W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen/Erste Abtheilung W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen/Erste Abtheilung (1840) von Georg Christoph Lichtenberg, Franz Kottenkamp
Lebensgeschichte Hogarths
Vorrede von G. C. Lichtenberg
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Lebensgeschichte Hogarth’s.




Im Beginn des vergangenen Jahrhunderts hielt man im Auslande die Briten, und diese sogar sich selbst, für durchaus unproduktiv und sogar für unempfänglich in Betreff der bildenden Künste, in derselben Weise, wie dies jezt hinsichtlich der Musik ziemlich allgemein der Fall ist, als ob eine Nation, welche einen Shakespeare und Milton hervorgebracht und während des Mittelalters in einem der schönsten gothischen Style baute, des Sinns für die Schönheit der äußeren Form entbehrte. Verschiedene Anregungen, besonders in Betreff der Malerei, die freilich nicht von der Nation, sondern nur von oben her ausgingen, und somit, wenn irgend eine Wirkung überhaupt darauf gefolgt wäre, vielleicht nur eine Treibhauspflanze, wie in andern Ländern, hätten erzeugen müssen, waren spurlos vorübergegangen, und hatten theilweise sogar eine Abneigung desjenigen Theils vom Volke zur Folge gehabt, welcher den Erfolg und die Früchte einer jeglichen Richtung zu bestimmen pflegt. Abgesehen von der späteren Entwicklung des aus Italien hervorgegangenen neueren Lebens in England und Schottland[1] kamen noch andere Zeitverhältnisse hinzu, um die Fortschritte der bildenden Künste dort hemmend aufzuhalten. Heftig bewegte Zeiten sind ihrer Ausbildung nirgends günstig. Die religiöse Reibung unter Maria und Elisabeth, der muthige Thatendrang der Nation nach Außen und der Beginn des inneren politischen Widerstandes unter letzterer Königin, vielleicht auch wohl die damals aus der Nation hervorgegangene, wahrhaft nationelle und fruchtbare Richtung der Poesie – Alles Dies verwischte jegliche Spur des Geschmacks an bildender Kunst, welchen Holbein’s ausgedehnte Thätigkeit am Hofe Heinrichs VIII., so wie auch die Liebhaberei einzelner [II] Großen, welche die italienische Bildung sich vollkommen angeeignet hatten (z. B. des Cardinal de la Poole, Thomas Morus u. s. w.), bei der Nobility und Gentry bewirkt haben konnten, Unter Jakob I. begannen darauf jene nachdrücklicheren politischen Kämpfe, welche zur Zeit der Thronbesteigung seines Sohnes bereits eine solche Höhe erreicht hatten, daß Einzelne schon damals die Ereignisse ahneten, welche die Monarchie für den Augenblick stürzten, und die später eine mehr gesicherte Grundlage der englischen Freiheit erbauten. Damals bot sich in England eine zweite und noch größere Gelegenheit für die Aufregung des Geschmacks zur bildenden Kunst. Jener durch eigene Thorheit und Unzuverläßigkeit so unglückliche König, welchem die damaligen Monarchien von Spanien und Frankreich für die Muster eines trefflichen Staates galten, glaubte sowohl in dem Glanze, welchen eine liberale Unterstützung der bildenden Kunst und die Ausschmückung von Palästen durch die Anwendung derselben verleihen, ein Mittel zur Verherrlichung seines Thrones zu sehen, wie er auch selbst in dieser Hinsicht einen geläuterten Geschmack und ein feineres Gefühl besaß. Seine Liebhaberei an Kunstwerken brachte eine Gallerie zusammen, welche damals für die erste in Europa galt, und sogar durch Vollständigkeit wie durch Auswahl die italienischen übertraf. Geschenke von Gemälden waren sogar häufig Mittel, ihn zu bestechen, wodurch er zum Aerger der Nation z. B. vom Cabinet in Madrid zu unpopulärer Politik, wie in der Angelegenheit seines Schwagers, des Kurfürsten von der Pfalz, verleitet wurde. Während er aber seine unschuldigste Neigung, sein Gefühl für bildende Kunst, zu befriedigen suchte, geschah dies auf solche Weise, daß seine Liebhaberei, und somit die Kunst selbst, der Nation verhaßt werden mußte. Als er die Grundgesetze des Reiches zu verletzen wagte, um bei seiner Neigung zur unumschränkten Regierung Abgaben ohne Bewilligung des Parlamentes, zur Befriedigung der Bedürfnisse seines prächtigen Hofes und seiner gewaltthätigen Regierung, zu erheben, bezahlte er die für damalige Zeiten sehr beträchtliche Summe von 80,000 Pf. für die Gemäldesammlung der Gonzagas, der Herzöge von Mantua, eine Summe, die er unter dem Namen des Schiffs- und Tonnengeldes von der Nation nur widerrechtlich durch den Beistand gewissenloser und selbstsüchtiger Richter, so wie durch die Gewaltthätigkeit serviler Beamten erheben lassen konnte. Während die Schatzkammer unzureichend war, um die dringendsten Staatsbedürfnisse zu befriedigen, wurde Van Dyk glänzend besoldet und belohnt; während die Flotte verfiel, erhielt Admiral Digby den Auftrag, keine Kosten zu sparen, um antike Skulpturen im alten Griechenland einzusammeln. Es war somit ganz natürlich, daß der Geschmack an Kunstwerken der Nation bald verleidet war.

Außerdem kam noch ein anderer Anlaß zu letzterem Umstand hinzu. Der erbärmliche Günstling des Königs, Georg Villiers, den dieser zum Herzog von Buckingham machte, verwandte den größten Theil der Summen, die er der Nation gestohlen oder womit er sich bestechen ließ, auf den Ankauf einer kostbaren Sammlung, worunter die Privatgallerie von Rubens. Andere Peers von der Hofpartei ahmten ihren Herren nach, stürzten sich dabei, wie Graf Arundel, in Schulden, und suchten dagegen die Bürger der City, mit denen sie zu thun hatten, um ihre Forderungen zu betrügen. Endlich kam jener strenge und in Hinsicht der religiösen Form unerbittliche Geist der Nationalpartei hinzu, welche in Kurzem die Oberhand erlangte. Bekanntlich war die Masse der Opposition, vom calvinistischen Presbyterianer an bis zum republikanischen Independenten, eben so wohl gegen die servile und intolerante Hochkirche, wie gegen [III] jegliche Form erbittert, welche nur im entferntesten eine Erinnerung an den Katholicismus bot. Somit war ihr die altitalienische Kirchenmalerei als Götzendienst eben so verhaßt, wie das Chorhemd, die Litanei und die Bischöfe der anglicanischen Geistlichkeit. Kurzum, man braucht sich nicht zu wundern, daß Alles, was der König für die bildende Kunst gethan hatte, spurlos vorüberging. Seine Sammlung ward nach seiner Enthauptung verkauft, ein Verlust für die Nation, den sicherlich die meisten Briten jetzt bedauern, und nur ein Juwel derselben, die berühmten Cartons von Rafael, wurde durch den Einfluß Cromwell’s, welcher, ungeachtet der eigenen Vorurtheile seiner Zeit, ein freieres Urtheil besessen zu haben scheint, für den Staat gerettet.

Als die Republik, so wie das Protectorat, und mit ihm die puritanische Strenge verschwunden war, eröffneten sich dennoch während der Restauration keine günstigen Aussichten für die Kunst. Diese gerieth schon überall in Verfall. Die Mutterschulen verloren ihre Eigenthümlichkeiten, die religiöse Malerei war verschwunden, denn ihr fehlte der lebendige Glaube, die Genremalerei wurde in’s Gemeine herabgezogen, die Technik vernachläßigt; einzelne studirte Formen vertraten die Stelle der Naturnachahmung, das Manierirte die des Selbstständigen, üppige Weichheit die der Kraft und wahren Schönheit. Letztere Richtung eignete sich besonders für die verdorbenen und entnervten Sitten des damaligen Hofes, so wie der ganzen herrschenden Partei, und fand in dem bekanntesten englischen Maler jener Zeiten, Sir Peter Lely, dem Hofmaler (Sergeant painter) des Königs, ihren Repräsentanten. Durch eine leichte und gefällige Darstellung weiblicher Reize bestach dieser zwar das Auge, malte jedoch das schwammige Fleisch mit besonderer Vorliebe zu üppigen Motiven, welches bald in den meisten Schulen neben der geistlosen akademischen und geschulten Manier allgemein ward. Bei ihm war die Portraitmalerei, mit Ausnahme üppiger Sujets, z. B. einer Susanna im Bade, der einzige Kunstzweig, den er pflegte, der jedoch nie darauf hinwirken kann, bei der größeren Masse Geschmack und Sinn für Malerei zu erwecken. Sein Nachfolger in seinem Amte, Sir Godfrey Kneller, ward noch weniger beachtet. Er malte (unter Wilhelm III.) die bestellten Portraits förmlich fabrikartig, und lieferte nur wenig Werke, die auch als jene besondern Werth besitzen. Dessen Nachfolger endlich unter der Königin Anna und Georg I., Sir James Thornhill, war ein trockener und geistloser Akademiker, dessen Verstand man schon daraus erkennen kann, daß er die Kuppel im Matrosenhospital von Greenwich mit mythologisch-allegorischen Figuren bemalte. Leerer Idealismus vertrat bei ihm die Stelle der Natur. Ein berühmter Kunstkenner unserer Zeiten, G. F. Waagen, sagt über sein beinahe am meisten bekanntes Werk, die Copieen der Rafaelschen Cartons: „diese geistlosen, mechanischen, einförmigen Abschriften machen einen todten, maskenhaften Eindruck!“ ein Ausspruch, der seine ganze Kunst charakterisiren mag, – Kurzum, in den ersten 30 Jahren des vergangenen Jahrhunderts befand sich die Kunst, der Nation gegenüber, auf derselben Stufe, wie sie die Restauration angetroffen hatte, d. h. ungepflegt und unbeachtet, bis Hogarth durch die Erfindung einer neuen und populären Art, welche unmittelbar in’s Leben eingriff, nicht allein ein lebhaftes Interesse für sie erregte, sondern auch zugleich eine Richtung angab, welche seine Landsleute bis auf gegenwärtige Zeit, als ihnen eigenthümlich, oft mit bedeutendem Erfolge eingeschlagen haben. Von dort an beginnt die englische Kunst, indem schon gleichzeitig mit Hogarth auch andere Zweige derselben behandelt wurden. Nachfolger betraten die von ihm gebrochene Bahn, und erreichten schon zu einer Zeit, wo sich die Kunst auf dem Continente noch [IV] nicht von den hemmenden Fesseln der akademischen Manier losgemacht hatte, eine der höheren, wenn auch keine der höchsten Stufen. In unseren Zeiten wurde sie weiter fortgebildet, und mag vielleicht in Zukunft eben so hoch stehen, wie einige Mutterschulen des Festlandes. Es fehlt wenigstens nicht an einer Hauptbedingung, an dem Geschmack der Großen und Reichen für bildende Kunst und der damit zusammenhängenden Beförderung ihrer Ausübung.

