Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/4. Der Kampf mit Oesterreich/5. Der Ellikurter Krieg

Die Eidgenossen Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/4. Der Kampf mit Oesterreich
von Rudolf Wackernagel
Markgraf Bernhard
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Fünftes Kapitel.
Der Ellikurter Krieg.




Basel konnte sich diese Wendung der Dinge um so eher gefallen lassen, als es inzwischen nach einer andern Seite hin wichtige Schritte getan hatte.

Von dem Burgrecht, das die Stadt Delsberg und die Leute der Delsberger und Münsterer Talgebiete mit Basel verband, ist schon die Rede gewesen. Schon im vierzehnten Jahrhundert versucht, dann 1407 abgeschlossen, ist dieses Burgrecht Zeugnis einer ganz bestimmten Absicht, die als wichtiger Bestandteil der Basler Stadtpolitik von Generation auf Generation und von Partei auf Partei überging. Im Norden, Osten und Süden durch Oesterreich, die Markgrafschaft und die Eidgenossen an Erweiterung des Territoriums gehindert, konnte die Stadt nur noch hier, gegen Südwesten sich eine Landschaft gewinnen. Dieses jurassische Programm, auf Beerbung des Bistums ausgehend, wurde durch Basel zwei Jahrhunderte lang festgehalten, bis es bei völlig veränderter Lage der Dinge aufgegeben werden mußte.

Jetzt, zu Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts, hatten sich die Verhältnisse so gestaltet, daß neben den mit der Stadt verbündeten Talschaften große und wichtige Teile des Juragebietes an wälsche Dynasten verpfändet waren, vor allem an Burgundisch-Neuenburg, das auch den Bischofsstuhl im Besitz hatte. Basels Politik war nun, diese fremde Invasion zu beseitigen und dem Hochstift zur Wiedererlangung seiner Lande beizustehen, um diese dann früher oder später zur Stadt ziehen zu können. Ein solcher Plan setzte aber die Regeneration des Hochstiftes selbst voraus.

Herr Diebold von Burgundisch-Neuenburg, Bischof Humberts Vater, ist im Verlaufe dieser Darstellung schon wiederholt erwähnt worden. Sein gleichnamiger Sohn ging 1396 bei Nikopolis unter; aber seine Politik wurde aufgenommen durch den Großsohn Diebold VIII., den glänzendsten der [417] ganzen Reihe. Von ihm war ein energisches Weiterführen der großväterlichen Pläne zu erwarten, daher sich denn auch das Hochstift zur Opposition ermannte.

Schon nach Humberts Tod 1418 wurde der Versuch gemacht, das Bistum aus diesen Verhältnissen zu befreien. Die Wahl des Hartman Münch brachte diesen Willen zum Ausdruck, und Hartman tat sogar Schritte zur Lösung der verpfändeten Schlösser. Aber seine Persönlichkeit war viel zu schwach, um eine solche Aufgabe durchzuführen, und er trat nach wenigen Jahren, Ende 1422, mutlos zurück.

Mit der Frage der Nachfolge war natürlich wiederum die Frage des Verhältnisses zu Diebold von Neuenburg aufs engste verknüpft.

Jedenfalls muß die Ueberzeugung vorgeherrscht haben, daß mit einem aus dem Domkapitel genommenen Bischof wenig auszurichten sein würde. Frische Kräfte waren hier nicht vorhanden; in Beziehungen, Rücksichten und Verpflichtungen aller Art hatte jeder der Domherren die erforderliche Freiheit eingebüßt; auch an innern Spaltungen und Zwistigkeiten fehlte es nicht. So konnte nur ein völlig Neuer helfen, und in dieser Beziehung taten nun die beiden Berater Bischof Hartmans, Hans Thüring Münch und Hans von Flachsland, ihre Schritte.

Die Vorgänge bei der Wahl sind nicht völlig aufgeklärt. Aber aus den Berichten Beinheims und Gerungs, die Beide gut informiert sein konnten, scheint hervorzugehen, daß eine Wahl durch das Kapitel selbst gar nicht stattfand, vielmehr das Bistum durch Bischof Hartman in die Hände des Papstes Martin V. aufgegeben und von diesem dem Johann von Fleckenstein übertragen wurde, den Münch und Flachsland dafür gewonnen hatten. Alles ohne Wissen der Domherren und der Stadt. Schon im Januar 1423 urkundete Fleckenstein als Erwählter von Basel.

Nicht ersichtlich ist auch, auf welchen Wegen man dazu kam, gerade dem Johann von Fleckenstein das Basler Bistum anzutragen.

Er war Sohn des Freiherrn Heinrich von Fleckenstein-Dachstuhl und Bruder des Unterlandvogtes im Elsaß, Friedrich von Fleckenstein, er selbst schon seit mehreren Jahrzehnten Abt des reichen Benediktinerklosters Selz im Unterelsaß, das er aber jetzt bei seiner Wahl nach Basel nicht aufgab, sondern gemäß ausdrücklicher Bewilligung des Papstes, zunächst auf zehn Jahre, neben dem Bistum beibehielt. Seine Persönlichkeit, seine Mittel, seine mächtigen Beziehungen, Alles befähigte ihn tatsächlich das zu werden, was man von ihm erwartete: der Retter des Bistums. Er selbst hatte ein sicheres Gefühl, wie viel für den ehrwürdigen Basler Bischofsstuhl seine [418] Wahl bedeutete. Sein prunkender Einzug in Basel am 29. Mai 1423, bei dem er sich durch die Bischöfe von Worms und Speier und zahlreiche Grafen und Herren geleiten ließ, das Ganze eine glänzende Kavalkade von mehr als fünfhundert Reitern, brachte dies auf überraschende Weise zur Geltung.

Auch Johann ging nicht aus dem Domkapitel hervor, auch er war ein Fremder gleich Vielen seiner Vorgänger. Und doch wie verschieden von diesen. Frei und frisch stand er dem in allen Vetterschaften und Miseren des oberrheinischen Adels verstrickten Domkapitel gegenüber; aber was ihn über Familieninteressen und auch über nationale Tendenzen hinaus völlig erfüllte, war der Wille, das Bistum wieder zu Ansehen zu bringen, und die klare Einsicht in die hiefür nötigen Mittel. Schon daß er nicht Weltgeistlicher war, sondern Mönch, Cluniazenser, gibt seiner Gestalt einen eigenen Reiz.

Auch im Rathause der Stadt muß man die Empfindung gehabt haben, daß nun mit diesem Herrn ein neues Leben anhebe. Bemerkenswert sind die zahlreichen Geschenke, die der Rat ihm und seinen Begleitern beim Empfang spendete, die Veranstaltung eines Nachtfestes unter den Linden des Münsterplatzes und auf der Pfalz mit Tanz und Bewirtung dann wieder die Vergabungen an Johann, als er im Münster seine erste Messe „in bischöflicher watt“ las. Alles zeigt, daß gleich zu Beginn ein gutes Verhältnis zwischen Rat und Bischof bestand. Noch am Tage des Einrittes erteilte Johann der Stadt die Handfeste und die Bestätigung der Pfandschaften. Dann trat er ohne Zögern das Regiment an. Als er in seine Lande zog, um sich huldigen zu lassen, begleiteten ihn als Vertreter des Rates Konrad von Eptingen und Hug zer Sunnen.

