Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/4. Der Kampf mit Oesterreich/6. Markgraf Bernhard

Der Ellikurter Krieg Geschichte der Stadt Basel. Erster Band/4. Der Kampf mit Oesterreich
von Rudolf Wackernagel
Fehden
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Sechstes Kapitel.
Markgraf Bernhard.



Dem Kriege mit Diebold von Neuenburg war die Abrechnung mit Markgraf Bernhard von Baden unmittelbar vorangegangen. Die große Erscheinung dieses Fürsten gehört zu dem ungewöhnlich belebten Bilde der Zeit, die uns beschäftigt.

Wo in den Schriften Basels vom Markgrafen schlechtweg geredet wird, ist der Herr auf Röteln gemeint; die Beziehungen zu ihm sind ein ständiger Faktor. Auch er strebt nach Souveränetät in einem möglichst ausgedehnten Territorium und wird hiebei öfters ein recht unbequemer Nachbar. Aber wie kleinlich und nur aus Bedächtigkeit und Schlauheit gemischt erscheint sein Handeln, wenn wir die hinter ihm aufsteigende mächtige Gestalt des Markgrafen von Nieder-Baden betrachten. Bernhard vertritt mit einem Bewußtsein und einem Willen ohne Gleichen das Prinzip des Territorialherrn in der politisch so bunten oberrheinischen Welt, den Fürsten gegenüber wie den Edeln und vor allem den Städten. Und alle diese Jahrzehnte hindurch kann in unsrer Gegend kaum etwas geschehen ohne scheue Seitenblicke auf ihn. Die Geschlossenheit seines Wesens macht ihn uns zu einer merkwürdig erkennbaren Persönlichkeit; mit welcher Wucht muß er auf seine Zeitgenossen gewirkt haben!

Auch auf die damaligen Basler. Sie geraten mit Bernhard in Streit; aber dieser Streit ist nicht ein zufälliger, sondern ein geradezu notwendiger. Auch nicht ein Streit Basels allein, sondern einer ganzen Gruppe. Der Gegensatz aber, so entschieden er ist, führt nur zu wenigen und an sich nicht sehr erheblichen Zusammenstößen; diese kommen nicht einmal wesentlich für die Geschichte in Betracht. Viel wichtiger und wirksamer ist das dauernde Vorhandensein und Walten eines solchen Willens, wie er in Bernhard verkörpert war, ein Element, mit dem man vorab in den Städten beständig rechnen mußte.

Von den frühesten Berührungen Basels mit Bernhard, bei der großen Beinheimer Nahme 1390, ist schon geredet worden.

[436] Erst geraume Zeit später fand Basel Anlaß, darauf zurückzukommen. Aus einem Konflikte der großen Politik fiel ihm diese Möglichkeit nebenbei zu. Die Erwählung des Pfalzgrafen Ruprecht zum König 1400 hatte diesen rasch zum Gegner Bernhards gemacht, da Ruprecht darauf ausging, die durch das Königtum ihm gewordene Stärkung zu Gunsten seiner Hausmacht auszunützen, worin Bernhard eine Hemmung seiner eigenen territorialen Bestrebungen erkannte. Bernhard suchte seinerseits einen Rückhalt durch mächtige Verbindungen, insbesondere mit Herzog Ludwig von Orleans, dem gewalttätigen und ehrgeizigen Bruder König Karls. Die Folge war, daß Ruprecht dem Markgrafen Krieg ansagte und alle Stände des Reiches gegen ihn aufbot. Aber nur Wenige folgten: neben Graf Eberhard von Würtemberg, Bischof Wilhelm von Straßburg und den Brüdern Hans und Ludwig von Lichtenberg einige Städte des Elsaß — aber nicht Straßburg, das neutral blieb — sowie Basel. Am 28. März 1403 war durch König Ruprecht Fehde angesagt worden, und nach wenigen Tagen schon geschah der erste Schlag. Die Elsässer und Basler, mit Herrn Smasman von Rappoltstein, eroberten am 2. April Stadt und Schloß Gemar, zwischen Colmar und Schlettstadt gelegen, seit kurzem Pfandbesitz Bernhards, ein in den Händeln jener Jahre unaufhörlich genanntes Streitobjekt. Dann ergoß sich der Krieg, unter des Königs persönlicher Führung, mit Brand und Verwüstung in die markgräflichen Stammlande. Aber ohne Erfolg, und an dieser Unternehmung war Basel nicht beteiligt. Es hatte mit dem Zuge vor Gemar genug getan und erwartete nun mit Bestimmtheit, zu seinem Rechte zu kommen. Am 10. April schloß es mit König Ruprecht ein förmliches Bündnis gegen Bernhard, wobei der König versprach, keine Richtung noch Sühne mit Bernhard einzugehen, ohne daß auch Basel wegen der Forderungen, die es an den Markgrafen habe, „nach zeitlichen und möglichen Dingen“ befriedigt werde. Aber Zeit und Möglichkeit schienen Basel in der Tat entgegen zu sein; umsonst schickte der Rat seine Boten zu den Verhandlungen, die Ende Aprils in Worms zwischen den streitenden Teilen begannen. Am 5. Mai 1403 wurde dort der Friede geschlossen. Auch Basel war dabei inbegriffen, sein Anspruch aber keineswegs erledigt, sondern der Entscheid dem König und den drei rheinischen Kurfürsten vorbehalten. Es nützte der Stadt gar nichts, daß sie ihre Klage wegen des Beinheimer Raubes nochmals wiederholte und die Summen, mit der jeder Kaufherr und jede Händlerin ihrer Stadt damals zu Schaden gekommen war, umständlich bei Heller und Pfennig aufzählte; „sie erkannte zu spät, daß sie sich unnötig in die Kriegskosten gestürzt hatte. Ihre Klage [437] fand keine Hörer, und sie sah Schadensersatz und Vergeltung abermals auf unabsehbare Zeit vertagt.“