Hogarth’s Blütezeit war überhaupt der bildenden Kunst nicht ungünstig. Die Nation, unter dem Schutz ihrer durch die Revolution erworbenen Institutionen, entwickelte sich frei und ungehindert. Die gewaltthätige Parteiwuth, welche bei dem Regierungsantritt Georgs I. durch Aufregung des Pöbels die Verfassung zugleich mit der Whig-Partei in Gefahr brachte, war nach einer mißlungenen Empörung der Jakobitenpartei wenigstens in England verschwunden; dem bestehenden Zustande drohte kein Umsturz, wie auch der klägliche Ausgang des schottischen Aufstandes von 1745 bewies. Parteikämpfe fanden nur in den gesetzlichen Schranken statt; die Whig-Regierung von Walpole u. s. w., obgleich durch Corruption unmoralisch, war wenigstens liberal im Innern; die Nation war durch ihre Industrie und ihren Handel in allen Welttheilen unter dem Schutz einer übermächtigen Flotte bereits zur reichsten von ganz Europa geworden; ihre Bildung stand schon lange Zeit auf dem Punkte, wo ein geistiger Genuß neben dem materiellen, den der Reichthum gewährt, gesucht und damit verbunden wird; einzelne Große, z. B. der Minister Sir Robert Walpole, hatten somit Kunstsammlungen angelegt, woran britische Maler Anregung und Bildung finden konnten; Andere, wie dessen Sohn, Horace Walpole, in etwas späterer Zeit, suchten durch Schrift und Beispiel den Geschmack an bildender Kunst bei ihren Landsleuten zu erwecken. Seit Swift und Addison entwickelte sich in der Prosa, durch eine ungehemmte Preßfreiheit befördert, jener heitere Humor, welcher überall dem ernsteren Charakter zur Folie dient. In jene Zeiten fallen die zahlreichen humoristischen Schriften von Swift, Fielding, Sterne, Smollet u. s. w., welche man sicherlich so lange mit Vergnügen lesen wird, wie die englische Sprache bekannt bleibt. Von derselben Gattung und aus demselben Humor hervorgegangen, und somit nationell, war die von Hogarth geschaffene Malerei, die ziemlich allgemein mit dem Namen der moralisch-humoristischen oder moralisch-comischen (The Moral-comic) bezeichnet wird, und die sich zur Historienmalerei bei genauer Nachahmung der Natur in derselben Weise verhält, wie das bürgerliche Schauspiel zur Tragödie. Daß übrigens eine genaue Verwandtschaft zwischen der genannten Literatur und Hogarth’s Kunstproducten stattfand, würde man schon der Sache nach leicht vermuthen können, wenn dies auch Fielding in seinem Tom Jones an verschiedenen Stellen nicht ausdrücklich sagte, indem er erklärt, mehrere Charaktere seines Romans seien identisch mit einzelnen Figuren auf den Blättern seines Freundes Hogarth.

Als die charakteristischen Merkmale der von Hogarth neu erfundenen Gattung fallen die getreuen und treffenden Darstellungen der Abhängigkeit des Menschen von Leidenschaften und Gewohnheiten in die Augen, und zwar stets in dramatischer Composition, welche häufig in einer Reihe von Blättern die Handlung in ihrem Zusammenhange darstellt. Die zweite Hogarth eigenthümliche, hauptsächlichste Eigenschaft besteht in der genauen und sorgfältigen Ausführung aller zahlreichen Staffage, in Uebereinstimmung mit dem Hauptzweck, ein Punkt, der einen starken Gegensatz mit der Historienmalerei in’s Auge stellt; während bei letzterer die kleineren, unbedeutenderen [V] Zuthaten die Aufmerksamkeit des Beschauers von den Hauptfiguren nicht ablenken dürfen, um dadurch die Kraft des Ganzen zu vermindern, so weist eine Mannigfaltigkeit von häuslichen Bildern bei Scenen des gewöhnlichen Lebens auf den Zweck hin, einen höheren Grad der Wahrscheinlichkeit dem Ganzen zu ertheilen, – Hogarth war wenigstens der Erste, welcher alle drei Punkte in größerer Ausdehnung consequent zur Ausführung brachte. In den früheren Malerschulen war dies, sowohl in der Wahl der Motive, wie in der Ausführung nie geschehen. Nur der niederländische Maler Jan Steen, der alle übrigen Künstler jener Schule wenigstens an Humor und Erfindungsgabe übertrifft, hat einige Stücke geliefert, welche an diese Manier Hogarth’s hinanstreifen[2]. Dies letztere ist vielleicht zugleich ein Grund, weßhalb die Engländer nach ihrer nationellen Gemüthsrichtung eine besondere Vorliebe für diesen Maler hegen, und häufig Stücke von ihm zu unverhältnißmäßig hohen Preisen ankaufen.

Was die Persönlichkeit des Schöpfers dieser Gattung betrifft, so gereicht es Hogarth um so mehr zur Ehre, daß er bei vielem Ungemach seine ganze persönliche Stellung und sogar seine Meisterschaft in der Kunst durch eigene Kraft und ohne alle Unterstützung erwarb. Er war von niederer Geburt und ohne Vermögen aus einer englischen Bauernfamilie in Westmoreland entsprossen, und zwar der Sohn eines Schulmeisters, der sich nach London gezogen hatte, und neben seiner Schule für Lesen und Schreiben zugleich seinen Unterhalt in der niederen Stellung eines Correctors für die Presse erwarb. Dort wurde Hogarth 1698 geboren. Sein Vater besaß zu wenig Vermögen, um ihm eine bessere Erziehung geben zu lassen; er ward zum Handwerker bestimmt, und in früher Jugend bei einem Goldschmied in die Lehre gegeben, wo anfangs seine einzige Unterweisung im Zeichnen nicht der Art war, um sein Talent besonders zu befördern. Er mußte nämlich ausschließlich Wappen darstellen, und lernte nichts weiter für seine spätere Kunst, als das Graviren. Nach Vollendung seiner Lehrlingszeit scheint er von jenem erlernten Handwerk lange Zeit gelebt und seine Ersparnisse auf das Erlernen des Zeichnens und Kupferstechens verwandt zu haben. Im Malen hatte er nie methodische Anweisung gehabt, sondern nur [VI] durch Zuschauen an der Staffelei und durch Nachübung in seiner Wohnung die Fertigkeit mit dem Pinsel, die Behandlung der Farben u. s. w. sich angeeignet. Man sieht hieraus, seine Jugend ging ohne Freuden vorüber und seine Zeit war fast immer zwischen Arbeit und nothwendige Ruhe getheilt. Seines Talentes muß er sich jedoch vollkommen bewußt gewesen sein, und scheint mit der bei den Engländern nicht ungewöhnlichen Consequenz beharrlich zu einem Ziele hingestrebt zu haben, das er bei seiner persönlichen beschränkten Lage nur spät erreichen konnte. Ersteres erhellt wenigstens aus einer von Horace Walpole (Earl of Orford) und Nichols mitgetheilten Anecdote. Noch als Lehrling ging er einst mit mehreren seiner Kameraden in ein Bierhaus außerhalb Londons, wo sich bald das in englischen Kneipen der Art gewöhnliche Ereigniß, eine heftige Schlägerei, zutrug. Als einem der Anwesenden das Gesicht bis zum Bluten zerschlagen war, zeichnete Hogarth auf der Stelle die ganze Gruppe, und zwar in seiner später so bekannten comischen Weise, wobei die Ähnlichkeit der Kämpfenden wie der Zuschauer, nebst ihrer augenblicklichen Stimmung, treffend wiedergegeben war.

In seinem zweiundzwanzigsten Jahre begann Hogarth als Zeichner, Maler und Kupferstecher selbstständig zu arbeiten; allein es währte noch dreizehn Jahre, bis er sich einen Namen und mit ihm eine glänzende Stellung erwarb. Ohne Protection und Empfehlung, blieb er von dem damals gewinnreichsten, wenn auch niedrigeren Zweige der Kunst, von der Portraitmalerei, lange Zeit ausgeschlossen; er lebte in fortwährender Dürftigkeit, woran er sich, wie dies gewöhnlich zu geschehen pflegt, während seines späteren Ueberflusses mit Vergnügen erinnerte. In seinen reiferen Jahren äußerte er: „ich weiß mich noch der Zeit zu erinnern, als ich niedergeschlagen auf den Straßen umherging, und kaum einen Schilling in der Tasche hatte. Sobald ich aber 10 Guineen für eine Platte bekam, ging ich sogleich nach Hause, steckte meinen Degen an und lief wieder fort, so gutes Muthes als irgend Einer, der 10,000 Pfund in seinem Taschenbuche bei sich trägt.

Er begann auf der untersten Stufe, und zeichnete Wappen und ausgeschmückte Karten für Kaufleute; bald darauf arbeitete er auch für Buchhändler, und verfertigte Kupferstiche für damals herausgegebene Werke, z. B. für eine Uebersetzung des Apulejus, für eine Reisebeschreibung nach der Türkei von Aubry de la Motraye, für eine Uebersetzung von der Cassandra, für ein Werk über die Militärstrafen der Alten, für den Milton und für Butler’s Hudibras. Alle diese Werke waren aber nicht geeignet, seinem Namen irgendwie Berühmtheit zu erwerben. Bei mehreren der genannten Kupferstiche fanden sich sogar bedeutende Verstöße, indem bei antiken Sujets das moderne Costume jener Zeiten angewandt war. Bei den Kriegsstrafen der Römer kamen z. B. Trommeln und Soldaten mit Musketen vor; im Apulejus, bei einem Feste Reifröcke und Perücken u. s. w. Die meisten von diesen Blättern sind später nach Verdienst vergessen worden. Der Künstler selbst schien nicht zu wünschen, daß alle seine früheren Producte, die Erzeugnisse eines noch nicht ausgebildeten Talentes, unter seinem Namen verkauft würden. Nur die Kupferstiche zum Hudibras sind nach seinem Tode wieder herausgekommen; der Künstler selbst war aber auch mit diesen, wovon Walpole sagt, sie hätten ihn zuerst über den großen Haufen erhoben, in seinen reiferen Jahren unzufrieden, und bedauerte, daß er sich der Platten entäußert habe, so daß ihm die Gelegenheit verloren sey, sie wieder zu überarbeiten. Vergleicht man übrigens dieselben mit seinen späteren Werken, so wird man [VII] der Bemerkung Walpole’s beipflichten: man müsse sich wundern, so wenig Humor in Arbeiten zu finden, welche den Talenten des Künstlers so angemessen waren. Vielleicht lag aber auch der Grund hiervon in dem Umstande, daß es ihm nur selten (vielleicht nur auf einem Blatte[3]) gelungen ist, die Ideen Anderer sich in so weit anzueignen, daß er sie mit derselben Meisterschaft, wie seine eigenen, durchführen konnte.

Hogarth versuchte sich zwar damals in einigen Caricaturen, und auch schon in jener Gattung, die später seinen Ruhm begründete, allein Letzteres nicht mit besonderem Erfolg. Während des Südsee-Schwindels erschien von ihm ein Blatt über jenen Aktienbetrug[4], das aber unbemerkt vorüberging. Das Publikum nahm noch immer so wenig Notiz von ihm, daß sogar ein besseres Blatt, worin er den damals so gefeierten Dichter Pope, nebst dessen Beschützer, den Grafen Burlington, lächerlich machte, durchaus nicht bemerkt wurde. Uebrigens hat der Künstler mehrere Figuren dieser seiner ersten Compositionen auf seinen späteren Blättern wieder angebracht, z. B. die Kaninchen-Gebärerin, die man aus der „Methodisten-Gemeinde“ (Fanaticism Credulity & Superstition) wiedererblickt, eine Betrügerin, welche vorgeblich Kaninchen geboren, und einen damals bekannten Arzt in dieser Hinsicht angeführt hatte, alsdann den halbverhungerten Knaben auf dem Blatte: der Morgen, den Kranken[5] auf dem dritten Blatte der Wahl u. s. w., und einiges andere. Man sieht schon aus dieser, von Hogarth selbst ausgegangenen Wiederholung, daß er jene Werke vor der Herausgabe seines Lebens einer Buhlerin, nicht besonders schätzte, und deren Vergessenheit wünschte.