Bischof Johann betrachtete jedenfalls die Auseinandersetzung mit Diebold als seine erste Aufgabe. Aber der Krieg Markgraf Bernhards mit den Städten, der den ganzen Oberrhein erschütterte, machte ihm Zuwarten noch zur Pflicht; er entzog ihm die Mitwirkung der Stadt Basel, ohne die Johann nichts unternehmen mochte. Doch konnte Diebold schon jetzt wissen, wessen er sich von dem neuen Bischof zu versehen habe. Er verstärkte seine Besatzungen auf Goldenfels und Plütschhausen, sodaß die Leute des Delsbergertales in Sorgen gerieten und auf ihren Bergen und Hängen ständige Wachen aufstellten.

Nach dem Mühlburger Frieden aber erhob sich Bischof Johann, um nun auch seine Sache durchzuführen.

Wir haben, auf früher Gesagtes verweisend, den Zustand der bischöflichen [419] Herrschaften in der Hauptsache nochmals zu bezeichnen. Neben Laufen, Birseck, Riehen, Istein, die sämtlich als Pfand dahingegeben waren, kommen hier namentlich in Betracht die westlichen Teile des Juragebietes. Dort war Mömpelgard Herr in Pruntrut, Neuenburg in St. Ursanne und in den drei Schlössern Spiegelberg, Kallenberg, Goldenfels, die auf den von der Schleife des Doubs durchschnittenen Gebirgszügen, in einer von Nord nach Süd sich ziehenden geraden Linie, als Grenzwächter des Territoriums sich erhoben; mit diesen Gebieten und Bergen sowie dem Schloß Plütschhausen, das die bei Lützel aus dem Delsbergertal in den Sundgau führende Straße beherrschte, hatte Diebold von Neuenburg die wichtigsten Punkte des Gebietes in Händen.

Ein Bischof, der in seinem Lande allein Herr sein wollte, konnte diesen Zustand nicht andauern lassen.

Johann von Fleckenstein anerbot dem Diebold die Lösung der Pfandschaften und hinterlegte die Summe beim Gericht in Basel. Diebold aber verweigerte die Annahme der Lösung, was zu erwarten gewesen war, und nun schlug Johann ohne Zaudern los. Er handelte nicht allein: mit mächtigen Freunden, wie den Erzbischöfen von Köln und Mainz, dem Pfalzgrafen Ludwig, dem Markgrafen Bernhard, hatte er sich über die Sache beraten und war ihrer Zustimmung sicher. Von dort her kam ihm auch Hilfe zu: die Grafen Emich von Leiningen und Hans von Sarwerden, die Junker Hans und Ludwig von Lichtenberg brachen auf, mit vielen Reisigen, zogen am rechten Rheinufer das Land herauf, vereinigten sich in Basel mit dem Bischof. Das Wichtigste für diesen war aber die Beteiligung der Stadt selbst. Welche Gründe den Rat hiezu bewogen, ist schon angedeutet worden. Jedenfalls zeigten sich die Basler völlig bereit, mitzuschlagen. Sie rüsteten eine Schar zum Zuge aus, auch mit Belagerungsgeschütz, und sandten dem Herrn von Neuenburg ihren Absagebrief. Dann brach die ganze Streitmacht auf, im Oktober 1424, und merkwürdig rasch wurde das Ziel erreicht. So gut vorbereitet auf dieser Seite die Sache war, so schlecht auf seiner Hut war der Gegner. Diebold selbst hielt sich in Paris auf, und seine Besatzungen argwöhnten nichts. In drei Tagen nach Beinheims Erzählung, weniger glaubhaft nach Gerungs Rapport in einer einzigen Nacht, waren das Schloß Plütschhausen, Burg und Stadt St. Ursitz, die Festen Goldenfels, Kallenberg und Spiegelberg eingenommen und in die Gewalt ihres natürlichen Herrn, des Bischofs, zurückgebracht.

Es war ein Handstreich, dessen sich Diebold, durch Familientradition nur an zaghafte Regenten des Basler Bistums gewöhnt, nicht versehen [420] hatte. Umso schwerer traf ihn dieser Schlag; er sah sich einen seit Jahrzehnten genossenen Besitz seines Hauses entrissen.

Nicht umsonst wollte Diebold ein großer Vasall des Hauses Burgund sein, am Hofe viel gelten, wichtige Dienste geleistet haben. Gerade jetzt war es der Herzog gewesen, der ihn nach Paris gerufen und den eigenen Angelegenheiten entzogen hatte. Er erhob daher sofort bei seinem Herrn laute Klage, verlangte Schutz und Unterstützung, und Herzog Philipp trat wirklich auf seine Beschwerden ein. Er machte dem Bischof von Basel kräftige Vorstellungen über das an Diebold Verübte, als über ein contre raison et justice Geschehenes; er verlangte Rückerstattung des Raubes und schrieb gleichzeitig auch an den Rat von Basel mit dem Begehren, den Bischof zur Fügsamkeit zu bereden. Neben Philipp mischte sich aber auch der zweite mächtige Mann in Frankreich, der englische Regent des Königreichs, Herzog Johann von Bedford, auf Diebolds Anrufen in den Handel. Auch er schrieb an den Rat, verlangend, daß die eroberten Festen sofort an Diebold zurückgegeben oder wenigstens bis zu rechtlichem Austrag der Sache in Drittmanns Hand gelegt würden; werde dem nicht willfahrt, so seien er und Herzog Philipp entschlossen, pour notre honneur dem Herrn von Neuenburg zu seinem Rechte zu verhelfen.

Bischof Johann scheint zu dieser Zeit gar nicht in Basel anwesend gewesen zu sein, sondern in seiner Abtei Selz. Er verkehrte brieflich mit dem Rat über die den Herzogen von Burgund und Bedford zu erteilende Antwort. Inzwischen aber kamen Gesandte dieser Herzoge im November nach Heidelberg, und dort trafen Boten des Basler Rates zur Verhandlung mit ihnen zusammen. Dann schrieben sowohl Bischof als Rat ihre Erwiderungen nach Paris und Dijon; doch sie befriedigten dort nicht. Une crue et maigre réponse nannte Herzog Philipp die Antwort Basels und wiederholte seine Forderung, dem Bischof ins Gewissen zu reden; er müsse nachgeben.

Aber man fragt sich, ob es den beiden Herzogen bei dieser Sache wirklich ernst gewesen sei. Schrieben sie ihre Briefe nicht nur dem Diebold zu Gefallen? Die Ruhe, mit der Rat wie Bischof ihre Forderungen behandelten, läßt vermuten, daß sie selbst Aehnliches dachten. Jedenfalls aber mußte ihre Politik sein, den Neuenburger Herrn von seinen hohen Protektoren zu isolieren. Um dies zu bewirken, wurde Herr Johann von Vaumarcus zur Unterhandlung nach Dijon geschickt; als burgundischer Kammerherr und zugleich Bürger von Basel eignete er sich für ein solches Geschäft. Daneben ließ man die Angelegenheit auch dem König Sigmund [421] vortragen und seinem Schutze empfehlen, der Bischof durch Dietrich von Ratsamhausen, die Stadt durch Henman Offenburg.