Ja, statt des Ersatzes wurde dem alten Schaden bald neuer hinzugefügt. Es waren geringfügige Dinge; aber wie gehässig und widerwärtig sie wirkten, zeigt die unverhältnismäßig große Ernsthaftigkeit, mit der sie in Briefen und auf Zusammenkünften behandelt wurden. Auch hier wieder nur vom Tisch der großen Ereignisse fallende Erbärmlichkeiten. Seit April 1408 stand Markgraf Bernhard in offenem Streit mit Herzog Friedrich von Oesterreich. Nach anfänglichem Zögern kam es zum Kriege, und zwar standen hier, dem Marbacher Bunde von 1405 gemäß, Straßburg und eine Reihe schwäbischer Städte auf Seite Bernhards; zum guten Teil durch ihre Kontingente wurde der Krieg geführt. Diese Kombination war eine widersinnige und hatte auch in der Tat die üble Folge zahlloser Mißgriffe und Konflikte, zumal im Breisgau, wo derselbe Edelmann als Vasall Oesterreichs ein Feind und als Ausbürger Straßburgs ein Freund sein konnte. Aehnlich erging es auch Basel. Obwohl es mit Straßburg verbündet war und selbst hart vor dem Ausbruch offenen Krieges mit Oesterreich stand, wurden doch jetzt in dem Getümmel, das losbrach, auch ihm Schläge zu teil. Freilich von seinem alten Widersacher Bernhard selbst. Ein Schiff mit Erbsen, das bei Beinheim auf den Strand trieb und darum beschlagnahmt wurde; ein Untertan, Rüdi Rieder aus dem Honbergeramt, den die Markgräflichen auf der Straße fingen und nach Gemar in Haft brachten; die gerade jetzt, in den Fasten 1409, doppelt unleidliche Wegnahme eines großen, über hundert Tonnen haltenden Heringtransportes, - mit solchen Quälereien sah sich Basel heimgesucht. Es bat die Freunde zu Straßburg um Vermittelung; seine Gesandten, die dorthin ritten, entkamen nur mit Mühe den Kriegsknechten Bernhards. Aber zuletzt ließ auch dieser sich herbei, die Entscheidung verschiedener Streitpunkte durch die Straßburger Ratsherren anzunehmen. Aber es scheint nie zum Spruche gekommen zu sein; von Termin zu Termin, monatelang, wurde die Angelegenheit hinausgeschoben, bis sie in der Flut größerer Geschäfte unterging.

Was jetzt, mit dem Tode König Ruprechts 1410, beginnt, ist eine neue Periode in der Geschichte des Markgrafen. Er schließt sich enge an König Sigmund an, und seine ganze Tätigkeit gewinnt hierdurch unverkennbar an Bedeutung, seine Regierung geht einige große rasche Schritte vorwärts. Nun rückt er auch dem Basler Oberrhein merklich näher: durch die Erwerbung der Herrschaften Hochberg und Höhingen 1415, der zufolge er auch Lehnsmann der Basler Kirche wird, und durch die Erlangung der [438] breisgauischen Landvogtei 1417. Von Sigmund erhält er 1418 den Auftrag, den vom neuen Papst Martin ihm bewilligten Königszehnten in den Bistümern Konstanz, Basel und Straßburg einzukassieren; in Ausführung der Nürnberger Reichstagsbeschlüsse 1422 hat er für den Kreuzzug gegen die Husiten von allen Juden in Schwaben, am Bodensee, in der Schweiz und rheinabwärts den dritten Pfennig zu erheben.

Was Bernhard bei solchen Geschäften und als Breisgauer Landvogt unternahm, geschah, wie es hieß, stets nur im Namen und zum Nutzen des Reiches. Aber der Impuls zum Eingreifen und selbst Uebergreifen bei Wahrung landvögtlicher Befugnisse ging jedenfalls nicht vom Landvogt, sondern vom Markgrafen aus; die Griffe waren geleitet durch Absichten und Antipathien des Territorialherrn, nicht des Reichsbeamten.