Nach einer Reihe von Jahren gelang es ihm, seine Lage dadurch zu verbessern, daß er, des Pinsels bereits vollkommen mächtig, einige Bestellungen als Portraitmaler erhielt. Er war nämlich zuerst auf den Gedanken gekommen, für Familien kleine Conversationsstücke in der Größe von 12 bis 15 Zoll zu malen. Die Neuheit sowohl, wie seine Fertigkeit im Treffen, veranlaßten viele Bestellungen der Art, so wie auch für einzelne Portraits. Jedoch für einen Menschen, wie Hogarth, welcher weder schmeicheln noch auch seine Neigung zum Spotten unterdrücken konnte, blieb dies auf die Dauer kein Erwerbsmittel. Man begann sich bald vor seinem Pinsel zu fürchten, wozu auch folgender Vorfall Veranlassung gab: Ein Peer, welcher sehr häßlich war, ließ sich von ihm malen. Hogarth gab die Züge mit so strenger Wahrheit wieder, daß der Peer, ärgerlich über ein Bild, welches ihn an die Mängel seiner Gesichtszüge erinnerte, den Künstler nicht bezahlen wollte. Als Hogarth mehrere Male vergeblich um Bezahlung nachgesucht hatte, schrieb er ihm endlich mit seinem charakteristischen Humor folgendes Billet: Hr. Hogarth übersendet dem Lord – die Versicherung seiner Unterthänigkeit. Da er findet, daß Seine Lordschaft nicht die Absicht hegt, das für ihn entworfene Gemälde zu bezahlen, so erinnert er S. L. noch einmal an seine dringenden Bedürfnisse hinsichtlich des Honorars. Wenn S. L. das Bild in drei Tagen nicht holen läßt, wird Hr. Hogarth einen Schwanz und einige andere Zuthaten hinzufügen, und dasselbe an den berühmten Besitzer einer Menagerie von wilden Thieren, [VIII] Hrn. Hare, verkaufen, welcher ihm das Versprechen gegeben hat, jenes Portrait in derselben auszustellen, wenn S. L. noch einmal eine abschlägige Antwort übersenden würde. – Wie man erwarten konnte, wurde das Portrait eingelöst und den Flammen übergeben. Dies Verfahren des Künstlers war jedoch nicht dazu geeignet, ihm neue Bestellungen zu verschaffen. – Unter den Portraits, die er damals malte, waren mehrere für den großen Haufen berechnet, z. B. das einer damals hingerichteten Mörderin, Sara Malcolm, wahrscheinlich die Bestellung eines Kunsthändlers, ein Blatt, welches nach seinem Tode wieder gestochen wurde, allein gegenwärtig kein Interesse mehr gewährt, da es kein besonderes Verdienst als Kunstwerk mehr besitzt. Dasselbe läßt sich von einem der erwähnten Conversationsstücke sagen, einer Gesellschaft aus den damaligen aristokratischen Kreisen, welche sich theilweise im Gespräch unterhält, theilweise der Darstellung einer Scene aus Gay’s Bettleroper durch Theater-Liebhaber zuschaut. Jene Portraits haben ihr Interesse verloren, weil sie nur leichthin gezeichnet, ohne besonderen Kunstwerth, keine historisch wichtigen Personen betreffen. –

Endlich hat sich Hogarth während jener Zeit, die seinem Ruhme vorherging, als Historienmaler versucht. Man besitzt noch ein Bild, welches Heinrich VIII. darstellt, wie er der Anna Boleyn den Hof macht, eine Scene, welche der Cardinal Wolfey mit dem Ausdrucke der Niedergeschlagenheit und welche die Königin mit Zorn betrachtet. Die Composition, wie die Figuren, sind aber gänzlich verfehlt, letztere im höchsten Grade steif und ungraziös, besonders das schöne Hoffräulein und die spätere Königin, die mehr einer Magd, als einer Dame von Erziehung gleicht. Uebrigens ist es Hogarth auch später nie gelungen, Grazie und Würde irgend einer Art darzustellen.

Dies waren die Verhältnisse des Künstlers, als er sich 1730 mit der Tochter des erwähnten Sir James Thornhill, für den er als Gehilfe gearbeitet zu haben scheint[6], heimlich vermählte. Jener unbedeutende Künstler, welcher jedoch als Hofmaler des Königs und als Ritter (Knight), eine Würde, welche dem Sergeant painter gewöhnlich übertragen wurde, einen höheren Rang in der aristokratischen Gesellschaft einnahm, und dessen Einkünfte wegen des Vorrechts, die Paläste, königliche Wappen u. s. w. zu malen, nicht unbedeutend waren, fühlte sich durch die Verbindung mit einem bis jetzt noch unbekannten Maler nicht geschmeichelt, und brach mit dem neu vermählten Paare alle Verbindung ab. Zu stolz, sich um die Versöhnung mit seinem Schwiegervater zu bewerben, und dadurch Unterstützung bei seinen vermehrten Bedürfnissen zu erlangen, erhöhete Hogarth seine Thätigkeit als Künstler, und trat mit den Werken einer neuen Gattung vor das Publikum, welche ihn schnell überall in Großbritannien bekannt machten, und ihm in Kurzem Wohlhabenheit und Ehre erwarben.

Zuerst scheint er in dieser Gattung seine Darstellung des Jahrmarktes von Southwark 1733 herausgegeben zu haben. Dieses Blatt ward aber noch nicht nach Verdienst gewürdigt, wahrscheinlich wegen des dargestellten Gegenstandes einer Pöbel-Versammlung, welcher die Aufmerksamkeit der aristokratischen Classen nicht erregte, deren Schutz (Patronage), vor Allem in England, für den Erfolg von Darstellungen der Kunst nothwendig ist. Der Künstler erntete auch erst dann die Früchte dieser [IX] Arbeit, als sein Ruhm durch ein anderes Werk begründet war. Dies war das Leben einer Buhlerin, wovon die Blätter 1733 und 1734 nach einander herausgegeben wurden, eines jener selten erscheinenden Meisterwerke, welche dem Schöpfer sogleich eine hohe und unter den gleichzeitigen Malern die erste Stellung anwiesen.

Der durch dies Werk bei der Volksmasse hervorgebrachte Eindruck läßt sich leicht erklären. Die Malerei, durch leeren Idealismus der Nation entfremdet, und nur als bedeutungsloser Modeartikel selbst bei der Mehrzahl der höheren Stände betrachtet, griff plötzlich in’s Leben ein, und gab eine treffende Darstellung von Verhältnissen und Lagen, die in einer großen Stadt täglich vor Augen liegen. Die Wahrheit der Situationen, das Charakteristische der Figuren gewann die Massen, die Richtigkeit der Zeichnung und die passende Composition, welche zur Genüge bewiesen, der Meister habe während der langen Zeit, worin er sich in Dunkelheit zu seiner Stellung vorbereitete, seine Fortbildung auf seinen Zweck mit Erfolg durchgeführt, befriedigten die Kenner. Noch ein anderer Umstand kam hinzu, um diese neugeschaffene Gattung sogleich bei den aristokratischen Klassen bekannt zu machen, und dem Meister somit den Schutz (Patronage) derselben zu erwerben. Es waren allgemein bekannte Personen auf den einzelnen Blättern dargestellt, der Oberst Chartres, mit welchem alle damaligen Roués höherer Stände zu thun hatten, und ein angesehener Friedensrichter, Sir John Gonson. Beide Portraits waren genau getroffen. Wenige Tage nach der Herausgabe der Blätter hielten die Lords’ der Schatzkammer, Sir John Gonsons Freunde, eine Sitzung; einer derselben zeigte das dritte Blatt, worauf das Portrait dargestellt ist, bei seinen Collegen herum. Alle erkannten es als getroffen, und gingen nach geendigter Sitzung in den Laden, wo es verkauft wurde, um sich dasselbe anzuschaffen. Dies gab Veranlassung, daß Hogarth, ohne daß er darum nachsuchte, demjenigen Theile der Gesellschaft empfohlen ward, welcher damals noch mehr wie gegenwärtig den entscheidenden Ton in solchen Dingen angab.

Auch die periodische Presse verbreitete die Kunde von dem neuerstandenen Maler noch schneller im übrigen England, als dies in einem Lande möglich gewesen wäre, wo die Wirkung der Tagesblätter noch nicht statt fand. Das Leben einer Buhlerin war in Kurzem so populär, daß die Handlung, wie dies jetzt bei viel gelesenen Romanen der Fall zu seyn pflegt, in Scene gesetzt, und unter ungeheurem Zulauf des Publikums auf den Londoner Theatern gegeben wurde. Es ward Mode, Lichtschirme, Fächer und anderes Geräthe mit Miniaturen nach jenen Blättern auszuschmücken. Kurzum, Hogarth hatte das Glück eines Fielding, Byron und eines Göthe bei uns. Die Nation erkannte bei seinem ersten größeren Werke augenblicklich seinen Werth, und wies ihm die Stellung an, welche ihm gehörte. – Nur auf seinen Schwiegervater machte das Glück des Malers keinen besondern Eindruck. Sir James Thornhill soll gesagt haben, als er die Bilder zum erstenmale sah: Ein Maler von solchem Talent braucht keine Mitgift, um eine Frau zu ernähren; ein Ausspruch, woran vielleicht der Neid seinen Antheil hatte, denn Sir James Thornhill mußte bemerken, daß seine ganze Richtung und seine ganze Genossenschaft durch den Schwiegersohn antiquirt war. Uebrigens soll sich Hogarth kurz vor dem Tode Sir James’ mit demselben ausgesöhnt haben.

Was der Künstler in der genannten Gattung weiter arbeitete, trug nur dazu bei, sowohl seinen Ruhm, als die Vorliebe der Nation zu seinen Arbeiten zu befestigen. Der Vorhang, wie Walpole sagt, war nun aufgezogen und des Künstlers Genie zeigt [X] sich in vollem Glanze. Alles, was er seitdem herausgab, ward bemerkt. Wie schnell er seine Abdrücke absetzte, beweist der Umstand, daß seine Presse acht Tage lang nicht ruhen durfte, als er das Portrait des Lord Lovat verkaufte, ein Blatt, dessen Absatz freilich die Tagesereignisse beförderten[7]. Sogar seine Subscriptionsscheine waren witzig und verdienten fast sämmtlich die Aufbewahrung, die ihnen in den späteren Kupferstichsammlungen, welche nach des Künstlers Tode herauskamen, zum Theil geworden ist. – Wie erwähnt, hatte die periodische Presse nicht wenig zur anfänglichen Verbreitung seines Namens beigetragen. Dasselbe galt später bei jedem von ihm erschienenen Blatte, zu deren Erklärung einzelne Nummern von damaligen Zeitschriften als Quellen zu gebrauchen sind. Auch die bedeutendsten Schriftsteller der Nation zu jener Zeit gedachten seiner stets mit Lob, sogar der Erste der damals lebenden, der Dechant Swift, welcher freilich durch Geistesverwandtschaft zu Hogarth hingezogen werden mußte. Mit Anderen, wie mit Fielding, stand er in dem vertrautesten Verhältniß, und hat auch das Portrait dieses berühmten Romandichters der Nachwelt überliefert. Garrick gehörte zu seinen Freunden; Johnson und Goldsmith fanden Vergnügen an seinem Umgang; sogar Horace Walpole, der spätere Graf Orford, gab hinsichtlich Hogarth’s seine aristokratische Zurückgezogenheit gegen Leute auf, welche nicht die Formen der höheren Gesellschaft, damals nach Lord Chesterfields Ideal noch bestimmter, als gegenwärtig, in ihrem Aeußeren zeigten. Was nämlich das Letztere betrifft, so ging es Hogarth, wie den meisten Leuten, welche, in niederem Stande geboren, durch lang dauernde Anstrengung sich zu einer höheren Stellung emporarbeiten, die sie alsdann erst im reiferen Alter zu erlangen pflegen. Er blieb bis an sein Ende der Engländer niederen Standes, mit allen Vorurtheilen und rauhen Ecken, und vermochte auch deßhalb nicht, ungeachtet seines Ruhmes, der Kunst die gesellige Stellung zu erwerben, welche Literaten und sogar Schauspielern, letzteren durch Garrick, die höheren Gesellschaftskreise der Hauptstadt damals eröffnet hatten. Dies ist hinsichtlich der Kunst erst nach ihm durch Sir Josua Reynolds geschehen, einem Maler, welcher, durch Geburt und Glück in seiner Jugend begünstigt, alle die persönlichen Eigenschaften vereinigte, die man von einem englischen Gentleman erwartete. Wie wenig sich übrigens Hogarth um gesellige Formen bekümmerte, sieht man aus dem Umstande, daß er niemals bei irgend einer Gelegenheit unterlassen konnte, ein ihm lächerliches Gesicht oder eine komische Scene abzuzeichnen: eine Sache, welche den Betheiligten natürlich nicht sehr angenehm war. Wenn er kein anderes Material zur Hand hatte, so zeichnete er oft sogar mit dem Bleistift ein Gesicht auf den Nagel seines linken Daumens, um dasselbe gelegentlich gebrauchen zu können. Auch in anderer Hinsicht war er für die Gesellschaft nicht sehr angenehm. Er theilte die gewöhnlichen Eigenschaften derjenigen Leute, die ohne besondere Erziehung sich Ruhm und Reichthum erwarben. Einerseits verachtete er jede Kenntniß, die er nicht besaß[8], andererseits konnte er nie den geringsten Widerspruch ertragen, und war bis zum Uebermaß für Schmeichelei empfänglich. Daß ihm endlich alle Vorurtheile des damaligen [XI] gemeinen Engländers eigenthümlich waren, z. B. die gegen Franzosen, Schotten, Officiere u. s. w, eine Eigenschaft, die ihn sicherlich nicht zu einem angenehmen Gesellschafter machen konnte, sieht man zur Genüge aus seinen Werken. Es ist daher aus allem dem leicht zu erklären, weßhalb er in der damaligen Zeit nicht die Stelle einnahm, welche seinem Genie und bald daraus auch seinem Wohlstande gebührte. – Uebrigens ward er persönlich sehr geachtet, denn er besaß die Rechtlichkeit des englischen Mittelstandes in Geldangelegenheiten und dessen moralisches Gefühl für das gewöhnliche Leben, welches zur Genüge aus seinen Werken erhellt, so wie auch eine herzliche Gutmüthigkeit, so lange seine Vorurtheile oder seine Schwächen aus dem Spiele blieben. Durch diesen Charakterzug war er auch leicht zur Versöhnung geneigt, wann irgend ein Streit zwischen ihm und seinen Freunden statt gefunden hatte.