Im Februar 1425 kehrte Vaumarcus von Dijon zurück, mit einem Rekreditiv des Herzogs Philipp versehen. Welche Botschaft er dem Rate auszurichten hatte, erfahren wir nicht. Aber zu beachten ist, daß von da an in der Angelegenheit weder vom Herzog Philipp noch vom Herzog von Bedford mehr geredet wird. Sie scheinen in der Tat ihren Schützling sich selbst überlassen zu haben. Ganz nach dem Wunsche des Bischofs und der Stadt. Aber jedenfalls nicht um dieses Wunsches willen. Andere Interessen und wichtigere Ereignisse nahmen sie jetzt in Anspruch: die rings um die Person der Gräfin Jakobäa sich erhebenden Zwistigkeiten, der Krieg des Herzogs von Glocester mit Johann von Brabant und die diesem durch Philipp von Burgund geleistete Hilfe. Neben Dingen solcher Art war allerdings die Sache Diebolds so geringfügig, daß man sie gerne ihrer eigenen Entwicklung, in den Formen eines kleinen Grenz- und Provinzkrieges, überließ.

Im vorliegenden Falle war aber auch innerhalb dieser Beschränkung die Konstellation eine solche, daß Basel die Sache durchaus nicht leicht nehmen durfte.

Denn mit Diebold, der jetzt, da er von seinem burgundischen Herrn nichts zu erwarten hatte, die eigenen Kräfte nur um so erbitterter anspannte, tat sich nun, allgemeinem Gerede nach, derselbe Ludwig von Chalon zusammen, den die verbündeten Städte vor wenigen Monaten erst aus dem Lande gescheucht hatten. Und dazu kam, daß Basel fürchten mußte, im Streit mit diesen Beiden wenig Hilfe bei seinen Bundesstädten finden zu können, da zu eben dieser Zeit auch ein Einfall des Herzogs von Lothringen im obern Elsaß, der Gemarer Zwistigkeiten wegen, vorausgesehen wurde.

Weit herum in wälschen Landen, in Burgund und in Savoyen, so hieß es, warben Neuenburg und Chalon ihr Kriegsvolk. Man erwartete in kurzem den Einfall dieser Scharen; in Basel war man sogar auf eine Belagerung der Stadt gefaßt. Der Rat benachrichtigte alle Bundesgenossen; die Vögte auf den Schlössern mahnte er, sich wohlgerüstet zu halten; auch Olten wurde in außerordentlicher Weise armiert. Im Zeughaus wurde aufs emsigste Feiertags wie Werktags gearbeitet, die Ausrüstung in Stand gestellt, Munition angefertigt. Der Büchsenmeister Lamprecht und einige Herren des Rates umritten die Ringmauern; die schadhaften Stellen wurden ausgebessert, ungenügende Anlagen ergänzt; fünfunddreißig Klotzbüchsen und zwölf Steinbüchsen kamen hinter die Zinnen der größern Stadt zu stehen. [422] Um Lichtmeß 1425 folgte dann die Organisierung der Truppen. Wer Mannsnamen trug und über vierzehn Jahre alt war, der Edle wie der Unedle, der Zünftler wie der Unzünftige, war zum Dienst verpflichtet; in vier große Haufen wurde diese Miliz eingeteilt und der Oberbefehl den Hauptleuten Konrad von Eptingen, Hug zer Sunnen, Burchard zu Rhein und Hans Reich von Reichenstein gegeben. Für Bildung der Reiterei sorgte ein Erlaß, der den Begüterten je nach der Größe ihres Vermögens die Stellung von Pferden auferlegte.

Es ist eine ungewöhnlich erregte, von Sorge, Mut, Tätigkeit ganz erfüllte Zeit, die sich uns in den Aufzeichnungen jener Tage verrät; nur zufällige, zusammenhangslose Mitteilungen sind diese, einige wenige harte Töne aus einem großen Getümmel heraus. Auch die Kosten, die der Stadt hiebei erwuchsen, waren ungewöhnlicher Art; sie sah sich zu Geldaufnahmen in Mainz, Frankfurt usw. genötigt.

Daneben ruhten aber auch nicht die Verhandlungen zwischen dem Bischof und dem Diebold, insbesondere durch Graf Hans von Freiburg und Humbert von Roche veranlaßt. Die Parteien selbst glaubten kaum, daß das Ergebnis ein Friede sein werde; aber man gewann doch Zeit zur Rüstung. St. Hippolyte oder Vergy wurden wälscherseits als Orte für die Konferenz vorgeschlagen, von Seite der Basler Mömpelgard oder Pruntrut. Zuletzt entschied man sich für letztere Stadt; am 12. März wollten sich dort die Streitenden zur Verhandlung treffen.

Bis dahin dauerten allenthalben die Kriegsvorbereitungen, unter denen in Basel namentlich die Bildung einer Soldtruppe zu erwähnen ist. Man warb sie aus der Einwohnerschaft selbst, größerenteils aus der Fremde. Gitze, Burchard von Schönau, Klaus von Kreuznach, Thomas Schütz, Küßpfennig, Rübsam, Wonlich und seine Gesellen, Schroffenstein und seine Gesellen, Bischof von Hilzingen und seine Gesellen waren solche Söldner. Sie hatten, als Ergänzung der gewöhnlichen städtischen Scharwacht, die außerordentlichen Wachten zu besorgen, nämlich die heimliche Wacht und die reitende Wacht, die letztere wie es scheint als eine vornehmlich zu Späher- und Kundschafterdienst, zu Ausübung rascher Polizei und Verfolgung einzelner Gegner verwendete Streifschar, die von Basel aus oft weit ins Land hinaus entsendet wurde. Namentlich aber brauchte der Rat diese Söldner für Verstärkung der Besatzungen, die er mit dem Bischof zusammen in eine Reihe fester Plätze legte, vor allem nach St. Ursitz, Goldenfels usw.; dann aber auch in einige außerhalb der bischöflichen Gebiete gelegene, den Verbündeten zustehende Schlösser wie Blumenberg, Dattenriet und Froberg. [423] Kriegserfahrene, rücksichtslose, unabhängige Leute, wie diese Söldner meist waren, konnten in solchen vorgeschobenen Plätzen gute Dienste leisten. Das durch Oesterreich an Graf Hans von Tierstein verpfändete Schloß und Städtlein Blumenberg vor allem, das die Straße Mömpelgard–Basel deckte, war einer der wichtigsten Punkte und wurde daher schon jetzt durch die Basler Besatzung mit Schanzen und Verhauen möglichst befestigt.

Aber auch Diebold war nicht müßig. Er verstärkte seine Schlösser Héricourt, Clermont, St. Hippolyte. Mit seinen Anhängern, als welche hauptsächlich der Marschall von Burgund Graf Johann von Montagu, Einer von Vergy, Wilhelm von Grandson genannt werden, brachte er, wie in Basel verlautete, eine große Macht von über fünftausend Reitern zusammen, Burgunder, Piccarden und Engländer. Schon hatte er einen Streifzug in den Sundgau ausgeführt; für Weiteres war nur der Ausgang der Pruntruter Zusammenkunft abzuwarten.

