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Urtheil eines der ersten Kunstkenner unserer Zeiten, der wenigstens in Deutschland den ersten Rang einnimmt, ist um so auffallender, da Horace Walpole Hogarth’s Meisterschaft bei Behandlung der Farben in Frage stellt, und ihm in dieser Hinsicht eine niedere Stufe anweisen wollte.

Auch in anderer Rücksicht bot Hogarth bei Gelegenheit der Modeheirath charakteristische Züge. Es war ihm nicht möglich, Grazie und wahre Schönheit zu malen. Alle seine Figuren offenbaren allein die Neigung des Menschen zum Gemeinen und Niedrigen; keine von ihm geschaffene Gestalt wird durch Reinheit oder wahre Grazie gehoben. Als der Künstler den Erfolg seiner Composition in jenem Punkte bemerkte, faßte er den Plan, ein Gegenstück zu derselben in einer glücklichen Heirath zu liefern, welche ebenfalls die Handlung in sechs Blättern darstellen sollte. Indeß fühlte er bald, daß er dem Gegenstand nicht gewachsen war, und gab den Gedanken auf. Er hatte nur die Zeichnung zum ersten Blatte entworfen, die er aber bald darauf selbst vernichtete. Wie es heißt, konnte er keinen weiblichen Kopf ausfindig machen, welcher seiner Idee entsprach; als er deßhalb sein eigenes Ideal mit vielem Fleiße geschaffen hatte, und diese erste Zeichnung seinem Freunde Garrick zeigte, soll ihn derselbe überzeugt haben, er sei unfähig, seinen Zweck in dieser Hinsicht auszuführen. Die erwähnte Zeichnung zum ersten Blatte war übrigens für Hogarth nur in so fern charakteristisch, als er es sogar hier nicht unterlassen konnte, in seinem Humor sich gehen zu lassen, obgleich das Possenhafte für den Gegenstand sich nicht eignete. Die Zeichnung war folgende: der vom Künstler gewählte Zeitpunkt war nach der Rückkehr des Brautpaares aus der Kirche, der Schauplatz die Halle eines alterthümlichen Landsitzes. Auf der einen Seite saß das Brautpaar. Hinter demselben stand eine Gruppe junger Leute, welche nach altenglischer Sitte über ihm den Brautkuchen brechen. Im Vordergrunde erblickte man den Vater der Braut, den damaligen Typus des Fuchsjägers und Landedelmannes, der keine andere der Menschheit würdige Beschäftigung kannte, als die bei der Flasche und bei der Fuchshetze. Er war das Ideal von Fieldings Western[1] und leerte ein riesenhaftes Glas auf das Wohl des jungen Paares. In einem Winkel der Halle befanden sich Bediente und Dorfmusikanten in grotesken Stellungen. Vor allem aber fiel die Küche in die Augen, welche durch eine offen stehende Thüre sichtbar ward, denn dort stand ein wohlgenährter Pfarrer in Amtskleidung vor dem Bratspieß, und gab mit einer wichtigen Kennermiene dem Koch die nöthigen Befehle über die Zurichtung einer Wildprettkeule, indem er, voll Ungeduld, die Zeit des Mittagessens zu beschleunigen, seine Taschenuhr in der Hand hielt. – Besonderen Fleiß hatte Hogarth, wie gesagt, auf den Kopf der Braut verwendet; Garrick und andere Freunde sollen ihm aber erklärt haben, die Person sei für ein Kammermädchen hübsch genug, allein durchaus keine Frau von Erziehung.

Auch noch einige andere Stücke von Hogarth sind verloren gegangen, jedoch nicht durch ihn selbst. Eines derselben stellte einen Geizhals dar, welcher bei außerordentlicher Gelegenheit auf seine Weise sich etwas zu Gute that, und enthielt das Portrait des Sir Jsaac Shard, eines Mannes, der, von höherem Stande, sowohl durch seine übertriebene Sparsamkeit, als auch durch die damit verbundenen Sonderbarkeiten, zu jenen Zeiten allgemein berüchtigt war. Das Bild war bereits mit allen


  1. Im Tom Jones.