Mit aller Klarheit zeigt sich dies bei der zur Celebrität gewordenen „Breisacher Grundruhr“ von 1420. Der Vorgang war folgender: ein durch Uli Eberhard aus Basel, einen der großen Spediteure jener Zeit, mit Buchs aus der Provence, durch den Straßburger Friedel von Säckingen mit mailändischen Barchenttüchern und geschlagenem Messing in hohem Wert befrachtetes Schiff stieß im Frühjahr 1420 bei der Talfahrt unter der Breisacher Rheinbrücke auf einen im Wasser stehenden alten Pfeilerrest. Der Schiffer ließ sein schwer beschädigtes Fahrzeug, um nicht unterzugehen, auf einer Kiesbank nahe dem Ufer landen, worauf der Vertreter Bernhards das Strandrecht, die Grundruhr, geltend machte und die ganze kostbare Ladung an sich nahm. Das Recht der Grundruhr stand dem königlichen Landvogt allerdings unbestreitbar zu; aber die beiden Städte machten dem gegenüber die Privilegien geltend, die den Baslern 1357 durch Karl IV., den Straßburgern 1235 durch Friedrich II. erteilt worden waren und sie für den ganzen Lauf des Rheines von der Grundruhr befreiten. Sie verhandelten hierüber mit dem Markgrafen, aber wie es scheint nicht direkt und nachdrücklich genug mit dem König selbst. Der Letztere, weit weg in Böhmen weilend und offenbar nur durch Bernhard von der Sache verständigt, ließ diesen vorgehen und die arrestierten Waren versilbern; als Erlös erhielt er später die Summe von zweitausendsiebenunddreißig und dreiviertel Gulden durch Bernhard ausbezahlt, während einer der Geschädigten, Friedel von Säckingen, geltend machte, daß die Waren zehnmal mehr wert gewesen seien.

Das Verfahren Bernhards wird wohl richtig verstanden, wenn wir annehmen, er habe sich nicht auf das Landvogteirecht nur um dieses Rechtes willen versteifen, vielmehr die ihm widerwärtigen Städter treffen wollen, und lediglich auch hier nur das System der Rheinzollpolitik zur Anwendung [439] gebracht, dem er weiter flußabwärts, wo er Territorialherr war, seit Jahrzehnten und energisch huldigte. Dem entspricht, daß die beiden Städte selbst dieses Einzelereignis, bei dem sie doch ihre Angehörigen schwer geschädigt und sich selbst um wohlverbriefte Rechte betrogen sahen, zunächst auf sich beruhen ließen; aber sie machten es zum Anlaß eines allgemeinen und grundsätzlichen Vorgehens. Die Hemmung des Verkehrs, insbesondere auf dem einst als freie Königsstraße erklärten Rhein, durch Zölle und gelegentlich durch Grundruhr, war in allen Städten ein Gegenstand der Sorge und des Unwillens. An Protesten sowie an Gegenmaßregeln aller Art fehlte es nie, auch in unsrer Zeit nicht, und in dieser war es gerade Bernhard von Baden, der am allerhäufigsten und bittersten solcher Schädigungen bezichtigt wurde. Eine dauernd wirksame Opposition erfuhr er dabei freilich nicht von den Städten, sondern von Pfalzgraf Ludwig, der ihn im Jahre 1413 zum Abschluß eines Schiffahrtsvertrages nötigte; es wurde festgesetzt, daß alle Kaufleute mit ihrer Ware, auch wenn es Feinde seien, auf dem Rhein und dem Leinpfad zwischen Straßburg und Mainz sicher sein sollten. Der Pfalzgraf hatte bei den Verhandlungen hierüber auch die oberrheinischen Städte, zumal Basel, und selbst Bern zu seiner Unterstützung angerufen und alle Willigkeit bei ihnen gefunden. In Olten kamen die Boten von Bern, Zürich, Luzern, Freiburg, Solothurn mit denen von Basel zusammen, und was sie hier, im Sinne völliger Freiung des Rheins, abredeten, überbrachten die Gesandten Basels dem Pfalzgrafen. Der Vertrag kam dann nur der Strecke unterhalb Straßburgs zu Gute; aber bemerkenswert ist doch, wie die Initiative des Pfalzgrafen sich auch an die obern Gebiete wendet, denen dann freilich ein so starker Vertreter ihrer Interessen mangelte. Es ist die Zeit, in der König Sigmund, da er sich mit den Frankfurter Ratsherren über die Lage des Reiches unterhielt, die Mauthen und Zölle tadelte, die den Kaufmann und Jedermann so schwer belasten; dieselbe Zeit auch, die in Konstanz, als eine Handelsfuhre der Schweizer bei Ensisheim durch den von Lupfen weggenommen worden war, vom Brandenburger Markgraf die schöne Rede zu hören bekam: „Gott unser Herr hat ihm und den Seinen den Himmel geschaffen, und allen Menschen das Erdreich, damit sie sich darauf ernähren und Reich wie Arm ihre Nahrung suchen, obsich und nidsich wandeln. Darum soll von göttlichen Rechten Niemand weder von seinem Leibe noch von seinem Gute Geleit geben, weil des Reiches Straßen frei sein sollen, dem Armen und dem Reichen.“

Aber was solche Worte der Fürsten galten, merkten die Städte alltäglich, [440] zumal in Fällen, wie die Breisacher Grundruhr war. Sie mußten sich selbst helfen. Sie mußten zu gemeinsamem Handeln zusammentreten.