Am 12. März fand diese statt, und das Ergebnis war, wie Alle erwartet hatten: der Bischof verweigerte die Herausgabe der Schlösser und wies die Angebote Diebolds ab. Damit war der Krieg entschieden, und in drängender Eile teilte der Rat von Basel dem österreichischen Landvogt Hans Erhard Bock von Staufenberg dies mit; er ermahnte ihn, ungesäumt dazu zu tun, daß die Leute im Sundgau ihre Habe flüchteten, daß in allen Mühlen die Mühlsteine ausgehoben und versenkt würden usw. Und in der Tat schlug nun Diebold los. Am 20. März brach er mit neunhundert Pferden bei Grandvillars hervor und zog unter Blumenberg vorüber bis Plütschhausen, um in das Delsbergertal einzufallen; doch kehrte er hier um, wendete sich gegen den Sundgau und nahm nach Verwüstung einiger Dörfer Stellung zwischen Grandvillars und Belfort. Basel aber schickte eine Abteilung Schützen ins Delsbergertal, um dort die „Rycke und Letzinen“ besetzen zu helfen.

So begann der Krieg, der aber die sich Bekriegenden nie dazu bringen sollte, ihre Kräfte im offenen Felde, Führer gegen Führer und Mann gegen Mann, zu messen. Von den Belagerungen abgesehen, bei denen aber auch nicht Tapferkeit oder besonderes Geschick zum Erfolge führte, sondern lediglich die brutale Uebergewalt des Geschützes, zeigt der ganze Feldzug niemals eine einheitliche und planvolle Anwendung von Macht. Er geht vielmehr auf in vereinzeltem Geplänkel, in Raubzügen, Streifereien. Vor jedem Vorstoß des Einen weicht der Andere in die Sicherheit aus; dann muß das schutzlose Land büßen; und ganze Täler werden ausgebrannt. Auch im Einzelnen offenbarte sich die Grausamkeit dieser fremden [424] Kriegerscharen, unter denen nach wenig mehr als einem Jahrzehnt dieselben Gegenden noch viel fürchterlicher leiden sollten. Mit ausgesuchten Martern wurden in den Gefängnissen der Wälschen die Unglücklichen gepeinigt, die sie in ihre Hände bekommen hatten, und zornig verlangte Basel die Abstellung dieses allem Kriegsrecht zuwider laufenden Verfahrens, mit der Drohung, an seinen Gefangenen Gegenrecht zu üben.

Natürlich meldeten sich sofort nach den ersten Schlägen die Mediatoren. Allen voran Bern, das zum Frieden helfen wollte, damit aus diesem Streit „kein großer Landkrieg“ werde; aber Basel lehnte ab, indem es geltend machte, daß das erste Wort gar nicht ihm, sondern dem Bischof zukomme, dieser aber zur Zeit drunten am Rhein, in Selz, sich aufhalte. Anders lautete, was in denselben Tagen Straßburg an Basel schrieb, im vollen Bewußtsein der Gemeinsamkeit von Erfolg und Unglück beider Städte. Es freute sich, daß Basel ins Feld gezogen, und bat um Nachrichten. „Wenn es euch glücklich ginge, so stärker wären auch wir und möchten desto mehr Hilfe und Trost zusammen erwarten.“

Am 5. Juni, früh vor Tag, überfiel ein feindlicher Trupp das dem Bürgermeister Burchard zu Rhein gehörende Dorf Häsingen und brannte es nieder. Sobald dies in Basel bekannt geworden war, rückten Reisige und Fußvolk hinaus. Aber die Feinde hatten sich schon davon gemacht; die Basler eilten ihnen nach, auf der großen Straße bis Altkirch, und da auch hier die Wälschen nicht mehr zu finden waren, entschloß man sich, einen kräftigen Schlag in des Feindes Land selbst zu führen. Die Ausgezogenen sandten deswegen Botschaft nach Basel; hier stimmte der Rat dem Vorschlage zu, benachrichtigte den Bischof, bot auch die Bundesstädte Freiburg und Breisach auf und schickte der ersten Kolonne eine zweite mit Belagerungszeug nach. Bei Altkirch trafen die beiden Härste zusammen und wurden einig, nicht wie anfangs die Meinung gewesen war vor Hericourt, sondern weiter nach Süden in das Neuenburgische Stammland vor Clermont zu ziehen. Sie wendeten sich dorthin; am Samstag sodann, 9. Juni, trafen die Zuzüger von Freiburg und Breisach mit über siebzig Pferden in Basel ein, am Sonntag Bischof Johann selbst mit dreihundert Schützen, und am Montag eilten diese Truppen auf dem kürzesten Wege über Pfirt, Miécourt, Pruntrut der Hauptmacht nach. Zahlreiche Edle aus dem Breisgau waren bei ihnen (Engelhart von Blumenegg, Henman Snewlin von Landegg, Heinrich von Munzingen, Gerye von Kippenheim u. A.), die jetzt dem Diebold ihre Absagebriefe schickten. Vor Clermont fand sich das ganze Heer zusammen. Das Städtlein wurde gestürmt und verbrannt; aber die Versuche, auch das [425] Schloß durch Beschießung zu gewinnen, schlugen fehl, da es an genügendem Geschütz fehlte. „Da zogen wir durch des von Neuenburg Land und haben dem neun Dörfer gebrannt und sind so wieder heimkommen“, meldeten die Basler am 13. Juni den Straßburgern.

Basel hätte mit dieser Expedion, bei der es gar keinen Verlust an Mannschaft erlitten, zufrieden sein können, wenn nicht bei diesem Anlasse wieder das unverschämte Reden des gemeinen Mannes sich so bemerklich gemacht hätte. Wie schon im Herbst 1424, beim Zuge nach Goldenfels, der Maurer Clewi Morant Meuterei anzuzetteln versucht hatte, so war auch jetzt wieder die freche Maulfertigkeit von Zünftlern laut geworden. Der Rebmann Laucher, der auf dem Marsche davonlief und durch den Ratsherrn Claus Murer in die Reihen zurückgewiesen wurde, erwiderte diesem trotzig: „Hier möget ihr so mit mir reden, aber daheim reden wir dann mit euch!“ Gündelin der Fischer, Fülin der Weinmesser, Cunrat Sliffer, Uli Mörnach der Metzger reizten unterwegs und nach der Heimkehr gegen den Rat auf: man sollte die Räte alle an die Grinde schlagen. Womit gehen sie um? Sie seien säumig und schonen den Feind; dem Büchsenmeister Lamprecht haben sie vor Clermont geboten, nebenaus zu schießen, da er das Schloß doch gut hätte treffen können. Mit Mörnach zusammen heckte der Schuhmacher Valkenstein den Plan aus, zwischen dem Kleinen und dem Großen Rat „eine Partie zu machen“ d. h. den Großen Rat unabhängig zu stellen, so daß er für sich allein berate und seine Beschlüsse durch einen Muntmann dem Kleinen Rat zu wissen tue. Diese Vorlauten und Unbotmäßigen wurden nach Recht mit Verbannung bestraft; doch die üble Wirkung solchen Gebahrens war damit nicht aufgehoben, und besorgt erkundigten sich andere Städte nach der „Uneinhelligkeit“, die hier ausgebrochen sein sollte. Es waren die alten Erbfehler der Tadelsucht und des Mißtrauens, die sich geregt hatten; aber was daheim in der Zunftstube etwa angehen mochte, hätte hier im Heer ohne weiteres unterbleiben sollen. Das Häßliche und Beunruhigende an der Sache war der Mangel militärischer Zucht und Art, den sie verriet.