Wie man bei seiner Popularität erwarten kann, gelangte er bald zu einem nicht unbedeutenden Reichthum. Außer dem augenblicklichen Verkauf seiner Blätter erlangte er auch bedeutende Summen durch den Verkauf seiner Originalgemälde, die er 1746 auf einer Auktion in London versteigerte. Er erhielt zwar nicht den zehnten Theil des Werthes, welchen man gegenwärtig für seine Bilder bezahlt, da die Ansammlung von Kunstwerken zu seiner Zeit noch nicht so gewöhnlich war, jedoch eine Summe, welche für jene Periode des achtzehnten Jahrhunderts nicht unbedeutend schien. Wie aber der damalige Preis seiner Bilder mit dem gegenwärtigen in durchaus keinem Verhältnisse stand, sieht man aus dem Umstande, daß seine Marriage à la mode für 100 Guineen bei der Versteigerung verkauft wurde, daß der Banquier von Angerstein im Jahre 1797 1381 Pfd. dafür bezahlte, und daß die Nationalgallerie sie zu einem noch höheren Preise nach dem Frieden von 1815 erstanden hat. – Uebrigens wirkte sogar die Gesetzgebung darauf hin, seinen Erwerb ihm zu sichern (1754). Als er bekannt wurde, verlor er anfänglich viel durch das Nachstechen seiner Blätter, welches in dem Gesetz über Nachdruck nicht verboten war. Das Parlament beschloß somit, bei dieser Gelegenheit das Gesetz über den Nachdruck auch auf Kupferstiche auszudehnen, ein Verfahren, welches die Popularität des Künstlers, so wie das Interesse, das die öffentliche Meinung an ihm nahm, um so mehr in’s Licht stellt, da Hogarth sich wenigstens nicht direct durch eine Bittschrift an das Parlament gewandt hatte. Die Gesetzgebung hat auch noch nach seinem Tode den Ertrag seiner Blätter der Wittwe Hogarth’s auf 20 Jahre gesichert.

Was Hogarth’s übriges Leben betrifft, so sagt Walpole mit Recht: „Seine Werke sind seine Geschichte,“ eine Bemerkung, die sich übrigens auf jeden Schriftsteller oder Künstler mehr oder weniger anwenden läßt. Besondere Vorfälle, die Hogarth’s Verhältnisse störten, fanden nämlich nicht mehr statt, und seine Thätigkeit dauerte ununterbrochen bis an seinen Tod. Es verging selten ein Jahr, worin er nicht die eine oder andere Composition, die auf die Nachwelt kam, herausgab. Einzelne seiner Werke wurden jedoch nicht ausgeführt oder gingen zu Grunde. Unter den herausgegebenen findet folgende Zeitordnung statt, welche Walpole und Nichols mittheilen, wobei jedoch die Portraite, so wie diejenigen Werke hier nicht erwähnt sind, deren Zeitpunkt ungewiß ist. Die nächsten Blätter, welche nach dem Leben der Buhlerin herauskamen, waren: die Punschgesellschaft (Modern mitnight conversation) und das Oratorium Judith oder die Singeprobe; 1735 erschien das Leben eines Liederlichen (The Rake’s progress) mit dem lachenden Parterre (The laughing audience) als Subscriptionsschein, wobei Hogarth zugleich auch an den früher nicht beachteten [XII] Jahrmarkt von Southwork erinnerte. Jene zweite Reihe von Blättern, die ein ganzes Leben umfaßte, erregte zwar nicht den überraschenden Eindruck, wie das Leben einer Buhlerin, da der Reiz der Neuheit für diese Gattung bereits verloren war, und wie sein späteres bestes Stück, die Modeheirath, machte jedoch noch immer einen nicht unangenehmen Eindruck; 1736 folgten kleinere Blätter: die schlafende Gemeinde (The sleeping audience); der arme Poet (The distrest poët); die medicinische Berathschlagung, oder das Wappen der Leichenbegängniß-Unternehmer (The undertaker’s arms). Auch sollen in dasselbe Jahr zwei schlüpfrige Bilder: Vorher und Nachher, fallen, die Hogarth, wie es heißt, auf Bestellung eines ausschweifenden Peers gemalt hat, die jedoch von Ireland, als von ihm stammend, in Zweifel gezogen werden. Da es gegenwärtig unbekannt ist, wo sich die Originalgemälde befinden, so läßt sich über die Aechtheit nicht entscheiden; 1737 erschien von ihm die akademische Vorlesung über den leeren Raum (A lecture – Datur vacuum), 1737 und 1738 die herumziehende Schauspielergesellschaft (Strolling players dressing in a barn) und die vier Tageszeiten; 1741 der in Wuth gesetzte Musiker (The enraged musician); 1742 der Geschmack der großen Welt (Taste in high life); 1743 Charaktere und Caricaturen; sämmtlich Blätter, wo die Commentare genügen, um den Zusammenhang mit des Künstlers Leben und dessen Charakteristik darzustellen.

Im Jahre 1745 hatte er ohne Zweifel den Gipfel seiner Kunst erreicht, denn er gab damals die Heirath nach der Mode (Marriage à la mode) heraus, eine Reihe von Blättern, die um so höheren Beifall ernteten, da die aristokratischen Classen bisher dem Künstler zum Vorwurf gemacht hatten, er sei allein im Stande, das Leben der Niederen mit Wahrheit darzustellen. Dies Werk ist um so bemerkenswerther, als es zugleich ein entscheidendes Zeugniß von der Fertigkeit des Künstlers als Maler in Behandlung des Pinsels und der Farben bietet. Die meisten Originalgemälde zu Hogarth’s Blättern sind nämlich dem größeren Publikum verschlossen. Durch die erwähnte Auction im Jahre 1746 kamen sie in den Besitz von Privatleuten; die späteren wurden auf Bestellung gemalt; beide sind seitdem in verschiedene Hände übergegangen und in den britischen Reichen zerstreut. In keiner Gallerie des Festlandes wird man ein Exemplar von ihnen vorfinden. Bei mehreren ist sogar die Gallerie unbekannt, worin sie sich gegenwärtig befinden. Bekanntlich sind aber die Privatsammlungen der Briten den Fremden so schwer zugänglich, daß sogar Waagen bei aller Empfehlung und bei seinem Ruf als Kunstkenner nur wenige Stücke von Hogarth gesehen hat. Die Marriage à la mode ist jedoch dem Publikum gegenwärtig geöffnet, denn die 6 Originalgemälde befinden sich in der 1823 gegründeten Nationalgallerie, zugleich mit dem Portrait des Künstlers. Waagen gibt hierüber ein Urtheil, welches Hogarth auch als Maler hochstellt. Er sagt: „Mit seltener Meisterschaft und Leichtigkeit sind hier die feinsten Nuancen seines Humors in den Köpfen hergeschrieben, und alles andere mit derselben Sicherheit und meist fleißig ausgeführt. Obgleich die Färbung im Ganzen unscheinbar ist, und die Bilder, da sie fast ohne Lasuren, nur in Deckfarben gemalt sind, mehr den Eindruck von Gouasch als von Oelgemälden machen, ist doch das Fleisch öfter von kräftiger Färbung, sind die übrigen sehr gebrochenen Farben mit so viel feinem Sinn für eine harmonische Wirkung zusammengestellt, daß sie für Colorit auf einer ungleich höheren Stufe stehen, als so viele Erzeugnisse der neueren englischen Schule mit ihren schreienden, grell bunten Farben. Nur das fünfte Bild, der Tod des Ehemanns, hat durch Nachdunkeln an Haltung verloren.“ – Dies [XIII] Urtheil eines der ersten Kunstkenner unserer Zeiten, der wenigstens in Deutschland den ersten Rang einnimmt, ist um so auffallender, da Horace Walpole Hogarth’s Meisterschaft bei Behandlung der Farben in Frage stellt, und ihm in dieser Hinsicht eine niedere Stufe anweisen wollte.

Auch in anderer Rücksicht bot Hogarth bei Gelegenheit der Modeheirath charakteristische Züge. Es war ihm nicht möglich, Grazie und wahre Schönheit zu malen. Alle seine Figuren offenbaren allein die Neigung des Menschen zum Gemeinen und Niedrigen; keine von ihm geschaffene Gestalt wird durch Reinheit oder wahre Grazie gehoben. Als der Künstler den Erfolg seiner Composition in jenem Punkte bemerkte, faßte er den Plan, ein Gegenstück zu derselben in einer glücklichen Heirath zu liefern, welche ebenfalls die Handlung in sechs Blättern darstellen sollte. Indeß fühlte er bald, daß er dem Gegenstand nicht gewachsen war, und gab den Gedanken auf. Er hatte nur die Zeichnung zum ersten Blatte entworfen, die er aber bald darauf selbst vernichtete. Wie es heißt, konnte er keinen weiblichen Kopf ausfindig machen, welcher seiner Idee entsprach; als er deßhalb sein eigenes Ideal mit vielem Fleiße geschaffen hatte, und diese erste Zeichnung seinem Freunde Garrick zeigte, soll ihn derselbe überzeugt haben, er sei unfähig, seinen Zweck in dieser Hinsicht auszuführen. Die erwähnte Zeichnung zum ersten Blatte war übrigens für Hogarth nur in so fern charakteristisch, als er es sogar hier nicht unterlassen konnte, in seinem Humor sich gehen zu lassen, obgleich das Possenhafte für den Gegenstand sich nicht eignete. Die Zeichnung war folgende: der vom Künstler gewählte Zeitpunkt war nach der Rückkehr des Brautpaares aus der Kirche, der Schauplatz die Halle eines alterthümlichen Landsitzes. Auf der einen Seite saß das Brautpaar. Hinter demselben stand eine Gruppe junger Leute, welche nach altenglischer Sitte über ihm den Brautkuchen brechen. Im Vordergrunde erblickte man den Vater der Braut, den damaligen Typus des Fuchsjägers und Landedelmannes, der keine andere der Menschheit würdige Beschäftigung kannte, als die bei der Flasche und bei der Fuchshetze. Er war das Ideal von Fieldings Western[9] und leerte ein riesenhaftes Glas auf das Wohl des jungen Paares. In einem Winkel der Halle befanden sich Bediente und Dorfmusikanten in grotesken Stellungen. Vor allem aber fiel die Küche in die Augen, welche durch eine offen stehende Thüre sichtbar ward, denn dort stand ein wohlgenährter Pfarrer in Amtskleidung vor dem Bratspieß, und gab mit einer wichtigen Kennermiene dem Koch die nöthigen Befehle über die Zurichtung einer Wildprettkeule, indem er, voll Ungeduld, die Zeit des Mittagessens zu beschleunigen, seine Taschenuhr in der Hand hielt. – Besonderen Fleiß hatte Hogarth, wie gesagt, auf den Kopf der Braut verwendet; Garrick und andere Freunde sollen ihm aber erklärt haben, die Person sei für ein Kammermädchen hübsch genug, allein durchaus keine Frau von Erziehung.