So erklärt sich, wie nun in kurzem ein Bund zustande kam. Zunächst trafen Basel, Straßburg und die breisgauischen Städte in aller möglichen Stille ihre Abrede; dann wurden auch die Elsässer Reichsstädte zu den Beratungen zugezogen. Daß bei solchen Zusammenkünften der Name Bernhard in Aller Munde war, ist natürlich; aber in den offiziellen Schreiben wird seiner kaum je gedacht, ist nur davon allgemein die Rede, „wie wir bei unsern Freiheiten bleiben mögen.“

Im Oktober 1420 forderte Basel auch Bern zur Teilnahme auf. In Breisach fanden wiederholt Konferenzen statt. Dann ging die Werbung weiter, an Speier, Worms, Mainz, aber auch an Ulm und Rottweil. Am 11. März 1421 sollten diese und die oberrheinischen Städte sich in Straßburg zur Beratung treffen. Wir kennen die Beschlüsse dieses Tages nicht; aber im April finden wir die Städteboten am Nürnberger Reichstag, wo sie auf den König warten, um ihm die angesammelten Beschwerden vorzutragen. Sie warteten vergeblich, der König kam nicht. Aber um so willigeres Gehör fanden die Straßburger und Basler bei ihren Kollegen aus andern Städten. Was sie diesen von Bernhard und der Breisacher Grundruhr erzählten, erregte in Allen das Standesgefühl, das Bewußtsein gemeinsamer Art aufs lebhafteste. In großer Zahl, alle die Boten der Städte in Schwaben, Franken und am Bodensee, am Mittelrhein und in der Wetterau kamen sie mit den Oberrheinischen zusammen, um „von der Städte anliegenden Sachen“ zu reden.

Aber hart neben diesen Städtern, die jeweilen früh morgens im Nürnberger Rathause beisammen saßen und debattierten, war auch der gefürchtete und gehaßte Markgraf Bernhard selbst in Nürnberg anwesend. Die Schritte Jener blieben ihm natürlich nicht verborgen, und was er nun in eben diesen Tagen ihnen entgegensetzte, ein Schutz- und Trutzbündnis mit dem ebenfalls in Nürnberg weilenden Prinzen Louis von Chalon, war allerdings geeignet, den Gegnern neuerdings zu denken zu geben, vor allen Andern den Vertretern der oberrheinischen und elsässischen Kommunen.

Von der Bedeutung der wälschen Nachbarschaft für diese Lande ist schon wiederholt die Rede gewesen. Alles was hiebei vorgekommen oder auch nur gefürchtet worden war, schien nun seine Steigerung in dieser Allianz zu finden, deren Spitze, wie deutlich gesagt war, gegen Jedermann ging, nur den König Sigmund ausgenommen.

Die Städte sahen sich zwischen zwei Feuer genommen, und die [441] Empfindung hievon brachte sie über die bisherigen Beratungen hinaus zu Handlungen, die etwas bedeuteten. Das Hauptinteresse, das alle Sonderbegehren und Sonderbedürfnisse nun zurückdrängen mußte, war die Sorge um das Land überhaupt und dessen Frieden; ihm konnte nur dadurch gedient werden, daß die Städte sich unbedingt vertrauten und bei aller ihrer Arbeit ununterbrochen die Hand am Schwerte hatten.

Am 3. Oktober 1422 kam ein Bund der Städte am Oberrhein zu Stande, geschlossen durch vier Teile, deren erster und zweiter durch Straßburg und Basel, der dritte durch Colmar Schlettstadt Kaisersberg Mülhausen Türkheim, der vierte durch Freiburg Breisach Neuenburg Endingen gebildet war. Der Bund wurde geschlossen zum Zwecke allgemeinen Friedens in diesem Lande und auf daß Kaufmann, Pilger, Landfahrer und Kaufmannsgut sicher seien. Sein Bezirk reicht von Olten und dem Hauenstein bis zu Pruntrut und zieht sich von da zum Rotenberg und dem Grat der Vogesen nach bis Bitsch und an die Selz, auf der rechten Seite des Rheins von der obern Murg bis zur niedern Murg der Wasserscheide des Gebirgs entlang. Wird innerhalb dieses Bezirkes ein Teil oder eine Stadt angegriffen, so sollen die Andern zu Hilfe eilen; der Entscheid hierüber und die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Bundesgliedern steht bei dem aus den Räten der Städte genommenen Siebnerausschuß, dessen Sitz Breisach ist. Markgraf Bernhard, dem zunächst der Bund doch gilt, wird in dem Instrument nur insoweit erwähnt, daß die Breisgauer Städte ihn „sofern es das Reich angeht“ ausnehmen. Die Organisation des Bundes hat vor allem die Defensive im Auge; eine kriegerische Absicht macht sich nicht bemerkbar. Krieg zu führen lag auch vorderhand gar nicht im Interesse der verbündeten Städte.

Wohl aber suchten sie ihren Bund durch Herbeiziehung weiterer Genossen zu erweitern und zu stärken. Im Dezember sollten die Waldstädte zum Beitritt gebracht werden, wozu aber die Einwilligung des Herzogs Friedrich noch nicht zu erhalten war. Dagegen schlossen sich am 22. Dezember die Gräfin Verena von Tübingen-Lichteneck und ihr Sohn Graf Konrad, die Ritter Berthold von Staufen und Hanman Snewlin von Landeck sowie Heinrich und Martin von Blumeneck dem Bündnisse an.

Durch diesen Beitritt kamen heterogene Elemente in die Bundesgenossenschaft, wurden Charakter und Tendenz der Liga verschärft. Dies um so mehr, da gleich darauf, im Januar 1423, ein neuer Konflikt mit Bernhard sich erhob und rasch bedrohliche Dimensionen gewann.