Der Krieg ging weiter mit Streifereien und Scharmützeln. Im Juni verbrannten die Feinde Leimen; wenige Tage später stießen Basler Truppen bei Dattenriet auf die Burgundischen, erlegten oder fingen ihrer an die dreißig, darunter dreizehn Edelleute, und machten große Beute an Hengsten, Harnischen und anderm Gut.

Mehr noch als solche Ereignisse sorgten die unaufhörlich herumgebotenen Gerüchte für Aufregung. Man kam in keiner Weise zur Ruhe. [426] Bald meldete der Vogt zu Altkirch von Truppensammlungen an der Grenze, bald kamen alarmierende Berichte vom Grafen von Tierstein aus Blumenberg. Dann hatte der Ammeister Lombart in Straßburg und der Rat von Freiburg vernommen, daß Diebold von Neuenburg, der von Vergy, der Prinz von Chalon ihre Scharen zusammenzögen und einen Einfall planten; Aehnliches berichteten warnend auch der Pfalzgraf und die zu Speier versammelten Städteboten. Basel vernahm dies Alles und durfte nicht wagen, es für leeres Gerede zu halten. Seine Sorge war um so größer, als die vom Bischof in die Schlösser gelegten Besatzungen, soweit sie aus fremden Hilfstruppen bestanden, sich allmählich wieder davonmachten. Meist blieben nur die städtischen Landwehren zurück, und der Rat mußte den Bischof nachdrücklich zu besserer Mitwirkung auffordern. Der Krieg ward immer mehr zu einem Kriege der Stadt; sie durfte jetzt weniger als je nachlassen. Sie ergänzte ihr Kriegszeug; sie warb Schützen auf dem Schwarzwald, im Klettgau, bei Villingen und Rottweil. Edelleute wie Brun von Lupfen, Volmar von Künheim trugen dem Rat ihre Dienste an.

Aber immer aufs Neue wieder machte sich bei diesen städtischen Truppen, die aus Zünftlern, Freischaren, ordentlichen und ausnahmsweise eingestellten Söldnern, Einheimischen und Fremden bunt gemischt waren und die jedenfalls einer einheitlichen Leitung entbehrten, der Mangel an Disziplin geltend. Eine kurz vor Pfingsten zur Verstärkung nach Blumenberg gesandte Abteilung Basler Soldaten desertierte; eine zweite Schar, die der Rat nachschicken ließ, traf zwar dort ein, beging aber allerhand Zuchtlosigkeiten und vergriff sich an den Weibern des Städtchens. Das hatte zur Folge, daß ein Handstreich, den die Feinde gerade um diese Zeit planten, von den Einwohnern unterstützt wurde. Unter Führung des gewandten Freibeuters Ludwig Meier von Hüningen überfielen die Wälschen Nachts Blumenberg, nahmen es ein und machten einen Teil der Besatzung nieder. Die auf diese Nachricht sofort von Basel abgehenden dreihundert Bewaffneten fanden aber den Feind schon nicht mehr vor; sie besetzten Blumenberg wieder und gaben sich damit Genugtuung, daß sie dem Anton von Hagenbach, einem Helfer Ludwig Meiers, seinen Fischweiher ausleerten.

Kurz nach diesem Vorfalle, zu Anfang August, erhielten die Basler die bestimmte Warnung, daß Diebold ein Heer von dreitausend Reitern beisammen habe und von diesen einen Teil gegen ihre Stadt, den andern in das Delsbergertal zu werfen beabsichtige. Der Rat schickte überall hin Mahnungen zur Wachsamkeit, bereitete aber gleichzeitig eine Offensive vor. [427] Er schrieb an Freiburg und Breisach, ihre Reisigen ihm zuziehen zu lassen, und traf selbst alle Anstalten zum baldigen Ausmarsch. Dennoch kam es vorerst zu nichts. Zunächst weil inzwischen Friedensvorschläge gemacht worden waren; sodann mit Rücksicht auf das Verhalten der österreichischen Herrschaft.

Die Friedensvorschläge gingen vom Herzog Amadeus von Savoyen aus. Dieser lud die Kriegführenden auf den 20. August zur Verhandlung nach Murten, und Basel bat seine Bundesstädte, ihre Boten ebenfalls zu dieser Konferenz zu senden. Von Ergebnissen dieser Bemühungen verlautet aber nichts.

Wichtiger war, daß die Herrschaft von Oesterreich für einen Frieden arbeitete. Seit April 1424 gehörte Herzogin Katharina dem Bund der oberrheinischen Städte an und war hiedurch nach Basels Meinung verpflichtet, im Kriege gegen Diebold Hilfe zu leisten. Ihr Landvogt aber stellte diese Pflicht in Abrede und suchte durch direkte Verhandlung einen Frieden herbeizuführen. Denn unter dem Kriege litt der Sundgau unmittelbar; die Stellung der Herzogin zwischen Burgund und Oesterreich, an und für sich schon eigentümlicher Art, bereitete Schwierigkeiten vorab in einem Kriege wie dem jetzt geführten, wenn die Herzogin sich ihrer Verbindlichkeiten gegenüber der Liga erinnerte. Sie konnte daher nur wünschen, daß Friede sei, und bemühte sich für einen solchen. Den Baslern erschien dies unleidlich; sie fanden sogar, daß die Beamten der Herzogin die Wälschen begünstigten, und verlangten Abhilfe. Der Streit kam vor den Siebnerausschuß des Bundes, und dieser entschied, daß Oesterreich strenge Neutralität zu halten habe, die Wälschen nicht in seinen Schlössern und Städten aufnehmen, nicht speisen und tränken, ihnen kein Kriegsgerät leihen, kein Geleit geben dürfe. Aber was half ein solcher Spruch? Mit bittern Worten hatte sich Basel darüber zu beschweren, daß Ludwig Meier, den Baslern sowieso verhaßt, in Belfort ein- und ausreite, in Masmünster in der Badstube verkehre, an einem Gabenschießen teilnehme, u. dgl. m. Neben alledem arbeiteten der Landvogt und der Kanzler der Herzogin, Hug Bryat, emsig an dem Friedenswerk weiter. Dies ging der Neutralität allerdings nicht zuwider; aber der Basler Rat hatte den deutlichen Eindruck, daß er durch die Beiden getäuscht und hingezogen werde. Er besann sich daher wieder auf den Hauptschlag, zu dem er schon im August gerüstet gewesen war, und beschloß ihn jetzt zu führen. Diebold sollte mit aller Kraft an seiner empfindlichsten Stelle getroffen werden.

Der Zug nach Clermont im Juni war ursprünglich Hericourt zugedacht [428] gewesen. Jetzt vor kurzem hatte sich dieses Schloß neuerdings in Erinnerung gebracht durch einen Ausfall und Raubzug seiner Besatzung. Man wußte, daß die starke Feste Diebolds liebster Besitz und seine ganze Hoffnung war.