Auch noch einige andere Stücke von Hogarth sind verloren gegangen, jedoch nicht durch ihn selbst. Eines derselben stellte einen Geizhals dar, welcher bei außerordentlicher Gelegenheit auf seine Weise sich etwas zu Gute that, und enthielt das Portrait des Sir Jsaac Shard, eines Mannes, der, von höherem Stande, sowohl durch seine übertriebene Sparsamkeit, als auch durch die damit verbundenen Sonderbarkeiten, zu jenen Zeiten allgemein berüchtigt war. Das Bild war bereits mit allen [XIV] komischen Zuthaten beinahe vollendet, und stand auf der Staffelei, als ein junger Mann in die Werkstatt des Malers trat und diesen fragte, ob das gemalte Bild den Sir Jsaac Shard darstellen sollte. Als Hogarth dies bejahte, zog er den Degen, hieb es in Stücke, und gab sich als den Sohn des Betheiligten zu erkennen. Hogarth aber zeigte bei dieser Gelegenheit so viel feines, moralisches Gefühl, daß er im Augenblick schwieg, und den jungen Mann auch nicht verklagte. – Ein zweites Bild, welches verloren ging, war das Portrait von Garrick, wie erwähnt, einem vertrauten Freunde des Dichters. Dieser britische Roscius hatte die Schwachheit, auch als Dichter gelten zu wollen, und hielt viel auf seine Poesien, die zum Wenigsten sehr mittelmäßig waren, wie alle Kenner der britischen Literatur bemerkt haben werden. Er hatte bei Hogarth sein Portrait bestellt. Dieser scheint aber nicht im Stande gewesen zu sein, das vollkommene Ebenmaß der wahrhaft edeln Gestalt und den Anstand des Gentleman darzustellen, welcher Garrick im gewöhnlichen Leben eigenthümlich war, oder er konnte seine Neigung zum Spott nicht unterdrücken; kurzum, er malte Garrick in einer lächerlichen Stellung, wie er, mit poetisch begeistertem Ausdruck im Gesicht, am Pulte saß, hinter seinem Stuhle stand aber seine Frau in ganz anderer Stimmung, und nahm ihm die Feder aus der Hand. Garrick soll über diese Darstellung nicht wenig verdrießlich gewesen sein, und durchaus keine Lust gehabt haben, in jener Attitude dem Publikum vorgeführt zu werden. Wie es scheint, wurde das Bild durch beiderseitiges Uebereinkommen unterdrückt.

Ein drittes Gemälde von Hogarth, welches auf einer der ersten englischen Kunstausstellungen in Springgardens sich vorfand, und für den irländischen Grafen Charlemont gemalt war, scheint verloren gegangen, oder in irgend einer Privatgallerie verborgen zu sein. Ein Abdruck desselben ist weder von dem Künstler gestochen, noch auch später herausgegeben worden. Es hieß: Piquet or Vertue in danger (das Piquet oder die Tugend in Gefahr), und stellte eine junge Dame in dem Augenblicke dar, wo sie während eines Tète-à-tète bei Karten all ihr Geld an einen jungen und schönen Officier verloren hatte. Dieser gibt ihr eine ganze Hand voll Banknoten zurück, in der Hoffnung, eine angenehme Entschädigung zu erlangen. Auf dem Kaminsims sah man ein Uhrgehäuse mit der Figur der Zeit auf dem Gipfel und der bedeutungsvollen Inschrift: Nunc. Hogarth hatte die Heldin im Augenblick der Unentschlossenheit dargestellt, und ihre Empfindungen mit vieler Wahrheit ausgedrückt. Sicherlich hat er mit viel Geschicklichkeit eine wankende Keuschheit gemalt; ob er die reizende und erhabene Zurückhaltung der Tugend hätte wiedergeben können, ist eine andere Frage. – Endlich erwähnt Horace Walpole einer Danae von Hogarth, wo die Hauptfigur einer Londoner Buhlerin geglichen habe, und worauf ein altes Weib eines der Geldstücke aus dem Goldregen hinsichtlich seiner Aechtheit zwischen den Zähnen probirte. Es ist unbekannt, wo sich dies Bild gegenwärtig befindet.

Nach der Herausgabe der Modeheirath erschien von Hogarth 1746 das erwähnte Portrait von Lord Lovat und von Garrick in dem Charakter Richard’s III. Was Letzteres betrifft, so soll dasselbe in der Haltung getroffen sein. Wie erwähnt, konnte Hogarth seinen Freund in edleren Formen nicht darstellen, allein der Ausdruck des Schauders soll auf treffende Weise in derselben Art wiedergegeben sein, wie Garrick in jener Scene auf der Bühne erschien. Die Zeitgenossen haben jedoch die Figur getadelt, welche in der starken Muskulatur der edeln Gestalt des großen Schauspielers nicht entsprochen haben soll. 1747 erschien die Landkutsche (Stage coach in a country innyard), [XV] und die Wirkung des Fleißes und der Faulheit, oder der fleißige und der faule Lehrling. Letzteres ist das größte seiner Werke, denn es enthält eine Reihe von zwölf Blättern. Diese populäre Darstellung des bekannten Wahlspruches: Ehrlichkeit ist die beste Politik (Honesty is the best policy), erlangte wegen ihres allgemein verständlichen und aus dem Leben der niederen Volksclassen gegriffenen Inhalts gleich nach ihrem Erscheinen die größte Verbreitung unter seinen größeren Werken. Sicherlich hat der Künstler durch die Natur des Inhalts auch offenbar einen ausgedehnten und in jeder Hinsicht heilsamen Einfluß auf das Volk geübt: seine Zeitgenossen hatten dies auch augenblicklich begriffen, und in mehreren Städten trafen die Magistrate genügende Maaßregeln, um die Kenntniß der Blätter unter Lehrlingen und Meistern allgemein zu machen, ein Beispiel, welches die berühmte Gesellschaft zur Verbreitung nützlicher Kenntnisse in unseren Tagen erneuerte. So beschloß zu des Künstlers Zeiten die Corporation von London, mit der Reihe dieser Bilder dasjenige Zimmer des Rathhauses (Guildhall) auszuschmücken, wo die Lehrlinge eingeschrieben und ihren Meistern übergeben werden, eine Verzierung, welche noch gegenwärtig den Lehrlingen die Wahl ihres Schicksals dort vor Augen führt. Der Stoff war so populär, daß man ihn sogar zu Predigttexten wählte. Aus jenen Blättern ist auch ein englisches Volksbuch: das Leben des fleißigen und des faulen Lehrlings, entstanden, welches neben Robin Hood, Jane Sone, Tom Whittington u. a., von dem Bauer und Handwerker gelesen wird. – Nur noch einmal hat Hogarth ein ähnliches Sujet zur Belehrung der unteren Volksclassen in den Stufen der Grausamkeit sich gewählt, eine Reihe von Blättern, die er eben so wenig, wie die genannten, um das Verständniß nicht zu erschweren, in den Einzelnheiten so sorgfältig in der Staffage durchführte, wie er dies sonst gewohnt war (1751), wobei er zugleich auf die größere Verbreitung dadurch hinwirkte, daß er auch Holzschnitte nach seinen Kupferstichen verfertigte, und zu einem Penny das Stück verkaufte[10].

Im Jahre 1749 erschienen das Thor von Calais und des Künstlers Bildniß. Zu dem ersteren Gemälde wurde der Künstler durch einen unangenehmen Vorfall auf einer Reise nach Frankreich veranlaßt, die eben dadurch sich auf Calais, wo er gelandet war, beschränkte, und die fashionable Tour nach Paris bei ihm verhinderte. Man erkennt zur Genüge aus seinen Werken jenen Franzosenhaß, den er mit dem damaligen John Bull im Uebermaaß theilte, als der Engländer seinen Nachbar jenseits des Canals nicht anders als einen schwächlichen, mit allen Anlagen zur Sklaverei begabten Froschesser (frogeater) zu verachten gewohnt war. Sobald Hogarth den französischen Boden berührt hatte, begann sein Spott. Er verhöhnte Vorübergehende aus den Mittelclassen, welche bei der Armuth derselben unter dem Ancien régime und bei dem den Franzosen von jeher eigenen Sinn für Anstand im Aeußern, an ihrer zierlichen Kleidung die Armuth nicht verbergen konnten. Zeigten seine Freunde ihm irgend eine Sache, schöne Möbel, gut gebaute Schiffe, wobei sie seinen Tadel zum Schweigen zu bringen hofften, so gab er stets die verächtlich kurze Antwort: Nichts als französisch (nothing but French); kurzum er benahm sich in derselben ungezogenen Weise, welche der gleichzeitige Romanschreiber Smollet bei seinen Helden in Frankreich mit Vorliebe schildert. Damals aber waren beide Städte mit britischen Auswanderern überfüllt, nicht allein mit insolventen Zahlern, wie gegenwärtig, sondern mit politischen Flüchtlingen, [XVI] besonders Irländern und Schotten, denen es gelungen war, sich der Strafe des Gesetzes nach der Rebellion von 1745 zu entziehen. Mit diesen Leuten, die natürlich eine große Reizbarkeit gegen ihre Landsleute besaßen, war Hogarth in Caffeehäusern und an Wirthstafeln zusammengetroffen, und hatte sie in seiner Weise verletzt. Kurz, Hogarth hatte während seines kurzen Aufenthalts genug Lärm verursacht, um die Aufmerksamkeit des damals am meisten lobenswerthen Theils der französischen Regierung, der Spionir-Policei, auf sich zu ziehen. Es konnte somit nicht fehlen, daß er, fortwährend beobachtet, in Ungelegenheit kam. Als er das Stadtthor abzeichnete, ward er als Spion verhaftet, als solcher anfangs behandelt, und endlich mit der tröstlichen Versicherung des Gouverneurs entlassen: Wenn der Friede von Aachen nicht bereits unterzeichnet wäre, so würde er (der Gouverneur) ihn auf den Wällen aufhängen lassen. – Hogarth hat sich durch das erwähnte Bild gerächt, dessen Darlegung hinsichtlich der Einzelnheiten in den Commentar gehört. Der Kupferstich entspricht jedoch nicht ganz dem Originalgemälde, welches Lord Charlemont bestellt hatte. Als nämlich das Bild vollendet war, stieß es Hogarth durch Versehen von der Staffelei herunter; ein Nagel riß dabei ein Loch in die Leinwand an der Stelle, wo das Kreuz sich über dem Thore befand. Hogarth suchte den Schaden auszubessern, und übermalte den Riß mit derselben Farbe, allein vergebens. Somit kam er auf den Einfall, die Composition des Ganzen durch eine Staffage noch mehr zu heben, und setzte an die Stelle des Kreuzes eine halbverhungerte Krähe, die, durch den ungewöhnlichen Fleischgeruch herbeigelockt, sehnsüchtig auf den Rinderbraten hinabsieht. Wegen der Uebereinstimmung des Ganzen muß man nur bedauern, daß der Künstler diesen Gedanken nicht auch auf dem Kupferstiche ausgeführt hat.