Diesmal war es ein Streit Bernhards mit den Städten Freiburg, [442] Breisach und Endingen. Er warf ihnen vor, daß sie in Verletzung der goldenen Bulle markgräfliche Untertanen zu Bürgern annähmen, und wendete sich, als sie ihm von sich aus nicht willfahrten, mit heftigen Beschwerden an Basel und Straßburg. Die angeschuldigten Städte verantworteten sich und erhoben ihrerseits bittere Gegenklagen über Ungebühren der Markgräfischen, Mißhandlungen der Ihrigen, Verletzung von Verträgen. Die Städte des Bundes suchten zu vermitteln; auch der auf Alles merkende Nachbar Markgraf Rudolf mischte sich begütigend in die Sache. Aber die Zwietracht war eine zu entschiedene, die Abneigung eine zu bewußte. Zahlreiche Konferenzen fanden statt, in Lichtenau und Baden, in Breisach, in Neuenburg. Aber „je mehr wir zu Tagen kommen, je mehr und je tiefer gedenkt man uns das Unsrige abzubrechen“ klagten die Freiburger. Sie empfanden die Ueberlegenheit der fürstlichen Unterhändler, die Nutzlosigkeit dieser wiederholten Besprechungen.

So erklärt sich, daß die Städte im März 1423 den Grafen Herman von Sulz, im Juli darauf den Smasman von Rappoltstein als Hauptleute in Dienst nahmen. Im gleichen Monat Juli gediehen nun auch die Verhandlungen zum Abschluß, die über Beitritt des Pfalzgrafen zum oberrheinischen Bunde geführt worden waren. Basel hatte zu diesen Verhandlungen seinen Bürgermeister Herrn Hans Reich nach Heidelberg geschickt, und am 30. Juli wurde der Bund geschlossen. Ueber die allgemeine Bedeutung hinaus, die diesem Akte mit Rücksicht auf die Beziehungen Ludwigs zu Bernhard und die Stellung Ludwigs zu König Sigmund zukommt, liegt für uns der Wert des überaus bemerkenswerten Vorganges, der einen Kurfürsten des Reichs zum Genossen dieser Städte machte, darin, daß er den Charakter des Bundes nochmals verschob. Der Bund war nun vollends kein Städtebund mehr und die in ihm angesammelte Opposition gegen Bernhard erheblich stärker geworden.

Alles drängte von jetzt an zum Entscheid. Sigmund freilich versuchte diesen noch aufzuhalten. Aus Ungarn, wo er zur Zeit verweilte, sandte er Boten um Boten an den Oberrhein, untersagte den Städten ausdrücklich jede Befehdung Bernhards, da dies dem großen Reichsunternehmen gegen die Hussiten schaden könnte, und mahnte zum Frieden. Die Städte schienen hierauf eingehen zu wollen; sie ließen den gewandtesten Unterhändler, den sie für diese Angelegenheit besaßen, Henman Offenburg von Basel, nach Ofen zum König reiten, um diesem ihre Absichten als gute darzustellen. Die Wirkung war die gewünschte: Sigmund zweifelte nicht mehr an einer gütlichen Lösung und forderte die Städte wie den Markgrafen zur Annahme [443] des ihm durch Offenburg vorgewiesenen Friedensentwurfes auf. Jedenfalls wurde Zeit für die Kriegsvorbereitungen gewonnen, was die Absicht gewesen zu sein scheint. Zu diesen Vorbereitungen gehörte auch noch eine Erweiterung des Bundes.

Am 6. April 1424 trat ihm die Stadt Ober-Ehnheim bei, am gleichen Tage, und dies ist das Wichtige, die Herzogin von Oesterreich, Katharina von Burgund.

Hier sind einige Bemerkungen über diese verschiedenen nachträglichen Erweiterungen des Bundes von Nöten. Bei allen bildet der Komplex der seit Beginn verbündeten Städte den Grundstock. Mit diesem und nur mit diesem verbünden sich die neu Hinzutretenden. Der Pfalzgraf wird Bundesgenosse der Städte, aber nicht des Grafen von Tübingen, Herzogin Katharina Bundesgenossin nicht des Pfalzgrafen. Rechte und Pflichten der neuen Genossen bestehen nur zwischen diesen und den Städten. Der Pfalzgraf bildet bei seinem Eintritt einen neuen selbständigen Teil neben den alten Teilen der Liga und nimmt die bestehende Organisation an, nur daß der Bezirk, innerhalb dessen gegenseitig Bundeshilfe zu leisten ist, erweitert wird. Ganz anders Katharina: sie tritt in den Bund ein, indem sie sich in der von Basel Teil begibt; sie verzichtet auf eigene Vertretung im Siebnerausschuß und auf selbständige Befugnisse in betreff der Mahnung zur Hilfe. Ihr Beitritt führt dem Bunde ihre namentlich aufgeführten Städte, Schlösser und Amteien Ensisheim, Thann, Masmünster, Altkirch, Dattenriet, Blumenberg, Belfort, Pfirt, Rosenfels und Landser zu, verpflichtet die Verwalter und Beamten dieser Herrschaften im einzelnen auf den Bund.