Mit nicht gewöhnlicher Sorgfalt bereitete der Rat diese Expedition vor. Man war willens, mit ganzer Macht auszurücken; aber in der Auswahl der Mannschaft verfuhr man strenge, nahm nur die „mügenden und röschesten“ an. Zu Hauptleuten der Reiterei wurden Burchard zu Rhein und Hug zer Sunnen bestellt, zu Hauptleuten des Fußvolkes Konrad von Eptingen, Konrad zum Haupt und Eberhard Ziegler. Der Stadt Banner wurde dem Mathis Schlosser anvertraut; den Zünften gab man Gerfähnlein und ließ ihre Banner zu Hause. Der gewaltige Train, mit über sechshundert Pferden, stand unter dem Befehl des Henman von Tunsel. Vier große Büchsen wurden mitgeführt, deren jede ihren eigenen Büchsenmeister (Lamprecht, Pflegler, Seitenmacher, Simon) hatte.

Auch der Bischof rüstete. Er stellte hundert Reisige und aus den Herrschaften Biel und Neuenstadt sechshundert Fußknechte. Hauptmann über diese Truppe war Graf Hans von Tierstein, der den Johann von Froberg und den Hofmeister Hans von Flachsland zur Seite hatte.

Am Samstag nach Allerheiligen, 3. November, zog man von Basel aus. Am Sonntag traf das Heer unweit Pruntrut die Bieler und Neuenstadter Zuzüger. Am Montag stand die ganze Macht vor Hericourt.

Als jetzt die Basler die Schönheit und Wehrhaftigkeit des vor ihnen liegenden Baues staunend betrachteten, — die Stadt von einer Ringmauer umschlossen und hinter ihr, durch einen doppelten Graben gedeckt, das Schloß mit acht mächtigen Türmen aufsteigend, deren vier so stark oder noch stärker waren als daheim das Rheintor, — fühlten sie deutlich, daß es jetzt die Entscheidung des Krieges galt. Ungesäumt begannen sie die Beschießung, zunächst der Stadtmauern. Nach zwei Tagen war hier genügend Bresche gelegt, und schon stand das Heer zum Sturme bereit. Da zeigte sich, daß das Städtlein brannte; die neuenburgische Besatzung hatte das Feuer angelegt und sich ins Schloß zurückgezogen, nachdem sie die ihnen hinderlichen Weiber und Kinder drunten in ein Haus eingeschlossen hatte. Ungehindert drangen die Basler ein, gaben den Eingesperrten und schwer Geängstigten die Freiheit und unternahmen nun aus der Nähe die Beschießung des Schlosses selbst. Die Wirkung war eine so starke, daß die Belagerten bald Kapitulation anboten. Sie wurde angenommen und der erbetene freie Abzug gestattet. Am 10. November bei Sonnenaufgang ritten die [429] Reisigen heraus und davon; nach ihnen wurden auch die Bauern, die mit ihnen im Schlosse gewesen waren, unbehelligt laufen gelassen.

Die Basler ließen später in ihrem Ratsbuche das verwunderliche Faktum anmerken, bei dieser Belagerung von den Feinden nie „angerennet noch ersucht“ worden zu sein. Und in der Tat ist es für das unedle und dürftige Wesen dieser Kriegführung bezeichnend, daß die Scharen Diebolds von denen allezeit die Rede gewesen war, die weit ins Land hinaus und bis vor die Mauern Basels Brand und Verwüstung gebracht hatten, hier, wo es um den Bestand ihres wichtigsten Platzes ging, sich nicht einmal blicken ließen.

Nachdem Schloß und Stadt völlig ausgeplündert worden waren, wurde überall Feuer eingelegt, die Stadtmauer geschliffen, die Feste mit ihren Türmen untergraben und niedergeworfen. Graf Hans von Tierstein hatte das Schloß erhalten wollen; aber der alte eingeborne Haß der Städter gegen jedes Herrenschloß setzte auch hier die Vernichtung durch. Das mächtige Mauerwerk war freilich schwer zu brechen; noch wochenlang nach der Eroberung hatte der Rat Taglöhne zu zahlen für „zu Ellikurt zu undergraben.“

So war Hericourt gewonnen und zerstört, und das Heer zog nach Hause, zufrieden, mit reicher Beute an Pferden und Vieh, die Troßwagen vollgepackt mit Harnisch, Plunder und Hausrat aller Art, Silbergeschirr, Haber, Weizen usw. Im übermütigen Gefühl des Siegers, der Alles vermochte und deutliche Spuren hievon in Feindesland zurücklassen wollte, wurden auf dem Rückmarsch der Söldnerhauptmann Thoman Schütz mit seiner Schar und die Zuzüger aus den Aemtern Waldenburg und Honberg ausgesandt, ein ganzes Tal niederzubrennen und zu verwüsten.

Zu Hause folgte dann die Verteilung der Beute. Alle die vor Ellikurt gewesen waren, Reisige wie Bürger, aber auch die Freiheitsknaben, die Pfeifer, die fahrenden Töchter, wurden durch öffentlichen Ruf aufgefordert, was sie an Beutestücken in Händen hätten, ins Rathaus zu bringen, woselbst die Sichtung und ordentliche Verteilung geschah. Hundertundeinunddreißig Mann hatten sich durch Beteiligung am Zuge das Bürgerrecht erworben, und zum bleibenden Gedächtnis des Sieges stifteten Bürgermeister und Rat bei den Augustinern eine jährlich am St. Martinsabend feierlich zu begehende Messe.

Der Krieg war zu Ende. Durch die Bezwingung und Zerstörung Hericourts hatten die Verbündeten den stolzen Neuenburger Herrn endgültig zur Ruhe gewiesen.

[430] Basel konnte nun daran denken, seine zahlreichen Söldner allmählich zu entlassen und auszuzahlen, auch diejenigen, die mit der Zeit aus den Gefängnissen Diebolds, z. B. aus Blamont, heimkehrten. Ueberhaupt konnte jetzt in allen Beziehungen abgerüstet werden; nur die Besatzungen an der Grenze, in Blumenberg, Dattenriet, Froberg usw. wurden bis auf weiteres noch belassen. Die Aerzte und Scherer in Basel erhielten ihren Lohn für die Pflege der Verwundeten und die Wirte zum Blumen und zum Rosgarten ihre Bezahlung für Beköstigung von Gefangenen. Zu dieser allgemeinen Liquidation gehörte auch der Ersatz von Kriegsschäden in besonderen Fällen, wie z. B. das der Gemeinde Leimen gemachte Geschenk von Ziegeln für ihre durch Brand verdorbene Kirche. Und daß man den Kriegszustand als beendigt ansah, zeigt auch die Wiedereinführung des Verbots, lange Messer zu tragen.

In welcher Weise die Stadt mit dem Bischof über Verteilung von Gewinn und Verlust im Einzelnen abrechnete, wissen wir nicht. Wir kennen nur die allgemeinen Grundsätze gleichmäßigen und gegenseitigen Rechtes beider Parteien, die schon im Juli und August 1425 hinsichtlich der Gefangenen und allfälliger Eroberungen waren festgestellt worden. Wohl aber kam es jetzt zu einer, wie es scheint, erregten Verhandlung zwischen Rat und Bischof, und zwar wegen der Zerstörung des Schlosses Hericourt, die dem Willen der bischöflichen Anführer entgegen durch die Städter war durchgesetzt worden und insofern als Verletzung der soeben erwähnten Verträge gelten konnte, außerdem wohl auch wegen der Verfügung über die zu Hericourt gemachte Beute. Der Rat, mit dem Verfahren seiner Hauptleute jedenfalls einverstanden, mußte immerhin wünschen, durch förmlichen Verzicht des Bischofs auf alle Ansprüche hiewegen sicher gestellt zu werden; er verlangte von ihm diesen Verzicht und überhaupt die urkundliche Anerkennung, daß die Stadt dem Bischof in dem Kriege gut gedient habe.