Des Künstlers Bildniß, dessen Originalgemälde gegenwärtig in der Nationalgallerie aufbewahrt wird, offenbart scharf genug seine Derbheit des Charakters, so wie die Klarheit seines Sinnes. Vor dem Oval, worin der Kopf dargestellt ist, befinden sich Gegenstände, welche ihm besonders theuer waren, und gewissermaßen seine Richtung andeuten. In der Mitte liegen die Werke von Shakespeare, Milton und Swift, die hauptsächlichsten Bücher, die er bei seiner Erziehung als Bildungsmittel benutzen konnte, rechts eine Palette mit einer gewundenen Linie, die er durch die Beischrift als Schönheitslinie bezeichnete, und die ihn in so fern charakterisirt, daß es ihm unmöglich war, sich einen abstracten Begriff auf andere Weise, wie in geometrischer Form, zu denken; links sitzt sein Lieblingshund, Trump, der durch Naturtreue vor jenen Zuthaten in die Augen fällt, und die wirkliche Naturnachahmung des Künstlers bezeichnen mag. – Uebrigens hat er sich später noch einmal und zwar als ganze Figur dargestellt, wie er vor der Staffelei sitzt, und die komische Muse malt.

Als der Stich von Hogarth’s erstem Portraite erschien, erregte die Wellenlinie auf der Palette, die er als Schönheitslinie definirt hatte, eine gewiße Bewegung der periodischen Presse an, welche theilweise die Idee des Künstlers nicht verstand, und ihm andererseits alle Fähigkeit, abstracte Grundsätze aufzustellen, absprach. Wie es scheint, fühlte sich Hogarth bei seiner reizbaren Eitelkeit durch letzteren Vorwurf besonders verletzt, und ließ sich dadurch verleiten, auch als Schriftsteller über seine Kunst aufzutreten. Der Künstler, welcher kaum orthographisch schreiben konnte, und auf die Ausbildung seiner Rede oder seines schriftlichen Styls niemals die geringste Mühe verwandt hatte, welcher ferner alle über Kunst geschriebene Bücher als nutzlos [XVII] und unbrauchbar bisher verachtete[11], trat im Jahre 1753 mit einer Schrift vor das britische Publikum, welche die Theorie der Schönheit mit der Wellenlinie oder Curbe als Grundbedingung derselben erläutern sollte. Hogarth selbst setzte sich schon, während er das Buch schrieb, einer Menge von Verdrießlichkeiten aus. Da er selbst der Feder nicht mächtig war, mußte er seine Zuflucht zu Freunden nehmen, mit denen er fortwährend dadurch in Streit gerieth, daß er stets die Meinung hegte, jene seien nicht im Stande, seine Ideen vollkommen auszudrücken. Wie es heißt, befand er sich, so lange das Buch noch nicht vollendet war, in so gereizter Stimmung, daß seine Frau sich nicht wenig gefreut haben soll, als der letzte Bogen die Presse verließ.

Noch größeren Aerger verursachte ihm jedoch das Werk, als es erschienen war. Bei der Stellung, welche Hogarth damals einnahm, war es kein Wunder, wenn der größere Theil der Mitarbeiter an der periodischen Presse, sowie derjenigen Leute, welche die öffentliche Meinung, hinsichtlich der Kunst, durch ihr Urtheil leiteten, ihn wenigstens in einiger Hinsicht herabzusetzen suchten, eine Erscheinung, die sich bei allen höher gestellten Leuten von jeher zu wiederholen pflegt. Die Einen fanden seine Theorie durchaus unrichtig; Andere beschuldigten ihn des Plagiats, obgleich er selbst in der Vorrede erklärt hatte, er habe sich die Idee nach einem Ausspruche des Michel Angelo Buonarotti, den Lamozzo aufbewahrt hat, gebildet. Noch Andere machten ihm Mangel an Zusammenhang zum Vorwurf. Endlich konnte das Buch wegen des Stoffes nicht die allgemeine Popularität erlangen, welche der Verfasser erwartet hatte. Kurzum, Hogarth sah sich in mannigfacher Hinsicht getäuscht.

Betrachtet man jedoch das Ganze, so lassen sich verschiedene vortheilhafte Seiten auffinden. Eine philosophische Deduction über einen Begriff mit allen systematischen Folgen, wie man dies in Deutschland gewohnt ist, läßt sich schwerlich von einem Engländer und am allerwenigsten von einem Manne, wie Hogarth, erwarten, der von Jugend auf durch practisches Leben gebildet, sich durchaus nicht an abstracte Ideen gewöhnen konnte. Weßhalb soll aber eine solche nicht auch in geometrischer Form vorgestellt werden, da sie ohnedem durch ihre Allgemeinheit verschiedene Vorstellungsarten zuläßt? Hogarth hat wenigstens durch eine Menge Beispiele auf zwei zur Erläuterung seines Buches gegebenen Blättern, deren Darstellung in den Commentar gehört, seine Idee nicht übel durchgeführt. Ferner erweist sich in dem Buche der practische Sinn des Engländers; es bietet eine Methode für das Zeichnen mit einer Menge von Einzelnheiten, welche beginnenden Künstlern sicherlich von Nutzen sein werden. Alles ist ferner durch Beispiele an der Zeichnung erläutert, wovon freilich diejenigen, welche den Gegensatz zur wahren Schönheit bieten, und die Hogarth’s wahre Virtuosität, das Komische, betreffen, am meisten in die Augen fallen. Dabei enthält das Buch, wie es scheint, ziemlich vollständig, die practischen Lehren, die freilich allen Schulen gemein sein müssen, allein in dieser Vollständigkeit bis dahin nicht zusammengestellt wurden. Endlich beweist Hogarth durch sein Buch, daß er mehr Studien gemacht hatte, als man von ihm erwarten konnte. Ob er gleich nie in Italien gewesen war, hatte er die Antike nach Modellen mehr studirt, als zu seiner [XVIII] Zeit überhaupt gewöhnlich war, und seinen Geschmack auch nach Werken italienischer Meister gebildet, von denen er damals nur erbärmliche Copieen zu Gesicht bekommen konnte. – Walpole, der dem Künstler bei aller Anerkennung gerne Abbruch that, sagt auch über dies Werk, es enthalte viele vernünftige Bemerkungen, und tadelt nur hauptsächlich, daß Hogarth selbst auf dem zweiten zur Erklärung dienenden Blatte ein Muster der Grazie und Schönheit habe darstellen wollen, ein Versuch, der dem Künstler bei seinem Naturell natürlich mißlingen mußte. In England halten Künstler dies Buch noch immer für brauchbar, wie sich dies aus dem Umstande ergibt, daß es von Zeit zu Zeit wieder herausgegeben wird. Die letzte Aurgabe scheint von 1837 zu sein. – Uebrigens hatte Hogarth, ungeachtet der Angriffe seiner Landsleute, die Genugthuung, daß sein Buch gleich nach der Herausgabe in’s Italienische und in’s Deutsche übersetzt ward (letzteres durch Mylius), damals eine wirkliche Ehre, welche einem Schriftsteller bei dem selteneren literarischen Verkehr europäischer Nationen in jenen Zeiten nur selten zu Theil ward. –

Seit Hogarth jene Analyse der Schönheit begann, verminderte sich seine Fruchtbarkeit in der von ihm geschaffenen Gattung, entweder weil er bei einem sorgenfreien und behaglichen Leben nicht mehr durch den Drang seiner Umstände zu größerer Thätigkeit angespornt wurde, oder weil er letztere zugleich auf Zwecke verwandte, die seiner bisherigen Richtung, so wie auch seinem Talente fremd waren. 1750 gab er den Marsch von Finchley heraus, eine Composition, die er wahrscheinlich schon früher entworfen hatte, denn die Scene fand im Jahre 1745 während der letzten Rebellion der Jacobiten statt. 1751 und 1752 folgten die Bierstraße und die Branntweingasse (Beerstreet et Ginlane), wozu zwei Kupferstiche des sogenannten Höllenbreughel, die fette und magere Küche, die Idee angegeben haben sollen: ferner Stages of cruelty, Blätter, welche nicht so sorgfältig ausgeführt waren, wie die früheren; die beiden Blätter Paul vor Felix, Moses vor Pharaos Tochter; 1753 Columbus, der das Ei zerbricht, als Subscriptionsschein zu der Analyse der Schönheit; 1755, 1757 und 1758 die vier Blätter einer Wahl, deren Originalgemälde für Garrick bestimmt waren; 1756 Frankreich und England; 1758 des Künstlers Portrait, wie er die Muse des Lustspiels malt; 1759 das Hahnengefecht (The royal cock-pit); 1760 die fünf Perückenordnungen; 1762 Credulity, Superstition and Fanaticism. Letzteres mag als der Schluß von des Künstlers Wirksamkeit in seiner Gattung angesehen werden, obgleich noch der Politiker, der schlafende Richter und sein letztes Werk, wobei er den Pinsel ansetzte, Finis oder Ende aller Dinge, zu derselben gezählt werden kann. Das eine besteht aber nur aus einer einzelnen Figur, das zweite ist nicht fertig geworden, und das dritte zeigt weder besonderes Talent in der Auffassung, noch Fleiß in der Ausführung[12].

Hinsichtlich der letzteren Lebensjahre des Künstlers, ungefähr seit der Mitte der fünfziger Jahre, muß man überhaupt bedauern, daß er, wie es scheint, aus Eitelkeit und aus einem damit verbundenen Mißverständniß seiner wahren Stellung, seine Thätigkeit auf eine Gattung der Kunst verwandte, die ihm fremd war, und daß er sich [XIX] endlich in den Strudel politischer Bewegungen stürzte, von denen er durchaus Nichts verstand, und worin er deßhalb eine klägliche Rolle spielte. Der Grund zu diesem Verfahren von seiner Seite scheint, neben seinem Alter und seinem Mangel an allgemeinerer Bildung, zugleich der Umstand gewesen zu sein, daß er im Jahre 1757 Sergeant painter des Königs wurde, eine Stelle, wozu er allerdings als erster damaliger Maler Englands ein Recht besaß, für die er sich jedoch seinem Charakter und seiner Erziehung nach nicht eignete. Er kam dadurch in neue Kreise und Verbindungen, mußte einerseits seinen Humor bei Führung des Pinsels zurückhalten, und hielt es seiner neuen Würde für angemessen, sich in dem höheren historischen Style zu versuchen. So entstand ein Gemälde, das ihm zahlreiche Kränkungen verursachte, wobei er jedoch dieselbe Schwachheit bewies, wie sein Freund Garrick hinsichtlich seiner Gedichte. Er hielt es für eines der vorzüglichsten Bilder, die er jemals geschaffen hatte, und wurde durch den allgemeinen Tadel nur noch mehr in seiner Einbildung bestärkt.

Dies Gemälde war die trauernde Sigismunda, welche das Herz ihres ermordeten Gatten erhält, nach der Novelle des Boccaz, womit die Engländer um so mehr bekannt sind, da Dryden denselben Stoff behandelt hatte. Die Veranlassung zu diesem Bilde Hogarth’s gab eine Sigismunda von Furino, welche damals in London öffentlich versteigert, und von den Kunstkennern nach Gebühr gepriesen wurde. Hogarth wie Walpole sagt, wurde durch letzteren Umstand eifersüchtig, und gelangte allmählig zu der Einbildung, alles den großen italienischen Meistern ertheilte Lob sey allein durch Vorurtheile bewirkt worden, indem man ihre Gemälde nur wegen des Alters für ausgezeichnet halte[13]. Er suchte dies durch sein eigenes Beispiel zu beweisen, und wählte eben jene Sigismunda als Sujet, um mit den Italienern zu wetteifern. Sein Versuch aber mißlang vollkommen. Das Gemälde befindet sich gegenwärtig im Besitz der Herren Brydell, und verdient, nach dem Zeugnisse aller Kunstkenner, die es gesehen, das strenge Urtheil und den Spott der Zeitgenossen. Walpole beschreibt es auf folgende Weise: „Um des elenden Colorits nicht einmal zu gedenken, stellte Hogarth die Sigismunda als eine von ihrem Liebhaber fortgejagte Buhlerin dar, die mit Augen, von Wuth und Branntwein entflammt, den Putz, den er ihr schenkte, sich vom Leibe reißt. Um den Ekel, welchen eine so niedrige Vorstellung erweckt, noch mehr zu erhöhen, sah man ihre Finger mit dem Blute vom Herzen ihres Liebhabers besudelt, und dieses lag vor ihr wie ein Schafherz, das sie verspeisen wollte. Man erblickte weder den stillen Gram, noch die Würde des unterdrückten Kummers, noch die zurückgehaltene, aber dennoch hervordringende Thräne, noch das gelassene Sinnen über das sie selbst bedrohende Schicksal, noch auch die durch Verzweiflung geheiligte Begeisterung der Liebe. Kurzum, man vermißte Alles, was erfordert wurde, und bemerkte Alles, was einer Seele fremd sein sollte, die so mannigfache, so tief und süß gefühlte Leiden empfindet. Hogarth’s Gemälde war ein lächerlicherer Gegenstand, als irgend einer von denen, die er jemals lächerlich zu machen gesucht hatte.“ – Nachher spricht Walpole von Hogarth’s Vorliebe für dieses Bild, und bringt den [XX] Künstler in Vergleich mit Milton, welcher sein schlechtes wiedergewonnenes Paradies dem unsterblichen Gedichte des verlorenen vorzog.