Jedenfalls hat vor allem Basel hiefür gearbeitet. Es entsprach dies seinem Interesse. Es übernahm die Vertretung der Herzogin im Bunde, und nach Abschluß des Bundes ritten seine Gesandten, Götzman Rot und Ulman Imhof, bei den Bundesstädten herum, um die Besiegelung der Urkunde zu bewirken.

Am 8. Juni wurden auf dem Schlosse zu Baden die Fehdebriefe abgegeben, in denen die Verbündeten, und zwar Pfalzgraf Ludwig und die Breisgauer Städte als Hauptgegner, Basel, Straßburg und die elsässischen Reichsstädte als deren Helfer, dem Markgrafen den Krieg erklärten.

Schon zwei Tage darauf, am Pfingstsamstag 1424, zogen die Basler Truppen ins Feld. Sie zählten zweihundertfünfzig Berittene unter dem Altbürgermeister Herrn Burchard zu Rhein, siebenhundertfünfzig Mann zu Fuß unter Balthasar Rot und Eberhart Ziegler. Bannerherr war Heinrich von Bisel.

[444] Der schwere Wagenpark, aus den zwei größten Büchsen, einer neugezimmerten Wurfmaschine, zahlreichen Karren und Werkzeugen bestehend, unter den Befehlen des Engelfrit Scherer, wurde mit den Büchsenmeistern und ihren Knechten in acht Schiffen auf dem Rheine nach Straßburg gesandt, um von dort aus vor die Schlösser Bernhards geführt zu werden. Die Truppen aber zogen auf dem rechten Rheinufer das Land hinab.

Unterwegs stießen die Breisgauer unter dem Grafen Herman von Sulz zu ihnen, und am 12. Juni geschah durch diese vereinigte Macht der erste Schlag, der zugleich der einzige wirklich erhebliche und für den Gegner dauernd empfindliche sein sollte. Sie verbrannten Emmendingen, das, vor wenigen Jahren erst mit Marktrecht versehen, durch Bernhard zur Stadt und zum Centrum seiner neuerworbenen Gebiete Hochberg und Höhingen bestimmt worden war, und schleiften die jungen Stadtmauern. Nachdem sie überdies einige in der Nähe, am Fuße des Kaiserstuhls gelegene Dörfer, Ihringen, Achkarren, Bahlingen und Malterdingen, zur Unterwerfung und Huldigung gezwungen hatten, zogen sie weiter landabwärts, ihren Alliierten entgegen. Diese waren, der Pfalzgraf von Norden her, die Straßburger über die Rheinbrücke bei Kehl, in das Land eingefallen. Dem so von allen Seiten drängenden gewaltigen Ansturm schien Bernhard unmöglich widerstehen zu können. An seinem Untergang war nicht mehr zu zweifeln; jetzt endlich konnte mit ihm über so Vieles abgerechnet werden.

Bei Neuburgweier (nördlich von Rastatt) trafen die Verbündeten zusammen. Aber nicht, um nun vereint einen Hauptschlag zu führen. Vielmehr begannen hier, während die Reiterei das Land ringsum durchstreifte, Rastatt und viele andere Dörfer in Brand aufgingen, sofort sehr ernsthafte Beratungen. Das Unnatürliche dieser fürstlich-städtischen Allianz, überdies die Zerfahrenheit und das Ungeschick in der Kriegführung machten sich schon geltend, noch ehe der Krieg recht begonnen hatte, und merkwürdig rasch gewann die Gegenströmung den Sieg.

Es waren Unterhändler im Lager. König Sigmund hatte eingegriffen, weil er, nicht nur seiner verschiedenartigen Beziehungen zu Bernhard und zum Pfalzgrafen wegen, sondern auch aus seinen schweren Sorgen um die böhmische Sache heraus dringend wünschen mußte, daß dieser Streit am Oberrhein so bald als möglich zur Ruhe komme; er hatte eilends seine Gesandten hingeschickt, den Erzbischof von Köln, den Bischof von Würzburg, den Grafen Albrecht von Hohenlohe. Diese waren nun an der Arbeit, und die Städter konnten merken, daß die großen Herren unter sich allein die Sache zu erledigen trachteten, sie selbst aber bei Seite stehen blieben. [445] Schon verlautete ihnen gegenüber, daß man bei Abschluß eines Friedens keinen Ersatz der Kriegskosten von Bernhard verlangen dürfe; er sei schon schwer genug geschädigt. Ueberall, bei den Herren im Gefolge des Pfälzers wie bei Graf Herman von Sulz, dem Hauptmann der Breisgauer, wurde das Standesgefühl rege; man gab den Städtern zu verstehen, daß nur sie und ihre Hartköpfigkeit baldigem Frieden entgegenstünden; so sollten denn auch sie die schlimmen Folgen tragen. Zu solchen Verdrießlichkeiten kamen nun noch mancherlei Beschwerden äußerer Art. Durch Sperrung des Rheines hatte Markgraf Bernhard den Wassertransport der großen Büchsen unmöglich gemacht, und die gesamte umfangreiche Artillerie mußte auf den schlechten Landwegen herbeigeschafft werden. Der Stolz der Basler, ihr neues „Gewerf“, eine kunstreiche Schleudermaschine, war dabei in Straßburg liegen geblieben, samt vielen Büchsensteinen. Auch mangelte es an Proviant, weil das Land weitherum ausgebrannt und ausgeplündert war. Nur die Straßburger hatten Vorräte mitgebracht; aber daß sie aus diesen um gutes Geld Jedem gaben, nur keinem Basler, offenbart Zerwürfnisse, die der städtischen Sache schwer schadeten; das Kriegsvolk der beiden Städte kam hierüber beinahe ins Schlagen, und der Pfalzgraf mußte Ruhe schaffen.

