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breisgauischen Landvogtei 1417. Von Sigmund erhält er 1418 den Auftrag, den vom neuen Papst Martin ihm bewilligten Königszehnten in den Bistümern Konstanz, Basel und Straßburg einzukassieren; in Ausführung der Nürnberger Reichstagsbeschlüsse 1422 hat er für den Kreuzzug gegen die Husiten von allen Juden in Schwaben, am Bodensee, in der Schweiz und rheinabwärts den dritten Pfennig zu erheben.

Was Bernhard bei solchen Geschäften und als Breisgauer Landvogt unternahm, geschah, wie es hieß, stets nur im Namen und zum Nutzen des Reiches. Aber der Impuls zum Eingreifen und selbst Uebergreifen bei Wahrung landvögtlicher Befugnisse ging jedenfalls nicht vom Landvogt, sondern vom Markgrafen aus; die Griffe waren geleitet durch Absichten und Antipathien des Territorialherrn, nicht des Reichsbeamten.

Mit aller Klarheit zeigt sich dies bei der zur Celebrität gewordenen „Breisacher Grundruhr“ von 1420. Der Vorgang war folgender: ein durch Uli Eberhard aus Basel, einen der großen Spediteure jener Zeit, mit Buchs aus der Provence, durch den Straßburger Friedel von Säckingen mit mailändischen Barchenttüchern und geschlagenem Messing in hohem Wert befrachtetes Schiff stieß im Frühjahr 1420 bei der Talfahrt unter der Breisacher Rheinbrücke auf einen im Wasser stehenden alten Pfeilerrest. Der Schiffer ließ sein schwer beschädigtes Fahrzeug, um nicht unterzugehen, auf einer Kiesbank nahe dem Ufer landen, worauf der Vertreter Bernhards das Strandrecht, die Grundruhr, geltend machte und die ganze kostbare Ladung an sich nahm. Das Recht der Grundruhr stand dem königlichen Landvogt allerdings unbestreitbar zu; aber die beiden Städte machten dem gegenüber die Privilegien geltend, die den Baslern 1357 durch Karl IV., den Straßburgern 1235 durch Friedrich II. erteilt worden waren und sie für den ganzen Lauf des Rheines von der Grundruhr befreiten. Sie verhandelten hierüber mit dem Markgrafen, aber wie es scheint nicht direkt und nachdrücklich genug mit dem König selbst. Der Letztere, weit weg in Böhmen weilend und offenbar nur durch Bernhard von der Sache verständigt, ließ diesen vorgehen und die arrestierten Waren versilbern; als Erlös erhielt er später die Summe von zweitausendsiebenunddreißig und dreiviertel Gulden durch Bernhard ausbezahlt, während einer der Geschädigten, Friedel von Säckingen, geltend machte, daß die Waren zehnmal mehr wert gewesen seien.

Das Verfahren Bernhards wird wohl richtig verstanden, wenn wir annehmen, er habe sich nicht auf das Landvogteirecht nur um dieses Rechtes willen versteifen, vielmehr die ihm widerwärtigen Städter treffen wollen, und lediglich auch hier nur das System der Rheinzollpolitik zur Anwendung

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 438. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/457&oldid=- (Version vom 1.8.2018)