Bischof Johann aber mochte wohl nicht ohne weiteres eine Forderung preisgeben, die ihm bei Gelegenheit noch dienlich sein konnte, und suchte auf andere Weise den Rat zufrieden zu stellen. Er kam in dessen Sitzung, von seinen Edeln begleitet, und ließ hier durch seinen Offizial Meister Herman Ritter vortragen, wie sehr er wichtige und willige Dienste der Stadt anerkenne, und wie gerne er sie vergelten würde. Aber er sei nicht begütert, wie der Rat wohl wisse, und müsse ihn bitten, an Dank und Anerkennung sich genügen zu lassen. Er habe auch seinen Herren und Freunden das durch die Stadt für ihn Geleistete hoch gerühmt und gepriesen. Von [431] Verzicht auf Ansprüche wegen Hericourts verlautete kein Wort; aber die Anwesenheit des Fürsten, sowie die geschickte Beredsamkeit seines Vertreters überraschten und gewannen den Rat. Nur einige wenige Ratsherren verlangten auch jetzt noch „einen Brief von Ellikurtz wegen“; die Mehrheit beschloß, die an den Bischof gestellte Forderung fallen zu lassen. Erst einige Jahre später, 1431, und im Zusammenhang mit andern Geschäften kam es dann zu einem ausdrücklichen Verzichte des Bischofs wegen Hericourts.


Die Friedensunterhandlungen mit Diebold waren zuerst durch den österreichischen Landvogt geführt worden und hatten die Abrede eines Waffenstillstandes ergeben, der bis 23. April 1426 dauern sollte. Aber während dieses Termins trat an Stelle des Landvogts als neuer Vermittler Graf Hans von Freiburg in das Geschäft ein. Dieser bewirkte zunächst eine Verlängerung der Waffenruhe bis zum 19. Mai; innerhalb dieser Frist kam es dann zum Abschluß des wirklichen Friedens. Die Parteien trafen in Neuenburg am See zusammen, und wie große Wichtigkeit der Sache beigemessen wurde, zeigt die außergewöhnlich starke Besetzung der städtischen Gesandtschaft von Basel. Der Rat sandte seine besten Köpfe: den alten Bürgermeister Burchard zu Rhein, den Oberstzunftmeister Hug zer Sunnen, Lienhart zum Blumen, Ulman im Hof, Konrad zum Haupt, den unentbehrlichen Henman Offenburg und den gewandten Unterschreiber Johann von Bingen. Auch Bern und Freiburg i. U., sowie die elsässischen und breisgauischen Bundesstädte Basels waren bei den Konferenzen vertreten.


Am 7. Mai 1426, auf dem herrlichen Schlosse zu Neuenburg, wurde der Friede gefertigt und besiegelt. Seine Hauptbestimmung war, daß alle an Diebold verpfändet gewesenen Schlösser gegen Zahlung von zehntausend Gulden beim Hochstifte Basel verbleiben sollten.


Damit war von Rechtswegen der territoriale Zustand in der Hauptsache wieder hergestellt, wie er vor vierzig Jahren gewesen war, und neben diesem Ergebnis, das insbesondere auch den Wünschen und Absichten der Stadt entsprach, kommt die finanzielle Seite der Abmachung für uns weniger in Betracht. Diebold war allerdings der Meinung, einen höhern Preis für Rückgabe der Schlösser auspressen zu können; aber er mußte sich dem Spruche fügen. Um so mehr, als ihn Graf Hans von Freiburg durch Einsetzung seiner eigenen Lande und Leute in Burgund für den Betrag sicher stellte. Am 15. August 1426 erfolgte die Zahlung der ersten Rate [432] mit fünftausend Gulden zu Handen Diebolds an die Gemahlin des Grafen Hans, die Zahlung der zweiten Rate im folgenden Jahr.

Die erste Rate war durch die Stadt dem Bischof dargeliehen worden. Es beweist uns dies, wie auch nach den gewaltigen Anstrengungen dieses Krieges die Stadt noch immer über Mittel verfügte, während das Bistum in dem Kampf zwar sein Recht behauptet, aber auch beinahe alle Kräfte erschöpft hatte.

Doch Johann von Fleckenstein war nicht der Mann, diese Erschöpfung andauern zu lassen. Er verstand es, das Hochstift in der Tat wie neu zu beleben. Nachdem er dessen Territorialbestand wieder hergestellt hatte und der Waffenlärm verbraust war, wendete er seine Sorgfalt um so beflissener einer ruhigen Reorganisation zu.

Diese ist hier nicht zu schildern. Nur Weniges kann hervorgehoben werden. So ist für die Art Johanns charakteristisch, daß er mit den Erben seines Amtsvorgängers, des Bischofs Hartman Münch, über dessen Nachlaß prozessierte. Zu erwähnen sind weiterhin seine unaufhörlichen Bemühungen für Einlösung verpfändeter Herrschaften. Nachdem er sich von Diebold die Rückgabe erzwungen, verfuhr er mit den Andern auf dem Wege des Geschäfts und gewann so dem Hochstifte Laufen, Birseck, Riehen, Istein wieder. Allmählich rekonstruierte er das Gebiet des Hochstifts. Nicht ohne die äußersten finanziellen Anstrengungen. Es kam dem Bischof sehr zu statten, daß er auch die reichen Intraden seiner alten Abtei Selz herbeiziehen konnte. Um dies auch über die bei der Wahl bewilligten zehn Jahre hinaus tun zu können, erlangte er von Papst Eugen im Januar 1432 eine Verlängerung dieses Zustandes auf weitere drei Jahre; er machte dabei geltend, daß die Einkünfte der bischöflichen mensa, die früher viertausend Gulden betragen hätten, nun auf hundertundzwanzig Mark heruntergekommen seien, und daß er ohne anderweitige Unterstützung gezwungen wäre, das Basler Bistum fahren zu lassen.

Auch die organisatorische und administrative Tätigkeit, die Bischof Johann seinen jurassischen Herrschaften widmete, verdient Beachtung: die Erteilung von Freiheitsbriefen an St. Ursanne und die Talschaften von Delsberg und Münster, die Verleihung von Steuerrecht und Märkten an die Freiberge, die Sorge für Besserung der durch diesen Bezirk führenden Straßen. Als das Wichtigste aber darf gelten die Aberkennung des Basler Bürgerrechts der Delsberger durch das kaiserliche Hofgericht 1434.

Dieser Spruch des Hofgerichts erfolgte auf Klage des Ludwig Meier von Hüningen, der an einige Delsberger Bürger Ansprachen wegen [433] deponierter Schuldbriefe hatte, entgegen dem Einspruche Basels und in ausdrücklicher Anwendung der in der goldenen Bulle von 1356 enthaltenen Bestimmung. Ein Zusammenhang mit der damals bestehenden allgemeinen Bewegung gegen das Pfahlbürgerwesen, die im Reichsgesetz vom 25. März 1431 und dem Mandat König Sigmunds vom 4. Oktober 1431 Ausdruck fand, ist nicht zu verkennen. Und da angenommen werden muß, daß mit dem Bürgerrecht des Delsbergertals auch das, gleichfalls 1407 geschlossene, des Münstertals jetzt aufgehoben worden sei, so war mit diesem Gerichtsspruch der Stellung Basels im Jura ein Ende bereitet.