Während so im Lager die Boten hin und her gingen, auf der einen Seite die Fürsten, auf der andern die Bürgerlichen zusammensaßen, jeden Tag Meldungen von draußen einlangten, darunter wiederholte, immer schlimmer lautende Alarmnachrichten aus dem Sundgau über Truppensammlungen des Prinzen Ludwig von Chalon, erhob man sich doch noch am 24. Juni zu einer gemeinsamen Aktion. Man cernierte das in der Nähe gegen den Rhein hin gelegene Wasserschloß Mühlburg und begann es zu beschießen. Auf Seite Basels gab sich der erprobte Büchsenmeister Lamprecht alle Mühe; aber es fehlte ihm an Wurfsteinen. Und da sich auch die Belagerten, „fromme feste Leute aus Schwaben“, tüchtig wehrten, zog sich die Sache tagelang hin und blieb zuletzt ohne Erfolg. Zur Eroberung kam es nicht. Wohl aber brachten die Vermittler unter den Mauern des Schlosses den Frieden zu stande. Am 3. Juli 1424 wurden die Dokumente ausgefertigt.

Der Krieg, den dieser Friede schloß, hatte mehr bedeutet als bloß eine Strafexekution gegen einen lästigen Störenfried. Er war der Austrag einer großen Konkurrenz; im Ringen nach einer höhern und mächtigeren Existenzform mußten Territorialfürst und Stadtstaat notwendig aufeinanderstoßen. Deutlich tritt dies aber nur in den Anfängen zu Tage, bei der [446] Bildung der städtischen Liga; das Hinzutreten von Fürsten zu diesem Bunde, insbesondere der Beitritt des Pfalzgrafen, verwischte die ursprüngliche Idee und bewirkte, wie die Folge zeigte, statt der erhofften Stärkung der städtischen Sache das Gegenteil. Zwar ließen sich noch wenige Tage vor dem Frieden die Freiburger, die überhaupt die entschlossensten unter den Alliierten gewesen zu sein scheinen, in einem Briefe an Solothurn folgendermaßen vernehmen: „Es ist nötig, daß alle Städte zusammenhalten. Denn gewinnen wir diese Sache gegen den Markgrafen, was, so Gott will, geschehen soll, so ist das ein solcher Anfang, daß dadurch unsres Bedünkens alle Städte und ehrbaren Leute an Ehre und an Gut zunehmen und wachsen sollen.“ Dem entsprach doch der Erfolg nicht. Bernhard blieb in der Hauptsache, was er war, und, was uns hier am nächsten liegt und einzig angeht, Basel erhielt im Frieden keineswegs den verlangten Ersatz des Schadens von Beinheim und Breisach zugeteilt, sondern nur die Aussicht auf Entscheid der Sache durch ein von beiden Parteien zu bestellendes Schiedsgericht.

Als die Basler jetzt heimzogen, konnten sie sich an die Gemarer Expedition von 1403 erinnern. Auch dort waren sie als Alliierte des damaligen Pfalzgrafen, der zugleich König gewesen war, gegen Bernhard ins Feld gerückt und hatten mit allen ihren Aufwendungen nichts erzielt. Jetzt stand die Sache nicht wesentlich besser. Die Ruinen von Emmendingen, an denen sie der Heimweg vorbeiführte, boten freilich Genugtuung; aber doch viel weniger ihnen, als den Freiburgern.

Aber in Breisach kam ihnen ein Eilbote des Basler Rates entgegen mit der Meldung, daß Prinz Ludwig von Chalon, von dem ja im Mühlburger Lager allezeit die Rede gewesen war, sich mit einem Heere vor Belfort und Dattenriet gelegt habe und diese beiden Städte einzunehmen drohe, und daß der Bund durch Herzogin Katharina zur Hilfe gemahnt worden sei. In Basel selbst sei man auf diesen Ruf hin mit möglichst großer Macht von allen Zünften und Gesellschaften, sowie unter Zuziehung von Truppen aus den Aemtern und der Herrschaft Ramstein gegen die Wälschen ausgerückt. Der Bote überbrachte den von Mühlburg Heimkehrenden den Befehl, sich den von Basel Ausgezogenen anzuschließen, und so überschritten sie denn, und zwar mit den Baslern wohl auch die Breisgauer, bei Breisach den Rhein; sie zogen dem Dorfe Hirsingen bei Altkirch zu, um dort mit der Basler Abteilung zusammenzutreffen. Aber schon unterwegs erhielten sie die Nachricht, daß Chalon die Belagerung aufgehoben u.And sich zurückgezogen habe.