In ähnlicher Weise urtheilten im Allgemeinen die Zeitgenossen. So erschien eine Caricatur auf das Bild mit folgender derber Unterschrift bei einem englischen Wortspiel: A Harlot blubbering over a bullock’s heart by William Hog – art (eine Buhlerin, welche bei dem Herzen eines Stieres heult, von William . . . . .[14]. Hogarth muß wenigstens zum Theil die Mängel seines Gemäldes bemerkt haben, denn er veränderte es in einigen Punkten, indem er die blutigen Finger übermalte; im Ganzen aber blieb er bei seinem Vorurtheile, worin ihn die Angriffe Anderer noch mehr bestärkten, bis zu seinem Tode, denn er verordnete in seinem Testamente, das Bild solle unter dem Preise von 500 Pf. nicht verkauft werden, eine Bestimmung, die seine Erben übrigens nicht mehr beobachteten. Die Schmeichelei seiner Eigenliebe entschädigte ihn für den Tadel Anderer und für die Kränkung, daß ihm das Gemälde von dem Besteller (dem Grafen Großvenor) zurückgeschickt wurde. Er wollte sogar die Thorheit begehen, durch einen Kupferstich sich an das größere Publikum zu wenden, und an dessen Urtheil zu appelliren, als ihm der Tod noch fernere Kränkungen ersparte, die um so weniger ausgeblieben wären, da eine neue Unbesonnenheit die Erbitterung der Volksmasse gegen ihn erregt hatte. Der Subscriptionsschein zur Sigismunda war übrigens von ihm bereits entworfen. Es ist die Zeit, die Gemälde beräuchert (Time smoking a picture), ein Blatt, welches den oben angedeuteten Gedanken ausführen sollte, die Meister der alt-italienischen Schule würden nur wegen ihres Alterthums geschätzt.

Walpole’s Urtheil könnte vielleicht zu streng erscheinen[15], allein ein anderer Zeitgenosse des Dichters, welcher in anderer Hinsicht einen eben so hohen Rang in der Kunst einnahm, wie Hogarth selbst, und der außerdem durch Sanftmuth des Charakters, durch Billigkeitssinn und durch alle Eigenschaften ausgezeichnet war, welche den Gentleman bei den Briten zieren, Sir Joshua Reynolds[16], fällte folgendes Urtheil: Hogarth war bei allen außerordentlichen Talenten nicht mit jener Selbstkenntniß begabt, die ihm seine eigenen Mängel und die Grenzen andeutete, welche der Ausdehnung seiner Kräfte gesetzt waren. Nachdem dieser ausgezeichnete Künstler den größeren Theil seines Lebens in thätiger, geschäftiger und glücklicher Aufmerksamkeit auf die Lächerlichkeiten des Lebens verwandt hatte; nachdem er eine neue Art dramatischer Malerei erfunden, worin er wahrscheinlich unerreicht bleiben wird; nachdem er in seinem Geiste unzählige Materialien gesammelt hatte, um häusliche und Familien-Scenen des gewöhnlichen Lebens zu schildern, welche stets den Gegenstand seines Pinsels hätten bleiben sollen: – versuchte er sehr unvorsichtig, oder vielmehr übermüthig, den großen historischen Styl, wozu ihn seine früheren Gewohnheiten durchaus nicht vorbereitet hatten. Er war wirklich mit den Grundsätzen dieses Styls so vollkommen unbekannt, [XXI] daß er gar nicht daran dachte, eine künstlerische Vorbereitung sei für denselben erforderlich. Man muß bedauern, daß die Zeit von einem solchen Geiste so nutzlos angewandt wurde. Das Mißlingen seines Versuches kann die Lehre geben, daß man sich eitlen Einbildungen nicht überlassen darf, und daß ein augenblicklicher Entschluß weder der Hand die nothwendige Fertigkeit, noch der Seele eine neue Denkungsweise übertragen kann.“

Die Copie des Originalgemäldes, welche lange nach seinem Tode von dem gegenwärtigen Besitzer herausgegeben wurde, wird dies Urtheil zur Genüge bestätigen. Auch war schon der Erklärer des Künstlers, Ireland, im Besitz einer früheren Copie, die er in seinem Commentare mittheilte. Uebrigens hat Hogarth sich schon früher in einigen Bildern, wie Moses vor Pharao’s Tochter, einer Platte von Paul vor Felix, einem Teich von Bethesda als Historienmaler versucht, schien aber einerseits von diesen Stücken nicht viel zu halten, und konnte es andrerseits nicht unterlassen, seinem Humor sich in der Art hinzugeben, daß die Darstellungen eher die Wirkung des Possenhaften als den ernsten Eindruck eines historischen Gemäldes erweckten[17].

Der zweite Mißgriff am Ende von Hogarth’s Laufbahn, wodurch er sich aber in der öffentlichen Meinung bei Weitem mehr schadete, als durch jenes verunglückte Kunstprodukt, war die Art, wie er an den politischen Streitigkeiten im Anfang der Regierung Georg’s III. Theil nahm. Bekanntlich ward damals durch die Neigung jenes Königs zur Selbstregierung, welcher servile Minister gegen ihre Ueberzeugung sich so lange fügten, bis das Unglück des Reichs und die Aufregung im Innern den Thron in Gefahr brachten, so wie auch durch eine Reihe thörichter und für England unpassender Maßregeln eine Bewegung hervorgerufen, welche sowohl durch Erbitterung, als auch durch ihre Allgemeinheit seit mehr als 50 Jahren ohne Gleichen gewesen war. Der König hatte jenen großen Minister, den älteren Pitt entlassen, welchem die damalige Macht Großbritanniens ihre Blüte verdankte, und wider Willen der Nation den Frieden geschlossen; er hatte eine thörichte und nur durch ihre Liebe zur Willkühr bekannte Partei zur Gewalt berufen, und jene Reihe von Maßregeln begonnen, welche in den nordamerikanischen Colonieen den Bürgerkrieg erweckten. Es entstand die heftige Opposition, welche alle Talente des Reiches und alle rechtschaffenen Männer verschiedener Parteien der Hofpartei und der Mehrheit eines verdorbenen Parlaments gegenüber vereinigte, bis Georg III. endlich gezwungen wurde, die von einer deutschen Prinzessin, seiner Mutter, ihm überlieferten, aber für einen englischen König nicht passenden Begriffe über Regierung aufzugeben. Jener Opposition gegenüber befanden sich nur durch Charakter verächtliche, talentlose oder bestochene Vertheidiger der Hofpartei. Man muß deßhalb bedauern, daß Hogarth, durch seine Würde als Sergeant painter verleitet, Leuten dieser Art sich anschloß. Allein seine Strafe war schwer; von der Nation verlassen, an deren Lob und Achtung er gewöhnt war, von verschiedenen Seiten her angefeindet, wobei kein Vertheidiger für ihn aufstand, oft genug durch Verachtung gegen seine Persönlichkeit [XXII] beleidigt, befand er sich in einer immerwährenden Reizbarkeit, die seinen Tod beschleunigte, Kurzum Hogarth theilte das Schicksal so mancher Männer von Talent, welche auf ähnliche Weise für Geld oder für ein Amt sich zu einem Verfahren verleiten lassen, worin ihr Name auf die eine oder die andere Weise mißbraucht wird. Glaubte die Hofpartei durch Hogarth’s Beistand hinsichtlich der öffentlichen Meinung zu gewinnen, so befand sie sich in demselben Fall, wie der Künstler, der seinen Namen mißbrauchen ließ, und dabei Ehre und Einfluß einbüßte.

Uebrigens war auch die Art, wie Hogarth den Hof vertheidigte, in künstlerischer Hinsicht seiner unwürdig. Er lieferte nämlich zwei auf einander folgende politische Caricaturen, eine Gattung, welche, der Natur der Sache nach, keinen künstlerischen Werth besitzen kann. Es wäre somit auch Nichts verloren, wenn die beiden Platten der Zeiten (Times) in seinen Werken nicht mitgetheilt würden. Die Erbärmlichkeit hinsichtlich seines Charakters lag aber darin, daß er den großen Redner und Staatsmann Grafen Chatham als einen auf Stelzen einherschreitenden Narren darstellte, ob er gleich kurz vorher in einer neuen Ausgabe seines Rake’s progress eben die Politik des Hofes im Gegensatze Chathams verhöhnt hatte[18], daß er ferner des berüchtigten Demagogen Wilkes persönlicher Freund gewesen war, und ihn bei einer Angelegenheit verspottete, die seine (Hogarth’s) Leidenschaft durchaus nicht angeregt hatte. Wilkes, der übrigens selbst bekanntlich ein höchst erbärmlicher Charakter war, und nur durch ein mehrfaches Unrecht, welches ihm von der Regierung widerfuhr, so wie durch die Keckheit seiner Vertheidigung eine ungeheure Wichtigkeit für den Augenblick erlangte, war bei der Kühnheit seiner Feder durchaus nicht der Mann, welcher einen Angriff unbeachtet vorüber gelassen hätte. Er rächte sich durch einen heftigen Artikel in seinem berühmten North Briton gegen Hogarth, und bald auch folgte beinahe die ganze unabhängige Presse seinem Beispiel. Hogarth, der bis zum Aeußersten erbittert wurde, ließ sich hierauf in eine gemeine Zänkerei derjenigen Art ein, welche keiner der betheiligten Parteien zur Ehre zu gereichen pflegt. Sein Bildniß von Wilkes, wo er denselben als eine Art Mephistopheles malt, mag hingehn, denn Wilkes war, wie erwähnt, ein Mann von erbärmlichem Charakter, und von derjenigen Gattung, die man als Typus eines grundsatzlosen Schmeichlers der Volksmasse hinzustellen pflegt; allein seine Caricatur auf den Dichter Churchill, der auf die politische Caricatur Hogarth’s mit einem heftigen Gedicht geantwortet hatte, war nicht allein ohne Werth, sondern auch höchst gemein und bewies, daß Churchill nicht Unrecht hatte, als er ihm in jenem Gedicht Mangel an Urtheil durch Altersschwäche zum Vorwurf machte. Kurzum, Hogarth trat nicht auf die ehrenvolle Weise vom Schauplatz ab, welche seinem Ruhme und seiner früheren Wirksamkeit geziemte.

Wie erwähnt, beschleunigten Demüthigung und Gereiztheit in Folge dieser Umstände seinen Tod. Schon seit 1762 hatte er über innerliche Schmerzen geklagt und starb 1764 an einem Aneurisma in der Brust. Er ward auf seinem Landgute in Chiswick bei London bestattet, das er sich von den Früchten seiner Arbeit um die Zeit der Herausgabe seiner Modeheirath gekauft hatte. Dort befindet sich sein noch oft besuchtes und von seiner Familie ihm errichtetes Denkmal, welches die Attribute seiner Kunst, die [XXIII] komische Maske, Palette, Pinsel u. s. w. mit einem Lorbeerzweige darstellt, und ein kurzes Gedicht seines Freundes Garrick enthält:

Farewell great painter of mankind
Who reached the noblest point of art;
Whose pictured morals charm the mind
And trough the eye correct the heart.
If genius fire thee reader stay
If nature touch thee drop a tear;
If neither move thee turn away,
For Hogarth’s honored dust lies here.


