Georg Christoph Lichtenberg, Franz Kottenkamp: W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen | |
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sich in vollem Glanze. Alles, was er seitdem herausgab, ward bemerkt. Wie schnell er seine Abdrücke absetzte, beweist der Umstand, daß seine Presse acht Tage lang nicht ruhen durfte, als er das Portrait des Lord Lovat verkaufte, ein Blatt, dessen Absatz freilich die Tagesereignisse beförderten[1]. Sogar seine Subscriptionsscheine waren witzig und verdienten fast sämmtlich die Aufbewahrung, die ihnen in den späteren Kupferstichsammlungen, welche nach des Künstlers Tode herauskamen, zum Theil geworden ist. – Wie erwähnt, hatte die periodische Presse nicht wenig zur anfänglichen Verbreitung seines Namens beigetragen. Dasselbe galt später bei jedem von ihm erschienenen Blatte, zu deren Erklärung einzelne Nummern von damaligen Zeitschriften als Quellen zu gebrauchen sind. Auch die bedeutendsten Schriftsteller der Nation zu jener Zeit gedachten seiner stets mit Lob, sogar der Erste der damals lebenden, der Dechant Swift, welcher freilich durch Geistesverwandtschaft zu Hogarth hingezogen werden mußte. Mit Anderen, wie mit Fielding, stand er in dem vertrautesten Verhältniß, und hat auch das Portrait dieses berühmten Romandichters der Nachwelt überliefert. Garrick gehörte zu seinen Freunden; Johnson und Goldsmith fanden Vergnügen an seinem Umgang; sogar Horace Walpole, der spätere Graf Orford, gab hinsichtlich Hogarth’s seine aristokratische Zurückgezogenheit gegen Leute auf, welche nicht die Formen der höheren Gesellschaft, damals nach Lord Chesterfields Ideal noch bestimmter, als gegenwärtig, in ihrem Aeußeren zeigten. Was nämlich das Letztere betrifft, so ging es Hogarth, wie den meisten Leuten, welche, in niederem Stande geboren, durch lang dauernde Anstrengung sich zu einer höheren Stellung emporarbeiten, die sie alsdann erst im reiferen Alter zu erlangen pflegen. Er blieb bis an sein Ende der Engländer niederen Standes, mit allen Vorurtheilen und rauhen Ecken, und vermochte auch deßhalb nicht, ungeachtet seines Ruhmes, der Kunst die gesellige Stellung zu erwerben, welche Literaten und sogar Schauspielern, letzteren durch Garrick, die höheren Gesellschaftskreise der Hauptstadt damals eröffnet hatten. Dies ist hinsichtlich der Kunst erst nach ihm durch Sir Josua Reynolds geschehen, einem Maler, welcher, durch Geburt und Glück in seiner Jugend begünstigt, alle die persönlichen Eigenschaften vereinigte, die man von einem englischen Gentleman erwartete. Wie wenig sich übrigens Hogarth um gesellige Formen bekümmerte, sieht man aus dem Umstande, daß er niemals bei irgend einer Gelegenheit unterlassen konnte, ein ihm lächerliches Gesicht oder eine komische Scene abzuzeichnen: eine Sache, welche den Betheiligten natürlich nicht sehr angenehm war. Wenn er kein anderes Material zur Hand hatte, so zeichnete er oft sogar mit dem Bleistift ein Gesicht auf den Nagel seines linken Daumens, um dasselbe gelegentlich gebrauchen zu können. Auch in anderer Hinsicht war er für die Gesellschaft nicht sehr angenehm. Er theilte die gewöhnlichen Eigenschaften derjenigen Leute, die ohne besondere Erziehung sich Ruhm und Reichthum erwarben. Einerseits verachtete er jede Kenntniß, die er nicht besaß[2], andererseits konnte er nie den geringsten Widerspruch ertragen, und war bis zum Uebermaß für Schmeichelei empfänglich. Daß ihm endlich alle Vorurtheile des damaligen
Georg Christoph Lichtenberg, Franz Kottenkamp: W. Hogarth’s Zeichnungen, nach den Originalen in Stahl gestochen. Literatur-Comptoir, Stuttgart 1840, Seite X. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hogarth_erkl%C3%A4rt_von_Lichtenberg_(Kottenkamp_Stuttgart_1840).pdf/23&oldid=- (Version vom 11.5.2019)