[447] Die von zwei Seiten gegen ihn anrückenden Gewalthaufen waren ihm zu viel. Wenn er seinem Alliierten Bernhard hatte beispringen wollen, so war seine Absicht jedenfalls nur gewesen, dies durch die übliche Verwüstung des Landes, durch Kleinkrieg und Plänkeln zu tun. Auf eine Feldschlacht aber war er nicht eingerichtet. So wich er denn eilends davon, und seine Gegner waren weiterem Vorrücken überhoben. Die Breisgauer kehrten auf dem gleichen Wege wieder zurück; die Basler schwenkten links ab und ihrer Stadt zu. In Folgensburg stießen sie zu den von Hirsingen Heimmarschierenden; am Nachmittag des 13. Juli zog die gesamte Streitmacht wieder in Basel ein.

Was nun als Ergebnis dieses Krieges für Basel noch ausstand, war der Spruch des Schiedsgerichts über die Vorfälle von Beinheim und Breisach. Aber damit hatte es vorerst gute Weile. Es wurde November, bis der Obmann in der Person des Grafen Hans von Lupfen gefunden war, und bevor er seinen Spruch fällen konnte, hatten die Schiedsrichter von jeder Partei, die „Zusätze“, ihren Befund einzureichen. Und unterdessen gährte es immerzu von neuen Kriegsgedanken. Die antibernhardinische Liga bestand noch immer; sie hatte sich sogar noch erweitert, im Oktober 1424 durch Beitritt des Abtes von Murbach; und ihr gegenüber sammelte der Markgraf aufs neue seine Kräfte. Zwischen alle dem aber vom fernen Könige her wiederholte und energische Warnungen, den Frieden zu brechen, oder auch an die bei Hofe weilenden Städteboten aus des Königs Munde selbst ein paar heftige Reden, daß er Jedermanns Feind sein werde, der sich gegen den Markgrafen setze. Dies hinderte freilich nicht, daß man beiderseits derselbe blieb. Im Oktober 1425 schlossen Bernhard, Ludwig von Lichtenberg und Bischof Wilhelm von Straßburg eine Landfriedenseinung gegen die Stadt Straßburg, und zwei Monate später trat auch Herzog Karl von Lothringen diesem Bunde bei „gegen die Städte, die sich gegen den Adel und die Ritterschaft stellen“. Das notwendige Gegenstück hiezu war dann im Januar 1426 eine ausführliche Beredung des Pfalzgrafen mit den Städten der Liga über einen kriegerischen Einfall in die Markgrafschaft.

Zur gleichen Zeit verlautete allenthalben wieder etwas vom Plan einer großen burgundischen Invasion an den Oberrhein; und den Krieg gegen Diebold hatte Basel kaum erst durchgefochten. Es war eine Zeit, die auf ungewöhnliche Weise in Ansprach nahm; den großen Bewegungen und Gedanken gegenüber, die sie erfüllten, mochten die Angelegenheiten Beinheim und Breisach allerdings zurücktreten. Aber auch sie mußten ausgetragen werden. Im Februar 1426 erfolgten die Sprüche der Zusätze, [448] durch Jeden natürlich im Sinne seiner Partei, und der Obmann hatte nun zu entscheiden, welche Seite den besseren Spruch getan habe.

Bis dahin aber sollte noch mehr als ein Jahr vergehen, und wie im übrigen die Gegner dachten, konnten inzwischen die Städte wieder inne werden. Unversehens am 10. Dezember 1426 fiel der junge Markgraf Jacob, Bernhards Sohn, in das Gebiet der Stadt Freiburg ein, verbrannte dem Schnewlin von Landeck einige Dörfer, erschlug und nahm gefangen, was ihm von Bauern in den Weg lief, und ehe die erschreckten Städte mit ihren eilends aufgebotenen Truppen zur Stelle waren, war er schon wieder davon. Es begann nun natürlich ein Ratschlagen und Unterhandeln ohne Ende, das uns aber hier nicht berührt.

Im April 1427 endlich kam der Graf von Lupfen dazu, sein Urteil zu fällen. Der Spruch der markgräflichen Zusatzleute ging hinsichtlich des Beinheimer Streites in der Hauptsache dahin, daß Bernhard den Angriff getan habe in Vergeltung des durch Basel ihm im Städtekrieg zugefügten Schadens, daß ferner das Landfriedensurteil von 1392, auf das sich Basel immer noch berief, gar nicht zu Recht bestanden und daß endlich Basel das durch den Wormser Frieden von 1403 ihm gewiesene Mittel des Schiedsverfahrens vor König und Kurfürsten zu ergreifen versäumt habe; die Sache sei als gesühnt und abgetan zu betrachten. Bei Breisach aber habe Bernhard das gestrandete Gut als Landvogt und auf königlichen Befehl zu Händen genommen und sei daher der Stadt keinen Ersatz schuldig. Die Zusätze Basels vertraten demgegenüber die Ansprüche auf Schadensersatz, unter Berufung auf rechtskräftiges Urteil und königliche Freiheit. Der Obmann aber entschied, daß die Zusätze des Markgrafen „im rechten den glichren spruch“ getan hätten. Und zwar in beiden Fällen. Basel war mit seinen Forderungen durchaus und nunmehr definitiv abgewiesen.

Die unmittelbare materielle Schädigung, die sich hieraus ergab, war freilich zunächst nur Sache der betroffenen Kaufleute und mochte von diesen, die kaum mehr im Ernste auf Ersatz gehofft hatten, nach Belieben verrechnet werden. Für die Stadt als solche war das Wesentliche die bittere Demütigung, die in diesem Ausgange des Streites lag.