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beleidigt, befand er sich in einer immerwährenden Reizbarkeit, die seinen Tod beschleunigte, Kurzum Hogarth theilte das Schicksal so mancher Männer von Talent, welche auf ähnliche Weise für Geld oder für ein Amt sich zu einem Verfahren verleiten lassen, worin ihr Name auf die eine oder die andere Weise mißbraucht wird. Glaubte die Hofpartei durch Hogarth’s Beistand hinsichtlich der öffentlichen Meinung zu gewinnen, so befand sie sich in demselben Fall, wie der Künstler, der seinen Namen mißbrauchen ließ, und dabei Ehre und Einfluß einbüßte.

Uebrigens war auch die Art, wie Hogarth den Hof vertheidigte, in künstlerischer Hinsicht seiner unwürdig. Er lieferte nämlich zwei auf einander folgende politische Caricaturen, eine Gattung, welche, der Natur der Sache nach, keinen künstlerischen Werth besitzen kann. Es wäre somit auch Nichts verloren, wenn die beiden Platten der Zeiten (Times) in seinen Werken nicht mitgetheilt würden. Die Erbärmlichkeit hinsichtlich seines Charakters lag aber darin, daß er den großen Redner und Staatsmann Grafen Chatham als einen auf Stelzen einherschreitenden Narren darstellte, ob er gleich kurz vorher in einer neuen Ausgabe seines Rake’s progress eben die Politik des Hofes im Gegensatze Chathams verhöhnt hatte[1], daß er ferner des berüchtigten Demagogen Wilkes persönlicher Freund gewesen war, und ihn bei einer Angelegenheit verspottete, die seine (Hogarth’s) Leidenschaft durchaus nicht angeregt hatte. Wilkes, der übrigens selbst bekanntlich ein höchst erbärmlicher Charakter war, und nur durch ein mehrfaches Unrecht, welches ihm von der Regierung widerfuhr, so wie durch die Keckheit seiner Vertheidigung eine ungeheure Wichtigkeit für den Augenblick erlangte, war bei der Kühnheit seiner Feder durchaus nicht der Mann, welcher einen Angriff unbeachtet vorüber gelassen hätte. Er rächte sich durch einen heftigen Artikel in seinem berühmten North Briton gegen Hogarth, und bald auch folgte beinahe die ganze unabhängige Presse seinem Beispiel. Hogarth, der bis zum Aeußersten erbittert wurde, ließ sich hierauf in eine gemeine Zänkerei derjenigen Art ein, welche keiner der betheiligten Parteien zur Ehre zu gereichen pflegt. Sein Bildniß von Wilkes, wo er denselben als eine Art Mephistopheles malt, mag hingehn, denn Wilkes war, wie erwähnt, ein Mann von erbärmlichem Charakter, und von derjenigen Gattung, die man als Typus eines grundsatzlosen Schmeichlers der Volksmasse hinzustellen pflegt; allein seine Caricatur auf den Dichter Churchill, der auf die politische Caricatur Hogarth’s mit einem heftigen Gedicht geantwortet hatte, war nicht allein ohne Werth, sondern auch höchst gemein und bewies, daß Churchill nicht Unrecht hatte, als er ihm in jenem Gedicht Mangel an Urtheil durch Altersschwäche zum Vorwurf machte. Kurzum, Hogarth trat nicht auf die ehrenvolle Weise vom Schauplatz ab, welche seinem Ruhme und seiner früheren Wirksamkeit geziemte.

Wie erwähnt, beschleunigten Demüthigung und Gereiztheit in Folge dieser Umstände seinen Tod. Schon seit 1762 hatte er über innerliche Schmerzen geklagt und starb 1764 an einem Aneurisma in der Brust. Er ward auf seinem Landgute in Chiswick bei London bestattet, das er sich von den Früchten seiner Arbeit um die Zeit der Herausgabe seiner Modeheirath gekauft hatte. Dort befindet sich sein noch oft besuchtes und von seiner Familie ihm errichtetes Denkmal, welches die Attribute seiner Kunst, die


  1. Durch die Medaille der Britannia im Narrenhause mit der Jahreszahl von 1762, also Anspielung auf den von Chatham’s Nachfolgern in jenem Jahre geschlossenen Frieden