Es fällt schwer, der Politik der Stadt gerecht zu werden. Sie macht die stärksten Anstrengungen; sie bringt gewaltige Opfer; sie führt einen großen Krieg, meist mit eigenen Mitteln, siegreich durch. Sie gewinnt aber damit kein neues Territorium, vielmehr verliert sie noch das bis dahin im Jura Besessene.

Der Plan Basels, sein Gebiet gegen Südwesten zu erweitern, war für jetzt allerdings zu nichte gemacht. Aber indem es die Wälschen hinauswies und dadurch den Bestand der Bistumslande wieder sicherte, sicherte es sich selbst auch die Möglichkeit, später seine Territorialpläne wieder aufzunehmen. Schwäche des Hochstifts war allezeit eine Gefahr für die Stadt; in der Regel Oesterreichs wegen, jetzt der Wälschen wegen. Und wenn die Stadt sich nicht erlauben mochte, mit eigenem unmittelbarem gewaltsamem Eingreifen jene Schwäche selbst zu nützen, die an Fremde verpfändeten Lande selbst zu nehmen, so konnte ihr Verfahren nur darin bestehen, für Erhaltung des Bistums besorgt zu sein und sich dafür Opfer aufzuerlegen.

Solches geschah jetzt. Der weitere, allerdings hoch anzuschlagende Gewinn dieses Episkopats für die Stadt war der, daß sie durch Erhöhung der Pfandsummen auf den ihr schon verschriebenen Herrschaften und Rechten sich vor deren Wiederlösung zu sichern und durch neue Vorschüsse neue Pfänder zu erlangen vermochte.

Das früheste Geschäft dieser Art, sogleich nach dem ersten erfolgreichen Zuge gegen Diebold mit Bischof Johann abgeschlossen, war der Erwerb des Oberstzunftmeisteramts um zweitausend Gulden 1424, wodurch die Stadt das Recht erhielt, den Oberstzunftmeister selbst zu wählen. Im Juni 1425 lieh der Rat dem Bischof weitere sechstausend Gulden und erhielt dafür den Ertrag des Siegels des bischöflichen Hofs zu Basel, die Biennien in Stadt und Bistum, sowie eine Reihe einzelner Nutzungen und Gefälle in Delsberg, Laufen, Biel, Neuenstadt usw. versetzt. Vorübergehend sodann, gegen einen Vorschuß von fünftausend Gulden, verpfändete der Bischof nach [434] dem Frieden mit Diebold den Baslern Burg und Stadt St. Ursitz und die Feste Goldenfels, löste jedoch 1431 diese beiden Pfänder wieder ein und erhöhte dafür die Summe der schon von früher her der Stadt verschriebenen großen Pfandschaften, nämlich der Zölle, des Bannweins, des Schultheißenamts, der Herrschaften Liestal, Waldenburg und Honberg um achttausend Gulden, so daß nun auf diesen Rechten, Aemtern und Herrschaften samthaft eine Summe von siebenundvierzigtausendachthundertunddreiundzwanzig Gulden lastete, wozu dann noch die zweitausend Gulden auf dem Oberstzunftmeisteramt und die sechstausend Gulden auf den Nutzungen des Siegels, der Biennien und Gefälle kamen. Mit dieser großen Abmachung, 12. Juni 1431, schlossen die Verpfändungen Bischof Johanns an die Stadt ab. Sie gewann auf diese Weise Erschwerung des Wiederkaufs der ihr zustehenden Rechtsame und Gebiete und damit für ihr ganzes Regiment ein erhöhtes Gefühl von Sicherheit und Bestand. Wenige Tage später sodann erhielt sie vom Bischof auch die Urkunde, in der er alle Forderungen, die er noch an sie zu haben meinte, hauptsächlich von Hericourts wegen, ausdrücklich fallen ließ.

Die Bedeutung des Johann von Fleckenstein für die Stadtgeschichte liegt in dieser Konsolidation des ganzen Schuld- und Rechtsverhältnisses zwischen Hochstift und Stadt, außerdem aber darin, daß Bischof und Stadt eine Unternehmung großer Art gemeinsam und völlig einig durchführten. Die Stadt machte die Sache des Bischofs zu der ihrigen. Inwieweit sie hiebei frei handelte, aus eigenem ruhigem Erwägen heraus, inwieweit es Johann verstand, die Stadt zu gewinnen und zu fesseln, kann nicht festgestellt werden. Unzweifelhaft war Johann eine bedeutende Persönlichkeit, so wenig er sich im Einzelnen erkennen läßt. Er tritt völlig hinter seinem Werke zurück. Im Kreise der Domherren und des oberrheinischen Wesens überhaupt blieb er, solange er Bischof war, ein Fremder. Er diente nicht dem Bistum Basel als lokaler Einzelheit, sondern in ihm der Kirche, und dies gibt seiner Erscheinung etwas Großartiges.

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Sechstes Kapitel.
Markgraf Bernhard.



Dem Kriege mit Diebold von Neuenburg war die Abrechnung mit Markgraf Bernhard von Baden unmittelbar vorangegangen. Die große Erscheinung dieses Fürsten gehört zu dem ungewöhnlich belebten Bilde der Zeit, die uns beschäftigt.

Wo in den Schriften Basels vom Markgrafen schlechtweg geredet wird, ist der Herr auf Röteln gemeint; die Beziehungen zu ihm sind ein ständiger Faktor. Auch er strebt nach Souveränetät in einem möglichst ausgedehnten Territorium und wird hiebei öfters ein recht unbequemer Nachbar. Aber wie kleinlich und nur aus Bedächtigkeit und Schlauheit gemischt erscheint sein Handeln, wenn wir die hinter ihm aufsteigende mächtige Gestalt des Markgrafen von Nieder-Baden betrachten. Bernhard vertritt mit einem Bewußtsein und einem Willen ohne Gleichen das Prinzip des Territorialherrn in der politisch so bunten oberrheinischen Welt, den Fürsten gegenüber wie den Edeln und vor allem den Städten. Und alle diese Jahrzehnte hindurch kann in unsrer Gegend kaum etwas geschehen ohne scheue Seitenblicke auf ihn. Die Geschlossenheit seines Wesens macht ihn uns zu einer merkwürdig erkennbaren Persönlichkeit; mit welcher Wucht muß er auf seine Zeitgenossen gewirkt haben!

Auch auf die damaligen Basler. Sie geraten mit Bernhard in Streit; aber dieser Streit ist nicht ein zufälliger, sondern ein geradezu notwendiger. Auch nicht ein Streit Basels allein, sondern einer ganzen Gruppe. Der Gegensatz aber, so entschieden er ist, führt nur zu wenigen und an sich nicht sehr erheblichen Zusammenstößen; diese kommen nicht einmal wesentlich für die Geschichte in Betracht. Viel wichtiger und wirksamer ist das dauernde Vorhandensein und Walten eines solchen Willens, wie er in Bernhard verkörpert war, ein Element, mit dem man vorab in den Städten beständig rechnen mußte.

Von den frühesten Berührungen Basels mit Bernhard, bei der großen Beinheimer Nahme 1390, ist schon geredet worden.