln unvollständig und berichten nur Dinge, welche für Italien von Interesse sind. Holder-Egger N. Archiv I 344 will mehrere Redactionen unterscheiden: eine, welche vor das J. 455 fällt; eine zweite, die mit 493, eine dritte, die mit 493, eine vierte, die mit 526 schloss, und eine weitere Fortsetzung etwa bis zum J. 572. Es ist Grund zu der Annahme vorhanden, dass nach Wiederherstellung der byzantinischen Herrschaft oder wenigstens nach der Einnahme von Ravenna durch Belisar Maximian, Bischof von Ravenna 546–556 oder 557 (s. d.), eine Fortsetzung geschrieben und den älteren Teil überarbeitet hat.

Excerpte oder Benutzung der italischen Chroniken sind nach Mommsen a. a. O. in den folgenden uns erhaltenen Schriften nachzuweisen: 1. Anonymus Valesianus, s. d. – 2. 3. Fasti Vindobonenses priores und posteriores, früher als Anonymus Cuspiniani (der sie in seinen De consulibus Romanis commentarii, 1553, zuerst benützte) bezeichnet; sie sind erhalten in dem Wiener Codex 3416; die priores, welche die bessere Tradition darstellen, reichen bis zum J. 403 und nach einer Lücke von 455–493; die posteriores reichen mit einer Lücke bis zum J. 387 und enthalten dann noch die J. 438–455 und 495 bis 539; hierher gehören auch die zuerst von de Rossi (Bullett. di archeol. christ. 1867) herausgegebenen Excerpta Sangallensia, welche in dem Cod. Sangall. 878 die Überschrift excerpta ex chronica Horosii haben, aber von einem Schreiber der Mitte des 9. Jhdts. aus dem Archetypus der fasti Vindobonenses, und zwar aus den priores, zusammengestellt wurden; diese Auszüge erstrecken sich auf die Zeit von 390–573. – 4. Das Paschale Campanum des Cod. Vat. reg. 2077 (Mon. Germ. a. a. O. 745) enthält ausser den Consulaten einige wenige Notizen, die aus den italischen Chroniken geschöpft sind; s. d. – 5. Der continuator Prosperi Havniensis aus dem Cod. 454 der königlichen Bibliothek in Kopenhagen (zuerst herausgegeben von Hille Berlin. Dissert. 1866), geht auf eine um das J. 625 oder im J. 641 in Italien zusammengestellte Compilation des Hieronymus und Prosper und Isidorus zurück, welche ausserdem seit 388 auch die italischen Chroniken benützte, die seit 455 die Grundlage bilden. Die Kopenhagener Hs. bietet diese Compilation in verkürzter Form; die Notizen aus den Chroniken sind teils in den Text aufgenommen, teils am Rande hinzugefügt. – 6. Der sog. Barbarus Scaligeri, zuerst von Scaliger im J. 1606 ediert, aus dem Cod. Paris. lat. 4884, eine Rückübersetzung aus einer nach 387 geschriebenen Alexandriner Chronik, welche die italischen Chroniken [298] bis 387 benützte. Der Codex hat eine Lücke von 101–295 n. Chr. – 7. Agnellus, der in der ersten Hälfte des 9. Jhdts. in Ravenna den Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis schrieb, hat die italischen Chroniken vielfach bis in die ersten Jahre der Langobardenzeit hinein benützt (Mon. Germ. Script. rer. Langob. 275ff.). – 8. Prosper Tiro, s. d. – 9. Ein um einige Notizen bereicherter Auszug des Tiro im Cod. Vat. reg. 2077. – 10. Marcellinus comes in seiner Chronik; s. d. – 11. Cassiodor in seiner Chronik; s. d. – 12. Iordanes in den Getica durch Vermittlung der Gothengeschichte Cassiodors; s. d. – 13. Marius von Aventicum in den Notizen seiner Chronik, die sich auf Italien beziehen; s. d. – 14. Paulus Diaconus, sowohl in der römischen als auch in der langobardischen Geschichte; Droysen in der praef. seiner Ausgabe, Mon. Germ. Auct. ant. II p. LVII und Mommsen N. Archiv V 77ff. – 15. Theophanes in seiner 812 erschienenen Chronographie. – 16. Einige den Ostercyklen des Dionysius Exiguus in einigen Hss. beigefügte Notizen, zusammengestellt von Mommsen Mon. Germ. Auct. ant. IX 751ff.

Ferner schliesst man aus der Übereinstimmung von einigen Stellen der Chronik des Isidorus und des bis zum J. 624 reichenden Auctarium mit Stellen aus der Langobardengeschichte des Paulus Diaconus, mit den späteren Teilen des Continuator Prosperi Havniensis, mit Beda, dass auch noch zur Langobardenzeit eine oströmisch-italische Chronik fortgesetzt worden ist.

Vgl. jetzt hauptsächlich Mommsens Edition im ersten Bande der Chronica minora saec. IV. V. VI. VII (Mon. Germ. Auct. ant. IX) mit den Einleitungen und von früheren Arbeiten Waitz Nachr. d. Gött. Ges. d. Wiss. 1865, 81ff. und Holder-Egger Neues Archiv I 215ff. (mit dem Versuche einer Reconstruction 347ff.), woselbst auch die ältere Litteratur berücksichtigt ist.

Nachträge und Berichtigungen

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Band R (1980) S. 83
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Chronica Italica

III 2905. (P) S I.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Schließende Klammer fehlt im Original