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Lebensgeschichte Hogarth’s.




Im Beginn des vergangenen Jahrhunderts hielt man im Auslande die Briten, und diese sogar sich selbst, für durchaus unproduktiv und sogar für unempfänglich in Betreff der bildenden Künste, in derselben Weise, wie dies jezt hinsichtlich der Musik ziemlich allgemein der Fall ist, als ob eine Nation, welche einen Shakespeare und Milton hervorgebracht und während des Mittelalters in einem der schönsten gothischen Style baute, des Sinns für die Schönheit der äußeren Form entbehrte. Verschiedene Anregungen, besonders in Betreff der Malerei, die freilich nicht von der Nation, sondern nur von oben her ausgingen, und somit, wenn irgend eine Wirkung überhaupt darauf gefolgt wäre, vielleicht nur eine Treibhauspflanze, wie in andern Ländern, hätten erzeugen müssen, waren spurlos vorübergegangen, und hatten theilweise sogar eine Abneigung desjenigen Theils vom Volke zur Folge gehabt, welcher den Erfolg und die Früchte einer jeglichen Richtung zu bestimmen pflegt. Abgesehen von der späteren Entwicklung des aus Italien hervorgegangenen neueren Lebens in England und Schottland[1] kamen noch andere Zeitverhältnisse hinzu, um die Fortschritte der bildenden Künste dort hemmend aufzuhalten. Heftig bewegte Zeiten sind ihrer Ausbildung nirgends günstig. Die religiöse Reibung unter Maria und Elisabeth, der muthige Thatendrang der Nation nach Außen und der Beginn des inneren politischen Widerstandes unter letzterer Königin, vielleicht auch wohl die damals aus der Nation hervorgegangene, wahrhaft nationelle und fruchtbare Richtung der Poesie – Alles Dies verwischte jegliche Spur des Geschmacks an bildender Kunst, welchen Holbein’s ausgedehnte Thätigkeit am Hofe Heinrichs VIII., so wie auch die Liebhaberei einzelner


  1. Sogar die Buchdruckerkunst ist unter den größeren europäischen Reichen am spätesten nach England verpflanzt worden.