Der Seele Maler ruh’ in Frieden,
Der Kunst durch edeln Rang beglückt,
Der Beßrung unsrem Herz beschieden,
Wann Sitt’ in Form das Aug’ entzückt.
Ergreift Euch hoher Sinn, verweilt;
Rührt Euch Natur, weiht eine Zähre;
Jedoch verbleibt Ihr kalt, enteilt,
Denn Hogarth’s Staub erheischt die Ehre.


Der Tod sühnte bei der Nation die Schwachheiten Hogarth’s in seinem späteren Leben. Die Ereignisse, wodurch er sich Tadel, Haß und Verachtung zugezogen, gingen vorüber, und nach einigen Jahren gedachte man seiner allein als des großen Malers, welcher in geistiger Hinsicht eine ähnliche Stellung einnahm, wie jene Schriftsteller der Nation, deren Werke durch Kraft und Wahrheit in Anschauung des Lebens die Leser stets entzücken werden, so lange die englische Sprache bekannt ist.

Wie erwähnt, gab Hogarth die erste Anregung hinsichtlich der Kunst in England; es folgten Meister, welche sich jeglicher Schule an die Seite stellen können, allein erst in neuester Zeit ist wieder ein Künstler erstanden, welcher in der von Hogarth geschaffenen Richtung ihm gleichstehen mag, und auch in demjenigen Zweige, worin Hogarth sich nur zu seinem Unglück versuchte, eine hohe und bewunderungswerthe Stellung einnimmt. Das ist Sir John Wilkie, von welchem ein Werk, durch Zeitverhältnisse begünstigt, einen ähnlichen Eindruck hervorbrachte, wie wir dies bei den Charakterbildern Hogarth’s gesehen haben. Andere, wie Cruikshank, Meadows, haben leider in unseren Tagen den schnelleren Erwerb der Tagespresse für ihre Compositionen vorgezogen, und durch Flüchtigkeit der Behandlung, so wie durch geringe Ausführung des Einzelnen, wodurch ihre Bilder als skizzenartig erscheinen, jenem schnelleren Erwerb den solideren Ruhm zum Opfer gebracht, in der Richtung Hogarth’s weiter fortgerückt und dieselbe in den Formen unserer Tage dargestellt zu haben, wozu ihnen weder Humor und Geist, noch auch malerische Geschicklichkeit mangelte.

Unter den Malern, welche unmittelbar nach Hogarth und selbst noch gleichzeitig mit demselben der englischen Kunst eine würdige Stellung neben andern Schulen ertheilten, sind Sir Joshua Reynolds, Gainsborough und West um so mehr hervorzuheben, da die Wirksamkeit derselben wenigstens in einem Punkte mit Hogarth zusammenfällt. Dies ist die getreue und wahrhafte Auffassung der Natur, verbunden mit einer genauen und dem Gegenstande durchaus entsprechenden Durchführung. Portraitmalerei, Landschaftsmalerei und historische Darstellung in dem Fall, wo Ereignisse Begeisterung erweckten und wirkliche Gestalten durch Anschauung bekannt waren oder [XXIV] sich wenigstens nach dem allgemeinen nationellen Typus bilden ließen, wo also die Phantasie bei der Composition nicht zu sehr in Anspruch genommen wurde, waren die Zweige, worin die britische Kunst Bedeutendes leistete. Reynolds war vor allem groß als Maler von Portraits und von Kindern, bei letzteren nicht allein in Hinsicht der Gestalten, sondern auch in der naiven Beschäftigung und graziösen Gruppirung; in der Historienmalerei zeigte er sich dann als Meister, wenn er den Stoff aus der Geschichte seines Vaterlandes, oder aus Dichtern nahm, welche dieselbe behandelten, z. B. in dem Tode des Cardinal Beaufort nach Shakespeare[19]. Dasselbe galt von West, dessen Tod des General Wolf voll Wahrheit und Leben und Effect erscheint, während er als trockener Akademiker in denjenigen Stücken sich erweist, wo er das Sujet aus der entfernteren britischen, oder der alten Geschichte entnahm (z. B. die Landung Carl’s II., der Tod des Germanicus). Der Landschaftsmaler Gainsborough war ferner von allem Idealischen nach Art Claude Lorrain’s weit entfernt, in Darstellung der vaterländischen und frischen Natur mit der Staffage von Pächtern, Fischern u. s. w. besonders glücklich, und verdient dem ersten Niederländer in dieser Richtung, Ruysdael, an die Seite gestellt zu werden.

Auch in unseren Tagen wird dieselbe Richtung bei englischen Künstlern wieder erkannt. Sir Thomas Lawrence galt mit Recht als einer der ersten Portraitmaler, welchen unsere Zeit überhaupt hervorbrachte; Wilkie glänzte ebenfalls als solcher, wie auch in der von Hogarth geschaffenen Gattung und derjenigen Historienmalerei, welche durch den Eindruck gleichzeitiger Ereignisse und lebender Menschen verursacht wurde. Was das zweite betrifft, so ist die Austreibung der Pächterfamilie auch auf dem Festlande bekannt genug. Hinsichtlich des dritten, so zeugt das Mädchen von Saragossa[20] nach einer bekannten Stelle Byron’s, und die Predigt des schottischen Reformators Knox von einer Wahrheit und Lebendigkeit, welche die unmittelbare Anschauung eines fremden Nationallebens[21] so wie die wahrsten Erinnerungen an vaterländische Sitten und Gesinnungen bezeugt. – Uebrigens ist die ganze Richtung der englischen Kunst noch lange nicht geschlossen, und deßhalb scheint ein entscheidendes Urtheil über die Maler unserer Tage, wobei diejenigen Künstler mit inbegriffen sind, welche in der besondern Gattung Hogarth’s fortarbeiten, für den Augenblick wenigstens voreilig.


  1. Sogar die Buchdruckerkunst ist unter den größeren europäischen Reichen am spätesten nach England verpflanzt worden.
  2. So findet sich nach Waagen: „Kunstwerke und Künstler in England, II., p. 144,“ von Jan Steen ein Bild in der Gallerie des Bankier Hope, worin ein Schlemmer dargestellt ist, und wo eine Fortuna auf dem Kamin steht, mit der holländischen Unterschrift: „So gewonnen, so versteerd,“ eine Anspielung, die, wie Waagen bemerkt, an ähnliche in Hogarth’s Bildern erinnert. Ein anderes von demselben Verfasser beschriebenes Bild dieses Meisters zeigt mit Hogarth eine noch größere Verwandtschaft. Es befindet sich in der Sammlung des Hrn. Beckford, und Waagen beschreibt es auf folgende Weise: Der Künstler selbst hat mit seiner wohlgenährten Hälfte in solchem Maaße dem Glase zugesprochen, daß beide am Tische eingenickt sind. Alles in der Wirthschaft beeilt sich, von diesem Zustande Vortheil zu ziehen. Ein kleines Mädchen langt in die Tasche der Mutter. Daß dieses nicht umsonst geschieht, zeigt ein kleiner Bruder, welcher triumphirend ein schon erobertes Stück Geld emporhält. Das kleinste Kind führt einen kräftigen Schlag nach einem Weinglase auf einem Stuhl. Im Hintergrunde steckt der Knecht seinem Schatze Geld zu. Auch die Hausthiere feiern nicht. Der Hund hat sich über eine Pastete auf dem Tische hergemacht, die Katze durch einen Sprung nach einem Vogel ein Gefäß von chinesischem Porcellain zerschlagen, der Affe macht sich mit Büchern und Urkunden lustig. Selbst die Elemente wissen ihren Vortheil zu ziehen, denn das Feuer verzehrt die Gans am Spieß. – Waagen bemerkt hiebei: eine solche Laune stehe keinem andern niederländischen Maler zu Gebot. Waagen, Kunstw. u. K. in Engl. II. p.335.
  3. Sancho Pansa hungert auf Befehl des Arztes.
  4. Ein Mann wird gerädert. Der Teufel haut das Glück in Stücke; die Aktionäre reiten auf Steckenpferden u. s. w.
  5. Dieser Kranke stellte anfangs einen damals bekannten Arzt in der Speichelkur vor.
  6. Hogarth soll bei einem allegorischen Deckengemälde von Sir James Thornhill in Headleypark, welches Flora und Zephir darstellt, einige Nebenfiguren, z. B. einen Satyr, gemalt haben.
  7. Es ward wärend des Hochverrathsprocesses des Lord Lovat nach der Rebellion von 1745 verkauft. Vergl. d. Commentar.
  8. Dies war in dem Grade der Fall, daß er den ausgezeichneten Maler Sir Josua Reynolds geschmäht haben soll, weil dessen Kunst dem von ihm eingeschlagenen Wege fern blieb.
  9. Im Tom Jones.
  10. Der gewöhnliche Preis seiner Kupferstiche war sonst 1, 2 oder 3 Shillinge.
  11. Unter den Büchern, die in dem Blatte: die Bierstraße (Beerstreet) dem Pastetenbäcker als Maculatur zugesandt werden, befindet sich unter Anderem ein Werk über die antike Malerei (Turnbull on ancient paintig), eine gute Bearbeitung von Junius de pictura veterum.
  12. Auch einige seiner letzten angeführten Gemälde werden in malerischer Hinsicht, in Betreff der Farben, der Lichtvertheilung u. s. w. getadelt, obgleich der gewohnte Humor des Künstlers dort noch in aller Kraft erscheint, z. B. die Wahl.
  13. Schon in der Analyse der Schönheit, worin er übrigens noch kein so verdrehtes Urtheil in Hinsicht der italienischen Schule zeigt, findet sich die zum Wenigsten sonderbare Bemerkung. „Die Wellenlinie sei von Rafael in Behandlung der Gewänder bis zum abgeschmackten Uebermaß angewandt.“
  14. Hog – Schwein, und Art – Kunst.
  15. Man hat Walpole wegen dieses Urtheils getadelt, weil er es erst nach dem Tode des Künstlers drucken ließ. Auch bei Gelegenheit dieses Tadels kann man jedoch die Worte Byron’s anwenden, welcher, mit Rücksicht auf sich selbst, von dem Grafen Orford sagte: Es sei Mode, Horace Walpole aus drei Gründen zu tadeln, erstens, weil er Schriftsteller, zweitens, weil er Peer (Nobleman), und drittens, weil er Gentleman gewesen sei. Was letzteres Wort bedeutet, braucht man wohl in Deutschland jetzt nicht mehr zu erklären.
  16. Sir Joshua Reynolds Works 4th edition vol. II. p. 164.
  17. Der Teich von Bethesda wurde 1730 von ihm gemalt, und dem Bartholomew-Hospital geschenkt, zu dessen Vorstehern der Künstler damals gehörte, und in dessen Capelle das Bild aufgestellt wurde. Es fand sich unter andern possenhaften Gegenständen daraus das Portrait einer berüchtigten öffentlichen Dirne jener Zeiten, mit den diesem Charakter gehörenden Attributen; ferner eine reiche, mit Geschwüren bedeckte Frau, deren Bediente einen armen Mann fortprügelt, welcher sich ebenfalls des Heilbrunnens bedienen will.
  18. Durch die Medaille der Britannia im Narrenhause mit der Jahreszahl von 1762, also Anspielung auf den von Chatham’s Nachfolgern in jenem Jahre geschlossenen Frieden
  19. Widerlich ist z. B. der Tod Ugolin’s von Reynolds nach Dante’s bekannter Stelle.
  20. Das Mädchen feuert bei der Belagerung eine Kanone an der Stelle ihres gefallenen Geliebten ab.
  21. Wilkie lebte mehrere Jahre in Spanien. Die Stelle Byron’s ist: chyld Harold canto I. Stanze 53, 54, und 55.